Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 554/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 378/07
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage der Erwerbsminderung einer Versicherten.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 03.04.2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1955 geborene Klägerin stellte am 09.03.2006 zum fünften Mal einen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die Klägerin hat keinen Beruf erlernt, zuletzt war sie von 1989 bis 2002 als Reinigungskraft versicherungspflichtig beschäftigt, danach folgten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit/Arbeitslosigkeit.
Die Beklagte beauftragte den Allgemeinmediziner und Sozialmediziner Dr.H. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser stellte am 10.05.2006 folgende Diagnosen: starkes Körperübergewicht mit Überlastung der tragenden Skelettanteile, Beschwerden und Funktionsbehinderung der Lendenwirbelsäule, wiederkehrende Atemnotbeschwerden bei hyperreagiblem Bronchialsystem, unbehandeltes Bluthochdruckleiden, Fehlstellung der Kniegelenke mit beginnendem Verschleiß und Belastungsbeschwerden, Schwellneigung bd. Beine bei Venenschwäche, Tumorleiden (Morbus Hodgkin in Heilbewährung), Schilddrüsenunterfunktion, medikamentös behandelt, Zungennervlähmung rechts (Hypoglossuslähmung). Er gelangte zu dem Ergebnis, die Klägerin könne noch wenigstens sechs Stunden täglich mit qualitativen Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein.
Mit Bescheid vom 15.05.2006 und Widerspruchsbescheid vom 14.07.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab.
Die am 28.08.2006 beim Sozialgericht (SG) Bayreuth eingegangene Klage hat die Klägerin unter Vorlage eines Attests ihres behandelnden Internisten Dr.G. vom 24.08.2006 begründet. Das SG Bayreuth hat die medizinischen Unterlagen beigezogen und ein Gutachten von dem Internisten Dr.K. eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 13.03.2007 folgende Diagnosen gestellt: chronisch obstruktive Bronchitis bei chronischem Nikotinabusus, sinubronchiales Syndrom bei chronischer Sinusitis maximalis, Bluthochdruck und Adipositas, Wirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen und Osteopenie im gesamten Achsenskelett, intermittierende Lumbalgien, Schulterarmsyndrom beidseits mit geringer Funktionseinschränkung, Gonarthrose beidseits mit geringer Funktionseinschränkung, Carpaltunnelsyndrom beidseits ohne nennenswerte Funktionseinschränkung, Hypoglossusparese rechts bei Zustand nach OP und Radiochemotherapie 1999 bei Morbus Hodgkin, chronisch venöse Insuffizienz. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens sechs Stunden täglich mit qualitativen Einschränkungen tätig sein.
Mit Gutachten vom gleichen Tag hat der Neurologe Dr.L. folgende Diagnosen gestellt: lumbales Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen ohne radikuläre Ausfallerscheinungen, Morbus Hodgkin mit kompletter Remission nach Chemotherapie und Radiato Hypoglossusparese rechts, Varikosis beidseits, Karpaltunnelsyndrom beidseits, Katarakt beidseits, Adipositas, chronische obstruktive Atemwegserkrankung, Gonarthrose bds. Die Klägerin könne noch wenigstens
sechs Stunden täglich Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen verrichten.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.04.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach den Gutachten von Dr.K. und Dr.L. könne die Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne schweres Heben und Tragen, ohne einseitig belastendeTätigkeiten und ohne besondere Anforderungen an die Gebrauchsfähigkeit der Hände sowie ohne Einwirkung von Nässe, Kälte, Zugluft und atemreizenden Stoffen verrichten. Ein Berufsschutz iS des § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bestehe nicht.
Zur Begründung der beim Bayer. Landessozialgericht erhobenen Berufung hat die Klägerin vorgebracht, bei ihr bestehe eine reaktive Depression, die eine Erwerbsfähigkeit schon ausschließe.
Der Senat hat aktuelle Befundberichte für die Zeit ab 2007 von dem die Klägerin behandelnden Lungenarzt Dr D., Orthopäden Dr.E., und den die Klägerin behandelnden Allgemeinarzt Dr.C. eingeholt und den Psychiater und Neurologen Dr.F. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dr.F. hat in seinem Gutachten vom 04.01.2010 folgende Diagnosen gestellt: chronisch-obstuktive Bronchitis, degeneratives Wirbelsäulensyndrom ohne radikuläre Symptomatik, Karpaltunnelsyndrom beidseits ohne relevante Ausfallssymptome, leichte Hörminderung beidseits, Dissoziative Störung (ICD-10: F44.0), Z.n. M. Hodgkin 1996 mit damaliger Bestrahlung und Chemotherapie, arterielle Hypertonie, Hypoglossusparese rechts. Die Klägerin könne noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen sowie in wechselnder Stellung verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung, an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen und mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 03.04.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2006 aufzuheben und Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auf ihren Antrag vom 09.03.2006 die gesetzlichen Leistungen einer Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben schriftlich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung mitgeteilt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin weder einen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung noch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat, denn die Klägerin kann noch wenigstens sechs Stunden täglich Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen verrichten und ein Berufsschutz besteht nicht.
Gemäß § 43 Abs 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben gemäß § 43 Abs 2 SGB VI Versicherte, die auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Die Klägerin ist noch in der Lage, wenigstens sechs Stunden täglich leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen sowie in wechselnder Stellung zu verrichten. Zu vermeiden sind Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung, an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen, besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems. Besondere Anforderungen an die Gebrauchsfähigkeit der Hände können nicht gestellt werden, zu vermeiden sind Einwirkungen von Nässe, Kälte, Zugluft und atemreizenden Stoffen.
Zur Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin stützt sich der Senat sowohl auf die Feststellungen des Sachverständigen Dr. F. sowie der vom SG als Sachverständigen gehörten Dr.K. und Dr.L ...
Eingeschränkt ist die Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Wesentlichen durch eine
chronisch-obstuktive Bronchitis, ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom ohne radikuläre Symptomatik, Karpaltunnelsyndrom beidseits ohne relevante Ausfallssymptome, leichte Hörminderung beidseits, eine dissoziative Störung (ICD-10: F44.0), Z.n. M. Hodgkin 1996 mit damaliger Bestrahlung und Chemotherapie, arterielle Hypertonie, Hypoglossusparese rechts. Die Funktionseinschränkungen bedingen jedoch keine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens sondern ergeben die o.g. qualitativen Einschränkungen.
Die Gutachten der Sachverständigen sind schlüssig und nachvollziehbar. Sie wurden unter Berücksichtigung der bei der Klägerin erhobenen Befunde und Beschwerden der Klägerin erstellt. Insbesondere hat Dr.F. die Parese des Nervus Hypoglossus rechts sozialmedizinisch gewürdigt. Er führt dazu aus, es handele sich dabei um eine Schädigung des die Zungenmuskulatur versorgenden Hirnnerven rechts. Durch ungleiche Innervation der Zungenmuskulatur komme es zu einem Abweichen der Zunge bei Herausstrecken nach rechts. Dieser Befund sei erstmals 2004 durch Dr.K. beschrieben worden. Die daraufhin erfolgte weiterführende Diagnostik habe in der Bildgebung keine relevanten Befunde gezeigt. Es sei davon auszugehen, dass es im Rahmen der damaligen Bestrahlungsbehandlung der rechten Hals- und Mundbodenregion zu einer Schädigung des Nervens gekommen sei. In dieser Region sei auch die Entfernung eines Lymphknotens erfolgt, so dass möglicherweise auch eine mechanische Irritation ursächlich sein könne. Bei der aktuellen Untersuchung habe auch der Aspekt einer leichten Mundastschwäche bestanden, so dass insgesamt die Folge einer Bestrahlung wahrscheinlicher sei. Es handele sich zwar um einen klinisch auffälligen Befund, der für die Frage der Erwerbsfähigkeit aber nur geringe Bedeutung habe. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit resultiere daraus nicht. Ebenso liegt eine gravierende psychische Störung, besondere manifeste depressive Störung bei der Klägerin nicht vor. Dr. F. erläutert, zwar seien in den standardisierten Befunderhebungsbögen erhöhte Depressionsscores zur Darstellung gekommen. Klinisch korreliere dies jedoch nicht mit einer manifesten ICD-relevanten Diagnose.
Eine Summierung von Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nicht vor.
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI besteht ebenfalls nicht. Die Klägerin hat keine Ausbildung absolviert, ein Berufsschutz steht insofern nicht zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1955 geborene Klägerin stellte am 09.03.2006 zum fünften Mal einen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die Klägerin hat keinen Beruf erlernt, zuletzt war sie von 1989 bis 2002 als Reinigungskraft versicherungspflichtig beschäftigt, danach folgten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit/Arbeitslosigkeit.
Die Beklagte beauftragte den Allgemeinmediziner und Sozialmediziner Dr.H. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser stellte am 10.05.2006 folgende Diagnosen: starkes Körperübergewicht mit Überlastung der tragenden Skelettanteile, Beschwerden und Funktionsbehinderung der Lendenwirbelsäule, wiederkehrende Atemnotbeschwerden bei hyperreagiblem Bronchialsystem, unbehandeltes Bluthochdruckleiden, Fehlstellung der Kniegelenke mit beginnendem Verschleiß und Belastungsbeschwerden, Schwellneigung bd. Beine bei Venenschwäche, Tumorleiden (Morbus Hodgkin in Heilbewährung), Schilddrüsenunterfunktion, medikamentös behandelt, Zungennervlähmung rechts (Hypoglossuslähmung). Er gelangte zu dem Ergebnis, die Klägerin könne noch wenigstens sechs Stunden täglich mit qualitativen Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein.
Mit Bescheid vom 15.05.2006 und Widerspruchsbescheid vom 14.07.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab.
Die am 28.08.2006 beim Sozialgericht (SG) Bayreuth eingegangene Klage hat die Klägerin unter Vorlage eines Attests ihres behandelnden Internisten Dr.G. vom 24.08.2006 begründet. Das SG Bayreuth hat die medizinischen Unterlagen beigezogen und ein Gutachten von dem Internisten Dr.K. eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 13.03.2007 folgende Diagnosen gestellt: chronisch obstruktive Bronchitis bei chronischem Nikotinabusus, sinubronchiales Syndrom bei chronischer Sinusitis maximalis, Bluthochdruck und Adipositas, Wirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen und Osteopenie im gesamten Achsenskelett, intermittierende Lumbalgien, Schulterarmsyndrom beidseits mit geringer Funktionseinschränkung, Gonarthrose beidseits mit geringer Funktionseinschränkung, Carpaltunnelsyndrom beidseits ohne nennenswerte Funktionseinschränkung, Hypoglossusparese rechts bei Zustand nach OP und Radiochemotherapie 1999 bei Morbus Hodgkin, chronisch venöse Insuffizienz. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens sechs Stunden täglich mit qualitativen Einschränkungen tätig sein.
Mit Gutachten vom gleichen Tag hat der Neurologe Dr.L. folgende Diagnosen gestellt: lumbales Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen ohne radikuläre Ausfallerscheinungen, Morbus Hodgkin mit kompletter Remission nach Chemotherapie und Radiato Hypoglossusparese rechts, Varikosis beidseits, Karpaltunnelsyndrom beidseits, Katarakt beidseits, Adipositas, chronische obstruktive Atemwegserkrankung, Gonarthrose bds. Die Klägerin könne noch wenigstens
sechs Stunden täglich Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen verrichten.
Mit Gerichtsbescheid vom 03.04.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach den Gutachten von Dr.K. und Dr.L. könne die Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne schweres Heben und Tragen, ohne einseitig belastendeTätigkeiten und ohne besondere Anforderungen an die Gebrauchsfähigkeit der Hände sowie ohne Einwirkung von Nässe, Kälte, Zugluft und atemreizenden Stoffen verrichten. Ein Berufsschutz iS des § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bestehe nicht.
Zur Begründung der beim Bayer. Landessozialgericht erhobenen Berufung hat die Klägerin vorgebracht, bei ihr bestehe eine reaktive Depression, die eine Erwerbsfähigkeit schon ausschließe.
Der Senat hat aktuelle Befundberichte für die Zeit ab 2007 von dem die Klägerin behandelnden Lungenarzt Dr D., Orthopäden Dr.E., und den die Klägerin behandelnden Allgemeinarzt Dr.C. eingeholt und den Psychiater und Neurologen Dr.F. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dr.F. hat in seinem Gutachten vom 04.01.2010 folgende Diagnosen gestellt: chronisch-obstuktive Bronchitis, degeneratives Wirbelsäulensyndrom ohne radikuläre Symptomatik, Karpaltunnelsyndrom beidseits ohne relevante Ausfallssymptome, leichte Hörminderung beidseits, Dissoziative Störung (ICD-10: F44.0), Z.n. M. Hodgkin 1996 mit damaliger Bestrahlung und Chemotherapie, arterielle Hypertonie, Hypoglossusparese rechts. Die Klägerin könne noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen sowie in wechselnder Stellung verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung, an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen und mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 03.04.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2006 aufzuheben und Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auf ihren Antrag vom 09.03.2006 die gesetzlichen Leistungen einer Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben schriftlich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung mitgeteilt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin weder einen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung noch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat, denn die Klägerin kann noch wenigstens sechs Stunden täglich Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen verrichten und ein Berufsschutz besteht nicht.
Gemäß § 43 Abs 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben gemäß § 43 Abs 2 SGB VI Versicherte, die auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Die Klägerin ist noch in der Lage, wenigstens sechs Stunden täglich leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen sowie in wechselnder Stellung zu verrichten. Zu vermeiden sind Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung, an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen, besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems. Besondere Anforderungen an die Gebrauchsfähigkeit der Hände können nicht gestellt werden, zu vermeiden sind Einwirkungen von Nässe, Kälte, Zugluft und atemreizenden Stoffen.
Zur Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin stützt sich der Senat sowohl auf die Feststellungen des Sachverständigen Dr. F. sowie der vom SG als Sachverständigen gehörten Dr.K. und Dr.L ...
Eingeschränkt ist die Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Wesentlichen durch eine
chronisch-obstuktive Bronchitis, ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom ohne radikuläre Symptomatik, Karpaltunnelsyndrom beidseits ohne relevante Ausfallssymptome, leichte Hörminderung beidseits, eine dissoziative Störung (ICD-10: F44.0), Z.n. M. Hodgkin 1996 mit damaliger Bestrahlung und Chemotherapie, arterielle Hypertonie, Hypoglossusparese rechts. Die Funktionseinschränkungen bedingen jedoch keine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens sondern ergeben die o.g. qualitativen Einschränkungen.
Die Gutachten der Sachverständigen sind schlüssig und nachvollziehbar. Sie wurden unter Berücksichtigung der bei der Klägerin erhobenen Befunde und Beschwerden der Klägerin erstellt. Insbesondere hat Dr.F. die Parese des Nervus Hypoglossus rechts sozialmedizinisch gewürdigt. Er führt dazu aus, es handele sich dabei um eine Schädigung des die Zungenmuskulatur versorgenden Hirnnerven rechts. Durch ungleiche Innervation der Zungenmuskulatur komme es zu einem Abweichen der Zunge bei Herausstrecken nach rechts. Dieser Befund sei erstmals 2004 durch Dr.K. beschrieben worden. Die daraufhin erfolgte weiterführende Diagnostik habe in der Bildgebung keine relevanten Befunde gezeigt. Es sei davon auszugehen, dass es im Rahmen der damaligen Bestrahlungsbehandlung der rechten Hals- und Mundbodenregion zu einer Schädigung des Nervens gekommen sei. In dieser Region sei auch die Entfernung eines Lymphknotens erfolgt, so dass möglicherweise auch eine mechanische Irritation ursächlich sein könne. Bei der aktuellen Untersuchung habe auch der Aspekt einer leichten Mundastschwäche bestanden, so dass insgesamt die Folge einer Bestrahlung wahrscheinlicher sei. Es handele sich zwar um einen klinisch auffälligen Befund, der für die Frage der Erwerbsfähigkeit aber nur geringe Bedeutung habe. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit resultiere daraus nicht. Ebenso liegt eine gravierende psychische Störung, besondere manifeste depressive Störung bei der Klägerin nicht vor. Dr. F. erläutert, zwar seien in den standardisierten Befunderhebungsbögen erhöhte Depressionsscores zur Darstellung gekommen. Klinisch korreliere dies jedoch nicht mit einer manifesten ICD-relevanten Diagnose.
Eine Summierung von Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nicht vor.
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI besteht ebenfalls nicht. Die Klägerin hat keine Ausbildung absolviert, ein Berufsschutz steht insofern nicht zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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