Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 48 SO 172/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 196/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 73/10 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Dispositionsmaxime - Voraussetzungen einer Klageänderung -zur Subsidiarität der Feststellungsklage -Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung- Leistungen für Unterkunft und Heizung -Kostensenkung-
1. § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB XII umfasst die Unterstützung, soweit Leistungsberechtigte zumutbar einer Tätigkeit nachgehen können, auch das Angebot einer Tätigkeit sowie die Vorbereitung und Begleitung der Leistungsberechtigten.
2. Aus § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB XII leitet sich keine Verpflichtung des Trägers der Sozialhilfe her, einem Leistungsempfänger Arbeitsaufträge zu verschaffen oder selbst zu ertei-len.
3. § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB XII erlaubt dem Grundsicherungsträger, dem Leistungsberechtigten ein konkretes Arbeitsangebot zu machen und richtet sich an den Sozialhilfeträger im Sinne einer Aufgabenzuweisung.
4. Im Katalog der Leistungen der Grundsicherung im Alter (Viertes Kapitel, §§ 41 ff) sind keine Leistungen zur Erlangung von Erwerbsmöglichkeiten vorgesehen.
1. § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB XII umfasst die Unterstützung, soweit Leistungsberechtigte zumutbar einer Tätigkeit nachgehen können, auch das Angebot einer Tätigkeit sowie die Vorbereitung und Begleitung der Leistungsberechtigten.
2. Aus § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB XII leitet sich keine Verpflichtung des Trägers der Sozialhilfe her, einem Leistungsempfänger Arbeitsaufträge zu verschaffen oder selbst zu ertei-len.
3. § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB XII erlaubt dem Grundsicherungsträger, dem Leistungsberechtigten ein konkretes Arbeitsangebot zu machen und richtet sich an den Sozialhilfeträger im Sinne einer Aufgabenzuweisung.
4. Im Katalog der Leistungen der Grundsicherung im Alter (Viertes Kapitel, §§ 41 ff) sind keine Leistungen zur Erlangung von Erwerbsmöglichkeiten vorgesehen.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München
vom 13. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten nach dem vom Kläger in der Berufung gestellten Antrag um die Höhe der dem Kläger zustehenden Leistungen für Unterkunft und Heizung und darüber, ob die beklagte Landeshauptstadt verpflichtet ist, dem Kläger Arbeitsaufträge zu erteilen sowie Erteilung von Abschriften eines Einstellungsbescheides und von Auskünften.
Der 1939 geborene Kläger erhält seit Mai 2006 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Die Beklagte erbrachte unter anderem mit Bescheid vom 29.01.2008 die Leistungen der Grundsicherung bis einschließlich 30.04.2008 in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.
Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 27.06.2006, 02.03.2007 und 30.04.2007 darauf hin, dass seine Mietkosten nach sozialhilferechtlichen Maßstäben nicht angemessen seien. Dabei wurde der Kläger aufgefordert, sich um eine Kostensenkung zu bemühen.
Mit Klage vom 02.04.2007 zum Sozialgericht München (SG) hat der Kläger vorgebracht, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, seine Unterkunftskosten zu kürzen, wenn sie gleichzeitig seine Bewerbungen um Übersetzungs- und Softwareaufträge ohne Angabe von Gründen ignoriere und ihm somit nicht die Chance gebe, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu sichern. Seine Feststellungsklage gehe auf das berechtigte Interesse zurück, die Entstehung einer Notlage abzuwenden. Am 25.04.2009 hat der Kläger ergänzend vorgetragen, die Verpflichtung der Beklagten, ihm Aufträge zu erteilen, ergebe sich aus § 11 Abs. 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Am 10.8.2007 hat der Kläger mitgeteilt, dass mit Bescheid vom 30.7.2007 die gesamte monatliche Leistung des Unterkunftsbedarfs von der Beklagten um 255 EUR auf dem Betrag von 397 EUR reduziert worden sei. Hiergegen habe er bereits Widerspruch eingelegt und einstweiligen Rechtsschutz beantragt.
Durch Urteil vom 13. Oktober 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Feststellungsklage sei unzulässig; ansonsten sei die Klage unbegründet.
Hiergegen hat der Kläger am 24.11.2009 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt.
Der Kläger beantragt:
1. Die Berufungsbeklagte ist nicht berechtigt, die Leistungen für Miete laut Mietvertrag unter den Betrag von monatlich 652,00 EUR zu kürzen, wenn sie gleichzeitig die Bewerbung des Berufungsklägers um Übersetzungs- und Softwareaufträge vom 10.06.2001 und die am 12.07.2008 beantragte Anwendung des Verfahrens nach § 11 Abs. 3 SGB XII ohne Angabe von Gründen ignoriert.
2. Die Berufungsbeklagte wird vorab verpflichtet, die gekürzten Leistungen für Unterkunft rückwirkend seit dem 01.05.2008 zu entrichten und künftig die Unterkunftskosten vorläufig ohne Kürzung unter Vorbehalt zu leisten, bis hierüber rechtskräftig entschieden worden ist.
Dieser Antrag ist nach dem Hinweis auf Seite 4 des Beschlusses des Bayer. Landessozialgerichts vom 30.09.2008, Az.: L 8 B 621/08 SO ER, Gegenstand eines mit der Klage vom 25.04.2009 eingeleiteten und bisher vom Sozialgericht München ignorierten Eilverfahrens auf "einstweiligen Rechtsschutz".
3. Die Berufungsbeklagte wird auch verpflichtet dem BK die im Schreiben vom 17.04.2008 beantragten Abschriften des angeblichen Einstellungsbescheides vom 07.12.2006 bzw. die im Schreiben des BK an die LHM vom 17.04.2008 formulierten Auskünfte zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 13.10.2009 zurück zuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass für die Feststellungsklage kein Rechtsschutzinteresse bestehe. Der Kläger könne seine Rechte mit einer Verpflichtungsklage gegen den Kürzungsbescheid vom 26.05.2008 geltend machen. Einer Einbeziehung des Berufungsantrags unter 2) widerspricht sie, da hiergegen ein eigenständiges Vorverfahren betrieben werde.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens ist im Rahmen der Dispositionsmaxime (§§ 153, 123 SGG) der vom Kläger in der Berufung gestellte Antrag auf (negative) Feststellung der Rechtmäßigkeit eines Verhaltens der Beklagten, Aufhebung von Leistungskürzungen und (für die Zukunft) Leistungen ungekürzter Höhe sowie Erbringung diverser Abschriften und Auskünfte.
Von diesen gestellten Anträgen sind zulässiger Verfahrensgegenstand nur die in der Berufungsschrift unter Ziff.1 zusammengefassten Forderungen des Klägers.
Im Falle einer Klageänderung hätte das LSG gemäß §§ 153, 99 SGG über die geänderte Klage als erste Instanz zu entscheiden. Wenn bei einem teilbaren prozessualen Anspruch ein Teil erst im Berufungsverfahren geltend gemacht wird oder die Klageerweiterung im Berufungsverfahren sogar zu einer Klagenhäufung im Sinne des § 56 führt, ist über den Teil des Begehrens, der noch nicht Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens war, als Klage und über den anderen Teil als Berufung zu entscheiden. Die Voraussetzungen des § 99 SGG zur Klageänderung liegen aber nicht vor.
Zunächst ist die Tatsache festzustellen, dass der Kläger in der letzten mündlichen Verhandlung am 13.10.2009 beantragt hat, festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, seine Leistungen für Unterkunft und Heizung unter einen Betrag von 652,00 EUR zu kürzen, hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Arbeitsaufträge (Übersetzung, Erstellen und Pflege von Software) zu erteilen. Insoweit kommt dem Tatbestand des Urteils vom 13.10.2009 Beweiskraft gemäß § 314 ZPO zu. Soweit der Kläger nun mit seinem Berufungsschriftsatz vom 23.11.2009 die Aufhebung von Leistungskürzungen und (für die Zukunft) Leistungen ungekürzter Höhe sowie Erbringung diverser Abschriften und Auskünfte verlangt, liegt eine Klageänderung vor. Denn es handelt sich um keinen Fall der abgrenzenden Definition nach § 99 Abs. 3 SGG, bei dem der Gesetzgeber eine Klageänderung nicht annimmt. Weder ergänzt oder berichtigt der Kläger hier seine tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen (§ 99 Abs. 3 Nr. 1 SGG) noch erweitert er den Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen (§ 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG) noch forderte er statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung (§ 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG). Insbesondere liegt kein Fall der Nr. 2 vor, soweit der Kläger statt der Unterlassung von Aufforderungen zur Kostensenkung nun die zwischenzeitlich erfolgte Kostensenkung selbst angreift. Insoweit liegt eine völlig andere Hauptsache, nämlich eine Regelung statt eines vorbereitenden Handelns, vor.
Eine Einwilligung in die geänderte Klage seitens der Beklagten fehlt. Die Klageänderung ist auch nicht sachdienlich. Denn ihr fehlt ein wesentliches Zulässigkeitsmerkmal. Es fehlt an der Voraussetzung des Vorliegen eines über den Streitgegenstand ergangenen Urteils des SG (§ 29 SGG) und damit an einer Beschwer.
1. Hinsichtlich der Feststellungsklage ist die Berufung unbegründet, denn die Klage an sich war unzulässig. Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann mit der sozialgerichtlichen Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt (beantragt) werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Eine solche Feststellung kann jedoch nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können (sog. Subsidiarität der Feststellungsklage). Dieser Grundsatz dient vor allem der Vermeidung überflüssiger Klagen, da das Feststellungsurteil nicht vollstreckbar ist und andere Klagearten in der Regel einen effektiveren Rechtsschutz bewirken (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 9. Aufl. 2008, § 55 Rn. 19).
Im durch die Beklagte durch ihre Aufforderungen vorbereiteten Höhenstreit handelt es sich ohnehin nicht mehr um die Feststellung eines Rechtsverhältnisses an sich, sondern um ein Element der Berechnung der Gesamtleistung der Grundsicherung, letztlich um die Auslegung und Subsumtion eines Tatbestandsmerkmals der angemessenen Wohnung und der Dauer der Berücksichtigung einer unangemessenen Miete. Ein Fall, bei dem ausnahmsweise derartiger Segmente eine Feststellung zugänglich sind (z.B. ursächlicher Zusammenhang, § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) liegt nicht vor.
Eine Umgehung der Anfechtungs- und Leistungsklage darf durch eine Feststellungsklage nicht stattfinden. Im vorliegenden Fall kann der Kläger seine Rechte dadurch wahren, dass er seine Ansprüche auf Leistungen der Grundsicherung in beantragter Höhe (für die Zeit ab 01.05.2008) im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 4 SGG) einklagt. Hinsichtlich dieser Ansprüche sind bereits Widerspruchsverfahren anhängig gewesen, die einen weiteren Verfahrensgang erfahren haben.
2. Hinsichtlich des Leistungsantrags ist die Berufung unbegründet, denn die Klage war unbegründet.
Der vom Kläger gestellte Hilfsantrag, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm Arbeitsaufträge zu erteilen, ist zulässig, aber nicht begründet. § 11 SGB XII regelt den Anspruch der Leistungsberechtigten nach dem SGB XII auf Beratung und Unterstützung. Gem. § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB XII umfasst die Unterstützung, soweit Leistungsberechtigte zumutbar einer Tätigkeit nachgehen können, auch das Angebot einer Tätigkeit sowie die Vorbereitung und Begleitung der Leistungsberechtigten.
Daraus leitet sich aber keine Verpflichtung der Beklagten her, dem Kläger Arbeitsaufträge zu verschaffen oder selbst zu erteilen. § 11 SGB XII stellt keine Anspruchsgrundlage des Hilfeempfängers auf Zuweisung einer Tätigkeit dar. § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB XII erlaubt es dem Grundsicherungsträger zwar, dem Leistungsberechtigten ein konkretes Arbeitsangebot zu machen, wenn ihm eine entsprechende Arbeitsmöglichkeit bekannt wird. Diese Vorschrift richtet sich vielmehr an den Sozialhilfeträger im Sinne einer Aufgabenzuweisung und regelt die Abwehrrechte bei unzumutbaren Arbeitsangeboten. Der Kläger ist inzwischen 70 Jahre alt. Ihm kann eine regelmäßige Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden. Er hatte bereits zum Zeitpunkt eines Leistungsbegehrens ein der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechendes Lebensalter erreicht (vgl. § 11 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 SGB XII).
Im Übrigen begegnet das Verlangen des Klägers verfassungsrechtlichen Bedenken. Er kann in Ausübung eines freien Berufes von der Beklagten keine Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Mitbewerbern verlangen. Zu einer bevorzugten Auswahl des Klägers bei Auftragsvergaben ist die Beklagte nicht berechtigt. Als Träger der Sozialhilfe ist der Aufgabenbereich im SGB XII genau umschrieben. Im Katalog der Leistungen der Grundsicherung im Alter (Viertes Kapitel, §§ 41 ff., hier 42 SGB XII) sind keine Leistungen zur Erlangung von Erwerbsmöglichkeiten vorgesehen. Der allgemeine Anspruch auf Beratung und Unterstützung, Aktivierung (§ 11 SGB XII) umfasst - wie oben bereits dargestellt - neben der Beratung (Abs. 3) die Unterstützung durch Hinweise (Abs. 3). Nur soweit Leistungsberechtigte zumutbar einer Tätigkeit nachgehen können, umfasst die Unterstützung auch das Angebot einer Tätigkeit sowie die Vorbereitung und Begleitung des Leistungsberechtigten. "Tätigkeit" ist dabei jede halbwegs zielgerichtete und kontinuierliche Betätigung. Eine Vergabe von Aufträgen, Dienst- oder Werkverträgen an Freiberufler ist nicht vorgesehen. Dieser früher in der Sozialhilfe des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) durchaus bedeutsame Bereich der Aktivierung (Hilfe zur Arbeit) hat im SGB XII schon deshalb an Bedeutung verloren, weil Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel grundsätzlich nur an diejenigen Personen geleistet werden, die nicht erwerbsfähig sind (§ 21 S. 1 SGB XII). Im Hinblick auf § 8 Abs. 1 SGB II kommen für Empfänger von Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII insoweit grundsätzlich nur Tätigkeiten in einem zeitlichen Umfang von weniger als drei Stunden täglich in Betracht. Sofern die Möglichkeit besteht, durch die Übernahme einer Tätigkeit Einkommen zu erzielen, ist der Leistungsberechtigte nach Abs. 3 S. 4 sowohl zur Aufnahme der Tätigkeit, als auch zur Teilnahme an der erforderlichen Vorbereitung verpflichtet. Wie aber bereits ausgeführt, ist dem Kläger schon eine Arbeitstätigkeit nicht zumutbar.
Weitergehende Ansprüche, etwa auf Förderung einer selbstständigen Tätigkeit unterliegen nicht dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten, sondern dem der Arbeitslosenversicherung. Darin ist der Kläger aber nicht gemäß § 25 ff. SGB III versichert, diese ist auch nicht Prozessbeteiligte. Aber auch dort ist nicht die Vergabe von Aufträgen an Freiberufler vorgesehen, sondern unter engen Voraussetzungen nur die Förderung der Selbstständigkeit an sich (vgl. dazu etwa § 57 SGB III, wonach Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss haben).
Ein sonstiger Rechtsgrund zu einer entsprechenden Verpflichtung der Beklagten ist nicht ersichtlich. Arbeitsverhältnisse unterliegen der autonomen Willensentschließung der privaten Subjekte des Zivilrechts.
Die Berufung ist damit insgesamt zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG).
vom 13. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten nach dem vom Kläger in der Berufung gestellten Antrag um die Höhe der dem Kläger zustehenden Leistungen für Unterkunft und Heizung und darüber, ob die beklagte Landeshauptstadt verpflichtet ist, dem Kläger Arbeitsaufträge zu erteilen sowie Erteilung von Abschriften eines Einstellungsbescheides und von Auskünften.
Der 1939 geborene Kläger erhält seit Mai 2006 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Die Beklagte erbrachte unter anderem mit Bescheid vom 29.01.2008 die Leistungen der Grundsicherung bis einschließlich 30.04.2008 in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.
Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 27.06.2006, 02.03.2007 und 30.04.2007 darauf hin, dass seine Mietkosten nach sozialhilferechtlichen Maßstäben nicht angemessen seien. Dabei wurde der Kläger aufgefordert, sich um eine Kostensenkung zu bemühen.
Mit Klage vom 02.04.2007 zum Sozialgericht München (SG) hat der Kläger vorgebracht, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, seine Unterkunftskosten zu kürzen, wenn sie gleichzeitig seine Bewerbungen um Übersetzungs- und Softwareaufträge ohne Angabe von Gründen ignoriere und ihm somit nicht die Chance gebe, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu sichern. Seine Feststellungsklage gehe auf das berechtigte Interesse zurück, die Entstehung einer Notlage abzuwenden. Am 25.04.2009 hat der Kläger ergänzend vorgetragen, die Verpflichtung der Beklagten, ihm Aufträge zu erteilen, ergebe sich aus § 11 Abs. 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Am 10.8.2007 hat der Kläger mitgeteilt, dass mit Bescheid vom 30.7.2007 die gesamte monatliche Leistung des Unterkunftsbedarfs von der Beklagten um 255 EUR auf dem Betrag von 397 EUR reduziert worden sei. Hiergegen habe er bereits Widerspruch eingelegt und einstweiligen Rechtsschutz beantragt.
Durch Urteil vom 13. Oktober 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Feststellungsklage sei unzulässig; ansonsten sei die Klage unbegründet.
Hiergegen hat der Kläger am 24.11.2009 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt.
Der Kläger beantragt:
1. Die Berufungsbeklagte ist nicht berechtigt, die Leistungen für Miete laut Mietvertrag unter den Betrag von monatlich 652,00 EUR zu kürzen, wenn sie gleichzeitig die Bewerbung des Berufungsklägers um Übersetzungs- und Softwareaufträge vom 10.06.2001 und die am 12.07.2008 beantragte Anwendung des Verfahrens nach § 11 Abs. 3 SGB XII ohne Angabe von Gründen ignoriert.
2. Die Berufungsbeklagte wird vorab verpflichtet, die gekürzten Leistungen für Unterkunft rückwirkend seit dem 01.05.2008 zu entrichten und künftig die Unterkunftskosten vorläufig ohne Kürzung unter Vorbehalt zu leisten, bis hierüber rechtskräftig entschieden worden ist.
Dieser Antrag ist nach dem Hinweis auf Seite 4 des Beschlusses des Bayer. Landessozialgerichts vom 30.09.2008, Az.: L 8 B 621/08 SO ER, Gegenstand eines mit der Klage vom 25.04.2009 eingeleiteten und bisher vom Sozialgericht München ignorierten Eilverfahrens auf "einstweiligen Rechtsschutz".
3. Die Berufungsbeklagte wird auch verpflichtet dem BK die im Schreiben vom 17.04.2008 beantragten Abschriften des angeblichen Einstellungsbescheides vom 07.12.2006 bzw. die im Schreiben des BK an die LHM vom 17.04.2008 formulierten Auskünfte zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 13.10.2009 zurück zuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass für die Feststellungsklage kein Rechtsschutzinteresse bestehe. Der Kläger könne seine Rechte mit einer Verpflichtungsklage gegen den Kürzungsbescheid vom 26.05.2008 geltend machen. Einer Einbeziehung des Berufungsantrags unter 2) widerspricht sie, da hiergegen ein eigenständiges Vorverfahren betrieben werde.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens ist im Rahmen der Dispositionsmaxime (§§ 153, 123 SGG) der vom Kläger in der Berufung gestellte Antrag auf (negative) Feststellung der Rechtmäßigkeit eines Verhaltens der Beklagten, Aufhebung von Leistungskürzungen und (für die Zukunft) Leistungen ungekürzter Höhe sowie Erbringung diverser Abschriften und Auskünfte.
Von diesen gestellten Anträgen sind zulässiger Verfahrensgegenstand nur die in der Berufungsschrift unter Ziff.1 zusammengefassten Forderungen des Klägers.
Im Falle einer Klageänderung hätte das LSG gemäß §§ 153, 99 SGG über die geänderte Klage als erste Instanz zu entscheiden. Wenn bei einem teilbaren prozessualen Anspruch ein Teil erst im Berufungsverfahren geltend gemacht wird oder die Klageerweiterung im Berufungsverfahren sogar zu einer Klagenhäufung im Sinne des § 56 führt, ist über den Teil des Begehrens, der noch nicht Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens war, als Klage und über den anderen Teil als Berufung zu entscheiden. Die Voraussetzungen des § 99 SGG zur Klageänderung liegen aber nicht vor.
Zunächst ist die Tatsache festzustellen, dass der Kläger in der letzten mündlichen Verhandlung am 13.10.2009 beantragt hat, festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, seine Leistungen für Unterkunft und Heizung unter einen Betrag von 652,00 EUR zu kürzen, hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Arbeitsaufträge (Übersetzung, Erstellen und Pflege von Software) zu erteilen. Insoweit kommt dem Tatbestand des Urteils vom 13.10.2009 Beweiskraft gemäß § 314 ZPO zu. Soweit der Kläger nun mit seinem Berufungsschriftsatz vom 23.11.2009 die Aufhebung von Leistungskürzungen und (für die Zukunft) Leistungen ungekürzter Höhe sowie Erbringung diverser Abschriften und Auskünfte verlangt, liegt eine Klageänderung vor. Denn es handelt sich um keinen Fall der abgrenzenden Definition nach § 99 Abs. 3 SGG, bei dem der Gesetzgeber eine Klageänderung nicht annimmt. Weder ergänzt oder berichtigt der Kläger hier seine tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen (§ 99 Abs. 3 Nr. 1 SGG) noch erweitert er den Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen (§ 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG) noch forderte er statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung (§ 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG). Insbesondere liegt kein Fall der Nr. 2 vor, soweit der Kläger statt der Unterlassung von Aufforderungen zur Kostensenkung nun die zwischenzeitlich erfolgte Kostensenkung selbst angreift. Insoweit liegt eine völlig andere Hauptsache, nämlich eine Regelung statt eines vorbereitenden Handelns, vor.
Eine Einwilligung in die geänderte Klage seitens der Beklagten fehlt. Die Klageänderung ist auch nicht sachdienlich. Denn ihr fehlt ein wesentliches Zulässigkeitsmerkmal. Es fehlt an der Voraussetzung des Vorliegen eines über den Streitgegenstand ergangenen Urteils des SG (§ 29 SGG) und damit an einer Beschwer.
1. Hinsichtlich der Feststellungsklage ist die Berufung unbegründet, denn die Klage an sich war unzulässig. Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann mit der sozialgerichtlichen Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt (beantragt) werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Eine solche Feststellung kann jedoch nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können (sog. Subsidiarität der Feststellungsklage). Dieser Grundsatz dient vor allem der Vermeidung überflüssiger Klagen, da das Feststellungsurteil nicht vollstreckbar ist und andere Klagearten in der Regel einen effektiveren Rechtsschutz bewirken (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 9. Aufl. 2008, § 55 Rn. 19).
Im durch die Beklagte durch ihre Aufforderungen vorbereiteten Höhenstreit handelt es sich ohnehin nicht mehr um die Feststellung eines Rechtsverhältnisses an sich, sondern um ein Element der Berechnung der Gesamtleistung der Grundsicherung, letztlich um die Auslegung und Subsumtion eines Tatbestandsmerkmals der angemessenen Wohnung und der Dauer der Berücksichtigung einer unangemessenen Miete. Ein Fall, bei dem ausnahmsweise derartiger Segmente eine Feststellung zugänglich sind (z.B. ursächlicher Zusammenhang, § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) liegt nicht vor.
Eine Umgehung der Anfechtungs- und Leistungsklage darf durch eine Feststellungsklage nicht stattfinden. Im vorliegenden Fall kann der Kläger seine Rechte dadurch wahren, dass er seine Ansprüche auf Leistungen der Grundsicherung in beantragter Höhe (für die Zeit ab 01.05.2008) im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 4 SGG) einklagt. Hinsichtlich dieser Ansprüche sind bereits Widerspruchsverfahren anhängig gewesen, die einen weiteren Verfahrensgang erfahren haben.
2. Hinsichtlich des Leistungsantrags ist die Berufung unbegründet, denn die Klage war unbegründet.
Der vom Kläger gestellte Hilfsantrag, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm Arbeitsaufträge zu erteilen, ist zulässig, aber nicht begründet. § 11 SGB XII regelt den Anspruch der Leistungsberechtigten nach dem SGB XII auf Beratung und Unterstützung. Gem. § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB XII umfasst die Unterstützung, soweit Leistungsberechtigte zumutbar einer Tätigkeit nachgehen können, auch das Angebot einer Tätigkeit sowie die Vorbereitung und Begleitung der Leistungsberechtigten.
Daraus leitet sich aber keine Verpflichtung der Beklagten her, dem Kläger Arbeitsaufträge zu verschaffen oder selbst zu erteilen. § 11 SGB XII stellt keine Anspruchsgrundlage des Hilfeempfängers auf Zuweisung einer Tätigkeit dar. § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB XII erlaubt es dem Grundsicherungsträger zwar, dem Leistungsberechtigten ein konkretes Arbeitsangebot zu machen, wenn ihm eine entsprechende Arbeitsmöglichkeit bekannt wird. Diese Vorschrift richtet sich vielmehr an den Sozialhilfeträger im Sinne einer Aufgabenzuweisung und regelt die Abwehrrechte bei unzumutbaren Arbeitsangeboten. Der Kläger ist inzwischen 70 Jahre alt. Ihm kann eine regelmäßige Tätigkeit nicht mehr zugemutet werden. Er hatte bereits zum Zeitpunkt eines Leistungsbegehrens ein der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechendes Lebensalter erreicht (vgl. § 11 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 SGB XII).
Im Übrigen begegnet das Verlangen des Klägers verfassungsrechtlichen Bedenken. Er kann in Ausübung eines freien Berufes von der Beklagten keine Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Mitbewerbern verlangen. Zu einer bevorzugten Auswahl des Klägers bei Auftragsvergaben ist die Beklagte nicht berechtigt. Als Träger der Sozialhilfe ist der Aufgabenbereich im SGB XII genau umschrieben. Im Katalog der Leistungen der Grundsicherung im Alter (Viertes Kapitel, §§ 41 ff., hier 42 SGB XII) sind keine Leistungen zur Erlangung von Erwerbsmöglichkeiten vorgesehen. Der allgemeine Anspruch auf Beratung und Unterstützung, Aktivierung (§ 11 SGB XII) umfasst - wie oben bereits dargestellt - neben der Beratung (Abs. 3) die Unterstützung durch Hinweise (Abs. 3). Nur soweit Leistungsberechtigte zumutbar einer Tätigkeit nachgehen können, umfasst die Unterstützung auch das Angebot einer Tätigkeit sowie die Vorbereitung und Begleitung des Leistungsberechtigten. "Tätigkeit" ist dabei jede halbwegs zielgerichtete und kontinuierliche Betätigung. Eine Vergabe von Aufträgen, Dienst- oder Werkverträgen an Freiberufler ist nicht vorgesehen. Dieser früher in der Sozialhilfe des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) durchaus bedeutsame Bereich der Aktivierung (Hilfe zur Arbeit) hat im SGB XII schon deshalb an Bedeutung verloren, weil Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel grundsätzlich nur an diejenigen Personen geleistet werden, die nicht erwerbsfähig sind (§ 21 S. 1 SGB XII). Im Hinblick auf § 8 Abs. 1 SGB II kommen für Empfänger von Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII insoweit grundsätzlich nur Tätigkeiten in einem zeitlichen Umfang von weniger als drei Stunden täglich in Betracht. Sofern die Möglichkeit besteht, durch die Übernahme einer Tätigkeit Einkommen zu erzielen, ist der Leistungsberechtigte nach Abs. 3 S. 4 sowohl zur Aufnahme der Tätigkeit, als auch zur Teilnahme an der erforderlichen Vorbereitung verpflichtet. Wie aber bereits ausgeführt, ist dem Kläger schon eine Arbeitstätigkeit nicht zumutbar.
Weitergehende Ansprüche, etwa auf Förderung einer selbstständigen Tätigkeit unterliegen nicht dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten, sondern dem der Arbeitslosenversicherung. Darin ist der Kläger aber nicht gemäß § 25 ff. SGB III versichert, diese ist auch nicht Prozessbeteiligte. Aber auch dort ist nicht die Vergabe von Aufträgen an Freiberufler vorgesehen, sondern unter engen Voraussetzungen nur die Förderung der Selbstständigkeit an sich (vgl. dazu etwa § 57 SGB III, wonach Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss haben).
Ein sonstiger Rechtsgrund zu einer entsprechenden Verpflichtung der Beklagten ist nicht ersichtlich. Arbeitsverhältnisse unterliegen der autonomen Willensentschließung der privaten Subjekte des Zivilrechts.
Die Berufung ist damit insgesamt zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG).
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