Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 27 R 792/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 1011/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 10/11 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen einer Umdeutung eines Rentenablehnungsbescheids in einen auf § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X gestützten Aufhebungsbescheid.
I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts München vom 13. November 2008 sowie des Bescheids der Beklagten vom 30. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2008 verpflichtet, der Klägerin vom 1. Oktober 2007 bis 30. November 2007 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat der Kläger 1/10 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die im Jahr 1957 geborene Klägerin hat von September 1974 bis Juni 1977 den Beruf der Bankkauffrau erlernt. Im Anschluss daran war sie bis Januar 1986 im erlernten Beruf tätig. Nach Zeiten der Kindererziehung war sie von März 1990 bis Juni 1991 und zuletzt von Februar 1997 bis Januar 2004 als Bankkauffrau versicherungspflichtig beschäftigt.
Die Klägerin begehrte erstmals mit Antrag vom 21. Januar 2004 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Sie sei seit April 1997 erwerbsgemindert. Sie verwies auf Folgeschäden nach lateraler Gesichtsfraktur rechts (April 1997), Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen sowie auf die Folgen eines am 5. Januar 1976 erlittenen Verkehrsunfalls, bei dem sie einen Beckenbruch links, eine Oberschenkelfraktur links, eine Oberarmfraktur rechts und ein Trauma am rechten Unterschenkel erlitten habe. In der Folge sei es zu mindestens 20 Schulterluxationen gekommen. Ein ärztliches Attest vom 15. Januar 1998 über die gesundheitlichen Folgen des Vorfalls im April 1997 wurde vorgelegt.
Die Beklagte holte ein chirurgisches Gutachten von Dr. G. und ein nervenärztliches Gutachten von Dr. K. ein. Dr. G. stellte bei der Klägerin noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden sowohl für die letzte berufliche Tätigkeit als Bankkauffrau als auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt fest. Dr. K. diagnostizierte bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen:
1. somatoforme Störung im Bereich des Gefäßsystems und des Bewegungsapparates mit Spannungskopfschmerz, Vertigosymptomatik und psychischer Überlagerung von Motilitätsbeeinträchtigungen bei wiederholten Schulterluxationen rechts
2. benigner Lagerungsschwindel
3. Angst und depressive Störung gemischt
4. Zustand nach Fraktur des rechten Orbitabodens und der Orbitahinterwand sowie der Kieferhöhlenvorder- und hinterwand und des rechten Jochbogens mit Hyposensibilität im Bereich des N. infraorbitalis rechts
5. Zustand nach Oberarmfraktur rechts 1996 mit nachfolgenden rezidivierenden Schulterluxationen
6. leichte kognitive Leistungsstörung.
Er kam zu dem Ergebnis, die Klägerin könne als Bankkauffrau nur noch 3 bis unter 6 Stunden, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch 6 Stunden und mehr leichte Arbeiten, aus wechselnder Ausgangslage, zeitweise im Sitzen, in Tagschicht, ohne hohe Anforderungen an Konzentrations- und Reaktionsvermögen, ohne Überwachung und Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, ohne Verantwortung für Personen und Maschinen, ohne hohe Anforderungen an die Grobmotorik des rechten Arms, ohne häufiges Bücken, zu ebener Erde, ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten sowie ohne Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr verrichten. Eine wesentliche Besserung sei auf Sicht von einem halben Jahr durchaus möglich.
Nachdem der beratende Arzt Dr. B. noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr sowohl für die Tätigkeit als Bankkauffrau als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angenommen hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. April 2004 den Rentenantrag zunächst ab.
In dem darauf folgenden Widerspruchsverfahren zog die Beklagte weitere Befundberichte bei. Aus dem Befundbericht der Psychiaterin D. vom 5. August 2004 ergibt sich, dass bei der sich gerade in Scheidung befindlichen Klägerin ein depressiv-ängstliches Syndrom im Sinne einer Anpassungsstörung mit erheblicher Antriebsstörung, innerer Unruhe, Anspannung, Nervosität und reduzierter Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit vorlag. Die beratende Ärztin Dr. G. nahm daraufhin unter dem 20. August 2004 ein 3 bis unter 6stündiges Leistungsvermögen der Klägerin sowohl als Bankkauffrau als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an. Die Folgen der im Jahr 1997 erlittenen Mittelgesichtsfraktur würden sich jetzt im Zuge einer weiteren privaten Problematik und daraus resultierenden Befindlichkeitsstörung quantitativ leistungsmindernd auswirken. Aufgrund dessen bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 26. November 2004 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer ab 1. Februar 2004 und mit Bescheid vom 30. November 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit.
Der gegen die Befristung der Rente wegen voller Erwerbsminderung erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15. April 2005 zurückgewiesen. In dem darauf folgenden Klageverfahren (Az. S. 15 R 1326/05) wurde ein Gutachten von Dr. K. vom 1. Februar 2006 eingeholt. Dieser diagnostizierte einen atypischen Gesichtsschmerz sowie eine depressive Entwicklung mit Somatisierung. Das Anerkenntnis einer bis Juli 2007 gewährten EU-Rente sei angesichts der Tatsache, dass die Klägerin sich zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. K. noch nicht in konsequenter neurologischer oder psychiatrischer Behandlung befand, als eher großzügig zu bezeichnen. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass die Erwerbsminderung der Klägerin behoben werden könne. Nach Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden ambulanten kassenärztlichen Maßnahmen sei zweifellos eine Besserung des im Vordergrund stehenden psychiatrischen Syndroms zu erwarten. Die Klage wurde sodann mit Gerichtsbescheid vom 15. März 2006 abgewiesen. Die hiergegen erhobene Berufung wurde von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2007 wirksam zurückgenommen.
Auf den Weitergewährungsantrag der Klägerin vom 8. Februar 2007 hin zog die Beklagte weitere Befundberichte bei. Nach einer Verfahrensverzögerung aufgrund der erfolglos gebliebenen Anfechtung der Berufungsrücknahme durch die Klägerin erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 6. Juli 2007 den Rentenanspruch wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 30. September 2007 an. Der weitere Anspruch werde von Amts wegen geprüft. Die Psychiaterin Dr. T. teilte zunächst in einem Befundbericht vom 2. Juli 2007 mit, der Fall sei schwer beurteilbar, da die Klägerin zwei Jahre keinen Arzt konsultiert habe. Mit Attest vom 27. September 2005 erklärte sie dann, die Klägerin leide an einer massiven Trigeminusneuralgie sowie an einer massiv ausgeprägten depressiven Symptomatik.
Die Beklagte holte sodann ein Gutachten von Dr. K. vom 1. Oktober 2007 ein, das dieser nach einem Hausbesuch erstellte. Er diagnostizierte eine Dysthymie mit Angstsymptomen, einen Verdacht auf Trigeminusneuralgie rechts, eine somatoforme Störung im Bereich des Bewegungsapparates mit Cephalgien und Vertigosymptomen. Die Klägerin könne seit 1. Oktober 2007 noch leichte Arbeiten aus wechselnder Ausgangslage, zeitweise im Sitzen, in Tagesschicht, ohne hohe Stressbelastung, zu ebener Erde, ohne häufiges Bücken, ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, ohne Zwangshaltung und ohne Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr 6 Stunden und mehr täglich sowohl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch als Bankkauffrau verrichten.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit angefochtenem Bescheid vom 30. Oktober 2007 ohne vorherige Anhörung der Klägerin die Weitergewährung von Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung und Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit für die Zeit ab 1. Oktober 2007 ab. Die Klägerin sei in der Lage, in ihrem bisherigen Beruf als Bankkauffrau sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch vom 2. November 2007, bei der Beklagten eingegangen am 5. November 2007, verwies die Klägerin erneut auf die bei ihr vorliegende Trigeminusneuralgie (etwa 20 mal pro Woche), Schwindelanfälle, Schulterluxationen rechts und Knieprobleme. Der Beklagte holte einen weiteren Befundbericht der Psychiaterin Dr. T. ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. März wurde der Widerspruch zurückgewiesen. In den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 26. November 2004, mit dem Rente wegen teilweiser Berufsunfähigkeit auf Dauer gewährt worden sei, zu Grunde gelegen haben, sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Klägerin sei nunmehr wieder in der Lage, ihren bisherigen Beruf als Bankkauffrau mindestens 6 Stunden täglich auszuüben. Gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X sei ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Diese liege in der Änderung des Gesundheitszustands der Klägerin. Dies erfordere eine Aufhebung der Entscheidung über die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zukunft ab 1. Oktober 2007.
In dem darauf folgenden Klageverfahren zum SG (Az. S. 27 R 792/08) legte die Klägerin ein weiteres Attest der Psychiaterin Dr. T. vor, in dem auf die massiven Gesichtsschmerzen und einen schlechten Allgemeinzustand verwiesen wird. Das SG zog einen weiteren Befundbericht der Psychiaterin Dr. T. bei und erhob gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Beweis durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage von Dr. M., nachdem die Klägerin zunächst erklärt hatte, einen Sachverständigen nicht aufsuchen zu können und in der Folge auch Termine zur Erstellung eines Gutachtens im Wege des Hausbesuches abgesagt hatte.
Dr. M. stellte in seinem Gutachten vom 17. August 2008 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fest:
1. Sensibilitätsstörungen im Bereich des Nervus infraorbitalis rechts bei Zustand nach Gesichtsschädelverletzung 1997 (funktionell neurologisch unbedeutsam)
2. Verdacht auf atypischen Gesichtsschmerz, wobei dieser jedoch aufgrund der Aktenlage wenig gut belegt sei und aufgrund der von der Klägerin nicht wahrgenommenen Behandlungsmöglichkeiten als eher leichtgradig eingeschätzt werden müsse
3. leichtgradige Anpassungsstörung (reaktive Depression vor dem Hintergrund der psychosozialen Konfliktsituation) bei einer histrionischen und eher kränkbaren Primärpersönlichkeit.
Die Klägerin könne noch leichte und mittelschwere Arbeiten wechselschichtig im Gehen, Stehen und Sitzen im Freien und in geschlossenen Räumen vollschichtig mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen verrichten. Das Heben und Tragen von schweren Lasten sollte vermieden werden. Einschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht.
Daraufhin wies das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13. November 2008 unter Bezugnahme auf das Gutachten von Dr. M. ab. Die Klägerin sei seit 1. Oktober 2007 wieder in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und als Bankkauffrau 6 Stunden und mehr tätig zu sein. Der Verwaltungsakt, mit dem teilweise Erwerbsminderung auf Dauer gewährt worden sei, sei gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.
Mit der hiergegen erhobenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Der Ehemann der Klägerin legte eine eidesstattliche Versicherung vor, wonach die Klägerin aufgrund ihrer lateralen Mittelgesichtsfraktur mehrmals täglich an Trigeminusneuralgie sowie an habituellen Schulterluxationen rechts, massiven Gefäßstörungen am rechten Unterschenkel und Knieproblemen links leide. Die Klägerin könne ohne seine Hilfe den Alltag nicht mehr bewältigen. Der Senat hat die Schwerbehindertenakten beim Zentrum Bayern Familie und Soziales Region Oberbayern sowie die Verfahrensakten beim Bayerischen Landessozialgericht mit dem Az. , die ein orthopädisches Gutachten von Dr. L., ein neurologisches Gutachten nach Aktenlage von Dr. E. sowie ein nervenärztliches Gutachten für das SG A-Stadt vom 1. Februar 2006 von Dr. K. enthalten, beigezogen. Er hat ferner Befundberichte der Psychiaterin Dr. T. sowie eine Arbeitgeberauskunft der Stadtsparkasse A-Stadt eingeholt. Hieraus geht hervor, dass das Arbeitsverhältnis nach wie vor fortbesteht. Er hat gemäß § 106 SGG Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. C. im Wege eines Hausbesuchs vom 29. Mai 2009 nebst ergänzender Stellungnahme vom 5. Oktober 2009.
Dr. C. stellt bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fest:
1. Zustand nach Fraktur des rechten Orbitabogens, der Kieferhöhlenvorder- und hinterwand sowie des rechten Jochbogens
2. atypischer Gesichtsschmerz (differentialdiagnostisch Trigeminusneuralgie rechts)
3. Dysthymie
4. narzisstisch geprägte Primärpersönlichkeit mit histrionischer Ausgestaltung
5. Rentenwunsch.
Die Klägerin könne zumindest leichte Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen sowie bei Ausschluss von Kälte und Nässe auch im Freien vollschichtig ausüben. Nicht mehr zumutbar seien das Heben und Tragen schwerer Lasten, häufiges Bücken sowie Tätigkeiten unter Zeitdruck und Nachtschichttätigkeiten. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit im Telefonbanking sei der Klägerin 6 Stunden und mehr zumutbar. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht.
Auf die Frage des Senats, ob die Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 26. November 2004 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage gewesen sei, die Tätigkeit als Bankkauffrau auszuüben und sich in der Folgezeit eine wesentliche Besserung in ihren gesundheitlichen Verhältnissen ergeben habe mit der Folge, dass sie jedenfalls seit Oktober 2007 wieder in der Lage gewesen sei, diese Tätigkeit auszuüben, führt Dr. C. im wesentlichen folgendes aus:
"Die Argumentation von Dr. G., die Gesichtsschädelfraktur allein bedinge lediglich eine qualitative Minderung der beruflichen Leistungsfähigkeit, die Summe der Gesichtsschädelfraktur und die aus dem Partnerkonflikt resultierende Affektstörung dagegen eine quantitative Leistungsminderung, ist schon für sich genommen in ihrer etwas kuhhandelartigen Kürze etwas fragwürdig, und dies umso mehr, als zu diesem Zeitpunkt mit einer Behandlung der Affektstörung gerade eben einmal begonnen worden war ... Sieht man über die Schwäche der Argumentation von Dr. G. hinweg und akzeptiert, dass die aus der Gesichtsschädelfraktur resultierende qualitative Leistungsminderung durch das Hinzutreten der aus dem Partnerkonflikt resultierenden Affektstörung zu einer quantitativen Leistungsminderung aufgewertet worden sei, eine Teilberentung somit auch unter Verzicht auf eine Behandlung vertretbar gewesen sei, so erscheint es auch als plausibel, dass die Rückbildung der mit dem Partnerkonflikt verbundenen depressiven Störung spätestens abgeschlossen gewesen und damit auch der Grund für die Teilberentung entfallen ist, als die Klägerin bei ihrem späteren Lebensgefährten und Ehemann, Herrn A., Trost gesucht und gefunden hatte. Dies ist, soweit dies den Gerichtsakten zu entnehmen ist, spätestens im Dezember 2006 der Fall gewesen."
Hierzu hat die Klägerin ergänzend Stellung genommen und darauf verwiesen, ihr Gesundheitszustand habe sich seit 2003/2004 sehr verschlechtert.
Nachdem die Klägerin geltend gemacht hatte, sie leide unter einer Sehschwäche, zum Teil mit Doppelsehen, gab der Senat ein augenärztliches Gutachten in Auftrag. Auf Anfrage des Senats erklärte der augenärztliche Sachverständige, eine augenärztliche Untersuchung im Wege des Hausbesuchs sei aufgrund der nur in der Praxis vorhandenen Geräte nicht möglich. Nachdem die Klägerin sich nicht dazu bereiterklärte, den Sachverständigen in seiner Praxis aufzusuchen, wurde die entsprechende Beweisanordnung wieder aufgehoben.
Die Klägerin beantragt durch ihren Bevollmächtigten,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts München vom 13. November 2008 sowie des Bescheids vom 30. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2008 zu verurteilen, der Klägerin über den 30. September 2007 hinaus Rente wegen Erwerbsminderung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Der Klägerin steht für die Monate Oktober und November 2007 noch Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Ein Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht seit 1. Oktober 2007 hingegen nicht mehr. Die Beklagte hat den Rentenbescheid über die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mit Wirkung vom 1. Dezember 2007 wirksam und rechtmäßig aufgehoben mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit mehr hat. Die Berufung war daher insoweit zurückzuweisen.
Der Klägerin stehen ab 1. Dezember 2007 keine Rentenleistungen wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit mehr zu, weil der Bescheid vom 26. November 2004, mit dem der Klägerin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer ab 1. Februar 2004 bewilligten wurde, ab diesem Zeitpunkt wirksam und rechtmäßig aufgehoben wurde.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung dieses Bewilligungsbescheids mit Wirkung für die Zukunft ist § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X.
Gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. Oktober 2007 hat die Beklagte nicht den Bescheid vom 26. November 2004 aufgehoben, sondern ausweislich des eindeutigen Wortlauts des Bescheids nur Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, die von der Klägerin aufgrund der Bewilligung dieser Rente auf Dauer nicht mehr beantragt worden war, abgelehnt. Die bloße Ablehnung einer nicht beantragten, da auf Dauer bewilligten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit geht ins Leere; damit wird der Klägerin die bewilligte Rente nicht entzogen. Der Ablehnungsbescheid lässt sich auch nicht im Wege der Auslegung als Aufhebungsbescheid qualifizieren. Im Wege der Auslegung wird ermittelt, was die Behörde tatsächlich erklärt hat. Im Bescheid vom 30. Oktober 2007 liegt nach dem eindeutigen Wortlaut eine bloße Rentenablehnung vor. Der aufzuhebende Bescheid vom 26. November 2004 wird nicht erwähnt. Aufgrund seines eindeutigen Wortlauts ist der Bescheid vom 26. November 2004 nicht auslegungsfähig.
Der Ablehnungsbescheid der Beklagten ist jedoch gemäß § 43 Abs. 1-4 SGB X in einen Aufhebungsbescheid gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X umzudeuten, mit dem der Klägerin ab 1. Oktober 2007 die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit entzogen wird.
Gemäß § 43 Abs. 1 SGB X kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.
Gemäß § 43 Abs. 2 S. 1SGB X gilt dies dann nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafter Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsakts.
Die Umdeutung eines Verwaltungsakts gemäß § 43 SGB X kann auch durch die Gerichte erfolgen; § 43 SGB X regelt nicht nur eine Umdeutung von Verwaltungsakten durch die Verwaltung, die nahezu keine praktische Bedeutung hat (KassKomm-Steinwedel, § 43 SGB X Rn. 5, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BSG).
Der Entzug von Rentenleistungen ist auf das gleiche Ziel gerichtet wie die Ablehnung von Rentenleistungen; Ziel der Beklagten ist es ersichtlich gewesen, der Klägerin ab 1. Oktober 2007 keine Leistungen einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit mehr zukommen zu lassen.
Der Aufhebungsbescheid hätte für den Zeitraum ab 1. Dezember 2007 von der Beklagten auch in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig erlassen werden können.
Während die bloße Ablehnung eines Rentenantrags keiner vorherigen Anhörung bedarf, ist vor der Aufhebung eines Rentenbewilligungsbescheides allerdings gemäß § 24 Abs. 1 SGB X eine Anhörung der Betroffenen durchzuführen, da damit in dessen Rechte eingegriffen wird.
Vor Erlass des angefochtenen Bescheids vom 30. Oktober 2007 wurde die Klägerin nicht angehört. Ein Grund gemäß § 24 Abs. 2 SGB X, von der Anhörung abzusehen, liegt nicht vor. Der Mangel wurde jedoch durch Nachholung der Anhörung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt. Voraussetzung hierfür ist, dass der Bescheid selbst alle wesentlichen Tatsachen enthält, auf die die Verwaltung ihre Entscheidung stützt (BSGE 80, 215, 217; BSGE 89, 111, 114) und die Verwaltung die Ausführungen des Versicherten zur Kenntnis nimmt. Ein gesonderter Hinweis auf die Möglichkeit zur Äußerung ist demgegenüber immer dann erforderlich, wenn die Verwaltung ihren Widerspruchsbescheid auf neue, insbesondere neu ermittelte Umstände stützen will und dies dem Betroffenen nicht bekannt ist. Wesentliche Tatsache für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist der Umstand, dass eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen vorliegt. Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 30. Oktober 2007 unter Hinweis auf die festgestellten Gesundheitsstörungen der Klägerin hinreichend deutlich gemacht, dass ab dem 1. Oktober 2007 die Klägerin wieder in der Lage ist, 6 Stunden und mehr Tätigkeiten als Bankkauffrau zu verrichten. Die wesentlichen Gründe für die beabsichtigte Nichtweiterzahlung auch der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit wurden der Klägerin also in dem angefochtenen Bescheid mitgeteilt. Es gibt auch keinen Grund zur Annahme, die Beklagte habe die Ausführungen der Klägerin nicht zur Kenntnis genommen. Denn diese erschöpften sich in der Behauptung, zu keinerlei Tätigkeiten mehr in der Lage zu sein.
Die materiellrechtlichen Voraussetzungen für einen Aufhebungsbescheid sind mit Wirkung ab 1. Dezember 2007 erfüllt. Dies gilt jedoch nicht für die Aufhebung für die Monate Oktober und November 2007. Insoweit war die Entscheidung der Beklagten zu korrigieren.
Voraussetzung für die Aufhebung eines Rentenbewilligungsbescheids mit Wirkung für die Zukunft ist gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Rentenbescheids vom 26. November 2004, der einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung darstellt, vorgelegen haben. Eine Änderung ist dann wesentlich, wenn sie rechtserheblich ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den ergangenen Verwaltungsakt so nicht hätte erlassen dürfen (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 22). Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die zu einer Aufhebung gemäß § 48 Abs. 1 SGB X berechtigt, liegt also dann vor, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aufgrund einer Besserung der gesundheitlichen Verhältnisse der Klägerin entfallen sind.
Nach Auffassung des Senats ist die Klägerin bereits seit Dezember 2006 wieder in der Lage, mindestens 6 Stunden täglich Arbeiten in ihrem Hauptberuf als Bankkauffrau zu verrichten mit der Folge, dass damit ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI nicht mehr besteht. Entscheidend ist dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 30. Oktober 2007. Unerheblich ist, ob erst danach eine Änderung der Verhältnisse (etwa in der Form der Wiederherstellung der Berufsfähigkeit) eingetreten ist, die nunmehr eine Aufhebung rechtfertigen könnte (BSGE 79, 223).
Die Klägerin kann insoweit auf ihre Tätigkeit als Bankkauffrau bei der Stadtsparkasse A-Stadt verwiesen werden, weil sie nach der Auskunft ihres Arbeitgebers diesen Arbeitsplatz nach wie vor innehat. Unerheblich ist also, welche Anforderungen generell an die Tätigkeit einer Bankkauffrau gestellt werden und ob diese von der Klägerin erfüllt werden. Nach der Arbeitsplatzbeschreibung der Stadtsparkasse M. wurde die Tätigkeit als Sachbearbeiterin im "Aktiven Telefonbanking" ausschließlich im Sitzen, in einem geschlossenen Raum verrichtet. Die Tätigkeit ist mit telefonischem Publikumsverkehr, psychischer Belastung in Form von Konzentrationsvermögen bei andauerndem Telefonieren und Notwendigkeit zur schnellen Einstellung auf den Gesprächspartner sowie dem Bedienen von Büromaschinen (PC; Telefon mit Headset) verbunden. Weitere Anforderungen an diesem Arbeitsplatz wurden vom Arbeitgeber nicht benannt.
Nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. C. in seinem Gutachten vom 29. Mai 2009 sowie seiner ergänzenden Stellungnahme vom 5. Oktober 2009 ist die Klägerin seit Dezember 2006 wieder in der Lage, diese Tätigkeit zu verrichten. Bis zu diesem Zeitpunkt war hingegen der Kläger in eine Tätigkeit als Bankkauffrau im aktiven Telefonbanking nicht möglich. Spätestens zum Dezember 2006 hat sich die aus dem Partnerkonflikt der Klägerin ergebende Affektstörung zurückgebildet, der nach den Feststellungen von Dr. G., die von Dr. C. als vertretbar erachtet worden sind, in Kombination mit den Auswirkungen der Gesichtsschädelfraktur zu einer Unfähigkeit der Klägerin führte, ihrer Tätigkeit als Bankkauffrau weiter ab Februar 2004 nachzukommen. Auch wenn Dr. C. in seiner ergänzenden Stellungnahme gewisse Zweifel daran äußert, dass die Klägerin ab Februar 2004 nicht in der Lage gewesen sei, Tätigkeiten des aktiven Telefonbankings auszuüben, folgt der Senat diesen Zweifeln nicht, sondern schließt sich insoweit der Einschätzung von Dr. G. vom 20. August 2004 an. Während Dr. C. die Frage, ob die Klägerin ab Februar 2004 nur rückwirkend nach Aktenlage beurteilen kann, hat Dr. G. ihre Einschätzung im August 2004 sehr zeitnah aufgrund einer aktuellen Begutachtung der Klägerin abgegeben. Der Einschätzung von Dr. G., die Klägerin sei ab Februar 2004 nicht mehr in der Lage, Tätigkeiten einer Bankkauffrau zu verrichten, hat daher einen hohen Beweiswert.
Die von Dr. C. festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen der Klägerin stehen ihrer Beschäftigung als Bankkauffrau im Rahmen des aktiven Telefonbankings seit Dezember 2006 jedoch nicht mehr entgegen. Die Tätigkeit findet nicht im Freien statt. Sie ist auch nicht mit dem Heben und Tragen schwerer Lasten, häufigem Bücken, Zeitdruck oder Nachtschichttätigkeiten verbunden. Die von der Klägerin in den Vordergrund gerückten Gesichtsschmerzen, die nach ihren eigenen Angaben ein- bis dreimal pro Tag für 1 bis 2 min auftreten, stehen nach der nachvollziehbaren Auffassung von Dr. C. einer Tätigkeit als Bankkauffrau nicht entgegen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum aus diesen kurzen Schmerzsyndromen der von der Klägerin geltend gemachte umfassende Wegfall einer beruflichen Belastbarkeit resultieren sollte. Insoweit ist auch die erhebliche Aggravation der Klägerin bei Rentenwunsch in Rechnung zu stellen, die sich auch dadurch dokumentierte, dass die Klägerin nach den Feststellungen von Dr. C. ohne nachvollziehbare Gründe eine Untersuchung in den Praxisräumen verweigert hat. Auch das Fehlen jeglicher Schmerzmedikation spricht gegen ein derart gravierendes Schmerzgeschehen. Für die von der Klägerin ebenfalls geltend gemachten Konzentrationsmängel fand sich bei der Untersuchung durch Dr. C. kein Anhalt. Dr. C. konnte auch aufgrund der geltend gemachten gelegentlichen Schulterluxationen keine gravierenden Leistungseinschränkungen erkennen. Schließlich ist auch nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass der Klägerin aufgrund einer Sehschwäche eine Tätigkeit als Bankkauffrau nicht mehr möglich sei. Befundberichte über Einschränkungen des Sehvermögens der Klägerin liegen nicht vor; die Klägerin ist nicht in augenärztlicher Behandlung. Eine Untersuchung in den Praxisräumen des vom Senat benannten augenärztlichen Gutachters hat die Klägerin ohne nachvollziehbaren Grund verweigert. Eine augenärztliche Untersuchung im Wege des Hausbesuchs ist nach Auskunft des augenärztlichen Sachverständigen nicht möglich. Eine augenärztliche Begutachtung nach Aktenlage scheidet angesichts des Fehlens jeglicher augenärztlicher Befundberichte aus.
Eine Umdeutung des Bescheids über die Ablehnung der Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Dezember 2007 in einen Bescheid über die Aufhebung des Bescheids vom 26. November 2004 scheitert schließlich auch nicht daran, dass letzteres ungünstiger wäre als die Rechtsfolgen des angefochtenen Verwaltungsaktes (vgl. § 43 Abs. 2 S. 1 SGB X) wäre. In beiden Fällen sind die Rechtsfolgen die gleichen, denn es käme nicht zu einer Auszahlung von Rentenleistungen an die Klägerin (vgl. BSG, Urteil vom 7. Juli 2005, B 3 P 12/04 R für den umgekehrten Fall, in dem die Umdeutung eines einen Leistungsbescheid aufhebenden Bescheids in einen Ablehnungsbescheid aufgrund der identischen Rechtsfolgen für zulässig erachtet worden ist).
Die sich im Wege der Umdeutung ergebende Entscheidung der Beklagten, den Bescheid vom 26. November 2004 über die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer aufzuheben, kann daher mit Wirkung für die Zukunft und damit für den Zeitraum ab 1. Dezember 2007 auf § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X gestützt werden und ist auch im Übrigen formell und materiell rechtmäßig. Rechtswidrig hingegen ist die Entscheidung der Beklagten, durch die Ablehnung der Zahlung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auch für die Monate Oktober und November 2007 den Rentenbescheid vom 26. November 2004 mit Rückwirkung aufzuheben:
Der in einen Aufhebungsbescheid gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X umzudeutende Bescheid vom 30. Oktober 2007 gilt gemäß § 37 Abs. 2 SGB X mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Unterstellt man, der Bescheid vom 30. Oktober 2007 sei am selben Tag zur Post aufgegeben worden, ist von einem Zugang des Bescheids am 2. November 2007 auszugehen. Am 2. November 2007 lag der Klägerin der Bescheid auch tatsächlich vor, da sie unter diesem Datum ihren Widerspruch formuliert hat. Damit ist von einer Bekanntgabe des Bescheids vom 30. Oktober 2007 am 2. November 2007 auszugehen; dies gilt selbst dann, wenn die Klägerin den Bescheid tatsächlich noch im Oktober 2007 erhalten haben sollte (BSGE 5, 53, 55), wofür es keinerlei Belege gibt.
Fallen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente weg, endet die Rentenzahlung mit dem Beginn des Kalendermonats, zu dessen Beginn der Wegfall wirksam ist (§ 100 Abs. 3 S. 1 SGB VI). Der Wegfall der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aufgrund des Bescheids vom 30. Oktober 2007 wird erst am 2. November 2007 wirksam, die Rentenzahlung endet damit erst am 1. Dezember 2007. Die Ablehnung der Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auch für die Monate Oktober und November 2007 stellt sich damit als Aufhebung des Rentenbescheids vom 26. November 2004 mit Rückwirkung dar.
Eine Umdeutung des Ablehnungsbescheids in eine rückwirkende Aufhebung des Rentenbewilligungsbescheids für die Monate Oktober und November 2007 kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte - wie sich aus dem Widerspruchsbescheid ergibt - eine Einstellung der Rentenleistungen wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nur für die Zukunft beabsichtigte. Eine Aufhebung des Rentenbewilligungsbescheids auch für die Vergangenheit entspricht nicht ihren Intentionen. Im Widerspruchsbescheid ist in keiner Weise auf die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X Bezug genommen, in denen die Voraussetzungen für eine Aufhebung eines begünstigenden Dauerverwaltungsaktes für die Vergangenheit geregelt sind. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 4 SGB X für eine rückwirkende Aufhebung des Rentenbewilligungsbescheids sind im Übrigen auch nicht erfüllt.
Damit besteht erst ab 1. Dezember 2007 kein Anspruch der Klägerin mehr auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht demgegenüber bereits seit 1. Oktober 2007 nicht mehr. Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin nach den Feststellungen von Dr. C. bereits seit Dezember 2006 wieder in der Lage war, ihre Tätigkeit als Bankkauffrau sowie zumindest leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Dementsprechend war der angefochtene Bescheid vom 30. Oktober 2007 insoweit aufzuheben, als mit ihm die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit für die Monate Oktober und November 2007 abgelehnt worden war. Im übrigen war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§193 SGG) berücksichtigt den Umstand, dass die Klägerin in ganz überwiegendem Maße nicht erfolgreich war.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat der Kläger 1/10 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die im Jahr 1957 geborene Klägerin hat von September 1974 bis Juni 1977 den Beruf der Bankkauffrau erlernt. Im Anschluss daran war sie bis Januar 1986 im erlernten Beruf tätig. Nach Zeiten der Kindererziehung war sie von März 1990 bis Juni 1991 und zuletzt von Februar 1997 bis Januar 2004 als Bankkauffrau versicherungspflichtig beschäftigt.
Die Klägerin begehrte erstmals mit Antrag vom 21. Januar 2004 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Sie sei seit April 1997 erwerbsgemindert. Sie verwies auf Folgeschäden nach lateraler Gesichtsfraktur rechts (April 1997), Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen sowie auf die Folgen eines am 5. Januar 1976 erlittenen Verkehrsunfalls, bei dem sie einen Beckenbruch links, eine Oberschenkelfraktur links, eine Oberarmfraktur rechts und ein Trauma am rechten Unterschenkel erlitten habe. In der Folge sei es zu mindestens 20 Schulterluxationen gekommen. Ein ärztliches Attest vom 15. Januar 1998 über die gesundheitlichen Folgen des Vorfalls im April 1997 wurde vorgelegt.
Die Beklagte holte ein chirurgisches Gutachten von Dr. G. und ein nervenärztliches Gutachten von Dr. K. ein. Dr. G. stellte bei der Klägerin noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden sowohl für die letzte berufliche Tätigkeit als Bankkauffrau als auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt fest. Dr. K. diagnostizierte bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen:
1. somatoforme Störung im Bereich des Gefäßsystems und des Bewegungsapparates mit Spannungskopfschmerz, Vertigosymptomatik und psychischer Überlagerung von Motilitätsbeeinträchtigungen bei wiederholten Schulterluxationen rechts
2. benigner Lagerungsschwindel
3. Angst und depressive Störung gemischt
4. Zustand nach Fraktur des rechten Orbitabodens und der Orbitahinterwand sowie der Kieferhöhlenvorder- und hinterwand und des rechten Jochbogens mit Hyposensibilität im Bereich des N. infraorbitalis rechts
5. Zustand nach Oberarmfraktur rechts 1996 mit nachfolgenden rezidivierenden Schulterluxationen
6. leichte kognitive Leistungsstörung.
Er kam zu dem Ergebnis, die Klägerin könne als Bankkauffrau nur noch 3 bis unter 6 Stunden, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch 6 Stunden und mehr leichte Arbeiten, aus wechselnder Ausgangslage, zeitweise im Sitzen, in Tagschicht, ohne hohe Anforderungen an Konzentrations- und Reaktionsvermögen, ohne Überwachung und Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, ohne Verantwortung für Personen und Maschinen, ohne hohe Anforderungen an die Grobmotorik des rechten Arms, ohne häufiges Bücken, zu ebener Erde, ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten sowie ohne Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr verrichten. Eine wesentliche Besserung sei auf Sicht von einem halben Jahr durchaus möglich.
Nachdem der beratende Arzt Dr. B. noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr sowohl für die Tätigkeit als Bankkauffrau als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angenommen hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. April 2004 den Rentenantrag zunächst ab.
In dem darauf folgenden Widerspruchsverfahren zog die Beklagte weitere Befundberichte bei. Aus dem Befundbericht der Psychiaterin D. vom 5. August 2004 ergibt sich, dass bei der sich gerade in Scheidung befindlichen Klägerin ein depressiv-ängstliches Syndrom im Sinne einer Anpassungsstörung mit erheblicher Antriebsstörung, innerer Unruhe, Anspannung, Nervosität und reduzierter Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit vorlag. Die beratende Ärztin Dr. G. nahm daraufhin unter dem 20. August 2004 ein 3 bis unter 6stündiges Leistungsvermögen der Klägerin sowohl als Bankkauffrau als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an. Die Folgen der im Jahr 1997 erlittenen Mittelgesichtsfraktur würden sich jetzt im Zuge einer weiteren privaten Problematik und daraus resultierenden Befindlichkeitsstörung quantitativ leistungsmindernd auswirken. Aufgrund dessen bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 26. November 2004 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer ab 1. Februar 2004 und mit Bescheid vom 30. November 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit.
Der gegen die Befristung der Rente wegen voller Erwerbsminderung erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15. April 2005 zurückgewiesen. In dem darauf folgenden Klageverfahren (Az. S. 15 R 1326/05) wurde ein Gutachten von Dr. K. vom 1. Februar 2006 eingeholt. Dieser diagnostizierte einen atypischen Gesichtsschmerz sowie eine depressive Entwicklung mit Somatisierung. Das Anerkenntnis einer bis Juli 2007 gewährten EU-Rente sei angesichts der Tatsache, dass die Klägerin sich zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. K. noch nicht in konsequenter neurologischer oder psychiatrischer Behandlung befand, als eher großzügig zu bezeichnen. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass die Erwerbsminderung der Klägerin behoben werden könne. Nach Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden ambulanten kassenärztlichen Maßnahmen sei zweifellos eine Besserung des im Vordergrund stehenden psychiatrischen Syndroms zu erwarten. Die Klage wurde sodann mit Gerichtsbescheid vom 15. März 2006 abgewiesen. Die hiergegen erhobene Berufung wurde von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2007 wirksam zurückgenommen.
Auf den Weitergewährungsantrag der Klägerin vom 8. Februar 2007 hin zog die Beklagte weitere Befundberichte bei. Nach einer Verfahrensverzögerung aufgrund der erfolglos gebliebenen Anfechtung der Berufungsrücknahme durch die Klägerin erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 6. Juli 2007 den Rentenanspruch wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 30. September 2007 an. Der weitere Anspruch werde von Amts wegen geprüft. Die Psychiaterin Dr. T. teilte zunächst in einem Befundbericht vom 2. Juli 2007 mit, der Fall sei schwer beurteilbar, da die Klägerin zwei Jahre keinen Arzt konsultiert habe. Mit Attest vom 27. September 2005 erklärte sie dann, die Klägerin leide an einer massiven Trigeminusneuralgie sowie an einer massiv ausgeprägten depressiven Symptomatik.
Die Beklagte holte sodann ein Gutachten von Dr. K. vom 1. Oktober 2007 ein, das dieser nach einem Hausbesuch erstellte. Er diagnostizierte eine Dysthymie mit Angstsymptomen, einen Verdacht auf Trigeminusneuralgie rechts, eine somatoforme Störung im Bereich des Bewegungsapparates mit Cephalgien und Vertigosymptomen. Die Klägerin könne seit 1. Oktober 2007 noch leichte Arbeiten aus wechselnder Ausgangslage, zeitweise im Sitzen, in Tagesschicht, ohne hohe Stressbelastung, zu ebener Erde, ohne häufiges Bücken, ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, ohne Zwangshaltung und ohne Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr 6 Stunden und mehr täglich sowohl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch als Bankkauffrau verrichten.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit angefochtenem Bescheid vom 30. Oktober 2007 ohne vorherige Anhörung der Klägerin die Weitergewährung von Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung und Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit für die Zeit ab 1. Oktober 2007 ab. Die Klägerin sei in der Lage, in ihrem bisherigen Beruf als Bankkauffrau sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch vom 2. November 2007, bei der Beklagten eingegangen am 5. November 2007, verwies die Klägerin erneut auf die bei ihr vorliegende Trigeminusneuralgie (etwa 20 mal pro Woche), Schwindelanfälle, Schulterluxationen rechts und Knieprobleme. Der Beklagte holte einen weiteren Befundbericht der Psychiaterin Dr. T. ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. März wurde der Widerspruch zurückgewiesen. In den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 26. November 2004, mit dem Rente wegen teilweiser Berufsunfähigkeit auf Dauer gewährt worden sei, zu Grunde gelegen haben, sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Klägerin sei nunmehr wieder in der Lage, ihren bisherigen Beruf als Bankkauffrau mindestens 6 Stunden täglich auszuüben. Gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X sei ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Diese liege in der Änderung des Gesundheitszustands der Klägerin. Dies erfordere eine Aufhebung der Entscheidung über die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zukunft ab 1. Oktober 2007.
In dem darauf folgenden Klageverfahren zum SG (Az. S. 27 R 792/08) legte die Klägerin ein weiteres Attest der Psychiaterin Dr. T. vor, in dem auf die massiven Gesichtsschmerzen und einen schlechten Allgemeinzustand verwiesen wird. Das SG zog einen weiteren Befundbericht der Psychiaterin Dr. T. bei und erhob gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Beweis durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage von Dr. M., nachdem die Klägerin zunächst erklärt hatte, einen Sachverständigen nicht aufsuchen zu können und in der Folge auch Termine zur Erstellung eines Gutachtens im Wege des Hausbesuches abgesagt hatte.
Dr. M. stellte in seinem Gutachten vom 17. August 2008 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fest:
1. Sensibilitätsstörungen im Bereich des Nervus infraorbitalis rechts bei Zustand nach Gesichtsschädelverletzung 1997 (funktionell neurologisch unbedeutsam)
2. Verdacht auf atypischen Gesichtsschmerz, wobei dieser jedoch aufgrund der Aktenlage wenig gut belegt sei und aufgrund der von der Klägerin nicht wahrgenommenen Behandlungsmöglichkeiten als eher leichtgradig eingeschätzt werden müsse
3. leichtgradige Anpassungsstörung (reaktive Depression vor dem Hintergrund der psychosozialen Konfliktsituation) bei einer histrionischen und eher kränkbaren Primärpersönlichkeit.
Die Klägerin könne noch leichte und mittelschwere Arbeiten wechselschichtig im Gehen, Stehen und Sitzen im Freien und in geschlossenen Räumen vollschichtig mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen verrichten. Das Heben und Tragen von schweren Lasten sollte vermieden werden. Einschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht.
Daraufhin wies das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13. November 2008 unter Bezugnahme auf das Gutachten von Dr. M. ab. Die Klägerin sei seit 1. Oktober 2007 wieder in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und als Bankkauffrau 6 Stunden und mehr tätig zu sein. Der Verwaltungsakt, mit dem teilweise Erwerbsminderung auf Dauer gewährt worden sei, sei gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.
Mit der hiergegen erhobenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Der Ehemann der Klägerin legte eine eidesstattliche Versicherung vor, wonach die Klägerin aufgrund ihrer lateralen Mittelgesichtsfraktur mehrmals täglich an Trigeminusneuralgie sowie an habituellen Schulterluxationen rechts, massiven Gefäßstörungen am rechten Unterschenkel und Knieproblemen links leide. Die Klägerin könne ohne seine Hilfe den Alltag nicht mehr bewältigen. Der Senat hat die Schwerbehindertenakten beim Zentrum Bayern Familie und Soziales Region Oberbayern sowie die Verfahrensakten beim Bayerischen Landessozialgericht mit dem Az. , die ein orthopädisches Gutachten von Dr. L., ein neurologisches Gutachten nach Aktenlage von Dr. E. sowie ein nervenärztliches Gutachten für das SG A-Stadt vom 1. Februar 2006 von Dr. K. enthalten, beigezogen. Er hat ferner Befundberichte der Psychiaterin Dr. T. sowie eine Arbeitgeberauskunft der Stadtsparkasse A-Stadt eingeholt. Hieraus geht hervor, dass das Arbeitsverhältnis nach wie vor fortbesteht. Er hat gemäß § 106 SGG Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. C. im Wege eines Hausbesuchs vom 29. Mai 2009 nebst ergänzender Stellungnahme vom 5. Oktober 2009.
Dr. C. stellt bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fest:
1. Zustand nach Fraktur des rechten Orbitabogens, der Kieferhöhlenvorder- und hinterwand sowie des rechten Jochbogens
2. atypischer Gesichtsschmerz (differentialdiagnostisch Trigeminusneuralgie rechts)
3. Dysthymie
4. narzisstisch geprägte Primärpersönlichkeit mit histrionischer Ausgestaltung
5. Rentenwunsch.
Die Klägerin könne zumindest leichte Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen sowie bei Ausschluss von Kälte und Nässe auch im Freien vollschichtig ausüben. Nicht mehr zumutbar seien das Heben und Tragen schwerer Lasten, häufiges Bücken sowie Tätigkeiten unter Zeitdruck und Nachtschichttätigkeiten. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit im Telefonbanking sei der Klägerin 6 Stunden und mehr zumutbar. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht.
Auf die Frage des Senats, ob die Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 26. November 2004 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage gewesen sei, die Tätigkeit als Bankkauffrau auszuüben und sich in der Folgezeit eine wesentliche Besserung in ihren gesundheitlichen Verhältnissen ergeben habe mit der Folge, dass sie jedenfalls seit Oktober 2007 wieder in der Lage gewesen sei, diese Tätigkeit auszuüben, führt Dr. C. im wesentlichen folgendes aus:
"Die Argumentation von Dr. G., die Gesichtsschädelfraktur allein bedinge lediglich eine qualitative Minderung der beruflichen Leistungsfähigkeit, die Summe der Gesichtsschädelfraktur und die aus dem Partnerkonflikt resultierende Affektstörung dagegen eine quantitative Leistungsminderung, ist schon für sich genommen in ihrer etwas kuhhandelartigen Kürze etwas fragwürdig, und dies umso mehr, als zu diesem Zeitpunkt mit einer Behandlung der Affektstörung gerade eben einmal begonnen worden war ... Sieht man über die Schwäche der Argumentation von Dr. G. hinweg und akzeptiert, dass die aus der Gesichtsschädelfraktur resultierende qualitative Leistungsminderung durch das Hinzutreten der aus dem Partnerkonflikt resultierenden Affektstörung zu einer quantitativen Leistungsminderung aufgewertet worden sei, eine Teilberentung somit auch unter Verzicht auf eine Behandlung vertretbar gewesen sei, so erscheint es auch als plausibel, dass die Rückbildung der mit dem Partnerkonflikt verbundenen depressiven Störung spätestens abgeschlossen gewesen und damit auch der Grund für die Teilberentung entfallen ist, als die Klägerin bei ihrem späteren Lebensgefährten und Ehemann, Herrn A., Trost gesucht und gefunden hatte. Dies ist, soweit dies den Gerichtsakten zu entnehmen ist, spätestens im Dezember 2006 der Fall gewesen."
Hierzu hat die Klägerin ergänzend Stellung genommen und darauf verwiesen, ihr Gesundheitszustand habe sich seit 2003/2004 sehr verschlechtert.
Nachdem die Klägerin geltend gemacht hatte, sie leide unter einer Sehschwäche, zum Teil mit Doppelsehen, gab der Senat ein augenärztliches Gutachten in Auftrag. Auf Anfrage des Senats erklärte der augenärztliche Sachverständige, eine augenärztliche Untersuchung im Wege des Hausbesuchs sei aufgrund der nur in der Praxis vorhandenen Geräte nicht möglich. Nachdem die Klägerin sich nicht dazu bereiterklärte, den Sachverständigen in seiner Praxis aufzusuchen, wurde die entsprechende Beweisanordnung wieder aufgehoben.
Die Klägerin beantragt durch ihren Bevollmächtigten,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts München vom 13. November 2008 sowie des Bescheids vom 30. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2008 zu verurteilen, der Klägerin über den 30. September 2007 hinaus Rente wegen Erwerbsminderung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Der Klägerin steht für die Monate Oktober und November 2007 noch Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Ein Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht seit 1. Oktober 2007 hingegen nicht mehr. Die Beklagte hat den Rentenbescheid über die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mit Wirkung vom 1. Dezember 2007 wirksam und rechtmäßig aufgehoben mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit mehr hat. Die Berufung war daher insoweit zurückzuweisen.
Der Klägerin stehen ab 1. Dezember 2007 keine Rentenleistungen wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit mehr zu, weil der Bescheid vom 26. November 2004, mit dem der Klägerin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer ab 1. Februar 2004 bewilligten wurde, ab diesem Zeitpunkt wirksam und rechtmäßig aufgehoben wurde.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung dieses Bewilligungsbescheids mit Wirkung für die Zukunft ist § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X.
Gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. Oktober 2007 hat die Beklagte nicht den Bescheid vom 26. November 2004 aufgehoben, sondern ausweislich des eindeutigen Wortlauts des Bescheids nur Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, die von der Klägerin aufgrund der Bewilligung dieser Rente auf Dauer nicht mehr beantragt worden war, abgelehnt. Die bloße Ablehnung einer nicht beantragten, da auf Dauer bewilligten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit geht ins Leere; damit wird der Klägerin die bewilligte Rente nicht entzogen. Der Ablehnungsbescheid lässt sich auch nicht im Wege der Auslegung als Aufhebungsbescheid qualifizieren. Im Wege der Auslegung wird ermittelt, was die Behörde tatsächlich erklärt hat. Im Bescheid vom 30. Oktober 2007 liegt nach dem eindeutigen Wortlaut eine bloße Rentenablehnung vor. Der aufzuhebende Bescheid vom 26. November 2004 wird nicht erwähnt. Aufgrund seines eindeutigen Wortlauts ist der Bescheid vom 26. November 2004 nicht auslegungsfähig.
Der Ablehnungsbescheid der Beklagten ist jedoch gemäß § 43 Abs. 1-4 SGB X in einen Aufhebungsbescheid gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X umzudeuten, mit dem der Klägerin ab 1. Oktober 2007 die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit entzogen wird.
Gemäß § 43 Abs. 1 SGB X kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.
Gemäß § 43 Abs. 2 S. 1SGB X gilt dies dann nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafter Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsakts.
Die Umdeutung eines Verwaltungsakts gemäß § 43 SGB X kann auch durch die Gerichte erfolgen; § 43 SGB X regelt nicht nur eine Umdeutung von Verwaltungsakten durch die Verwaltung, die nahezu keine praktische Bedeutung hat (KassKomm-Steinwedel, § 43 SGB X Rn. 5, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BSG).
Der Entzug von Rentenleistungen ist auf das gleiche Ziel gerichtet wie die Ablehnung von Rentenleistungen; Ziel der Beklagten ist es ersichtlich gewesen, der Klägerin ab 1. Oktober 2007 keine Leistungen einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit mehr zukommen zu lassen.
Der Aufhebungsbescheid hätte für den Zeitraum ab 1. Dezember 2007 von der Beklagten auch in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig erlassen werden können.
Während die bloße Ablehnung eines Rentenantrags keiner vorherigen Anhörung bedarf, ist vor der Aufhebung eines Rentenbewilligungsbescheides allerdings gemäß § 24 Abs. 1 SGB X eine Anhörung der Betroffenen durchzuführen, da damit in dessen Rechte eingegriffen wird.
Vor Erlass des angefochtenen Bescheids vom 30. Oktober 2007 wurde die Klägerin nicht angehört. Ein Grund gemäß § 24 Abs. 2 SGB X, von der Anhörung abzusehen, liegt nicht vor. Der Mangel wurde jedoch durch Nachholung der Anhörung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt. Voraussetzung hierfür ist, dass der Bescheid selbst alle wesentlichen Tatsachen enthält, auf die die Verwaltung ihre Entscheidung stützt (BSGE 80, 215, 217; BSGE 89, 111, 114) und die Verwaltung die Ausführungen des Versicherten zur Kenntnis nimmt. Ein gesonderter Hinweis auf die Möglichkeit zur Äußerung ist demgegenüber immer dann erforderlich, wenn die Verwaltung ihren Widerspruchsbescheid auf neue, insbesondere neu ermittelte Umstände stützen will und dies dem Betroffenen nicht bekannt ist. Wesentliche Tatsache für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist der Umstand, dass eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen vorliegt. Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 30. Oktober 2007 unter Hinweis auf die festgestellten Gesundheitsstörungen der Klägerin hinreichend deutlich gemacht, dass ab dem 1. Oktober 2007 die Klägerin wieder in der Lage ist, 6 Stunden und mehr Tätigkeiten als Bankkauffrau zu verrichten. Die wesentlichen Gründe für die beabsichtigte Nichtweiterzahlung auch der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit wurden der Klägerin also in dem angefochtenen Bescheid mitgeteilt. Es gibt auch keinen Grund zur Annahme, die Beklagte habe die Ausführungen der Klägerin nicht zur Kenntnis genommen. Denn diese erschöpften sich in der Behauptung, zu keinerlei Tätigkeiten mehr in der Lage zu sein.
Die materiellrechtlichen Voraussetzungen für einen Aufhebungsbescheid sind mit Wirkung ab 1. Dezember 2007 erfüllt. Dies gilt jedoch nicht für die Aufhebung für die Monate Oktober und November 2007. Insoweit war die Entscheidung der Beklagten zu korrigieren.
Voraussetzung für die Aufhebung eines Rentenbewilligungsbescheids mit Wirkung für die Zukunft ist gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Rentenbescheids vom 26. November 2004, der einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung darstellt, vorgelegen haben. Eine Änderung ist dann wesentlich, wenn sie rechtserheblich ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den ergangenen Verwaltungsakt so nicht hätte erlassen dürfen (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 22). Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die zu einer Aufhebung gemäß § 48 Abs. 1 SGB X berechtigt, liegt also dann vor, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aufgrund einer Besserung der gesundheitlichen Verhältnisse der Klägerin entfallen sind.
Nach Auffassung des Senats ist die Klägerin bereits seit Dezember 2006 wieder in der Lage, mindestens 6 Stunden täglich Arbeiten in ihrem Hauptberuf als Bankkauffrau zu verrichten mit der Folge, dass damit ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI nicht mehr besteht. Entscheidend ist dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 30. Oktober 2007. Unerheblich ist, ob erst danach eine Änderung der Verhältnisse (etwa in der Form der Wiederherstellung der Berufsfähigkeit) eingetreten ist, die nunmehr eine Aufhebung rechtfertigen könnte (BSGE 79, 223).
Die Klägerin kann insoweit auf ihre Tätigkeit als Bankkauffrau bei der Stadtsparkasse A-Stadt verwiesen werden, weil sie nach der Auskunft ihres Arbeitgebers diesen Arbeitsplatz nach wie vor innehat. Unerheblich ist also, welche Anforderungen generell an die Tätigkeit einer Bankkauffrau gestellt werden und ob diese von der Klägerin erfüllt werden. Nach der Arbeitsplatzbeschreibung der Stadtsparkasse M. wurde die Tätigkeit als Sachbearbeiterin im "Aktiven Telefonbanking" ausschließlich im Sitzen, in einem geschlossenen Raum verrichtet. Die Tätigkeit ist mit telefonischem Publikumsverkehr, psychischer Belastung in Form von Konzentrationsvermögen bei andauerndem Telefonieren und Notwendigkeit zur schnellen Einstellung auf den Gesprächspartner sowie dem Bedienen von Büromaschinen (PC; Telefon mit Headset) verbunden. Weitere Anforderungen an diesem Arbeitsplatz wurden vom Arbeitgeber nicht benannt.
Nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. C. in seinem Gutachten vom 29. Mai 2009 sowie seiner ergänzenden Stellungnahme vom 5. Oktober 2009 ist die Klägerin seit Dezember 2006 wieder in der Lage, diese Tätigkeit zu verrichten. Bis zu diesem Zeitpunkt war hingegen der Kläger in eine Tätigkeit als Bankkauffrau im aktiven Telefonbanking nicht möglich. Spätestens zum Dezember 2006 hat sich die aus dem Partnerkonflikt der Klägerin ergebende Affektstörung zurückgebildet, der nach den Feststellungen von Dr. G., die von Dr. C. als vertretbar erachtet worden sind, in Kombination mit den Auswirkungen der Gesichtsschädelfraktur zu einer Unfähigkeit der Klägerin führte, ihrer Tätigkeit als Bankkauffrau weiter ab Februar 2004 nachzukommen. Auch wenn Dr. C. in seiner ergänzenden Stellungnahme gewisse Zweifel daran äußert, dass die Klägerin ab Februar 2004 nicht in der Lage gewesen sei, Tätigkeiten des aktiven Telefonbankings auszuüben, folgt der Senat diesen Zweifeln nicht, sondern schließt sich insoweit der Einschätzung von Dr. G. vom 20. August 2004 an. Während Dr. C. die Frage, ob die Klägerin ab Februar 2004 nur rückwirkend nach Aktenlage beurteilen kann, hat Dr. G. ihre Einschätzung im August 2004 sehr zeitnah aufgrund einer aktuellen Begutachtung der Klägerin abgegeben. Der Einschätzung von Dr. G., die Klägerin sei ab Februar 2004 nicht mehr in der Lage, Tätigkeiten einer Bankkauffrau zu verrichten, hat daher einen hohen Beweiswert.
Die von Dr. C. festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen der Klägerin stehen ihrer Beschäftigung als Bankkauffrau im Rahmen des aktiven Telefonbankings seit Dezember 2006 jedoch nicht mehr entgegen. Die Tätigkeit findet nicht im Freien statt. Sie ist auch nicht mit dem Heben und Tragen schwerer Lasten, häufigem Bücken, Zeitdruck oder Nachtschichttätigkeiten verbunden. Die von der Klägerin in den Vordergrund gerückten Gesichtsschmerzen, die nach ihren eigenen Angaben ein- bis dreimal pro Tag für 1 bis 2 min auftreten, stehen nach der nachvollziehbaren Auffassung von Dr. C. einer Tätigkeit als Bankkauffrau nicht entgegen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum aus diesen kurzen Schmerzsyndromen der von der Klägerin geltend gemachte umfassende Wegfall einer beruflichen Belastbarkeit resultieren sollte. Insoweit ist auch die erhebliche Aggravation der Klägerin bei Rentenwunsch in Rechnung zu stellen, die sich auch dadurch dokumentierte, dass die Klägerin nach den Feststellungen von Dr. C. ohne nachvollziehbare Gründe eine Untersuchung in den Praxisräumen verweigert hat. Auch das Fehlen jeglicher Schmerzmedikation spricht gegen ein derart gravierendes Schmerzgeschehen. Für die von der Klägerin ebenfalls geltend gemachten Konzentrationsmängel fand sich bei der Untersuchung durch Dr. C. kein Anhalt. Dr. C. konnte auch aufgrund der geltend gemachten gelegentlichen Schulterluxationen keine gravierenden Leistungseinschränkungen erkennen. Schließlich ist auch nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass der Klägerin aufgrund einer Sehschwäche eine Tätigkeit als Bankkauffrau nicht mehr möglich sei. Befundberichte über Einschränkungen des Sehvermögens der Klägerin liegen nicht vor; die Klägerin ist nicht in augenärztlicher Behandlung. Eine Untersuchung in den Praxisräumen des vom Senat benannten augenärztlichen Gutachters hat die Klägerin ohne nachvollziehbaren Grund verweigert. Eine augenärztliche Untersuchung im Wege des Hausbesuchs ist nach Auskunft des augenärztlichen Sachverständigen nicht möglich. Eine augenärztliche Begutachtung nach Aktenlage scheidet angesichts des Fehlens jeglicher augenärztlicher Befundberichte aus.
Eine Umdeutung des Bescheids über die Ablehnung der Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Dezember 2007 in einen Bescheid über die Aufhebung des Bescheids vom 26. November 2004 scheitert schließlich auch nicht daran, dass letzteres ungünstiger wäre als die Rechtsfolgen des angefochtenen Verwaltungsaktes (vgl. § 43 Abs. 2 S. 1 SGB X) wäre. In beiden Fällen sind die Rechtsfolgen die gleichen, denn es käme nicht zu einer Auszahlung von Rentenleistungen an die Klägerin (vgl. BSG, Urteil vom 7. Juli 2005, B 3 P 12/04 R für den umgekehrten Fall, in dem die Umdeutung eines einen Leistungsbescheid aufhebenden Bescheids in einen Ablehnungsbescheid aufgrund der identischen Rechtsfolgen für zulässig erachtet worden ist).
Die sich im Wege der Umdeutung ergebende Entscheidung der Beklagten, den Bescheid vom 26. November 2004 über die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer aufzuheben, kann daher mit Wirkung für die Zukunft und damit für den Zeitraum ab 1. Dezember 2007 auf § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X gestützt werden und ist auch im Übrigen formell und materiell rechtmäßig. Rechtswidrig hingegen ist die Entscheidung der Beklagten, durch die Ablehnung der Zahlung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auch für die Monate Oktober und November 2007 den Rentenbescheid vom 26. November 2004 mit Rückwirkung aufzuheben:
Der in einen Aufhebungsbescheid gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X umzudeutende Bescheid vom 30. Oktober 2007 gilt gemäß § 37 Abs. 2 SGB X mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Unterstellt man, der Bescheid vom 30. Oktober 2007 sei am selben Tag zur Post aufgegeben worden, ist von einem Zugang des Bescheids am 2. November 2007 auszugehen. Am 2. November 2007 lag der Klägerin der Bescheid auch tatsächlich vor, da sie unter diesem Datum ihren Widerspruch formuliert hat. Damit ist von einer Bekanntgabe des Bescheids vom 30. Oktober 2007 am 2. November 2007 auszugehen; dies gilt selbst dann, wenn die Klägerin den Bescheid tatsächlich noch im Oktober 2007 erhalten haben sollte (BSGE 5, 53, 55), wofür es keinerlei Belege gibt.
Fallen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente weg, endet die Rentenzahlung mit dem Beginn des Kalendermonats, zu dessen Beginn der Wegfall wirksam ist (§ 100 Abs. 3 S. 1 SGB VI). Der Wegfall der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aufgrund des Bescheids vom 30. Oktober 2007 wird erst am 2. November 2007 wirksam, die Rentenzahlung endet damit erst am 1. Dezember 2007. Die Ablehnung der Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auch für die Monate Oktober und November 2007 stellt sich damit als Aufhebung des Rentenbescheids vom 26. November 2004 mit Rückwirkung dar.
Eine Umdeutung des Ablehnungsbescheids in eine rückwirkende Aufhebung des Rentenbewilligungsbescheids für die Monate Oktober und November 2007 kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte - wie sich aus dem Widerspruchsbescheid ergibt - eine Einstellung der Rentenleistungen wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nur für die Zukunft beabsichtigte. Eine Aufhebung des Rentenbewilligungsbescheids auch für die Vergangenheit entspricht nicht ihren Intentionen. Im Widerspruchsbescheid ist in keiner Weise auf die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X Bezug genommen, in denen die Voraussetzungen für eine Aufhebung eines begünstigenden Dauerverwaltungsaktes für die Vergangenheit geregelt sind. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 4 SGB X für eine rückwirkende Aufhebung des Rentenbewilligungsbescheids sind im Übrigen auch nicht erfüllt.
Damit besteht erst ab 1. Dezember 2007 kein Anspruch der Klägerin mehr auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht demgegenüber bereits seit 1. Oktober 2007 nicht mehr. Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin nach den Feststellungen von Dr. C. bereits seit Dezember 2006 wieder in der Lage war, ihre Tätigkeit als Bankkauffrau sowie zumindest leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Dementsprechend war der angefochtene Bescheid vom 30. Oktober 2007 insoweit aufzuheben, als mit ihm die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit für die Monate Oktober und November 2007 abgelehnt worden war. Im übrigen war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§193 SGG) berücksichtigt den Umstand, dass die Klägerin in ganz überwiegendem Maße nicht erfolgreich war.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
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