L 18 SO 8/11

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
18
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 19 SO 60/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 SO 8/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage der Berufungsfrist.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 22.10.2010 wird als unzulässig verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten sind zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit ab 01.02.2007 streitig.

Der 1955 geborene Kläger bezog bis einschließlich 31.01.2007 von der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) des Landkreises Neustadt/Aisch - Bad Windsheim - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Leistungen für die Zeit ab 01.02.2007 wurden dem Kläger wegen fehlender Mitwirkung mit Bescheiden vom 06.02.2007 und 11.09.2007 versagt.

Am 01.10.2007 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII. Mit Bescheid vom 02.10.2007 und Widerspruchsbescheid vom 15.04.2009 lehnte der Beklagte den Antrag ab, weil der Kläger weder das 65. Lebensjahr vollendet habe noch auf Dauer voll erwerbsgemindert sei. Die SGB II-Leistungen hätten nur aufgrund seiner fehlenden Mitwirkung nicht weiterbewilligt werden können. Der Kläger besitze verwertbares Vermögen in Form von Landwirtschafts- und Waldflächen und habe seine behauptete Bedürftigkeit durch die Übereignung seines Anteils an dem Wohnhaus innerhalb der letzten zehn Jahre vorsätzlich herbeigeführt. Wie dem Urteil des Sozialgerichts vom 02.07.2008 (S 20 AS 1039/06 und S 20 AS 518/08) entnommen werden könne, besitze er verwertbares Vermögen in Form von Landwirtschafts- und Waldflächen, die einen Wert von mindestens 25.000,00 EUR hätten. Abzüglich der im Grundbuch eingetragenen Belastungen in Höhe von 2.032,01 EUR verbleibe somit ein Vermögensbetrag von mindestens 22.967,99 EUR. Dieser übersteige die im SGB XII geltende Vermögensfreigrenze in Höhe von 2.600,00 EUR, sodass schon allein aus diesem Grund keine Grundsicherungsleistungen gewährt werden könnten.

Mit Bescheid vom 17.12.2008 hatte die Deutsche Rentenversicherung Bund dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.05.2005 bis 30.04.2008 und eine daraus resultierende Nachzahlung in Höhe von 33.461,75 EUR sowie eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit ab 01.05.2008 bewilligt.

Die hiergegen am 08.06.2009 zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 22.10.2010 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit ab 01.02.2007. Für die Zeit bis zur Feststellung der Erwerbsunfähigkeit des Klägers durch die Deutsche Rentenversicherung Bund mit Bescheid vom 17.12.2008 scheitere ein Leistungsanspruch des Klägers an der Sperrwirkung des § 21 Satz 1 SGB XII. Vorliegend habe die ARGE des Landkreises Neustadt/Aisch - Bad Windsheim - die Erwerbsfähigkeit des Klägers und seinen grundsätzlichen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu keiner Zeit in Frage gestellt. Dass dem Kläger tatsächlich für die Zeit ab 01.02.2007 keine Leistungen mehr bewilligt worden seien, beruhe ausschließlich auf der Verweigerung seiner Mitwirkung (vgl. § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I). Dieser Umstand vermöge indes eine Zuständigkeit des Beklagten nicht zu begründen, da es nicht in der Hand des Hilfebedürftigen liege, das Eintreten des Trägers der Sozialhilfe zu erzwingen. Im Übrigen wäre die ARGE des Landkreises Neustadt/Aisch - Bad Windsheim - auch bei einem Streit über die Erwerbsunfähigkeit des Klägers gemäß § 44a Satz 3 SGB II grundsätzlich leistungspflichtig geblieben. Nach dieser Vorschrift erbrächten bis zur Entscheidung der Einigungsstelle die Agentur für Arbeit und der kommunale Träger Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Für die Zeit ab der Feststellung der Erwerbsunfähigkeit des Klägers durch die Deutsche Rentenversicherung Bund mit Bescheid vom 17.12.2008 scheitere ein Leistungsanspruch des Klägers an der ihm zuerkannten Rentennachzahlung in Höhe von 33.461,75 EUR. Sie schließe eine Hilfebedürftigkeit des Klägers ungeachtet der Frage, ob es sich hierbei um Einkommen oder um Vermögen handele, aus.

Das Urteil ist dem Kläger laut Postzustellungsurkunde am 28.10.2010 durch Einwurf in den Hausbriefkasten zugestellt worden.

Hiergegen richtet sich die beim Sozialgericht Nürnberg (SG) am 10.01.2011 und beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) am 21.01.2011 eingegangene Berufung des Klägers mit dem Antrag auf Neuansetzung der mündlichen Verhandlung, vorab Berufung ggf. Urteil/Stellungnahme. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung sowie das Urteil sei ihm nicht formell zugestellt worden. Vorsichtshalber lege er hiermit vorab Berufung ein und beantrage "die Zurücksetzung des Verfahrens in den vorhergehenden Stand".

Mit gerichtlichem Schreiben vom 02.02.2011 hat der Senat den Kläger auf die Vorschrift des § 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und dem Kläger Gelegenheit zur Äußerung bis 18.02.2011 gegeben, ob stichhaltige Gründe vorliegen, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigten. Das gerichtliche Schreiben hat der Kläger nicht beantwortet.

In der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2011 ist der ordnungsgemäß geladene Kläger nicht erschienen.

Der Beklagtenvertreter hat beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom
22.10.201 zurückzuweisen.

Der Senat hat 1 Band Akten des Beklagten sowie 1 Band Akten des SG
(S 19 SO 60/09) und die PKH-Akte beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.



Entscheidungsgründe:


Die formgerecht eingelegte Berufung ist nicht fristgerecht eingelegt worden und damit nicht zulässig, denn der Kläger hat die Berufungsfrist des § 151 Absätze 1 und 2 SGG nicht gewahrt.

Nach § 151 Abs 1 Satz 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist nach § 151 Abs 2 SGG auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tage nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tage nach der Eröffnung oder Verkündung, § 64 Abs 1 SGG. Eine nach Monaten bestimmte Frist endet mit dem Ablauf des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, § 64 Abs 2 Satz 1 SGG. Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages, § 64 Abs 3 SGG.

Im vorliegenden Fall ist das angefochtene Urteil durch Einwurf in den Hausbriefkasten am 28.10.2010 zugestellt worden, was durch die Postzustellungsurkunde bewiesen ist, die Berufung ist jedoch erst am 21.01.2011 beim SG eingegangen.

Nach § 64 Abs 1 SGG begann die Frist am 29.10.2010, 0 Uhr, zu laufen und endete am 29.11.2010, 24 Uhr, gemäß § 64 Abs 3 SGG, weil der 28.11.2010, der der Zahl nach dem Tag der Zustellung (28.10.2010) entspricht, ein Sonntag war. Die Berufung wurde erst am 10.01.2011 eingelegt. Damit hat der Kläger die Berufungsfrist versäumt.

Wiedereinsetzungsgründe gemäß § 67 SGG für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nach Aktenlage nicht vor.

Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, § 67 Abs 1 SGG.

Der Kläger hat Wiedereinsetzungsgründe im Sinne des § 67 Abs 1 SGG nicht dargetan; das gerichtliche Schreiben vom 16.02.2011 mit ausführlichen Hinweisen zu Gründen, bei deren Vorliegen eine Wiedereinsetzung in Betracht kommt, beantwortete der Kläger nicht. Zwar hat der Kläger in der Berufungsschrift vom 28.12.2010 Zurücksetzung des Verfahrens "in den vorhergehenden Stand" beantragt. Selbst wenn dieser Antrag als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auszulegen wäre, hätte der Kläger aber jedenfalls insoweit keine Wiedereinsetzungsgründe dargetan.

Nach alledem war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 22.10.2010 als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich, § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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