Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 AS 73/11 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 262/11 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
wegen einstweiliger Anordnung
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 24.02.2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Streitig ist die Bewilligung von (weiteren) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die Antragstellerin (ASt) bezieht seit Juni 2010 Alg II vom Antragsgegner (Ag), die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebende Tochter Sozialgeld. Bei Antragstellung gab die ASt an, die Miete für das von ihr und ihrer Tochter bewohnte Haus mit 155 qm betrage 950 EUR zzgl kalter Nebenkosten von 130 EUR und Heizkosten von 120 EUR jeweils monatlich. Bei einer Vorsprache am 17.06.2010 erklärte sie sich damit einverstanden, dass vom Ag von Beginn an nur die angemessenen Unterkunftskosten iHv 355 EUR als Bedarf anerkannt würden.
Mit Bescheid vom 22.09.2010 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2011 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.03.2011) wurden Leistungen für die Zeit vom 01.06.2010 bis 31.10.2010 bewilligt. Über eine dagegen erhobene Klage vor dem Sozialgericht Würzburg (SG), Az S 9 AS 198/11, wurde bislang noch nicht entschieden.
Mit Bescheid vom 12.10.2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23.02.2011, 28.03.2011 und 07.04.2011 bewilligte der Ag Leistungen für die Zeit 01.11.2010 bis 30.04.2011. Im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft und Heizung wurden dabei für die Zeit vom 15.01.2011 bis 31.01.2011 der ASt und ihrer Tochter insgesamt 253,99 EUR und für die Zeit ab 01.02.2011 monatlich insgesamt 504,75 EUR bewilligt. Ab dem 01.02.2011 stellte der Ag die Leistungsgewährung vorläufig ein. Ab dem 15.02.2011 nahm er die Leistungsgewährung wieder auf und gewährte die zuvor enthaltenen Leistungen nach.
Mit Bescheid vom 07.04.2011 bewilligte der Ag Leistungen für die Zeit vom 01.05.2011 bis 31.10.2011.
Am 24.05.2011 ging beim Ag ein Widerspruch der ASt ein, mit der sie sich allgemein gegen die zu gering gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung wandte und für die Dauer von sechs Monaten ab dem 15.01.2011 die Übernahme der vollen Unterkunftskosten forderte. Der Ag verwarf den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.2011 als unzulässig, weil er im Hinblick auf den Bescheid vom 07.04.2011 als verfristet anzusehen sei.
Bereits am 07.02.2011 hat die ASt beim SG einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und sich gegen die vorläufige Zahlungseinstellung gewandt, sowie die Gewährung der beantragten Kosten der Unterkunft begehrt. Ein entsprechender Antrag hinsichtlich der Unterkunftskosten sei am 17.06.2010 gestellt worden. Ihr Ehemann habe die Wohnung geräumt und sie müsse die Kosten alleine tragen. Im Hinblick auf eine Erklärung der ASt vom 17.06.2010 seien ihr insofern jedenfalls 355 EUR nebst Neben- und Heizkosten zu bewilligen.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 24.02.2011 abgelehnt. Nachdem die vorläufige Einstellung der Leistungen wieder aufgehoben worden sei, fehle insofern ein Rechtsschutzbedürfnis. Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung fehle es an einem Anordnungsgrund, da nicht ersichtlich sei, dass eine Wohnungslosigkeit oder eine vergleichbare Notlage drohe. Eine Verbescheidung im Verwaltungsverfahren sei abzuwarten, da erstmalig mit Schriftsatz vom 01.02.2011 vorgetragen worden sei, dass der Ehemann die Mietkosten nicht mehr trage.
Gegen diesen Beschluss hat die ASt Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt und für das Beschwerdeverfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache jedoch unbegründet.
Soweit sich die ASt zunächst auch gegen die vorläufige Zahlungseinstellung ab 01.02.2011 gewandt hat, hat das SG zutreffend darauf verwiesen, dass dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz insofern das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Der Ag hat ab 15.02.2011 die Leistungsgewährung wieder aufgenommen und die vorenthaltenen Leistungen nachgezahlt. Dem Begehren der ASt ist insofern vom Ag vollumfänglich Rechnung getragen worden, so dass es gerichtlicher Hilfe nicht mehr bedarf.
Im Hinblick auf den Antrag der Übernahme der Unterkunftskosten, die am 17.06.2010 beantragt worden seien, ist Streitgegenstand allenfalls der Leistungszeitraum bis einschließlich 30.04.2011. Maßgeblich ist insofern der Gegenstand eines entsprechenden Hauptsacheverfahrens, das dem Eilverfahren zugrunde liegen könnte (vgl Beschluss des Senats vom 25.05.2011 - L 11 AS 328/11 B ER). Die ASt hat sich gegen die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.06.2010 bis 31.10.2010 gewandt; diesbezüglich ist ein Klageverfahren vor dem SG (Az S 9 AS 198/11) anhängig. Im Zeitpunkt der Antragstellung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lag zudem eine Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.11.2010 bis 30.04.2011 vor. Auch diese hätte grundsätzlich Gegenstand eines Hauptsacheverfahrens sein können. Eine Leistungsbewilligung für die Zeit ab 01.05.2011 lag noch nicht vor. Für diesbezügliche Leistungen bedürfte es damit zunächst eines (weiteren) Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem SG, dem ein mögliches Hauptsacheverfahren mit dem Leistungszeitraum 01.05.2011 bis 31.10.2011 zugrunde liegen würde. Eine Entscheidung des SG im bisherigen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes liegt insofern nicht vor.
Die ASt hat im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes keinen Anspruch auf weitere Leistungen des Ag für ihre Kosten der Unterkunft und Heizung. Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ist § 86b Abs 2 Satz 2 SGG.
Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl.
Rn. 652).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9. Aufl, § 86b Rn. 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Ast zu entscheiden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06 -). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend geprüft werden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO).
Ein Anordnungsgrund ist vorliegend nicht gegeben. Es kann damit dahinstehen, ob die Bewilligungsentscheidung des Ag für die Zeit 01.11.2010 bis 30.04.2011 im Bescheid vom 12.10.2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23.02.2011, 28.03.2011 und 07.04.2011 bereits bestandskräftig geworden ist.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des Verfahrens, insbesondere auch noch im Beschwerdeverfahren, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Zu diesem Zeitpunkt ist aber der maßgebliche Bewilligungszeitraum am 30.04.2011 bereits abgelaufen. Das Gericht war daran gehindert, vor Ablauf des Bewilligungsabschnitts zu entscheiden, da die Beschwerde der ASt zwar am 31.03.2011 beim LSG eingegangen ist, die ASt aber zugleich Akteneinsicht und eine angemessene Fristverlängerung zur Beschwerdebegründung beantragt hat. Zudem war auch dem Ag noch Gelegenheit zur Stellungnahme zur Beschwerde zu geben. Eine Entscheidung des LSG vor dem 01.04.2011 war demnach ausgeschlossen.
Im Rahmen einer Regelungsanordnung ist der Anordnungsgrund die Notwendigkeit, wesentliche Nachteile abzuwenden, um zu vermeiden, dass die ASt vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ehe sie wirksamen Rechtsschutz erlangen kann (vgl. Keller aaO § 86b Rn. 27a). Charakteristisch ist daher für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur in die Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht (vgl. Beschluss des Senates vom 12.04.2010 - L 11 AS 18/10 B ER - juris).
Beides ist vorliegend nicht der Fall. Der Ag hat zumindest für die Zeit ab 15.01.2011
bis 31.01.2011 der ASt und ihrer Tochter insgesamt 253,99 EUR und für die Zeit ab 01.02.2011 monatlich insgesamt 504,75 EUR im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft und Heizung bewilligt. Dies entsprach den aus Sicht des Ag angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung. Die ASt hat vor dem SG insofern auch ausgeführt, dass ihr jedenfalls 355 EUR nebst Neben- und Heizkosten zu gewähren seien. Eine besondere Dringlichkeit, dass die vollen Unterkunftskosten einstweilen übernommen werden, ist damit gerade nicht vorgetragen. Diesbezüglich fehlt es auch an jeglicher Darlegung oder gar Glaubhaftmachung, dass durch die entstehende Lücke zwischen gewährten und anfallenden Unterkunftskosten der Verlust der Wohnung oder eine ähnliche existenzielle Notlage drohen würde. Darüber hinaus erklärte sich die ASt bei ihrer Vorsprache am 17.06.2010 damit einverstanden - unabhängig davon, welche Rechtsfolgen aus einer solchen Erklärung gezogen werden könnten -, dass sie die Differenz der Unterkunftskosten selbst trage. Dies spricht insofern ebenfalls gegen eine Eilbedürftigkeit, da die ASt die fehlende Gewährung der vollen tatsächlichen Unterkunftskosten offenbar zumindest vorläufig hinnehmen kann. Schließlich ergeben sich auch aus dem Widerspruchsschreiben der ASt vom 20.05.2011 keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verlust der Wohnung drohen würde.
Zudem kann auch nicht festgestellt werden, dass der von der ASt geltend gemachte Anspruch eindeutig besteht. Hierzu wären im Rahmen eines (etwaigen) Hauptsacheverfahrens noch weitere Ermittlungen anzustellen. Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist damit nicht gerechtfertigt.
Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG.
Aus den oben dargelegten Gründen ist die für die Bewilligung von PKH erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht der Beschwerde gemäß § 73a SGG iVm § 114 ZPO nicht gegeben. Für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussicht kommt es dabei auf die Bewilligungsreife des PKH-Antrages an. Diese lag erst mit Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse iSv § 117 Abs 2 ZPO vor, mithin am 26.05.2011. Zu diesem Zeitpunkt war aber der maßgebliche Bewilligungszeitraum bereits abgelaufen. Der Antrag auf PKH war somit abzulehnen.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Streitig ist die Bewilligung von (weiteren) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die Antragstellerin (ASt) bezieht seit Juni 2010 Alg II vom Antragsgegner (Ag), die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebende Tochter Sozialgeld. Bei Antragstellung gab die ASt an, die Miete für das von ihr und ihrer Tochter bewohnte Haus mit 155 qm betrage 950 EUR zzgl kalter Nebenkosten von 130 EUR und Heizkosten von 120 EUR jeweils monatlich. Bei einer Vorsprache am 17.06.2010 erklärte sie sich damit einverstanden, dass vom Ag von Beginn an nur die angemessenen Unterkunftskosten iHv 355 EUR als Bedarf anerkannt würden.
Mit Bescheid vom 22.09.2010 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2011 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.03.2011) wurden Leistungen für die Zeit vom 01.06.2010 bis 31.10.2010 bewilligt. Über eine dagegen erhobene Klage vor dem Sozialgericht Würzburg (SG), Az S 9 AS 198/11, wurde bislang noch nicht entschieden.
Mit Bescheid vom 12.10.2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23.02.2011, 28.03.2011 und 07.04.2011 bewilligte der Ag Leistungen für die Zeit 01.11.2010 bis 30.04.2011. Im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft und Heizung wurden dabei für die Zeit vom 15.01.2011 bis 31.01.2011 der ASt und ihrer Tochter insgesamt 253,99 EUR und für die Zeit ab 01.02.2011 monatlich insgesamt 504,75 EUR bewilligt. Ab dem 01.02.2011 stellte der Ag die Leistungsgewährung vorläufig ein. Ab dem 15.02.2011 nahm er die Leistungsgewährung wieder auf und gewährte die zuvor enthaltenen Leistungen nach.
Mit Bescheid vom 07.04.2011 bewilligte der Ag Leistungen für die Zeit vom 01.05.2011 bis 31.10.2011.
Am 24.05.2011 ging beim Ag ein Widerspruch der ASt ein, mit der sie sich allgemein gegen die zu gering gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung wandte und für die Dauer von sechs Monaten ab dem 15.01.2011 die Übernahme der vollen Unterkunftskosten forderte. Der Ag verwarf den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.2011 als unzulässig, weil er im Hinblick auf den Bescheid vom 07.04.2011 als verfristet anzusehen sei.
Bereits am 07.02.2011 hat die ASt beim SG einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und sich gegen die vorläufige Zahlungseinstellung gewandt, sowie die Gewährung der beantragten Kosten der Unterkunft begehrt. Ein entsprechender Antrag hinsichtlich der Unterkunftskosten sei am 17.06.2010 gestellt worden. Ihr Ehemann habe die Wohnung geräumt und sie müsse die Kosten alleine tragen. Im Hinblick auf eine Erklärung der ASt vom 17.06.2010 seien ihr insofern jedenfalls 355 EUR nebst Neben- und Heizkosten zu bewilligen.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 24.02.2011 abgelehnt. Nachdem die vorläufige Einstellung der Leistungen wieder aufgehoben worden sei, fehle insofern ein Rechtsschutzbedürfnis. Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung fehle es an einem Anordnungsgrund, da nicht ersichtlich sei, dass eine Wohnungslosigkeit oder eine vergleichbare Notlage drohe. Eine Verbescheidung im Verwaltungsverfahren sei abzuwarten, da erstmalig mit Schriftsatz vom 01.02.2011 vorgetragen worden sei, dass der Ehemann die Mietkosten nicht mehr trage.
Gegen diesen Beschluss hat die ASt Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt und für das Beschwerdeverfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache jedoch unbegründet.
Soweit sich die ASt zunächst auch gegen die vorläufige Zahlungseinstellung ab 01.02.2011 gewandt hat, hat das SG zutreffend darauf verwiesen, dass dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz insofern das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Der Ag hat ab 15.02.2011 die Leistungsgewährung wieder aufgenommen und die vorenthaltenen Leistungen nachgezahlt. Dem Begehren der ASt ist insofern vom Ag vollumfänglich Rechnung getragen worden, so dass es gerichtlicher Hilfe nicht mehr bedarf.
Im Hinblick auf den Antrag der Übernahme der Unterkunftskosten, die am 17.06.2010 beantragt worden seien, ist Streitgegenstand allenfalls der Leistungszeitraum bis einschließlich 30.04.2011. Maßgeblich ist insofern der Gegenstand eines entsprechenden Hauptsacheverfahrens, das dem Eilverfahren zugrunde liegen könnte (vgl Beschluss des Senats vom 25.05.2011 - L 11 AS 328/11 B ER). Die ASt hat sich gegen die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.06.2010 bis 31.10.2010 gewandt; diesbezüglich ist ein Klageverfahren vor dem SG (Az S 9 AS 198/11) anhängig. Im Zeitpunkt der Antragstellung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lag zudem eine Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.11.2010 bis 30.04.2011 vor. Auch diese hätte grundsätzlich Gegenstand eines Hauptsacheverfahrens sein können. Eine Leistungsbewilligung für die Zeit ab 01.05.2011 lag noch nicht vor. Für diesbezügliche Leistungen bedürfte es damit zunächst eines (weiteren) Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem SG, dem ein mögliches Hauptsacheverfahren mit dem Leistungszeitraum 01.05.2011 bis 31.10.2011 zugrunde liegen würde. Eine Entscheidung des SG im bisherigen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes liegt insofern nicht vor.
Die ASt hat im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes keinen Anspruch auf weitere Leistungen des Ag für ihre Kosten der Unterkunft und Heizung. Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ist § 86b Abs 2 Satz 2 SGG.
Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl.
Rn. 652).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9. Aufl, § 86b Rn. 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Ast zu entscheiden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06 -). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend geprüft werden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO).
Ein Anordnungsgrund ist vorliegend nicht gegeben. Es kann damit dahinstehen, ob die Bewilligungsentscheidung des Ag für die Zeit 01.11.2010 bis 30.04.2011 im Bescheid vom 12.10.2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23.02.2011, 28.03.2011 und 07.04.2011 bereits bestandskräftig geworden ist.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des Verfahrens, insbesondere auch noch im Beschwerdeverfahren, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Zu diesem Zeitpunkt ist aber der maßgebliche Bewilligungszeitraum am 30.04.2011 bereits abgelaufen. Das Gericht war daran gehindert, vor Ablauf des Bewilligungsabschnitts zu entscheiden, da die Beschwerde der ASt zwar am 31.03.2011 beim LSG eingegangen ist, die ASt aber zugleich Akteneinsicht und eine angemessene Fristverlängerung zur Beschwerdebegründung beantragt hat. Zudem war auch dem Ag noch Gelegenheit zur Stellungnahme zur Beschwerde zu geben. Eine Entscheidung des LSG vor dem 01.04.2011 war demnach ausgeschlossen.
Im Rahmen einer Regelungsanordnung ist der Anordnungsgrund die Notwendigkeit, wesentliche Nachteile abzuwenden, um zu vermeiden, dass die ASt vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ehe sie wirksamen Rechtsschutz erlangen kann (vgl. Keller aaO § 86b Rn. 27a). Charakteristisch ist daher für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur in die Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht (vgl. Beschluss des Senates vom 12.04.2010 - L 11 AS 18/10 B ER - juris).
Beides ist vorliegend nicht der Fall. Der Ag hat zumindest für die Zeit ab 15.01.2011
bis 31.01.2011 der ASt und ihrer Tochter insgesamt 253,99 EUR und für die Zeit ab 01.02.2011 monatlich insgesamt 504,75 EUR im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft und Heizung bewilligt. Dies entsprach den aus Sicht des Ag angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung. Die ASt hat vor dem SG insofern auch ausgeführt, dass ihr jedenfalls 355 EUR nebst Neben- und Heizkosten zu gewähren seien. Eine besondere Dringlichkeit, dass die vollen Unterkunftskosten einstweilen übernommen werden, ist damit gerade nicht vorgetragen. Diesbezüglich fehlt es auch an jeglicher Darlegung oder gar Glaubhaftmachung, dass durch die entstehende Lücke zwischen gewährten und anfallenden Unterkunftskosten der Verlust der Wohnung oder eine ähnliche existenzielle Notlage drohen würde. Darüber hinaus erklärte sich die ASt bei ihrer Vorsprache am 17.06.2010 damit einverstanden - unabhängig davon, welche Rechtsfolgen aus einer solchen Erklärung gezogen werden könnten -, dass sie die Differenz der Unterkunftskosten selbst trage. Dies spricht insofern ebenfalls gegen eine Eilbedürftigkeit, da die ASt die fehlende Gewährung der vollen tatsächlichen Unterkunftskosten offenbar zumindest vorläufig hinnehmen kann. Schließlich ergeben sich auch aus dem Widerspruchsschreiben der ASt vom 20.05.2011 keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verlust der Wohnung drohen würde.
Zudem kann auch nicht festgestellt werden, dass der von der ASt geltend gemachte Anspruch eindeutig besteht. Hierzu wären im Rahmen eines (etwaigen) Hauptsacheverfahrens noch weitere Ermittlungen anzustellen. Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist damit nicht gerechtfertigt.
Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG.
Aus den oben dargelegten Gründen ist die für die Bewilligung von PKH erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht der Beschwerde gemäß § 73a SGG iVm § 114 ZPO nicht gegeben. Für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussicht kommt es dabei auf die Bewilligungsreife des PKH-Antrages an. Diese lag erst mit Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse iSv § 117 Abs 2 ZPO vor, mithin am 26.05.2011. Zu diesem Zeitpunkt war aber der maßgebliche Bewilligungszeitraum bereits abgelaufen. Der Antrag auf PKH war somit abzulehnen.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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