L 2 AL 163/11 B

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 6 AL 149/09
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 AL 163/11 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
wegen Ordnungsgeld
Soweit die Bf aufgrund von Prüfungsvorbereitungen einen Termin zur Beweisaufnahme und Erörterung der Sach- und Rechtslage vergessen hat, ist dies von ihr zu vertreten.
I. Der Antrag der Beschwerdeführerin, ihr Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens zu gewähren, wird abgelehnt.
II. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 12. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:


I.

Die Beschwerde richtet sich gegen die Verhängung von Ordnungsgeld.

In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth wendet sich die Klägerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) gegen die Aufhebung der Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung ab 19. Dezember 2008 und die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs durch Bescheide der Beklagten vom 24. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2009.

Einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vom 11. Mai 2010 hat das Sozialgericht ohne Verhängung von Ordnungsgeld wegen Nichterscheinens der Bf. auf den 19. August 2010 vertagt.

Das Sozialgericht hat die Bf. zu einem weiteren Termin zur Beweisaufnahme sowie zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 12. Mai 2011 geladen und das persönliche Erscheinen angeordnet. Die Ladung wurde ihr am 15. April 2011 mit Postzustellungsurkunde zugestellt. Die Ladung war mit dem Hinweis versehen, dass gegen die Bf. ein Ordnungsgeld bis zu 1.000.- EUR festgesetzt werden kann, falls sie ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint.

Zur Sitzung am 12. Mai 2011 ist die Bf., die noch nicht durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten war, nicht erschienen. Die Kammervorsitzende hat mit Beschluss ein Ordnungsgeld in Höhe von 300.- EUR verhängt. Die Höhe des Ordnungsgeldes ergebe sich insbesondere daraus, dass die drei geladenen Zeugen nicht vernommen werden konnten. Einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag haben die Beteiligten nicht angenommen.

Zur Begründung der hiergegen eingelegten Beschwerde hat der in der Zwischenzeit bestellte Prozessbevollmächtigte der Bf. vorgebracht, dass sich diese seit September 2009 in einer Vollzeitausbildung einer Sprachschule befinde und derzeit unmittelbar vor Abschluss der Prüfungen stehe. Zum Zeitpunkt der Ladung habe sie sich auf Prüfungen vorbereitet und deshalb versehentlich die Mitteilung ignoriert. Die Ladung sei ihr deshalb tatsächlich nicht zugegangen. In der Vergangenheit habe sie sämtliche Gerichtstermine zuverlässig wahrgenommen. Ferner sei die Höhe des Ordnungsgeldes unverhältnismäßig. Sie beziehe keinerlei Einkommen, sondern finanziere ihre Ausbildung über einen Bildungskredit. Lediglich für ihre beiden Kinder, die sie allein erziehe, erhalte sie Leistungen nach dem SGB II, Kindergeld und Wohngeld.

Zugleich hat die Bf. die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt.

II.
Die Bf. hat keinen Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens. Nach § 73 a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) kann einem Beteiligten auf Antrag bei ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Erfolgsaussicht der Bf. gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 12. Mai 2011, mit dem der Bf. ein Ordnungsgeld in Höhe von 300.- EUR wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Termin auferlegt wurden ist, ist zu verneinen.
Die Beschwerde gegen diesen Beschluss ist zwar zulässig (§§ 172, 173 SGG), aber unbegründet.
Nach §§ 111, 202 SGG i.V.m. § 141 ZPO kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung angeordnet werden und derjenige, der der Anordnung nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge belegt werden. Ob der Vorsitzende eine Anordnung nach § 111 SGG treffen will, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Hält er zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor der gesamten Kammer eine Erörterung und Beweiserhebung für notwendig, so kann er hierzu das persönliche Erscheinen eines Beteiligten anordnen. Nach § 141 Abs. 1 S. 1 ZPO ist die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten dann ermessensfehlerfrei, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist dabei der Ermessensspielraum weit. Da das Gericht gehalten ist, in einer mündlichen Verhandlung eine Entscheidung zu treffen, bedarf es vielfach eines vorbereitenden Erörterungstermins (§ 106 Abs. 3 Nr. 7 SGG), in dem die Anwesenheit der Beteiligten notwendig ist, um die Sach- und Rechtslage zu klären und/oder zu sachdienlichen Anträgen zu gelangen. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Bf. ist insofern ermessensfehlerfrei, zumal Zweck der Anordnung des persönlichen Erscheinens die Durchführung eines Beweistermins durch Einvernahme von Zeugen war. Zweck des Termins kann ferner auch die Herbeiführung einer vergleichsweisen Erledigung sein (so z.B. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 111 Rdnr. 2).
Da die Bf. im Termin zur Beweisaufnahme und zur Erörterung nicht erschienen ist, sind die Voraussetzungen des § 111 SGG i.V.m. §§ 141 Abs. 3, 380, 381 ZPO erfüllt. Soweit sie vorbringt, die Ladung wegen der Vorbereitung auf Prüfungen tatsächlich nicht erhalten zu haben, steht dem der Nachweis des Zugangs am 15. April 2011 entgegen. Dies ist für das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Ladung ausreichend. Soweit die Bf. aufgrund der Prüfungsvorbereitungen den Termin vergessen haben sollte, ist dies von ihr zu vertreten, so dass eine genügende Entschuldigung nach § 381 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht vorliegt. Es ist nicht vorgebracht, dass an diesem Tag eine Prüfung abgehalten wurde - unabhängig davon hätte sie dies dem Gericht auch vorab rechtzeitig mitteilen müssen.
Die Bf. selbst hat sich in ihrer Nachricht vom 22. Mai 2011 vor allem gegen die Höhe des Ordnungsgeldes gewandt. Die Höhe des Ordnungsgeldes richtet sich nach Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB). Danach ist ein Rahmen von 5,00 EUR bis 1.000,00 EUR vorgegeben, innerhalb dessen sich das Ordnungsgeld bewegen kann. Bei der Zumessung hat das Gericht die Umstände, die für oder gegen die Bf. sprechen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist auf das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art des Verstoßes und dessen schuldhafte Auswirkungen, auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Bf. sowie auf das Verhalten nach dem Ordnungsverstoß abzustellen. In der Regel bedarf es keiner eingehenden Begründung dieser Ermessensentscheidung, wenn sich das Ordnungsgeld im unteren Mittel des vorgegebenen Rahmens bewegt. Dies ist hier bei der Festsetzung von Ordnungsgeld in Höhe von 300,00 EUR der Fall.
Es ist jedoch auch darauf hinzuweisen, dass die Bf. bereits zu dem Termin am 11. Mai 2010 nicht erschienen ist; die Kammervorsitzende hatte hierbei gegenüber der Bf. telefonisch deutlich gemacht, dass eigentlich ein Ordnungsgeld zu verhängen sei, davon jedoch Abstand genommen.
Der Senat verkennt allerdings nicht, dass die finanzielle Lage der Bf. angespannt ist. Jedoch ist der Vortrag im Beschwerdeverfahren nicht zutreffend, dass sie "keinerlei Einkommen" habe: Sie bezieht nämlich neben einem "Bildungskredit" Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 608,34 EUR bzw. im August 2011 in Höhe von 768,34 EUR zuzüglich Kindergeld und Wohngeld, so dass nach vorläufigen Berechnungen auch eine Prozesskostenhilfe nur mit Ratenzahlung zu gewähren wäre.
Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Sozialgericht neben den finanziellen Verhältnissen der Bf. maßgeblich die Auswirkungen des nicht entschuldigten Nichterscheinens auf den Beweistermin mit berücksichtigt hat.
Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der Tatsache, dass es der Bf. unbenommen bleibt, Zahlungserleichterungen gemäß Art. 7 EGStGB zu beantragen, hält der Senat den Beschluss des Sozialgerichts für rechtmäßig.
Dem Gesuch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war nicht stattzugeben; die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung erfolgt analog § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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