L 12 KA 6/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 1602/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 6/06
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu Inhalt und Abrechenbarkeit der Gebührenordnungspositionen 4069 und 4639 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für Ärzte 1996.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. November 2005 insoweit aufgehoben, als darin die durch Bescheid vom 21. Januar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2003 vorgenommene Richtigstellung der Nr. 4639 EBM aufgehoben wurde. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Zwischen den Beteiligten ist streitig die Rechtmäßigkeit von sachlichen Richtigstellungen einer Vielzahl von Ansätzen der GOP 4639 und der GOP 4069 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für Ärzte (EBM) in der im 3. Quartal 2001 geltenden Fassung.

Die Klägerin erbrachte als BGB-Gesellschaft und örtliche Berufsausübungsgemeinschaft von Vertragsärzten laborärztliche Leistungen.

Mit Richtigstellungsbescheid zu Quartal 3/01 vom 21. Januar 2002 wurden in einer Vielzahl von Behandlungsfällen gesetzlich Versicherter Anforderungen der Gebührenordnungsposition (GOP) 4069 sowie der GOP 4639 EBM in der damals geltenden Fassung abgesetzt. Die Klägerin hatte die Ziffer 4069 EBM mehrmals am gleichen Tag und für denselben Behandlungsfall angesetzt. Der erste Ansatz der Ziffer wurde belassen, jedoch der zweite Ansatz gestrichen. Die GOP 4639 EBM wurde jeweils einmal pro Tag neben der GOP 4553 EBM (Antikörperbest. durch Immunoassay) angesetzt und einmal gestrichen.

Die Überweisungsaufträge der Behandlungsfälle, in denen die GOP 4069 EBM abgesetzt wurde, lauteten auf "Magnesium in Erythrozyten". Nach Angaben der Beteiligten enthielten alle Aufträge, die zur Abrechnung der GOP 4639 EBM führten, die Fragestellung "Helicobacter" bzw. "Campylobacter" (Anm: verschiedene Bezeichnungen des gleichen Bakteriums).

In der Widerspruchsbegründung wurde zur GOP 4069 ausgeführt, dass sich im EBM kein Hinweis finde, dass die Ziffer nicht mehrmals abrechenbar sei. Man habe sie mehrmals angesetzt, weil man Magnesium in verschiedenen Untersuchungsmaterialien untersucht habe. Anders sei die Bestimmung von Magnesium (Mg) im Erythrozyten (Abk.: Ery; die roten Blutkörperchen) nicht möglich. Eine direkte Untersuchung der roten Blutkörperchen existiere nicht. Es würden dabei sowohl das Plasma als auch der Hämatokrit untersucht und so zwei Mg- Bestimmungen in verschiedenen Körpermaterialien vorgenommen. Aus der Magnesiumkonzentration sowohl im Vollblut als auch im Plasma sowie aus den für das Trapt-Plasma korrigierten Mikrohämatokritwerten werde dann die Magnesiumkonzentration in den Erythrozyten errechnet.
Beigefügt wurde ein in der Fachzeitschrift "Magnesium-Bulletin 1/79" erschienener Aufsatz eines Dr. Taschen, Leiter des Labors und der Blutbank des Städtischen Krankenhauses Kaiserslautern, in dem diese Methode beschrieben und als solche der Wahl bezeichnet ist.

Zur Streichung der GOP 4639 EBM legte die Klägerin dar, dass der Helicobacter pylori-IgG Blot ausschließlich nach vorangegangenem positiven IgG ELISA und nur bei Ersteinsendung als Bestätigungstest durchgeführt werde. Dies sei notwendig, da die Sensitivität des verwendeten Elisas vergleichsweise hoch sei (bis 99,3 %). Die Spezifität sei jedoch vergleichsweise gering (ca. 92 %). Die durchgeführte Stufendiagnostik mit ELISA und ImmunoBlot erreiche dagegen eine Spezifität von 100 %. Falsch positive Befunde würden damit ausgeschlossen. Auch ermögliche der Blot eine gezielte Unterscheidung verschiedener Helicobacter-Stämme.

Der Widerspruch gegen diese Richtigstellungen wurde mit Bescheid vom 28. Oktober 2003 zurückgewiesen.

Die Beklagte führte aus, dass der mehrfache Ansatz der Nummer 4069 EBM für die Magnesiumbestimmung außer für wissenschaftliche Belange nicht gerechtfertigt sei. Wenn eine korrekte hämolysefreie Blutentnahme erfolge und nach circa ein bis zwei Stunden das Serum oder Plasma sorgfältig vom Blut getrennt werde, seien die Magnesiumwerte relevant und für klinische Belange absolut ausreichend.

Auch habe die Position 4639 EBM nicht abgerechnet werden dürfen. Gemäß den allgemeinen Bestimmungen zu Kapitel O Nr. 12 EBM habe der überweisende Vertragsarzt Diagnose, Verdachtsdiagnose oder Befunde mitzuteilen und Art und Umfang der Leistungen durch Angabe der Gebührennummer bzw. der Leistungslegende zu definieren (Definitionsauftrag) oder durch Angabe des konkreten Untersuchungszieles einzugrenzen (Indikationsauftrag). Der ausführende Arzt dürfe nur diese Leistungen berechnen. Eine Erweiterung des Auftrages bedürfe der Zustimmung des Vertragsarztes, der den Auftrag erteile. Die Campylobacterantikörperbestimmung im Serum könne deshalb nur nach der GOP 4553 EBM abgerechnet werden.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben.

Sie legt vor die Niederschrift eines Plausibilitätsgesprächs am 17. September 1999. Dort wird unter Punkt 3 die Rücknahme einer Beanstandung mitgeteilt, da als Auftragsleistung Magnesiumsbestimmungen im Ery. angefordert worden sei. Hierzu sei es notwendig, Magnesium im Hämolysat und im Plasma zu bestimmen.
Bei der GOP 4069 EBM sei das Magnesium im Ery. in verschiedenen Untersuchungsmaterialien untersucht worden. Nachdem es keine spezifische Untersuchung für die Erythrozyten gebe, müsse die Bestimmung des Magnesiumwertes durch eine Interpolation erfolgen. Hierzu werde Magnesium im Serum und zum anderen Magnesium im Hämolysat bestimmt. Aus beiden Messergebnissen werde das Magnesium rechnerisch ermittelt. Nachdem die Bestimmung zweimal aus unterschiedlichen Materialien erfolgen müsse, sei sie auch zweimal abrechenbar.

Zur GOP 4639 EBM wird erneut ausgeführt, dass bei serologischer Diagnostik einer Helicobacterinfektion im Labor eine Stufendiagnostik durchgeführt werde. Zunächst würden mit Hilfe eines sog. Enzymimmunoassays ELISA IgG- und IgA-Antikörper im Serum des Patienten gesucht. Führe diese Suche zu einem positiven Ergebnis, folge - nur - in den Fällen, in denen erstmalig ein positiver IgG-Antikörpernachweis geführt worden sei, die spezifische Zusatzuntersuchung Helicobacter IgG Western-Blot. Daraus seien zwei wichtige Zusatzinformationen zu gewinnen. Im Elisa treten gelegentlich falsch positive Testergebnisse auf. Dieses Phänomen könne durch Kreuzreaktionen von Antikörpern zu Stande kommen, die gegen die Struktur anderer Krankheitserreger gerichtet seien. Mit Hilfe des Western-Blots könne dieses Problem vermieden werden. Mit dem Western-Blot könne darüber hinaus ein gezielter Nachweis spezifischer Antikörperantworten gegen bestimmte pathogenitätsassoziierte Erregerstrukturen geführt werden. Hierzu zähle insbesondere das Protein CagA. Es sei bekannt, dass CagA-positive Stämme das Risiko erhöhten, Ulzerationen und Magenkarzinome zu erleiden. Es handle sich daher um eine "ähnliche Untersuchung" im Sinne der GOP 4639 EBM. Sie sei nicht nur vom Untersuchungsauftrag gedeckt, sondern auch medizinisch notwendig.

Mit Urteil vom 9. November 2005 hat das Sozialgericht München den Richtigstellungsbescheid und den Widerspruchsbescheid hinsichtlich der Absetzung der beiden Gebührenziffern aufgehoben. Die Beklagte wurde verpflichtet, die abgesetzten Leistungen in den streitigen Behandlungsfällen anzuerkennen und nachzuvergüten.

Zum einen dürfe die EBM-Nummer 4639 grundsätzlich neben der Nummer 4553 angesetzt werden. Nach dem Wortlaut der Leistungslegenden schlössen sich diese nicht gegenseitig aus. Auch schließe die EBM-Nummer 4553 die Helicobacter-IgG-Westernblot-Untersuchung nach Nr. 4639 EBM nicht mit ein. Die Klägerseite habe überzeugend dargetan, dass in bestimmten Fällen eine Stufendiagnostik notwendig sei. Die Auffassung der Beklagten, die Stufendiagnostik decke sich nicht mit dem Untersuchungsauftrag, sei als rein formalistisch anzusehen.

Die GOP 4069 EBM vergüte die Mg- Bestimmung, jedoch nicht speziell die Magnesiumbestimmung im Erythrozyten. Eine solche spezielle Leistung sei in EBM nicht vorgesehen. Diese müsse durch Bestimmung des Magnesiumsgehalts sowohl im Serum als auch im Hämolysat erfolgen, um treffsicher den Auftrag zu erfüllen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten zum Bayerischen Landessozialgericht. Ausgeführt wird, dass nach Meinung der Sachverständigen der mehrfache Ansatz der GOP 4069 EBM für die zweifache Magnesiumsbestimmung einerseits im Plasma und andererseits im Hämolysat nicht gerechtfertigt sei. Es genüge eine Untersuchung nach korrekter hämolysefreier Blutentnahme. Die Magnesiumwerte seien relevant und für klinische Belange absolut ausreichend. Vom Einsender werde der Auftrag "Mg in Ery." an den Laborarzt gegeben. Demzufolge sei das Untersuchungsziel die Bestimmung des Magnesiumgehalts, was mit der Abrechnung der Nummer 4069 EBM ende. Laut EBM seien nur vollständig erbrachte Leistungen berechnungsfähig. Eine Laboruntersuchung sei nur dann vollständig erbracht, wenn ein diagnostisch verwertbarer ärztlicher Befund vorliege. Sofern der Befund für eine bestimmte Messgröße zuverlässig nur dadurch erhoben werden könne, dass Parallelansätze oder Wiederholungsmessungen durchgeführt würden, gehörten diese Messungen zur vollständigen Erbringung der Leistung und berechtigten nicht zum Mehrfachansatz.

Die serologische Untersuchung auf eine Infektion mit Helicobacter pylori werde von den Gastroenterologen selten durchgeführt und sei in der Aussagekraft unbefriedigend. Der Stellenwert der serologischen Diagnostik einer Helicobacter-pylori-Infektion, das heißt der Antikörpernachweis, sei gegenüber dem direkten Erregernachweis durch den Artentest oder in gastroskopisch gewonnenen Gewebsproben von untergeordneter Bedeutung, weil die Antikörper verzögert auftreten und nach einer Therapie lange persistieren könnten, so dass nicht sicher zwischen ausgeheilter und aktiver Infektion unterschieden werden könne. Laut den Sachverständigen sei die Bestimmung von IgG-Antikörpern ausreichend sowie die von IgA- und IgM-Antikörpern nur gelegentlich bzw. überhaupt nicht erforderlich.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Nach ihrer Auffassung begründe die Gegenseite selbst, dass die Bestimmung des Magnesiumgehalts der Erythrozyten unter direkter Untersuchung des Erythrozyten aufwändig und nur wenig routinetauglich sei. Dies spreche für die Berechtigung des Vorgehens der Klägerin, den Magnesiumgehalt in Erythrozyten durch rechnerische Inbezugsetzung des Magnesiumgehalts im Plasma und im Hämolysat zu bestimmen. Die Argumentation, die Bestimmung des Magnesiumgehalts in Erythrozyten sei nur insgesamt - also beide Untersuchungen zusammengenommen -, die (eine) vollständig erbrachte und abrechenbare Leistung im Sinne der Legende, sei nicht stichhaltig. Die Leistung der Bestimmung von Magnesium im Erythrozyten sei im EBM nicht vorgesehen.
Die Abrechnung der GOP 4639 EBM für den Helicobacter-Immunoblot stehe als Bestätigungstest bei positiven Ergebnissen des Helicobacter IgG ELISAS im Einklang mit der Leistungslegende und den Erläuterungen im bayerischen "Manual der korrekten Laborabrechnung" vom Oktober 2001. Die Helicobacterinfektion sei eine chronische Infektionskrankheit, die häufig im Kindesalter erworben werde. Ein verzögertes Auftreten der Antikörper - wie vorgeworfen - sei somit für eine aussagekräftige Diagnostik belanglos und beeinträchtige die Erkenntnismöglichkeit des Immunoblots nicht, da hier keine akute Infektion im klassischen Sinne abgeklärt werde, sondern immer eine lang bestehende Infektion, bei der sich in jedem Fall möglicherweise verzögert Antikörper gebildet hätten. Man führe den zweiten Test Immunoblot aber nur im Falle der Erstdiagnose und nicht bei Wiederholungstestungen durch.

Darauf replizierte die Beklagte, dass nach den allgemeinen Bestimmungen zu Kapitel O des EBM 96 Mehrfachleistungen mehrfach berechnungsfähig seien, wenn die gleiche Leistung aus mehr als einem Körpermaterial erbracht werde. Dies werde jedoch dahingehend konkretisiert, dass die Bestimmung einer Bezugsgröße für die Konzentration eines anderen abrechnungsfähigen Parameters (z.B. Kreatin für die Harnkonzentration) Bestandteil eben dieser Leistung und somit nicht gesondert abrechungsfähig sei. Die Bestimmung des Magnesiumwertes aus dem Hämolysat diene allein als Bestimmung einer Bezugsgröße zur anschließenden rechnerischen Ermittlung eines Ergebnisses. Nicht bestritten werde, dass die von der Klägerin angewandte Methode zur Bestimmung des Magnesiums im Ery. fachlich als zuverlässige, in jedem klinisch-chemischen Labor durchführbare Methode anerkannt ist.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte, der Streitakte des Sozialgerichts München sowie der Verfahrensakte des Bayerischen Landessozialgericht Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung der Beklagten erweist sich als nur zum Teil begründet.

Sie ist hinsichtlich der Absetzungen der GOP 4069 EBM unbegründet, erweist sich aber hinsichtlich der Richtigstellung der GOP 4639 EBM als begründet. weil die Erbringung der Leistungen in den streitigen Behandlungsfällen nicht mehr durch die zu Grunde liegende Auftragserteilung gedeckt war.

Die Leistungslegenden der GOP 4068 ff. des seit dem Jahre 1996 geltenden, mittlerweile außer Kraft getretenen EBM vergüteten die "quantitative physikalische Bestimmung von Elementen mittels Atomabsorption, je Untersuchung".

Die einzelnen Positionen konkretisieren die verschiedenen Elemente, deren Bestimmung mittels Atomabsorption honoriert wird. Die GOP 4069 vergütet die Untersuchung des Elements "Magnesium" (Mg).

Der Wortlaut der Leistungslegende steht der zweifachen Abrechnung der beiden Mg-Untersuchungen im selben Behandlungsfall nicht entgegen.

Zum einen ist Gegenstand der Ziffer nicht der Erfolg einer Mg-Bestimmung im Erythrozyten, sondern allgemeiner nur derjenige der Bestimmung von Magnesium. Damit erweist sich das Argument der Beklagten als nicht stichhaltig, dass auf Grund der Erfolgsbezogenheit der Leistungslegenden die Mg-Bestimmung erst dann erbracht ist, wenn - ggf. durch mehrere Untersuchungen - der Mg-Gehalt in den roten Blutkörperchen bestimmt ist. Dies wäre nur anders, wenn eine Magnesium-Bestimmung im Erythrozyten Leistungsinhalt wäre. Der Zusatz "je Untersuchung" stellt klar, dass eine zweifache Abrechnung zulässig ist, wenn zwei verschiedene Untersuchungen durchgeführt werden. Dem Zusatz lässt sich auch nicht die Bedeutung "je Element" beimessen.

Die Allgemeinen Bestimmungen zu Kapitel O Nr. 3 EBM stehen der zweifachen Abrechnung ebenfalls nicht entgegen.

Dort heißt es: "Auch wenn zur Erbringung einer Laborleistung aus demselben menschlichen Körpermaterial mehrfache Messungen erforderlich sind, kann die entsprechende Leistung nur einmal berechnet werden. Werden aus mehr als einem Körpermaterial dieselben Leistungen erbracht, sind die Leistungen entsprechend mehrfach berechnungsfähig. Die Bestimmung einer Bezugsgröße für die Konzentration eines anderen abrechnungsfähigen Parameters, z.B. Kreatin für die Harnkonzentration, ist Bestandteil dieser Leistung und nicht gesondert berechnungsfähig."

Nachdem hier nur das gleiche, jedoch nicht dasselbe Körpermaterial untersucht wurde, ergibt sich hier kein Ausschluss aus dem vorgenannten Satz 1.Die übersandte Blutprobe wurde geteilt, jeweils unterschiedlich aufbereitet und erst anschließend untersucht. Dies hat auch die Beklagte nicht in Abrede gestellt. Sie stützt ihre Ansicht zur Nichtabrechenbarkeit nur darauf, dass hier die zweite Bestimmung als Bezugsgröße für die Konzentration der ersten Mg-Bestimmung diente. Der fachkundig besetzte Senat hält dies nicht für zutreffend. Denn nach der unbestrittenen klägerischen Darstellung wird gerade nicht die zweite Untersuchung zur Konzentrationsbestimmung der ersten Untersuchung durchgeführt. Vielmehr wird, da eine direkte Bestimmung in den roten Blutkörperchen nicht stattfindet, der Mg-Gehalt im Plasma einerseits und im Hämolysat andererseits bestimmt, um dann die - gesuchte - Konzentration des Magnesiums in den roten Körpermaterialien ermitteln zu können. Damit wird nicht die zweite Untersuchung zum Zwecke der erfolgreichen Durchführung der ersten Bestimmung, sondern es werden zwei Bestimmungen zur Ermittlung der Konzentration in einem dritten Körpermaterial erbracht.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass die Magnesiumbestimmung aus dem Hämolysat ausreichend sei, um den Magnesiumwert im Erythrozyten hinreichend sicher zu bestimmen, mithin die Mg-Bestimmung des Plasmas nicht unbedingt benötigt werde, behauptet sie die Unwirtschaftlichkeit der Handlungsweise der Klägerin und nicht die Nichterfüllung der Abrechnungsvoraussetzungen.

Die Abrechenbarkeit scheitert auch nicht an der Vorgabe der allgemeinen Bestimmungen zu Kapitel O Nr. 12 EBM. Danach ist der Laborarzt an den Indikationsauftrag oder den Definitionsauftrag des überweisenden Arztes gebunden.

Unstreitig sind die Überweisungen als Indikationsaufträge erteilt worden und beinhalten die Bestimmung von Magnesium im Erythrozyten. Mit der Untersuchung zweier Körpermaterialien, die durch Hochrechnung die Bestimmung der Mg-Konzentration in den roten Blutkörperchen ermöglicht, wird der Auftrag nicht überschritten.

Damit erweisen sich die Absetzungen des jeweils zweiten Ansatzes der GOP 4069 EBM als unrechtmäßig. Das Sozialgericht hat damit die angefochtenen Bescheide insoweit zu Recht aufgehoben.

Indes war das sozialgerichtliche Urteil aufzuheben, soweit die Absetzung der GOP 4639 EBM streitgegenständlich war. Der Senat hält die Klägerin zur Erbringung der Leistung in der geschilderten Weise zwar für berechtigt. Allerdings war die Leistungserbringung in den hier zu prüfenden Behandlungsfällen nicht durch die Aufträge der überweisenden Vertragsärzte gedeckt.

Die GOP 4632- 4639 EBM 1996 haben folgende gemeinsame Legende zum Inhalt:
"Untersuchung auf Antikörper gegen Krankheitserreger mittels Immunreaktion mit elektrophoretisch aufgetrennten mikrobiellen Antigenen (= Immunoblot) als Bestätigungs- oder Abklärungstest nach positivem oder fraglich positivem Antikörpernachweis. "

Die einzelnen Leistungspositionen konkretisierten diesen allgemeinen Inhalt hinsichtlich verschiedener Antikörper. Die Nr. 4639 EBM vergütete die "ähnliche Untersuchung unter Angabe des Krankheitserregers".

Die Ziffern 4632 bis 4639 EBM haben damit ausdrücklich ergänzenden Charakter und setzen die Erbringung eines positiven oder fraglich positiven Antikörpernachweises zwingend voraus. Einen solchen positiven Antikörpertest in Gestalt einer quantitativen Bestimmung von Antikörpern gegen den Krankheitserreger Heliobacter/ Campylobacter mittels Immunoassay ( ...) hat die Klägerin jeweils unstreitig erbracht und unter der GOP 4553 EBM abgerechnet, indem sie zuerst ein Immunoassay mittels ELISA durchführte und erst danach das positive Ergebnis durch einen Immunoblot überprüfte.

Soweit die Beklagte einwendet, die serologische Untersuchung auf eine Infektion mit Helicobacter pylori werde von den Gastroenterologen selten durchgeführt und sei in der Aussagekraft unbefriedigend, handelt es sich erneut um eine Frage der Wirtschaftlichkeit, die von den paritätisch besetzten Gremien gem. § 106 SGB V zu prüfen ist.

Die Abrechenbarkeit scheitert auch nicht an dem Tatbestandsmerkmal der "ähnlichen Untersuchungen". Dieses erscheint in Ansehung der Helicobacter-Antikörper erfüllt.

Mit Urteil vom 25. August 1999 (B 6 KA 39/98 R, BSGE 84, 247 bis 253), hat das Bundessozialgericht dazu ausgeführt, dass im Hinblick auf die Regelungskompetenz und die Ersetzung von Rechtssetzungsbefugnissen durch unbestimmte Rechtsbegriffe das Merkmal einschränkend auszulegen sei. Weitere Laborverfahren müssten, um als "ähnliche Untersuchung" anerkannt werden zu können, zwei Voraussetzungen erfüllen. Zum einen müsse auf der Hand liegen oder unstreitig sein, welcher der verschiedenen Tatbestände der ähnlichen Untersuchung der Leistung zuzurechnen sei. Zum anderen dürften dem Begriff der ähnlichen Untersuchung nicht solche Leistungen zugeordnet werden, die von ihrem Anwendungsbereich darauf angelegt seien, in der vertragsärztlichen Versorgung in großem Umfang und/oder mit erheblichen finanziellen Auswirkungen eingesetzt zu werden. Dies liefe dem Grundsatz zuwider, dass der Bewertungsausschuss lediglich die Konkretisierung von Einzelheiten an die KÄV übertragen dürfe und die wesentlichen Bestimmungen im Sinne des § 87 Abs. 2 SGB V selbst treffen müsse.

Beide Voraussetzungen sind erfüllt. Unzweifelhaft handelt es sich um eine Untersuchung auf Antikörper mittels Immunreaktion mit Antigenen durch Immunoblot, so dass - was die Beklagte bisher auch nicht bestritten hat - die Zuordnung des Diagnostikverfahrens unter die GOP 4632 ff. EBM als unproblematisch erscheint. Dass Durchführungen von Immunoblots bei einer Antigen-/Antikörper Untersuchung auf Helicobacter verhältnismäßig zahlreich zur Anwendung kämen und damit eine häufige bzw. routinemäßige bzw. Standarduntersuchung darstellten, ist ebenfalls nicht erkennbar. Die Klägerin rechnet ein Laborhonorarvolumen von ca. 1 Mio EUR/Quartal ab. Nach Durchsicht des Richtigstellungsbescheids ergäbe sich im Falle der Vergütung der Ansätze nur ein um einige tausend Euro höheres Honorar.

Indes überschreitet die Erbringung eines Bestätigungstests nach vorangegangenem Immunoassay-Antikörpertest die Grenzen der jeweiligen Überweisungsaufträge. Die Klägerin verwendete ein Formblatt, auf dem sich die verschiedenen Antikörper aufgelistet finden, wobei der gewünschte Test durch den Überweiser anzukreuzen ist. Eine Entscheidungsmöglichkeit hinsichtlich des Bestätigungstest der GOP 4639 EBM wird nicht eingeräumt.

Interpretiert man den jeweils zu Grunde liegenden Auftrag "Campylobacter" bzw. "Heliobacter" als einen den Wortlaut der Leistungslegende der GOP 4553 EBM wiedergebenden Definitionsauftrag (vgl. Allgemeine Bestimmungen Kapitel O Nr. 12), zeigt sich dieser mit der Erbringung des Antikörpertests der GOP 4553 EBM als vollständig erfüllt und damit als "verbraucht". Zu einem anderen Ergebnis ließe sich nur dann kommen, wenn man den knappen Auftragswortlaut als Angabe des Untersuchungsziels (Indikationsauftrag) deutete und den Bestätigungstest davon noch umfasst sähe. Nach Ansicht des mit zwei Vertragsärzten fachkundig besetzten Senats legt aber dieser Wortlaut nach dem im vertragsärztlichen Überweisungsverkehr üblichen Sprachgebrauch nur die Beauftragung zu einem Nachweis bzw. einem Ausschluss von Heliobacter-Antikörpern, mithin die Durchführung des Antikörpertests der GOP 4553 EBM nahe. Das weitere Untersuchungsziel der ergänzenden Bestätigung des erbrachten positiven Nachweisergebnisses bzw. der weiteren Spezifizierung der Antikörper erfordert dessen ausdrücklichen Einschluss in den Auftragswortlaut ("ggf. Bestätigungstest"). Die Klägerin setzt sich dem Verdacht aus, durch geschickte, weil Interpretationsspielräume eröffnende Wortwahl des von ihr vorformulierten Auftragstextes zusätzliche Auftragleistungen akquirieren zu wollen. Ohne ausdrücklichen Einschluss in die Indikationsbeschreibung ist die Beklagte zur Richtigstellung berechtigt und verpflichtet.

Aus diesen Gründen waren auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. November 2005 hinsichtlich der Aufhebung der Richtigstellungen der GOP 4639 EBM abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen, jedoch im Übrigen (GOP 4069 EBM) die Berufung zurückzuweisen

Aufgrund des wechselseitigen Obsiegens und Unterliegens war die Kostenaufhebung auszusprechen (§ 197 a SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 VwGO).

Gründe dafür, die Revision zuzulassen, sind nicht erkennbar (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved