Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 17 AS 400/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 389/09
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 06.05.2009 teilweise aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, über die Anträge der Klägerin auf Überprüfung der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Der Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Kosten für Strom und Warmwasser sowie eines höheren krankheitsbedingten Mehrbedarfes im Rahmen der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab dem 01.01.2005.
Der Beklagte bewilligte der 1944 geborenen Klägerin Alg II von Januar bis April 2005 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung iHv 30,68 EUR. Bei den Heizungskosten zog der Beklagte einen Anteil von 1/6 im Hinblick auf Kosten für Warmwasser ab. Dementsprechend wurden der Klägerin auch Leistungen für Mai bis Oktober 2005 bewilligt (Bescheid vom 15.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2005 in der Fassung des Bescheides vom 19.09.2005). Ein dagegen gerichtetes Klageverfahren war insoweit erfolgreich, dass der Klägerin ein Mehrbedarf iHv 33,04 EUR zuerkannt wurde (Urteil des Senats vom 16.02.2006 - L 11 AS 68/05). Entsprechend berücksichtigte der Beklagte ab 01.05.2005 diesen Betrag (Bescheid vom 28.03.2006).
In der Folgezeit bewilligte der Beklagte entsprechendes Alg II für die Zeit November 2005 bis April 2006 (Bescheid vom 10.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2005), Mai bis September 2006 (Bescheid vom 05.04.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 06.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2006), Oktober 2006 bis März 2007 (Bescheid vom 19.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2006), April 2007 bis September 2007 (Bescheid vom 19.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2007) und Oktober 2007 bis März 2007 (Bescheid vom 06.09.2007 in der Fassung des Bescheides vom 10.09.2007). Zusätzliche Anträge der Klägerin auf Übernahme weiterer Kosten für einen krankheitsbedingten Mehrbedarf, ihrer Stromkosten bzw Kosten für Warmwasser lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 17.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2005, Bescheid vom 03.01.2006, Bescheid vom 27.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2006, Schreiben vom 19.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2007 und Schreiben vom 04.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2007 ab.
Gegen die Widerspruchsbescheide vom 20.12.2005 und vom 28.09.2006 hat die Klägerin Klagen beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Dieses hat die Klagen mit Urteilen vom 30.06.2006 (S 20 AS 33/06) und vom 28.02.2007 (S 19 AS 904/06) abgewiesen.
Mit Bescheid vom 17.03.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14.07.2008 bewilligte der Beklagte Alg II für die Zeit April bis September 2008. Dabei zog er von den Heizkosten im Hinblick auf die Kosten für Warmwasser zuletzt nur noch monatlich 6,26 EUR bis Juni 2008 bzw 6,32 EUR ab Juli 2008 ab.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 21.07.2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.04.2008. Nach der zugrundeliegenden Stellungnahme der Ärztin Dr. M. habe die Klägerin ab Rentenantragstellung am 17.03.2008 nur noch unter zwei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein können. Eine Besserungsaussicht könne nicht gesehen werden. Daraufhin hob der Beklagte die Bewilligung von Alg II ab dem 01.09.2008 wegen des Wegfalls der Erwerbsfähigkeit der Klägerin auf (Bescheid vom 04.08.2008). Für die Zeit vom 01.04.2008 bis 31.08.2008 erstattete die DRV dem Beklagten an die Klägerin erbrachte Leistungen (Schreiben an die Klägerin vom 04.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2008).
Am 12.02.2008, 08.04.2008 und 17.02.2009 bat die Klägerin den Beklagten um Überprüfung der Leistungsbewilligung im Hinblick auf einen höheren Mehrbedarf für Krankheiten und die Berücksichtigung von Kosten für Strom und Warmwasser. Ab 01.01.2005 seien ihr insofern weitere 106 EUR monatlich zu zahlen.
Mit ihrer beim SG am 07.04.2008 erhobenen Untätigkeitsklage hat die Klägerin zuletzt die Abänderung des Bescheides vom 17.03.2008 in der Fassung vom 17.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2008 in der Fassung des Bescheides vom 14.07.2008 sowie die Abänderung aller bislang ergangenen Bescheide und die Zahlung von monatlich weiteren 106 EUR für den krankheitsbedingten Mehrbedarf und die Strom- und Warmwasserkosten ab dem 01.01.2005 begehrt. Sie müsse regelmäßig Medikamente nehmen und wegen ihrer Nieren- und Gallenkoliken täglich Wäsche waschen. Es sei die volle Miete einschließlich der Warmwasserkosten zu zahlen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 06.05.2009 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höhere Leistungen ab 01.04.2008, da ab diesem Zeitpunkt keine Erwerbsfähigkeit mehr vorliege, die für einen Leistungsanspruch nach dem SGB II notwendig sei. Die Höhe der ab dem 01.04.2008 bewilligten Rente liege auch über dem Betrag, den die Klägerin als notwendig erachte. Eine Untätigkeit des Beklagten im Hinblick auf einen Antrag aus dem Jahr 2007 sei nicht gegeben, da schon nicht ersichtlich sei, um welchen konkreten Antrag es sich handeln solle. Eine Klage auf höhere Leistungen ab 01.01.2005 sei im Hinblick auf die insofern bestandskräftigen Entscheidungen unzulässig. Ergänzend hat das SG ausgeführt, es bestehe auch in der Sache kein Anspruch auf höhere Leistungen in Bezug auf einen Mehrbedarf oder Strom- und Warmwasserkosten.
Dagegen hat die Klägerin beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Ihr seien monatlich 106 EUR ab 2005 zu zahlen. Wegen der Vielzahl ihrer Erkrankungen stehe ihr der Höchstsatz von 60 EUR für den Mehrbedarf zu. Das Warmwasser würde rechtswidrig "aus der Miete genommen". Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (B 14/7b AS 64/06) seien ihre Stromkosten zu übernehmen. Eine Mitarbeiterin des Beklagten habe ihr die Rentennachzahlung von 4.000 EUR weggenommen.
Die Klägerin beantragt,
von Januar 2005 bis zum Erhalt ihrer Rente für dauerhafte Erwerbsunfähigkeit ab September 2008 ihr ihre einbehaltenen Leistungen nachzuzahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat er insbesondere auf die Ausführungen im Urteil des SG verwiesen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Im Hinblick auf die Verurteilung des Beklagten zur Entscheidung über die Überprüfungsanträge der Klägerin bezüglich einer Gewährung von monatlich 106 EUR höheren Leistungen für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2008 ist die Berufung auch begründet. Hinsichtlich der begehrten weiteren Leistungen für die Zeit vom 01.04.2008 bis 31.08.2008 ist sie unbegründet.
Die Klägerin hat für die Zeit vom 01.04.2008 bis 31.08.2008 eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage erhoben. Sie kann diesbezüglich keine weiteren Leistungen vom Beklagten verlangen. Der Bescheid des Beklagten vom 17.03.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14.07.2008 ist insofern nicht abzuändern. Die Klägerin erfüllt ab dem 01.04.2008 nicht mehr die Leistungsvoraussetzungen für den Bezug von Alg II.
Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II idF des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) vom 20.04.2007 (BGBl I 554) erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 8 Abs 1 SGB II).
Wie sich aus den Feststellungen der DRV im Rentenverfahren ergibt, lag bei der Klägerin jedenfalls ab der Rentenantragstellung eine Erwerbsfähigkeit iSv § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 2 iVm § 8 Abs 1 SGB II nicht (mehr) vor. Nach der der Rentenbewilligung ab 01.04.2008 zugrundeliegenden Stellungnahme der Ärztin Dr. M. kann die Klägerin ab Rentenantragstellung am 17.03.2008 ohne Besserungsaussicht nur noch unter zwei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein. Die Feststellungen werden von der Klägerin nicht bestritten. Sie selbst hat einen entsprechenden Rentenantrag gestellt. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Stellungnahme der Ärztin falsch sein könnte.
Damit lagen aber die notwendigen Leistungsvoraussetzungen für die Gewährung von Alg II für die Zeit ab 01.04.2008 bis 31.08.2008 nicht vor. Die Klägerin kann keine weitergehenden Leistungen beanspruchen. Auch wenn die Vorschriften der §§ 45 ff Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Klägerin vor einer Aufhebung der für diese Zeit bereits bewilligten Leistungen schützt, führt dies nicht dazu, dass ihr nachträglich noch weitergehende Leistungen für diese Zeit zu gewähren wären. Der Schutz der Vorschriften reicht nur dahin, dass bereits gewährte Leistungen aus Vertrauensschutz nicht rückabgewickelt werden sollen.
Für September 2008 besteht bereits aufgrund des Bescheides vom 04.08.2008 kein Anspruch mehr, denn diese Aufhebung der Leistungsbewilligung ab 01.09.2008 ist bestandskräftig geworden.
Hinsichtlich des weiteren Begehrens (Gewährung um monatlich 106 EUR höherer Leistungen für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2008) ist die Berufung insoweit erfolgreich, als aufgrund der Untätigkeitsklage der Beklagte zu verurteilen war, über die Anträge der Klägerin zu entscheiden.
Im Hinblick auf die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2008 hat die Klägerin eine Untätigkeitsklage hinsichtlich ihrer am 12.02.2008, 09.04.2008 und 17.02.2009 gestellten Überprüfungsanträge erhoben. Insofern wurde von ihr in dem letztgenannten Schreiben auch konkret ein monatlicher Betrag von weiteren 106 EUR ab 01.01.2005 gefordert. Vor der Entscheidung des SG am 06.05.2009 hatte sich die Klägerin insofern an den Beklagten gewandt und sinngemäß (erneute) Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X hinsichtlich aller Bewilligungsbescheide ab dem 01.01.2005 gestellt. Hierüber hat der Beklagte bislang nicht entschieden.
Solange daher noch keine behördliche Entscheidung ergangen ist, ist die Klage der Klägerin allein als Untätigkeitsklage zu diesem Begehren auszulegen (so auch Urteil des Senats vom 08.05.2008 - L 11 AS 386/07). Gründe, die den Beklagte bisher an einer Entscheidung gehindert hätten, sind weder ersichtlich, noch sind solche Gründe vorgetragen, so dass der Beklagte - im tenorierten Umfang - zu verurteilen war, über die Anträge der Klägerin zu entscheiden, § 88 Abs 1 Satz 1 iVm § 131 Abs 3 SGG. Eine weitergehende Verurteilung zur Leistung war - unabhängig davon, dass das Bestehen der geltend gemachten Ansprüche zweifelhaft erscheint - mangels Vorliegens einer Verwaltungsentscheidung nicht möglich, so dass dem weitergehenden Berufungsantrag nicht zu entsprechen war.
Einen Klageantrag im Hinblick auf die durch die DRV getätigte Erstattung von 4.179,75 EUR hat die Klägerin nicht gestellt. Diesbezüglich müsste sie sich auch an die DRV und nicht an den Beklagten wenden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Der Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Kosten für Strom und Warmwasser sowie eines höheren krankheitsbedingten Mehrbedarfes im Rahmen der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab dem 01.01.2005.
Der Beklagte bewilligte der 1944 geborenen Klägerin Alg II von Januar bis April 2005 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung iHv 30,68 EUR. Bei den Heizungskosten zog der Beklagte einen Anteil von 1/6 im Hinblick auf Kosten für Warmwasser ab. Dementsprechend wurden der Klägerin auch Leistungen für Mai bis Oktober 2005 bewilligt (Bescheid vom 15.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2005 in der Fassung des Bescheides vom 19.09.2005). Ein dagegen gerichtetes Klageverfahren war insoweit erfolgreich, dass der Klägerin ein Mehrbedarf iHv 33,04 EUR zuerkannt wurde (Urteil des Senats vom 16.02.2006 - L 11 AS 68/05). Entsprechend berücksichtigte der Beklagte ab 01.05.2005 diesen Betrag (Bescheid vom 28.03.2006).
In der Folgezeit bewilligte der Beklagte entsprechendes Alg II für die Zeit November 2005 bis April 2006 (Bescheid vom 10.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2005), Mai bis September 2006 (Bescheid vom 05.04.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 06.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2006), Oktober 2006 bis März 2007 (Bescheid vom 19.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2006), April 2007 bis September 2007 (Bescheid vom 19.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2007) und Oktober 2007 bis März 2007 (Bescheid vom 06.09.2007 in der Fassung des Bescheides vom 10.09.2007). Zusätzliche Anträge der Klägerin auf Übernahme weiterer Kosten für einen krankheitsbedingten Mehrbedarf, ihrer Stromkosten bzw Kosten für Warmwasser lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 17.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2005, Bescheid vom 03.01.2006, Bescheid vom 27.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2006, Schreiben vom 19.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2007 und Schreiben vom 04.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2007 ab.
Gegen die Widerspruchsbescheide vom 20.12.2005 und vom 28.09.2006 hat die Klägerin Klagen beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Dieses hat die Klagen mit Urteilen vom 30.06.2006 (S 20 AS 33/06) und vom 28.02.2007 (S 19 AS 904/06) abgewiesen.
Mit Bescheid vom 17.03.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14.07.2008 bewilligte der Beklagte Alg II für die Zeit April bis September 2008. Dabei zog er von den Heizkosten im Hinblick auf die Kosten für Warmwasser zuletzt nur noch monatlich 6,26 EUR bis Juni 2008 bzw 6,32 EUR ab Juli 2008 ab.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 21.07.2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.04.2008. Nach der zugrundeliegenden Stellungnahme der Ärztin Dr. M. habe die Klägerin ab Rentenantragstellung am 17.03.2008 nur noch unter zwei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein können. Eine Besserungsaussicht könne nicht gesehen werden. Daraufhin hob der Beklagte die Bewilligung von Alg II ab dem 01.09.2008 wegen des Wegfalls der Erwerbsfähigkeit der Klägerin auf (Bescheid vom 04.08.2008). Für die Zeit vom 01.04.2008 bis 31.08.2008 erstattete die DRV dem Beklagten an die Klägerin erbrachte Leistungen (Schreiben an die Klägerin vom 04.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2008).
Am 12.02.2008, 08.04.2008 und 17.02.2009 bat die Klägerin den Beklagten um Überprüfung der Leistungsbewilligung im Hinblick auf einen höheren Mehrbedarf für Krankheiten und die Berücksichtigung von Kosten für Strom und Warmwasser. Ab 01.01.2005 seien ihr insofern weitere 106 EUR monatlich zu zahlen.
Mit ihrer beim SG am 07.04.2008 erhobenen Untätigkeitsklage hat die Klägerin zuletzt die Abänderung des Bescheides vom 17.03.2008 in der Fassung vom 17.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2008 in der Fassung des Bescheides vom 14.07.2008 sowie die Abänderung aller bislang ergangenen Bescheide und die Zahlung von monatlich weiteren 106 EUR für den krankheitsbedingten Mehrbedarf und die Strom- und Warmwasserkosten ab dem 01.01.2005 begehrt. Sie müsse regelmäßig Medikamente nehmen und wegen ihrer Nieren- und Gallenkoliken täglich Wäsche waschen. Es sei die volle Miete einschließlich der Warmwasserkosten zu zahlen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 06.05.2009 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höhere Leistungen ab 01.04.2008, da ab diesem Zeitpunkt keine Erwerbsfähigkeit mehr vorliege, die für einen Leistungsanspruch nach dem SGB II notwendig sei. Die Höhe der ab dem 01.04.2008 bewilligten Rente liege auch über dem Betrag, den die Klägerin als notwendig erachte. Eine Untätigkeit des Beklagten im Hinblick auf einen Antrag aus dem Jahr 2007 sei nicht gegeben, da schon nicht ersichtlich sei, um welchen konkreten Antrag es sich handeln solle. Eine Klage auf höhere Leistungen ab 01.01.2005 sei im Hinblick auf die insofern bestandskräftigen Entscheidungen unzulässig. Ergänzend hat das SG ausgeführt, es bestehe auch in der Sache kein Anspruch auf höhere Leistungen in Bezug auf einen Mehrbedarf oder Strom- und Warmwasserkosten.
Dagegen hat die Klägerin beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Ihr seien monatlich 106 EUR ab 2005 zu zahlen. Wegen der Vielzahl ihrer Erkrankungen stehe ihr der Höchstsatz von 60 EUR für den Mehrbedarf zu. Das Warmwasser würde rechtswidrig "aus der Miete genommen". Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (B 14/7b AS 64/06) seien ihre Stromkosten zu übernehmen. Eine Mitarbeiterin des Beklagten habe ihr die Rentennachzahlung von 4.000 EUR weggenommen.
Die Klägerin beantragt,
von Januar 2005 bis zum Erhalt ihrer Rente für dauerhafte Erwerbsunfähigkeit ab September 2008 ihr ihre einbehaltenen Leistungen nachzuzahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat er insbesondere auf die Ausführungen im Urteil des SG verwiesen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Im Hinblick auf die Verurteilung des Beklagten zur Entscheidung über die Überprüfungsanträge der Klägerin bezüglich einer Gewährung von monatlich 106 EUR höheren Leistungen für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2008 ist die Berufung auch begründet. Hinsichtlich der begehrten weiteren Leistungen für die Zeit vom 01.04.2008 bis 31.08.2008 ist sie unbegründet.
Die Klägerin hat für die Zeit vom 01.04.2008 bis 31.08.2008 eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage erhoben. Sie kann diesbezüglich keine weiteren Leistungen vom Beklagten verlangen. Der Bescheid des Beklagten vom 17.03.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14.07.2008 ist insofern nicht abzuändern. Die Klägerin erfüllt ab dem 01.04.2008 nicht mehr die Leistungsvoraussetzungen für den Bezug von Alg II.
Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II idF des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) vom 20.04.2007 (BGBl I 554) erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 8 Abs 1 SGB II).
Wie sich aus den Feststellungen der DRV im Rentenverfahren ergibt, lag bei der Klägerin jedenfalls ab der Rentenantragstellung eine Erwerbsfähigkeit iSv § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 2 iVm § 8 Abs 1 SGB II nicht (mehr) vor. Nach der der Rentenbewilligung ab 01.04.2008 zugrundeliegenden Stellungnahme der Ärztin Dr. M. kann die Klägerin ab Rentenantragstellung am 17.03.2008 ohne Besserungsaussicht nur noch unter zwei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein. Die Feststellungen werden von der Klägerin nicht bestritten. Sie selbst hat einen entsprechenden Rentenantrag gestellt. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Stellungnahme der Ärztin falsch sein könnte.
Damit lagen aber die notwendigen Leistungsvoraussetzungen für die Gewährung von Alg II für die Zeit ab 01.04.2008 bis 31.08.2008 nicht vor. Die Klägerin kann keine weitergehenden Leistungen beanspruchen. Auch wenn die Vorschriften der §§ 45 ff Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Klägerin vor einer Aufhebung der für diese Zeit bereits bewilligten Leistungen schützt, führt dies nicht dazu, dass ihr nachträglich noch weitergehende Leistungen für diese Zeit zu gewähren wären. Der Schutz der Vorschriften reicht nur dahin, dass bereits gewährte Leistungen aus Vertrauensschutz nicht rückabgewickelt werden sollen.
Für September 2008 besteht bereits aufgrund des Bescheides vom 04.08.2008 kein Anspruch mehr, denn diese Aufhebung der Leistungsbewilligung ab 01.09.2008 ist bestandskräftig geworden.
Hinsichtlich des weiteren Begehrens (Gewährung um monatlich 106 EUR höherer Leistungen für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2008) ist die Berufung insoweit erfolgreich, als aufgrund der Untätigkeitsklage der Beklagte zu verurteilen war, über die Anträge der Klägerin zu entscheiden.
Im Hinblick auf die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2008 hat die Klägerin eine Untätigkeitsklage hinsichtlich ihrer am 12.02.2008, 09.04.2008 und 17.02.2009 gestellten Überprüfungsanträge erhoben. Insofern wurde von ihr in dem letztgenannten Schreiben auch konkret ein monatlicher Betrag von weiteren 106 EUR ab 01.01.2005 gefordert. Vor der Entscheidung des SG am 06.05.2009 hatte sich die Klägerin insofern an den Beklagten gewandt und sinngemäß (erneute) Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X hinsichtlich aller Bewilligungsbescheide ab dem 01.01.2005 gestellt. Hierüber hat der Beklagte bislang nicht entschieden.
Solange daher noch keine behördliche Entscheidung ergangen ist, ist die Klage der Klägerin allein als Untätigkeitsklage zu diesem Begehren auszulegen (so auch Urteil des Senats vom 08.05.2008 - L 11 AS 386/07). Gründe, die den Beklagte bisher an einer Entscheidung gehindert hätten, sind weder ersichtlich, noch sind solche Gründe vorgetragen, so dass der Beklagte - im tenorierten Umfang - zu verurteilen war, über die Anträge der Klägerin zu entscheiden, § 88 Abs 1 Satz 1 iVm § 131 Abs 3 SGG. Eine weitergehende Verurteilung zur Leistung war - unabhängig davon, dass das Bestehen der geltend gemachten Ansprüche zweifelhaft erscheint - mangels Vorliegens einer Verwaltungsentscheidung nicht möglich, so dass dem weitergehenden Berufungsantrag nicht zu entsprechen war.
Einen Klageantrag im Hinblick auf die durch die DRV getätigte Erstattung von 4.179,75 EUR hat die Klägerin nicht gestellt. Diesbezüglich müsste sie sich auch an die DRV und nicht an den Beklagten wenden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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