L 8 SO 151/10 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 SO 70/10 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 151/10 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Grundsicherung wegen Erwerbsunfähigkeit - Mitwirkungsverpflichtung - Unkenntlichmachung von Überweisungen - Schwärzung von Kontoauszügen - Kenntnis vom Ausgabeverhalten eines Grundsicherungempfängers
1. Ist ein menschenwürdiges Existenzminimum (Art. 1 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz) im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 - offensichtlich gewährleistet, besteht im Rahmen des Verfahrens einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG auf Zahlung höherer Grundsicherungsleistung in der Regel kein Anordnungsgrund. Dies gilt umso mehr in den Fällen, bei denen der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff SGB I nicht ausreichend nachgekommen ist.
2. Zur "Gefahr der Entstehung schwerer und unzumutbarer, anders nicht abwendbarer Be-einträchtigungen" iSd Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG vom 12.5.2005 - 1 BvR 569/05, vom 29.7.2003 - 2 BvR 311/03, vom 30.7.2003 - 1 BvR 646/02 = NVwZ 2004, 96 und vom 6.2.2007 - 1 BvR 3101/06).
3. Solange es ein Antragsteller unter Anführung einer umstrittenen Rechtsansicht zur Mitwirkungsverpflichtung nicht für angebracht hält, intensiv an der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken, bestehen Zweifel an der Dringlichkeit einer vorläufigen Regelung.
4. Die Kenntnis über das Ausgabeverhalten eines Leistungsempfängers von Hilfe zum Lebensunterhalt ist u.a. nur erforderlich, wenn Anhaltspunkte anhand der offenbar gemachten Ausgaben dafür Vorliegen, dass weitere, verschwiegene Einnahmen vorhanden sind.
5. Zur Größenordnung des Bestandteils des Regelsatzes, der nicht der Befriedigung einer gegenwärtigen Notlage dient, sondern der Ansparung für zukünftige Bedarfe wegen einmaliger anfallender Bedarfslagen dient (vgl. dazu den Beschlüsse des entscheidenden Senats vom 23.03.2009, Az.: L 8 SO 36/09 B ER und vom 15.04.2010 Az.: L 8 SO 61/10 B ER sowie vom 03.12.2009, Az.: L 8 SO 191/09 B ER).
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 09.06.2010 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:

I.

Die Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutz betrifft in der Hauptsache Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung der 1955 geborenen Antragstellerin. Diese sind ihr auf den (Folge-) Antrag vom 22.03.2010 von dem Antragsgegner bisher nicht bewilligt worden.

Nach Feststellung der vollen Erwerbsminderung bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin ab 01.04.2008 entsprechende Leistungen; zuletzt monatlich in Höhe von 85,43 EUR bis zum 31.03.2010 (Bescheid vom 21.04.2009).

Die Antragstellerin wird von ihrem Ehemann als gesetzlichem Betreuer vertreten, der Leistungen nach dem SGB II bezieht. Sie erhält seit einem Unfall im Jahre 1989 eine Unfallrente von 386,76 EUR nach einer MdE von 50. Seit einer Aneurysmaruptur am 15.10.2007 ist die Antragstellerin pflegebedürftig und erhält Leistungen Pflegegeld nach Pflegestufe II in wechselnder monatlicher Höhe von beispielsweise 430 EUR im Februar 2010 oder 344 EUR im Januar 2010.

Zum Antrag vom 22.03.2010 wurden Kontoauszüge vom 04.01.2010 bis 22.03.2010 mit zahlreichen Schwärzungen vorgelegt. Am 31.03.2010 und 27.04.2010 forderte der Antragsgegner bis spätestens 14.04.2010 u.a. die Vorlage unveränderter Kontoauszüge vom 01.01.2010 bis 31.03.2010. Dem kam die Antragstellerin nicht nach, da keine Rechtsgrundlage für die Vorlage von Belegen über Ausgaben bestehe. Bei den gesperrten Positionen handle es sich nicht um Buchungen, die einen Rückschluss auf einen Missbrauch oder eine Verschleierung zuließen. Nach telefonischer Auskunft des gesetzlichen Betreuers an den Antragsgegner handle es sich bei den geschwärzten Lastschriften um Überweisungen an religiöse Glaubensgemeinschaften. Nach Ansicht des Antragsgegners zeigten die vorgelegten Kontoauszüge eine auffällige Häufung sowie höhere Beträge von insgesamt ca. 360 EUR monatlich. Es erscheine nicht glaubhaft, dass das Ehepaar einen Anteil von ca. 55 % der Regelsätze für Aufwendungen religiöser Glaubensgemeinschaften einsetze. Da es bei den nicht getrennt lebenden Ehegatten auch auf das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten ankomme, werde letztmals mit Frist bis zum 09.06.2010 gesetzt, außerdem um Vorlage einer gebührenfreien Übersicht aller Banken gebeten, bei
denen der Ehemann der Antragstellerin Konten besitze, sowie die Vorlage der Kontoauszüge der letzten drei Monate aller vorhandenen Konten und einer von ihm ausgefüllten Bankerklärung.

Am 28.05.2010 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Augsburg (SG) beantragt, ihr im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung in der Hauptsache monatliche Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in Höhe von 89 EUR zuzusprechen. Mit Beschluss vom 09.06.2010 hat das SG den Antrag abgelehnt.

Zur Begründung hat das SG angeführt, dass die Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin nicht festgestellt werden könne. Deswegen sei der Antragsgegner berechtigt seiner Ankündigung entsprechend die beantragten Leistungen gemäß § 66 SGB I wegen fehlender Mitwirkung (Vorlagepflicht der geforderten Kontoauszüge) zu versagen. Die Mitwirkungsobliegenheiten bestünden grundsätzlich unabhängig vom Vorliegen von Verdachtsmomenten. Die geforderten Unterlagen seien von der Antragstellerin nicht unverhältnismäßig schwer beizubringen, zumal sie - wenngleich mit Schwärzungen - bereits vorgelegt worden seien. Wenn sich aus den geschwärzten Kontoauszügen eines Leistungsempfängers ergebe, dass in auffälliger Häufung oder Höhe Beträge überwiesen würden, so sei jeweils im Einzelfall zu entscheiden, inwieweit ausnahmsweise nicht doch eine Offenlegung auch des bislang geschwärzten Adressaten gefordert werden könne. Es handele sich um
20 Buchungen über einen Zeitraum von weniger als drei Monaten und eine Summe von über 900 EUR. Ausgehend von einem zur Verfügung stehenden Regelsatz der Antragstellerin in Höhe von 323 EUR (ohne Mehrbedarf) würde damit das der Klägerin für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung stehende Budget durch die geschwärzten Überweisungen fast aufgebraucht. Es sei völlig unglaubwürdig, dass die Antragstellerin Beträge in dieser Größenordnung für die in § 67 Abs. 12 SGB X geschützten Bereiche aufwende, zumal andererseits in der eidesstattlichen Versicherung gegenüber dem Gericht auf die finanzielle Notlage verwiesen werde. Sollte andererseits der Vortrag stimmen, dass die Klägerin diese Beträge für persönliche, religiöse oder politische Zwecke verwende, stelle sich die Frage, ob nicht noch andere Einnahmen zur Verfügung stehen würden. Auch Ausgaben könnten Rückschlüsse auf unbekannte Einkünfte zulassen, so etwa durch Überweisungen auf andere Konten. Es sei auch nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner die Vorlage von Kontoauszügen bzw. Bankauskünften des Ehemannes verlange. Insbesondere sei diese Prüfung nicht bereits deshalb entbehrlich, weil der Ehemann der Antragstellerin Leistungen nach dem SGB II beziehe. Denn die Freibeträge für das geschützte Vermögen würden sich in beiden Rechtsgebieten erheblich unterscheiden. Der Ehemann der Antragstellerin könne sich nicht auf die höheren Freibeträge nach dem SGB II berufen, wenn er über Vermögen verfügt, das zwar nicht die dortigen Vermögensfreigrenzen, aber die nach dem SGB XII zu berücksichtigenden übersteige.

Hiergegen hat die Antragstellerin rechtzeitig Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Darin bestreitet sie eine Verletzung ihrer Mitwirkungsverpflichtung. Es fehle seitens des Antragsgegners an der Kenntlichmachung eines konkreten Verdachts bezüglich konkreter Buchungen. Schließlich liege auch die eidesstattliche Versicherung des Ehemannes vor, der man glauben müsse. Im Übrigen handle es sich bei den unkenntlich gemachten Positionen um Autoersatzteile, die zur Reparatur des 20 Jahre alten BMW benötigt würden.

II.

Die zulässige, fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nicht begründet.

Angesichts der bisherigen Weigerung des Antragsgegners kann auch schon vor Erlass eines entsprechen Verwaltungsaktes von einem Rechtsschutzbedürfnis ausgegangen werden, da am 26.05.2010 ein ablehnender Verwaltungsakt angekündigt worden ist.

Das Bayer. Landessozialgericht ist zur Entscheidung über die Beschwerde in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zuständig (§§ 86b Abs. 3, 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Angesichts einer dauernden Leistung auf Grundsicherung sowie des Umfangs der beantragten Leistungsgewährung ist der Beschwerdewert gegeben.

Dem Typus des vorläufigen Rechtsschutzes nach handelt es sich um eine einstweilige Anordnung. Denn die bisherige Bewilligung für die Antragstellerin zur Hilfe zum Lebensunterhalt war zeitlich befristet mit dem 31.03.2010 abgelaufen.

Demnach kann gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gericht der Hauptsache zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen. Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung sind ein Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch (§ 86b Abs. 2 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Zutreffend hat das SG in seinem Beschluss auch angeführt, dass in Fällen, in denen es um Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums geht, eine Ablehnung des einstweiligen Rechtsschutzes aufgrund fehlender Erfolgsaussichten der Hauptsache nur zulässig ist, wenn das Gericht die Sach- und Rechtslage abschließend und nicht nur summarisch geprüft hat.
Das Grundrecht der Antragstellerin auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des
Art. 20 Abs. 1 GG (vgl. Urteil des BVerfG vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09 u.a.) ist hier nicht verletzt. Die materiellen Voraussetzungen für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben sind gewährleistet. Denn die Antragstellerin erhält, unabhängig von der Frage, ob eine Anrechnung rechtlich zulässig ist, vom Träger der Unfallversicherung monatlich einen Betrag von 302,94 EUR und darüber hinaus von der Pflegeversicherung einen Betrag von 344 bis 430 EUR. Letzteres bedeutet, dass fast keine Sachleistungen der Pflegeversicherung in Anspruch genommen werden (ab 01.01.2010 beträgt das Pflegegeld in Pflegestufe II 430 EUR). Dies bedeutet weiter, dass diese Leistungen der Bedarfsgemeinschaft unter Berücksichtigung von Ausgaben für Pflegehilfsmittel zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehen. Der Gesamtbedarf macht nach dem Bescheid aus dem Jahre 2008 mit Einzelposten des Regelbedarfs und eines Mehrbedarfs sowie Wohnungskosten (etwa 80 EUR) insgesamt
447,56 EUR aus. Damit ist eine Deckungslücke für den existenziellen Bedarf nicht ersichtlich. Die Differenz zwischen Unfallrente und ermitteltem Gesamtbedarf in Höhe von etwa
150 EUR beziehungsweise der Ausfall der früher erbrachten Leistung in Höhe von etwa
80 EUR macht einen Betrag aus, der zweifelsohne mit dem Pflegegeld gedeckt werden kann. Dieses ist zwar bei der Feststellung des Bedarfs nicht als Einkommen anzurechnen
(vgl. § 13 Abs. 5 SGB XI), steht aber tatsächlich zum Lebensunterhalt zur Verfügung. Nachdem der Ehemann der Klägerin die Pflege übernimmt sind auch keine namhaften Ausgaben einer Fremdbetreuung ersichtlich.

Bei dieser wirtschaftlichen Gesamtlage, bei der der Antragstellerin zu Bedarfsdeckung keine Barmittel fehlen, ist eine einstweilige Anordnung im Sinne der oben angeführten Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichts nicht geboten. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Größenordnung der bisher geleisteten Sozialhilfe. Sie entspricht in etwa dem Bestandteil des Regelsatzes, der nicht der Befriedigung einer gegenwärtigen Notlage dient, sondern der Ansparung für zukünftige Bedarfe wegen einmaliger anfallender Bedarfslagen dient (vgl. dazu den Beschlüsse des entscheidenden Senats vom 23.03.2009, Az.: L 8 SO 36/09 B ER und vom 15.04.2010 Az.: L 8 SO 61/10 B ER sowie vom 03.12.2009, Az.: L 8 SO 191/09 B ER). Für die Bedrohung der pysischen Existenz spricht es auch gerade nicht, dass die Antragstellerin im Stande ist, umfangreiche Ausgaben zu tätigen, deren Zweck sie (auch im Beschwerdeverfahren) nicht genau beschreibt, die aber nicht der Befriedigung der psychischen Existenz dienen (vgl. dazu Entscheidung des Senats vom 04.03.2009, L 8 B 851/08 SO ER) - dazu näheres auch unten beim Anordnungsgrund.

Eine "Gefahr der Entstehung schwerer und unzumutbarer, anders nicht abwendbarer Beeinträchtigungen" iSd Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG vom 12.5.2005 - 1 BvR 569/05, vom 29.7.2003 - 2 BvR 311/03, vom 30.7.2003 - 1 BvR 646/02 = NVwZ 2004, 96 und vom 6.2.2007 - 1 BvR 3101/06) besteht damit nicht (vgl. dazu Beschluss des erkennenden Senats vom 03.12.2009, Az.: L 8 SO 191/09 B ER).

Damit darf zu Recht darauf abgestellt werden, dass die Antragstellerin einen Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat. Für die Antragstellerin ist, zumindest im derzeitigen Stadium des Verwaltungsverfahrens, ein Zuwarten bis zur endgültigen Entscheidung hinnehmbar. Solange es die Antragstellerin unter Anführung einer umstrittenen Rechtsansicht zur Mitwirkungsverpflichtung nicht für angebracht hält, intensiver an der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken, bestehen Zweifel an der Dringlichkeit einer vorläufigen Regelung. Denn auch der Senat hat Zweifel an der Berechtigung der Antragstellerin, alle bislang geschwärzten Daten zu sperren (vergleiche dazu im folgenden).

Weitere Ausführungen zum Anordnungsanspruch sind damit entbehrlich. Dennoch sei angesichts der Ausführungen des SG angemerkt, dass es hier um die Anspruchsvoraussetzungen zur primären Feststellung der Leistung, um die Tatbestandsvoraussetzung eines Sozialhilfeanspruchs, geht. Es handelt sich zunächst nicht um einen ablehnenden Verwaltungsakt im Sinne von § 66 SGB I. Damit ist unmittelbarer Gegenstand auch nicht eine isolierte Weigerung der Beklagten, einen Leistungsbescheid zu erlassen. Ebenso wenig steht eine Sanktion wegen unwirtschaftlichen Verhaltens im Raum. Demnach ist zunächst zur Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Hilfebedürftigkeit das Vorliegen von Einkommen der Antragstellerin und ihres Ehemannes von Bedeutung. Denn nach § 19 Abs. 2 SGB XII ist Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den besonderen Voraussetzungen des Vierten Kapitels dieses Buches Personen zu leisten. Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners, die dessen notwendigen Lebensunterhalt übersteigen, sind zu berücksichtigen (§ 19 Abs. 2 S. 2 SGB XII). § 43 SGB XII wiederholt das. Danach sind Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft, die dessen notwendigen Lebensunterhalt nach diesem Buch übersteigen, nach den §§ 19 und 20 S. 1 zu berücksichtigen. Nachdem aber der Ehemann der Antragstellerin selbst Leistungen nach dem SGB II bezieht, wird er kaum Mittel besitzen, die seinen notwendigen Lebensunterhalt übersteigen. Immerhin kann der Antragsgegner gem. § 117 Abs. 1 SGB XII insoweit die Vorlage von Grundsicherungsbescheiden verlangen. Darüber hinaus hat er selbst die Möglichkeit sich gemäß § 51
SGB II, § 69 SGB X die Daten - auch zum Vermögen - vom Träger der Grundsicherung zu beschaffen. Schließlich können zur Einkommensermittlung der Antragstellerin zu Recht Unterlagen über ihre Einnahmen verlangt werden. Darüber hinaus wäre eine Kenntnis über das Ausgabeverhalten nur erforderlich, wenn Anhaltspunkte anhand der offenbar gemachten Ausgaben dafür vorliegen, dass weitere, verschwiegene Einnahmen vorhanden sind. Das könnte zum einen der Fall sein, weil trotz hoher anderweitiger Ausgaben die Lebensführung nicht beeinträchtigt ist, zum anderen, weil anhand der unkenntlich gemachten Ausgaben Rückschlüsse auf eine selbstständige, gewerbliche Betätigung (z.B. Beschaffung von Betriebsmitteln) gezogen werden könnten, deren Einnahmen nicht über die Konten zufließen. So wird einmal ausgeführt, dass die Ausgaben für Ersatzteile erfolgten, die zur Reparatur des 20 Jahre alten BMW benötigt würden. Bei den Kontobewegungen aber ist der Erwerb eines Kfz der Marke Opel am 29.2.2008 ersichtlich. Schließlich ist nicht recht ersichtlich, weswegen die Antragstellerin einen Unkenntlichmachung von Daten vornimmt, die eindeutig nichts mit ihrer ethnischen Herkunft, politischen, religiösen oder philosophischen Überzeugungen, ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder ihrem Sexualleben zu tun haben. Denn schließlich hat der Bevollmächtigte mitgeteilt, dass es sich bei 10 Positionen um den Erwerb von Autoersatzteilen handelt.

Jedenfalls würde die Versagung gemäß § 66 Abs. 3 SGB I eine detaillierte Darlegung der Verpflichtungen im Sinne der §§ 60 ff. SGB I auch im Hinblick auf die Notwendigkeit zur Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen verlangen (dazu dann: BSG, Urteil vom 19.09.2008 - B 14 AS 45/07 R m.w.N.).

Der Aspekt, unwirtschaftliches Verhalten feststellen zu können, verlangt, dass bereits ein Anspruch festgestellt worden und die Leistung erfüllt wird, um zu Sanktionen zu gelangen. Das würde aber wiederum eine vorausgehende Belehrung und Rechtsfolgenandrohung voraussetzen. Kürzungen bei unwirtschaftlichem Verhalten nach § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII kommen nur in Betracht, wenn das Verhalten vorwerfbar ist, etwa bei verschwenderischem, sinnlosem und mit einem normalen Verbrauchsverhalten überhaupt nicht zu vereinbarenden Umgang mit den bereitgestellten Mitteln der Hilfe zum Lebensunterhalt. Gemäß § 26 SGB XII ist als Rechtsfolge dann auch nur vorgesehen, die Leistung im Ermessen bis auf das zum Lebensunterhalt Unerlässliche einzuschränken und auch das nur bei Leistungsberechtigten, die trotz Belehrung ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen. Die Vorschrift darf im übrigen nicht dazu führen, dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen jenseits der im Einzelnen im Gesetz benannten Pflichten ein bestimmtes wirtschaftliches Verhalten, das als durchschnittlich oder allgemein üblich angesehen wird, vorzuschreiben, solange sein Verhalten die Gesellschaft nicht belastet. Auch Hilfebedürftige nach dem SGB XII dürfen ihr Leben nach ihren Vorstellungen individuell gestalten.

Nur wenn das "unwirtschaftliche" Verhalten dazu führt, dass für den laufenden Lebensunterhalt Darlehensleistungen nach erbracht werden müssten, kann die Regelleistung ganz oder teilweise als Sachleistung gewährt werden. Notwendig ist auch hier eine vorherige Rechtsfolgenbelehrung, in der dem Hilfebedürftigen erläutert werden muss, was von ihm erwartet wird.

Vollends entfernt ist der Aspekt des unwirtschaftlichen Verhaltens unter der Fragestellung des Kostenersatzes (§ 103 SGB XII).

Die Beschwerde hat damit insgesamt keinen Erfolg. Damit hat die Antragstellerin auch keinen Anspruch auf Kostenerstattung (§ 193 SGG).

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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