Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 3 R 741/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 328/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 121/10 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Zuordnung der Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten aufgrund einer Erklärung innerhalb der Jahresfrist des § 28b FRG.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 01.04.2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenständlich ist im vorliegenden Fall, ob im Rahmen eines Überprüfungsverfahren gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die beim Kläger mit Bescheid vom 31.10.2001 zugeordneten Kindererziehungszeiten aberkannt und /oder im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs seiner Ehefrau I. H. zuerkannt werden können.
Der 1941 geborene Kläger mit deutscher Staatsangehörigkeit reiste am 01.10.2000 mit seiner Ehefrau I. H. aus Kasachstan in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 29.05.2001 beantragte er Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres bei Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. Vorgelegt wurde dabei ein Registrierschein des Bundesverwaltungsamtes vom 05.10.2000, wonach der Kläger die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in das Verteilverfahren als Spätaussiedler im Sinne des § 4 Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) erfülle, seine Ehefrau als Ehegatte des Spätaussiedlers im Sinne des § 7 Abs 2 BVFG. Gleichzeitig stellte der Kläger einen Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten für die Kinder V., geb. 1958, V., geb. 1960, V., geb. 1962, M., geb. 1964, H., geb. 1973, O., geb. 1975, A., geb. 1976 und A., geb. 1980. In der Erklärung zum Ehegatten bei Ansprüchen nach dem Fremdrentengesetz (FRG) kreuzte der Kläger an, dass sein Ehepartner Zeiten nach dem FRG zurückgelegt habe, eine Rente jedoch nicht erhalte bzw. ein Rentenantrag nicht gestellt worden sei. Handschriftlich (wohl vom Sachbearbeiter) auf dem Formblatt vermerkt ist: "Ehefrau § 7, deshalb keine Anerkennung möglich". In der Erklärung über die Zuordnung von Kindererziehungszeiten war ebenfalls handschriftlich vermerkt: "die Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten sollen insgesamt für alle Kinder dem Vater zugeordnet werden, da die Mutter § 7 Abs 2 ist, siehe Registrierschein". Mit Bescheid vom 16.08.2001 wurde der Rentenantrag abgelehnt, da die erforderliche Wartezeit nicht erfüllt sei. Eine dazu erforderliche Spätaussiedlerbescheinigung zur Anerkennung rentenrechtlicher Zeiten liege nicht vor. Mit Schreiben vom 17.10.2001, eingegangen bei der Beklagten am 19.10.2001 sandte der Kläger die Spätaussiedlerbescheinigung nach § 4 BVFG, ausgestellt am 09.10.2001 durch das Zentrale Ausgleichsamt Bayern zu. Mit Bescheid vom 31.10.2001 bewilligte die Beklagte Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.06.2001 in Höhe von monatlich 1.143,46 DM. Die Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten wurden wie beantragt bei dem Kläger anerkannt. Hinsichtlich der Summe der Entgeltpunkte war ausgeführt, die Summe aller Entgeltpunkte ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach dem FRG betrage 0,0900 Punkte. Auf anrechenbare Zeiten nach dem FRG entfielen 29,2697 Punkte. Diese seien zu begrenzen auf 25,00 Punkte. Damit betrage die Summe der persönlichen Entgeltpunkte 25,0900.
Am 02.10.2001 beantragte die Ehefrau des Klägers Altersrente. In der Erklärung zum Ehegatten bei Ansprüchen nach dem FRG gab die Ehefrau an, ihr Ehepartner habe keinen Rentenantrag gestellt und es werde keine Rente gezahlt. Im Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten beantragte die Ehefrau die Zuordnung für sich. Mit vorgelegt wurde eine Bescheinigung des Ausgleichsamts Bayern vom 04.10.2001 wonach die Ehefrau als Spätaussiedler nach § 4 BVFG anzusehen sei. Mit Bescheid vom 22.01.2002 wurde der Ehefrau des Klägers Altersrente mit Beginn 01.10.2001 in Höhe von monatlich 359,18 EUR unter Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten bewilligt. Die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG betrügen unter Einschluss von Kindererziehungszeiten von 4,800 Entgeltpunkten 14,8928 Entgeltpunkte. Die Entgeltpunkte für anrechenbaren Zeiten nach dem FRG überstiegen nicht den Höchstwert. Die Entgeltpunkte nach dem FRG seien daher nicht zu begrenzen. Im Rahmen eines internen Datenabgleichs stellte die Beklagte die doppelte Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten fest. Mit Bescheid vom 15.03.2002 hob die Beklagte den Bescheid vom 22.01.2002 gemäß § 45 SGB X auf und berechnete die Rente der Ehefrau ab 01.10.2001 ohne Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten neu. Damit betrügen die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG 7,2384 Entgeltpunkte. Da die Summe der Entgeltpunkte nach dem FRG aus allen Renten nicht den Höchstwert von 40 Entgeltpunkten übersteige, seien die Entgeltpunkte nach dem FRG nicht zu begrenzen.
Mit Bescheid vom 28.03.2002 stellte die Beklagte die Rente des Klägers unter Berücksichtigung des § 22b Satz 3 FRG ab 01.10.2001 neu fest. Die Summe der Entgeltpunkte von anrechenbaren Zeiten nach dem FRG betrage nach wie vor 29.2697 Punkte und sei auf 25 Punkte zu begrenzen.
Mit Antrag vom 14.12.2005 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 31.10.2001 mit dem Ziel, die Kindererziehungszeiten nicht bei ihm anzuerkennen, sondern diese der Ehefrau zu gewähren. Ein solcher Antrag wurde auch für die Ehefrau zur Überprüfung des Bescheides vom 15.03.2002 gestellt. Im Wesentlichen wurde vorgetragen, der Hinweis auf § 7 Abs 2 BVFG, der alleinig zur elterlichen Erklärung geführt habe, sei unkorrekt. Laut Bescheinigung vom 04.10.2001 werde die Spätaussiedlereigenschaft der Ehefrau des Klägers dokumentiert, damit werde die Erklärung vom 29.05.2001 hinfällig.
Mit Bescheid vom 02.05.2006 wurde der Antrag des Klägers abgelehnt. Gründe für eine Rücknahme des Bescheides vom 31.10.2001 lägen nicht vor, da die Kindererziehungszeiten wie beantragt anerkannt worden seien. Den Widerspruch begründet der Kläger im Wesentlichen damit, dass der Bescheid vom 31.10.2001 rechtswidrig sei, da mit Bescheinigung vom 04.10.2001 die Spätaussiedlereigenschaft festgestellt worden sei. Somit sei die Erklärung vom 29.05.2001 zwingend hinfällig. Im Übrigen habe die Abgabe der gemeinsamen Elternerklärung wegen des lediglich vorläufigen Registrierscheines unter dem Vorbehalt der noch ausstehenden endgültigen Entscheidung der Spätaussiedlerbehörde gestellt werden müssen. Darüber hinaus sei der Kläger bei Abgabe der gemeinsamen Erklärung falsch bzw. unzureichend beraten worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Erklärung zur Zuordnung der Kindererziehungszeit könne nicht widerrufen werden und auch nicht mit einer Bedingung verknüpft werden. Eine Korrektur könne allenfalls im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs erfolgen. Allerdings wurde der Kläger nicht falsch beraten, denn zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung sei die damalige Beratung zutreffend gewesen.
Hinsichtlich des Verfahrens der Ehefrau wurde mit Bescheid vom 20.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2006 der Antrag gemäß § 44 SGB X abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) ist unter dem Az: S 16 R 740/06 noch anhängig.
Mit der am 31.06.2006 erhobenen Klage zum SG hat der Kläger vorgetragen, dass wegen des § 22b FRG sich die anerkannten Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten bei dem Kläger nicht rentensteigernd auswirken, die Aberkennung bei der Ehefrau würde zu einer mehr als hälftigen Rentenleistungsminderung führen.
Mit Gerichtsbescheid vom 01.04.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Sie sei unzulässig, weil der Kläger durch den Rentenbescheid der Beklagten nicht beschwert würde. Durch die Herausnahme der Kindererziehungszeiten würde die Rente weder erhöht noch vermindert, so dass ein Prozesserfolg bei dem Kläger in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht mit Null zu bewerten sei.
Die am 15.04.2008 beim SG eingegangene Berufung hat der Kläger unter Hinweis auf sein Vorbringen im sozialgerichtlichen Verfahren begründet.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 01.04.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung der Bescheide vom 31.10.2001 und vom 28.03.2002 die Rente ohne Anerkennung der Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 01.04.2008 zurückzuweisen.
Sie trägt ergänzend vor, dass bei Herausnahme der Kindererziehungszeiten beim Kläger sich die Rente vermindern würde. Es ergebe sich eine persönliche Entgeltpunktezahl von 23,7119 (statt 29,3597 begrenzt auf 25,0900).
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Beklagtenakten (betreffend den Kläger und die Ehefrau des Klägers), auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die Akte des SG (S 16 R 740/06) betreffend die Ehefrau des Klägers Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist nicht begründet, denn die Bescheide vom 31.10.2001 und 28.03.2002 mit Zuerkennung der Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten sind rechtmäßig. Ebenso besteht kein Anspruch auf Neuberechnung der Rente unter Herausnahme dieser Zeiten auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches
Gemäß § 44 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Im vorliegenden Fall liegt schon kein rechtswidriger Verwaltungsakt vor, denn mit Bescheiden vom 31.10.2001 und 28.03.2003 hat die Beklagte zu Recht dem Kläger die Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten zugeordnet. Gemäß § 22 Abs 1 Satz 9 FRG sind Kindererziehungszeiten nach § 28b FRG Entgeltpunkte zuzuordnen, wie wenn die Erziehung im Bundesgebiet erfolgt wäre. Für die Anrechnung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) steht die Erziehung im jeweiligen Herkunftsgebiet der Erziehung im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs gleich. Die Erklärungen nach § 56 SGB VI und dem am 31.12.1996 geltenden § 249 Abs 6 und 7 des SGB VI sind innerhalb eines Jahres nach Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland abzugeben (§ 28b Satz 2 FRG). Gemäß § 56 SGB VI in der vom 01.06.1999 bis 31.12.2001 geltenden Fassung und § 249 Abs 6 und 7 SGB VI kann bei gemeinsamer Erziehung durch übereinstimmende Erklärung die Kindererziehungszeit dem Vater zugeordnet werden. Genau diese Erklärung ist im vorliegenden Falle am 29.05.2001 abgegeben worden. Sie kann nicht widerrufen werden und ist auch nicht hinfällig geworden. Demgemäß war die Zeit anzuerkennen.
Eine Korrektur der Erklärung kann auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs herbeigeführt werden. Dieser setzt ein pflichtwidriges Verhalten voraus, das kausal für einen Schaden ist, der bei rechtmäßigem Handeln nicht entstanden wäre.
Hier liegt kein pflichtwidriges Verhalten in Form eines Beratungsfehlers der Beklagten bzw. durch das Versicherungsamt vor. Bei Rentenantragstellung durch den Kläger am 29.05.2001 und Vorlage des Registrierscheines mit dem Status der Ehefrau gemäß § 7 BVFG konnte die Beratung nur dahingehend erfolgen, die Kindererziehungszeiten dem Kläger zuzuordnen, da der Anwendungsbereich des FRG für die Ehefrau nicht eröffnet war. Selbst bei Annahme, dass aufgrund des nur vorläufigen Registrierscheins die Beratung dahingehend hätte erfolgen sollen, mit dem Antrag auf Zuordnung der Kindererziehungszeiten noch bis spätestens kurz vor Ablauf der Jahresfrist zu warten, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Nachdem der Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland am 1.10.2000 erfolgte, war die Erklärung bis zum 01.10.2001 abzugeben. Zu diesem Zeitpunkt lag der Ehefrau noch nicht die Bescheinigung zu § 4 BVFG vor.
Dem Kläger ist auch kein Schaden entstanden, denn die Zurechnung der Kindererziehungszeiten wirkte rentenerhöhend, wenngleich aufgrund der Begrenzung auf den Höchstbetrag gem. § 22b Abs 3 FRG nicht in vollem Umfang. Die Tatsache, dass die Entgeltpunkte für Kindererziehung in vollem Unfang bei der Ehefrau zum Tragen gekommen wären, begründet keinen Schaden beim Kläger.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenständlich ist im vorliegenden Fall, ob im Rahmen eines Überprüfungsverfahren gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die beim Kläger mit Bescheid vom 31.10.2001 zugeordneten Kindererziehungszeiten aberkannt und /oder im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs seiner Ehefrau I. H. zuerkannt werden können.
Der 1941 geborene Kläger mit deutscher Staatsangehörigkeit reiste am 01.10.2000 mit seiner Ehefrau I. H. aus Kasachstan in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 29.05.2001 beantragte er Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres bei Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. Vorgelegt wurde dabei ein Registrierschein des Bundesverwaltungsamtes vom 05.10.2000, wonach der Kläger die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in das Verteilverfahren als Spätaussiedler im Sinne des § 4 Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) erfülle, seine Ehefrau als Ehegatte des Spätaussiedlers im Sinne des § 7 Abs 2 BVFG. Gleichzeitig stellte der Kläger einen Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten für die Kinder V., geb. 1958, V., geb. 1960, V., geb. 1962, M., geb. 1964, H., geb. 1973, O., geb. 1975, A., geb. 1976 und A., geb. 1980. In der Erklärung zum Ehegatten bei Ansprüchen nach dem Fremdrentengesetz (FRG) kreuzte der Kläger an, dass sein Ehepartner Zeiten nach dem FRG zurückgelegt habe, eine Rente jedoch nicht erhalte bzw. ein Rentenantrag nicht gestellt worden sei. Handschriftlich (wohl vom Sachbearbeiter) auf dem Formblatt vermerkt ist: "Ehefrau § 7, deshalb keine Anerkennung möglich". In der Erklärung über die Zuordnung von Kindererziehungszeiten war ebenfalls handschriftlich vermerkt: "die Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten sollen insgesamt für alle Kinder dem Vater zugeordnet werden, da die Mutter § 7 Abs 2 ist, siehe Registrierschein". Mit Bescheid vom 16.08.2001 wurde der Rentenantrag abgelehnt, da die erforderliche Wartezeit nicht erfüllt sei. Eine dazu erforderliche Spätaussiedlerbescheinigung zur Anerkennung rentenrechtlicher Zeiten liege nicht vor. Mit Schreiben vom 17.10.2001, eingegangen bei der Beklagten am 19.10.2001 sandte der Kläger die Spätaussiedlerbescheinigung nach § 4 BVFG, ausgestellt am 09.10.2001 durch das Zentrale Ausgleichsamt Bayern zu. Mit Bescheid vom 31.10.2001 bewilligte die Beklagte Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.06.2001 in Höhe von monatlich 1.143,46 DM. Die Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten wurden wie beantragt bei dem Kläger anerkannt. Hinsichtlich der Summe der Entgeltpunkte war ausgeführt, die Summe aller Entgeltpunkte ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach dem FRG betrage 0,0900 Punkte. Auf anrechenbare Zeiten nach dem FRG entfielen 29,2697 Punkte. Diese seien zu begrenzen auf 25,00 Punkte. Damit betrage die Summe der persönlichen Entgeltpunkte 25,0900.
Am 02.10.2001 beantragte die Ehefrau des Klägers Altersrente. In der Erklärung zum Ehegatten bei Ansprüchen nach dem FRG gab die Ehefrau an, ihr Ehepartner habe keinen Rentenantrag gestellt und es werde keine Rente gezahlt. Im Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten beantragte die Ehefrau die Zuordnung für sich. Mit vorgelegt wurde eine Bescheinigung des Ausgleichsamts Bayern vom 04.10.2001 wonach die Ehefrau als Spätaussiedler nach § 4 BVFG anzusehen sei. Mit Bescheid vom 22.01.2002 wurde der Ehefrau des Klägers Altersrente mit Beginn 01.10.2001 in Höhe von monatlich 359,18 EUR unter Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten bewilligt. Die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG betrügen unter Einschluss von Kindererziehungszeiten von 4,800 Entgeltpunkten 14,8928 Entgeltpunkte. Die Entgeltpunkte für anrechenbaren Zeiten nach dem FRG überstiegen nicht den Höchstwert. Die Entgeltpunkte nach dem FRG seien daher nicht zu begrenzen. Im Rahmen eines internen Datenabgleichs stellte die Beklagte die doppelte Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten fest. Mit Bescheid vom 15.03.2002 hob die Beklagte den Bescheid vom 22.01.2002 gemäß § 45 SGB X auf und berechnete die Rente der Ehefrau ab 01.10.2001 ohne Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten neu. Damit betrügen die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG 7,2384 Entgeltpunkte. Da die Summe der Entgeltpunkte nach dem FRG aus allen Renten nicht den Höchstwert von 40 Entgeltpunkten übersteige, seien die Entgeltpunkte nach dem FRG nicht zu begrenzen.
Mit Bescheid vom 28.03.2002 stellte die Beklagte die Rente des Klägers unter Berücksichtigung des § 22b Satz 3 FRG ab 01.10.2001 neu fest. Die Summe der Entgeltpunkte von anrechenbaren Zeiten nach dem FRG betrage nach wie vor 29.2697 Punkte und sei auf 25 Punkte zu begrenzen.
Mit Antrag vom 14.12.2005 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 31.10.2001 mit dem Ziel, die Kindererziehungszeiten nicht bei ihm anzuerkennen, sondern diese der Ehefrau zu gewähren. Ein solcher Antrag wurde auch für die Ehefrau zur Überprüfung des Bescheides vom 15.03.2002 gestellt. Im Wesentlichen wurde vorgetragen, der Hinweis auf § 7 Abs 2 BVFG, der alleinig zur elterlichen Erklärung geführt habe, sei unkorrekt. Laut Bescheinigung vom 04.10.2001 werde die Spätaussiedlereigenschaft der Ehefrau des Klägers dokumentiert, damit werde die Erklärung vom 29.05.2001 hinfällig.
Mit Bescheid vom 02.05.2006 wurde der Antrag des Klägers abgelehnt. Gründe für eine Rücknahme des Bescheides vom 31.10.2001 lägen nicht vor, da die Kindererziehungszeiten wie beantragt anerkannt worden seien. Den Widerspruch begründet der Kläger im Wesentlichen damit, dass der Bescheid vom 31.10.2001 rechtswidrig sei, da mit Bescheinigung vom 04.10.2001 die Spätaussiedlereigenschaft festgestellt worden sei. Somit sei die Erklärung vom 29.05.2001 zwingend hinfällig. Im Übrigen habe die Abgabe der gemeinsamen Elternerklärung wegen des lediglich vorläufigen Registrierscheines unter dem Vorbehalt der noch ausstehenden endgültigen Entscheidung der Spätaussiedlerbehörde gestellt werden müssen. Darüber hinaus sei der Kläger bei Abgabe der gemeinsamen Erklärung falsch bzw. unzureichend beraten worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Erklärung zur Zuordnung der Kindererziehungszeit könne nicht widerrufen werden und auch nicht mit einer Bedingung verknüpft werden. Eine Korrektur könne allenfalls im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs erfolgen. Allerdings wurde der Kläger nicht falsch beraten, denn zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung sei die damalige Beratung zutreffend gewesen.
Hinsichtlich des Verfahrens der Ehefrau wurde mit Bescheid vom 20.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2006 der Antrag gemäß § 44 SGB X abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) ist unter dem Az: S 16 R 740/06 noch anhängig.
Mit der am 31.06.2006 erhobenen Klage zum SG hat der Kläger vorgetragen, dass wegen des § 22b FRG sich die anerkannten Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten bei dem Kläger nicht rentensteigernd auswirken, die Aberkennung bei der Ehefrau würde zu einer mehr als hälftigen Rentenleistungsminderung führen.
Mit Gerichtsbescheid vom 01.04.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Sie sei unzulässig, weil der Kläger durch den Rentenbescheid der Beklagten nicht beschwert würde. Durch die Herausnahme der Kindererziehungszeiten würde die Rente weder erhöht noch vermindert, so dass ein Prozesserfolg bei dem Kläger in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht mit Null zu bewerten sei.
Die am 15.04.2008 beim SG eingegangene Berufung hat der Kläger unter Hinweis auf sein Vorbringen im sozialgerichtlichen Verfahren begründet.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 01.04.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung der Bescheide vom 31.10.2001 und vom 28.03.2002 die Rente ohne Anerkennung der Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 01.04.2008 zurückzuweisen.
Sie trägt ergänzend vor, dass bei Herausnahme der Kindererziehungszeiten beim Kläger sich die Rente vermindern würde. Es ergebe sich eine persönliche Entgeltpunktezahl von 23,7119 (statt 29,3597 begrenzt auf 25,0900).
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Beklagtenakten (betreffend den Kläger und die Ehefrau des Klägers), auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die Akte des SG (S 16 R 740/06) betreffend die Ehefrau des Klägers Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist nicht begründet, denn die Bescheide vom 31.10.2001 und 28.03.2002 mit Zuerkennung der Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten sind rechtmäßig. Ebenso besteht kein Anspruch auf Neuberechnung der Rente unter Herausnahme dieser Zeiten auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches
Gemäß § 44 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Im vorliegenden Fall liegt schon kein rechtswidriger Verwaltungsakt vor, denn mit Bescheiden vom 31.10.2001 und 28.03.2003 hat die Beklagte zu Recht dem Kläger die Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten zugeordnet. Gemäß § 22 Abs 1 Satz 9 FRG sind Kindererziehungszeiten nach § 28b FRG Entgeltpunkte zuzuordnen, wie wenn die Erziehung im Bundesgebiet erfolgt wäre. Für die Anrechnung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) steht die Erziehung im jeweiligen Herkunftsgebiet der Erziehung im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs gleich. Die Erklärungen nach § 56 SGB VI und dem am 31.12.1996 geltenden § 249 Abs 6 und 7 des SGB VI sind innerhalb eines Jahres nach Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland abzugeben (§ 28b Satz 2 FRG). Gemäß § 56 SGB VI in der vom 01.06.1999 bis 31.12.2001 geltenden Fassung und § 249 Abs 6 und 7 SGB VI kann bei gemeinsamer Erziehung durch übereinstimmende Erklärung die Kindererziehungszeit dem Vater zugeordnet werden. Genau diese Erklärung ist im vorliegenden Falle am 29.05.2001 abgegeben worden. Sie kann nicht widerrufen werden und ist auch nicht hinfällig geworden. Demgemäß war die Zeit anzuerkennen.
Eine Korrektur der Erklärung kann auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs herbeigeführt werden. Dieser setzt ein pflichtwidriges Verhalten voraus, das kausal für einen Schaden ist, der bei rechtmäßigem Handeln nicht entstanden wäre.
Hier liegt kein pflichtwidriges Verhalten in Form eines Beratungsfehlers der Beklagten bzw. durch das Versicherungsamt vor. Bei Rentenantragstellung durch den Kläger am 29.05.2001 und Vorlage des Registrierscheines mit dem Status der Ehefrau gemäß § 7 BVFG konnte die Beratung nur dahingehend erfolgen, die Kindererziehungszeiten dem Kläger zuzuordnen, da der Anwendungsbereich des FRG für die Ehefrau nicht eröffnet war. Selbst bei Annahme, dass aufgrund des nur vorläufigen Registrierscheins die Beratung dahingehend hätte erfolgen sollen, mit dem Antrag auf Zuordnung der Kindererziehungszeiten noch bis spätestens kurz vor Ablauf der Jahresfrist zu warten, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Nachdem der Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland am 1.10.2000 erfolgte, war die Erklärung bis zum 01.10.2001 abzugeben. Zu diesem Zeitpunkt lag der Ehefrau noch nicht die Bescheinigung zu § 4 BVFG vor.
Dem Kläger ist auch kein Schaden entstanden, denn die Zurechnung der Kindererziehungszeiten wirkte rentenerhöhend, wenngleich aufgrund der Begrenzung auf den Höchstbetrag gem. § 22b Abs 3 FRG nicht in vollem Umfang. Die Tatsache, dass die Entgeltpunkte für Kindererziehung in vollem Unfang bei der Ehefrau zum Tragen gekommen wären, begründet keinen Schaden beim Kläger.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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