Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 4190/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 266/07
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom
30. November 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Zugehörigkeit des Klägers zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in der ehemaligen DDR (AVItech) im Zeitraum vom 15.03.1973 bis 30.06.1990.
Der 1950 geborene Kläger erwarb im Februar 1973 an der Karl-Marx-Universität L. den akademischen Grad eines Diplom-Physikers. Anschließend war er als Entwurfslogiker vom 15.03.1973 mit Unterbrechungen durch den Grundwehrdienst (02.05.1974 bis 09.11.1975) beim VEB Kombinat Z. Büromaschinenwerk in S. bzw. ab 01.01.1978 beim VEB R. Büromaschinenwerk S. beschäftigt.
Seinen im Dezember 1999 gestellten Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 05.06.2002 unter Hinweis auf § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVltech) vom 17.08.1950 (GBl. Seite 844) und der dazu ergangenen Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24.05.1951 (GBl. Seite 487) ab mit der Begründung, der Kläger habe eine positive Versorgungszusage zu Zeiten der DDR nicht erhalten und habe auch keine Beschäftigung ausgeübt, die ihrer Art nach von einem Versorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartscharftsüberführungsgesetz (AAÜG) erfasst gewesen sei; als Angehörige der AVItech hätten gem. der VO-AVItech vom 17.08.1950 und der 2. DB dazu vom 24.05.1951 "Ingenieure, Konstrukteure, Architekten und Techniker aller Spezialgebiete ..., ferner Werkdirektoren und Lehrer technischer Fächer ..." gegolten; nur dieser Personenkreis habe mit einer Einbeziehung rechnen können. Die Qualifikation als Diplom-Physiker entspreche nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers im Sinne der Versorgungsordnung (ingenieurtechnische Hoch- oder mittlere Fachschulausbildung mit Abschluss). Die tatsächliche Ausübung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit sei insoweit unbeachtlich. Mit Urteil vom 12.06.2001 (B 4 RA 107/00 R) habe das BSG entschieden, dass eine Beschäftigung als Diplomchemiker nicht unter den Anwendungsbereich der AVItech falle. Die Entscheidung müsse gleichermaßen für alle anderen Beschäftigten gelten, die nicht den Titel eines Ingenieurs führen durften (Chemiker, Physiker, Mathematiker u.a.), soweit sie nicht als Konstrukteur, Architekt, Statiker, Werkdirektor oder Lehrer technischer Fächer tätig gewesen seien. Die ausgeübte Beschäftigung könne lediglich zu den sog. Ermessensfällen gerechnet werden; eine bis zur Schließung der Versorgungssysteme am 30.06.1990 nicht getroffene Ermessensentscheidung der damals dazu berufenen Stellen könne jedoch nicht durch eine Ermessensentscheidung des bundesdeutschen Versorgungsträgers nachgeholt bzw. ersetzt werden.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2005 zurückgewiesen. Es wurde dargelegt, dass der Kläger bei Inkrafttreten des AAÜG am 01.08.1991 keine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs.1 dieses Gesetzes gehabt habe, da er nicht
- am 30.06.1990 in der DDR in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen sei,
- eine solche Einbeziehung nachträglich durch Rehabilitierung oder durch eine Entscheidung nach Art. 19 Satz 2 oder 3 des Einigungsvertrages erlangt und auch nicht
- auf Grund der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage im Juli 1991 einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt habe (BSG, Urteil vom 09.04.2002 - B 4 RA 36/01 R).
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG habe ein Anspruch auf eine Versorgungszusage nur bestanden, wenn am Stichtag 30.06.1990 drei Voraussetzungen für die Anwendung der AVItech gegeben gewesen seien, nämlich die Berechtigung zur Führung einer bestimmten Berufsbezeichnung (persönliche Voraussetzung), die tatsächliche Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), und zwar in einem volkseigenen oder diesem gleichgestellten Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens (betriebliche Voraussetzung).
Der Kläger sei als Diplom-Physiker nicht berechtigt gewesen, den Titel eines Ingenieurs zu führen (BSG vom 12.06.2001 - B 4 RA 107/00 R - und - B 4 RA 117/00 R -, vom 31.07.2002 - B 4 RA 62/01 R -), seine Qualifikation entspreche damit nicht der in der VO-AVItech Intelligenz geforderten Qualifikation.
Mit der Klage vor dem Sozialgericht (SG) verfolgte der Kläger sein Begehren weiter und machte unter Vorlage verschiedener Arbeitsunterlagen geltend, er sei im Rahmen seiner Tätigkeit als Entwurfslogiker bzw. Entwicklungsingenieur als Konstrukteur tätig gewesen, ebenso wie die Kläger in den inzwischen vom BSG am 08.06.2004 (B 4 RA 61/03 R ) und am 29.07.2004 (B 4 RA 16/04 R) entschiedenen Fällen. Er habe eine konstruktive Tätigkeit ausgeübt, bei der Geräte entwickelt und bis zur Serienreife konstruiert worden seien. Auch wenn er nicht ausdrücklich in den Arbeitsunterlagen als Konstrukteur bezeichnet worden sei, sei doch aus diesen klar ersichtlich, dass er als solcher eingesetzt gewesen sei und diese Tätigkeit bis 30.06.1990 ausgeübt habe.
Der Beklagte vertrat die Auffassung, dass es für die Frage der Tätigkeit als Konstrukteur allein auf arbeitsrechtliche Regelungen ankomme; der Kläger sei als Entwurfslogiker tätig gewesen.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 30.11.2006 ab.
Unter Darlegung der Voraussetzungen der §§ 1, 5 und 8 AAÜG und der einschlägigen Regelungen der VO-AVItech sowie der 2. DB zur VO-AVItech vom 24.05.1951 führte es aus, der Kläger werde vom persönlichen Anwendungsbereich des § 1 AAÜG nicht erfasst. Er sei nicht Inhaber einer bei Inkrafttreten des AAÜG bestehenden Versorgungsanwartschaft gewesen. Er habe auch nach der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt, denn er erfülle nicht die persönliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in die AVItech. Die Qualifikation als Diplom-Physiker werde nicht von § 1 Abs.1 S.1 der 2. DB zur VO-AVItech vom 24.05.1951 erfasst. Der Kläger sei auch nicht berechtigt gewesen, sich Konstrukteur zu nennen. Hierzu führte das SG unter Bezugnahme auf eine vom Sächsischen LSG im Verfahren eingeholte Stellungnahme des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus vom 07.01.2005 aus, es habe in der früheren DDR weder auf der Grundlage einer Facharbeiterausbildung noch einer Fortbildung einen eigenständigen Berufsabschluss als Konstrukteur gegeben. Vielmehr sei eine Ausbildung, die den beruflichen Einsatz als Konstrukteur nach sich gezogen habe, Ende der 80er Jahre in die Ausbildung zum Techniker in der Fachrichtung "Maschinenkonstruktion" und "Baukonstruktion" integriert gewesen und habe bei erfolgreichem Abschluss zu dem Titel Techniker geführt. Daneben habe es eine eigenständige Ausbildung zum Ingenieur für Erzeugnisgestaltung/Erzeugniskonstruktion gegeben. Darüber hinaus sei die fachliche Ausbildung für einen Einsatz als Konstrukteur in den Ausbildungen der Ingenieure aller Fachrichtungen integriert gewesen: nach den Tätigkeitsinhalten seien drei Hauptgruppen von Ingenieuren unterschieden worden, nämlich Produktionsingenieure, Technologen und Konstrukteure; die Tätigkeitsinhalte von Ingenieuren hätten sich teilweise mit denen anderer Berufsgruppen gedeckt, z.B. in der Forschung mit denen von Naturwissenschaftlern, in der Lehrtätigkeit mit denen von Pädagogen, in der Materialwirtschaft mit denen von Ökonomen, im Patentwesen mit denen von Juristen. Bei Fehlen eines förmlichen Berufsabschlusses zum Konstrukteur hätten sich somit die Ausbildungsinhalte in den zur Berufsbezeichnung "Ingenieur" und "Techniker" führenden Fachausbildungen gefunden.
Da aber nach der vom BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs.1 AAÜG auf bestehende abstrakt-generelle Regelungen abzustellen sei, laufe die Aufzählung "Konstrukteur" in § 1 Abs.1 S.1 der 2. DB vom 24.05.1951 ins Leere, es sei denn, der betreffende Versicherte lege arbeitsrechtliche Unterlagen vor, aus denen sich zweifelsfrei ergebe, dass er als Konstrukteur eingestellt worden sei und diese arbeitsvertragliche Abrede am 30.06.1990 noch bestanden habe. Der Kläger habe derartige arbeitsvertragliche Unterlagen nicht vorgelegt. Es fehle daher bereits an der persönlichen Voraussetzung für die begehrte Feststellung der (fiktiven) Zugehörigkeit zur AVItech.
Mit der Berufung bringt der Kläger vor, das Erstgericht habe zu Unrecht seine Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz verneint. Er sei weiterhin der Auffassung, dass er bis zum 30.06.1990 eine konstruktive Ingenieurtätigkeit ausgeübt habe und berechtigt gewesen sei, sich Konstrukteur zu nennen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Regensburg vom 30.11.2006 sowie den Bescheid vom 05.06.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beschäftigungszeit vom 15.03.1973 bis
30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr.1 der Anlage 1 zum AAÜG und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat zum Verfahren verschiedene Unterlagen (Kopie des Qualifikationshandbuchs für Arbeitsaufgaben von Hoch- und Fachschulkadern in den VEB und Einrichtungen des Maschinenbaus, registriert beim Staatssekretariat für Arbeit und Löhne unter
Nr. 101/78; Auszug aus: Draeger, "Der Ingenieur im sozialistischen Betrieb", VEB Verlag Technik S. 54 ff.; Auszüge aus "Lexikon der Wirtschaft, Industrie", Verlag Die Wirtschaft, Berlin, zu den Stichworten "Konstruktion" und "Forschung und Entwicklung"; Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" () vom 12.04.1962
- GBl. II S. 278 i.d.F. des OWG vom 12.01.1968 -; AO vom 25.10.1979 über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung, Sonderdruck Nr. 1024 des GBl.1979 , geändert durch die AO vom 04.03.1988 über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung - GBl. 71 -) beigezogen.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat nach der Urteilsverkündung auf ein Rechtsmittel gegen das Urteil verzichtet. Die Beklagte hat dem Rechtsmittelverzicht zugestimmt.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Erstgericht hat einen im Wege der verfassungskonformen Auslegung des § 1 AAÜG zu bejahenden fiktiven Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Versorgungszusage zu Recht verneint.
Der Kläger war aus der Sicht des am 01.08.1991 geltenden Bundesrechts nicht Inhaber einer solchen Versorgungsanwartschaft. Er gehörte nicht zu dem von der AVItech und der dazu ergangenen 2. Durchführungsbestimmung erfassten Personenkreis. Er war zum einen nicht berechtigt, den Titel "Ingenieur" zu führen. Unerheblich ist dabei, ob die von ihm ausgeübte Tätigkeit auch Elemente einer Ingenieurstätigkeit beinhaltete. Zum andern war der Kläger aber auch nicht der in § 1 Abs.1 Satz 1 der 2. DB genannten Berufsgruppe der Konstrukteure zuzuordnen. Eine Einstellung und Beschäftigung als "Konstrukteur" hat er nicht nachweisen können (vgl. Urteile des BSG vom 23.08.2007 - B 4 RS 1/06 R - und vom 18.10.2007 - B 4 RS 28/07 R - sowie Urteil des Sächsischen LSG vom 15.05.2005 - ). Als Entwurfslogiker im Bereich Forschung und Entwicklung hat er eine der Produktion vorgelagerte Tätigkeit ausgeübt, bei der technisch-wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung neuer Erkenntnisse über die Gesetzmäßigkeiten in Natur und Gesellschaft sowie wissenschaftliche Vorbereitungsarbeiten zur Umsetzung in die Praxis im Vordergrund standen (vgl. Lexikon der Wirtschaft, Stichwort Forschung und Entwicklung); es handelte sich also um eine wissenschaftlich-experimentelle Forschungstätigkeit zur Erforschung und Aufbereitung der Beschaffenheit von Werkstoffen zur Herstellung von Produkten. Bei der Tätigkeit des Konstrukteurs wurden die Erkenntnisse aus dem Bereich Forschung und Entwicklung dagegen vorausgesetzt und in Berechnung, Planung, und Fertigung eines Produkts umgesetzt (vgl. BSG vom 23.08.2007 a.a.O.). Die Verwendung der Berufsbezeichnung "Entwurfslogiker" und nicht der des Konstrukteurs in den Arbeitsunterlagen des Klägers entspricht dem und schließt darüber hinaus auch nach den im DDR-Recht enthaltenen Regelungen zur Führung von Berufsbezeichnungen in der früheren DDR (vgl. u.a. Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" vom 12.04.1962 ; Anordnung vom 25.10.1979 über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung, geändert durch die AO vom 04.03 1988 - GBl. 71 - vgl. auch die in § 42 des Arbeitsgesetzes der DDR niedergelegte Verpflichtung der Betriebe zur Konkretisierung von Aufgaben- und Verantwortungsbereich der Beschäftigten in Arbeits- und Funktionsplänen) die Annahme einer Tätigkeit als Konstrukteur aus.
Die Berufung war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Dieses Urteil ist auf Grund des Rechtsmittelverzichts des Klägers, dem die Beklagte zugestimmt hat, unanfechtbar.
30. November 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Zugehörigkeit des Klägers zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in der ehemaligen DDR (AVItech) im Zeitraum vom 15.03.1973 bis 30.06.1990.
Der 1950 geborene Kläger erwarb im Februar 1973 an der Karl-Marx-Universität L. den akademischen Grad eines Diplom-Physikers. Anschließend war er als Entwurfslogiker vom 15.03.1973 mit Unterbrechungen durch den Grundwehrdienst (02.05.1974 bis 09.11.1975) beim VEB Kombinat Z. Büromaschinenwerk in S. bzw. ab 01.01.1978 beim VEB R. Büromaschinenwerk S. beschäftigt.
Seinen im Dezember 1999 gestellten Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 05.06.2002 unter Hinweis auf § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVltech) vom 17.08.1950 (GBl. Seite 844) und der dazu ergangenen Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24.05.1951 (GBl. Seite 487) ab mit der Begründung, der Kläger habe eine positive Versorgungszusage zu Zeiten der DDR nicht erhalten und habe auch keine Beschäftigung ausgeübt, die ihrer Art nach von einem Versorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartscharftsüberführungsgesetz (AAÜG) erfasst gewesen sei; als Angehörige der AVItech hätten gem. der VO-AVItech vom 17.08.1950 und der 2. DB dazu vom 24.05.1951 "Ingenieure, Konstrukteure, Architekten und Techniker aller Spezialgebiete ..., ferner Werkdirektoren und Lehrer technischer Fächer ..." gegolten; nur dieser Personenkreis habe mit einer Einbeziehung rechnen können. Die Qualifikation als Diplom-Physiker entspreche nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers im Sinne der Versorgungsordnung (ingenieurtechnische Hoch- oder mittlere Fachschulausbildung mit Abschluss). Die tatsächliche Ausübung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit sei insoweit unbeachtlich. Mit Urteil vom 12.06.2001 (B 4 RA 107/00 R) habe das BSG entschieden, dass eine Beschäftigung als Diplomchemiker nicht unter den Anwendungsbereich der AVItech falle. Die Entscheidung müsse gleichermaßen für alle anderen Beschäftigten gelten, die nicht den Titel eines Ingenieurs führen durften (Chemiker, Physiker, Mathematiker u.a.), soweit sie nicht als Konstrukteur, Architekt, Statiker, Werkdirektor oder Lehrer technischer Fächer tätig gewesen seien. Die ausgeübte Beschäftigung könne lediglich zu den sog. Ermessensfällen gerechnet werden; eine bis zur Schließung der Versorgungssysteme am 30.06.1990 nicht getroffene Ermessensentscheidung der damals dazu berufenen Stellen könne jedoch nicht durch eine Ermessensentscheidung des bundesdeutschen Versorgungsträgers nachgeholt bzw. ersetzt werden.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2005 zurückgewiesen. Es wurde dargelegt, dass der Kläger bei Inkrafttreten des AAÜG am 01.08.1991 keine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs.1 dieses Gesetzes gehabt habe, da er nicht
- am 30.06.1990 in der DDR in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen sei,
- eine solche Einbeziehung nachträglich durch Rehabilitierung oder durch eine Entscheidung nach Art. 19 Satz 2 oder 3 des Einigungsvertrages erlangt und auch nicht
- auf Grund der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage im Juli 1991 einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt habe (BSG, Urteil vom 09.04.2002 - B 4 RA 36/01 R).
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG habe ein Anspruch auf eine Versorgungszusage nur bestanden, wenn am Stichtag 30.06.1990 drei Voraussetzungen für die Anwendung der AVItech gegeben gewesen seien, nämlich die Berechtigung zur Führung einer bestimmten Berufsbezeichnung (persönliche Voraussetzung), die tatsächliche Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), und zwar in einem volkseigenen oder diesem gleichgestellten Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens (betriebliche Voraussetzung).
Der Kläger sei als Diplom-Physiker nicht berechtigt gewesen, den Titel eines Ingenieurs zu führen (BSG vom 12.06.2001 - B 4 RA 107/00 R - und - B 4 RA 117/00 R -, vom 31.07.2002 - B 4 RA 62/01 R -), seine Qualifikation entspreche damit nicht der in der VO-AVItech Intelligenz geforderten Qualifikation.
Mit der Klage vor dem Sozialgericht (SG) verfolgte der Kläger sein Begehren weiter und machte unter Vorlage verschiedener Arbeitsunterlagen geltend, er sei im Rahmen seiner Tätigkeit als Entwurfslogiker bzw. Entwicklungsingenieur als Konstrukteur tätig gewesen, ebenso wie die Kläger in den inzwischen vom BSG am 08.06.2004 (B 4 RA 61/03 R ) und am 29.07.2004 (B 4 RA 16/04 R) entschiedenen Fällen. Er habe eine konstruktive Tätigkeit ausgeübt, bei der Geräte entwickelt und bis zur Serienreife konstruiert worden seien. Auch wenn er nicht ausdrücklich in den Arbeitsunterlagen als Konstrukteur bezeichnet worden sei, sei doch aus diesen klar ersichtlich, dass er als solcher eingesetzt gewesen sei und diese Tätigkeit bis 30.06.1990 ausgeübt habe.
Der Beklagte vertrat die Auffassung, dass es für die Frage der Tätigkeit als Konstrukteur allein auf arbeitsrechtliche Regelungen ankomme; der Kläger sei als Entwurfslogiker tätig gewesen.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 30.11.2006 ab.
Unter Darlegung der Voraussetzungen der §§ 1, 5 und 8 AAÜG und der einschlägigen Regelungen der VO-AVItech sowie der 2. DB zur VO-AVItech vom 24.05.1951 führte es aus, der Kläger werde vom persönlichen Anwendungsbereich des § 1 AAÜG nicht erfasst. Er sei nicht Inhaber einer bei Inkrafttreten des AAÜG bestehenden Versorgungsanwartschaft gewesen. Er habe auch nach der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt, denn er erfülle nicht die persönliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in die AVItech. Die Qualifikation als Diplom-Physiker werde nicht von § 1 Abs.1 S.1 der 2. DB zur VO-AVItech vom 24.05.1951 erfasst. Der Kläger sei auch nicht berechtigt gewesen, sich Konstrukteur zu nennen. Hierzu führte das SG unter Bezugnahme auf eine vom Sächsischen LSG im Verfahren eingeholte Stellungnahme des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus vom 07.01.2005 aus, es habe in der früheren DDR weder auf der Grundlage einer Facharbeiterausbildung noch einer Fortbildung einen eigenständigen Berufsabschluss als Konstrukteur gegeben. Vielmehr sei eine Ausbildung, die den beruflichen Einsatz als Konstrukteur nach sich gezogen habe, Ende der 80er Jahre in die Ausbildung zum Techniker in der Fachrichtung "Maschinenkonstruktion" und "Baukonstruktion" integriert gewesen und habe bei erfolgreichem Abschluss zu dem Titel Techniker geführt. Daneben habe es eine eigenständige Ausbildung zum Ingenieur für Erzeugnisgestaltung/Erzeugniskonstruktion gegeben. Darüber hinaus sei die fachliche Ausbildung für einen Einsatz als Konstrukteur in den Ausbildungen der Ingenieure aller Fachrichtungen integriert gewesen: nach den Tätigkeitsinhalten seien drei Hauptgruppen von Ingenieuren unterschieden worden, nämlich Produktionsingenieure, Technologen und Konstrukteure; die Tätigkeitsinhalte von Ingenieuren hätten sich teilweise mit denen anderer Berufsgruppen gedeckt, z.B. in der Forschung mit denen von Naturwissenschaftlern, in der Lehrtätigkeit mit denen von Pädagogen, in der Materialwirtschaft mit denen von Ökonomen, im Patentwesen mit denen von Juristen. Bei Fehlen eines förmlichen Berufsabschlusses zum Konstrukteur hätten sich somit die Ausbildungsinhalte in den zur Berufsbezeichnung "Ingenieur" und "Techniker" führenden Fachausbildungen gefunden.
Da aber nach der vom BSG vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs.1 AAÜG auf bestehende abstrakt-generelle Regelungen abzustellen sei, laufe die Aufzählung "Konstrukteur" in § 1 Abs.1 S.1 der 2. DB vom 24.05.1951 ins Leere, es sei denn, der betreffende Versicherte lege arbeitsrechtliche Unterlagen vor, aus denen sich zweifelsfrei ergebe, dass er als Konstrukteur eingestellt worden sei und diese arbeitsvertragliche Abrede am 30.06.1990 noch bestanden habe. Der Kläger habe derartige arbeitsvertragliche Unterlagen nicht vorgelegt. Es fehle daher bereits an der persönlichen Voraussetzung für die begehrte Feststellung der (fiktiven) Zugehörigkeit zur AVItech.
Mit der Berufung bringt der Kläger vor, das Erstgericht habe zu Unrecht seine Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz verneint. Er sei weiterhin der Auffassung, dass er bis zum 30.06.1990 eine konstruktive Ingenieurtätigkeit ausgeübt habe und berechtigt gewesen sei, sich Konstrukteur zu nennen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Regensburg vom 30.11.2006 sowie den Bescheid vom 05.06.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beschäftigungszeit vom 15.03.1973 bis
30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr.1 der Anlage 1 zum AAÜG und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat zum Verfahren verschiedene Unterlagen (Kopie des Qualifikationshandbuchs für Arbeitsaufgaben von Hoch- und Fachschulkadern in den VEB und Einrichtungen des Maschinenbaus, registriert beim Staatssekretariat für Arbeit und Löhne unter
Nr. 101/78; Auszug aus: Draeger, "Der Ingenieur im sozialistischen Betrieb", VEB Verlag Technik S. 54 ff.; Auszüge aus "Lexikon der Wirtschaft, Industrie", Verlag Die Wirtschaft, Berlin, zu den Stichworten "Konstruktion" und "Forschung und Entwicklung"; Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" () vom 12.04.1962
- GBl. II S. 278 i.d.F. des OWG vom 12.01.1968 -; AO vom 25.10.1979 über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung, Sonderdruck Nr. 1024 des GBl.1979 , geändert durch die AO vom 04.03.1988 über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung - GBl. 71 -) beigezogen.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat nach der Urteilsverkündung auf ein Rechtsmittel gegen das Urteil verzichtet. Die Beklagte hat dem Rechtsmittelverzicht zugestimmt.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Erstgericht hat einen im Wege der verfassungskonformen Auslegung des § 1 AAÜG zu bejahenden fiktiven Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Versorgungszusage zu Recht verneint.
Der Kläger war aus der Sicht des am 01.08.1991 geltenden Bundesrechts nicht Inhaber einer solchen Versorgungsanwartschaft. Er gehörte nicht zu dem von der AVItech und der dazu ergangenen 2. Durchführungsbestimmung erfassten Personenkreis. Er war zum einen nicht berechtigt, den Titel "Ingenieur" zu führen. Unerheblich ist dabei, ob die von ihm ausgeübte Tätigkeit auch Elemente einer Ingenieurstätigkeit beinhaltete. Zum andern war der Kläger aber auch nicht der in § 1 Abs.1 Satz 1 der 2. DB genannten Berufsgruppe der Konstrukteure zuzuordnen. Eine Einstellung und Beschäftigung als "Konstrukteur" hat er nicht nachweisen können (vgl. Urteile des BSG vom 23.08.2007 - B 4 RS 1/06 R - und vom 18.10.2007 - B 4 RS 28/07 R - sowie Urteil des Sächsischen LSG vom 15.05.2005 - ). Als Entwurfslogiker im Bereich Forschung und Entwicklung hat er eine der Produktion vorgelagerte Tätigkeit ausgeübt, bei der technisch-wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung neuer Erkenntnisse über die Gesetzmäßigkeiten in Natur und Gesellschaft sowie wissenschaftliche Vorbereitungsarbeiten zur Umsetzung in die Praxis im Vordergrund standen (vgl. Lexikon der Wirtschaft, Stichwort Forschung und Entwicklung); es handelte sich also um eine wissenschaftlich-experimentelle Forschungstätigkeit zur Erforschung und Aufbereitung der Beschaffenheit von Werkstoffen zur Herstellung von Produkten. Bei der Tätigkeit des Konstrukteurs wurden die Erkenntnisse aus dem Bereich Forschung und Entwicklung dagegen vorausgesetzt und in Berechnung, Planung, und Fertigung eines Produkts umgesetzt (vgl. BSG vom 23.08.2007 a.a.O.). Die Verwendung der Berufsbezeichnung "Entwurfslogiker" und nicht der des Konstrukteurs in den Arbeitsunterlagen des Klägers entspricht dem und schließt darüber hinaus auch nach den im DDR-Recht enthaltenen Regelungen zur Führung von Berufsbezeichnungen in der früheren DDR (vgl. u.a. Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" vom 12.04.1962 ; Anordnung vom 25.10.1979 über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung, geändert durch die AO vom 04.03 1988 - GBl. 71 - vgl. auch die in § 42 des Arbeitsgesetzes der DDR niedergelegte Verpflichtung der Betriebe zur Konkretisierung von Aufgaben- und Verantwortungsbereich der Beschäftigten in Arbeits- und Funktionsplänen) die Annahme einer Tätigkeit als Konstrukteur aus.
Die Berufung war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Dieses Urteil ist auf Grund des Rechtsmittelverzichts des Klägers, dem die Beklagte zugestimmt hat, unanfechtbar.
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