Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 15 R 226/11 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 634/11 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
wegen einstweiliger Anordnung
- zu den Voraussetzungen der Bewilligung einer Drogenentwöhungs-Therapie bei Suchterkrankungen im Wege einer einstweiligen Anordnung
- Zurückstellung der Strafvollstreckung bei Durchführung einer Suchttherapie
- Kostenübernahme durch erstangegangene gesetzliche Rentenversicherung
- zur Frage des Vorliegens eines Anordnungsgrundes nach Antritt einer Untersuchungs - oder Strafhaft
- zu den Voraussetzungen der Bewilligung einer Drogenentwöhungs-Therapie bei Suchterkrankungen im Wege einer einstweiligen Anordnung
- Zurückstellung der Strafvollstreckung bei Durchführung einer Suchttherapie
- Kostenübernahme durch erstangegangene gesetzliche Rentenversicherung
- zur Frage des Vorliegens eines Anordnungsgrundes nach Antritt einer Untersuchungs - oder Strafhaft
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 19. Mai 2011 wird zurückgewiesen
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Bewilligung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme für Abhängigkeitserkrankte.
Der 1986 geborene, unter Betreuung stehende Antragsteller bezieht derzeit eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Im Rahmen des Rentenverfahrens hatte die Beklagte ein nervenärztliches Gutachten in Auftrag gegeben. Der Sachverständige Dr. K. hatte hierbei mit Datum vom 04.10.2010 einen Residualsyndrom bei chronisch-rezidivie-render paranoid-halluzinatorischer Schizophrenie sowie einen Zustand nach Polytoxikomanie diagnostiziert. Gleichzeitig stellte er fest, dass der Antragsteller derzeit keine Drogen nimmt und medizinische Rehamaßnahmen angesichts der noch floriden Psychose keine Aussicht auf Erfolg haben. Eine ambulante Krankenbehandlung wurde als ausreichend angesehen.
Bereits am 19.07.2010 war der Antragsteller mit Urteil des Amtsgerichts B-Stadt aufgrund unerlaubten Drogenbesitzes zu einer Haftstrafe von einem Jahr und 6 Monaten verurteilt worden. Mit Beschluss des Landgerichts B-Stadt vom 08.12.2010 wurde die Freiheitsstrafe unter Auflagen zur Bewährung ausgesetzt. Mit einer der Auflagen wurde dem Antragsteller aufgegeben, sich einer Drogenentwöhnungs-Therapie in einer Klinik oder Tagesklinik zu unterziehen und sich unverzüglich, bis spätestens 15.01.2011 anzumelden und die Behandlung bis spätestens 18.01.2011 dem Gericht nachzuweisen sowie die Therapie spätestens bis 10.02.2011 anzutreten und den Therapieantritt dem Gericht bis spätestens 15.02.2011 nachzuweisen.
Am 07.01.2011 beantragten die Bevollmächtigten des Antragstellers bei der Antragsgegnerin die Kostenübernahme für eine tagesklinische Rehabilitationsmaßnahme. Die Antragsgegnerin forderte einen Sozialbericht der Drogenberatung B-Stadt an. Mit Datum vom 02.03.2011 hielt diese eine ganztägige ambulante Reha-Maßnahme für dringend indiziert. Gleichwohl lehnte die Antragsgegnerin nach Befragung des ärztlichen Dienstes eine Kostenübernahme mit Bescheid vom 26.04.2011 ab; in Anbetracht der Diagnose einer paranoiden Schizophrenie könne die Erwerbsfähigkeit durch Leistungen der medizinischen Rehabilitation nicht wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden. Gegen diese Entscheidung wurde von den Bevollmächtigten des Antragstellers am 05.05.2011 Widerspruch eingelegt, welcher bisher nicht verbeschieden wurde.
Bereits am 24.01.2011 hatten die Bevollmächtigten des Antragstellers beim Sozialgericht München Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Strafaussetzung zur Bewährung bei Nichtantritt der tagesklinischen Therapie widerrufen werde. Da die Tagesklinik den Beginn der Therapie ausdrücklich von einer Kostendeckung durch die Antragsgegnerin abhängig gemacht habe, bestehe insoweit ein Anordnungsgrund wie auch im Anordnungsanspruch. Mit Beschluss vom 19. Mai 2011 lehnte das Sozialgericht München den Erlass einer einstweiligen Anordnung wie auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Voraussetzung hierfür sei, dass durch die Maßnahme die derzeit bestehende Erwerbsminderung vorzeitig behoben oder entscheidend gebessert werden könne. Hierzu bestünden nach den Darlegungen des ärztlichen Dienstes der Antragsgegnerin keine Anhaltspunkte. Mangels Erfolgsaussicht könne auch Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden.
Gegen diese Entscheidung legten die Bevollmächtigten des Antragstellers am 30.06.2011 Beschwerde ein. Mit der Beschwerdeschrift wurden weder Anträge gestellt noch die Beschwerde begründet. Trotz Aufforderung des Gerichts mit Schreiben vom 07.07.2011 die Beschwerde binnen der Frist von einer Woche zu begründen, war kein weiterer Eingang zu verzeichnen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 19.05.2011 aufzuheben, die beantragte Prozesskostenhilfe zu gewähren und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in Form einer Drogenentwöhnungs-Therapie in einer ambulanten Tagesklinik zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt habe, fehle es bereits an einem Anordnungsanspruch, da durch die begehrte Maßnahme die bestehende Erwerbsminderung nicht behoben oder verbessert werden könne.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nicht begründet.
1.
Gemäß § 86b Absatz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch - wie hier - zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt hierbei voraus, dass sowohl ein Anordnungsanspruch wie auch ein Anordnungsgrund gegeben sind. Beides ist glaubhaft zu machen, § 86b Abs.2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs.2 Zivilprozessordnung (ZPO). Anordnungsanspruch ist der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht. Er ist identisch mit dem auch im Hauptsacheverfahren geltend zu machenden materiellen Anspruch. Anordnungsgrund ist die Eilbedürftigkeit (Dringlichkeit) der begehrten Sicherung oder vorläufigen Regelung zur Abwendung der Gefahr einer Rechtsvereitelung bzw. zur Abwendung wesentlicher Nachteile. Im Rahmen des Verfahrens nach § 86b Absatz 2 SGG hat durch das erkennende Gericht eine lediglich summarische Prüfung der Rechtslage zu erfolgen (Meyer-Ladewig, Rdnrn.16c, 23 ff., 29a zu § 86b SGG).
Unter diesen Voraussetzungen hat das Sozialgericht im Ergebnis zutreffend den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen Fehlen eines Anordnungsanspruches abgelehnt. Gemäß §§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VI erbringt der Rentenversicherungsträger Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, soweit die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte für Leistungen zur Teilhabe die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und bei denen voraussichtlich nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) SGB VI bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation abgewendet werden kann bzw. nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) SGB VI bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann.
Im Rahmen der hier gebotenen summarischen Prüfung vermag der Senat nicht zu erkennen, dass diese Voraussetzungen in der Person des Antragstellers erfüllt werden. Das im Rahmen des Verfahrens auf Bewilligung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch den Nervenarzt Dr. K. erstellte Gutachten hat eindeutig ergeben, dass die beim Antragsteller anerkannte Erwerbsminderung nicht aufgrund einer Drogenabhängigkeit, sondern aufgrund des diagnostizierten Residualsyndrom bei chronisch rezidivierender, paranoid-halluzinatorischer Schizophrenie besteht. Zugleich stellt der Sachverständige fest, dass der Antragsteller derzeit gar keine Drogen konsumiert. Die angestrebte Drogenentzugstherapie in einer ambulanten Tagesklinik kann insoweit keinerlei Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Antragstellers im Sinne einer Verbesserung oder völligen Wiederherstellung haben. Dementsprechend zieht auch Dr. K. die Schlussfolgerung, dass medizinische Reha-Maßnahmen bei der bestehenden Schizophrenie mit florider Psychose (akustische Halluzinationen, paranoides Erleben, depressive Komponente mit Rückzugstendenzen und Antriebsstörungen) ohne Aussicht auf Erfolg sind und derzeit ausschließlich eine ambulante (psychiatrische) Behandlung angezeigt ist.
Die Antragsgegnerin war auch nicht verpflichtet, die begehrte Drogenentzugstherapie nach anderen Rechtsvorschriften zu bewilligen. Zwar hat sie den Antrag nicht an andere in Betracht kommende Leistungsträger weitergeleitet, so das ihre alleinige Zuständigkeit nach § 14 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 SGB IX begründet wurde; andere Leistungsträger - im vorliegenden Fall im besonderen die gesetzliche Krankenversicherung - haben dadurch ihre Entscheidungsbefugnis über die Gewährung von Teilhabeleistungen nach den für sie geltenden Leistungsgesetzen verloren (BSG v. 20.04.2010, B 1/3 KR 6/09 R). Daraus ergibt sich die Pflicht der Antragsgegnerin, Teilhabeleistungen nach allen in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen unter Beachtung der besonderen persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der jeweiligen Leistungsgesetze zu prüfen (s. stellvertretend BSG SozR 4-3250 § 14 Nr. 8). Aber auch nach dem hier v.a. in Betracht kommenden § 40 Abs. 1 SGB V (ggf i.V.m. § 48 SGB XII) besteht kein Anspruch des Antragstellers. Danach erbringt die Krankenkasse ambulante Rehabilitationsleistungen in den dort näher beschriebenen Einrichtungen, wenn eine ambulante Krankenbehandlung nicht ausreicht, um die Ziele des § 11 Abs. 2 SGB V - Abwendung, Beseitigung, Minderung oder Ausgleich einer Behinderung oder von Pflegebedürftigkeit bzw. Verhütung ihrer Verschlimmerung oder Milderung ihrer Folgen - zu erreichen. Nach dem bereits oben ausführlich zitierten Gutachten des Dr. K. ist derzeit alleine eine ambulante fachärztliche Behandlung indiziert.
2.
Soweit sich die Beschwerde des Antragstellers auch gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe richtet, ist festzustellen, dass auch diese Entscheidung des Sozialgerichts nicht zu beanstanden ist. Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. §§ 73a SGG, 121 Abs. 2 S. 1 ZPO. Eine solche hinreichende Erfolgsaussicht des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nach dem oben gesagten nicht gegeben.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Bewilligung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme für Abhängigkeitserkrankte.
Der 1986 geborene, unter Betreuung stehende Antragsteller bezieht derzeit eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Im Rahmen des Rentenverfahrens hatte die Beklagte ein nervenärztliches Gutachten in Auftrag gegeben. Der Sachverständige Dr. K. hatte hierbei mit Datum vom 04.10.2010 einen Residualsyndrom bei chronisch-rezidivie-render paranoid-halluzinatorischer Schizophrenie sowie einen Zustand nach Polytoxikomanie diagnostiziert. Gleichzeitig stellte er fest, dass der Antragsteller derzeit keine Drogen nimmt und medizinische Rehamaßnahmen angesichts der noch floriden Psychose keine Aussicht auf Erfolg haben. Eine ambulante Krankenbehandlung wurde als ausreichend angesehen.
Bereits am 19.07.2010 war der Antragsteller mit Urteil des Amtsgerichts B-Stadt aufgrund unerlaubten Drogenbesitzes zu einer Haftstrafe von einem Jahr und 6 Monaten verurteilt worden. Mit Beschluss des Landgerichts B-Stadt vom 08.12.2010 wurde die Freiheitsstrafe unter Auflagen zur Bewährung ausgesetzt. Mit einer der Auflagen wurde dem Antragsteller aufgegeben, sich einer Drogenentwöhnungs-Therapie in einer Klinik oder Tagesklinik zu unterziehen und sich unverzüglich, bis spätestens 15.01.2011 anzumelden und die Behandlung bis spätestens 18.01.2011 dem Gericht nachzuweisen sowie die Therapie spätestens bis 10.02.2011 anzutreten und den Therapieantritt dem Gericht bis spätestens 15.02.2011 nachzuweisen.
Am 07.01.2011 beantragten die Bevollmächtigten des Antragstellers bei der Antragsgegnerin die Kostenübernahme für eine tagesklinische Rehabilitationsmaßnahme. Die Antragsgegnerin forderte einen Sozialbericht der Drogenberatung B-Stadt an. Mit Datum vom 02.03.2011 hielt diese eine ganztägige ambulante Reha-Maßnahme für dringend indiziert. Gleichwohl lehnte die Antragsgegnerin nach Befragung des ärztlichen Dienstes eine Kostenübernahme mit Bescheid vom 26.04.2011 ab; in Anbetracht der Diagnose einer paranoiden Schizophrenie könne die Erwerbsfähigkeit durch Leistungen der medizinischen Rehabilitation nicht wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden. Gegen diese Entscheidung wurde von den Bevollmächtigten des Antragstellers am 05.05.2011 Widerspruch eingelegt, welcher bisher nicht verbeschieden wurde.
Bereits am 24.01.2011 hatten die Bevollmächtigten des Antragstellers beim Sozialgericht München Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Strafaussetzung zur Bewährung bei Nichtantritt der tagesklinischen Therapie widerrufen werde. Da die Tagesklinik den Beginn der Therapie ausdrücklich von einer Kostendeckung durch die Antragsgegnerin abhängig gemacht habe, bestehe insoweit ein Anordnungsgrund wie auch im Anordnungsanspruch. Mit Beschluss vom 19. Mai 2011 lehnte das Sozialgericht München den Erlass einer einstweiligen Anordnung wie auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Voraussetzung hierfür sei, dass durch die Maßnahme die derzeit bestehende Erwerbsminderung vorzeitig behoben oder entscheidend gebessert werden könne. Hierzu bestünden nach den Darlegungen des ärztlichen Dienstes der Antragsgegnerin keine Anhaltspunkte. Mangels Erfolgsaussicht könne auch Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden.
Gegen diese Entscheidung legten die Bevollmächtigten des Antragstellers am 30.06.2011 Beschwerde ein. Mit der Beschwerdeschrift wurden weder Anträge gestellt noch die Beschwerde begründet. Trotz Aufforderung des Gerichts mit Schreiben vom 07.07.2011 die Beschwerde binnen der Frist von einer Woche zu begründen, war kein weiterer Eingang zu verzeichnen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 19.05.2011 aufzuheben, die beantragte Prozesskostenhilfe zu gewähren und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in Form einer Drogenentwöhnungs-Therapie in einer ambulanten Tagesklinik zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt habe, fehle es bereits an einem Anordnungsanspruch, da durch die begehrte Maßnahme die bestehende Erwerbsminderung nicht behoben oder verbessert werden könne.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nicht begründet.
1.
Gemäß § 86b Absatz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch - wie hier - zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt hierbei voraus, dass sowohl ein Anordnungsanspruch wie auch ein Anordnungsgrund gegeben sind. Beides ist glaubhaft zu machen, § 86b Abs.2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs.2 Zivilprozessordnung (ZPO). Anordnungsanspruch ist der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht. Er ist identisch mit dem auch im Hauptsacheverfahren geltend zu machenden materiellen Anspruch. Anordnungsgrund ist die Eilbedürftigkeit (Dringlichkeit) der begehrten Sicherung oder vorläufigen Regelung zur Abwendung der Gefahr einer Rechtsvereitelung bzw. zur Abwendung wesentlicher Nachteile. Im Rahmen des Verfahrens nach § 86b Absatz 2 SGG hat durch das erkennende Gericht eine lediglich summarische Prüfung der Rechtslage zu erfolgen (Meyer-Ladewig, Rdnrn.16c, 23 ff., 29a zu § 86b SGG).
Unter diesen Voraussetzungen hat das Sozialgericht im Ergebnis zutreffend den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen Fehlen eines Anordnungsanspruches abgelehnt. Gemäß §§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VI erbringt der Rentenversicherungsträger Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, soweit die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte für Leistungen zur Teilhabe die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und bei denen voraussichtlich nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) SGB VI bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation abgewendet werden kann bzw. nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) SGB VI bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann.
Im Rahmen der hier gebotenen summarischen Prüfung vermag der Senat nicht zu erkennen, dass diese Voraussetzungen in der Person des Antragstellers erfüllt werden. Das im Rahmen des Verfahrens auf Bewilligung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch den Nervenarzt Dr. K. erstellte Gutachten hat eindeutig ergeben, dass die beim Antragsteller anerkannte Erwerbsminderung nicht aufgrund einer Drogenabhängigkeit, sondern aufgrund des diagnostizierten Residualsyndrom bei chronisch rezidivierender, paranoid-halluzinatorischer Schizophrenie besteht. Zugleich stellt der Sachverständige fest, dass der Antragsteller derzeit gar keine Drogen konsumiert. Die angestrebte Drogenentzugstherapie in einer ambulanten Tagesklinik kann insoweit keinerlei Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Antragstellers im Sinne einer Verbesserung oder völligen Wiederherstellung haben. Dementsprechend zieht auch Dr. K. die Schlussfolgerung, dass medizinische Reha-Maßnahmen bei der bestehenden Schizophrenie mit florider Psychose (akustische Halluzinationen, paranoides Erleben, depressive Komponente mit Rückzugstendenzen und Antriebsstörungen) ohne Aussicht auf Erfolg sind und derzeit ausschließlich eine ambulante (psychiatrische) Behandlung angezeigt ist.
Die Antragsgegnerin war auch nicht verpflichtet, die begehrte Drogenentzugstherapie nach anderen Rechtsvorschriften zu bewilligen. Zwar hat sie den Antrag nicht an andere in Betracht kommende Leistungsträger weitergeleitet, so das ihre alleinige Zuständigkeit nach § 14 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 SGB IX begründet wurde; andere Leistungsträger - im vorliegenden Fall im besonderen die gesetzliche Krankenversicherung - haben dadurch ihre Entscheidungsbefugnis über die Gewährung von Teilhabeleistungen nach den für sie geltenden Leistungsgesetzen verloren (BSG v. 20.04.2010, B 1/3 KR 6/09 R). Daraus ergibt sich die Pflicht der Antragsgegnerin, Teilhabeleistungen nach allen in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen unter Beachtung der besonderen persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der jeweiligen Leistungsgesetze zu prüfen (s. stellvertretend BSG SozR 4-3250 § 14 Nr. 8). Aber auch nach dem hier v.a. in Betracht kommenden § 40 Abs. 1 SGB V (ggf i.V.m. § 48 SGB XII) besteht kein Anspruch des Antragstellers. Danach erbringt die Krankenkasse ambulante Rehabilitationsleistungen in den dort näher beschriebenen Einrichtungen, wenn eine ambulante Krankenbehandlung nicht ausreicht, um die Ziele des § 11 Abs. 2 SGB V - Abwendung, Beseitigung, Minderung oder Ausgleich einer Behinderung oder von Pflegebedürftigkeit bzw. Verhütung ihrer Verschlimmerung oder Milderung ihrer Folgen - zu erreichen. Nach dem bereits oben ausführlich zitierten Gutachten des Dr. K. ist derzeit alleine eine ambulante fachärztliche Behandlung indiziert.
2.
Soweit sich die Beschwerde des Antragstellers auch gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe richtet, ist festzustellen, dass auch diese Entscheidung des Sozialgerichts nicht zu beanstanden ist. Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. §§ 73a SGG, 121 Abs. 2 S. 1 ZPO. Eine solche hinreichende Erfolgsaussicht des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nach dem oben gesagten nicht gegeben.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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