L 13 R 931/11

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 4 KN 119/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 931/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen der Anfechtung einer Klagerücknahme.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 28. September 2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Die Beteiligten streiten, ob der Rechtsstreit vor dem Sozialgericht München (SG) mit dem Az. S 4 KN 125/09 durch Rücknahme erledigt oder ob er vor dem SG fortzuführen ist.

Die 1926 geborene Klägerin stellte am 27. Juni 2008 in Bezug auf die ihr von der Beklagten gewährte Altersrente für Frauen einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X. Die Beklagte erkannte daraufhin mit Bescheid vom 9. April 2009 die Zeit vom 5. September 1943 bis 1. Februar 1945 als Ersatzzeit an und berechnete die Altersrente ab dem 4. April 1987 (Tag des Zuzugs der Klägerin in die Bundesrepublik Deutschland) neu. Ein höherer Zahlbetrag ergab sich allerdings nicht. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, die bisher berücksichtigten Pflichtbeitragszeiten vom 3. Dezember 1942 bis 28. August 1943 seien im Neufeststellungsbescheid nicht mehr enthalten, für die Zeit des Reichsarbeitsdienstes vom 5. September 1943 bis 1. Februar 1945 sei kein Entgelt berücksichtigt und die Zeit der Tätigkeit als Schwesternhelferin vom 24. Februar 1945 bis 15. September 1947 sei zu Unrecht nicht anerkannt worden. Auch in der Anlage 11 zum Rentenbescheid sei keine Tätigkeit berücksichtigt worden.

Mit Bescheid vom 20. Juli 2009 half die Beklagte dem Widerspruch der Klägerin dahingehend ab, dass die Zeit vom 3. Dezember 1942 bis 28. August 1943, die versehentlich gelöscht worden war, wieder berücksichtigt wurde. Auch hierdurch ergab sich allerdings kein höherer Zahlbetrag. Im übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Bereits am 26. Februar 2009 hatte die Klägerin Klage zum Sozialgericht Bayreuth (Az. S 7R 163/09) erhoben, mit der sie sich gegen die Rentenberechnung der Beklagten wandte und hierbei insbesondere die mangelnde Berücksichtigung eines Entgelts im Zeitraum 5. September 1943 bis 1. Februar 1945 rügte. Am 19. Juni 2009 erhob die Klägerin mit demselben Begehren Klage beim SG unter dem Az. S 4 KN 97/09. Mit Beschluss vom 30. Juni 2009 verwies das Sozialgericht Bayreuth den Rechtsstreit mit dem Az. S 7 R 163/09 zuständigkeitshalber an das SG, das dieses Verfahren unter dem Az. S 4 KN 125/09 führte. Mit Beschluss vom 19. August 2009 wurden die Streitsachen mit den Az. S 4 KN 97/09 und S 4 KN 125/09 gemäß § 113 Abs. 1 SGG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Az. S 4 KN 125/09 fortgeführt.

Am 11. Februar 2010 nahm der Bevollmächtigte der Klägerin die Klage im Rahmen eines in Würzburg stattfindenden Erörterungstermins zurück, nachdem der Vorsitzende der Klägerin ausführlich den Rentenbescheid erläutert hatte. Ausweislich der vom Vorsitzenden und der Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unterzeichneten Niederschrift wurde die Rücknahmeerklärung vorgelesen und genehmigt.

Mit Schreiben vom 8. Juli 2011 an das SG hat die Klägerin sinngemäß die Fortsetzung des Verfahrens beantragt.

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 28. September 2011 festgestellt, dass der Rechtsstreit durch Klagerücknahme erledigt ist. Gründe für eine Unwirksamkeit der Klagerücknahme bzw. Wiederaufnahmegründe seien nicht ersichtlich.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und gerügt, dass der Erörterungstermin in Würzburg stattgefunden. Die Rücknahme durch den Rechtsanwalt sei ohne ihr Wissen erfolgt. Im übrigen hat sie nur in Bezug auf die aus ihrer Sicht unzutreffende Rentenberechnung vorgetragen.

Mit Beschluss vom 3. Januar 2012 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 28. September 2011 aufzuheben und den Rechtsstreit zur Fortsetzung des Verfahrens an das Sozialgericht München zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.



Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht festgestellt, dass der Rechtsstreit vor dem SG mit dem Az. S 4 KN 125/09 durch die vom Bevollmächtigten der Klägerin im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 11. Februar 2010 erklärte Klagerücknahme erledigt ist. Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ergänzend weist er auf folgendes hin:

Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 11. Februar 2010 hat der Bevollmächtigte der Klägerin in deren Beisein die Klage zurückgenommen, nachdem der Vorsitzende der Klägerin den Rentenbescheid ausführlich erläutert hatte. Die Erklärung der Klagerücknahme im Sinne des § 102 Sozialgerichtsgesetz - SGG - wurde ausweislich der Niederschrift vorgelesen und genehmigt (vgl. § 122 SGG i.V.m. §§ 160 Abs. 3 Nr. 8, 162 Abs. 1, 165 Zivilprozessordnung - ZPO). Die Rücknahmeerklärung wurde im Beisein der Klägerin abgegeben. Ihre Behauptung, sie habe von der Rücknahme nichts gewusst, ist damit nicht nachvollziehbar. Selbst wenn dies so wäre, würde dies jedoch nichts an der Wirksamkeit der Rücknahme durch den von der Klägerin bevollmächtigten Rechtsanwalt ändern. Die Wirksamkeit der Rücknahme wird auch nicht durch den Umstand berührt, dass der Erörterungstermin, in dessen Rahmen die Rücknahmeerklärung abgegeben wurde, in Würzburg stattgefunden hat. Hiermit hat das SG der Klägerin ohnehin nur in rechtlich völlig unbedenklicher Art und Weise den Weg zum Gericht erleichtert, da ihr Wohnort näher bei Würzburg als bei München liegt.

Eine Anfechtung der Rücknahmeerklärung wegen Irrtums ist nicht möglich (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, § 102 Rdnr. 7c). Im Übrigen wurde von der Klägerin auch nicht geltend gemacht, ihr Bevollmächtigter habe sich bei der Abgabe der Rücknahmeerklärung geirrt.

Ein Widerruf der Rücknahmeerklärung kommt nur dann in Betracht, soweit die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 179 SGG in Verbindung mit §§ 578 ff. Zivilprozessordnung bzw. § 180 SGG gegeben sind. Die Voraussetzungen die-

ser Bestimmungen sind offensichtlich nicht erfüllt. Insoweit fehlt auch jeglicher nachvollziehbarer Vortrag der Klägerin.

Der Rechtsstreit vor dem SG mit dem Az. S 4 KN 125/09 ist damit durch die wirksame Rücknahme der Klage erledigt.

Eine Prüfung in der Sache ist dem Senat daher verwehrt. Nach Mitteilung des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 31. Januar 2012 hat die Klägerin aber ohnehin bereits einen Überprüfungsantrag bei der Beklagten gestellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt den Umstand, dass die Klägerin mit ihrem Begehren erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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