Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 503/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 477/08
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage der vollen Erwerbsminderung eines Versicherten (hier: psychische Erkrankung).
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.05.2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der 1966 geborene Kläger beantragte am 15.03.2007 eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Der Kläger war zuletzt am 30.04.1994 versicherungspflichtig beschäftigt, danach war der Kläger arbeitslos/arbeitsunfähig.
Die Beklagte beauftragte den Allgemeinmediziner und Sozialmediziner Dr.W. mit der Erstellung eines Gutachtens. Er diagnostizierte am 07.05.2007 degenerative Wirbelsäulenbeschwerden ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen ohne neurologische Ausfälle, Übergewicht mit metabolischem Syndrom, impulsive Persönlichkeit, Schielneigung des linken Auges seit Geburt mit leichter Sehminderung. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen verrichten. Mit Bescheid vom 09.05.2007 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 05.07.2007 zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) am 17.07.2007 erhoben. Im Wesentlichen hat er vorgetragen, seine Leistungsfähigkeit sei gemindert und nahm Bezug auf ein Gutachten von Dr.S. im Auftrag der Agentur für Arbeit vom 22.02.2007. Dr.S. hat ein chronisch-degeneratives Lendenwirbelsyndrom mit rezidivierenden Lumboischialgien beidseits, degeneratives Halswirbelsäulensyndrom mit Parästhesien, reduzierte psychomentale Belastbarkeit mit Störungen der Konzentration und Merkfähigkeit, chronisch rezidivierende gastritische Beschwerde, rezidivierende Infekte der oberen Atemwege, Bluthochdruck und Übergewicht diagnostiziert. Der Kläger könne nur noch unter drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein. Im Rahmen seiner Ermittlungen hat das SG Befundberichte eingeholt und ein Gutachten von dem Internisten und Sozialmediziner Dr.G. erstellen lassen. Dieser hat am 12.01.2008 eine Adipositas Grad 2, Hypercholesterinämie, leichtgradigen diffusen Leberparenchymschaden, chronische Atemwegserkrankung mit leichter Einschränkung der Atemleistung, degeneratives HWS- und LWS-Syndrom bei erheblicher Wirbelsäulenfehlhaltung und leichter funktioneller Beeinträchtigung, Sehminderung, Persönlichkeitsstörung bei Intelligenzminderung diagnostiziert. Der Kläger könne jedoch noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen verrichten.
Mit Urteil vom 20.05.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger könne noch wenigstens sechs Stunden täglich Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen verrichten.
Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht mit Schreiben vom 02.06.2008 erhoben, eingegangen beim SG am 03.06.2008 und weitergeleitet an das BayLSG am 23.06.2008.
Im Wesentlichen hat er dargelegt, in Zusammenschau der verschiedenen Einschränkungen sei ein sechsstündiges Leistungsvermögen nicht mehr gegeben. Zu diesem Ergebnis sei auch die Arbeitsagentur im Gutachten vom 22.02.2007 gekommen.
Nach Einholung von aktuellen Befundberichten hat der Senat den Neurologen und Psychiater Dr.D. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat am 28.10.2009 eine Persönlichkeitsstörung mit schizoiden und impulsiven Anteilen festgestellt. Der Kläger sei jedoch noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wenigstens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus mit qualitativen Einschränkungen zu verrichten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.05.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 09.05.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger auf den Antrag vom 15.03.2007 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren, hilfsweise ein Gutachten auf dem orthopädischen Bereich nach § 106 SGG, hilfsweise eine ergänzende Stellungnahme von Dr. D. unter Berücksichtigung der heute vorgelegten Schriftprobe einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.05.2008 zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beklagtenakte und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung (§§ 141, 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, aber unbegründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Gemäß § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs 2 SGB VI), wenn sie
1. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wenigstens sechs Stunde täglich leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus und überwiegend im Sitzen und in geschlossenen Räumen zu verrichten. Zu vermeiden sind Tätigkeiten mit übermäßigen nervlichen Belastungen, mit Einwirkung von Bronchialreizstoffen oder sonstigen ungünstigen äußeren Witterungsbedingungen, mit Heben und Tragen schwerer Lasten sowie mit Zwangshaltungen und häufigem Bücken.
Der Senat stützt sich insoweit auf die schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr.G. im sozialgerichtlichen Verfahren und von Dr.D. im Verfahren von dem Landessozialgericht. Dr.G. hat auf internistischem Fachgebiet eine Adipositas Grad 2, Hypercholesterinämie, leichtgradig diffusen Leberparenchymschaden und eine chronische Atemwegserkrankung mit leichter Einschränkung der Atemleistung diagnostiziert. Außerhalb des internistischen Fachgebiets liegen ein degeneratives HWS- und LWS-Syndrom bei erheblicher Wirbelsäulenfehlhaltung und leichter funktioneller Beeinträchtigung, Sehminderung und eine Persönlichkeitsstörung bei Intelligenzminderung vor. Diese Einschränkungen führen jedoch nicht zu einer Minderung der quantitativen Leistungsfähigkeit, sondern bedingen lediglich die o.g. qualitativen Einschränkungen. Dr.D. hat die Gesundheitsstörungen des Klägers auf nervenfachärztlichem Gebiet spezifiziert. Danach liegt eine Persönlichkeitsstörung mit schizoiden und impulsiven Anteilen vor. Dr.D. hat insoweit dargelegt, dass als Ausprägung der Persönlichkeitsstörung der Kläger sich rasch angegriffen und leicht zornig reagiere sowie reizbar sei. Er wirke teilweise unflexibel und fehlangepasst. Dies könne zu Konflikten in der Arbeitsumgebung führen. Allerdings sei die Fähigkeit des Klägers zur sozialen Teilhabe durch die vorgenannte Störung nicht so wesentlich eingeschränkt, dass sich dadurch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit ableiten ließe. Der Kläger berichte von Aktivitäten, die dafür sprächen, dass die Alltagsversorgung gut funktioniere und eine entsprechende Strukturierung vorhanden sei. Auch die Teilhabe an Lebensbereichen wie Selbstversorgung, Hobbys und Familienanbindung scheinen gegeben. Selbstversorgung, Kommunikation und Mobilität erschienen deshalb nicht so beeinträchtigt, dass daraus eine wesentliche sozialmedizinische Relevanz abgeleitet werden könne.
Diese sozialmedizinische Einschätzung durch Dr.G. und Dr.D. kann nicht durch das Gutachten der Agentur für Arbeit von Dr.S. vom 22.02.2007 erschüttert werden. Dr.S. hat chronisch rezidivierende Lendenwirbelsäulenbeschwerden mit Ischiasreizungen, chronisches Halswirbelsäulensyndrom mit ausstrahlenden Beschwerden, chronisch- rezidivierende Magenbeschwerden, reduzierte psychomentale Belastbarkeit, Bluthochdruck und Übergewicht diagnostiziert. Dr. S. hat daraus ein gemindertes Leistungsvermögen von unter drei Stunden gefolgert. Allerdings ist in dem Gutachten keine Begründung für eine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens angegeben. Nachdem in diesem Gutachten auch keine anderen Diagnosen gestellt werden als von Dr.D. und Dr.G., kann dem Gutachten insoweit nicht gefolgt werden.
Ebenso war ein Gutachten auf orthopädischem Gebiet nicht einzuholen. Das Gutachten von Dr. S. bietet keine Anhaltspunkte, die Anlass für weitere Ermittlungen geben. Die von ihm diagnostizierten orthopädischen Beschwerden wurden von Dr. G. und Dr. D. berücksichtigt und sozialmedizinisch schlüssig und nachvollziehbar gewürdigt, wohingegen Dr. S. ohne Begründung ein gemindertes quantitatives Leistungsvermögen annahm. Über die bloße Diagnosestellung hinaus enthält das Gutachten - außer einer kurz dokumentierten Beweglichkeitsprüfung der oberen und unteren Gliedmaßen - keine wesentlichen Erkenntnisse. Auch bestand kein Anlass, die von dem Kläger vorgelegte Schriftprobe unter Hinweis auf eine Legasthenie Dr. D. zur ergänzenden Stellungnahme vorzulegen. Dr. D. hat nach Durchführung des Hamburg-Wechsler-Intelligenztestes (IQ von 104), des Benton-Test und des D2-Test bei dem Kläger Alters-, Herkunfts- und Ausbildung entsprechende unauffällige Testergebnisse festgestellt. Da sozialmedizinisch nicht die mögliche Diagnose einer Legasthenie sondern die Funktionseinschränkungen gewürdigt werden, ist ausreichend ermittelt worden.
Nachdem weder eine Summierung von Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegen, besteht kein Anspruch des Klägers auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI besteht ebenfalls nicht, denn der Kläger ist nicht vor dem 02.01.1961 geboren.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 1 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der 1966 geborene Kläger beantragte am 15.03.2007 eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Der Kläger war zuletzt am 30.04.1994 versicherungspflichtig beschäftigt, danach war der Kläger arbeitslos/arbeitsunfähig.
Die Beklagte beauftragte den Allgemeinmediziner und Sozialmediziner Dr.W. mit der Erstellung eines Gutachtens. Er diagnostizierte am 07.05.2007 degenerative Wirbelsäulenbeschwerden ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen ohne neurologische Ausfälle, Übergewicht mit metabolischem Syndrom, impulsive Persönlichkeit, Schielneigung des linken Auges seit Geburt mit leichter Sehminderung. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen verrichten. Mit Bescheid vom 09.05.2007 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 05.07.2007 zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) am 17.07.2007 erhoben. Im Wesentlichen hat er vorgetragen, seine Leistungsfähigkeit sei gemindert und nahm Bezug auf ein Gutachten von Dr.S. im Auftrag der Agentur für Arbeit vom 22.02.2007. Dr.S. hat ein chronisch-degeneratives Lendenwirbelsyndrom mit rezidivierenden Lumboischialgien beidseits, degeneratives Halswirbelsäulensyndrom mit Parästhesien, reduzierte psychomentale Belastbarkeit mit Störungen der Konzentration und Merkfähigkeit, chronisch rezidivierende gastritische Beschwerde, rezidivierende Infekte der oberen Atemwege, Bluthochdruck und Übergewicht diagnostiziert. Der Kläger könne nur noch unter drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein. Im Rahmen seiner Ermittlungen hat das SG Befundberichte eingeholt und ein Gutachten von dem Internisten und Sozialmediziner Dr.G. erstellen lassen. Dieser hat am 12.01.2008 eine Adipositas Grad 2, Hypercholesterinämie, leichtgradigen diffusen Leberparenchymschaden, chronische Atemwegserkrankung mit leichter Einschränkung der Atemleistung, degeneratives HWS- und LWS-Syndrom bei erheblicher Wirbelsäulenfehlhaltung und leichter funktioneller Beeinträchtigung, Sehminderung, Persönlichkeitsstörung bei Intelligenzminderung diagnostiziert. Der Kläger könne jedoch noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen verrichten.
Mit Urteil vom 20.05.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger könne noch wenigstens sechs Stunden täglich Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen verrichten.
Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht mit Schreiben vom 02.06.2008 erhoben, eingegangen beim SG am 03.06.2008 und weitergeleitet an das BayLSG am 23.06.2008.
Im Wesentlichen hat er dargelegt, in Zusammenschau der verschiedenen Einschränkungen sei ein sechsstündiges Leistungsvermögen nicht mehr gegeben. Zu diesem Ergebnis sei auch die Arbeitsagentur im Gutachten vom 22.02.2007 gekommen.
Nach Einholung von aktuellen Befundberichten hat der Senat den Neurologen und Psychiater Dr.D. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat am 28.10.2009 eine Persönlichkeitsstörung mit schizoiden und impulsiven Anteilen festgestellt. Der Kläger sei jedoch noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wenigstens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus mit qualitativen Einschränkungen zu verrichten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.05.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 09.05.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger auf den Antrag vom 15.03.2007 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren, hilfsweise ein Gutachten auf dem orthopädischen Bereich nach § 106 SGG, hilfsweise eine ergänzende Stellungnahme von Dr. D. unter Berücksichtigung der heute vorgelegten Schriftprobe einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.05.2008 zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beklagtenakte und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung (§§ 141, 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, aber unbegründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Gemäß § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs 2 SGB VI), wenn sie
1. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wenigstens sechs Stunde täglich leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus und überwiegend im Sitzen und in geschlossenen Räumen zu verrichten. Zu vermeiden sind Tätigkeiten mit übermäßigen nervlichen Belastungen, mit Einwirkung von Bronchialreizstoffen oder sonstigen ungünstigen äußeren Witterungsbedingungen, mit Heben und Tragen schwerer Lasten sowie mit Zwangshaltungen und häufigem Bücken.
Der Senat stützt sich insoweit auf die schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr.G. im sozialgerichtlichen Verfahren und von Dr.D. im Verfahren von dem Landessozialgericht. Dr.G. hat auf internistischem Fachgebiet eine Adipositas Grad 2, Hypercholesterinämie, leichtgradig diffusen Leberparenchymschaden und eine chronische Atemwegserkrankung mit leichter Einschränkung der Atemleistung diagnostiziert. Außerhalb des internistischen Fachgebiets liegen ein degeneratives HWS- und LWS-Syndrom bei erheblicher Wirbelsäulenfehlhaltung und leichter funktioneller Beeinträchtigung, Sehminderung und eine Persönlichkeitsstörung bei Intelligenzminderung vor. Diese Einschränkungen führen jedoch nicht zu einer Minderung der quantitativen Leistungsfähigkeit, sondern bedingen lediglich die o.g. qualitativen Einschränkungen. Dr.D. hat die Gesundheitsstörungen des Klägers auf nervenfachärztlichem Gebiet spezifiziert. Danach liegt eine Persönlichkeitsstörung mit schizoiden und impulsiven Anteilen vor. Dr.D. hat insoweit dargelegt, dass als Ausprägung der Persönlichkeitsstörung der Kläger sich rasch angegriffen und leicht zornig reagiere sowie reizbar sei. Er wirke teilweise unflexibel und fehlangepasst. Dies könne zu Konflikten in der Arbeitsumgebung führen. Allerdings sei die Fähigkeit des Klägers zur sozialen Teilhabe durch die vorgenannte Störung nicht so wesentlich eingeschränkt, dass sich dadurch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit ableiten ließe. Der Kläger berichte von Aktivitäten, die dafür sprächen, dass die Alltagsversorgung gut funktioniere und eine entsprechende Strukturierung vorhanden sei. Auch die Teilhabe an Lebensbereichen wie Selbstversorgung, Hobbys und Familienanbindung scheinen gegeben. Selbstversorgung, Kommunikation und Mobilität erschienen deshalb nicht so beeinträchtigt, dass daraus eine wesentliche sozialmedizinische Relevanz abgeleitet werden könne.
Diese sozialmedizinische Einschätzung durch Dr.G. und Dr.D. kann nicht durch das Gutachten der Agentur für Arbeit von Dr.S. vom 22.02.2007 erschüttert werden. Dr.S. hat chronisch rezidivierende Lendenwirbelsäulenbeschwerden mit Ischiasreizungen, chronisches Halswirbelsäulensyndrom mit ausstrahlenden Beschwerden, chronisch- rezidivierende Magenbeschwerden, reduzierte psychomentale Belastbarkeit, Bluthochdruck und Übergewicht diagnostiziert. Dr. S. hat daraus ein gemindertes Leistungsvermögen von unter drei Stunden gefolgert. Allerdings ist in dem Gutachten keine Begründung für eine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens angegeben. Nachdem in diesem Gutachten auch keine anderen Diagnosen gestellt werden als von Dr.D. und Dr.G., kann dem Gutachten insoweit nicht gefolgt werden.
Ebenso war ein Gutachten auf orthopädischem Gebiet nicht einzuholen. Das Gutachten von Dr. S. bietet keine Anhaltspunkte, die Anlass für weitere Ermittlungen geben. Die von ihm diagnostizierten orthopädischen Beschwerden wurden von Dr. G. und Dr. D. berücksichtigt und sozialmedizinisch schlüssig und nachvollziehbar gewürdigt, wohingegen Dr. S. ohne Begründung ein gemindertes quantitatives Leistungsvermögen annahm. Über die bloße Diagnosestellung hinaus enthält das Gutachten - außer einer kurz dokumentierten Beweglichkeitsprüfung der oberen und unteren Gliedmaßen - keine wesentlichen Erkenntnisse. Auch bestand kein Anlass, die von dem Kläger vorgelegte Schriftprobe unter Hinweis auf eine Legasthenie Dr. D. zur ergänzenden Stellungnahme vorzulegen. Dr. D. hat nach Durchführung des Hamburg-Wechsler-Intelligenztestes (IQ von 104), des Benton-Test und des D2-Test bei dem Kläger Alters-, Herkunfts- und Ausbildung entsprechende unauffällige Testergebnisse festgestellt. Da sozialmedizinisch nicht die mögliche Diagnose einer Legasthenie sondern die Funktionseinschränkungen gewürdigt werden, ist ausreichend ermittelt worden.
Nachdem weder eine Summierung von Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegen, besteht kein Anspruch des Klägers auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI besteht ebenfalls nicht, denn der Kläger ist nicht vor dem 02.01.1961 geboren.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 1 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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