Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 U 149/06
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 328/09 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Bei einer Klage auf Erlass einer Beitragsforderung zuzüglich Vollstreckungskosten und Säumniszuschläge ist die Gesamtforderung maßgebend
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 28.07.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Streitwertfestsetzung des Sozialgerichts Augsburg im Verfahren S 8 U 149/06.
Der Beschwerdeführer war vom 01.01.1975 bis 04.10.1984 als Inhaber einer Einzelfirma Mitglied der Südwestlichen Bau-Berufsgenossenschaft, die zum 01.05.2005 mit anderen Bau-Berufsgenossenschaften zur BG-Bau, Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, fusionierte. Aus der Zeit seiner Mitgliedschaft schuldet der Beschwerdeführer Beiträge in Höhe von 24.446,56 EUR zuzüglich Vollstreckungskosten in Höhe von 298,36 EUR sowie Säumniszuschläge von 36.533,48 EUR.
Am 19.05.2004 beantragte er die Niederschlagung der Gesamtforderung von 61.278,40 EUR. Er sei inzwischen Altersrentner und sei nicht in der Lage, Zahlungen auf die Schuld zu leisten.
Mit Bescheid vom 03.06.2004, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 26.07.2004 lehnte die Beklagte (hier Beschwerdegegnerin) den Erlass der Beitragsrückstände einschließlich Nebenkosten und Säumniszuschläge ab. Der Erlass sei nur zulässig, wenn die Einziehung der Forderung nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre. Dies sei nicht der Fall, weil eine Verrechnung mit der Rentenleistung der Landesversicherungsanstalt stattfinde. Danach ergebe sich unter Beachtung der Freigrenzen ein verrechnungsfähiger Betrag von monatlich 100,00 EUR.
Mit seiner hiergegen am 11.08.2004 zum Sozialgericht Augsburg gerichteten Klage verfolgte der Beschwerdeführer die Aufhebung der vorstehenden Bescheide und den Erlass der gesamten Forderung in Höhe von 61.278,40 EUR. Mit am 26.03.2009 eingegangenem Schreiben nahm der Beschwerdeführer die Klage zurück.
Am 03.06.2009 wies das Sozialgericht darauf hin, es handle sich um ein Verfahren, für das Kosten nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) anfielen. Es erwäge, den Streitwert auf 61.278,40 EUR festzusetzen. Der Beschwerdeführer wandte ein, der Streitwert sei nicht nach der Gesamtforderung zu berechnen. Die Verzugszinsen und Nebenkosten dürften nicht mit einbezogen werden.
Mit Beschluss vom 28.07.2009 setzte das Sozialgericht den Streitwert auf 61.278,40 EUR fest. Die Klage habe den Erlass der Beitragsschuld zum Ziel gehabt und damit die Kosten und Säumniszuschläge mit umfasst. Die Kostenfestsetzung beruhe auf § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 05.08.2009 Beschwerde. Der Streitwert richte sich nach § 197 a SGG i.V.m. § 3 Abs. 1 GKG. Danach sei ausschließlich die Hauptforderung maßgebend, denn bei Erlass der Beitragsschuld hätten sich auch die Vollstreckungskosten und Säumniszuschläge erledigt.
Die Beschwerdegegnerin wandte ein, keineswegs würden nach Erlass der Hauptforderung die Nebenforderungen untergehen. Der Erlassantrag des Beschwerdeführers habe sich auf die gesamte Forderung bezogen. Der Streitwert sei demnach richtig angesetzt. Der Beschwerdeführer erklärte am 04.09.2009, er stelle sich die Frage, ob nicht § 183 SGG einschlägig sei und das Verfahren insgesamt kostenfrei wäre. Die Gebührenerhebung richte sich im Übrigen nur nach der Hauptsacheforderung. Die Beschwerdegegnerin erwiderte, der Beschwerdeführer gehöre in der streitigen Beitragsangelegenheit nicht zum privilegierten Personenkreis des § 183 SGG. Der Streitwert sei nach §§ 52 ff. GKG festzusetzen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wertberechnung sei der Zeitpunkt des die Instanz einleitenden Antrags.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 28.07.2009 abzuändern und den Streitwert auf 24.446,56 EUR herabzusetzen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird im Übrigen gemäß § 136 Abs. SGG auf den Inhalt der beigezogenen Klage- und Beschwerdeakten Bezug genommen.
II.
Die nach § 68 Abs. 1 GKG eingelegte Beschwerde ist statthaft und zulässig, aber unbegründet.
Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 197 a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG. Danach ist in Verfahren, in dem der Kläger nicht zum kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG gehört gemäß § 197 a SGG das Gerichtskostengesetz anzuwenden. Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 wird der Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss festgesetzt, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich, wie hier durch Klagerücknahme, das Verfahren anderweitig erledigt. Für die Höhe der Streitwertfestsetzung ist § 52 Abs. 1 bis 3 GKG maßgebend. Danach ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 GKG). Das wirtschaftliche Interesse des mit dem Rechtsstreit verfolgten Erlasses entspricht dem in den angefochtenen Bescheiden und in der Klageschrift genannten Betrag von 61.278,40 EUR. Genau diesen Betrag nannte der Beschwerdeführer in seinem Klageantrag. Die Klage war gerichtet auf Erlass der gesamten Forderung, also einschließlich Vollstreckungskosten und Versäumniszuschläge. Ein Verhältnis von Hauptforderung zu Nebenforderung besteht daher nicht. Für Nebenforderungen schreibt § 43 GKG, der im Gesamtbereich des GKG Geltung hat, also auch im sozialgerichtlichen Verfahren, vor, dass - wie hier von Bedeutung - Zinsen oder Kosten als Nebenforderung, die außer dem Hauptanspruch betroffen sind, bei der Wertberechnung nicht zu berücksichtigen sind. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung sind u.a. Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen, die ohne den Hauptanspruch betroffen sind, bei der Wertberechnung maßgebend, soweit sie den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigen. Daraus ergibt sich, dass § 43 GKG von einem Verhältnis zwischen Hauptforderung und Nebenforderung ausgeht. Beim Erlassantrag gemäß § 76 des 4. Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) besteht jedoch kein Verhältnis mehr zwischen Haupt- und Nebenforderung. Vielmehr richtet sich der Antrag auf Erlass auf die gesamte vom Versicherungsträger geltend gemachte Forderung. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers bestünden die Nebenforderungen auch dann fort, wenn die Hauptforderungen erlassen oder gestundet würden. Der Senat stimmt daher der Wertberechnung des Sozialgerichts zu und weist die Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss vom 28.07.2009 zurück.
Obwohl diese Frage bei der Streitwertfestsetzung nicht mehr zur Entscheidung ansteht, sieht sich der Senat veranlasst, auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Beschluss vom 05.03.2008 - B 2 U 353/07 B) hinzuweisen. Danach handelt es sich um ein kostenpflichtiges Verfahren gemäß § 197 a SGG, wenn der Kläger keine Rechte als Versicherter auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung gegen die Beklagte geltend macht, sondern wenn er sich vielmehr gegen die Erhebung von Beiträgen durch die Beklagte von ihm als Unternehmer wendet.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Streitwertfestsetzung des Sozialgerichts Augsburg im Verfahren S 8 U 149/06.
Der Beschwerdeführer war vom 01.01.1975 bis 04.10.1984 als Inhaber einer Einzelfirma Mitglied der Südwestlichen Bau-Berufsgenossenschaft, die zum 01.05.2005 mit anderen Bau-Berufsgenossenschaften zur BG-Bau, Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, fusionierte. Aus der Zeit seiner Mitgliedschaft schuldet der Beschwerdeführer Beiträge in Höhe von 24.446,56 EUR zuzüglich Vollstreckungskosten in Höhe von 298,36 EUR sowie Säumniszuschläge von 36.533,48 EUR.
Am 19.05.2004 beantragte er die Niederschlagung der Gesamtforderung von 61.278,40 EUR. Er sei inzwischen Altersrentner und sei nicht in der Lage, Zahlungen auf die Schuld zu leisten.
Mit Bescheid vom 03.06.2004, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 26.07.2004 lehnte die Beklagte (hier Beschwerdegegnerin) den Erlass der Beitragsrückstände einschließlich Nebenkosten und Säumniszuschläge ab. Der Erlass sei nur zulässig, wenn die Einziehung der Forderung nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre. Dies sei nicht der Fall, weil eine Verrechnung mit der Rentenleistung der Landesversicherungsanstalt stattfinde. Danach ergebe sich unter Beachtung der Freigrenzen ein verrechnungsfähiger Betrag von monatlich 100,00 EUR.
Mit seiner hiergegen am 11.08.2004 zum Sozialgericht Augsburg gerichteten Klage verfolgte der Beschwerdeführer die Aufhebung der vorstehenden Bescheide und den Erlass der gesamten Forderung in Höhe von 61.278,40 EUR. Mit am 26.03.2009 eingegangenem Schreiben nahm der Beschwerdeführer die Klage zurück.
Am 03.06.2009 wies das Sozialgericht darauf hin, es handle sich um ein Verfahren, für das Kosten nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) anfielen. Es erwäge, den Streitwert auf 61.278,40 EUR festzusetzen. Der Beschwerdeführer wandte ein, der Streitwert sei nicht nach der Gesamtforderung zu berechnen. Die Verzugszinsen und Nebenkosten dürften nicht mit einbezogen werden.
Mit Beschluss vom 28.07.2009 setzte das Sozialgericht den Streitwert auf 61.278,40 EUR fest. Die Klage habe den Erlass der Beitragsschuld zum Ziel gehabt und damit die Kosten und Säumniszuschläge mit umfasst. Die Kostenfestsetzung beruhe auf § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 05.08.2009 Beschwerde. Der Streitwert richte sich nach § 197 a SGG i.V.m. § 3 Abs. 1 GKG. Danach sei ausschließlich die Hauptforderung maßgebend, denn bei Erlass der Beitragsschuld hätten sich auch die Vollstreckungskosten und Säumniszuschläge erledigt.
Die Beschwerdegegnerin wandte ein, keineswegs würden nach Erlass der Hauptforderung die Nebenforderungen untergehen. Der Erlassantrag des Beschwerdeführers habe sich auf die gesamte Forderung bezogen. Der Streitwert sei demnach richtig angesetzt. Der Beschwerdeführer erklärte am 04.09.2009, er stelle sich die Frage, ob nicht § 183 SGG einschlägig sei und das Verfahren insgesamt kostenfrei wäre. Die Gebührenerhebung richte sich im Übrigen nur nach der Hauptsacheforderung. Die Beschwerdegegnerin erwiderte, der Beschwerdeführer gehöre in der streitigen Beitragsangelegenheit nicht zum privilegierten Personenkreis des § 183 SGG. Der Streitwert sei nach §§ 52 ff. GKG festzusetzen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wertberechnung sei der Zeitpunkt des die Instanz einleitenden Antrags.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 28.07.2009 abzuändern und den Streitwert auf 24.446,56 EUR herabzusetzen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird im Übrigen gemäß § 136 Abs. SGG auf den Inhalt der beigezogenen Klage- und Beschwerdeakten Bezug genommen.
II.
Die nach § 68 Abs. 1 GKG eingelegte Beschwerde ist statthaft und zulässig, aber unbegründet.
Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 197 a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG. Danach ist in Verfahren, in dem der Kläger nicht zum kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG gehört gemäß § 197 a SGG das Gerichtskostengesetz anzuwenden. Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 wird der Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss festgesetzt, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich, wie hier durch Klagerücknahme, das Verfahren anderweitig erledigt. Für die Höhe der Streitwertfestsetzung ist § 52 Abs. 1 bis 3 GKG maßgebend. Danach ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 GKG). Das wirtschaftliche Interesse des mit dem Rechtsstreit verfolgten Erlasses entspricht dem in den angefochtenen Bescheiden und in der Klageschrift genannten Betrag von 61.278,40 EUR. Genau diesen Betrag nannte der Beschwerdeführer in seinem Klageantrag. Die Klage war gerichtet auf Erlass der gesamten Forderung, also einschließlich Vollstreckungskosten und Versäumniszuschläge. Ein Verhältnis von Hauptforderung zu Nebenforderung besteht daher nicht. Für Nebenforderungen schreibt § 43 GKG, der im Gesamtbereich des GKG Geltung hat, also auch im sozialgerichtlichen Verfahren, vor, dass - wie hier von Bedeutung - Zinsen oder Kosten als Nebenforderung, die außer dem Hauptanspruch betroffen sind, bei der Wertberechnung nicht zu berücksichtigen sind. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung sind u.a. Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen, die ohne den Hauptanspruch betroffen sind, bei der Wertberechnung maßgebend, soweit sie den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigen. Daraus ergibt sich, dass § 43 GKG von einem Verhältnis zwischen Hauptforderung und Nebenforderung ausgeht. Beim Erlassantrag gemäß § 76 des 4. Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) besteht jedoch kein Verhältnis mehr zwischen Haupt- und Nebenforderung. Vielmehr richtet sich der Antrag auf Erlass auf die gesamte vom Versicherungsträger geltend gemachte Forderung. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers bestünden die Nebenforderungen auch dann fort, wenn die Hauptforderungen erlassen oder gestundet würden. Der Senat stimmt daher der Wertberechnung des Sozialgerichts zu und weist die Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss vom 28.07.2009 zurück.
Obwohl diese Frage bei der Streitwertfestsetzung nicht mehr zur Entscheidung ansteht, sieht sich der Senat veranlasst, auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Beschluss vom 05.03.2008 - B 2 U 353/07 B) hinzuweisen. Danach handelt es sich um ein kostenpflichtiges Verfahren gemäß § 197 a SGG, wenn der Kläger keine Rechte als Versicherter auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung gegen die Beklagte geltend macht, sondern wenn er sich vielmehr gegen die Erhebung von Beiträgen durch die Beklagte von ihm als Unternehmer wendet.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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