L 3 U 545/09

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 54/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 545/09
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Stürzt ein Bauarbeiter von einem Gerüst in der Form, dass er zwischen dem Gerüst und der Hauswand aus etwa sechs Meter Höhe "hinunterschlittert" und mit den Füßen aufkommt, sind später auftretende Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule und er Hüften nicht zwingend ursächlich im Sinne der Gesetzlichen Unfallversicherung auf diesen Unfall zurückzuführen.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29.10.2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Der Kläger begehrt die Bewilligung einer Verletztenrente im Sinne von § 56 Abs. 1 und 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung
(SGB VII).

Der 1960 geborene Kläger ist bei der Firma D. E. GmbH als Dachdeckerhelfer beschäftigt gewesen, als er nach eigenen Angaben am 14.04.1999 auf einer Baustelle in A-Stadt von einem Gerüst ca. fünf Meter in die Tiefe gestürzt ist. Dabei habe er sich eine schwere Wirbelsäulenverletzung zugezogen. Diesen Unfall hat der Kläger selbst erst mit Schreiben vom 19.11.2002 angezeigt.

Die Bevollmächtigten des Klägers haben das Zeugnis der Firma D. E. GmbH vom 04.04.2001 vorgelegt. Danach hat das Arbeitsverhältnis krankheitsbedingt am 14.04.1999 (Unfalltag) geendet. Die Bevollmächtigten des Klägers haben unter dem 11.07.2003 vorgetragen, dass sich der Kläger an beiden Händen und an der Wirbelsäule sowie am Hüftgelenk Verletzungen zugezogen habe.

Im Rahmen der von der Beklagten eingeleiteten Ermittlungen hat Dr. W. mit Arztbrief vom 05.09.2003 mitgeteilt, dass kein akutes Unfallereignis vorgelegen habe. Am 14.04.1999 seien Akutschmerzen im Lumbalbereich mit Ausstrahlung in die rechte Hüfte aufgetreten, da während der Arbeit beim Heben einer Last einschießende Kreuzschmerzen aufgetreten seien. Im August 1999 hat der Kläger über die LVA eine Kur gemacht. Auch dort hat er über ein Verhebetrauma am 14.04.1999 berichtetet. Gegenüber dem Versicherungs-amt der Stadtverwaltung A-Stadt hat der Kläger am 01.10.2003 den Sachverhalt wie folgt korrigiert: Ich wollte vom LKW Material holen und hoch tragen. Im 3. Stock des Gerüstes bin ich entlang gelaufen, und weil es glatt war (Eis), bin ich ausgerutscht und zwischen Wand und Gerüst hinuntergestürzt.

Die Beklagte hat des weiteren den Befundbericht des Neurologen Dr. B. vom 29.04.1999 beigezogen, der von einer ausgeprägten Lumbago bei Bandscheibenprolaps LWK 4/5 und relativer Spinalkanalstenose berichtete. Grundlage hierfür ist der CT-Befund vom 22.04.1999 gewesen. Auch der behandelnde Orthopäde Dr. W. hat am 22.04.1999 eine akute Lumbago beschrieben. Bei der Wiedervorstellung am 18.05.1999 hat der Kläger neben den Rücken- auch ausgeprägte Leistenschmerzen beklagt. Dr. W. hat eine Coxarthrose beidseits mit ausgeprägter Hüftgelenksspaltverschmälerung und subcondraler Sklerosierung diagnostiziert. Der Kläger hat sich zwischen dem 12.08.1999 bis 09.09.1999 wegen eines chronischen rezidivierenden Lumbalsyndroms bei Bandscheibenvorfall L 4/5 mit Lendenwirbelsäulenverschleiß in der Fachklinik für Orthopädie und Rheumatologie O. in stationärer Behandlung befunden. Neben degenerativen der Lendewirbelsäule ist eine Coxarthrose beidseits diagnostiziert worden.

Dementsprechend hat es die Beklagte mit Bescheid vom 17.03.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2004 abgelehnt, einen Arbeitsunfall anzuerkennen, da ein solcher Unfall nicht nachgewiesen sei.

In dem sich anschließenden Klageverfahren (Sozialgericht Augsburg S 5 U 424/04) hat der Kläger den Unfall vom 14.04.1999 wie folgt geschildert: Er sei auf dem Gerüst zum
3. Stock gegangen, dabei an eine Wand gerutscht und dann abgestürzt. Nach dem Sturz sei er auf den Füßen aufgekommen. Er habe sich nur ein wenig an den Unterarmen verletzt. Weiter hätten ihm der Rücken, die Hüftgelenke und die Beine (Knie) geschmerzt. Der Schwerpunkt der Schmerzen habe in der Wirbelsäule und Hüften gelegen. Beim Hausarzt Dr. B. habe er Schmerzen in Hüftgelenk und Wirbelsäule angegeben. Über den Grund der Beschwerden habe er nichts gesagt, Dr. B. habe auch nicht weiter nachgefragt. - Der Abstand vom Gerüst zur Wand habe rund 40 cm betragen. Bei dem Sturz habe er keine Handschuhe angehabt. Er sei mit dem Gesicht zur Wand abgerutscht. Ob er auch an den Händen Verletzungen gehabt habe, wisse er nicht mehr genau. Er habe aber nicht geblutet.

Aufgrund der Zeugenaussage des S. A. hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 12.03.2007 den Unfall als Arbeitsunfall anerkannt.

Im Folgenden hat die Beklagte Dr. M. gutachtlich gehört. Dieser ist mit orthopädischem Fachgutachten vom 23.08.2007 zu dem Ergebnis gelangt, dass zwischen dem
3. und 4. Lendenwirbel schicksalhaft anlagebedingt ein relativ enger Spinalkanal bestehe sowie ein beginnendes Verschleißleiden. Neurologische Auffälligkeiten, die sich binnen
24 bis maximal 48 Stunden hätten einstellen müssen, seien objektiv nicht dokumentiert. Auch sei es zu keinem Wirbelkörperbruch gekommen. Die von der Lendenwirbelsäule ausgehenden Beschwerden seien dem Unfall nicht zuzurechnen. Eine unfallbedingte Hüftverletzung sei ebenfalls auszuschließen; es handele sich um ein schicksalhaft entstandenes Verschleißleiden.

Die Beklagte hat es mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 17.10.2007 abgelehnt, dem Kläger eine Verletztenrente zu gewähren. Unfallbedingt seien nur Schürfwunden an den Unterarmen, Prellungen an der Wirbelsäule und den Hüftgelenken festzustellen. In dem sich anschließenden Widerspruchsverfahren hat Dr. M. mit Stellungnahme vom 18.12.2007 bekräftigt, dass die Beschwerden an der Wirbelsäule und an den Hüftgelenken durch Verschleißerscheinungen ausgelöst und damit unfallunabhängig seien. Dementsprechend hat die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2008 zurückgewiesen.

In dem sich anschließenden Klageverfahren S 5 U 54/08 hat das Sozialgericht Augsburg die Unfall-Akten der Beklagten beigezogen. Die Bevollmächtigten des Klägers haben mit Schriftsatz vom 30.05.2008 insgesamt 40 Röntgenbilder des Klägers vorgelegt. Der nach § 106 Abs. 3 Nr. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beauftragte Sachverständige Dr. F. ist mit orthopädischem Fachgutachten vom 29.11.2008 ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Kläger zweifelsfrei Beschwerden im Bereich der LWS und beider Hüftgelenke bestünden. Am 17.07.2002 sei eine Bandscheibenoperation im Segment LWK 4/5 mit der Diagnose Bandscheibenvorfall durchgeführt worden. Die jetzt noch vorhandenen Gesundheitsstörungen der LWS und die sich daraus ergebenden funktionellen Beeinträchtigungen seien jedoch nicht auf das Unfallereignis vom 14.04.1999 zurückzuführen. Im Bereich der Hüftgelenke zeige sich eine langsame stetig zunehmende Arthrose, insbesondere im Bereich der rechten Hüfte. Auch diese könne nicht auf das Unfallereignis vom 14.04.1999 zurückgeführt werden.

Die Bevollmächtigten des Klägers haben mit Schriftsatz vom 08.06.2009 hervorgehoben, dass der Kläger vor dem Unfall vom 14.04.1999 keinerlei Beschwerden gehabt habe, weder an der Wirbelsäule noch an den Hüften. Er sei auch nie in ärztlicher Behandlung gewesen, was durch den Ausdruck der Krankenversicherung AOK dokumentiert sei. Der Kläger sei senkrecht sechs Meter tief von einem Gerüst gestürzt und auf den Beinen aufgekommen. Es sei unschwer nachvollziehbar, dass dadurch die Hüften und die Wirbelsäule gestaucht worden seien.

Das Sozialgericht Augsburg hat die Klage gegen den Bescheid vom 17.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2008 mit Urteil vom 29.10.2009 abgewiesen und sich hierbei vor allem auf das Gutachten des Dr. F. vom 29.11.2008 gestützt. Dessen schlüssige Ausführungen würden der herrschenden medizinischen Lehrmeinung entsprechen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 527 ff.).

Die hiergegen gerichtete Berufung vom 11.12.2009 ging am selben Tag im Sozialgericht Augsburg ein. - Von Seiten des Senats wurden die Unfall-Akten der Beklagten, die erstinstanzlichen Streitakten S 5 U 424/04 und S 5 U 450/08 sowie insgesamt 40 Röntgenaufnahmen und eine weitere CDR beigezogen.

Die nach § 106 Abs. 3 Nr. 5 SGG beauftragte Sachverständige Dr. C. stellte mit fachorthopädischem Gutachten vom 03.11.2010 folgende Diagnosen: Fortgeschrittene Aufbraucherscheinungen der Hüftgelenke beidseits mit deutlicher Bewegungseinschränkung; beginnende Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule bei Zustand nach Bandscheibenoperation LWK 4/5 am 16.07.2002 ohne Funktionseinschränkung oder neurologische Ausfallerscheinungen. Diese Gesundheitsstörungen seien nicht durch den Unfall vom 14.04.1999 allein oder wenigstens mitverursacht worden. Dies ergäbe sich bereits aus der am 22.04.1999 durchgeführten Computertomographie der LWS. Bei den dargestellten Veränderungen handele es sich um degenerative Veränderungen, die sich allmählich und nicht innerhalb einer Woche entwickeln könnten. Weiterhin sei bei der Rehamaßnahme in O. von August bis September 1999 eine Coxarthrose beidseits festgestellt worden. Auch insoweit handele es sich um degenerative Hüftgelenksveränderungen, die nicht innerhalb so kurzer Zeit nach dem angeschuldigten Unfall auftreten könnten.

Die Bevollmächtigten des Klägers erwiderten mit Schriftsatz vom 28.02.2011, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt erst 39 Jahre als und beschwerdefrei gewesen sei. Bei einem Sturz aus sechs Meter Höhe seien die bestehenden Beschwerden zumindest mitursächlich oder wesentlich teilursächlich auf den Unfall vom 14.04.1999 zurückzuführen.

In der mündlichen Verhandlung vom 29.03.2011 beantragt die Bevollmächtigte des Klägers entsprechend ihrem Schriftsatz vom 22.07.2010,
die Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 29.10.2009 sowie des Bescheids vom 17.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.01.2008 verurteilt, dem Kläger eine Verletztenrente in Folge des Arbeitsunfalls vom 14.04.1999 zu gewähren.

Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt entsprechend dem Schriftsatz vom 15.01.2010,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29.10.2009 zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß § 202 SGG i.V.m. § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie entsprechend § 136 Abs. 2 SGG auf die beigezogenen Unterlagen der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 und 151 SGG zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht Augsburg hat die Klage gegen den Bescheid vom 17.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2008 mit Urteil vom 29.10.2009 zutreffend abgewiesen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente gemäß
§ 56 Abs 1 und 2 SGB VII, weil seine Erwerbsfähigkeit in Folge des Arbeitsunfalles vom 14.04.1999 nicht über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist.

Nachdem der Kläger nicht "im freien Fall" aus Höhe des 3. Stocks von dem Gerüst gestürzt, sondern zwischen der Wand und dem Gerüst "hinuntergeschlittert" ist (vgl. die Zeugenaussage des S. A. vom 12.03.2007; dieser hat ein Sturzgeräusch gehört; dieses Geräusch hat einem Anschlagen auf den Zwischenwänden oder den Leitern entsprochen), hat sich der Kläger hierbei nur Schürfwunden an den Unterarmen sowie Prellungen an der Wirbelsäule und den Hüftgelenken zugezogen.

Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger an erheblichen Wirbelsäulen- und Hüftbeschwerden beidseits leidet. Diese Gesundheitsstörungen sind jedoch nicht ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 14.04.1999 zurückzuführen.

Gesundheits- oder Körperschäden sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf den Unfall zurückzuführen sind. Dabei müssen die Gesundheits- und Körperschäden "voll", das heißt mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Dagegen gilt die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie zwischen dem Unfall und der maßgebenden Erkrankung. Nach dem in der Unfallversicherung geltenden Prinzip der wesentlichen Mitverursachung ist nur diejenige Behinderung als ursächlich für einen Unfall anzusehen, die im Verhältnis zu anderen Umständen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg und dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper- und Gesundheitsschaden und dem Arbeitsunfall ist gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf dem Unfall beruhenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und wenn die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren außer Betracht bleiben können, das heißt nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSGE 32, 203, 209; 45, 285, 286).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Auffassung gelangt, dass den übereinstimmenden gutachterlichen Voten des Dr. M. vom 23.08.2007 und 18.12.2007, des Dr. F. vom 29.11.2008 und der Dr. C. vom 03.11.2010 zu folgen ist.

Danach bestehen bei dem Kläger nunmehr vorgeschrittene Aufbraucherscheinungen der Hüftgelenke beidseits mit deutlicher Bewegungseinschränkung sowie beginnende Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule bei Zustand nach Bandscheibenoperation LWK 4/5 am 16.07.2002 ohne Funktionseinschränkung oder neurologische Ausfallerscheinungen. - Bereits bei der Rehamaßnahme in O. von August bis September 1999 ist eine Coxarthrose beidseits festgestellt worden. Insoweit handelt es sich um ein degeneratives Leiden, das innerhalb so kurzer Zeit nach dem Unfall vom 14.04.1999 nicht entstanden sein kann. - Entsprechendes gilt für die Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule. Eine am 22.04.1999 durchgeführte Computertomographie der LWS hat einen flachen links mediolateralen Bandscheibenvorfall L 4/5 bei primär relativ engem Spinalkanal L 3/4 und initiale Spondylarthrosen (degenerative Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke) gezeigt. Bei den dargestellten Veränderungen handelt es sich um degenerative Erscheinungen, die sich allmählich und nicht innerhalb einer Woche entwickeln können, so dass der Bezug zum Unfall vom 14.04.1999 nicht hergestellt werden und auch keine wesentliche Mit- oder Teilursache abgeleitet werden kann.

Die schlüssigen und übereinstimmenden Gutachten des Dr. M., des Dr. F. und der Dr. C. entsprechen auch der aktuellen herrschenden medizinischen Lehrmeinung, wie sie u.a. in Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. in Rz. 8.3.2.2 (Wirbelstauchungs- und -quetschbrüche), 8.3.2.6 (Bandscheibenverletzungen) und 8.8.5.3 (Coxarthrose) wiedergegeben ist. Bei dem Kläger hat kein Wirbelstauchungsbruch vorgelegen, sondern ein Bandscheibenvorfall, der am 17.07.2002 operiert worden ist. Eine schwere Stauchung der Lendenwirbelsäule bei einem Sturz ist zwar grundsätzlich geeignet, einen traumatischen Bandscheibenvorfall zu verursachen (Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O.). Dann hätten aber zeitnah (binnen 24 bis maximal 48 Stunden) neurologische Auffälligkeiten auftreten müssen, die jedoch nirgends aktenkundig dokumentiert sind, so bereits Dr. M. auf Seite 11 seines Gutachtens vom 23.08.2007.

Die Arthrose des Hüftgelenks (hier: beidseitige Coxarthrose) ist eine degenerative Gelenkserkrankung einhergehend mit Abnahme des Gelenkknorpels im Hüftgelenk, subcontralem Kochenumbau mit Sklerose, Zystenbildung und Pfannendachostrophyten, Bewegungseinschränkung sowie Schmerzen im Hüftgelenk. Nur ungefähr 4 bis 5 % aller Coxarthrosen werden als traumatisch bedingt gewertet. Dies gilt vor allem für das Entstehen einer sogenannten posttraumatischen Arthrose (Schönberger/Mehrtens/Va-
lentin a.a.O.). Hier haben aber alle am Verfahren beteiligten Gutachter übereinstimmend bestätigt, dass ein solcher Ausnahmefall nicht gegeben ist, weil die bei dem Kläger bestehende Coxarthrose beidseits bereits im Rahmen der Rehamaßnahme in O. von August bis September 1999 festgestellt worden ist.

Dementsprechend ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29.10.2009 zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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