Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 1181/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 495/09
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Volle/teilweise Erwerbsminderung – Beweiswürdigung; Vorliegen chronischer Schmerzen
2. Das Bestehen von Schmerzen allein besitzt noch keine Aussagekraft bezüglich der quantitativen Leistungsfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt. Vielmehr muss das Schmerzempfinden in einem spezifischen Wirkungszusammenhang mit den Verrich-tungen stehen, die im Rahmen einer Beschäftigung anfallen.
3. Zur Frage einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung.
2. Das Bestehen von Schmerzen allein besitzt noch keine Aussagekraft bezüglich der quantitativen Leistungsfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt. Vielmehr muss das Schmerzempfinden in einem spezifischen Wirkungszusammenhang mit den Verrich-tungen stehen, die im Rahmen einer Beschäftigung anfallen.
3. Zur Frage einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17. Februar 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Das Berufungsverfahren betrifft die Frage, ob dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusteht.
Der im Jahr 1973 geborene Kläger ist gelernter Konstruktionsmechaniker. Von 1995 bis zu einem Motorradunfall im Jahr 2001 arbeitete er bei der Firma B. als Schweißer und Anlagenbediener (durchgehend stehende Tätigkeit). 2008 nahm er seine Erwerbstätigkeit bei B. im Rahmen einer beruflichen Wiedereingliederung wieder auf, die er bis heute in Vollzeit fortführt. Gegenwärtig arbeitet er in der Prototypenfertigung; dabei fallen Prüfstandstätigkeiten und Umbauten an.
Am 24.04.2001 erlitt der Kläger den erwähnten Motorradunfall, bei dem er sich neben weiteren Verletzungen Becken und Hüfte rechtsseitig sowie den linken Unterarm brach. Nach der stationären Akutbehandlung entwickelten sich bei ihm Schmerzzustände im rechten Bein. Vom 05.06. bis 03.07.2001 durchlief der Kläger eine stationäre Anschlussheilbehandlung in der Orthopädischen Klinik T ... Vom 11.10. bis 13.12.2002 fand eine weitere stationäre Heilbehandlung im Klinikum P. in Bad G. und schließlich vom 02.12.2003 bis 30.01.2004 in der A. Klinik Bad S. statt. Insgesamt wurde der Kläger nach eigenen Angaben dreimal an der rechten Hüfte, viermal am rechten Becken und viermal am linken Handgelenk operiert. Im Vordergrund seiner Beschwerden stehen Schmerzen im rechten Bein und psychische Probleme. Nach dem Unfall entwickelte sich eine depressive Störung in Form einer Fehlverarbeitung des Unfalls. Der Kläger fühlt sich in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit massiv eingeschränkt. Noch vor dem Sachverständigen Prof. Dr. D. im März 2010 hat er geäußert, er verrichte jetzt nur noch leichte Tätigkeiten, er putze, streiche Pfosten, kehre den Boden. Er habe das Gefühl, seine Kollegen würden ihn wegen seiner Leistungsinsuffizienz gering schätzen. Der aktuelle Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertenrecht beträgt 60, das Merkzeichen G ist zuerkannt.
Der Kläger befindet sich derzeit in einem Rechtsstreit mit der Haftpflichtversicherung des seinerzeitigen Unfallgegners, wobei darum gestritten wird, ob Schadensersatz wegen Einkommensverlusts zu leisten ist.
Am 31.05.2001 stellte der Kläger einen ersten Rentenantrag. Die Beklagte gewährte ihm eine bis 31.03.2004 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem Unfall. Die Zeitrente wurde bis 31.03.2006 verlängert. Am 05.10.2005 beantragte er die Weitergewährung der Rente. Das wurde jedoch nach einer Begutachtung durch den Unfallchirurgen Dr. S. am 19.12.2005 mit Bescheid vom 17.01.2006 und Widerspruchsbescheid vom 24.02.2006 abgelehnt. Dabei vertrat die Beklagte die Ansicht, ab April 2006 liege das Leistungsvermögen des Klägers wieder bei mindestens sechs Stunden täglich. Eine sodann vor dem Sozialgericht Landshut (S 14 R 261/06) erhobene Klage nahm der Kläger zurück, nachdem der Orthopäde Dr. E. in seinem Gutachten vom 26.10.2006 ein zeitlich nicht eingeschränktes Leistungsvermögen festgestellt hatte.
Am 22.03.2007 beantragte der Kläger erneut eine Rente wegen Erwerbsminderung. Am 04.05.2007 wurde er vom medizinischen Dienst der Beklagten (Psychiater Dr. S.) untersucht. Dr. S. diagnostizierte eine traumatische Schädigung des Ischiasnervs rechts, ein neuropathisches Schmerzsyndrom, eine leichte Fußheberschwäche, posttraumatische arthrotische Veränderungen des rechten Hüftgelenks und linken Handgelenks nach Polytrauma, Dysthymie und einen schädlichen Gebrauch von Benzodiazepinen. Gleichwohl könne der Kläger mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten bei ebener Erde und überwiegend im Sitzen mit weiteren qualitativen Einschränkungen verrichten. Erforderlich sei überwiegendes Sitzen mit der Möglichkeit zum bedarfsweisen Wechsel der Körperhaltung. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 13.06.2007 ab. Der am 27.06.2007 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 03.09.2007).
Am 04.10.2007 hat der Kläger beim Sozialgericht Landshut Klage erhoben. Das Sozialgericht hat ihn wiederum vom Orthopäden und Chirurgen Dr. E. begutachten lassen. Dieser ist im Gutachten vom 08.05.2008 zum Ergebnis gekommen, der Kläger könne noch leichte Arbeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen, abwechselnd im Sitzen und Stehen, zu ebener Erde, ohne Zwangshaltung, in geschlossenen Räumen und ohne Akkordarbeit verrichten. Wegen der Handgelenksläsion links, so Dr. E., sollte beidhändiges Arbeiten vermieden werden. Der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Weiter hat das Sozialgericht den Neurologen und Schmerztherapeuten Dr. G. P. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt (Gutachten vom 08.05.2008). Dr. P. hat auf psychiatrischem Gebiet eine leichtgradige depressive Störung (Dysthymie) diagnostiziert. Weiter hat er ein chronisches neuropathisches Schmerzsyndrom und eine Läsion des rechten Ischiasnervs festgestellt; eindeutige Paresen, so der Sachverständige, hätten sich aber nicht nachweisen lassen. Zwar sei das Leistungsvermögen qualitativ eingeschränkt, für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestünde aber noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Es könnten noch leichte Arbeiten, abwechselnd im Sitzen und Stehen, ohne Zwangshaltungen, zu ebener Erde und ohne nervliche Belastung ausgeübt werden. Die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand sei eingeschränkt. Schließlich hat der Orthopäde und Schmerztherapeut Dr. S. H. ein orthopädisches Gutachten nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erstellt (Gutachten vom 18.12.2008). Er ist zum Ergebnis gekommen, der Kläger könne nur noch unter drei Stunden täglich unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Die Vorgutachter hätten nicht hinreichend berücksichtigt, dass beim Kläger eine Schmerzkrankheit Stadium III nach Gerbershagen vorliege. Es bestünde der Verdacht auf eine schwere depressive Störung (schwerster Schweregrad).
Im Rahmen des oben erwähnten Rechtsstreits mit der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners hat der Neurologe und Psychiater Dr. K. S. ein "neurologisch-psychiatrisches Zusatzgutachten" erstellt (Gutachten vom 08.12.2008). Die Begutachtung ist zu der Behauptung des Klägers erfolgt, dieser sei aufgrund des Verkehrsunfalls vollständig erwerbsunfähig und könne auch nicht stundenweise leichte Tätigkeiten ausüben. Dr. S. hat einen Zustand nach Polytrauma mit inkompletter proximaler Schädigung des Nervus ischiadicus rechts, mit Meralgia paraesthetica rechts, mit einer längeren depressiven Reaktion (vom Grad einer Dystymie) und mit einem komplexen regionalen Schmerzsyndrom Typ II diagnostiziert. Der Kläger sei allenfalls in der Lage, leichte Tätigkeiten in wechselnden Positionen durchzuführen. Zeitlich seien zustandsangepasste Tätigkeiten im Umfang von allenfalls drei bis unter sechs Stunden täglich möglich.
In der mündlichen Verhandlung vom 17.02.2009 hat das Sozialgericht den Sachverständigen Dr. P. wegen des Gutachtens des Dr. H. ergänzend angehört. Mit Urteil vom 17.02.2009 hat es die Klage abgewiesen. Es hat sich den Sachverständigen Dr. E. und Dr. P. angeschlossen. In der Begründung hat das Sozialgericht betont, die Behandlungsmöglichkeiten hinsichtlich der Schmerzkrankheit seien nicht ausgeschöpft, insbesondere seien keine verhaltenstherapeutischen Maßnahmen erfolgt. Für die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung sei der Chronifizierungsgrad nach Gerbershagen irrelevant. Dr. H. habe sich zu sehr auf die subjektiven Angaben des Klägers gestützt.
Dagegen hat der Kläger am 10.06.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist er auf das Gutachten des Dr. H ...
Unter dem Datum 17.06.2009 hat Dr. S. im Zivilrechtsstreit ergänzend zum Gutachten des Dr. H. Stellung genommen und an seiner Leistungseinschätzung festgehalten. An dem Gutachten des Dr. H. hat er kritisiert, dieser hätte sich zu sehr auf Selbsteinschätzungsbögen gestützt.
Der Senat hat eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung durch Prof. Dr. D. veranlasst. Während des streitgegenständlichen Zeitraums, so Prof. Dr. D. in seinem Gutachten vom 31.03.2010, bestünden Verletzungsfolgen im Bereich des rechten Beckens und Beins, vor allem mit einem ausgeprägten Schmerzzustand mit lokal bedingten und mit neuropathischen Schmerzen, mit Berührungs- und Schmerzempfindungsstörungen am Gesäß und über der Leiste sowie am rechten Bein vor allem außenseitig bis zum Fußrücken ziehend, hier mit einer erheblichen schmerzhaften Berührungsempfindlichkeit. Außerdem lägen eine Bewegungseinschränkung am linken Handgelenk mit Schmerzen und Berührungs- und Schmerzempfindungsstörungen am Daumenballen links, darüber hinaus psychische Gesundheitsstörungen mit Verstimmungszuständen, Grübeleien, Schlafstörungen, vermehrter Reizbarkeit und verminderter Belastbarkeit, klassifizierbar als Dysthymie, vor. Seit den Vorgutachten sei der Gesundheitszustand im Wesentlichen konstant geblieben.
Nicht verrichtet werden könnten Prof. Dr. D. zufolge mittelschwere und schwere Tätigkeiten, Tätigkeiten überwiegend im Gehen oder überwiegend im Stehen, Tätigkeiten im Freien, Tätigkeiten unter Zeitdruck, im Akkord, am Fließband, in Wechselschicht und bei Nacht, Arbeiten in Zwangshaltungen und Tätigkeiten mit Heben und Tragen sowie Bewegen von Lasten, Arbeiten im Bücken, im Knien, auf Treppen, Leitern und Gerüsten und an laufenden Maschinen, Arbeiten, welche die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände voraussetzten, sowie Arbeiten unter ungünstigen klimatischen Bedingungen. Nicht eingeschränkt, so Prof. Dr. D., seien Verantwortungsbewusstsein, Gewissenhaftigkeit, Ausdauer, Merkfähigkeit, Auffassungsgabe, Konzentrations- und Reaktionsvermögen, praktische Anstelligkeit und Findigkeit, Selbstständigkeit des Denkens und Handelns. Beeinträchtigt seien dagegen der Gleichgewichtssinn, die nervliche Belastbarkeit und die Stresstoleranz. Es bestünden Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit auf den technischen Wandel oder andere Berufe. Die psychischen Störungen seien bei einer zumutbaren Willensanspannung aus eigener Kraft oder mit fremder Hilfe zumindest teilweise überwindbar. Unter den genannten Einschränkungen sei der Kläger noch mindestens sechs Stunden unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes einsetzbar. Außergewöhnliche gesundheitliche Defizite lägen nicht vor.
In einer ergänzenden Äußerung vom 08.06.2010 hat Prof. Dr. D. geschrieben, durch das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme des Dr. S. ergäben sich keine wesentlich neuen diagnostischen Gesichtspunkte. Er bliebe bei seiner Leistungseinschätzung. Bezüglich der linken Hand bestünden keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine gebrauchsbeeinträchtigende Schädigung peripherer Nerven. Es liege insoweit eine mäßige Gebrauchsbeeinträchtigung vor.
Der Senat hat Dr. E. gebeten, seine Feststellungen im Gutachten vom 08.05.2008 zur Gebrauchsfähigkeit der linken Hand zu präzisieren und sich dazu zu äußern, ob der Kläger in der Lage sei, noch als Registrator zu arbeiten, wobei dem Sachverständigen berufskundliches Material zu diesem Beruf zur Verfügung gestellt worden ist. Unter dem Datum 17.06.2010 hat Dr. E. entsprechend Stellung genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17. Februar 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2007 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß seinem Antrag vom 22. März 2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, insbesondere der genannten Stellungnahmen, Befundberichte und Gutachten, wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung liegen im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum nicht vor. Folgende materiell-rechtliche Regelungen sind maßgebend:
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebens- jahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und die im Gesetz genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Versicherte Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie neben der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen voll erwerbsgemindert sind. Das ist nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI dann der Fall, wenn Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Senat ist davon überzeugt, dass beim Kläger - trotz aller gesundheitlichen Beeinträchtigungen - im gesamten streitbefangenen Zeitraum weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung gegeben ist oder war. Der Kläger ist vielmehr wieder in der Lage, unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Senat folgt insoweit den übereinstimmenden medizinischen Gutachten von Dr. E., Dr. P. und Prof. Dr. D ... Betrachtet man die drei Gutachten in einer Zusammenschau, so sind sehr sorgfältig Befunde erhoben und einfühlsam bewertet worden. Keines der Gutachten lässt fachliche oder methodische Schwächen erkennen, die sich negativ auf die Überzeugungskraft auswirken könnten. Hinzu kommt, dass auch das im Verwaltungsverfahren erstellte Gutachten des Dr. S. zu überzeugen vermag und dabei zu gleichen Ergebnissen wie die gerichtlich eingeholten kommt. Nicht zuletzt besteht dadurch eine besondere Richtigkeitsgewähr, dass Prof. Dr. D. von kompetenter Seite (Dr. S.) geäußerte Argumente zugunsten des Berufungsbegehrens im Rahmen der Begutachtung hat einfließen lassen und verwerten müssen; das bürgt in besonderer Weise für Vollständigkeit und Abgewogenheit.
Orthopädisch befindet sich der Kläger laut dem Gutachten des Dr. E. vom Mai 2008 in einem stabilisierten Zustand. Die orthopädischen Befunde haben sich seit 2006 sogar etwas verbessert; die Beweglichkeit sowohl des linken Handgelenks als auch der rechten Hüfte hat zugenommen. Das war nach Meinung des Sachverständigen auch zu erwarten. Dem linken Handgelenk können sogar leichte bis gelegentlich mittelgradige Belastungen zugemutet werden; lediglich stärkere Belastungen und rasche Handumwendbewegungen (z.B. Schraubtätigkeiten) müssen unterbleiben. Der Hinweis im Gutachten vom 08.05.2008 bezüglich der Vermeidung von beidhändigem Arbeiten hat sich, wie Dr. E. nachträglich klargestellt hat, auf beidhändige Arbeiten im schnellen Wechselrhythmus bezogen. Damit ist der beim Kläger gegebene Beeinträchtigungsgrad nicht mit dem eines Einhänders vergleichbar. Aus orthopädischer Sicht erscheinen die Unfallfolgen im Bereich des rechten Beins am schwerwiegendsten. Gleichwohl überzeugt die Einschätzung des Sachverständigen, dass dadurch leichte, zustandsangepasste Tätigkeiten nicht vereitelt werden. So hat Dr. E. keine auffällige Muskelverschmächtigung am rechten Oberschenkel feststellen können. Das spricht dafür, dass der Kläger sein rechtes Bein durchaus gewissen Belastungen aussetzen kann, und damit für eine hinreichend erhaltene Funktionsfähigkeit. Insgesamt erreichen die orthopädischen Gesundheitsstörungen kein Ausmaß, das - auch in Zusammenschau mit den anderen Gesundheitsstörungen - eine quantitative Leistungseinschränkung begründen könnte.
Neurologisch lassen sich beim Kläger zwar keine wesentlichen Ausfälle finden; lediglich am rechten Fuß treten gewisse Paresen auf. Jedoch sind die Schmerzen des Klägers, die dieser als gravierendste Beeinträchtigung seines gesundheitlichen Wohlbefindens sieht, nach Meinung aller neurologischen Sachverständigen neuropathischer Natur. Prof. Dr. D. hat in seinem Gutachten ausgeführt, beim Kläger bestünden Verletzungsfolgen im Bereich des rechten Beckens und Beins, vor allem mit einem ausgeprägten Schmerzzustand mit lokal bedingten und mit neuropathischen Schmerzen. Der Senat hegt keine Zweifel daran, dass der Kläger tatsächlich schmerzgeplagt ist. Prof. Dr. D. hat das in seinem Gutachten ausdrücklich festgestellt. Dennoch ist die Schmerzbeeinträchtigung nicht geeignet, den Kläger auch von einer leichten, zustandsangepassten Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden täglich abzuhalten (dazu näher unten).
Auch die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Gebiet führen zu keinem anderen Ergebnis. Diese bedingen - wiederum in Zusammenschau mit anderen Gesundheitsbeeinträchtigungen - lediglich qualitative Leistungseinschränkungen. Prof. Dr. D. hat psychische Gesundheitsstörungen mit Verstimmungszuständen, Grübeleien, Schlafstörungen, vermehrter Reizbarkeit und verminderter Belastbarkeit, klassifizierbar als Dysthymie, festgestellt. Daraus hat er abgeleitet, Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit müssten unterbleiben. In überzeugender Weise ist er andererseits zum Ergebnis gekommen, das quantitative Leistungsvermögen sei dadurch nicht eingeschränkt. Die erhobenen psychischen Befunde sprechen für dieses Ergebnis: So hat Prof. Dr. D. im Gutachten festgehalten, ein Kontakt sei mit dem Kläger ausreichend herstellbar gewesen. Dieser habe in der Stimmung überwiegend leicht abgesenkt gewirkt. Emotional sei der Kläger aber schwingungsfähig und im Antrieb nicht krankhaft gemindert oder gesteigert gewesen. Hinweise für kognitive Beeinträchtigungen hätten sich nicht ergeben. Die Beschwerdeschilderung sei auf Befragen ausführlich gewesen, sie habe betroffen gewirkt. Die Angaben seien offen erschienen; so sei das Befinden ohne tägliche Belastungen mittlerweile als erträglich bezeichnet worden. Anamnestisch hat der Kläger unter anderem angeben, er habe zu Hause alles im Griff. Er gehe auch außer Haus, so zum Bruder oder zu Nachbarn. Er halte sich oft im Freien auf, bei Freunden und der Familie. Es gebe noch Dinge, die ihm Spaß machten, so kleine Dinge am Computer, Arbeiten am Fahrrad seines Neffen oder im Garten. Somit erscheinen auch das Kontakt- und Sozialverhalten ausreichend intakt. Der Kläger hat trotz seiner Leiden eine partnerschaftliche Beziehung aufgebaut, unterhält recht vielfältige Kontakte zu anderen Menschen und ist keineswegs interessenlos. Eine depressive Erkrankung, die sich so gravierend auszuwirken vermag, dass eine sechsstündige Arbeit täglich nicht angetreten oder durchgehalten werden kann, lässt sich nach all dem nicht feststellen.
Es bedarf keiner Klärung, inwieweit die neuropathischen Schmerzen des Klägers durch dessen psychische Befindlichkeit unterhalten oder verstärkt werden. Unabhängig von den schmerzverursachenden Wirkungszusammenhängen vermag die vorhandene Schmerzbeeinträchtigung nicht, auch eine leichte, zustandsangepasste Tätigkeit im Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich auszuschließen. Das Bestehen von Schmerzen allein besitzt noch keine Aussagekraft bezüglich der quantitativen Leistungsfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt. Vielmehr muss das Schmerzempfinden in einem spezifischen Wirkungszusammenhang mit den Verrichtungen stehen, die im Rahmen einer Beschäftigung anfallen (vgl. Senatsurteil vom 14.10.2010 - L 13 R 257/09). Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn gerade die Arbeit sich schmerzerzeugend oder schmerzverstärkend auswirkt und dadurch eine unzumutbare Schmerzbeeinträchtigung entsteht. Auch ein unabhängig von der Arbeit bestehender Dauerschmerz kann sich möglicherweise im Sinn einer Zermürbung negativ auf das Durchhaltevermögen auswirken (vgl. zu weiteren denkbaren Wirkungszusammenhängen Senatsurteil vom 20.05.2009 - L 13 R 361/07). Derartige Auswirkungen sind beim Kläger nicht beobachtbar. Insbesondere ist sein Tagesablauf nicht dem Schmerz untergeordnet (vgl. zu diesem Kriterium Senatsurteil vom 14.10.2010 - L 13 R 257/09). Das ergibt sich einerseits aus den relativ zahlreich vorhandenen Interessen und Kontakten des Klägers. Dass er seit dem Unfall nicht mehr in der Lage ist, Fußball zu spielen oder im aktiven Feuerwehrdienst mitzuwirken, drängt nicht zu einem anderen Ergebnis; denn dabei werden hohe körperliche Anforderungen gestellt, die weit über die einer zustandsangepassten Tätigkeit hinausgehen. Vor allem aber fällt ins Gewicht, dass der Kläger sich wieder in das Berufsleben hat integrieren können. Telefonische (in die mündliche Verhandlung eingeführte) Erkundigungen bei der Firma B. - zum Einen beim Personalbüro, zum Anderen beim unmittelbar vorgesetzten Meister des Klägers - haben ergeben, dass der Kläger seit Juli 2008 wieder in Vollzeit arbeitet. Die Arbeitgeberin hat für den Kläger zwar einen zustandsangepassten Arbeitsplatz eingerichtet, wobei sie insbesondere darauf geachtet hat, dass dieser den notwendigen Wechsel der Körperhaltungen realisieren kann. Jedoch erbringt der Kläger am Maßstab dessen, was allgemein ein Arbeitgeber im Rahmen des Leistungsaustausches von Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt erwartet, vollwertige Arbeit. Die Entlohnung, die er erhält, ist durch seine Arbeitsleistung objektiv gerechtfertigt. Trotz allem Entgegenkommen seitens der Firma B. wird das Arbeitsverhältnis nicht vergönnungsweise fortgeführt; vielmehr entspricht es den "Gesetzen" am Arbeitsmarkt. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit sind seit Wiederaufnahme der Arbeit nur in sehr geringem Umfang angefallen. Die Selbsteinschätzung des Klägers, die von Insuffizienz bei der beruflichen Tätigkeit ausgeht, entspricht somit nicht den objektiven Gegebenheiten.
Anders als Dr. S. in seinem Gutachten vom 08.12.2008 sieht der Senat in Übereinstimmung vor allem mit dem Gutachten des Prof. Dr. D. keine Anhaltspunkte, wonach die Schmerzen des Klägers nur ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen zulassen könnten. Zwar ist der generelle Beurteilungsmaßstab des Dr. S. sinnvoll und plausibel, wonach Schmerzsyndrome im Allgemeinen nur dann zu einer relevanten quantitativen Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen können, wenn auch gleichzeitig ausgeprägte Einschränkungen im Alltagsleben und in der Sozialpartizipation trotz ausreichender und angemessener Therapie nachweisbar sind. Wie oben ausgeführt, fehlt es konkret aber an entsprechenden Einschränkungen.
Das Gutachten des Dr. H. vermag nicht, Zweifel an diesem Ergebnis zu wecken. Zwar hat der Sachverständige sorgfältig orthopädische Befunde erhoben, sich dann aber bei der Leistungsbeurteilung nahezu nicht darauf gestützt. Die von Dr. S. geäußerte Kritik, Dr. H. habe sich zu sehr auf die subjektiven Angaben des Klägers verlassen, teilt der Senat. Es fehlt an einer Begründung, wieso die - zweifellos bestehenden - Schmerzbeeinträchtigungen des Klägers bei noch hinreichenden orthopädischen und neurologischen Befunden diesen von einer zustandsangepassten Arbeit abhalten sollen. Die Einstufung nach Gerbershagen macht eine konkrete Betrachtung, Beurteilung und Begründung nicht entbehrlich. Vor allem leidet das Gutachten des Dr. H. daran, dass dieser eine Depression heftigster Schwere ernsthaft in Erwägung gezogen hat. Dabei handelt es sich um eine nicht nur fachfremde, sondern auch evident falsche Einschätzung. Augenscheinlich ist die Leistungsbeurteilung des Gutachters davon nicht unbeeinflusst geblieben.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nicht vor. In diesen Fällen besteht ausnahmsweise eine Benennungspflicht, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten schlechthin keine Arbeitsstelle bereit hält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSGE 80, 24 ; BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R). Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt aber nur dann vor, wenn die Fähigkeit der Versicherten, zumindest körperlich leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten, zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt ist (BSGE 81, 15 ). Darunter fallen nicht die "üblichen" Leistungseinschränkungen wie zum Beispiel der Ausschluss von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder Sitzen erfordern, im Akkord oder Schichtdienst verrichtet werden oder besondere Anforderungen an das Seh-, Hör- und Konzentrationsvermögen erfordern (vgl. auch BSG, Urteil vom 1. März 1984 - 4 RJ 43/83 - SozR 2200 § 1246 Nr. 117). Anerkannt sind dagegen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgericht zum Beispiel besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz, in Verbindung mit anderen Einschränkungen die Erforderlichkeit, zwei zusätzliche Arbeitspausen von je 15 Minuten einzulegen, Einschränkungen der Arm- und Handbewegungen, halbstündiger Wechsel vom Sitzen zum Gehen (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R).
"Schwere spezifische Leistungsbehinderung" meint diejenigen Fälle, in denen bereits eine schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hingegen trägt der Begriff "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" dem Umstand Rechnung, dass auch eine Mehrzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können (BSGE 81, 15 ). Maßstab sind dabei die tatsächlichen Verhältnisse der Arbeitswelt, insbesondere der dort an Arbeitnehmer gestellten Anforderungen (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R).
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt nicht vor. Die von den Sachverständigen genannten qualitativen Einschränkungen erreichen kein Ausmaß, das auf eine Summierung hindeuten könnte. Der Häufigkeit nach bewegen sich diese im Rahmen dessen, was üblicher Weise bei Personen, die nur noch leichte Tätigkeiten ausführen können, an speziellen Tätigkeitsausschlüssen vorliegt. Auch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung ist nicht gegeben. Zwar stuft das Bundessozialgericht gerade die Gebrauchsfähigkeit der Hände als Faktor ein, dem für eine Einsetzbarkeit im Arbeitsleben große Bedeutung zukommt. Jedoch ist der Kläger im Hinblick auf die linke Hand nicht so stark beeinträchtigt, dass man von einer besonders einschneidenden Behinderung sprechen könnte. Die Funktionsfähigkeit der linken Hand ist trotz der schweren Verletzung beim Motorradunfall ausreichend erhalten geblieben. So sind beim Kläger alle Griffformen möglich. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat Dr. E. unterstrichen, dem linken Handgelenk seien leichte bis gelegentlich mittelgradige Belastungen durchaus zuzumuten. Zu vermeiden seien nur stärkere Belastungen und rasche Handumwendbewegungen (z.B. Schraubtätigkeiten). Der Hinweis im Gutachten vom 08.05.2008 bezüglich der Vermeidung von beidhändigem Arbeiten hat sich, wie Dr. E. klargestellt hat, auf beidhändige Arbeiten im schnellen Wechselrhythmus bezogen. Der Kläger kann am Computer arbeiten; das Heben und Tragen von Lasten bis zu 5 kg ist möglich. Auch Prof. Dr. D. hat außergewöhnliche gesundheitliche Defizite in Form einer besonderen Qualität der Beeinträchtigungen oder einer besonderen Häufung verneint. Es bedarf somit nicht der Benennung eines geeigneten Verweisungsberufs.
Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass der Kläger auf die Berufe des Registrators und des einfachen Tagespförtners verwiesen werden könnte. Das beim Kläger vorliegende Leistungsbild lässt sich mit den allgemeinen Anforderungen der Registratorentätigkeit (vgl. dazu ausführlich Senatsurteil vom 10.02.2010 - L 13 R 1010/08) in Einklang bringen; Dr. E. hat dies ausdrücklich bestätigt. Außerdem wäre der Kläger in der Lage, als einfacher Tagespförtner zu arbeiten (vgl. zu den allgemeinen Anforderungen dieser Tätigkeit BayLSG, Urteil vom 14.02.2006 - L 5 R 568/04; Urteil vom 04.05.2004 - L 5 RJ 229/00). Dieser Beruf ist sogar für "Einhänder" geeignet (vgl. BayLSG, Urteil vom 04.05.2004 - L 5 RJ 229/00). Entsprechende Arbeitsplätze stehen in nennenswertem Umfang zur Verfügung (vgl. BayLSG, Urteil vom 14.02.2006 - L 5 R 568/04; Urteil vom 20.09.2005 - L 5 R 428/04). Angesichts seiner erhaltenen Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit auf bzw. an neue Berufe wäre der Kläger in der Lage, innerhalb von drei Monaten die Berufe des Registrators und des einfachen Tagespförtners "wettbewerbsfähig" auszuüben.
Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheidet schon wegen des Lebensalters des Klägers aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger auch vor dem Bayerischen Landessozialgericht ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Das Berufungsverfahren betrifft die Frage, ob dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusteht.
Der im Jahr 1973 geborene Kläger ist gelernter Konstruktionsmechaniker. Von 1995 bis zu einem Motorradunfall im Jahr 2001 arbeitete er bei der Firma B. als Schweißer und Anlagenbediener (durchgehend stehende Tätigkeit). 2008 nahm er seine Erwerbstätigkeit bei B. im Rahmen einer beruflichen Wiedereingliederung wieder auf, die er bis heute in Vollzeit fortführt. Gegenwärtig arbeitet er in der Prototypenfertigung; dabei fallen Prüfstandstätigkeiten und Umbauten an.
Am 24.04.2001 erlitt der Kläger den erwähnten Motorradunfall, bei dem er sich neben weiteren Verletzungen Becken und Hüfte rechtsseitig sowie den linken Unterarm brach. Nach der stationären Akutbehandlung entwickelten sich bei ihm Schmerzzustände im rechten Bein. Vom 05.06. bis 03.07.2001 durchlief der Kläger eine stationäre Anschlussheilbehandlung in der Orthopädischen Klinik T ... Vom 11.10. bis 13.12.2002 fand eine weitere stationäre Heilbehandlung im Klinikum P. in Bad G. und schließlich vom 02.12.2003 bis 30.01.2004 in der A. Klinik Bad S. statt. Insgesamt wurde der Kläger nach eigenen Angaben dreimal an der rechten Hüfte, viermal am rechten Becken und viermal am linken Handgelenk operiert. Im Vordergrund seiner Beschwerden stehen Schmerzen im rechten Bein und psychische Probleme. Nach dem Unfall entwickelte sich eine depressive Störung in Form einer Fehlverarbeitung des Unfalls. Der Kläger fühlt sich in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit massiv eingeschränkt. Noch vor dem Sachverständigen Prof. Dr. D. im März 2010 hat er geäußert, er verrichte jetzt nur noch leichte Tätigkeiten, er putze, streiche Pfosten, kehre den Boden. Er habe das Gefühl, seine Kollegen würden ihn wegen seiner Leistungsinsuffizienz gering schätzen. Der aktuelle Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertenrecht beträgt 60, das Merkzeichen G ist zuerkannt.
Der Kläger befindet sich derzeit in einem Rechtsstreit mit der Haftpflichtversicherung des seinerzeitigen Unfallgegners, wobei darum gestritten wird, ob Schadensersatz wegen Einkommensverlusts zu leisten ist.
Am 31.05.2001 stellte der Kläger einen ersten Rentenantrag. Die Beklagte gewährte ihm eine bis 31.03.2004 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem Unfall. Die Zeitrente wurde bis 31.03.2006 verlängert. Am 05.10.2005 beantragte er die Weitergewährung der Rente. Das wurde jedoch nach einer Begutachtung durch den Unfallchirurgen Dr. S. am 19.12.2005 mit Bescheid vom 17.01.2006 und Widerspruchsbescheid vom 24.02.2006 abgelehnt. Dabei vertrat die Beklagte die Ansicht, ab April 2006 liege das Leistungsvermögen des Klägers wieder bei mindestens sechs Stunden täglich. Eine sodann vor dem Sozialgericht Landshut (S 14 R 261/06) erhobene Klage nahm der Kläger zurück, nachdem der Orthopäde Dr. E. in seinem Gutachten vom 26.10.2006 ein zeitlich nicht eingeschränktes Leistungsvermögen festgestellt hatte.
Am 22.03.2007 beantragte der Kläger erneut eine Rente wegen Erwerbsminderung. Am 04.05.2007 wurde er vom medizinischen Dienst der Beklagten (Psychiater Dr. S.) untersucht. Dr. S. diagnostizierte eine traumatische Schädigung des Ischiasnervs rechts, ein neuropathisches Schmerzsyndrom, eine leichte Fußheberschwäche, posttraumatische arthrotische Veränderungen des rechten Hüftgelenks und linken Handgelenks nach Polytrauma, Dysthymie und einen schädlichen Gebrauch von Benzodiazepinen. Gleichwohl könne der Kläger mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten bei ebener Erde und überwiegend im Sitzen mit weiteren qualitativen Einschränkungen verrichten. Erforderlich sei überwiegendes Sitzen mit der Möglichkeit zum bedarfsweisen Wechsel der Körperhaltung. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 13.06.2007 ab. Der am 27.06.2007 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 03.09.2007).
Am 04.10.2007 hat der Kläger beim Sozialgericht Landshut Klage erhoben. Das Sozialgericht hat ihn wiederum vom Orthopäden und Chirurgen Dr. E. begutachten lassen. Dieser ist im Gutachten vom 08.05.2008 zum Ergebnis gekommen, der Kläger könne noch leichte Arbeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen, abwechselnd im Sitzen und Stehen, zu ebener Erde, ohne Zwangshaltung, in geschlossenen Räumen und ohne Akkordarbeit verrichten. Wegen der Handgelenksläsion links, so Dr. E., sollte beidhändiges Arbeiten vermieden werden. Der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Weiter hat das Sozialgericht den Neurologen und Schmerztherapeuten Dr. G. P. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt (Gutachten vom 08.05.2008). Dr. P. hat auf psychiatrischem Gebiet eine leichtgradige depressive Störung (Dysthymie) diagnostiziert. Weiter hat er ein chronisches neuropathisches Schmerzsyndrom und eine Läsion des rechten Ischiasnervs festgestellt; eindeutige Paresen, so der Sachverständige, hätten sich aber nicht nachweisen lassen. Zwar sei das Leistungsvermögen qualitativ eingeschränkt, für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestünde aber noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Es könnten noch leichte Arbeiten, abwechselnd im Sitzen und Stehen, ohne Zwangshaltungen, zu ebener Erde und ohne nervliche Belastung ausgeübt werden. Die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand sei eingeschränkt. Schließlich hat der Orthopäde und Schmerztherapeut Dr. S. H. ein orthopädisches Gutachten nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erstellt (Gutachten vom 18.12.2008). Er ist zum Ergebnis gekommen, der Kläger könne nur noch unter drei Stunden täglich unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Die Vorgutachter hätten nicht hinreichend berücksichtigt, dass beim Kläger eine Schmerzkrankheit Stadium III nach Gerbershagen vorliege. Es bestünde der Verdacht auf eine schwere depressive Störung (schwerster Schweregrad).
Im Rahmen des oben erwähnten Rechtsstreits mit der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners hat der Neurologe und Psychiater Dr. K. S. ein "neurologisch-psychiatrisches Zusatzgutachten" erstellt (Gutachten vom 08.12.2008). Die Begutachtung ist zu der Behauptung des Klägers erfolgt, dieser sei aufgrund des Verkehrsunfalls vollständig erwerbsunfähig und könne auch nicht stundenweise leichte Tätigkeiten ausüben. Dr. S. hat einen Zustand nach Polytrauma mit inkompletter proximaler Schädigung des Nervus ischiadicus rechts, mit Meralgia paraesthetica rechts, mit einer längeren depressiven Reaktion (vom Grad einer Dystymie) und mit einem komplexen regionalen Schmerzsyndrom Typ II diagnostiziert. Der Kläger sei allenfalls in der Lage, leichte Tätigkeiten in wechselnden Positionen durchzuführen. Zeitlich seien zustandsangepasste Tätigkeiten im Umfang von allenfalls drei bis unter sechs Stunden täglich möglich.
In der mündlichen Verhandlung vom 17.02.2009 hat das Sozialgericht den Sachverständigen Dr. P. wegen des Gutachtens des Dr. H. ergänzend angehört. Mit Urteil vom 17.02.2009 hat es die Klage abgewiesen. Es hat sich den Sachverständigen Dr. E. und Dr. P. angeschlossen. In der Begründung hat das Sozialgericht betont, die Behandlungsmöglichkeiten hinsichtlich der Schmerzkrankheit seien nicht ausgeschöpft, insbesondere seien keine verhaltenstherapeutischen Maßnahmen erfolgt. Für die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung sei der Chronifizierungsgrad nach Gerbershagen irrelevant. Dr. H. habe sich zu sehr auf die subjektiven Angaben des Klägers gestützt.
Dagegen hat der Kläger am 10.06.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist er auf das Gutachten des Dr. H ...
Unter dem Datum 17.06.2009 hat Dr. S. im Zivilrechtsstreit ergänzend zum Gutachten des Dr. H. Stellung genommen und an seiner Leistungseinschätzung festgehalten. An dem Gutachten des Dr. H. hat er kritisiert, dieser hätte sich zu sehr auf Selbsteinschätzungsbögen gestützt.
Der Senat hat eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung durch Prof. Dr. D. veranlasst. Während des streitgegenständlichen Zeitraums, so Prof. Dr. D. in seinem Gutachten vom 31.03.2010, bestünden Verletzungsfolgen im Bereich des rechten Beckens und Beins, vor allem mit einem ausgeprägten Schmerzzustand mit lokal bedingten und mit neuropathischen Schmerzen, mit Berührungs- und Schmerzempfindungsstörungen am Gesäß und über der Leiste sowie am rechten Bein vor allem außenseitig bis zum Fußrücken ziehend, hier mit einer erheblichen schmerzhaften Berührungsempfindlichkeit. Außerdem lägen eine Bewegungseinschränkung am linken Handgelenk mit Schmerzen und Berührungs- und Schmerzempfindungsstörungen am Daumenballen links, darüber hinaus psychische Gesundheitsstörungen mit Verstimmungszuständen, Grübeleien, Schlafstörungen, vermehrter Reizbarkeit und verminderter Belastbarkeit, klassifizierbar als Dysthymie, vor. Seit den Vorgutachten sei der Gesundheitszustand im Wesentlichen konstant geblieben.
Nicht verrichtet werden könnten Prof. Dr. D. zufolge mittelschwere und schwere Tätigkeiten, Tätigkeiten überwiegend im Gehen oder überwiegend im Stehen, Tätigkeiten im Freien, Tätigkeiten unter Zeitdruck, im Akkord, am Fließband, in Wechselschicht und bei Nacht, Arbeiten in Zwangshaltungen und Tätigkeiten mit Heben und Tragen sowie Bewegen von Lasten, Arbeiten im Bücken, im Knien, auf Treppen, Leitern und Gerüsten und an laufenden Maschinen, Arbeiten, welche die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände voraussetzten, sowie Arbeiten unter ungünstigen klimatischen Bedingungen. Nicht eingeschränkt, so Prof. Dr. D., seien Verantwortungsbewusstsein, Gewissenhaftigkeit, Ausdauer, Merkfähigkeit, Auffassungsgabe, Konzentrations- und Reaktionsvermögen, praktische Anstelligkeit und Findigkeit, Selbstständigkeit des Denkens und Handelns. Beeinträchtigt seien dagegen der Gleichgewichtssinn, die nervliche Belastbarkeit und die Stresstoleranz. Es bestünden Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit auf den technischen Wandel oder andere Berufe. Die psychischen Störungen seien bei einer zumutbaren Willensanspannung aus eigener Kraft oder mit fremder Hilfe zumindest teilweise überwindbar. Unter den genannten Einschränkungen sei der Kläger noch mindestens sechs Stunden unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes einsetzbar. Außergewöhnliche gesundheitliche Defizite lägen nicht vor.
In einer ergänzenden Äußerung vom 08.06.2010 hat Prof. Dr. D. geschrieben, durch das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme des Dr. S. ergäben sich keine wesentlich neuen diagnostischen Gesichtspunkte. Er bliebe bei seiner Leistungseinschätzung. Bezüglich der linken Hand bestünden keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine gebrauchsbeeinträchtigende Schädigung peripherer Nerven. Es liege insoweit eine mäßige Gebrauchsbeeinträchtigung vor.
Der Senat hat Dr. E. gebeten, seine Feststellungen im Gutachten vom 08.05.2008 zur Gebrauchsfähigkeit der linken Hand zu präzisieren und sich dazu zu äußern, ob der Kläger in der Lage sei, noch als Registrator zu arbeiten, wobei dem Sachverständigen berufskundliches Material zu diesem Beruf zur Verfügung gestellt worden ist. Unter dem Datum 17.06.2010 hat Dr. E. entsprechend Stellung genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17. Februar 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2007 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß seinem Antrag vom 22. März 2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, insbesondere der genannten Stellungnahmen, Befundberichte und Gutachten, wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung liegen im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum nicht vor. Folgende materiell-rechtliche Regelungen sind maßgebend:
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebens- jahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und die im Gesetz genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Versicherte Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie neben der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen voll erwerbsgemindert sind. Das ist nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI dann der Fall, wenn Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Senat ist davon überzeugt, dass beim Kläger - trotz aller gesundheitlichen Beeinträchtigungen - im gesamten streitbefangenen Zeitraum weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung gegeben ist oder war. Der Kläger ist vielmehr wieder in der Lage, unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Senat folgt insoweit den übereinstimmenden medizinischen Gutachten von Dr. E., Dr. P. und Prof. Dr. D ... Betrachtet man die drei Gutachten in einer Zusammenschau, so sind sehr sorgfältig Befunde erhoben und einfühlsam bewertet worden. Keines der Gutachten lässt fachliche oder methodische Schwächen erkennen, die sich negativ auf die Überzeugungskraft auswirken könnten. Hinzu kommt, dass auch das im Verwaltungsverfahren erstellte Gutachten des Dr. S. zu überzeugen vermag und dabei zu gleichen Ergebnissen wie die gerichtlich eingeholten kommt. Nicht zuletzt besteht dadurch eine besondere Richtigkeitsgewähr, dass Prof. Dr. D. von kompetenter Seite (Dr. S.) geäußerte Argumente zugunsten des Berufungsbegehrens im Rahmen der Begutachtung hat einfließen lassen und verwerten müssen; das bürgt in besonderer Weise für Vollständigkeit und Abgewogenheit.
Orthopädisch befindet sich der Kläger laut dem Gutachten des Dr. E. vom Mai 2008 in einem stabilisierten Zustand. Die orthopädischen Befunde haben sich seit 2006 sogar etwas verbessert; die Beweglichkeit sowohl des linken Handgelenks als auch der rechten Hüfte hat zugenommen. Das war nach Meinung des Sachverständigen auch zu erwarten. Dem linken Handgelenk können sogar leichte bis gelegentlich mittelgradige Belastungen zugemutet werden; lediglich stärkere Belastungen und rasche Handumwendbewegungen (z.B. Schraubtätigkeiten) müssen unterbleiben. Der Hinweis im Gutachten vom 08.05.2008 bezüglich der Vermeidung von beidhändigem Arbeiten hat sich, wie Dr. E. nachträglich klargestellt hat, auf beidhändige Arbeiten im schnellen Wechselrhythmus bezogen. Damit ist der beim Kläger gegebene Beeinträchtigungsgrad nicht mit dem eines Einhänders vergleichbar. Aus orthopädischer Sicht erscheinen die Unfallfolgen im Bereich des rechten Beins am schwerwiegendsten. Gleichwohl überzeugt die Einschätzung des Sachverständigen, dass dadurch leichte, zustandsangepasste Tätigkeiten nicht vereitelt werden. So hat Dr. E. keine auffällige Muskelverschmächtigung am rechten Oberschenkel feststellen können. Das spricht dafür, dass der Kläger sein rechtes Bein durchaus gewissen Belastungen aussetzen kann, und damit für eine hinreichend erhaltene Funktionsfähigkeit. Insgesamt erreichen die orthopädischen Gesundheitsstörungen kein Ausmaß, das - auch in Zusammenschau mit den anderen Gesundheitsstörungen - eine quantitative Leistungseinschränkung begründen könnte.
Neurologisch lassen sich beim Kläger zwar keine wesentlichen Ausfälle finden; lediglich am rechten Fuß treten gewisse Paresen auf. Jedoch sind die Schmerzen des Klägers, die dieser als gravierendste Beeinträchtigung seines gesundheitlichen Wohlbefindens sieht, nach Meinung aller neurologischen Sachverständigen neuropathischer Natur. Prof. Dr. D. hat in seinem Gutachten ausgeführt, beim Kläger bestünden Verletzungsfolgen im Bereich des rechten Beckens und Beins, vor allem mit einem ausgeprägten Schmerzzustand mit lokal bedingten und mit neuropathischen Schmerzen. Der Senat hegt keine Zweifel daran, dass der Kläger tatsächlich schmerzgeplagt ist. Prof. Dr. D. hat das in seinem Gutachten ausdrücklich festgestellt. Dennoch ist die Schmerzbeeinträchtigung nicht geeignet, den Kläger auch von einer leichten, zustandsangepassten Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden täglich abzuhalten (dazu näher unten).
Auch die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Gebiet führen zu keinem anderen Ergebnis. Diese bedingen - wiederum in Zusammenschau mit anderen Gesundheitsbeeinträchtigungen - lediglich qualitative Leistungseinschränkungen. Prof. Dr. D. hat psychische Gesundheitsstörungen mit Verstimmungszuständen, Grübeleien, Schlafstörungen, vermehrter Reizbarkeit und verminderter Belastbarkeit, klassifizierbar als Dysthymie, festgestellt. Daraus hat er abgeleitet, Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit müssten unterbleiben. In überzeugender Weise ist er andererseits zum Ergebnis gekommen, das quantitative Leistungsvermögen sei dadurch nicht eingeschränkt. Die erhobenen psychischen Befunde sprechen für dieses Ergebnis: So hat Prof. Dr. D. im Gutachten festgehalten, ein Kontakt sei mit dem Kläger ausreichend herstellbar gewesen. Dieser habe in der Stimmung überwiegend leicht abgesenkt gewirkt. Emotional sei der Kläger aber schwingungsfähig und im Antrieb nicht krankhaft gemindert oder gesteigert gewesen. Hinweise für kognitive Beeinträchtigungen hätten sich nicht ergeben. Die Beschwerdeschilderung sei auf Befragen ausführlich gewesen, sie habe betroffen gewirkt. Die Angaben seien offen erschienen; so sei das Befinden ohne tägliche Belastungen mittlerweile als erträglich bezeichnet worden. Anamnestisch hat der Kläger unter anderem angeben, er habe zu Hause alles im Griff. Er gehe auch außer Haus, so zum Bruder oder zu Nachbarn. Er halte sich oft im Freien auf, bei Freunden und der Familie. Es gebe noch Dinge, die ihm Spaß machten, so kleine Dinge am Computer, Arbeiten am Fahrrad seines Neffen oder im Garten. Somit erscheinen auch das Kontakt- und Sozialverhalten ausreichend intakt. Der Kläger hat trotz seiner Leiden eine partnerschaftliche Beziehung aufgebaut, unterhält recht vielfältige Kontakte zu anderen Menschen und ist keineswegs interessenlos. Eine depressive Erkrankung, die sich so gravierend auszuwirken vermag, dass eine sechsstündige Arbeit täglich nicht angetreten oder durchgehalten werden kann, lässt sich nach all dem nicht feststellen.
Es bedarf keiner Klärung, inwieweit die neuropathischen Schmerzen des Klägers durch dessen psychische Befindlichkeit unterhalten oder verstärkt werden. Unabhängig von den schmerzverursachenden Wirkungszusammenhängen vermag die vorhandene Schmerzbeeinträchtigung nicht, auch eine leichte, zustandsangepasste Tätigkeit im Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich auszuschließen. Das Bestehen von Schmerzen allein besitzt noch keine Aussagekraft bezüglich der quantitativen Leistungsfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt. Vielmehr muss das Schmerzempfinden in einem spezifischen Wirkungszusammenhang mit den Verrichtungen stehen, die im Rahmen einer Beschäftigung anfallen (vgl. Senatsurteil vom 14.10.2010 - L 13 R 257/09). Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn gerade die Arbeit sich schmerzerzeugend oder schmerzverstärkend auswirkt und dadurch eine unzumutbare Schmerzbeeinträchtigung entsteht. Auch ein unabhängig von der Arbeit bestehender Dauerschmerz kann sich möglicherweise im Sinn einer Zermürbung negativ auf das Durchhaltevermögen auswirken (vgl. zu weiteren denkbaren Wirkungszusammenhängen Senatsurteil vom 20.05.2009 - L 13 R 361/07). Derartige Auswirkungen sind beim Kläger nicht beobachtbar. Insbesondere ist sein Tagesablauf nicht dem Schmerz untergeordnet (vgl. zu diesem Kriterium Senatsurteil vom 14.10.2010 - L 13 R 257/09). Das ergibt sich einerseits aus den relativ zahlreich vorhandenen Interessen und Kontakten des Klägers. Dass er seit dem Unfall nicht mehr in der Lage ist, Fußball zu spielen oder im aktiven Feuerwehrdienst mitzuwirken, drängt nicht zu einem anderen Ergebnis; denn dabei werden hohe körperliche Anforderungen gestellt, die weit über die einer zustandsangepassten Tätigkeit hinausgehen. Vor allem aber fällt ins Gewicht, dass der Kläger sich wieder in das Berufsleben hat integrieren können. Telefonische (in die mündliche Verhandlung eingeführte) Erkundigungen bei der Firma B. - zum Einen beim Personalbüro, zum Anderen beim unmittelbar vorgesetzten Meister des Klägers - haben ergeben, dass der Kläger seit Juli 2008 wieder in Vollzeit arbeitet. Die Arbeitgeberin hat für den Kläger zwar einen zustandsangepassten Arbeitsplatz eingerichtet, wobei sie insbesondere darauf geachtet hat, dass dieser den notwendigen Wechsel der Körperhaltungen realisieren kann. Jedoch erbringt der Kläger am Maßstab dessen, was allgemein ein Arbeitgeber im Rahmen des Leistungsaustausches von Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt erwartet, vollwertige Arbeit. Die Entlohnung, die er erhält, ist durch seine Arbeitsleistung objektiv gerechtfertigt. Trotz allem Entgegenkommen seitens der Firma B. wird das Arbeitsverhältnis nicht vergönnungsweise fortgeführt; vielmehr entspricht es den "Gesetzen" am Arbeitsmarkt. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit sind seit Wiederaufnahme der Arbeit nur in sehr geringem Umfang angefallen. Die Selbsteinschätzung des Klägers, die von Insuffizienz bei der beruflichen Tätigkeit ausgeht, entspricht somit nicht den objektiven Gegebenheiten.
Anders als Dr. S. in seinem Gutachten vom 08.12.2008 sieht der Senat in Übereinstimmung vor allem mit dem Gutachten des Prof. Dr. D. keine Anhaltspunkte, wonach die Schmerzen des Klägers nur ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen zulassen könnten. Zwar ist der generelle Beurteilungsmaßstab des Dr. S. sinnvoll und plausibel, wonach Schmerzsyndrome im Allgemeinen nur dann zu einer relevanten quantitativen Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen können, wenn auch gleichzeitig ausgeprägte Einschränkungen im Alltagsleben und in der Sozialpartizipation trotz ausreichender und angemessener Therapie nachweisbar sind. Wie oben ausgeführt, fehlt es konkret aber an entsprechenden Einschränkungen.
Das Gutachten des Dr. H. vermag nicht, Zweifel an diesem Ergebnis zu wecken. Zwar hat der Sachverständige sorgfältig orthopädische Befunde erhoben, sich dann aber bei der Leistungsbeurteilung nahezu nicht darauf gestützt. Die von Dr. S. geäußerte Kritik, Dr. H. habe sich zu sehr auf die subjektiven Angaben des Klägers verlassen, teilt der Senat. Es fehlt an einer Begründung, wieso die - zweifellos bestehenden - Schmerzbeeinträchtigungen des Klägers bei noch hinreichenden orthopädischen und neurologischen Befunden diesen von einer zustandsangepassten Arbeit abhalten sollen. Die Einstufung nach Gerbershagen macht eine konkrete Betrachtung, Beurteilung und Begründung nicht entbehrlich. Vor allem leidet das Gutachten des Dr. H. daran, dass dieser eine Depression heftigster Schwere ernsthaft in Erwägung gezogen hat. Dabei handelt es sich um eine nicht nur fachfremde, sondern auch evident falsche Einschätzung. Augenscheinlich ist die Leistungsbeurteilung des Gutachters davon nicht unbeeinflusst geblieben.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nicht vor. In diesen Fällen besteht ausnahmsweise eine Benennungspflicht, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten schlechthin keine Arbeitsstelle bereit hält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSGE 80, 24 ; BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R). Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt aber nur dann vor, wenn die Fähigkeit der Versicherten, zumindest körperlich leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten, zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt ist (BSGE 81, 15 ). Darunter fallen nicht die "üblichen" Leistungseinschränkungen wie zum Beispiel der Ausschluss von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder Sitzen erfordern, im Akkord oder Schichtdienst verrichtet werden oder besondere Anforderungen an das Seh-, Hör- und Konzentrationsvermögen erfordern (vgl. auch BSG, Urteil vom 1. März 1984 - 4 RJ 43/83 - SozR 2200 § 1246 Nr. 117). Anerkannt sind dagegen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgericht zum Beispiel besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz, in Verbindung mit anderen Einschränkungen die Erforderlichkeit, zwei zusätzliche Arbeitspausen von je 15 Minuten einzulegen, Einschränkungen der Arm- und Handbewegungen, halbstündiger Wechsel vom Sitzen zum Gehen (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R).
"Schwere spezifische Leistungsbehinderung" meint diejenigen Fälle, in denen bereits eine schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hingegen trägt der Begriff "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" dem Umstand Rechnung, dass auch eine Mehrzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können (BSGE 81, 15 ). Maßstab sind dabei die tatsächlichen Verhältnisse der Arbeitswelt, insbesondere der dort an Arbeitnehmer gestellten Anforderungen (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R).
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt nicht vor. Die von den Sachverständigen genannten qualitativen Einschränkungen erreichen kein Ausmaß, das auf eine Summierung hindeuten könnte. Der Häufigkeit nach bewegen sich diese im Rahmen dessen, was üblicher Weise bei Personen, die nur noch leichte Tätigkeiten ausführen können, an speziellen Tätigkeitsausschlüssen vorliegt. Auch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung ist nicht gegeben. Zwar stuft das Bundessozialgericht gerade die Gebrauchsfähigkeit der Hände als Faktor ein, dem für eine Einsetzbarkeit im Arbeitsleben große Bedeutung zukommt. Jedoch ist der Kläger im Hinblick auf die linke Hand nicht so stark beeinträchtigt, dass man von einer besonders einschneidenden Behinderung sprechen könnte. Die Funktionsfähigkeit der linken Hand ist trotz der schweren Verletzung beim Motorradunfall ausreichend erhalten geblieben. So sind beim Kläger alle Griffformen möglich. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat Dr. E. unterstrichen, dem linken Handgelenk seien leichte bis gelegentlich mittelgradige Belastungen durchaus zuzumuten. Zu vermeiden seien nur stärkere Belastungen und rasche Handumwendbewegungen (z.B. Schraubtätigkeiten). Der Hinweis im Gutachten vom 08.05.2008 bezüglich der Vermeidung von beidhändigem Arbeiten hat sich, wie Dr. E. klargestellt hat, auf beidhändige Arbeiten im schnellen Wechselrhythmus bezogen. Der Kläger kann am Computer arbeiten; das Heben und Tragen von Lasten bis zu 5 kg ist möglich. Auch Prof. Dr. D. hat außergewöhnliche gesundheitliche Defizite in Form einer besonderen Qualität der Beeinträchtigungen oder einer besonderen Häufung verneint. Es bedarf somit nicht der Benennung eines geeigneten Verweisungsberufs.
Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass der Kläger auf die Berufe des Registrators und des einfachen Tagespförtners verwiesen werden könnte. Das beim Kläger vorliegende Leistungsbild lässt sich mit den allgemeinen Anforderungen der Registratorentätigkeit (vgl. dazu ausführlich Senatsurteil vom 10.02.2010 - L 13 R 1010/08) in Einklang bringen; Dr. E. hat dies ausdrücklich bestätigt. Außerdem wäre der Kläger in der Lage, als einfacher Tagespförtner zu arbeiten (vgl. zu den allgemeinen Anforderungen dieser Tätigkeit BayLSG, Urteil vom 14.02.2006 - L 5 R 568/04; Urteil vom 04.05.2004 - L 5 RJ 229/00). Dieser Beruf ist sogar für "Einhänder" geeignet (vgl. BayLSG, Urteil vom 04.05.2004 - L 5 RJ 229/00). Entsprechende Arbeitsplätze stehen in nennenswertem Umfang zur Verfügung (vgl. BayLSG, Urteil vom 14.02.2006 - L 5 R 568/04; Urteil vom 20.09.2005 - L 5 R 428/04). Angesichts seiner erhaltenen Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit auf bzw. an neue Berufe wäre der Kläger in der Lage, innerhalb von drei Monaten die Berufe des Registrators und des einfachen Tagespförtners "wettbewerbsfähig" auszuüben.
Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheidet schon wegen des Lebensalters des Klägers aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger auch vor dem Bayerischen Landessozialgericht ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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