L 6 R 924/10

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 R 796/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 924/10
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Berechnung der Berufungsfrist und Verwerfung einer Berufung als unzulässig bei Versäumnis der Berufungsfrist.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 29.06.2010 wird verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger Beiträge zu erstatten oder hieraus eine Altersrente zu leisten hat.

Der Kläger hatte mit Schreiben an die Beklagte vom 21.02.2007 die Erstattung der von ihm zur Deutschen Rentenversicherung geleisteten Beiträge beantragt und Beweisurkunden eingereicht, die seinen Aufenthalt sowie seine Beschäftigung in Deutschland belegen sollten. Diese Urkunden weisen jedoch unterschiedliche Namen, Geburtsdaten und Geburtsorte aus.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2009 lehnte die Beklagte den Erstattungsantrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, der Nachweis einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bzw. Beitragsleistung in Deutschland sei nicht erbracht worden. Denn die Nachforschungen zu den einzelnen Angaben seien ergebnislos verlaufen, nachdem der Kläger - trotz Aufforderung seitens der Beklagten - keine Identitätsbescheinigungen eingereicht habe.

Die hiergegen am 08.09.2009 erhobene Klage hat die 3. Kammer des Sozialgerichts Augsburg - nach Anhörung der Beteiligten - mit Gerichtsbescheid vom 29.06.2010 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, soweit der Kläger Altersrente mit seiner Klage beantragt habe, sei die Klage mangels einer entsprechenden Verwaltungsentscheidung unzulässig. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Denn der Kläger habe den ihm obliegenden Nachweis für seine Behauptung, in der Zeit von 1962 bis 1967 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet zu haben, nicht erbracht. Insoweit seien die Nachforschungen der Beklagten und des Gerichts unter den vom Kläger angegebenen Namen jeweils negativ verlaufen, indem entweder keine Rentenbeitragsleistung oder eine Beitragserstattung nach § 1303 Reichsversicherungsordnung (RVO) für die jeweils benannten Personen bestätigt worden seien. Dieser Gerichtsbescheid war mit der Rechtsmittelbelehrung versehen, dass die Berufungsfrist für den Kläger drei Monate betrage.
Mit Beschluss - ebenfalls vom 29.06.2010 - hat das SG mit entsprechender Begründung den mit der Klage eingereichten Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe (PKH) mangels Erfolgsaussicht abgelehnt.
Beide Entscheidungen des Sozialgerichts sind dem Kläger laut Rückschein am 21.07.2010 an seinem Wohnort in M. zugestellt worden.

Die am 29.10.2010 beim Sozialgericht Augsburg eingegangene Berufung sowie den zugleich gestellten Antrag auf Gewährung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts hat der Kläger damit begründet, dass die Ablehnung von Altersrente - trotz seiner Arbeitstätigkeit in einem Land, in dem die Menschenrechte respektiert würden - nicht gerecht sei.

Der Senat hat den Kläger mit Schreiben vom 06.12.2010 um weitere Begründung gebeten, da anderenfalls das Rechtsmittel und der PKH- Antrag ohne Aussicht auf Erfolg seien. Mit weiterem Schreiben des Gerichts vom 21.12.2010 ist dem Kläger ferner der Schriftsatz der Beklagten vom 16.12.2010, mit dem die Beklagte die Verfristung der Berufung geltend gemacht hat, zur Beachtung in seiner Stellungnahme zugeleitet worden.
Nachdem eine Reaktion des Klägers hierzu nicht erfolgt ist, hat der Senat mit Beschluss vom 23.02.2011 - dem Kläger zugestellt am 15.03.2011 - den PKH- Antrag mangels Erfolgsaussicht abgelehnt. Mit weiterem Beschluss vom 17.05.2011 ist die Berufung dem Berichterstatter übertragen worden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 29.06.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aus den in der Zeit von 1962 bis 1967 zur gesetzlichen Rentenversicherung geleisteten Rentenbeiträgen eine Altersrente zu gewähren oder ihm die Arbeitnehmeranteile zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zu verwerfen,
hilfsweise zurückzuweisen.

Sie macht geltend, die Berufung sei nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt worden. Ferner hält sie die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg für zutreffend.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Beklagtenakte, der Akte des Sozialgerichts sowie der Akte des Landessozialgerichts Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die Berufung ist nach 158 Sozialgerichtsgesetz (- SGG -) als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht fristgerecht eingelegt wurde. Hiernach ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft ist oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wurde.

Nach § 151 Abs.1 i.V.m. § 153 Abs.1 i.V.m. § 87 Abs.1 Satz 2 SGG ist die Berufung innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung im Ausland einzulegen. Die Rechtsmittelbelehrung im Gerichtsbescheid vom 29.06.2010 hat hierauf zutreffend hingewiesen. Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger ferner ordnungsgemäß bekannt gegeben worden. Aus den Akten des Sozialgerichts ergibt sich, dass der Kläger den Gerichtsbescheid am 21.07.2010 erhielt. Die Berufungsschrift des Klägers ist zunächst beim Sozialgericht Augsburg am 29.10.2010 eingegangen. Damit ist die Berufungsfrist offensichtlich nicht erfüllt:

Gemäß § 64 Abs.1 SGG beginnt der Lauf einer Frist grundsätzlich mit dem Tage nach der Zustellung. Nachdem der Gerichtsbescheid - ausweislich des Rückscheines - dem Kläger am 21.07.2010 ausgehändigt wurde, erfolgte an diesem Tage die Zustellung (§ 63 Abs.2 Satz 1 SGG). Die 3-Monatsfrist zur Einlegung der Berufung begann nach § 64 Abs.1 SGG mit dem Tage nach der Zustellung (also am 22.07.2010) und endete gemäß § 64 Abs.2 SGG am Donnerstag, den 21.10.2010, 24.00 Uhr (vgl. hierzu z.B. Urteil des 13. Senats des BSG vom 16.11.2000, B 13 RJ 3/99 R). Die Berufungsfrist, die gemäß § 151 Abs.2 Satz 1 SGG auch bei fristgerechtem Eingang beim Sozialgericht gewahrt sein kann, ist damit im konkreten Falle überschritten worden.

Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind ferner nicht erfüllt: Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 67 Abs.1 SGG). Die Tatsachen zur Begründung des Antrages sollen glaubhaft gemacht werden (§ 67 Abs.2 Satz 2 SGG). Der Kläger hat weder auf das Schreiben des Gerichts vom 21.12.2010 noch auf den ablehnenden PKH- Beschluss vom 23.02.2011 Gründe für seine Fristversäumnis geltend gemacht. Auch dem Akteninhalt sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der Kläger ohne Verschulden verhindert gewesen wäre, die Berufungsfrist einzuhalten.

Nach alle dem war die Berufung des Klägers als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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