L 11 AS 660/10

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AS 172/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 660/10
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Berufungsstreitwert unter 750 €.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 22.06.2010 wird verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Streitig ist die Kostenerstattung für Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Zwangsvollstreckung gegen den Kläger und Schadensersatz.

Der 1960 geborene Kläger bezieht seit 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) vom Beklagten.

Mit Schreiben vom 15.12.2009 beantragte der Kläger beim Beklagten die Zahlung eines Betrages in Höhe von 200 EUR. Diese Kosten, die zur Abwehr einer sonst zu befürchtenden Verhaftung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung vom Beklagten benötigt worden seien, habe der Beklagte zu erstatten, da sie aus rechtswidrigen Kürzungen der bewilligten Leistungen resultieren würden.

Unter dem 16.12.2009 forderte der Kläger weitergehend eine Zahlung in Höhe von 250.000 EUR zum Ersatz für immaterielle Schäden. Die vom Beklagten zu unrecht vorgenommenen Kürzungen hätten zur Erteilung eines Haftbefehls zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung geführt. Die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis hätte zum Verlust der Kreditwürdigkeit geführt.

Der Beklagte lehnte die Anträge auf Übernahme der Forderungen der Landesjustizkasse mit Bescheid vom 21.12.2009 ab. Ein Verschulden des Beklagten liege nicht vor. Die Gerichtsverhandlungen stünden in keinerlei Zusammenhang mit dem Beklagten.

Mit seinem Widerspruch begehrte der Kläger die Erstattung der verauslagten Zahlungen an den Gerichtsvollzieher nebst Zinsen. Er habe Zahlungen von über 1.100 EUR geleistet und Zahlungen von monatlich 200 EUR nachgewiesen. Entsprechende Anträge seien gestellt worden, die sich aus § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) iVm Art 34 Grundgesetz (GG) begründen würden. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2010 zurück. Eine Übernahme der vom Kläger geltend gemachten Kosten sehe das Zweite Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nicht vor.

Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Nürnberg (SG) Klage erhoben und mit Schriftsatz vom 18.06.2010 die Verurteilung des Beklagten beantragt, ihm gemäß seiner Schreiben vom 15. und 16.12.2009 je 200 EUR nebst Zinsen aus 200 EUR seit 14.12.2009 zu zahlen. Wegen rechtswidriger Leistungskürzungen durch den Beklagten habe er seinen anderweitigen Zahlungspflichten nicht nachkommen können. Es seien mit neun Zahlungen insgesamt 2.616,90 EUR im Rahmen der Zwangsvollstreckung gezahlt worden. Mit den rechtswidrigen Kürzungen liege ein Kausalzusammenhang vor.

Mit Urteil vom 22.06.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Das SGB II sehe für die geltend gemachten Leistungstatbestände keine Kostenübernahme vor. Das Sozialgericht sei für Amtshaftungsansprüche nicht zuständig. Diese seien vor den zuständigen Zivilgerichten geltend zu machen. Nach Erörterung mit dem Kläger habe das Gericht von einer Verweisung abgesehen. In der Rechtsmittelbelehrung hat das SG darauf hingewiesen, dass gegen die Entscheidung die Berufung statthaft sei.

Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 22.06.2010 sowie den Bescheid vom 21.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm gemäß seiner Schreiben vom 15. und 16.12.2009 je 200 EUR nebst Zinsen aus 200 EUR seit 14.12.2009 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zu verwerfen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die Berufung des Klägers war als unzulässig zu verwerfen. Die Berufung ist unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR nicht übersteigt und die Berufung nicht zugelassen wurde (§ 144 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Ziffer 1 SGG (in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008, BGBl I S 444) bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Dieser Wert wird vorliegend mit 400 EUR nicht erreicht. Es sind auch keine wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen, so dass eine Berufungszulassung sich nicht aus § 144 Abs 1 Satz 2 SGG ergeben kann.

Mit seiner Klage vor dem SG machte der Kläger zuletzt (vgl Antrag im Schriftsatz vom 18.06.2010) einen Zahlungsanspruch gemäß seiner Schreiben vom 15. und 16.12.2009 in Höhe von je 200 EUR nebst Zinsen aus 200 EUR seit 14.12.2009 geltend. Mit seinem vorgerichtlichen Schreiben vom 15.12.2009 forderte der Kläger vom Beklagten 200 EUR, mit dem Schreiben vom 16.12.2009 jedoch 250.000 EUR Ersatz für immaterielle Schäden. Letztere Forderung hat er dem Schriftsatz nach offensichtlich auf 200 EUR reduziert. Der Kläger ist gerichtserfahren und stellt regelmäßig förmliche Anträge. Auch aus der Begründung des Schriftsatzes vom 18.06.2010 lässt sich nichts anderes erschließen, da dort zwar die Rede von mehr als zwei Zahlungen á 200 EUR die Rede ist, aber insgesamt ein Betrag von 2.616,90 EUR genannt und diesbezüglich auch Zahlungen von 1.100 EUR und 116,90 EUR genannt werden, die wiederum nicht zu den 200 EUR passen würden.

Das SG hat die Berufung auch nicht ausdrücklich zugelassen. Die Erteilung einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung genügt nicht, um eine Zulassung der Berufung annehmen zu können, denn diese muss sich aus dem Wortlaut des Urteils ergeben, wobei die Zulassung zweckmäßigerweise im Tenor auszusprechen wäre, jedoch auch wirksam ist, soweit sie sich eindeutig aus den Entscheidungsgründen entnehmen lässt (vgl Meyer- Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 144 Rn 39 unter Hinweis auf die st Rspr). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Allein die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung durch das SG führt nicht zu einer Zulässigkeit der Berufung (vgl Meyer-Ladewig, aaO, § 160 Rn 24b, § 144 Rn 40 mwN).

Nachdem damit letztlich allenfalls 400 EUR (2 x 200 EUR) in Streit stehen, ist der notwendige Berufungsstreitwert von 750 EUR nicht erreicht worden.

Die Berufung war damit als unzulässig zu verwerfen, § 158 Satz 1 SGG.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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