Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 R 284/05 SK
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 337/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 247/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Fiktive Beitragszeiten nach Artikel 2 Abs. 2 Punkt 1c des polnischen Gesetzes vom 17. Oktober 1991 ohne tatsächliche Einrichtung von Beiträgen stellen keine Beitragszeiten nach § 15 Abs. 1, 3 FRG dar.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts
Regensburg vom 9. März 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1952 in Polen geborene Kläger, polnischer Staatsbürger ohne Vertriebenenausweis, hat seinen ständigen Aufenthalt auf der Grundlage einer mittlerweile unbefristeten Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet seit August 1987. Er hat von September 1968 bis Januar 1972 eine Ausbildung zum Mechaniker absolviert. Nach Zeiten des Wehrdienstes von Januar 1972 bis Dezember 1973 war der Kläger von Januar 1974 bis Mai 1977 als Fahrer und im Anschluss daran als Schiffsmotorführer in einem Unternehmen für Hochseefischerei und Fischereidienstleistungen "G." in S. beschäftigt.
Ausweislich einer Bescheinigung der M. D-Stadt (Seeagentur S.) vom 4. Januar 1999 war der Kläger vom 23. März 1983 bis 13. Juni 1983 an Bord des Schiffes M/V "C." und vom 17. November 1983 bis 10. Februar 1986 an Bord des Schiffes M/V "G." unter der Flagge Panamas jeweils als Motormann beschäftigt. Die Beschäftigungszeit bis zum 31. Dezember 1985 werde als Beitragszeit anerkannt in Übereinstimmung mit Artikel 2 Abs. 2 Punkt 1c des Gesetzes vom 17. November 1991. Aus der Bescheinigung geht ferner hervor, dass seit dem 1. Januar 1986 die Seeagentur S. die Beiträge für die Sozialversicherung in Höhe von 28 % des durchschnittlichen Lohns des vorherigen Jahres in der volkseigenen Wirtschaft nach § 6 Abs. 2 des Beschlusses Nr. 123 des Ministerrats vom 3. September 1984 abgeführt habe. Aus einer weiteren Bescheinigung der Seeagentur S. vom 13. Juni 1986 lässt sich entnehmen, dass der Kläger in den Zeiträumen 23. März 1983 bis 13. Juni 1983 sowie 17. November 1983 bis 10. Februar 1986 bei einem zypriotischen Reeder beschäftigt war.
In einer Bescheinigung vom 23. Juli 1987 der Seeagentur ist ausgeführt, der Kläger sei auf der Grundlage eines Vertrages zwischen der Seeagentur und einem Herrn W., Bundesrepublik Deutschland, vom 17. November 1983 bis zum 10. Februar 1986 auf dem Schiff G. als Motorführer beschäftigt gewesen.
Nach dem Vertrag zwischen der Seeagentur S. und dem Kläger vom 21. März 1983 wies die Seeagentur den Kläger ins Ausland zur Aufnahme der Arbeit aufgrund des Kontraktes ein, der von dem Kläger mit dem ausländischen Kontrahenten B. Co., L., in dem Land Zypern als Maschinist für den Zeitraum 23. März 1983 mit einer Vergütung in der Höhe von 600 $ sowie 3 Urlaubstage monatlich, erhalten von dem Kläger direkt von dem ausländischen Kontrahenten, geschlossen wird. Die Agentur verpflichtete sich gegenüber dem Kläger, diesen in der staatlichen Versicherungsanstalt im Bereich der Unfallversicherung und gegen tropische Krankheiten gemäß den in diesem Umfang geltenden Vorschriften zu versichern. Der Kläger verpflichtete sich gegenüber der Seeagentur, 20 % der Währungsvergütung brutto für jeden Monat der Arbeit und des Urlaubs regelmäßig auf das Konto der Seeagentur einzuzahlen. In Anlehnung an die Höhe der monatlichen Bruttovergütung, die im Kontrakt als 600 $ bestimmt worden sei, werde die Höhe der Kosten auf 120 US $ bestimmt.
Es liegen ferner diverse Quittungen der Seeagentur vor, wonach der Kläger in den Jahren 1983 bis 1986 insgesamt 3.538.- US-Dollar und 920 DM an diese gezahlt hat.
Seit der Einreise in das Bundesgebiet ist der Kläger keiner versicherungspflichtigen Tätigkeit mehr nachgegangen. Er war von 19. April 1988 bis 11. August 1988 arbeitslos (ohne Leistung). Am 12. August 1988 war der Kläger in einen privaten Autounfall verwickelt, bei dem er schwere Verletzungen erlitt (Polytrauma mit Schädel-Hirn-Trauma III, Epiduralhämatom rechts fronto-parietal, offene Unterschenkelschaftfraktur links, HWS-Schleuder-trauma). Er bezog daraufhin bis 27. Januar 1991 Krankengeld. Anschließend war er vom 28. Januar 1991 bis 8. März 1995 arbeitslos (ohne Leistung) und ab 9. März 1995 arbeitslos ohne Nachweis und ohne Leistung.
Der von der Beklagten festgestellte Versicherungsverlauf weist folgende Versicherungszeiten auf:
1. September 1968 - 31. Dezember 1970: Pflichtbeiträge für eine berufliche Ausbildung
Januar 1971: krank/Gesundheitsmaßnahme
3. Januar 1974 - 22. März 1983: Pflichtbeiträge
1. Januar 1986 - 10. Februar 1986: Pflichtbeiträge
25. Juli 1986 - 5. August 1987: Pflichtbeiträge
Auf Anfrage der Beklagten bestätigte der polnische Versicherungsträger mit Schreiben vom 11. Dezember 2001 sowie vom 7. Dezember 2007 die Zeiten vom 23. März 1983 bis 13. Juni 1983 sowie vom 17. November 1983 bis 2. Februar 1986 (jeweils Seeagentur in S. bei fremdem Reeder - B. Co.Inc., L., Zypern, Arbeitsvertrag, Vollzeit, Maschinenwart) als Beitragszeiten.
Ermittlungen der Beklagten beim zypriotischen Sozialversicherungsträger blieben ergebnislos. Angaben über in Zypern zurückgelegte Versicherungszeiten konnten mangels Vorhandenseins einer zypriotischen Versicherungsnummer für den Kläger von dort aus nicht gemacht werden.
Der Kläger begehrte erstmals mit Antrag vom 4. Oktober 1996 Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit von der Beklagten mit der Begründung, er sei seit 1988 arbeitsunfähig krank. Der Antrag wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 28. November 1997 abgelehnt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nicht gegeben. Bei einem angenommenen Leistungsfall am Tag des Unfalls (12. August 1988) seien in den letzten 5 Jahren davor keine 3 Jahre Pflichtbeitragszeiten unter Berücksichtigung der polnischen Zeiten zurückgelegt. Vom 11. Februar 1986 bis 14. Juli 1986 sei keine Beschäftigung ausgeübt worden. Die Seefahrtzeit vom 17. November 1983 bis 10. Februar 1986 könne nicht nach dem deutsch-polnischen Abkommen anerkannt werden, da diese Seefahrtzeit unter ausländischer Flagge zurückgelegt worden sei.
Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG; Az. S 11 RA 19/99), das die Klage mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 23. März 2000 abwies. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit seien nicht gegeben. Der Zeitraum März 1983 bis Februar 1986 könne nach dem deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen (DPSVA) vom 9. Oktober 1975 (BGBl 1976 II S. 393) nicht anerkannt werden.
Ein Antrag des Klägers auf Zulassung zur rückwirkenden Entrichtung von freiwilligen Versicherungsbeiträgen wurde mit Bescheid der Seekasse vom 20. Februar 2002 abgelehnt. Widerspruch und Klage zum SG blieben erfolglos (klageabweisender Gerichtsbescheid vom 6. Mai 2003, Az. S 11 RA 209/02).
Mit e-mail vom 7. Oktober 2003 an die damalige BfA teilte der Kläger mit, die Seekasse und das Gericht hätten seine Arbeitszeiten nicht vollständig anerkannt und seinen Rentenantrag abgelehnt. Seine Frage sei, ob das korrekt ist.
Nach Weiterleitung an die Beklagte hat diese mit Schreiben ohne Rechtsmittelbelehrung vom 3. November 2003 dem Kläger mitgeteilt, dass auch nach erneuter Überprüfung der Angelegenheit eine Änderung der bisherigen Feststellungen nicht getroffen werden konnte. Wie bereits im Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 1998 sowie im Urteil des SG vom 6. Juli 2000 erläutert worden sei, lägen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vor.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass weitere Versicherungszeiten anerkannt werden müssten. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das DSPVA 1975 gelte weiter. Die Eingliederung polnischer Zeiten in die deutsche Rentenversicherung erfolge in Anwendung des Fremdrentengesetzes (FRG). Polnische Abkommenszeiten seien nur noch insoweit zu berücksichtigen, als auch das innerstaatliche Recht eine Berücksichtigung zulasse. Da auch ein deutscher Seemann die Fahrzeiten auf Schiffen unter ausländischer Flagge unter Berücksichtigung der Vorschriften des FRG nicht angerechnet bekommen würde, sei auch eine weitere polnische Abkommenszeit nicht zu berücksichtigen. Die Anerkennung weiterer rentenrechtlicher Zeiten sei daher nicht möglich. Dies sei auch in den bereits durchgeführten Widerspruchs- und Klageverfahren bestätigt worden.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum SG (Az. S 15 R 284/05 SK) erhoben mit der Begründung, dass die Zeiten vom 23. März 1983 bis 13. Juni 1983 sowie vom 17. November 1983 bis 10. Februar 1986 auch in der deutschen Rentenversicherung anerkannt werden müssten. Diese Zeiten seien vom polnischen Versicherungsträger als Versicherungszeiten anerkannt, so dass eine Übernahme durch die Beklagte zu erfolgen habe.
Nach Beiziehung diverser medizinischer Unterlagen hat das SG die Klage mit Urteil vom 9. März 2009 abgewiesen, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
Mit der hiergegen zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegten Berufung hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er macht im wesentlichen unter Berufung auf die Auskunft des polnischen Sozialversicherungsträgers (ZUS) geltend, die mittlerweile nur noch fraglichen Zeiträume vom 23. März 1983 bis 13. Juni 1983 sowie 17. November 1983 bis 31. Dezember 1985 seien - wie von der ZUS bestätigt - als Pflichtbeitragszeiten anzuerkennen. Der Kläger sei auch seit dem Unfalltag voll erwerbsgemindert. Er sei nicht bei der zypriotischen Reederei, sondern bei der polnischen Seeagentur beschäftigt gewesen. Nach dem seit 1. Januar 1999 geltenden Versicherungssystemgesetz vom 13. Oktober 1998 sei für die rechtliche Einordnung einer Beitragszeit nach polnischem Recht maßgebend, ob zum Schluss eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit Beitragszahlung ausgeübt worden sei.
Der Senat hat eine Auskunft der ZUS eingeholt, die Seeagentur S. hat mit Schreiben vom 1. Dezember 2010 Stellung genommen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts vom 9. März 2009 und des Bescheids der Beklagten vom 3. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2005 zu verurteilen, den Bescheid vom 28. November 1997 zurückzunehmen und dem Kläger auf seinen Antrag vom 4. Oktober 1996 hin Rente wegen Erwerbs- bzw Berufsunfähigkeit entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 3. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2005 zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht entschieden, dass ein Anspruch des Klägers auf Rücknahme des Bescheids vom 28. November 1997 nicht besteht, da die Beklagte mit diesem Bescheid zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit abgelehnt hat. Dem Kläger steht damit kein Anspruch gemäß § 44 Abs. 1 SGB X auf Rücknahme des Bescheids vom 28. November 1997 und die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit gemäß §§ 43,44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2001 gültigen Fassung zu.
Nach Auffassung des Senats ist streitgegenständlicher Bescheid das Schreiben der Beklagten vom 3. November 2003, das als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, da es eine Regelung mit Außenwirkung enthält. Der Kläger hatte um Überprüfung des ablehnenden Rentenbescheids vom 28. November 1997 gebeten. Dieser wurde durch den Bescheid vom 3. November 2003 von der Beklagten unter Bezugnahme auf die Begründung des vorangegangenen Widerspruchsbescheids und des später ergangenen Gerichtsurteils abgelehnt. Streitgegenstand ist damit die Ablehnung des Überprüfungsantrags des Klägers vom 7. Oktober 2003 durch den Bescheid vom 3. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2005.
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 S. 1 SGB X).
Die Beklagte hat bei Erlass des den ablehnenden Bescheid vom 28. November 1997 be-stätigenden Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 1998 das damals geltende Recht nicht falsch angewendet. Sie hatte vielmehr mit diesen Bescheiden zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit abgelehnt.
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB VI in der vom 8. Mai 1996 bis zum 31. März 1999 gültigen und damit gemäß § 300 Abs. 1, 2 SGB VI maßgeblichen Fassung (SGB VI a.F.) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit 3 Jahren Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. § 43 Abs. 1 SGB VI enthält eine entsprechende Regelung für den Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sind nur dann erfüllt, wenn die Zeiträume 23. März 1983 bis 13. Juni 1983 sowie 17. November 1983 bis 31. Dezember 1985 mit Pflichtbeitragszeiten belegt sind. Denn nur dann wären in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit 3 Jahre mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Der Senat geht dabei zu Gunsten des Klägers davon aus, dass bei dem Unfall des Klägers im August 1988 tatsächlich Erwerbsunfähigkeit oder zumindest Berufsunfähigkeit eingetreten ist. Ein noch früherer Leistungsfall wurde weder behauptet noch gibt es für ihn einen konkreten Anhaltspunkt. Der Kläger hat vielmehr im Rahmen eines Verfahrens der medizinischen Rehabilitation im März/April 2006 geltend gemacht, seit dem Unfallzeitpunkt am 12. August 1988 berufsunfähig zu sein. Auch liegt der Ausnahmetatbestand des § 43 Abs. 4 SGB VI nicht vor, da die Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit allenfalls durch den privaten Unfall im August 1988 und damit nicht aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die Wartezeit vorzeitig erfüllt wäre. Auch eine Verlängerung des Zeitraums von 5 Jahren durch sogenannte Streckungstatbestände des § 43 Abs. 3 SGB VI a.F. scheidet ersichtlich aus, da keine der dort genannten Zeiten beim Kläger vorliegt. Schließlich ist auch der Ausnahmetatbestand des § 241 Abs. 2 SGB VI a.F. nicht erfüllt, da nicht jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Nicht mehr schließbare Lücken liegen jedenfalls im Zeitraum März bis Juni 1986 und ab September 1987 bis Juli 1988 vor.
In den Zeiträumen 23. März 1983 bis 13. Juni 1983 sowie 17. November 1983 bis 31. Dezember 1985 kommt nur die Anrechnung von polnischen Beitragszeiten in Betracht, da nach Zypern unstrittig keine Beiträge entrichtet worden sind. Die Anrechnung polnischer Beitragszeiten unmittelbar nach dem FRG ist nicht möglich, da dieses Gesetz auf den Kläger, der nicht als Vertriebener, Aussiedler usw. anerkannt ist, gem. § 1 FRG nicht unmittelbar angewendet werden kann.
Eine Anerkennung der Beitragszeiten in den genannten Zeiträumen kommt grundsätzlich nur nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten durch den Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 1998 gemäß Art. 27 Abs. 2 - 4 des DPSVA vom 8. Dezember 1990 (DPSVA 1990) für den Kläger fortgeltenden DPSVA 1975 in Verbindung mit Art. 2 des Zustimmungsgesetzes in der Fassung des Art. 20 Rentenreformgesetz 1992 in Betracht. Die inhaltlichen Regelungen des DPSVA 1990 fanden zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung der Beklagten auf den Kläger keine Anwendung, da dieses Abkommen nur für alle Personen gilt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach dem 31. Dezember 1990 (im Ausnahmefall nach dem 30. Juni 1991) in den anderen Vertragsstaat verlegen, dort erneut begründen oder in einem anderen Drittstaat haben (Art. 27 Abs. 1 S. 2 DPSVA 1990). Nach Art. 27 Abs. 3 S. 1 DPSVA 1990 erwerben Ansprüche und Anwartschaften in der Rentenversicherung nach dem DPSVA 1975 für die bis zur Einreise zurückgelegten Versicherungszeiten Personen, die vor dem 1. Januar 1991 nach Deutschland eingereist sind, bis zu diesem Zeitpunkt die Verlegung des Wohnorts nach Deutschland beantragt haben und sich seither ununterbrochen hier aufgehalten haben, sofern sie im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls, spätestens vom 30. Juni 1991 an, in Deutschland wohnen. Die Voraussetzungen des Art. 27 Abs. 3 S. 1 DPSVA 1990 sind für den Kläger erfüllt. Der Kläger hat seinen Wohnort und gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet bereits seit August 1987. Das DPSVA 1975 gilt damit für den Kläger fort. Die Anwendung europarechtlicher Vorschriften schied zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung von vornherein aus, da Polen erst am 1. Januar 2004 der Europäischen Union beigetreten ist.
Nach den Bestimmungen des DPSVA 1975 ist eine Anrechnung von Beitragszeiten in den fraglichen Zeiträumen nicht möglich. Nach Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 hat der Versicherungsträger des Staates, in dessen Gebiet der Berechtigte wohnt, bei der Feststellung der Rente nach den für ihn geltenden Vorschriften die nach den Gesetzen des anderen Staates zurückgelegten Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten und diesen gleichgestellten Zeiten (Abkommenszeiten) so zu berücksichtigen, als ob sie im eigenen Staat zurückgelegt worden wären. Für die Einordnung in das deutsche Rentenversicherungssystem ist hierbei entscheidend, ob die polnischen Zeiten vergleichbar sind mit Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten (Arbeitszeiten), mit Ersatzzeiten oder mit Ausfallzeiten.
Abkommenszeiten, die nach Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 des Zustimmungsgesetzes 1976 in der deutschen Rentenversicherung anrechenbar waren, sind nach der Änderung des Zustimmungsgesetzes durch Art. 20 Rentenreformgesetz 1992 ab 1. Juli 1990 nur noch dann berücksichtigungsfähig, wenn sie auch die Voraussetzungen für eine Anrechnung nach dem Fremdrentengesetz erfüllen (BSG, Urteil vom 21. Februar 1996, Az. 5 RJ 48/95, in juris). Denn nach Art. 2 Abs. 1 des Zustimmungsgesetzes sind Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, bei der Feststellung einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in Anwendung des Fremdrentengesetzes und des Fremdrenten- und
Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz zu berücksichtigen, solange der Berechtigte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 2. Oktober 1990 wohnt.
Gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nicht-deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Sind die Beiträge aufgrund einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit entrichtet, so steht die ihnen zu Grunde liegende Beschäftigung oder Tätigkeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit im Geltungsbereiche des FRG gleich (§ 15 Abs. 1 S. 2 FRG).
Gemäß § 4 Abs. 1 FRG genügt es für die Feststellung der nach dem FRG erheblichen Tatsachen, wenn diese glaubhaft gemacht sind. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.
Für den Senat ist im fraglichen Zeitraum eine Beitragszahlung an den polnischen Rentenversicherungsträger nicht überwiegend wahrscheinlich. Hiergegen sprechen die Auskünfte des polnischen Rentenversicherungsträgers, wonach bis zum 31. Dezember 1985 keine Beitragspflicht bestanden hat. Es erscheint daher schon aus diesem Grund wenig wahrscheinlich, dass trotz fehlender Beitragspflicht Beiträge entrichtet wurden. Den vorgelegten Quittungen ist allenfalls die Zahlung von Beiträgen zur Versicherung im Bereich der Unfallversicherung und gegen tropische Krankheiten zu entnehmen. Insoweit hatte sich die Reederei zur Abführung von Beiträgen verpflichtet. Die in den Quittungen genannten Beträge entsprechen den laut Vertrag vom 21. März 1983 zu entrichtenden Beiträgen für die streitigen Zeiträume. Eine Entrichtung von Beiträgen an den polnischen Rentenversicherungsträger belegen sie nicht. Gegen die Entrichtung von Beiträgen spricht auch die Auskunft der Seeagentur S. vom 30. November 2007. Hierin wird ausdrücklich bestätigt, dass vor 1986 keine Sozialversicherungspflicht für jene Personen bestand, die zur Arbeit ins Ausland delegiert wurden. Die Beschäftigungszeit bis zum 31. Dezember 1985 habe als Beitragszeit nach Artikel 2 Abs. 2 1c des Gesetzes vom 17. Oktober 1991 gegolten. Ab 1. Januar 1986 seien dann Beiträge für den Kläger an die Sozialversicherungsanstalt überwiesen worden. Diese Angaben stimmen überein mit denjenigen der relativ zeitnah erstellten Bescheinigung vom 4. Januar 1999 (S 11 RA 19/99). Soweit die Seeagentur im Schreiben vom 1. Dezember 2010 unter Bezugnahme auf die Bescheinigung vom 30. November 2007 erklärt, dass auch für die Beschäftigungszeiten von März 1983 bis 13. Juni 1983 und vom 17. November 1983 bis zum 10. Februar 1986 Sozialversicherungsbeiträge an die ZUS S. abgeführt worden seien, ist dies nicht nachvollziehbar. Denn in der Bescheinigung vom 30. November 2007 wird dies gerade nicht bestätigt. Es mangelt damit an einer Glaubhaftmachung der Entrichtung von Beiträgen an den polnischen Rentenversicherungsträger.
Unerheblich ist, dass nach den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten nach dem seit 1. Januar 1999 geltenden polnischen Versicherungssystemgesetz vom 13. Oktober 1998 für die rechtliche Einordnung einer Beitragszeit nach polnischem Recht maßgebend ist, ob zum Schluss eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit Beitragszahlung ausgeübt worden ist. Ob dies zutrifft oder nicht, kann dahinstehen. Denn für die Berücksichtigung des fraglichen Zeitraums als Beitragszeit nach § 15 Abs. 1 FRG kommt es nicht auf die Bewertung dieser Zeiten nach polnischem Recht an, sondern allein darauf, ob die tatsächliche Entrichtung von Beiträgen glaubhaft gemacht ist. Dies ist jedoch nicht der Fall. Aus diesem Grund ist auch unerheblich, ob der Kläger - wie behauptet - nicht bei einem zypriotischen Reeder, sondern bei der polnischen Seeagentur beschäftigt gewesen ist. Denn selbst wenn der Kläger bei der polnischen Seeagentur beschäftigt gewesen wäre, wäre die Entrichtung von Beiträgen nicht glaubhaft gemacht. Allein hierauf kommt es jedoch an. Abgesehen davon ist der Senat aufgrund des Arbeitsvertrags des Klägers davon überzeugt, dass der Kläger nicht bei der polnischen Seeagentur beschäftigt war. Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers wurde zwar durch die polnische Seeagentur vermittelt, ist aber laut Vertrag zwischen dem Kläger und dem zypriotischen Reeder zustande gekommen.
Die bloße fiktive Entrichtung von Beiträgen nach Artikel 2 Abs. 2 Punkt 1c des polnischen Gesetzes vom 17. Oktober 1991, wonach diese Zeiten als fiktive Beitragszeiten nach polnischen Recht gelten, genügt für eine Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht.
Insoweit käme nur eine Berücksichtigung als beitragslose Beitragszeiten gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 FRG in Betracht. Zeiten einer Beschäftigung, die bei ihrer Zurücklegung nach dem zu dieser Zeit geltenden Recht als Beitragszeiten im Sinne des § 15 Abs. 1 FRG anrechnungsfähig waren und für die an einen Träger eines Systems der sozialen Sicherheit Beiträge nicht entrichtet worden sind, stehen die nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich, soweit für sie Beiträge zu zahlen gewesen wären. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Für deutsche Seeleute, die auf ausländischen Schiffen unter ausländischer Flagge beschäftigt waren, bestand grundsätzlich keine Versicherungspflicht, auch nicht nach den Regelungen über die Ausstrahlung gemäß § 4 SGB IV in der bis zum 31. Dezember 1997 und damit in den maßgeblichen Zeiträumen gültigen Fassung vom 23. Dezember 1976 (SGB IV a.F.).
Soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Berechtigung eine Beschäftigung voraussetzen, gelten sie nach dieser Bestimmung auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist (§ 4 Abs. 1 SGB IV a.F.). Abs. 1 gilt nicht für Personen, die auf ein Seeschiff entsandt werden, das nicht berechtigt ist, die Bundesflagge zu führen und der Unfallverhütung und Schiffsicherheitsüberwachung durch die Seeberufsgenossenschaft nicht unterliegt (§ 4 Abs. 2 S. 1 SGB IV a.F.). Die Regelungen der Ausstrahlung hätten auf einen deutschen Seemann, der - wie hier der Kläger in den fraglichen Zeiträumen - bei dem zypriotischen Reeder unter panamaischer Flagge gefahren wäre, von vornherein keine Anwendung gefunden (vgl. Jehle, die Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten, Stand März 1994, § 2 SGB IV Anm. 7). Es fehlt insoweit an einem inländischen Beschäftigungsverhältnis iSd § 4 SGB IV. Ein solches liegt immer dann vor, wenn eine Person für ein deutsches oder ausländisches Unternehmen im Inland beschäftigt wird und kein Fall der Einstrahlung (§ 5 SGB IV) vorliegt. Ausreichend ist auch, wenn ein Deutscher nach langjährigem Aufenthalt im Ausland seinen Wohnsitz in Deutschland nimmt und dann unmittelbar wieder von einem deutschen Unternehmen im Ausland beschäftigt wird (BSG, Urteil vom 25. August 1994 - 2 RU 14/93). Die Beschäftigung erfolgte jedoch bei einem ausländischen (zypriotischen) Reeder im Ausland auf einem unter fremder Flagge fahrenden Schiff.
Darüber hinaus greift auch die zum damaligen Zeitpunkt gültige Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 2 SGB IV. Denn Schiffe eines zypriotischen Reeders, die unter panamaischer Flagge fuhren, auf die der Kläger entsandt worden ist, hatten weder nach §§ 1, 2 Flaggenrechtsgesetz die Berechtigung, die deutsche Flagge zu führen, da sie nicht im Eigentum eines Deutschen standen, noch unterlagen sie der Unfallverhütung und Schiffssicherheitsüberwachung durch die Seeberufsgenossenschaft. Für eine diesbezüglichen Antragstellung des zypriotischen Reeders (vgl. § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB IV) in den fraglichen Zeiträumen gibt es keine Hinweise. Nach der Auskunft der Beklagten vom 17. Mai 2011 sind die Schiffe M/V C. und M/V G. im Schiffsregister / Unternehmensverzeichnis der ehemaligen See-Berufsgenossenschaft nicht eingetragen.
Ob Versicherungspflicht für einen von einem ausländischen Reeder beschäftigten deutschen Seemann auf einem unter ausländischer Flagge fahrenden Schiff bestand, richtete sich damit ausschließlich danach, ob der Reeder einen Antrag gemäß § 2 Abs. 3 SGB IV gestellt hatte, die deutschen Seeleute in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtzuversichern. Die Stellung eines solchen Antrags durch den über das Intenet nicht mehr zu ermittelnden zypriotischen Reeder ist ebenfalls nicht anzunehmen. Denn eine Verpflichtung, einen derartigen Antrag zu stellen, bestand zum Zeitpunkt der beiden Beschäftigungsverhältnisse des Klägers nicht. Erst mit Wirkung vom 1. Januar 1998 ist die Antragstellung durch den Reeder zur Einbeziehung der auf seinen ausgeflaggten Schiffen tätigen deutschen Seeleuten in der Sozialversicherung obligatorisch geworden, dies jedoch auch nur für solche Seeschiffe, die im überwiegenden wirtschaftlichen Eigentum eines deutschen Reeders mit Sitz im Inland stehen (vgl. § 2 Abs. 3 S. 2 SGB IV in der ab 1. Januar 1998 gültigen Fassung). Auch insoweit ist darauf zu verweisen, dass die Schiffe, auf denen der Kläger im strittigen Zeitraum gefahren ist, im Schiffsverzeichnis der See-Berufsgenossenschaft nicht verzeichnet sind.
Darüber hinaus stellt § 15 Abs. 3 S. 3 FRG klar, dass Zeiten, die außerhalb der Herkunftsgebiete ohne Beitragsleistung an den Träger im Herkunftsgebiet oder in einem System nach Abs. 2 S. 3 zurückgelegt worden sind, nicht als Beitragszeiten gelten. Da der Kläger nicht unter polnischer, sondern unter panamaischer Flagge gefahren ist, hat er damit Zeiten außerhalb des Herkunftsgebiets zurückgelegt.
Eine Beitragsleistung an einen Träger im Herkunftsgebiet ist nach alledem nicht überwiegend wahrscheinlich. Auch liegt keine beitragslose Beitragszeit vor. Damit sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit nicht gegeben.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Regensburg vom 9. März 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1952 in Polen geborene Kläger, polnischer Staatsbürger ohne Vertriebenenausweis, hat seinen ständigen Aufenthalt auf der Grundlage einer mittlerweile unbefristeten Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet seit August 1987. Er hat von September 1968 bis Januar 1972 eine Ausbildung zum Mechaniker absolviert. Nach Zeiten des Wehrdienstes von Januar 1972 bis Dezember 1973 war der Kläger von Januar 1974 bis Mai 1977 als Fahrer und im Anschluss daran als Schiffsmotorführer in einem Unternehmen für Hochseefischerei und Fischereidienstleistungen "G." in S. beschäftigt.
Ausweislich einer Bescheinigung der M. D-Stadt (Seeagentur S.) vom 4. Januar 1999 war der Kläger vom 23. März 1983 bis 13. Juni 1983 an Bord des Schiffes M/V "C." und vom 17. November 1983 bis 10. Februar 1986 an Bord des Schiffes M/V "G." unter der Flagge Panamas jeweils als Motormann beschäftigt. Die Beschäftigungszeit bis zum 31. Dezember 1985 werde als Beitragszeit anerkannt in Übereinstimmung mit Artikel 2 Abs. 2 Punkt 1c des Gesetzes vom 17. November 1991. Aus der Bescheinigung geht ferner hervor, dass seit dem 1. Januar 1986 die Seeagentur S. die Beiträge für die Sozialversicherung in Höhe von 28 % des durchschnittlichen Lohns des vorherigen Jahres in der volkseigenen Wirtschaft nach § 6 Abs. 2 des Beschlusses Nr. 123 des Ministerrats vom 3. September 1984 abgeführt habe. Aus einer weiteren Bescheinigung der Seeagentur S. vom 13. Juni 1986 lässt sich entnehmen, dass der Kläger in den Zeiträumen 23. März 1983 bis 13. Juni 1983 sowie 17. November 1983 bis 10. Februar 1986 bei einem zypriotischen Reeder beschäftigt war.
In einer Bescheinigung vom 23. Juli 1987 der Seeagentur ist ausgeführt, der Kläger sei auf der Grundlage eines Vertrages zwischen der Seeagentur und einem Herrn W., Bundesrepublik Deutschland, vom 17. November 1983 bis zum 10. Februar 1986 auf dem Schiff G. als Motorführer beschäftigt gewesen.
Nach dem Vertrag zwischen der Seeagentur S. und dem Kläger vom 21. März 1983 wies die Seeagentur den Kläger ins Ausland zur Aufnahme der Arbeit aufgrund des Kontraktes ein, der von dem Kläger mit dem ausländischen Kontrahenten B. Co., L., in dem Land Zypern als Maschinist für den Zeitraum 23. März 1983 mit einer Vergütung in der Höhe von 600 $ sowie 3 Urlaubstage monatlich, erhalten von dem Kläger direkt von dem ausländischen Kontrahenten, geschlossen wird. Die Agentur verpflichtete sich gegenüber dem Kläger, diesen in der staatlichen Versicherungsanstalt im Bereich der Unfallversicherung und gegen tropische Krankheiten gemäß den in diesem Umfang geltenden Vorschriften zu versichern. Der Kläger verpflichtete sich gegenüber der Seeagentur, 20 % der Währungsvergütung brutto für jeden Monat der Arbeit und des Urlaubs regelmäßig auf das Konto der Seeagentur einzuzahlen. In Anlehnung an die Höhe der monatlichen Bruttovergütung, die im Kontrakt als 600 $ bestimmt worden sei, werde die Höhe der Kosten auf 120 US $ bestimmt.
Es liegen ferner diverse Quittungen der Seeagentur vor, wonach der Kläger in den Jahren 1983 bis 1986 insgesamt 3.538.- US-Dollar und 920 DM an diese gezahlt hat.
Seit der Einreise in das Bundesgebiet ist der Kläger keiner versicherungspflichtigen Tätigkeit mehr nachgegangen. Er war von 19. April 1988 bis 11. August 1988 arbeitslos (ohne Leistung). Am 12. August 1988 war der Kläger in einen privaten Autounfall verwickelt, bei dem er schwere Verletzungen erlitt (Polytrauma mit Schädel-Hirn-Trauma III, Epiduralhämatom rechts fronto-parietal, offene Unterschenkelschaftfraktur links, HWS-Schleuder-trauma). Er bezog daraufhin bis 27. Januar 1991 Krankengeld. Anschließend war er vom 28. Januar 1991 bis 8. März 1995 arbeitslos (ohne Leistung) und ab 9. März 1995 arbeitslos ohne Nachweis und ohne Leistung.
Der von der Beklagten festgestellte Versicherungsverlauf weist folgende Versicherungszeiten auf:
1. September 1968 - 31. Dezember 1970: Pflichtbeiträge für eine berufliche Ausbildung
Januar 1971: krank/Gesundheitsmaßnahme
3. Januar 1974 - 22. März 1983: Pflichtbeiträge
1. Januar 1986 - 10. Februar 1986: Pflichtbeiträge
25. Juli 1986 - 5. August 1987: Pflichtbeiträge
Auf Anfrage der Beklagten bestätigte der polnische Versicherungsträger mit Schreiben vom 11. Dezember 2001 sowie vom 7. Dezember 2007 die Zeiten vom 23. März 1983 bis 13. Juni 1983 sowie vom 17. November 1983 bis 2. Februar 1986 (jeweils Seeagentur in S. bei fremdem Reeder - B. Co.Inc., L., Zypern, Arbeitsvertrag, Vollzeit, Maschinenwart) als Beitragszeiten.
Ermittlungen der Beklagten beim zypriotischen Sozialversicherungsträger blieben ergebnislos. Angaben über in Zypern zurückgelegte Versicherungszeiten konnten mangels Vorhandenseins einer zypriotischen Versicherungsnummer für den Kläger von dort aus nicht gemacht werden.
Der Kläger begehrte erstmals mit Antrag vom 4. Oktober 1996 Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit von der Beklagten mit der Begründung, er sei seit 1988 arbeitsunfähig krank. Der Antrag wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 28. November 1997 abgelehnt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nicht gegeben. Bei einem angenommenen Leistungsfall am Tag des Unfalls (12. August 1988) seien in den letzten 5 Jahren davor keine 3 Jahre Pflichtbeitragszeiten unter Berücksichtigung der polnischen Zeiten zurückgelegt. Vom 11. Februar 1986 bis 14. Juli 1986 sei keine Beschäftigung ausgeübt worden. Die Seefahrtzeit vom 17. November 1983 bis 10. Februar 1986 könne nicht nach dem deutsch-polnischen Abkommen anerkannt werden, da diese Seefahrtzeit unter ausländischer Flagge zurückgelegt worden sei.
Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG; Az. S 11 RA 19/99), das die Klage mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 23. März 2000 abwies. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit seien nicht gegeben. Der Zeitraum März 1983 bis Februar 1986 könne nach dem deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen (DPSVA) vom 9. Oktober 1975 (BGBl 1976 II S. 393) nicht anerkannt werden.
Ein Antrag des Klägers auf Zulassung zur rückwirkenden Entrichtung von freiwilligen Versicherungsbeiträgen wurde mit Bescheid der Seekasse vom 20. Februar 2002 abgelehnt. Widerspruch und Klage zum SG blieben erfolglos (klageabweisender Gerichtsbescheid vom 6. Mai 2003, Az. S 11 RA 209/02).
Mit e-mail vom 7. Oktober 2003 an die damalige BfA teilte der Kläger mit, die Seekasse und das Gericht hätten seine Arbeitszeiten nicht vollständig anerkannt und seinen Rentenantrag abgelehnt. Seine Frage sei, ob das korrekt ist.
Nach Weiterleitung an die Beklagte hat diese mit Schreiben ohne Rechtsmittelbelehrung vom 3. November 2003 dem Kläger mitgeteilt, dass auch nach erneuter Überprüfung der Angelegenheit eine Änderung der bisherigen Feststellungen nicht getroffen werden konnte. Wie bereits im Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 1998 sowie im Urteil des SG vom 6. Juli 2000 erläutert worden sei, lägen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vor.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass weitere Versicherungszeiten anerkannt werden müssten. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das DSPVA 1975 gelte weiter. Die Eingliederung polnischer Zeiten in die deutsche Rentenversicherung erfolge in Anwendung des Fremdrentengesetzes (FRG). Polnische Abkommenszeiten seien nur noch insoweit zu berücksichtigen, als auch das innerstaatliche Recht eine Berücksichtigung zulasse. Da auch ein deutscher Seemann die Fahrzeiten auf Schiffen unter ausländischer Flagge unter Berücksichtigung der Vorschriften des FRG nicht angerechnet bekommen würde, sei auch eine weitere polnische Abkommenszeit nicht zu berücksichtigen. Die Anerkennung weiterer rentenrechtlicher Zeiten sei daher nicht möglich. Dies sei auch in den bereits durchgeführten Widerspruchs- und Klageverfahren bestätigt worden.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum SG (Az. S 15 R 284/05 SK) erhoben mit der Begründung, dass die Zeiten vom 23. März 1983 bis 13. Juni 1983 sowie vom 17. November 1983 bis 10. Februar 1986 auch in der deutschen Rentenversicherung anerkannt werden müssten. Diese Zeiten seien vom polnischen Versicherungsträger als Versicherungszeiten anerkannt, so dass eine Übernahme durch die Beklagte zu erfolgen habe.
Nach Beiziehung diverser medizinischer Unterlagen hat das SG die Klage mit Urteil vom 9. März 2009 abgewiesen, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
Mit der hiergegen zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegten Berufung hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er macht im wesentlichen unter Berufung auf die Auskunft des polnischen Sozialversicherungsträgers (ZUS) geltend, die mittlerweile nur noch fraglichen Zeiträume vom 23. März 1983 bis 13. Juni 1983 sowie 17. November 1983 bis 31. Dezember 1985 seien - wie von der ZUS bestätigt - als Pflichtbeitragszeiten anzuerkennen. Der Kläger sei auch seit dem Unfalltag voll erwerbsgemindert. Er sei nicht bei der zypriotischen Reederei, sondern bei der polnischen Seeagentur beschäftigt gewesen. Nach dem seit 1. Januar 1999 geltenden Versicherungssystemgesetz vom 13. Oktober 1998 sei für die rechtliche Einordnung einer Beitragszeit nach polnischem Recht maßgebend, ob zum Schluss eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit Beitragszahlung ausgeübt worden sei.
Der Senat hat eine Auskunft der ZUS eingeholt, die Seeagentur S. hat mit Schreiben vom 1. Dezember 2010 Stellung genommen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts vom 9. März 2009 und des Bescheids der Beklagten vom 3. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2005 zu verurteilen, den Bescheid vom 28. November 1997 zurückzunehmen und dem Kläger auf seinen Antrag vom 4. Oktober 1996 hin Rente wegen Erwerbs- bzw Berufsunfähigkeit entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 3. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2005 zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht entschieden, dass ein Anspruch des Klägers auf Rücknahme des Bescheids vom 28. November 1997 nicht besteht, da die Beklagte mit diesem Bescheid zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit abgelehnt hat. Dem Kläger steht damit kein Anspruch gemäß § 44 Abs. 1 SGB X auf Rücknahme des Bescheids vom 28. November 1997 und die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit gemäß §§ 43,44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2001 gültigen Fassung zu.
Nach Auffassung des Senats ist streitgegenständlicher Bescheid das Schreiben der Beklagten vom 3. November 2003, das als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, da es eine Regelung mit Außenwirkung enthält. Der Kläger hatte um Überprüfung des ablehnenden Rentenbescheids vom 28. November 1997 gebeten. Dieser wurde durch den Bescheid vom 3. November 2003 von der Beklagten unter Bezugnahme auf die Begründung des vorangegangenen Widerspruchsbescheids und des später ergangenen Gerichtsurteils abgelehnt. Streitgegenstand ist damit die Ablehnung des Überprüfungsantrags des Klägers vom 7. Oktober 2003 durch den Bescheid vom 3. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2005.
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 S. 1 SGB X).
Die Beklagte hat bei Erlass des den ablehnenden Bescheid vom 28. November 1997 be-stätigenden Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 1998 das damals geltende Recht nicht falsch angewendet. Sie hatte vielmehr mit diesen Bescheiden zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit abgelehnt.
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB VI in der vom 8. Mai 1996 bis zum 31. März 1999 gültigen und damit gemäß § 300 Abs. 1, 2 SGB VI maßgeblichen Fassung (SGB VI a.F.) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit 3 Jahren Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. § 43 Abs. 1 SGB VI enthält eine entsprechende Regelung für den Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sind nur dann erfüllt, wenn die Zeiträume 23. März 1983 bis 13. Juni 1983 sowie 17. November 1983 bis 31. Dezember 1985 mit Pflichtbeitragszeiten belegt sind. Denn nur dann wären in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit 3 Jahre mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Der Senat geht dabei zu Gunsten des Klägers davon aus, dass bei dem Unfall des Klägers im August 1988 tatsächlich Erwerbsunfähigkeit oder zumindest Berufsunfähigkeit eingetreten ist. Ein noch früherer Leistungsfall wurde weder behauptet noch gibt es für ihn einen konkreten Anhaltspunkt. Der Kläger hat vielmehr im Rahmen eines Verfahrens der medizinischen Rehabilitation im März/April 2006 geltend gemacht, seit dem Unfallzeitpunkt am 12. August 1988 berufsunfähig zu sein. Auch liegt der Ausnahmetatbestand des § 43 Abs. 4 SGB VI nicht vor, da die Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit allenfalls durch den privaten Unfall im August 1988 und damit nicht aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die Wartezeit vorzeitig erfüllt wäre. Auch eine Verlängerung des Zeitraums von 5 Jahren durch sogenannte Streckungstatbestände des § 43 Abs. 3 SGB VI a.F. scheidet ersichtlich aus, da keine der dort genannten Zeiten beim Kläger vorliegt. Schließlich ist auch der Ausnahmetatbestand des § 241 Abs. 2 SGB VI a.F. nicht erfüllt, da nicht jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Nicht mehr schließbare Lücken liegen jedenfalls im Zeitraum März bis Juni 1986 und ab September 1987 bis Juli 1988 vor.
In den Zeiträumen 23. März 1983 bis 13. Juni 1983 sowie 17. November 1983 bis 31. Dezember 1985 kommt nur die Anrechnung von polnischen Beitragszeiten in Betracht, da nach Zypern unstrittig keine Beiträge entrichtet worden sind. Die Anrechnung polnischer Beitragszeiten unmittelbar nach dem FRG ist nicht möglich, da dieses Gesetz auf den Kläger, der nicht als Vertriebener, Aussiedler usw. anerkannt ist, gem. § 1 FRG nicht unmittelbar angewendet werden kann.
Eine Anerkennung der Beitragszeiten in den genannten Zeiträumen kommt grundsätzlich nur nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten durch den Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 1998 gemäß Art. 27 Abs. 2 - 4 des DPSVA vom 8. Dezember 1990 (DPSVA 1990) für den Kläger fortgeltenden DPSVA 1975 in Verbindung mit Art. 2 des Zustimmungsgesetzes in der Fassung des Art. 20 Rentenreformgesetz 1992 in Betracht. Die inhaltlichen Regelungen des DPSVA 1990 fanden zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung der Beklagten auf den Kläger keine Anwendung, da dieses Abkommen nur für alle Personen gilt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach dem 31. Dezember 1990 (im Ausnahmefall nach dem 30. Juni 1991) in den anderen Vertragsstaat verlegen, dort erneut begründen oder in einem anderen Drittstaat haben (Art. 27 Abs. 1 S. 2 DPSVA 1990). Nach Art. 27 Abs. 3 S. 1 DPSVA 1990 erwerben Ansprüche und Anwartschaften in der Rentenversicherung nach dem DPSVA 1975 für die bis zur Einreise zurückgelegten Versicherungszeiten Personen, die vor dem 1. Januar 1991 nach Deutschland eingereist sind, bis zu diesem Zeitpunkt die Verlegung des Wohnorts nach Deutschland beantragt haben und sich seither ununterbrochen hier aufgehalten haben, sofern sie im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls, spätestens vom 30. Juni 1991 an, in Deutschland wohnen. Die Voraussetzungen des Art. 27 Abs. 3 S. 1 DPSVA 1990 sind für den Kläger erfüllt. Der Kläger hat seinen Wohnort und gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet bereits seit August 1987. Das DPSVA 1975 gilt damit für den Kläger fort. Die Anwendung europarechtlicher Vorschriften schied zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung von vornherein aus, da Polen erst am 1. Januar 2004 der Europäischen Union beigetreten ist.
Nach den Bestimmungen des DPSVA 1975 ist eine Anrechnung von Beitragszeiten in den fraglichen Zeiträumen nicht möglich. Nach Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 hat der Versicherungsträger des Staates, in dessen Gebiet der Berechtigte wohnt, bei der Feststellung der Rente nach den für ihn geltenden Vorschriften die nach den Gesetzen des anderen Staates zurückgelegten Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten und diesen gleichgestellten Zeiten (Abkommenszeiten) so zu berücksichtigen, als ob sie im eigenen Staat zurückgelegt worden wären. Für die Einordnung in das deutsche Rentenversicherungssystem ist hierbei entscheidend, ob die polnischen Zeiten vergleichbar sind mit Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten (Arbeitszeiten), mit Ersatzzeiten oder mit Ausfallzeiten.
Abkommenszeiten, die nach Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 des Zustimmungsgesetzes 1976 in der deutschen Rentenversicherung anrechenbar waren, sind nach der Änderung des Zustimmungsgesetzes durch Art. 20 Rentenreformgesetz 1992 ab 1. Juli 1990 nur noch dann berücksichtigungsfähig, wenn sie auch die Voraussetzungen für eine Anrechnung nach dem Fremdrentengesetz erfüllen (BSG, Urteil vom 21. Februar 1996, Az. 5 RJ 48/95, in juris). Denn nach Art. 2 Abs. 1 des Zustimmungsgesetzes sind Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, bei der Feststellung einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in Anwendung des Fremdrentengesetzes und des Fremdrenten- und
Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz zu berücksichtigen, solange der Berechtigte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 2. Oktober 1990 wohnt.
Gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nicht-deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Sind die Beiträge aufgrund einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit entrichtet, so steht die ihnen zu Grunde liegende Beschäftigung oder Tätigkeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit im Geltungsbereiche des FRG gleich (§ 15 Abs. 1 S. 2 FRG).
Gemäß § 4 Abs. 1 FRG genügt es für die Feststellung der nach dem FRG erheblichen Tatsachen, wenn diese glaubhaft gemacht sind. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.
Für den Senat ist im fraglichen Zeitraum eine Beitragszahlung an den polnischen Rentenversicherungsträger nicht überwiegend wahrscheinlich. Hiergegen sprechen die Auskünfte des polnischen Rentenversicherungsträgers, wonach bis zum 31. Dezember 1985 keine Beitragspflicht bestanden hat. Es erscheint daher schon aus diesem Grund wenig wahrscheinlich, dass trotz fehlender Beitragspflicht Beiträge entrichtet wurden. Den vorgelegten Quittungen ist allenfalls die Zahlung von Beiträgen zur Versicherung im Bereich der Unfallversicherung und gegen tropische Krankheiten zu entnehmen. Insoweit hatte sich die Reederei zur Abführung von Beiträgen verpflichtet. Die in den Quittungen genannten Beträge entsprechen den laut Vertrag vom 21. März 1983 zu entrichtenden Beiträgen für die streitigen Zeiträume. Eine Entrichtung von Beiträgen an den polnischen Rentenversicherungsträger belegen sie nicht. Gegen die Entrichtung von Beiträgen spricht auch die Auskunft der Seeagentur S. vom 30. November 2007. Hierin wird ausdrücklich bestätigt, dass vor 1986 keine Sozialversicherungspflicht für jene Personen bestand, die zur Arbeit ins Ausland delegiert wurden. Die Beschäftigungszeit bis zum 31. Dezember 1985 habe als Beitragszeit nach Artikel 2 Abs. 2 1c des Gesetzes vom 17. Oktober 1991 gegolten. Ab 1. Januar 1986 seien dann Beiträge für den Kläger an die Sozialversicherungsanstalt überwiesen worden. Diese Angaben stimmen überein mit denjenigen der relativ zeitnah erstellten Bescheinigung vom 4. Januar 1999 (S 11 RA 19/99). Soweit die Seeagentur im Schreiben vom 1. Dezember 2010 unter Bezugnahme auf die Bescheinigung vom 30. November 2007 erklärt, dass auch für die Beschäftigungszeiten von März 1983 bis 13. Juni 1983 und vom 17. November 1983 bis zum 10. Februar 1986 Sozialversicherungsbeiträge an die ZUS S. abgeführt worden seien, ist dies nicht nachvollziehbar. Denn in der Bescheinigung vom 30. November 2007 wird dies gerade nicht bestätigt. Es mangelt damit an einer Glaubhaftmachung der Entrichtung von Beiträgen an den polnischen Rentenversicherungsträger.
Unerheblich ist, dass nach den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten nach dem seit 1. Januar 1999 geltenden polnischen Versicherungssystemgesetz vom 13. Oktober 1998 für die rechtliche Einordnung einer Beitragszeit nach polnischem Recht maßgebend ist, ob zum Schluss eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit Beitragszahlung ausgeübt worden ist. Ob dies zutrifft oder nicht, kann dahinstehen. Denn für die Berücksichtigung des fraglichen Zeitraums als Beitragszeit nach § 15 Abs. 1 FRG kommt es nicht auf die Bewertung dieser Zeiten nach polnischem Recht an, sondern allein darauf, ob die tatsächliche Entrichtung von Beiträgen glaubhaft gemacht ist. Dies ist jedoch nicht der Fall. Aus diesem Grund ist auch unerheblich, ob der Kläger - wie behauptet - nicht bei einem zypriotischen Reeder, sondern bei der polnischen Seeagentur beschäftigt gewesen ist. Denn selbst wenn der Kläger bei der polnischen Seeagentur beschäftigt gewesen wäre, wäre die Entrichtung von Beiträgen nicht glaubhaft gemacht. Allein hierauf kommt es jedoch an. Abgesehen davon ist der Senat aufgrund des Arbeitsvertrags des Klägers davon überzeugt, dass der Kläger nicht bei der polnischen Seeagentur beschäftigt war. Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers wurde zwar durch die polnische Seeagentur vermittelt, ist aber laut Vertrag zwischen dem Kläger und dem zypriotischen Reeder zustande gekommen.
Die bloße fiktive Entrichtung von Beiträgen nach Artikel 2 Abs. 2 Punkt 1c des polnischen Gesetzes vom 17. Oktober 1991, wonach diese Zeiten als fiktive Beitragszeiten nach polnischen Recht gelten, genügt für eine Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht.
Insoweit käme nur eine Berücksichtigung als beitragslose Beitragszeiten gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 FRG in Betracht. Zeiten einer Beschäftigung, die bei ihrer Zurücklegung nach dem zu dieser Zeit geltenden Recht als Beitragszeiten im Sinne des § 15 Abs. 1 FRG anrechnungsfähig waren und für die an einen Träger eines Systems der sozialen Sicherheit Beiträge nicht entrichtet worden sind, stehen die nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich, soweit für sie Beiträge zu zahlen gewesen wären. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Für deutsche Seeleute, die auf ausländischen Schiffen unter ausländischer Flagge beschäftigt waren, bestand grundsätzlich keine Versicherungspflicht, auch nicht nach den Regelungen über die Ausstrahlung gemäß § 4 SGB IV in der bis zum 31. Dezember 1997 und damit in den maßgeblichen Zeiträumen gültigen Fassung vom 23. Dezember 1976 (SGB IV a.F.).
Soweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Berechtigung eine Beschäftigung voraussetzen, gelten sie nach dieser Bestimmung auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist (§ 4 Abs. 1 SGB IV a.F.). Abs. 1 gilt nicht für Personen, die auf ein Seeschiff entsandt werden, das nicht berechtigt ist, die Bundesflagge zu führen und der Unfallverhütung und Schiffsicherheitsüberwachung durch die Seeberufsgenossenschaft nicht unterliegt (§ 4 Abs. 2 S. 1 SGB IV a.F.). Die Regelungen der Ausstrahlung hätten auf einen deutschen Seemann, der - wie hier der Kläger in den fraglichen Zeiträumen - bei dem zypriotischen Reeder unter panamaischer Flagge gefahren wäre, von vornherein keine Anwendung gefunden (vgl. Jehle, die Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten, Stand März 1994, § 2 SGB IV Anm. 7). Es fehlt insoweit an einem inländischen Beschäftigungsverhältnis iSd § 4 SGB IV. Ein solches liegt immer dann vor, wenn eine Person für ein deutsches oder ausländisches Unternehmen im Inland beschäftigt wird und kein Fall der Einstrahlung (§ 5 SGB IV) vorliegt. Ausreichend ist auch, wenn ein Deutscher nach langjährigem Aufenthalt im Ausland seinen Wohnsitz in Deutschland nimmt und dann unmittelbar wieder von einem deutschen Unternehmen im Ausland beschäftigt wird (BSG, Urteil vom 25. August 1994 - 2 RU 14/93). Die Beschäftigung erfolgte jedoch bei einem ausländischen (zypriotischen) Reeder im Ausland auf einem unter fremder Flagge fahrenden Schiff.
Darüber hinaus greift auch die zum damaligen Zeitpunkt gültige Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 2 SGB IV. Denn Schiffe eines zypriotischen Reeders, die unter panamaischer Flagge fuhren, auf die der Kläger entsandt worden ist, hatten weder nach §§ 1, 2 Flaggenrechtsgesetz die Berechtigung, die deutsche Flagge zu führen, da sie nicht im Eigentum eines Deutschen standen, noch unterlagen sie der Unfallverhütung und Schiffssicherheitsüberwachung durch die Seeberufsgenossenschaft. Für eine diesbezüglichen Antragstellung des zypriotischen Reeders (vgl. § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB IV) in den fraglichen Zeiträumen gibt es keine Hinweise. Nach der Auskunft der Beklagten vom 17. Mai 2011 sind die Schiffe M/V C. und M/V G. im Schiffsregister / Unternehmensverzeichnis der ehemaligen See-Berufsgenossenschaft nicht eingetragen.
Ob Versicherungspflicht für einen von einem ausländischen Reeder beschäftigten deutschen Seemann auf einem unter ausländischer Flagge fahrenden Schiff bestand, richtete sich damit ausschließlich danach, ob der Reeder einen Antrag gemäß § 2 Abs. 3 SGB IV gestellt hatte, die deutschen Seeleute in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtzuversichern. Die Stellung eines solchen Antrags durch den über das Intenet nicht mehr zu ermittelnden zypriotischen Reeder ist ebenfalls nicht anzunehmen. Denn eine Verpflichtung, einen derartigen Antrag zu stellen, bestand zum Zeitpunkt der beiden Beschäftigungsverhältnisse des Klägers nicht. Erst mit Wirkung vom 1. Januar 1998 ist die Antragstellung durch den Reeder zur Einbeziehung der auf seinen ausgeflaggten Schiffen tätigen deutschen Seeleuten in der Sozialversicherung obligatorisch geworden, dies jedoch auch nur für solche Seeschiffe, die im überwiegenden wirtschaftlichen Eigentum eines deutschen Reeders mit Sitz im Inland stehen (vgl. § 2 Abs. 3 S. 2 SGB IV in der ab 1. Januar 1998 gültigen Fassung). Auch insoweit ist darauf zu verweisen, dass die Schiffe, auf denen der Kläger im strittigen Zeitraum gefahren ist, im Schiffsverzeichnis der See-Berufsgenossenschaft nicht verzeichnet sind.
Darüber hinaus stellt § 15 Abs. 3 S. 3 FRG klar, dass Zeiten, die außerhalb der Herkunftsgebiete ohne Beitragsleistung an den Träger im Herkunftsgebiet oder in einem System nach Abs. 2 S. 3 zurückgelegt worden sind, nicht als Beitragszeiten gelten. Da der Kläger nicht unter polnischer, sondern unter panamaischer Flagge gefahren ist, hat er damit Zeiten außerhalb des Herkunftsgebiets zurückgelegt.
Eine Beitragsleistung an einen Träger im Herkunftsgebiet ist nach alledem nicht überwiegend wahrscheinlich. Auch liegt keine beitragslose Beitragszeit vor. Damit sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit nicht gegeben.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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