Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 1329/11 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 982/11 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
wegen einstweiliger Anordnung
Grundsätzlich keine Leistungen für die Vergangenheit im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes.
Grundsätzlich keine Leistungen für die Vergangenheit im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth
vom 23.11.2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller (ASt) begehren die Übernahme von Schulden im Zusammenhang mit der Energielieferung in Höhe von 2.678,92 EUR.
Der ASt zu 1 und seine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Ehefrau, die ASt zu 2, bezogen zuletzt bis November 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die 2009 geborene ASt zu 3 ist deren Tochter. Die ASt zu 1 und 2 sind Eigentümer eines Hauses. Im Erdgeschoss des Hauses befindet sich ein Ladenlokal, die Wohnung im 1. Obergeschoss ist vermietet und die Wohnung im 2. Obergeschoss wird von den ASt selbst bewohnt. Der Verkehrswert des gesamten Gebäudes liege einer Schätzung in einem Zwangsversteigerungsverfahren zufolge bei 151.000.- EUR. Mit Ausnahme einer Zwangssicherungshypothek am Miteigentumsanteil des ASt zu 1 in Höhe von 9.510,60 EUR sind keine dinglichen Belastungen im Grundbuch eingetragen. Ein im Jahr 2005 eingetragenes Zwangsversteigerungsverfahren wurde am 21.06.2007 gelöscht.
Für die Zeit ab Dezember 2008 lehnte der Antragsgegner (Ag) die Fortzahlung von Leistungen mangels Nachweises der Bedürftigkeit der ASt mit Bescheid vom 20.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2009 ab. Das diesbezügliche Klageverfahren (S 13 AS 335/09) beim Sozialgericht Bayreuth (SG) ist noch nicht abgeschlossen. In Bezug auf den Fortzahlungsantrag für die Zeit ab dem 01.01.2010 forderte der Ag den ASt zu 1 auf, Nachweise zum Einkommen und Vermögen vorzulegen, und lud ihn zu einer Besprechung der Leistungsangelegenheiten ein. Mit Bescheid vom 10.02.2010 versagte der Ag die Zahlung von Alg II für die Zeit ab dem 01.01.2010, weil die ASt die geforderten Unterlagen nicht vorgelegt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhaltes erschwert hätten. Gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 10.05.2010 haben die ASt Klage zum SG erhoben (S 13 AS 622/10), über die bislang nicht entschieden ist.
Am 06.08.2010 beantragten die ASt, die für die den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2010 fälligen Leistungen auszuzahlen. Nachdem sich der ASt zu 1 erneut weigerte, dem Ag Verwertungsbemühungen in Bezug auf die Immobilie nachzuweisen, lehnte der Ag mit Bescheid vom 29.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.12.2010 die Zahlung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis 31.12.2010 ab. Die ASt seien nicht bedürftig, nachdem ihre Immobilie als verwertbares Vermögen anzusehen sei und sie sich hartnäckig weigerten, sich um deren Verwertung zu bemühen. Über die gegen den Widerspruchsbescheid vom 28.12.2010 erhoben Klage (S 13 AS 13/11) ist bislang nicht entschieden.
Einen neuen Antrag der ASt auf Nachzahlung von Leistungen für vergangene Zeiträume vom 17.06.2011 lehnte der Ag mit Bescheid vom 04.08.2011 ab. Im Widerspruch dagegen stellten die ASt klar, dass ein Neuantrag nicht gestellt worden sei. Gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 07.11.2011 haben die ASt Klage beim SG eingelegt, über die bislang noch nicht entschieden worden ist (S 13 AS 1332/11).
Ein Antrag auf Übernahme von Rückständen iHv 2.678,92 EUR bei einem Energieversorger wurde ebenfalls mit weiterem Bescheid vom 04.08.2011 abgelehnt. Den dagegen gerichteten Widerspruch wies der Ag mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2011 zurück. Über die dagegen beim SG erhobene Klage (S 13 AS 1333/11) ist ebenfalls noch nicht entschieden.
Am 14.11.2011 haben die ASt einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim SG gestellt und die "Nachzahlung der beanspruchten Energiekosten und sonstigen Kosten über 2.678,92 EUR", gegebenenfalls auch darlehensweise, beantragt. Nach einer Entscheidung des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) im Verfahren L 11 AS 710/11 B ER (Beschluss vom 19.10.2011) käme eine darlehensweise Übernahme der Rückstände in Betracht. Der Ag hat darauf verwiesen, die Hilfebedürftigkeit sei nicht nachgewiesen, und mangels Stromsperre bestehe auch keine akute Notlage.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 23.11.2011 abgelehnt. Es fehle ein Anordnungsanspruch, da das Hausgrundstück kein Schonvermögen darstelle und ein Anspruch nach § 22 Abs 8 SGB II deshalb ausscheide. Das LSG habe im damaligen Verfahren nur festgestellt, dass dort einstweiliger Rechtsschutz in Bezug auf einen aktuellen Leistungszeitraum nicht beantragt gewesen sei.
Dagegen haben die ASt Beschwerde beim LSG eingelegt.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Akten des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerechte Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 23.11.2011 ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG)-, in der Sache jedoch unbegründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Die ASt haben im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes keinen Anspruch auf Leistungen des Ag für die Rückstände im Zusammenhang mit der Energielieferung durch die SÜC Energie und H2O GmbH. Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ist § 86b Abs 2 Satz 2 SGG.
Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn den ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl.
Rn. 652).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9. Aufl, § 86b Rn. 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Ast zu entscheiden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06 -). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend geprüft werden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO).
Ein Anordnungsgrund ist vorliegend nicht gegeben. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des Verfahrens, insbesondere auch noch im Beschwerdeverfahren, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Im Hinblick auf die Rückstände beim Energielieferanten handelt es sich um Leistungen, die für die Vergangenheit zu gewähren wären. Es handelt sich nicht um eine aus der Vergangenheit in die Gegenwart hineinwirkende Notsituation, da es alleine noch um die Bezahlung der offenen Rechnung und der mit dem Zahlungsverzug entstandenen Kosten geht.
Im Rahmen einer Regelungsanordnung ist der Anordnungsgrund die Notwendigkeit, wesentliche Nachteile abzuwenden, um zu vermeiden, dass die ASt vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ehe sie wirksamen Rechtsschutz erlangen können (vgl. Keller aaO § 86b Rn. 27a). Charakteristisch ist daher für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur in die Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht (vgl. Beschluss des Senates vom 12.04.2010 - L 11 AS 18/10 B ER - juris).
Beides ist vorliegend nicht der Fall. Ein irreparabler Nachteil zulasten der ASt droht vorliegend nicht. Ein solcher könnte insbesondere dann zu befürchten sein, wenn eine Einstellung der Energielieferung angekündigt wäre. Dies ist vorliegend nicht erkennbar. Der Ag hat hierauf bereits im Verfahren vor dem SG hingewiesen. Die ASt haben diesbezüglich keine anderweitigen Umstände vorgebracht oder gar glaubhaft gemacht. Auch von einem eindeutigen Bestehen des Anspruchs kann nicht ausgegangen werden. Hierzu hat der Senat (Beschluss vom 12.04.2011 - L 11 AS 68/11 B ER) bereits darauf verwiesen, dass keinesfalls davon auszugehen ist, dass die ASt offensichtlich trotz des Eigentums am Hausgrundstück einen Anspruch auf Alg II haben. Die Gewährung von Alg II ist aber u.a. Voraussetzung für eine Übernahme der Rückstände nach § 22 Abs 8 Satz 1 SGB II.
Zutreffend hat das SG bereits darauf hingewiesen, dass der Senat in seinem Beschluss vom 19.10.2011 (L 11 AS 710/11 B ER) nicht ausgeführt habe, die ASt hätten einen Anspruch auf Übernahme der Zahlungsrückstände bei ihrem Energielieferanten. Der Senat hat lediglich darauf verwiesen, diese Frage sei nicht Gegenstand des (damaligen) Verfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und ergibt sich aus dem Unterliegen der ASt.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
vom 23.11.2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller (ASt) begehren die Übernahme von Schulden im Zusammenhang mit der Energielieferung in Höhe von 2.678,92 EUR.
Der ASt zu 1 und seine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Ehefrau, die ASt zu 2, bezogen zuletzt bis November 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die 2009 geborene ASt zu 3 ist deren Tochter. Die ASt zu 1 und 2 sind Eigentümer eines Hauses. Im Erdgeschoss des Hauses befindet sich ein Ladenlokal, die Wohnung im 1. Obergeschoss ist vermietet und die Wohnung im 2. Obergeschoss wird von den ASt selbst bewohnt. Der Verkehrswert des gesamten Gebäudes liege einer Schätzung in einem Zwangsversteigerungsverfahren zufolge bei 151.000.- EUR. Mit Ausnahme einer Zwangssicherungshypothek am Miteigentumsanteil des ASt zu 1 in Höhe von 9.510,60 EUR sind keine dinglichen Belastungen im Grundbuch eingetragen. Ein im Jahr 2005 eingetragenes Zwangsversteigerungsverfahren wurde am 21.06.2007 gelöscht.
Für die Zeit ab Dezember 2008 lehnte der Antragsgegner (Ag) die Fortzahlung von Leistungen mangels Nachweises der Bedürftigkeit der ASt mit Bescheid vom 20.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2009 ab. Das diesbezügliche Klageverfahren (S 13 AS 335/09) beim Sozialgericht Bayreuth (SG) ist noch nicht abgeschlossen. In Bezug auf den Fortzahlungsantrag für die Zeit ab dem 01.01.2010 forderte der Ag den ASt zu 1 auf, Nachweise zum Einkommen und Vermögen vorzulegen, und lud ihn zu einer Besprechung der Leistungsangelegenheiten ein. Mit Bescheid vom 10.02.2010 versagte der Ag die Zahlung von Alg II für die Zeit ab dem 01.01.2010, weil die ASt die geforderten Unterlagen nicht vorgelegt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhaltes erschwert hätten. Gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 10.05.2010 haben die ASt Klage zum SG erhoben (S 13 AS 622/10), über die bislang nicht entschieden ist.
Am 06.08.2010 beantragten die ASt, die für die den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2010 fälligen Leistungen auszuzahlen. Nachdem sich der ASt zu 1 erneut weigerte, dem Ag Verwertungsbemühungen in Bezug auf die Immobilie nachzuweisen, lehnte der Ag mit Bescheid vom 29.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.12.2010 die Zahlung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis 31.12.2010 ab. Die ASt seien nicht bedürftig, nachdem ihre Immobilie als verwertbares Vermögen anzusehen sei und sie sich hartnäckig weigerten, sich um deren Verwertung zu bemühen. Über die gegen den Widerspruchsbescheid vom 28.12.2010 erhoben Klage (S 13 AS 13/11) ist bislang nicht entschieden.
Einen neuen Antrag der ASt auf Nachzahlung von Leistungen für vergangene Zeiträume vom 17.06.2011 lehnte der Ag mit Bescheid vom 04.08.2011 ab. Im Widerspruch dagegen stellten die ASt klar, dass ein Neuantrag nicht gestellt worden sei. Gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 07.11.2011 haben die ASt Klage beim SG eingelegt, über die bislang noch nicht entschieden worden ist (S 13 AS 1332/11).
Ein Antrag auf Übernahme von Rückständen iHv 2.678,92 EUR bei einem Energieversorger wurde ebenfalls mit weiterem Bescheid vom 04.08.2011 abgelehnt. Den dagegen gerichteten Widerspruch wies der Ag mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2011 zurück. Über die dagegen beim SG erhobene Klage (S 13 AS 1333/11) ist ebenfalls noch nicht entschieden.
Am 14.11.2011 haben die ASt einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim SG gestellt und die "Nachzahlung der beanspruchten Energiekosten und sonstigen Kosten über 2.678,92 EUR", gegebenenfalls auch darlehensweise, beantragt. Nach einer Entscheidung des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) im Verfahren L 11 AS 710/11 B ER (Beschluss vom 19.10.2011) käme eine darlehensweise Übernahme der Rückstände in Betracht. Der Ag hat darauf verwiesen, die Hilfebedürftigkeit sei nicht nachgewiesen, und mangels Stromsperre bestehe auch keine akute Notlage.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 23.11.2011 abgelehnt. Es fehle ein Anordnungsanspruch, da das Hausgrundstück kein Schonvermögen darstelle und ein Anspruch nach § 22 Abs 8 SGB II deshalb ausscheide. Das LSG habe im damaligen Verfahren nur festgestellt, dass dort einstweiliger Rechtsschutz in Bezug auf einen aktuellen Leistungszeitraum nicht beantragt gewesen sei.
Dagegen haben die ASt Beschwerde beim LSG eingelegt.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Akten des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerechte Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 23.11.2011 ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG)-, in der Sache jedoch unbegründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Die ASt haben im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes keinen Anspruch auf Leistungen des Ag für die Rückstände im Zusammenhang mit der Energielieferung durch die SÜC Energie und H2O GmbH. Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ist § 86b Abs 2 Satz 2 SGG.
Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn den ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl.
Rn. 652).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9. Aufl, § 86b Rn. 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Ast zu entscheiden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06 -). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend geprüft werden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO).
Ein Anordnungsgrund ist vorliegend nicht gegeben. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des Verfahrens, insbesondere auch noch im Beschwerdeverfahren, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Im Hinblick auf die Rückstände beim Energielieferanten handelt es sich um Leistungen, die für die Vergangenheit zu gewähren wären. Es handelt sich nicht um eine aus der Vergangenheit in die Gegenwart hineinwirkende Notsituation, da es alleine noch um die Bezahlung der offenen Rechnung und der mit dem Zahlungsverzug entstandenen Kosten geht.
Im Rahmen einer Regelungsanordnung ist der Anordnungsgrund die Notwendigkeit, wesentliche Nachteile abzuwenden, um zu vermeiden, dass die ASt vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ehe sie wirksamen Rechtsschutz erlangen können (vgl. Keller aaO § 86b Rn. 27a). Charakteristisch ist daher für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur in die Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht (vgl. Beschluss des Senates vom 12.04.2010 - L 11 AS 18/10 B ER - juris).
Beides ist vorliegend nicht der Fall. Ein irreparabler Nachteil zulasten der ASt droht vorliegend nicht. Ein solcher könnte insbesondere dann zu befürchten sein, wenn eine Einstellung der Energielieferung angekündigt wäre. Dies ist vorliegend nicht erkennbar. Der Ag hat hierauf bereits im Verfahren vor dem SG hingewiesen. Die ASt haben diesbezüglich keine anderweitigen Umstände vorgebracht oder gar glaubhaft gemacht. Auch von einem eindeutigen Bestehen des Anspruchs kann nicht ausgegangen werden. Hierzu hat der Senat (Beschluss vom 12.04.2011 - L 11 AS 68/11 B ER) bereits darauf verwiesen, dass keinesfalls davon auszugehen ist, dass die ASt offensichtlich trotz des Eigentums am Hausgrundstück einen Anspruch auf Alg II haben. Die Gewährung von Alg II ist aber u.a. Voraussetzung für eine Übernahme der Rückstände nach § 22 Abs 8 Satz 1 SGB II.
Zutreffend hat das SG bereits darauf hingewiesen, dass der Senat in seinem Beschluss vom 19.10.2011 (L 11 AS 710/11 B ER) nicht ausgeführt habe, die ASt hätten einen Anspruch auf Übernahme der Zahlungsrückstände bei ihrem Energielieferanten. Der Senat hat lediglich darauf verwiesen, diese Frage sei nicht Gegenstand des (damaligen) Verfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und ergibt sich aus dem Unterliegen der ASt.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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