Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 222/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 461/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 257/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage der Entstehung eines prosttraumatischen Belastungssyndroms nach Arbeitsunfall im Sinne von § 2 Abs. 1 SGB VII (hier: Detonation eines Aluminiumsfasses und Wegschleudern des Versicherten über ca. 8 bis 10 m).
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 20.08.2008, abgeändert durch das angenommene Teilanerkenntnis vom 24.05.2011, wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund des Arbeitsunfalls vom 13.09.1990 aufgrund einer Leidensverschlimmerung.
Der 1956 geborene Kläger, zum Unfallzeitpunkt Installateur bei der B. AG, B-Stadt, erlitt am 13.09.1990 einen Arbeitsunfall, als er ein Aluminiumfass im Feien reinigte, dieses detonierte und er dabei ca. 8 bis 10 m durch die Luft geschleudert wurde.
Dr.S., Durchgangsarzt, diagnostizierte eine schwere Schädelkontusion mit Verdacht auf Commotio cerebri, eine Kontusion des linken Ellenbogengelenks sowie des rechten Kniegelenks mit Schürfwunden und einen partiellen Hörverlust beidseits. Es habe kurzzeitige Bewusstlosigkeit bestanden.
Zur Aufklärung des Sachverhalts holte die Beklagte Gutachten des Prof.Dr.G., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 09.09.1994 und des Dr.S., Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, vom 22.09.1994 ein.
Prof.Dr.G. führte aus, die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen mit wechselnd ausgeprägten Kopfschmerzen, Störungen der Merkfähigkeit und der Konzentration, gelegentliche Schwindelerscheinungen, eine erhöhte Reizbarkeit und ein Kloßgefühl seien Folgen einer depressiven Anpassungsstörung, die als unfallunabhängig zu werten sei.
Dr.S. legte dar, die durch den Unfall verursachten gelegentlichen Ohrgeräusche beidseits sowie die Lärmempfindlichkeit bedingten eine MdE von weniger als 10 v.H.
Darauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.10.1994 die Gewährung einer Rente ab.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.1994 als unbegründet zurück.
Dagegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG).
Das SG holte Gutachten der Prof.Dr.Sch., Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, vom 20.10.1996, des Dr.W., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 26.01.1998/16.04.1998 sowie auf Antrag des Klägers ein Gutachten des Dr.V., Facharzt für Psychiatrie, vom 06.05.1997 ein. Die Beklagte legte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Prof.Dr.G. vom 23.02.1998 vor.
Prof.Dr.Sch. führte aus, der Tinnitus sei nicht Folge der Explosion, sondern allenfalls Folge des Schädeltraumas, so dass die Einholung eines neurologischen Gutachtens erforderlich sei.
Dr.W. führte aus, Folge des Unfalls sei eine posttraumatische Belastungsstörung. Tinnitus und Depression seien Teil der posttraumatischen Belastungsstörung. Die MdE sei innerhalb der ersten zwei Jahre nach dem Unfallereignis mit 40 v.H. einzuschätzen. Ab diesem Zeitpunkt sei von einer MdE von 30 v.H. auszugehen.
Dr.V. legte dar, der Unfall habe zu einer chronischen Depression geführt. Schmerzen und Befindungsstörungen, eine dauernd geschmälerte Lebensfreude und depressionsbedingte Einschränkungen der Lern- und Merkfähigkeit seien Unfallfolgen und bedingten eine MdE von 40 v.H.
Prof.Dr.G. hielt dem entgegen, dass die anhaltenden psychischen Störungen der Persönlichkeitsstruktur des Klägers zuzurechnen seien.
Mit Urteil vom 23.06.1998 änderte das SG den Bescheid vom 13.10.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.1994 dahin ab, dass als weitere Folge des Unfalls vom 13.09.1990 eine "posttraumatische Belastungsstörung" mit auf den Unfall bezogenen Angstträumen, Schlafstörungen, subjektiven Schwindelbeschwerden mit Ohrgeräuschen, Druckgefühl in beiden Ohren und Lärmempfindlichkeit anerkannt und dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab März 1994 gewährt wurde.
Dagegen legte der Kläger Berufung ein. Nach Anhörung des Dr.W. und des Prof.Dr.G. in der mündlichen Verhandlung schlossen die Beteiligten einen Vergleich, wonach beim Kläger eine unfallbedingte MdE für die Dauer vom 22.10.1990 bis 21.10.1992 in Höhe von 30 v.H., für die Dauer vom 22.10.1992 bis 21.10.1996 in Höhe von 20 v.H. bestehe und ab diesem Zeitpunkt auf weniger als 20 v.H. abgesunken sei.
Mit Ausführungsbescheid vom 21.12.1999 erkannte die Beklagte als Folge des Arbeitsunfalls vom 13.09.1999 eine "vorübergehende posttraumatische Belastungsstörung nach Explosion" an. Dem dagegen eingelegten Widerspruch half sie mit Bescheid vom 29.12.1990 insoweit ab, als die Unfallfolge nunmehr als "posttraumatische Belastungsstörung nach Explosion" bezeichnet worden ist.
Mit Neufeststellungsantrag vom 21.01.2002 machte der Kläger eine Verschlimmerung der Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung geltend. Er legte dazu eine Bescheinigung des Dr.Dr.Z., Facharzt für Psychiatrie, vom 20.12.2001 vor.
Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte einen Bericht des Dr.M., Facharzt für ... bei und holte ein Gutachten des Dr.B., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 12.02.2003 mit ergänzender Stellungnahme vom 04.06.2003 ein. Dieser führte aus, der Unfall sei nicht wesentlich ursächlich für die beim Kläger vorliegende psychosomatische Störung. Die vom Kläger vorgebrachte Verschlimmerung sei im Wesentlichen in unfallunabhängigen Stressoren begründet, wie z.B. dem Tinnitus, Schwierigkeiten am Arbeitsplatz, etc.
Darauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.03.2003 die Gewährung einer Rente ab. Es sei eine sogenannte Änderung der Wesensgrundlage der psychosomatischen Störung eingetreten.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.08.2003 als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum SG erhoben und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.03.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides 06.08.2003 zu verurteilen, dem Kläger wegen wesentlicher Verschlimmerung Rente nach einer MdE um 40 v.H. ab Verschlimmerungsantrag zu gewähren.
Das SG hat ein Gutachten des Dr.K., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 21.04.2008 und auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gutachten des Dr.V., Facharzt für Psychiatrie, vom 05.11.2005, des Prof.Dr.N., Facharzt für Chirurgie, vom 20.11.2006 und des Dr.M., Facharzt für Neurochirurgie, vom 28.11.2007 eingeholt.
Dr.K. hat ausgeführt, der Kläger leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung kombiniert mit einer depressiven Erkrankung mit begleitenden somatischen Beschwerden. Diese Erkrankungen seien wesentlich auf das Unfallereignis zurückzuführen. Eine Trennung des Krankheitsbildes sei nicht möglich. Ein Abklingen des unfallbedingten Teils der Symptomatik sei auch nicht nachvollziehbar. Nach dem Gesamtbild und dem Ausprägungsgrad der plausibel dargestellten Beschwerden betrage die MdE seit dem Verschlimmerungsantrag 40 v.H.
Dr.V. führte aus, die bestehende posttraumatische Belastungsstörung sei mit weniger als 20 v.H. einzuschätzen. Es sei eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verstärkung und Chronifizierung der depressiven Symptomatik eingetreten, die indessen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen sei. Im Vordergrund stünden derzeit mittelschwer ausgeprägte depressive Phänomene, die nicht der posttraumatischen Belastungsstörung zugeordnet werden könnten.
Prof.Dr.N. hat dargelegt, hinsichtlich des rechten Schultergelenkes sei keine Verschlimmerung festzustellen. Das Gleiche gelte für den Rippenbrustkorb und die Lunge.
Dr.M. hat ausgeführt, es seien im Bereich des Kopfes keine Gesundheitsstörungen festzustellen, die auf den Unfall zurückgeführt werden könnten. Im Vordergrund stehe eine depressive Symptomatik, die psychiatrisch zu beurteilen sei.
Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme des Prof.Dr.St., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 23.06.2008 vorgelegt.
Prof.Dr.St. hat dargelegt, es fehlten bereits die Voraussetzungen für eine posttraumatische Belastungsstörung. Die bestehende depressive Erkrankung sei unfallunabhängig zu werten.
Mit Urteil vom 20.08.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich dabei auf das Gutachten des Dr.V. und des Dr.B. gestützt. Dem Gutachten des Dr.K. ist es nicht gefolgt. Mit zunehmendem zeitlichem Abstand zu dem Ereignis sei es zu einer sogenannten "Verschiebung der Wesensgrundlage" gekommen. Nunmehr seien unfallunabhängige Faktoren wie Tinnitus oder Stresssituationen am Arbeitsplatz dominierend für die bestehenden Gesundheitsstörungen.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Er hat sich dabei auf das Gutachten des Dr.K. berufen und auf ein Gutachten des Dr.D., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie vom 22.04.2009, das im Rahmen eines Schwerbehindertenverfahrens eingeholt worden ist. Dieser habe ausgeführt, dass beim Kläger eine seelische Störung bestehe, die auf einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer Somatisierungsstörung sowie einer gemischten Angst- und depressiven Störung basiere. Dr.B., Facharzt für Orthopädie, habe zudem eine Periarthropathia Humero-scapularis rechts bei Zustand nach massivem Anpralltrauma beschrieben.
Der Senat hat ein Gutachten der Dr.E., Fachärztin Für Neurologie und Psychiatrie, vom 12.11.2009 sowie auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ein Gutachten des Prof.Dr.C., Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde mit psychologischem Zusatzgutachten des Dr.Sch. vom 11.05.2010 eingeholt. Die Beklagte hat beratungsärztliche Stellungnahmen des Prof.Dr.T., Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, vom 02.08.2010 und des Prof.Dr.St., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 06.10.2010 vorgelegt.
Dr.E. hat ausgeführt, bei den nun mehr geltend gemachten Gesundheitsstörungen handele es sich nicht um eine posttraumatische Belastungsstörung in engerem Sinne. Beim Kläger liege vielmehr ein Symptomkomplex aus Angstspektrumerkrankung, Depression und somatoformer Schmerzstörung vor. Diese Erkrankungen seien nicht wesentlich auf as Unfallereignis vom 13.09.1990 zurückzuführen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass bereits vor dem Unfall eine Klaustrophobie und Hyperventilationsneigung aufgrund einer traumatisch wirkenden Lungenembolie nach einer Leistenbruchoperation 1983 bestanden habe. Eine Angstspektrumerkrankung sei daher schon vor dem Unfall gesichert. Die darüber hinaus bestehenden Krankheitserscheinungen mit Depression, somatoformer Schmerzstörung seien unfallunabhängig zu werten. Dabei sei die Persönlichkeit des Klägers zu berücksichtigen sowie Belastungen im familiären und beruflichen Bereich.
Prof.Dr.C. hat den Tinnitus als unfallabhängig bewertet. Dieser sei Teil der posttraumatischen Belastungsstörung, so dass sich insgesamt eine MdE von 40 v.H. begründen lasse.
Prof.Dr.T. hat den Tinnitus ebenfalls als unfallbedingt eingeschätzt und mit einer MdE von 10 v.H. bewertet.
Prof.Dr.St. hat seine bisherigen Ausführungen aufrecht erhalten.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2011 den Tinnitus beidseits mit einer MdE von 10 v.H. anerkannt. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger angenommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 20.08.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.03.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.08.2003, abgeändert durch das Teilanerkenntnis vom 24.05.2011, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von 40 v.H. ab Antragstellung (23.01.2002) aufgrund des Unfalls vom 13.09.1990 zu gewähren, hilfsweise ein weiteres Gutachten auf nervenfachärztlichem Fachgebiet einzuholen, hilfsweise eine weitere Antragstellung nach § 109 SGG auf nervenfachärztlichem Fachgebiet zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 20.08.2008 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten sowie der Akten unter dem Az.: S 5 SB 91/05 und L 15 SB 1/09 hingewiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 20.08.2008 und der Bescheid der Beklagten vom 13.03.203 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.08.2003, abgeändert durch das Teilanerkenntnis vom 24.05.2011, sind nicht zu beanstanden, weil der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen und auf die Gewährung von Verletztenrente hat.
Nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung Eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.
Nach § 56 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) haben Versicherte Anspruch auf eine Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um mindestens 20 vom Hundert (v.H.) gemindert ist.
Gesundheits- oder Körperschäden sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf den Unfall zurückzuführen sind. Dabei müssen die Gesundheits- und Körperschäden "voll", d.h. mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Dagegen gilt die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie zwischen dem Unfall und der maßgebenden Erkrankung. Nach dem in der Unfallversicherung geltenden Prinzip der wesentlichen Mitverursachung ist nur diejenige Bedingung als ursächlich für einen Unfall anzusehen, die im Verhältnis zu anderen Umständen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg und dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper- und Gesundheitsschaden und dem Arbeitsunfall ist gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf dem Unfall beruhenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann, und wenn die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren außer Betracht bleiben können, das heißt nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSGE 32, 203, 209; 45, 285, 286).
Die vorstehend dargelegten Grundsätze der unfallrechtlichen Kausalitätslehre gelten auch bei der schwierigen Zusammenhangsbeurteilung psychischer Reaktionen auf Arbeitsunfälle (vgl. dazu BSGE 18, 173, 177; 19, 275, 278; BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R). Akute abnorme Reaktionen kommen danach als Unfallfolge dann ohne Weiteres in Betracht, wenn sich die Symptome unmittelbar nach dem schädigenden Ereignis entwickelt haben, das mit einer so schweren seelischen Belastung verbunden war, dass auch mit gewöhnlicher seelischer Reaktionsweise eine ausgeprägte Reaktion zu erwarten gewesen wäre. In der Regel klingen die psychischen Folgen in wenigen Monaten, selten im Verlauf von einem bis zwei Jahren ab. Bleiben sie bestehen oder verstärken sich sogar, deutet dies auf eine besondere Disposition des Verletzten zu neurotischen Störungen hin, so dass sich die Frage der Wesentlichkeit der Anlage im Vergleich zum Trauma stellt.
Dabei ist u.a. zu prüfen, ob das Unfallereignis und seine organischen Auswirkungen ihrer Eigenart und Stärke nach unersetzlich, d.h. z.B. nicht mit anderen alltäglich vorkommenden Ereignissen austauschbar sind oder ob eine entsprechende psychische Anlage so leicht "ansprechbar" war, dass sie gegenüber den psychischen Auswirkungen des Unfallereignisses die rechtlich allein wesentliche Ursache ist.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war festzustellen, dass der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung gelitten hat, wie dies auch die Beklagte bestandskräftig anerkannt hat. Die diesbezüglichen Gesundheitsstörungen sind indessen nach Ablauf einer bestimmten Zeit abgeklungen. Dementsprechend wurde auch in der mündlichen Verhandlung vom 16.11.1999 beim Bayer. Landessozialgericht ein Vergleich dahingehend geschlossen, dass ab dem 21.10.1996 die MdE auf weniger als 20 v.H. abgesunken war. Die beim Kläger heute vorliegenden Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet mit einer Angstspektrumerkrankung, Depression und einer somatoformen Schmerzstörung sind indessen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 13.09.1990 zurückzuführen. Die Ursache von Angststörungen und depressiven Erkrankungen sind vielfältig. Eine genetische Komponente kommt dabei ebenso zum Tragen wie Funktionsstörungen oder psychologische Faktoren. Dr.E. hat für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass die beim Kläger vorliegende Angstspektrumerkrankung bereits vor dem Unfall gegeben war. Entsprechende Auffälligkeiten mit Klaustrophobie und Hyperventilationsneigung waren bereits im Rahmen einer Leistenbruchoperation am 03.08.1983 festgestellt worden und im Rahmen eines Heilverfahrens in Bad Reichenhall vom 10.09. bis 08.10.1987. Hinsichtlich der weiterhin bestehenden depressiven Erkrankung und der somatoformen Schmerzstörung waren eine Vielzahl von Risikofaktoren gegeben, die den Ausbruch dieser Erkrankungen begünstigen können. Dr.E. hat insoweit auf die Persönlichkeitsstruktur mit zwanghaften Zügen hingewiesen. Auch die beim Kläger vorliegende Schmerzerkrankung ist als unfallunabhängig zu werten. Neben organischen Ursachen kommen zumindest im Sinne einer Verstärkung auch Ereignisse in der Biographie des Klägers in Betracht. Ungünstig zu werten ist in diesem Zusammenhang die sehr hohe Leistungserwartung des Klägers vor allem im beruflichen Bereich. Ein Zusammenhang mit dem Unfall kann nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.
Das Gutachten des Dr.K. konnte nicht überzeugen. Es berücksichtigt zu wenig, dass beim Kläger psychische Auffälligkeiten bereits vor dem Unfall vorhanden waren und lässt eine ausreichende Auseinandersetzung mit den unfallversicherungsrechtlichen Grundsätzen, insbesondere der medizinischen Gutachtensliteratur, vermissen.
Das Gutachten des Dr.D., das im Rahmen des Schwerbehindertenverfahrens (Az.: L 15 SB 1/09) eingeholt worden ist, beschreibt allein die bestehenden Gesundheitsstörungen. Hinsichtlich der Ursache der Erkrankungen lässt es entsprechend seiner Zielrichtung verwertbare Aussagen vermissen.
Prof.Dr.C. hat sich ebenfalls mit den psychiatrischen Erkrankungen des Klägers und deren Ursache nicht ausreichend auseinandergesetzt.
Auf orthopädischem Fachgebiet sind keine weiteren Unfallfolgen festzustellen. Insbesondere sind keine bleibenden Schäden im Schulterbereich und im Bereich des rechten Knies gegeben. Es fehlt bereits das entsprechende Erstschadensbild. Dr.S. hat lediglich eine Kontusion des linken Ellenbogengelenks sowie des rechten Kniegelenkes mit Schürfwunden festgestellt. Es haben keine Hinweise auf eine Fraktur, eine Luxation oder Verletzung des Bandapparates bestanden. Die beim Kläger heute vorliegenden Beschwerden auf orthopädischem Fachgebiet im Bereich der Halswirbelsäule, der Lendenwirbelsäule, der Schulter und der Knie sind nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen.
Eine weitere Begutachtung von Amts wegen war nicht erforderlich, da der Sachverhalt ausreichend aufgeklärt ist.
Dem Antrag, ein weiteres Gutachten auf nervenfachärztlichem Gebiet nach § 109 SGG einzuholen, war nicht stattzugeben, da dieser Antrag erst in der mündlichen Verhandlung am 24.05.2011 und damit verspätet gestellt worden ist. Die Klägerin hatte ausreichend Gelegenheit, einen entsprechenden Antrag fristgemäß zu stellen (vgl. Fristsetzung des Senats zum 30.06.2010 mit Schreiben vom 31.05.2010).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund des Arbeitsunfalls vom 13.09.1990 aufgrund einer Leidensverschlimmerung.
Der 1956 geborene Kläger, zum Unfallzeitpunkt Installateur bei der B. AG, B-Stadt, erlitt am 13.09.1990 einen Arbeitsunfall, als er ein Aluminiumfass im Feien reinigte, dieses detonierte und er dabei ca. 8 bis 10 m durch die Luft geschleudert wurde.
Dr.S., Durchgangsarzt, diagnostizierte eine schwere Schädelkontusion mit Verdacht auf Commotio cerebri, eine Kontusion des linken Ellenbogengelenks sowie des rechten Kniegelenks mit Schürfwunden und einen partiellen Hörverlust beidseits. Es habe kurzzeitige Bewusstlosigkeit bestanden.
Zur Aufklärung des Sachverhalts holte die Beklagte Gutachten des Prof.Dr.G., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 09.09.1994 und des Dr.S., Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, vom 22.09.1994 ein.
Prof.Dr.G. führte aus, die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen mit wechselnd ausgeprägten Kopfschmerzen, Störungen der Merkfähigkeit und der Konzentration, gelegentliche Schwindelerscheinungen, eine erhöhte Reizbarkeit und ein Kloßgefühl seien Folgen einer depressiven Anpassungsstörung, die als unfallunabhängig zu werten sei.
Dr.S. legte dar, die durch den Unfall verursachten gelegentlichen Ohrgeräusche beidseits sowie die Lärmempfindlichkeit bedingten eine MdE von weniger als 10 v.H.
Darauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.10.1994 die Gewährung einer Rente ab.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.1994 als unbegründet zurück.
Dagegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG).
Das SG holte Gutachten der Prof.Dr.Sch., Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, vom 20.10.1996, des Dr.W., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 26.01.1998/16.04.1998 sowie auf Antrag des Klägers ein Gutachten des Dr.V., Facharzt für Psychiatrie, vom 06.05.1997 ein. Die Beklagte legte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Prof.Dr.G. vom 23.02.1998 vor.
Prof.Dr.Sch. führte aus, der Tinnitus sei nicht Folge der Explosion, sondern allenfalls Folge des Schädeltraumas, so dass die Einholung eines neurologischen Gutachtens erforderlich sei.
Dr.W. führte aus, Folge des Unfalls sei eine posttraumatische Belastungsstörung. Tinnitus und Depression seien Teil der posttraumatischen Belastungsstörung. Die MdE sei innerhalb der ersten zwei Jahre nach dem Unfallereignis mit 40 v.H. einzuschätzen. Ab diesem Zeitpunkt sei von einer MdE von 30 v.H. auszugehen.
Dr.V. legte dar, der Unfall habe zu einer chronischen Depression geführt. Schmerzen und Befindungsstörungen, eine dauernd geschmälerte Lebensfreude und depressionsbedingte Einschränkungen der Lern- und Merkfähigkeit seien Unfallfolgen und bedingten eine MdE von 40 v.H.
Prof.Dr.G. hielt dem entgegen, dass die anhaltenden psychischen Störungen der Persönlichkeitsstruktur des Klägers zuzurechnen seien.
Mit Urteil vom 23.06.1998 änderte das SG den Bescheid vom 13.10.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.1994 dahin ab, dass als weitere Folge des Unfalls vom 13.09.1990 eine "posttraumatische Belastungsstörung" mit auf den Unfall bezogenen Angstträumen, Schlafstörungen, subjektiven Schwindelbeschwerden mit Ohrgeräuschen, Druckgefühl in beiden Ohren und Lärmempfindlichkeit anerkannt und dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab März 1994 gewährt wurde.
Dagegen legte der Kläger Berufung ein. Nach Anhörung des Dr.W. und des Prof.Dr.G. in der mündlichen Verhandlung schlossen die Beteiligten einen Vergleich, wonach beim Kläger eine unfallbedingte MdE für die Dauer vom 22.10.1990 bis 21.10.1992 in Höhe von 30 v.H., für die Dauer vom 22.10.1992 bis 21.10.1996 in Höhe von 20 v.H. bestehe und ab diesem Zeitpunkt auf weniger als 20 v.H. abgesunken sei.
Mit Ausführungsbescheid vom 21.12.1999 erkannte die Beklagte als Folge des Arbeitsunfalls vom 13.09.1999 eine "vorübergehende posttraumatische Belastungsstörung nach Explosion" an. Dem dagegen eingelegten Widerspruch half sie mit Bescheid vom 29.12.1990 insoweit ab, als die Unfallfolge nunmehr als "posttraumatische Belastungsstörung nach Explosion" bezeichnet worden ist.
Mit Neufeststellungsantrag vom 21.01.2002 machte der Kläger eine Verschlimmerung der Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung geltend. Er legte dazu eine Bescheinigung des Dr.Dr.Z., Facharzt für Psychiatrie, vom 20.12.2001 vor.
Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte einen Bericht des Dr.M., Facharzt für ... bei und holte ein Gutachten des Dr.B., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 12.02.2003 mit ergänzender Stellungnahme vom 04.06.2003 ein. Dieser führte aus, der Unfall sei nicht wesentlich ursächlich für die beim Kläger vorliegende psychosomatische Störung. Die vom Kläger vorgebrachte Verschlimmerung sei im Wesentlichen in unfallunabhängigen Stressoren begründet, wie z.B. dem Tinnitus, Schwierigkeiten am Arbeitsplatz, etc.
Darauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.03.2003 die Gewährung einer Rente ab. Es sei eine sogenannte Änderung der Wesensgrundlage der psychosomatischen Störung eingetreten.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.08.2003 als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum SG erhoben und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.03.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides 06.08.2003 zu verurteilen, dem Kläger wegen wesentlicher Verschlimmerung Rente nach einer MdE um 40 v.H. ab Verschlimmerungsantrag zu gewähren.
Das SG hat ein Gutachten des Dr.K., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 21.04.2008 und auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gutachten des Dr.V., Facharzt für Psychiatrie, vom 05.11.2005, des Prof.Dr.N., Facharzt für Chirurgie, vom 20.11.2006 und des Dr.M., Facharzt für Neurochirurgie, vom 28.11.2007 eingeholt.
Dr.K. hat ausgeführt, der Kläger leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung kombiniert mit einer depressiven Erkrankung mit begleitenden somatischen Beschwerden. Diese Erkrankungen seien wesentlich auf das Unfallereignis zurückzuführen. Eine Trennung des Krankheitsbildes sei nicht möglich. Ein Abklingen des unfallbedingten Teils der Symptomatik sei auch nicht nachvollziehbar. Nach dem Gesamtbild und dem Ausprägungsgrad der plausibel dargestellten Beschwerden betrage die MdE seit dem Verschlimmerungsantrag 40 v.H.
Dr.V. führte aus, die bestehende posttraumatische Belastungsstörung sei mit weniger als 20 v.H. einzuschätzen. Es sei eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verstärkung und Chronifizierung der depressiven Symptomatik eingetreten, die indessen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen sei. Im Vordergrund stünden derzeit mittelschwer ausgeprägte depressive Phänomene, die nicht der posttraumatischen Belastungsstörung zugeordnet werden könnten.
Prof.Dr.N. hat dargelegt, hinsichtlich des rechten Schultergelenkes sei keine Verschlimmerung festzustellen. Das Gleiche gelte für den Rippenbrustkorb und die Lunge.
Dr.M. hat ausgeführt, es seien im Bereich des Kopfes keine Gesundheitsstörungen festzustellen, die auf den Unfall zurückgeführt werden könnten. Im Vordergrund stehe eine depressive Symptomatik, die psychiatrisch zu beurteilen sei.
Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme des Prof.Dr.St., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 23.06.2008 vorgelegt.
Prof.Dr.St. hat dargelegt, es fehlten bereits die Voraussetzungen für eine posttraumatische Belastungsstörung. Die bestehende depressive Erkrankung sei unfallunabhängig zu werten.
Mit Urteil vom 20.08.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich dabei auf das Gutachten des Dr.V. und des Dr.B. gestützt. Dem Gutachten des Dr.K. ist es nicht gefolgt. Mit zunehmendem zeitlichem Abstand zu dem Ereignis sei es zu einer sogenannten "Verschiebung der Wesensgrundlage" gekommen. Nunmehr seien unfallunabhängige Faktoren wie Tinnitus oder Stresssituationen am Arbeitsplatz dominierend für die bestehenden Gesundheitsstörungen.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Er hat sich dabei auf das Gutachten des Dr.K. berufen und auf ein Gutachten des Dr.D., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie vom 22.04.2009, das im Rahmen eines Schwerbehindertenverfahrens eingeholt worden ist. Dieser habe ausgeführt, dass beim Kläger eine seelische Störung bestehe, die auf einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer Somatisierungsstörung sowie einer gemischten Angst- und depressiven Störung basiere. Dr.B., Facharzt für Orthopädie, habe zudem eine Periarthropathia Humero-scapularis rechts bei Zustand nach massivem Anpralltrauma beschrieben.
Der Senat hat ein Gutachten der Dr.E., Fachärztin Für Neurologie und Psychiatrie, vom 12.11.2009 sowie auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ein Gutachten des Prof.Dr.C., Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde mit psychologischem Zusatzgutachten des Dr.Sch. vom 11.05.2010 eingeholt. Die Beklagte hat beratungsärztliche Stellungnahmen des Prof.Dr.T., Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, vom 02.08.2010 und des Prof.Dr.St., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 06.10.2010 vorgelegt.
Dr.E. hat ausgeführt, bei den nun mehr geltend gemachten Gesundheitsstörungen handele es sich nicht um eine posttraumatische Belastungsstörung in engerem Sinne. Beim Kläger liege vielmehr ein Symptomkomplex aus Angstspektrumerkrankung, Depression und somatoformer Schmerzstörung vor. Diese Erkrankungen seien nicht wesentlich auf as Unfallereignis vom 13.09.1990 zurückzuführen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass bereits vor dem Unfall eine Klaustrophobie und Hyperventilationsneigung aufgrund einer traumatisch wirkenden Lungenembolie nach einer Leistenbruchoperation 1983 bestanden habe. Eine Angstspektrumerkrankung sei daher schon vor dem Unfall gesichert. Die darüber hinaus bestehenden Krankheitserscheinungen mit Depression, somatoformer Schmerzstörung seien unfallunabhängig zu werten. Dabei sei die Persönlichkeit des Klägers zu berücksichtigen sowie Belastungen im familiären und beruflichen Bereich.
Prof.Dr.C. hat den Tinnitus als unfallabhängig bewertet. Dieser sei Teil der posttraumatischen Belastungsstörung, so dass sich insgesamt eine MdE von 40 v.H. begründen lasse.
Prof.Dr.T. hat den Tinnitus ebenfalls als unfallbedingt eingeschätzt und mit einer MdE von 10 v.H. bewertet.
Prof.Dr.St. hat seine bisherigen Ausführungen aufrecht erhalten.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2011 den Tinnitus beidseits mit einer MdE von 10 v.H. anerkannt. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger angenommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 20.08.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.03.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.08.2003, abgeändert durch das Teilanerkenntnis vom 24.05.2011, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von 40 v.H. ab Antragstellung (23.01.2002) aufgrund des Unfalls vom 13.09.1990 zu gewähren, hilfsweise ein weiteres Gutachten auf nervenfachärztlichem Fachgebiet einzuholen, hilfsweise eine weitere Antragstellung nach § 109 SGG auf nervenfachärztlichem Fachgebiet zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 20.08.2008 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten sowie der Akten unter dem Az.: S 5 SB 91/05 und L 15 SB 1/09 hingewiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 20.08.2008 und der Bescheid der Beklagten vom 13.03.203 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.08.2003, abgeändert durch das Teilanerkenntnis vom 24.05.2011, sind nicht zu beanstanden, weil der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen und auf die Gewährung von Verletztenrente hat.
Nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung Eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.
Nach § 56 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) haben Versicherte Anspruch auf eine Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um mindestens 20 vom Hundert (v.H.) gemindert ist.
Gesundheits- oder Körperschäden sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf den Unfall zurückzuführen sind. Dabei müssen die Gesundheits- und Körperschäden "voll", d.h. mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Dagegen gilt die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie zwischen dem Unfall und der maßgebenden Erkrankung. Nach dem in der Unfallversicherung geltenden Prinzip der wesentlichen Mitverursachung ist nur diejenige Bedingung als ursächlich für einen Unfall anzusehen, die im Verhältnis zu anderen Umständen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg und dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper- und Gesundheitsschaden und dem Arbeitsunfall ist gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf dem Unfall beruhenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann, und wenn die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren außer Betracht bleiben können, das heißt nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSGE 32, 203, 209; 45, 285, 286).
Die vorstehend dargelegten Grundsätze der unfallrechtlichen Kausalitätslehre gelten auch bei der schwierigen Zusammenhangsbeurteilung psychischer Reaktionen auf Arbeitsunfälle (vgl. dazu BSGE 18, 173, 177; 19, 275, 278; BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R). Akute abnorme Reaktionen kommen danach als Unfallfolge dann ohne Weiteres in Betracht, wenn sich die Symptome unmittelbar nach dem schädigenden Ereignis entwickelt haben, das mit einer so schweren seelischen Belastung verbunden war, dass auch mit gewöhnlicher seelischer Reaktionsweise eine ausgeprägte Reaktion zu erwarten gewesen wäre. In der Regel klingen die psychischen Folgen in wenigen Monaten, selten im Verlauf von einem bis zwei Jahren ab. Bleiben sie bestehen oder verstärken sich sogar, deutet dies auf eine besondere Disposition des Verletzten zu neurotischen Störungen hin, so dass sich die Frage der Wesentlichkeit der Anlage im Vergleich zum Trauma stellt.
Dabei ist u.a. zu prüfen, ob das Unfallereignis und seine organischen Auswirkungen ihrer Eigenart und Stärke nach unersetzlich, d.h. z.B. nicht mit anderen alltäglich vorkommenden Ereignissen austauschbar sind oder ob eine entsprechende psychische Anlage so leicht "ansprechbar" war, dass sie gegenüber den psychischen Auswirkungen des Unfallereignisses die rechtlich allein wesentliche Ursache ist.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war festzustellen, dass der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung gelitten hat, wie dies auch die Beklagte bestandskräftig anerkannt hat. Die diesbezüglichen Gesundheitsstörungen sind indessen nach Ablauf einer bestimmten Zeit abgeklungen. Dementsprechend wurde auch in der mündlichen Verhandlung vom 16.11.1999 beim Bayer. Landessozialgericht ein Vergleich dahingehend geschlossen, dass ab dem 21.10.1996 die MdE auf weniger als 20 v.H. abgesunken war. Die beim Kläger heute vorliegenden Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet mit einer Angstspektrumerkrankung, Depression und einer somatoformen Schmerzstörung sind indessen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 13.09.1990 zurückzuführen. Die Ursache von Angststörungen und depressiven Erkrankungen sind vielfältig. Eine genetische Komponente kommt dabei ebenso zum Tragen wie Funktionsstörungen oder psychologische Faktoren. Dr.E. hat für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass die beim Kläger vorliegende Angstspektrumerkrankung bereits vor dem Unfall gegeben war. Entsprechende Auffälligkeiten mit Klaustrophobie und Hyperventilationsneigung waren bereits im Rahmen einer Leistenbruchoperation am 03.08.1983 festgestellt worden und im Rahmen eines Heilverfahrens in Bad Reichenhall vom 10.09. bis 08.10.1987. Hinsichtlich der weiterhin bestehenden depressiven Erkrankung und der somatoformen Schmerzstörung waren eine Vielzahl von Risikofaktoren gegeben, die den Ausbruch dieser Erkrankungen begünstigen können. Dr.E. hat insoweit auf die Persönlichkeitsstruktur mit zwanghaften Zügen hingewiesen. Auch die beim Kläger vorliegende Schmerzerkrankung ist als unfallunabhängig zu werten. Neben organischen Ursachen kommen zumindest im Sinne einer Verstärkung auch Ereignisse in der Biographie des Klägers in Betracht. Ungünstig zu werten ist in diesem Zusammenhang die sehr hohe Leistungserwartung des Klägers vor allem im beruflichen Bereich. Ein Zusammenhang mit dem Unfall kann nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.
Das Gutachten des Dr.K. konnte nicht überzeugen. Es berücksichtigt zu wenig, dass beim Kläger psychische Auffälligkeiten bereits vor dem Unfall vorhanden waren und lässt eine ausreichende Auseinandersetzung mit den unfallversicherungsrechtlichen Grundsätzen, insbesondere der medizinischen Gutachtensliteratur, vermissen.
Das Gutachten des Dr.D., das im Rahmen des Schwerbehindertenverfahrens (Az.: L 15 SB 1/09) eingeholt worden ist, beschreibt allein die bestehenden Gesundheitsstörungen. Hinsichtlich der Ursache der Erkrankungen lässt es entsprechend seiner Zielrichtung verwertbare Aussagen vermissen.
Prof.Dr.C. hat sich ebenfalls mit den psychiatrischen Erkrankungen des Klägers und deren Ursache nicht ausreichend auseinandergesetzt.
Auf orthopädischem Fachgebiet sind keine weiteren Unfallfolgen festzustellen. Insbesondere sind keine bleibenden Schäden im Schulterbereich und im Bereich des rechten Knies gegeben. Es fehlt bereits das entsprechende Erstschadensbild. Dr.S. hat lediglich eine Kontusion des linken Ellenbogengelenks sowie des rechten Kniegelenkes mit Schürfwunden festgestellt. Es haben keine Hinweise auf eine Fraktur, eine Luxation oder Verletzung des Bandapparates bestanden. Die beim Kläger heute vorliegenden Beschwerden auf orthopädischem Fachgebiet im Bereich der Halswirbelsäule, der Lendenwirbelsäule, der Schulter und der Knie sind nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen.
Eine weitere Begutachtung von Amts wegen war nicht erforderlich, da der Sachverhalt ausreichend aufgeklärt ist.
Dem Antrag, ein weiteres Gutachten auf nervenfachärztlichem Gebiet nach § 109 SGG einzuholen, war nicht stattzugeben, da dieser Antrag erst in der mündlichen Verhandlung am 24.05.2011 und damit verspätet gestellt worden ist. Die Klägerin hatte ausreichend Gelegenheit, einen entsprechenden Antrag fristgemäß zu stellen (vgl. Fristsetzung des Senats zum 30.06.2010 mit Schreiben vom 31.05.2010).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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