Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 6 R 3202/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 290/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 241/10 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zu den gesetzlichen Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Januar 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1953 geborene Klägerin hat von 1968 bis 1969 den Beruf der Bekleidungsnäherin erlernt und war bis 1975 im erlernten Beruf tätig. Nach Zeiten der Kindererziehung war sie - unterbrochen von Zeiten der Arbeitslosigkeit - ab Februar 1981 bis September 2002 als Hilfsarbeiterin, Reinigungskraft und zuletzt als Briefeverteilerin bei der Post versicherungspflichtig beschäftigt.
Mit Antrag vom 16. März 2005 begehrte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Zur Begründung verwies sie auf Schmerzen an Hals- und Lendenwirbelsäule, Diabetes, Bluthochdruck, Schwindel und Kopfschmerzen. Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten von Dr. P. vom 19. Mai 2005 sowie ein allgemeinärztliches Gutachten von Dr. M. vom 23. Mai 2005 ein.
Dr. P. diagnostizierte bei der Klägerin ein Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule, Übergewicht mit ungünstiger Auswirkung auf die Wirbelsäule und die lasttragenden Körpergelenke, eine Periarthropathie der Schultergelenke, linksbetont, ein Zervikalsyndrom bei degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule, eine Coxalgie beidseits sowie eine Genua valga und Senk-Spreizfüße.
Bei der Klägerin ergäben sich orthopädisch keine schwerwiegenden krankhaften Veränderungen. Sie könne noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus vollschichtig verrichten. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit liege nicht vor.
Dr. M. stellte folgende Gesundheitsstörungen fest:
1. Periarthropathia humero-scapularis links
2. Lumboischialgie links, Nucleus-Prolaps, Spondylolisthesis L5/S1
3. Arthralgien in beiden Kniegelenken
4. Cervikocephalgie
5. Diabetes mellitus Typ II
6. Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention
7. Essenzielle Hypertonie
8. Chronische Bronchitis ohne Obstruktion
9. Adipositas (BMI 35).
Die Sachverständige stellte fest, die Erkrankungen auf dem Gebiet der inneren Medizin würden die Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht wesentlich einschränken. Aus allgemeinmedizinischer Sicht sei die Klägerin weiterhin in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne Dauer-Überkopf-arbeiten, ohne Zwangshaltungen der Halswirbelsäule und ohne häufiges Heben und Tragen von schweren Lasten zu verrichten.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit angefochtenem Bescheid vom 6. Juni 2005 den Rentenantrag ab.
Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs legte die Klägerin ein Attest der behandelnden praktischen Ärztin Klare vor, die aufgrund der gravierenden Gesundheitsstörungen der Klägerin eine Berentung befürwortete. Der Widerspruch wurde daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2005 zurückgewiesen.
Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage zum Sozialgericht München (SG) wurde vorgetragen, die Klägerin könne aufgrund der zahlreichen orthopädischen und internistischen Probleme in ihrem Ausgangsberuf als Sortiererin nicht mehr tätig sein. Dieser werde vorwiegend stehend ausgeübt. Die Klägerin könne jedoch keine stehende und gehende Tätigkeit mehr ausüben. Auch ein Sitzen über einen längeren Zeitraum komme nicht in Betracht. Auch leide die Klägerin unter spontanem Schwindel unabhängig von körperlicher Anstrengung. Sie könne auch keinen Verweisungsberuf mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten.
Das SG hat die Schwerbehindertenakten beim Zentrum Bayern Familie und Soziales Region Oberpfalz beigezogen und ein orthopädisch-sozialmedizinisches Gutachten von Dr. L. vom 11. Juni 2007 eingeholt.
Dr. L. zog Befundberichte der Internisten Dr. H. und Dr. C. sowie des Orthopäden Dr. O. bei. Er stellte bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fest:
1. LWS-Syndrom, Osteochondrose L5/S1, vorbeschriebenes Wirbelgleiten ohne periphere sensible oder motorische Ausfälle. Hyperlordose der LWS bei Adipositas
2. HWS-Syndrom mit muskulären Verspannungen der unteren HWS ohne periphere sensomotorische Defizite
3. Coxalgien rechts mit endgradig eingeschränkter Beweglichkeit rechts gegenüber links
4. Klinisch medial betonte Gonarthrose rechts mehr als links ohne radiologischen Nachweis höhergradiger degenerativer Veränderungen
5. Varikosis, rechts betont
6. Impingementsymptomatik beider Schultergelenke bei radiologisch initialen Zeichen einer Omarthrose
7. Initiale Polyneuropathie der Arme und Beine, im Finger- und Zehenbereich beidseits, rechtsbetont
8. Insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II seit 2004
9. Arterieller Bluthochdruck, medikamentös eingestellt
10. Zuletzt nachgewiesen leichte Restriktion bei chronischer Lungenerkrankung
11. Zustand nach Unterschenkelspiralbruch links, 2001, mit Osteosynthese versorgt, Metall liegt noch
12. Adipositas Grad I (BMI 30).
Er kommt zu dem Ergebnis, der Klägerin seien noch vollschichtig leichte, zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen nur in geschlossenen Räumen unter Vermeidung von Nässe, Kälte und Witterungseinflüssen möglich. Nicht mehr zumutbar seien das Heben und Tragen von Lasten über 5 Kilogramm, häufiges Bücken, Überkopfarbeiten, Treppensteigen, Knien und Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Feinmotorik der Hände. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten könnten nur in Ausnahmefällen von der Klägerin verrichtet werden. Die Klägerin sei noch in der Lage, eine Wegstrecke von deutlich mehr als 500 m in angemessener Zeit (unter 20 min), viermal täglich zurückzulegen sowie ein öffentliches Verkehrsmittel zu benutzen. Weitere fachärztliche Untersuchungen seien nicht erforderlich.
In ihrer Stellungnahme hierzu hat die Klägerin Atteste des Allgemeinmediziners Dr. M. sowie des S. Rheuma Zentrums Baden-Württemberg übersandt.
Mit Urteil vom 21. Januar 2009 hat das SG die Klage abgewiesen.
Mit der hiergegen zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhobenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. In ihrem Berufungsschriftsatz vom 1. April 2009 bat sie um Fristverlängerung (Bewilligung von Rechtsschutz seitens der GDL).
Mit Schreiben vom 9. April 2009 wurde die Klägerin um Vorlage einer Berufungsbegründung gebeten. Hierauf erfolgte ebenso wie auf die Erinnerung vom 8. Juli 2009 keine Reaktion.
Der Senat hat eine Arbeitgeberauskunft der Deutschen Post vom 16. Februar 2010 eingeholt. Aus dieser ergibt sich, dass für die zuletzt von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Briefesortiererin eine Einarbeitungszeit von weniger als einem Monat erforderlich ist. Mit Schreiben vom 4. April 2010 hat der Senat die Klägerin darauf hingewiesen, dass eine weitere Beweiserhebung nicht beabsichtigt sei und erwogen werde, von der Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss Gebrauch zu machen. Die Klägerin hat sich hierzu nicht geäußert.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 21. Januar 2009 und des Bescheids der Beklagten vom 6. Juni 2005 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Oktober 2005 zu verurteilen, Rente wegen Erwerbsminderung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 6. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Oktober 2005 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI bzw. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§ 43 Abs. 1, 240 SGB VI zu.
Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 4 SGG die Berufung durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten wurden vorher gehört.
Gem. § 43 Abs. 1, 2 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem SG steht auch für den erkennenden Senat fest, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin zwar qualitativ hinsichtlich der Art und Schwere der noch möglichen Tätigkeiten gemindert ist, ohne dass die qualitativen Leistungseinschränkungen jedoch einen rentenerheblichen Umfang angenommen hätten. Eine quantitative Leistungseinschränkung liegt nicht vor. Die Klägerin kann noch 6 Stunden täglich und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten verrichten.
Bei der Untersuchung der Klägerin durch den erfahrenen Gerichtssachverständigen Dr. L. war die Klägerin in einem befriedigenden Allgemeinzustand. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule war in allen Etagen eingeschränkt, am HWS-BWS-Übergang fanden sich mäßige Klopf- und Druckschmerzen. Die Lagewechsel konnten von der Klägerin jedoch noch zügig vollführt werden, ebenso das Aus- und Wiederanziehen. Die Beweglichkeit der Gelenke war wie bei der Untersuchung durch die Vorgutachter noch weitestgehend erhalten. Die beiden Schultergelenke zeigten sich nur endgradig schmerzhaft. Nacken- und Schürzengriff gelangen der Klägerin noch beidseits. Beim Aus- und Anziehen waren der Klägerin selbst Überkopfbewegungen flüssig möglich. Bei allen Aktivitäten der Klägerin ist auch zu keinem Zeitpunkt eine Dyspnoe aufgetreten. Die Ellbogengelenksbeweglichkeit war beidseits unauffällig erhalten. An den Handgelenken zeigten sich kein Druck-, Kompressions- oder Traktionsschmerzen. Die Fingergelenke waren ohne Hinweis auf eine Polyarthrose. Der Faustschluss war komplett, dass Strecken und Spreizen der Finger sowie die Funktionsgriffe (Spitz-/Pinzettengriff) gelangen frei.
Periphere radikuläre Defizite konnte Dr. L. ebenso wenig wie einseitige Atrophien objektivieren. Die diabetogen bedingte periphere Polyneuropathie führt nach den Ausführungen von Dr. L. nur zu einem leicht reduzierten Vibrationsempfinden sowie zu gewissen Sensibilitätsstörungen an den Händen. Motorische Paresen oder Bewegungsstörungen ließen sich jedoch nicht feststellen.
Im Bereich der unteren Extremitäten ließen sich weder im Hüft- noch im Kniegelenksbereich radiologisch relevante Veränderungen nachweisen. Es fanden sich weder eine Fehlstellung noch eine periphere Ödembildung oder eine Schwellneigung. Die Gang- und Standarten waren frei vorführbar; das Gangbild war unauffällig und sicher.
In psychischer Hinsicht war die Klägerin aufmerksam und orientiert. Der Kontakt war gut herstellbar und der Rapport regelgerecht. Bei situationsgerechtem Verhalten fanden sich keine inhaltlichen oder formalen Denkstörungen sowie keine Hinweise für Konzentrations- oder Merkfähigkeitsstörungen.
Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit in quantitativer Hinsicht ist nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. L. mit diesen Befunden nicht verbunden. Die Gesundheitsstörungen an der Wirbelsäule bedingen vielmehr nur die Notwendigkeit, Tätigkeiten im Wechselrhythmus zu verrichten. Darüber hinaus ergeben sich einige qualitative Leistungseinschränkungen, insbesondere der Ausschluss von Tätigkeiten, die mit schwerem Heben und Tragen verbunden sind. Aus der peripheren Neuropathie resultiert nur eine Einschränkung für feinmotorische Tätigkeiten.
Diese Leistungseinschätzung ist für den Senat auch deshalb gut nachvollziehbar, weil die Klägerin gegenüber Dr. L. selbst angegeben hatte, den Haushalt noch vollständig alleine zu bewältigen. Darüber hinaus geht sie vielerlei Hobbys nach (u.a. Zeichnen, Basteln, Akkordeon spielen). Eine quantitative Leistungseinschränkung auch für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkt wäre mit einem derartigen Aktivitätsspektrum nicht vereinbar.
Die nachgereichten Befundberichte können an dieser Einschätzung nichts ändern. Dr. M. erklärt in seiner Stellungnahme vom 7. September 2007, die Klägerin könne nicht mehr vollschichtig arbeiten. Eine nähere Begründung hierfür bleibt er jedoch schuldig. Insbesondere setzt er sich auch nicht mit dem Gutachten von Dr. L. inhaltlich auseinander. Im Befundbericht des S. Rheumazentrums werden keine neuen, rentenrelevanten Funktionseinschränkungen festgestellt. Nach den Ausführungen des S. Rheumazentrums ergebe der Untersuchungsbefund keine Hinweise für eine entzündlich rheumatische Erkrankung. Die Druckschmerzhaftigkeit definierter Sehnenansatzstellen deute auf eine Fibromyalgie bzw. somatoforme Schmerzstörung hin. Im Bereich der Hände lägen möglicherweise Zysten vor. Beim Auftreten von schmerzhaften Gelenksschwellungen sollte eine Wiedervorstellung erfolgen. Eine röntgenologische Kontrolle sollte innerhalb von sechs Monaten erfolgen.
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass Dr. L. im Bereich der Hände keinerlei Funktionseinschränkungen festgestellt hat. Auch die Klägerin hat - abgesehen von den polyneuropathisch bedingten Gefühlsstörungen - insoweit keine Beschwerden geschildert. Schließlich sind die von ihr geschilderten Aktivitäten (Akkordeonspiel) mit einer relevanten Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Hände nicht vereinbar. Die in den Raum gestellte Diagnose Fibromyalgie wurde von keinem Sachverständigen und auch von keinem der behandelnden Ärzte auch nur ansatzweise diskutiert. Im Übrigen ergibt sich allein aus der Diagnose Fibromyalgie bei Fehlen relevanter Funktionseinschränkungen, über die im Befundbericht des S. Rheumazentrums nichts berichtet wird, noch kein Rentenanspruch. Vielmehr ist individuell zu würdigen, inwieweit Versicherte in ihrer Leistungsfähigkeit qualitativ und quantitativ eingeschränkt sind (vgl. dazu auch BayLSG, Urteil vom 17. Februar 2010, L 20 R 451/08, in juris). Die bei der Klägerin auftretenden Schmerzen in verschiedenen Körperregionen hat Dr. L. bei seiner sozialmedizinischen Leistungsbewertung mitberücksichtigt. Aus einer Bezeichnung dieses Beschwerdebilds als Fibromyalgie folgt nicht per se etwas anderes.
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass die Klägerin unter den üblichen Bedingungen des für sie in Betracht kommenden allgemeinen Arbeitsmarktes keine Tätigkeit finden würde. Denn bei ihr liegen weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor. Für die Klägerin ist der Arbeitsmarkt insbesondere auch nicht deshalb verschlossen, weil sie wegen eines erhöhten Pausenbedarfs nur unter nicht betriebsüblichen Arbeitsbedingungen arbeiten könnte. Aufgrund des bei ihr vorliegenden Diabetes Typ II sind nur 3 bis 4 kurze Unterbrechungen (zur Blutzuckerbestimmung, ggf. zur Verabreichung von Insulin bzw. Nahrungsaufnahme) erforderlich. Nach § 4 Arbeitszeitgesetz steht vollschichtig tätigen Arbeitnehmern eine Ruhepause von 30 Minuten zu. Die Ruhepause kann nach Satz 2 dieser Bestimmung in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Diese Pausen kann die Klägerin somit für die Selbstkontrollen und Insulingabe nutzen. Über die nach dem Arbeitszeitgesetz vorgeschriebenen Pausen hinaus werden Arbeitnehmern in gewissem Umfang auch noch sogenannte Verteilzeiten zugestanden (Zeiten z.B. für den Weg vom Zeiterfassungsgerät zum Arbeitsplatz, das Vorbereiten beziehungsweise Aufräumen des Arbeitsplatzes, den Gang zur Toilette, Unterbrechungen durch Störungen durch Dritte usw.; vgl. Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. April 2001, Az.: L5 RJ 641/98). Die Klägerin kann diese Verteilzeiten ebenfalls für diese Verrichtungen nutzen, so dass ein unüblicher Pausenbedarf nicht vorliegt.
Schließlich ist nach den Feststellungen von Dr. L. bei der Klägerin auch keine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit gegeben.
Im Rahmen des Berufungsverfahrens hat die Klägerin weder eine Verschlechterung der bekannten Gesundheitsstörungen oder das Auftreten neuer gesundheitlicher Einschränkungen, etwa im Bereich der Hände, geltend gemacht, noch nachvollziehbare Einwendungen gegen das Gutachten von Dr. L. erhoben. Sie hat vielmehr trotz Aufforderungen durch den Senat ihre Berufung weder selbst begründet noch durch einen Bevollmächtigten begründen lassen. In dem seit rund einem Jahr anhängigen Berufungsverfahren nach der Einlegung der Berufung mit Schriftsatz am 1. April 2009 hat sie nicht mehr an das Gericht gewandt. Auch auf den Hinweis, dass der Senat eventuell über die Berufung durch Beschluss entscheidet, erfolgte keine Reaktion der Klägerin. Angesichts dieser Gesamtumstände sieht der Senat sich nicht dazu gedrängt, weitere Ermittlungen insbesondere durch Einholung eines neuerlichen Gutachtens in die Wege zu leiten.
Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs. 1, 2 i.V.m. § 43 Abs. 1 SGB VI) kommt ebenfalls nicht in Betracht, da die Klägerin seit der nicht krankheitsbedingten Aufgabe der Tätigkeit als Näherin seit 1981 nur Tätigkeiten als Hilfsarbeiterin bzw. Reinigungskraft verrichtet hat. Hierbei handelt es sich wie bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Briefesortiererin um ungelernte Tätigkeiten mit der Folge, dass die Klägerin uneingeschränkt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist. Da sie insoweit noch 6 Stunden täglich Arbeiten verrichten kann, scheidet auch ein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aus.
Da das SG damit die Klage zu Recht abgewiesen hat, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1953 geborene Klägerin hat von 1968 bis 1969 den Beruf der Bekleidungsnäherin erlernt und war bis 1975 im erlernten Beruf tätig. Nach Zeiten der Kindererziehung war sie - unterbrochen von Zeiten der Arbeitslosigkeit - ab Februar 1981 bis September 2002 als Hilfsarbeiterin, Reinigungskraft und zuletzt als Briefeverteilerin bei der Post versicherungspflichtig beschäftigt.
Mit Antrag vom 16. März 2005 begehrte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Zur Begründung verwies sie auf Schmerzen an Hals- und Lendenwirbelsäule, Diabetes, Bluthochdruck, Schwindel und Kopfschmerzen. Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten von Dr. P. vom 19. Mai 2005 sowie ein allgemeinärztliches Gutachten von Dr. M. vom 23. Mai 2005 ein.
Dr. P. diagnostizierte bei der Klägerin ein Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule, Übergewicht mit ungünstiger Auswirkung auf die Wirbelsäule und die lasttragenden Körpergelenke, eine Periarthropathie der Schultergelenke, linksbetont, ein Zervikalsyndrom bei degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule, eine Coxalgie beidseits sowie eine Genua valga und Senk-Spreizfüße.
Bei der Klägerin ergäben sich orthopädisch keine schwerwiegenden krankhaften Veränderungen. Sie könne noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus vollschichtig verrichten. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit liege nicht vor.
Dr. M. stellte folgende Gesundheitsstörungen fest:
1. Periarthropathia humero-scapularis links
2. Lumboischialgie links, Nucleus-Prolaps, Spondylolisthesis L5/S1
3. Arthralgien in beiden Kniegelenken
4. Cervikocephalgie
5. Diabetes mellitus Typ II
6. Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention
7. Essenzielle Hypertonie
8. Chronische Bronchitis ohne Obstruktion
9. Adipositas (BMI 35).
Die Sachverständige stellte fest, die Erkrankungen auf dem Gebiet der inneren Medizin würden die Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht wesentlich einschränken. Aus allgemeinmedizinischer Sicht sei die Klägerin weiterhin in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne Dauer-Überkopf-arbeiten, ohne Zwangshaltungen der Halswirbelsäule und ohne häufiges Heben und Tragen von schweren Lasten zu verrichten.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit angefochtenem Bescheid vom 6. Juni 2005 den Rentenantrag ab.
Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs legte die Klägerin ein Attest der behandelnden praktischen Ärztin Klare vor, die aufgrund der gravierenden Gesundheitsstörungen der Klägerin eine Berentung befürwortete. Der Widerspruch wurde daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2005 zurückgewiesen.
Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage zum Sozialgericht München (SG) wurde vorgetragen, die Klägerin könne aufgrund der zahlreichen orthopädischen und internistischen Probleme in ihrem Ausgangsberuf als Sortiererin nicht mehr tätig sein. Dieser werde vorwiegend stehend ausgeübt. Die Klägerin könne jedoch keine stehende und gehende Tätigkeit mehr ausüben. Auch ein Sitzen über einen längeren Zeitraum komme nicht in Betracht. Auch leide die Klägerin unter spontanem Schwindel unabhängig von körperlicher Anstrengung. Sie könne auch keinen Verweisungsberuf mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten.
Das SG hat die Schwerbehindertenakten beim Zentrum Bayern Familie und Soziales Region Oberpfalz beigezogen und ein orthopädisch-sozialmedizinisches Gutachten von Dr. L. vom 11. Juni 2007 eingeholt.
Dr. L. zog Befundberichte der Internisten Dr. H. und Dr. C. sowie des Orthopäden Dr. O. bei. Er stellte bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fest:
1. LWS-Syndrom, Osteochondrose L5/S1, vorbeschriebenes Wirbelgleiten ohne periphere sensible oder motorische Ausfälle. Hyperlordose der LWS bei Adipositas
2. HWS-Syndrom mit muskulären Verspannungen der unteren HWS ohne periphere sensomotorische Defizite
3. Coxalgien rechts mit endgradig eingeschränkter Beweglichkeit rechts gegenüber links
4. Klinisch medial betonte Gonarthrose rechts mehr als links ohne radiologischen Nachweis höhergradiger degenerativer Veränderungen
5. Varikosis, rechts betont
6. Impingementsymptomatik beider Schultergelenke bei radiologisch initialen Zeichen einer Omarthrose
7. Initiale Polyneuropathie der Arme und Beine, im Finger- und Zehenbereich beidseits, rechtsbetont
8. Insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II seit 2004
9. Arterieller Bluthochdruck, medikamentös eingestellt
10. Zuletzt nachgewiesen leichte Restriktion bei chronischer Lungenerkrankung
11. Zustand nach Unterschenkelspiralbruch links, 2001, mit Osteosynthese versorgt, Metall liegt noch
12. Adipositas Grad I (BMI 30).
Er kommt zu dem Ergebnis, der Klägerin seien noch vollschichtig leichte, zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen nur in geschlossenen Räumen unter Vermeidung von Nässe, Kälte und Witterungseinflüssen möglich. Nicht mehr zumutbar seien das Heben und Tragen von Lasten über 5 Kilogramm, häufiges Bücken, Überkopfarbeiten, Treppensteigen, Knien und Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Feinmotorik der Hände. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten könnten nur in Ausnahmefällen von der Klägerin verrichtet werden. Die Klägerin sei noch in der Lage, eine Wegstrecke von deutlich mehr als 500 m in angemessener Zeit (unter 20 min), viermal täglich zurückzulegen sowie ein öffentliches Verkehrsmittel zu benutzen. Weitere fachärztliche Untersuchungen seien nicht erforderlich.
In ihrer Stellungnahme hierzu hat die Klägerin Atteste des Allgemeinmediziners Dr. M. sowie des S. Rheuma Zentrums Baden-Württemberg übersandt.
Mit Urteil vom 21. Januar 2009 hat das SG die Klage abgewiesen.
Mit der hiergegen zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhobenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. In ihrem Berufungsschriftsatz vom 1. April 2009 bat sie um Fristverlängerung (Bewilligung von Rechtsschutz seitens der GDL).
Mit Schreiben vom 9. April 2009 wurde die Klägerin um Vorlage einer Berufungsbegründung gebeten. Hierauf erfolgte ebenso wie auf die Erinnerung vom 8. Juli 2009 keine Reaktion.
Der Senat hat eine Arbeitgeberauskunft der Deutschen Post vom 16. Februar 2010 eingeholt. Aus dieser ergibt sich, dass für die zuletzt von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Briefesortiererin eine Einarbeitungszeit von weniger als einem Monat erforderlich ist. Mit Schreiben vom 4. April 2010 hat der Senat die Klägerin darauf hingewiesen, dass eine weitere Beweiserhebung nicht beabsichtigt sei und erwogen werde, von der Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss Gebrauch zu machen. Die Klägerin hat sich hierzu nicht geäußert.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 21. Januar 2009 und des Bescheids der Beklagten vom 6. Juni 2005 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Oktober 2005 zu verurteilen, Rente wegen Erwerbsminderung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 6. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Oktober 2005 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI bzw. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§ 43 Abs. 1, 240 SGB VI zu.
Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 4 SGG die Berufung durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten wurden vorher gehört.
Gem. § 43 Abs. 1, 2 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem SG steht auch für den erkennenden Senat fest, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin zwar qualitativ hinsichtlich der Art und Schwere der noch möglichen Tätigkeiten gemindert ist, ohne dass die qualitativen Leistungseinschränkungen jedoch einen rentenerheblichen Umfang angenommen hätten. Eine quantitative Leistungseinschränkung liegt nicht vor. Die Klägerin kann noch 6 Stunden täglich und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten verrichten.
Bei der Untersuchung der Klägerin durch den erfahrenen Gerichtssachverständigen Dr. L. war die Klägerin in einem befriedigenden Allgemeinzustand. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule war in allen Etagen eingeschränkt, am HWS-BWS-Übergang fanden sich mäßige Klopf- und Druckschmerzen. Die Lagewechsel konnten von der Klägerin jedoch noch zügig vollführt werden, ebenso das Aus- und Wiederanziehen. Die Beweglichkeit der Gelenke war wie bei der Untersuchung durch die Vorgutachter noch weitestgehend erhalten. Die beiden Schultergelenke zeigten sich nur endgradig schmerzhaft. Nacken- und Schürzengriff gelangen der Klägerin noch beidseits. Beim Aus- und Anziehen waren der Klägerin selbst Überkopfbewegungen flüssig möglich. Bei allen Aktivitäten der Klägerin ist auch zu keinem Zeitpunkt eine Dyspnoe aufgetreten. Die Ellbogengelenksbeweglichkeit war beidseits unauffällig erhalten. An den Handgelenken zeigten sich kein Druck-, Kompressions- oder Traktionsschmerzen. Die Fingergelenke waren ohne Hinweis auf eine Polyarthrose. Der Faustschluss war komplett, dass Strecken und Spreizen der Finger sowie die Funktionsgriffe (Spitz-/Pinzettengriff) gelangen frei.
Periphere radikuläre Defizite konnte Dr. L. ebenso wenig wie einseitige Atrophien objektivieren. Die diabetogen bedingte periphere Polyneuropathie führt nach den Ausführungen von Dr. L. nur zu einem leicht reduzierten Vibrationsempfinden sowie zu gewissen Sensibilitätsstörungen an den Händen. Motorische Paresen oder Bewegungsstörungen ließen sich jedoch nicht feststellen.
Im Bereich der unteren Extremitäten ließen sich weder im Hüft- noch im Kniegelenksbereich radiologisch relevante Veränderungen nachweisen. Es fanden sich weder eine Fehlstellung noch eine periphere Ödembildung oder eine Schwellneigung. Die Gang- und Standarten waren frei vorführbar; das Gangbild war unauffällig und sicher.
In psychischer Hinsicht war die Klägerin aufmerksam und orientiert. Der Kontakt war gut herstellbar und der Rapport regelgerecht. Bei situationsgerechtem Verhalten fanden sich keine inhaltlichen oder formalen Denkstörungen sowie keine Hinweise für Konzentrations- oder Merkfähigkeitsstörungen.
Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit in quantitativer Hinsicht ist nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. L. mit diesen Befunden nicht verbunden. Die Gesundheitsstörungen an der Wirbelsäule bedingen vielmehr nur die Notwendigkeit, Tätigkeiten im Wechselrhythmus zu verrichten. Darüber hinaus ergeben sich einige qualitative Leistungseinschränkungen, insbesondere der Ausschluss von Tätigkeiten, die mit schwerem Heben und Tragen verbunden sind. Aus der peripheren Neuropathie resultiert nur eine Einschränkung für feinmotorische Tätigkeiten.
Diese Leistungseinschätzung ist für den Senat auch deshalb gut nachvollziehbar, weil die Klägerin gegenüber Dr. L. selbst angegeben hatte, den Haushalt noch vollständig alleine zu bewältigen. Darüber hinaus geht sie vielerlei Hobbys nach (u.a. Zeichnen, Basteln, Akkordeon spielen). Eine quantitative Leistungseinschränkung auch für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkt wäre mit einem derartigen Aktivitätsspektrum nicht vereinbar.
Die nachgereichten Befundberichte können an dieser Einschätzung nichts ändern. Dr. M. erklärt in seiner Stellungnahme vom 7. September 2007, die Klägerin könne nicht mehr vollschichtig arbeiten. Eine nähere Begründung hierfür bleibt er jedoch schuldig. Insbesondere setzt er sich auch nicht mit dem Gutachten von Dr. L. inhaltlich auseinander. Im Befundbericht des S. Rheumazentrums werden keine neuen, rentenrelevanten Funktionseinschränkungen festgestellt. Nach den Ausführungen des S. Rheumazentrums ergebe der Untersuchungsbefund keine Hinweise für eine entzündlich rheumatische Erkrankung. Die Druckschmerzhaftigkeit definierter Sehnenansatzstellen deute auf eine Fibromyalgie bzw. somatoforme Schmerzstörung hin. Im Bereich der Hände lägen möglicherweise Zysten vor. Beim Auftreten von schmerzhaften Gelenksschwellungen sollte eine Wiedervorstellung erfolgen. Eine röntgenologische Kontrolle sollte innerhalb von sechs Monaten erfolgen.
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass Dr. L. im Bereich der Hände keinerlei Funktionseinschränkungen festgestellt hat. Auch die Klägerin hat - abgesehen von den polyneuropathisch bedingten Gefühlsstörungen - insoweit keine Beschwerden geschildert. Schließlich sind die von ihr geschilderten Aktivitäten (Akkordeonspiel) mit einer relevanten Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Hände nicht vereinbar. Die in den Raum gestellte Diagnose Fibromyalgie wurde von keinem Sachverständigen und auch von keinem der behandelnden Ärzte auch nur ansatzweise diskutiert. Im Übrigen ergibt sich allein aus der Diagnose Fibromyalgie bei Fehlen relevanter Funktionseinschränkungen, über die im Befundbericht des S. Rheumazentrums nichts berichtet wird, noch kein Rentenanspruch. Vielmehr ist individuell zu würdigen, inwieweit Versicherte in ihrer Leistungsfähigkeit qualitativ und quantitativ eingeschränkt sind (vgl. dazu auch BayLSG, Urteil vom 17. Februar 2010, L 20 R 451/08, in juris). Die bei der Klägerin auftretenden Schmerzen in verschiedenen Körperregionen hat Dr. L. bei seiner sozialmedizinischen Leistungsbewertung mitberücksichtigt. Aus einer Bezeichnung dieses Beschwerdebilds als Fibromyalgie folgt nicht per se etwas anderes.
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass die Klägerin unter den üblichen Bedingungen des für sie in Betracht kommenden allgemeinen Arbeitsmarktes keine Tätigkeit finden würde. Denn bei ihr liegen weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor. Für die Klägerin ist der Arbeitsmarkt insbesondere auch nicht deshalb verschlossen, weil sie wegen eines erhöhten Pausenbedarfs nur unter nicht betriebsüblichen Arbeitsbedingungen arbeiten könnte. Aufgrund des bei ihr vorliegenden Diabetes Typ II sind nur 3 bis 4 kurze Unterbrechungen (zur Blutzuckerbestimmung, ggf. zur Verabreichung von Insulin bzw. Nahrungsaufnahme) erforderlich. Nach § 4 Arbeitszeitgesetz steht vollschichtig tätigen Arbeitnehmern eine Ruhepause von 30 Minuten zu. Die Ruhepause kann nach Satz 2 dieser Bestimmung in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Diese Pausen kann die Klägerin somit für die Selbstkontrollen und Insulingabe nutzen. Über die nach dem Arbeitszeitgesetz vorgeschriebenen Pausen hinaus werden Arbeitnehmern in gewissem Umfang auch noch sogenannte Verteilzeiten zugestanden (Zeiten z.B. für den Weg vom Zeiterfassungsgerät zum Arbeitsplatz, das Vorbereiten beziehungsweise Aufräumen des Arbeitsplatzes, den Gang zur Toilette, Unterbrechungen durch Störungen durch Dritte usw.; vgl. Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. April 2001, Az.: L5 RJ 641/98). Die Klägerin kann diese Verteilzeiten ebenfalls für diese Verrichtungen nutzen, so dass ein unüblicher Pausenbedarf nicht vorliegt.
Schließlich ist nach den Feststellungen von Dr. L. bei der Klägerin auch keine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit gegeben.
Im Rahmen des Berufungsverfahrens hat die Klägerin weder eine Verschlechterung der bekannten Gesundheitsstörungen oder das Auftreten neuer gesundheitlicher Einschränkungen, etwa im Bereich der Hände, geltend gemacht, noch nachvollziehbare Einwendungen gegen das Gutachten von Dr. L. erhoben. Sie hat vielmehr trotz Aufforderungen durch den Senat ihre Berufung weder selbst begründet noch durch einen Bevollmächtigten begründen lassen. In dem seit rund einem Jahr anhängigen Berufungsverfahren nach der Einlegung der Berufung mit Schriftsatz am 1. April 2009 hat sie nicht mehr an das Gericht gewandt. Auch auf den Hinweis, dass der Senat eventuell über die Berufung durch Beschluss entscheidet, erfolgte keine Reaktion der Klägerin. Angesichts dieser Gesamtumstände sieht der Senat sich nicht dazu gedrängt, weitere Ermittlungen insbesondere durch Einholung eines neuerlichen Gutachtens in die Wege zu leiten.
Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs. 1, 2 i.V.m. § 43 Abs. 1 SGB VI) kommt ebenfalls nicht in Betracht, da die Klägerin seit der nicht krankheitsbedingten Aufgabe der Tätigkeit als Näherin seit 1981 nur Tätigkeiten als Hilfsarbeiterin bzw. Reinigungskraft verrichtet hat. Hierbei handelt es sich wie bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Briefesortiererin um ungelernte Tätigkeiten mit der Folge, dass die Klägerin uneingeschränkt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist. Da sie insoweit noch 6 Stunden täglich Arbeiten verrichten kann, scheidet auch ein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aus.
Da das SG damit die Klage zu Recht abgewiesen hat, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
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