Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 12 R 810/08 A
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 1061/09 B PKH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Für die Anerkennung von Beitragszeiten ist zumindest dem Grundsatz nach die tatsächliche Zahlung von Beiträgen notwendig. Aufgrund der Vermutungswirkung des § 199 Satz 1 SGB VI wird dieses Prinzip faktisch aufgeweicht.
2. Einem Rentenversicherungsträger steht keine Handhabe zu, einen ausstehenden Beitrag aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung einzuziehen. Dafür ist gemäß § 28h Abs. 1 SGB IV die Einzugsstelle zuständig.
3. Solange die Einzugsstelle - bei fehlender Meldung nach § 28a SGB IV - einen geschuldeten Gesamtsozialversicherungsbeitrag nicht eingezogen hat, besitzt der Rentenversicherungsträger keine Handhabe, von einer Beitragszeit auszugehen. Er muss das Rentenverfahren nicht "aussetzen", bis ein entsprechendes Einzugsstellenverfahren durchgeführt ist. Es existiert keine "Einwendung der noch möglichen Beitragszahlung" wie in § 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, die es dem Rentenversicherungsträger gebieten würde, eine Beitragszahlung zu fingieren .
2. Einem Rentenversicherungsträger steht keine Handhabe zu, einen ausstehenden Beitrag aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung einzuziehen. Dafür ist gemäß § 28h Abs. 1 SGB IV die Einzugsstelle zuständig.
3. Solange die Einzugsstelle - bei fehlender Meldung nach § 28a SGB IV - einen geschuldeten Gesamtsozialversicherungsbeitrag nicht eingezogen hat, besitzt der Rentenversicherungsträger keine Handhabe, von einer Beitragszeit auszugehen. Er muss das Rentenverfahren nicht "aussetzen", bis ein entsprechendes Einzugsstellenverfahren durchgeführt ist. Es existiert keine "Einwendung der noch möglichen Beitragszahlung" wie in § 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, die es dem Rentenversicherungsträger gebieten würde, eine Beitragszahlung zu fingieren .
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 9. November 2009 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten vor dem Sozialgericht Landshut wegen der Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Im hier vorliegenden Verfahren wendet sich die Klägerin und Beschwerdeführerin (Bf) gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (im Folgenden: PKH) und Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten.
Die Bf ist kroatische Staatsangehörige, war aber längere Zeit in Deutschland beschäftigt. Eine erste Phase der Beschäftigung in Deutschland erstreckte sich von August 1970 bis September 1982. Danach kehrte die Bf nach Kroatien zurück und erlangte dort Pflichtbeitragszeiten von Juli 1984 bis April 1988. Für die Folgezeit weist ihr Versicherungsverlauf eine Lücke auf, bis die Klägerin von November 1991 an bis einschließlich Oktober 1994 erneut Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung in Deutschland zurücklegte. Seit Beendigung dieser Beschäftigung lebt sie ununterbrochen in Kroatien, ohne dort neue Beitragszeiten erworben zu haben.
Am 30.06.2006 beantragte die Bf bei der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Bg) eine Rente wegen Erwerbsminderung. Diese lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 23.02.2007 ab, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung nicht erfüllt seien. Ein Widerspruch der Bf blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 20.06.2008). In der Angelegenheit ist es zu einem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut gekommen (Az. S 12 R 810/08 A).
Mit Beschluss vom 09.11.2009 hat das Sozialgericht einen Antrag der Bf auf Bewilligung von PKH und Anwaltsbeiordnung mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Es hat dies damit begründet, angesichts dessen, dass zwischen November 1991 und Oktober 1994 lediglich 35 Monate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung belegt seien, käme eine Rente wegen Erwerbsminderung nur in Betracht, wenn der Leistungsfall bereits vor dem 01.06.1990 eingetreten wäre. Das sei jedoch auszuschließen.
Die am 07.12.2009 gegen die PKH-Ablehnung eingelegte Beschwerde begründet die Bf einerseits mit Verfahrensfehlern des Sozialgerichts. Andererseits trägt sie in der Sache vor, entgegen dem Versicherungsverlauf sei sie auch im Juli 1994 einer abhängigen Beschäftigung nachgegangen. Der Klägerin sei nicht bekannt, aus welchen Gründen der damalige Arbeitgeber gerade für diesen Monat keine Beiträge gezahlt habe. Zudem würden ab November 1994 Anrechnungszeiten aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI vorliegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Bg sowie die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts, PKH und die Beiordnung der Prozessbevollmächtigten der Bf abzulehnen, ist richtig. Der Senat entscheidet vollumfänglich in der Sache. Die von der Bf monierten Verfahrensfehler spielen daher keine Rolle.
Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 114 Abs. 1 der Zivilprozessordnung erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Das Tatbestandsmerkmal "hinreichende Erfolgsaussicht" ist unter Berücksichtigung seiner verfassungsrechtlichen Bezüge zu interpretieren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes geboten. Das ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, das in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet (vgl. BVerfGE 81, 347 ; stRspr). Verfassungsrechtlich ist zwar nicht zu beanstanden, wenn die Gewährung von PKH davon abhängig gemacht wird, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der PKH vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das bedeutet zugleich, dass PKH nur verweigert werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BVerfGE 81, 347 ; stRspr).
Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI hängt ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auch von der Erfüllung bestimmter versicherungsrechtlicher Voraussetzungen ab. So ordnet § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI an, dass in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorliegen müssen (so genannte Drei-Fünftel-Belegung). Der Begriff der "Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit" wird gemäß § 55 Abs. 2 SGB VI in einem erweiternden Sinn verstanden. Für den Fall, dass die Drei-Fünftel-Belegung nicht auf dem "regulären" Weg erfüllt werden kann, bietet das Gesetz zahlreiche Instrumentarien, mit denen dieser Mangel überwunden werden kann. Verschiedene Tatbestände befreien gänzlich von der Erfüllung der Drei-Fünftel-Belegung (so § 43 Abs. 5 in Verbindung mit § 53 oder § 245, § 43 Abs. 6 und § 241 Abs. 2 SGB VI). Ein anderer Ansatzpunkt des Gesetzes besteht darin, die Fünf-Jahres-Frist weiter in die Vergangenheit zu verlängern, so dass in dem auf diese Weise erweiterten Zeitrahmen möglicherweise doch genügend Pflichtbeitragszeiten liegen (so § 43 Abs. 4, § 241 Abs. 1 SGB VI).
Im vorliegenden Fall vermag der Senat keinen Ansatzpunkt zu erkennen, auf welche Weise die Klägerin die Drei-Fünftel-Belegung umgehen bzw. erfüllen könnte. Aus diesem Grund kann der Rechtsverfolgung der Klägerin - auch nach den strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts - keine hinreichende Erfolgsaussicht bescheinigt werden.
Die aktuellste Phase von Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit erstreckt sich von November 1991 bis Oktober 1994. Nach dem Versicherungsverlauf der Klägerin genügt dieser Beschäftigungsblock allein aber nicht, um die erforderlichen drei Jahre mit entsprechenden Pflichtbeitragszeiten zu erzeugen. Denn für den Monat Juli 1994 besteht eine Lücke im Versicherungsverlauf. Damit vermag die Klägerin aus dieser Beschäftigungsphase nur 35 Monate zu "sammeln", die zur Erfüllung der Drei-Fünftel-Belegung dienen können; ein Monat fehlt jedoch.
Der daran ansetzende Vortrag der Bf, auch der Monat Juli 1994 müsse berücksichtigt werden, trifft nicht zu und verhilft der Rechtssache nicht zu einer hinreichenden Erfolgsaussicht im prozesskostenhilferechtlichen Sinn. Die Bf behauptet in Bezug darauf, sie habe sehr wohl auch in diesem Monat in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis gestanden; dafür hat sie auch Zeuginnen benannt. Warum ihr damaliger Arbeitgeber ausgerechnet im Juli 1994 keine Beiträge bezahlt habe, könne sie sich nicht erklären. Darauf komme es jedoch nicht an, da die Bg jedenfalls den Beitrag für den Monat nacherheben müsse.
Selbst wenn der Senat unterstellt, die Behauptung, auch im Juli 1994 habe ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis bestanden, sei zutreffend, so würde das nicht dazu führen, dass dieser Monat als mit einer Pflichtbeitragszeit für eine versicherte Beschäftigung belegt fingiert werden müsste oder könnte. Denn dieser Vortrag ändert nichts daran, dass es keine Hinweise dafür gibt, der Beitrag für Juli könnte tatsächlich bezahlt worden sein, die Bg habe dies aber übersehen.
Sollte dagegen für Juli 1994 tatsächlich - wie die Bf behauptet kein Beitrag gezahlt worden sein, obwohl ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen hätte, so würde das dem hier vorliegenden Verfahren keine Erfolgsaussicht vermitteln. Die Rechtsansicht der Bf, die Bg hätte in diesem Fall den Beitrag noch nachzuerheben oder zumindest eine Beitragszahlung zu fingieren, trifft nicht zu. Aus § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI ergibt sich, dass für die Anerkennung von Beitragszeiten zumindest dem Grundsatz nach die tatsächliche Zahlung von Beiträgen notwendig ist. Nur aufgrund der weit reichenden Vermutungswirkung des § 199 Satz 1 SGB VI (vgl. dazu BayLSG, Urteil vom 01.04.2009 - L 1 R 1005/08) wird dieses Prinzip faktisch aufgeweicht. Die Vermutung der korrekten Beitragszahlung erfolgt auf dieser Grundlage aber nur, wenn eine ordnungsgemäße Meldung im Sinn von § 28a des Sozialgesetzbuches Viertes Buch (SGB IV) vorliegt. Daran fehlt es hier augenscheinlich. Auch § 203 Abs. 1 SGB VI hilft der Klägerin nicht weiter, weil eine Beitragszahlung gerade nicht glaubhaft gemacht ist. Das wiederum hat zur Konsequenz, dass der Monat Juli 1994 nicht als Beitragszeit gewertet werden kann. Der Beklagten steht, anders als die Bf meint, auch keine Handhabe zu, den ausstehenden Beitrag einzuziehen. Denn dafür ist gemäß § 28h Abs. 1 SGB IV ausschließlich die Einzugsstelle - diese Funktion wird von den Krankenkassen wahrgenommen - zuständig. Der Rentenversicherungsträger seinerseits nimmt Beitragszeiten aufgrund einer abhängigen Beschäftigung allein auf der Grundlage der Meldungen in den Versicherungsverlauf auf; er prüft dagegen nicht, ob bei ihm tatsächlich der entsprechende Beitrag eingegangen ist. Die Bf mag also bei der zuständigen Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 SGB IV für den Monat Juli 1994 die Feststellung der Versicherungspflicht und Beitragshöhe beantragen. Ggf. könnte sich daran eine Beitragseinziehung durch die Einzugsstelle anschließen. Solange das aber nicht durchgeführt ist, besitzt die Bg keine Handhabe, von einer Beitragszeit auszugehen. Sie muss das Rentenverfahren auch nicht "aussetzen", bis ein entsprechendes Einzugsstellenverfahren durchgeführt ist. Schließlich existiert keine "Einwendung der noch möglichen Beitragszahlung" wie in § 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, die es dem Rentenversicherungsträger gebieten würde, eine Beitragszahlung zu fingieren.
Da somit der Zeitraum November 1991 bis Oktober 1994 in der Tat nur 35 Monate einer Pflichtbeitragszeit für eine versicherte Beschäftigung aufweist, kommt es auf eventuelle Arbeitsunfähigkeitszeiten ab November 1994 nicht an. Selbst wenn bereits zum 01.11.1994 der Versicherungsfall der Erwerbsminderung eingetreten wäre, würde der im Rahmen der Drei-Fünftel-Belegung erforderliche 36. Kalendermonat fehlen. Eine Erfüllung der Drei-Fünftel-Belegung wäre nur durch eine extreme Vorverlegung des Eintritts des Versicherungsfalls möglich, was aber das Sozialgericht mit zutreffender Begründung ausgeschlossen hat. Insoweit fällt ins Gewicht, dass die Bf in ihrer Beschwerdebegründung keine Gegenargumente dazu vorgetragen hat. Daraus schließt der Senat, dass die Bf selbst einen derart frühen Versicherungsfall für nicht realistisch hält.
Andere Wege, die Bf entweder von der Erfüllung der Drei-Fünftel-Belegung zu entbinden oder diese zu bewirken, sind nicht ersichtlich.
Diese rechtlichen Erwägungen bewirken keinen Verstoß gegen das verfassungsrechtlich begründete Verbot, das Hauptsacheverfahren in das PKH-Verfahren zu verlagern. Zwar hat die Klärung schwieriger Rechtsfragen im PKH-Verfahren keinen Platz (vgl. BVerfG NJW 2000, S. 1936; BVerfG NJW 2003, S. 1857). Jedoch liegen im vorliegenden Fall keine schwierigen Rechtsfragen in diesem Sinn vor. Auch wenn in der Praxis die speziellen funktionellen Zuständigkeiten im Rahmen der Beitragserhebung bei versicherungspflichtiger Beschäftigung häufig verkannt werden, so macht dieser Umstand die Thematik nicht zu einer schwierigen Rechtsfrage. Denn die einschlägigen gesetzlichen Regelungen sind eindeutig und existieren schon seit längerer Zeit. Das Einzugsstellenverfahren war sogar schon vor Inkrafttreten des SGB IV installiert. Dadurch, dass der Senat seine Besonderheiten bei der Bewertung einer "hinreichenden Erfolgsaussicht" berücksichtigt, wird das PKH-Verfahren nicht "überstrapaziert".
Eine Entscheidung zur Tragung der außergerichtlichen Kosten unterbleibt wegen § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten vor dem Sozialgericht Landshut wegen der Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Im hier vorliegenden Verfahren wendet sich die Klägerin und Beschwerdeführerin (Bf) gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (im Folgenden: PKH) und Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten.
Die Bf ist kroatische Staatsangehörige, war aber längere Zeit in Deutschland beschäftigt. Eine erste Phase der Beschäftigung in Deutschland erstreckte sich von August 1970 bis September 1982. Danach kehrte die Bf nach Kroatien zurück und erlangte dort Pflichtbeitragszeiten von Juli 1984 bis April 1988. Für die Folgezeit weist ihr Versicherungsverlauf eine Lücke auf, bis die Klägerin von November 1991 an bis einschließlich Oktober 1994 erneut Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung in Deutschland zurücklegte. Seit Beendigung dieser Beschäftigung lebt sie ununterbrochen in Kroatien, ohne dort neue Beitragszeiten erworben zu haben.
Am 30.06.2006 beantragte die Bf bei der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Bg) eine Rente wegen Erwerbsminderung. Diese lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 23.02.2007 ab, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung nicht erfüllt seien. Ein Widerspruch der Bf blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 20.06.2008). In der Angelegenheit ist es zu einem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut gekommen (Az. S 12 R 810/08 A).
Mit Beschluss vom 09.11.2009 hat das Sozialgericht einen Antrag der Bf auf Bewilligung von PKH und Anwaltsbeiordnung mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Es hat dies damit begründet, angesichts dessen, dass zwischen November 1991 und Oktober 1994 lediglich 35 Monate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung belegt seien, käme eine Rente wegen Erwerbsminderung nur in Betracht, wenn der Leistungsfall bereits vor dem 01.06.1990 eingetreten wäre. Das sei jedoch auszuschließen.
Die am 07.12.2009 gegen die PKH-Ablehnung eingelegte Beschwerde begründet die Bf einerseits mit Verfahrensfehlern des Sozialgerichts. Andererseits trägt sie in der Sache vor, entgegen dem Versicherungsverlauf sei sie auch im Juli 1994 einer abhängigen Beschäftigung nachgegangen. Der Klägerin sei nicht bekannt, aus welchen Gründen der damalige Arbeitgeber gerade für diesen Monat keine Beiträge gezahlt habe. Zudem würden ab November 1994 Anrechnungszeiten aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI vorliegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Bg sowie die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts, PKH und die Beiordnung der Prozessbevollmächtigten der Bf abzulehnen, ist richtig. Der Senat entscheidet vollumfänglich in der Sache. Die von der Bf monierten Verfahrensfehler spielen daher keine Rolle.
Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 114 Abs. 1 der Zivilprozessordnung erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Das Tatbestandsmerkmal "hinreichende Erfolgsaussicht" ist unter Berücksichtigung seiner verfassungsrechtlichen Bezüge zu interpretieren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes geboten. Das ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, das in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet (vgl. BVerfGE 81, 347 ; stRspr). Verfassungsrechtlich ist zwar nicht zu beanstanden, wenn die Gewährung von PKH davon abhängig gemacht wird, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der PKH vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das bedeutet zugleich, dass PKH nur verweigert werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BVerfGE 81, 347 ; stRspr).
Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI hängt ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auch von der Erfüllung bestimmter versicherungsrechtlicher Voraussetzungen ab. So ordnet § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI an, dass in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorliegen müssen (so genannte Drei-Fünftel-Belegung). Der Begriff der "Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit" wird gemäß § 55 Abs. 2 SGB VI in einem erweiternden Sinn verstanden. Für den Fall, dass die Drei-Fünftel-Belegung nicht auf dem "regulären" Weg erfüllt werden kann, bietet das Gesetz zahlreiche Instrumentarien, mit denen dieser Mangel überwunden werden kann. Verschiedene Tatbestände befreien gänzlich von der Erfüllung der Drei-Fünftel-Belegung (so § 43 Abs. 5 in Verbindung mit § 53 oder § 245, § 43 Abs. 6 und § 241 Abs. 2 SGB VI). Ein anderer Ansatzpunkt des Gesetzes besteht darin, die Fünf-Jahres-Frist weiter in die Vergangenheit zu verlängern, so dass in dem auf diese Weise erweiterten Zeitrahmen möglicherweise doch genügend Pflichtbeitragszeiten liegen (so § 43 Abs. 4, § 241 Abs. 1 SGB VI).
Im vorliegenden Fall vermag der Senat keinen Ansatzpunkt zu erkennen, auf welche Weise die Klägerin die Drei-Fünftel-Belegung umgehen bzw. erfüllen könnte. Aus diesem Grund kann der Rechtsverfolgung der Klägerin - auch nach den strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts - keine hinreichende Erfolgsaussicht bescheinigt werden.
Die aktuellste Phase von Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit erstreckt sich von November 1991 bis Oktober 1994. Nach dem Versicherungsverlauf der Klägerin genügt dieser Beschäftigungsblock allein aber nicht, um die erforderlichen drei Jahre mit entsprechenden Pflichtbeitragszeiten zu erzeugen. Denn für den Monat Juli 1994 besteht eine Lücke im Versicherungsverlauf. Damit vermag die Klägerin aus dieser Beschäftigungsphase nur 35 Monate zu "sammeln", die zur Erfüllung der Drei-Fünftel-Belegung dienen können; ein Monat fehlt jedoch.
Der daran ansetzende Vortrag der Bf, auch der Monat Juli 1994 müsse berücksichtigt werden, trifft nicht zu und verhilft der Rechtssache nicht zu einer hinreichenden Erfolgsaussicht im prozesskostenhilferechtlichen Sinn. Die Bf behauptet in Bezug darauf, sie habe sehr wohl auch in diesem Monat in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis gestanden; dafür hat sie auch Zeuginnen benannt. Warum ihr damaliger Arbeitgeber ausgerechnet im Juli 1994 keine Beiträge bezahlt habe, könne sie sich nicht erklären. Darauf komme es jedoch nicht an, da die Bg jedenfalls den Beitrag für den Monat nacherheben müsse.
Selbst wenn der Senat unterstellt, die Behauptung, auch im Juli 1994 habe ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis bestanden, sei zutreffend, so würde das nicht dazu führen, dass dieser Monat als mit einer Pflichtbeitragszeit für eine versicherte Beschäftigung belegt fingiert werden müsste oder könnte. Denn dieser Vortrag ändert nichts daran, dass es keine Hinweise dafür gibt, der Beitrag für Juli könnte tatsächlich bezahlt worden sein, die Bg habe dies aber übersehen.
Sollte dagegen für Juli 1994 tatsächlich - wie die Bf behauptet kein Beitrag gezahlt worden sein, obwohl ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen hätte, so würde das dem hier vorliegenden Verfahren keine Erfolgsaussicht vermitteln. Die Rechtsansicht der Bf, die Bg hätte in diesem Fall den Beitrag noch nachzuerheben oder zumindest eine Beitragszahlung zu fingieren, trifft nicht zu. Aus § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI ergibt sich, dass für die Anerkennung von Beitragszeiten zumindest dem Grundsatz nach die tatsächliche Zahlung von Beiträgen notwendig ist. Nur aufgrund der weit reichenden Vermutungswirkung des § 199 Satz 1 SGB VI (vgl. dazu BayLSG, Urteil vom 01.04.2009 - L 1 R 1005/08) wird dieses Prinzip faktisch aufgeweicht. Die Vermutung der korrekten Beitragszahlung erfolgt auf dieser Grundlage aber nur, wenn eine ordnungsgemäße Meldung im Sinn von § 28a des Sozialgesetzbuches Viertes Buch (SGB IV) vorliegt. Daran fehlt es hier augenscheinlich. Auch § 203 Abs. 1 SGB VI hilft der Klägerin nicht weiter, weil eine Beitragszahlung gerade nicht glaubhaft gemacht ist. Das wiederum hat zur Konsequenz, dass der Monat Juli 1994 nicht als Beitragszeit gewertet werden kann. Der Beklagten steht, anders als die Bf meint, auch keine Handhabe zu, den ausstehenden Beitrag einzuziehen. Denn dafür ist gemäß § 28h Abs. 1 SGB IV ausschließlich die Einzugsstelle - diese Funktion wird von den Krankenkassen wahrgenommen - zuständig. Der Rentenversicherungsträger seinerseits nimmt Beitragszeiten aufgrund einer abhängigen Beschäftigung allein auf der Grundlage der Meldungen in den Versicherungsverlauf auf; er prüft dagegen nicht, ob bei ihm tatsächlich der entsprechende Beitrag eingegangen ist. Die Bf mag also bei der zuständigen Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 SGB IV für den Monat Juli 1994 die Feststellung der Versicherungspflicht und Beitragshöhe beantragen. Ggf. könnte sich daran eine Beitragseinziehung durch die Einzugsstelle anschließen. Solange das aber nicht durchgeführt ist, besitzt die Bg keine Handhabe, von einer Beitragszeit auszugehen. Sie muss das Rentenverfahren auch nicht "aussetzen", bis ein entsprechendes Einzugsstellenverfahren durchgeführt ist. Schließlich existiert keine "Einwendung der noch möglichen Beitragszahlung" wie in § 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, die es dem Rentenversicherungsträger gebieten würde, eine Beitragszahlung zu fingieren.
Da somit der Zeitraum November 1991 bis Oktober 1994 in der Tat nur 35 Monate einer Pflichtbeitragszeit für eine versicherte Beschäftigung aufweist, kommt es auf eventuelle Arbeitsunfähigkeitszeiten ab November 1994 nicht an. Selbst wenn bereits zum 01.11.1994 der Versicherungsfall der Erwerbsminderung eingetreten wäre, würde der im Rahmen der Drei-Fünftel-Belegung erforderliche 36. Kalendermonat fehlen. Eine Erfüllung der Drei-Fünftel-Belegung wäre nur durch eine extreme Vorverlegung des Eintritts des Versicherungsfalls möglich, was aber das Sozialgericht mit zutreffender Begründung ausgeschlossen hat. Insoweit fällt ins Gewicht, dass die Bf in ihrer Beschwerdebegründung keine Gegenargumente dazu vorgetragen hat. Daraus schließt der Senat, dass die Bf selbst einen derart frühen Versicherungsfall für nicht realistisch hält.
Andere Wege, die Bf entweder von der Erfüllung der Drei-Fünftel-Belegung zu entbinden oder diese zu bewirken, sind nicht ersichtlich.
Diese rechtlichen Erwägungen bewirken keinen Verstoß gegen das verfassungsrechtlich begründete Verbot, das Hauptsacheverfahren in das PKH-Verfahren zu verlagern. Zwar hat die Klärung schwieriger Rechtsfragen im PKH-Verfahren keinen Platz (vgl. BVerfG NJW 2000, S. 1936; BVerfG NJW 2003, S. 1857). Jedoch liegen im vorliegenden Fall keine schwierigen Rechtsfragen in diesem Sinn vor. Auch wenn in der Praxis die speziellen funktionellen Zuständigkeiten im Rahmen der Beitragserhebung bei versicherungspflichtiger Beschäftigung häufig verkannt werden, so macht dieser Umstand die Thematik nicht zu einer schwierigen Rechtsfrage. Denn die einschlägigen gesetzlichen Regelungen sind eindeutig und existieren schon seit längerer Zeit. Das Einzugsstellenverfahren war sogar schon vor Inkrafttreten des SGB IV installiert. Dadurch, dass der Senat seine Besonderheiten bei der Bewertung einer "hinreichenden Erfolgsaussicht" berücksichtigt, wird das PKH-Verfahren nicht "überstrapaziert".
Eine Entscheidung zur Tragung der außergerichtlichen Kosten unterbleibt wegen § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
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