Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 R 4046/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 861/08
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Verweisbarkeit einer Bauzeichnerin auf Tätigkeiten als Registrator.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 09.09.2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1954 geborene Klägerin hat im Zeitraum vom 01.09.1970 bis 28.02.1973 eine Ausbildung als Bauzeichnerin erfolgreich abgeschlossen. Zuletzt war sie versicherungspflichtig beschäftigt vom April 1994 bis April 2004 im Architekturbüro ihres Ehemannes, seit 01.05.2004 ist sie arbeitslos/arbeitsunfähig.
Auf ihren Antrag auf Erwerbsminderung vom 28.12.2006 holte die Beklagte ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters F. ein. Dieser kam am 26.02.2007 zu dem Ergebnis, die Klägerin könne noch wenigstens 6 Stunden täglich mit qualitativen Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein. Mit Bescheid vom 20.03.2007 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab.
Den Widerspruch der Klägerin vom 19.04.2007 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.01.2008 zurück. Die Klägerin könne sowohl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens 6 Stunden täglich tätig sein als auch ihre bisherige Tätigkeit als Bauzeichnerin weiter ausüben.
Die dagegen gerichtete Klage vom 30.01.2008 hat die Klägerin im Wesentlichen damit begründet, sie verfüge weder über ein noch wenigstens 6-stündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich noch finde sie in ihrem Alter einen Arbeitsplatz.
Das Sozialgericht (SG) Würzburg hat die medizinischen Unterlagen beigezogen (Befundbericht der Psychotherapeutin K.) und ein Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und öffentliches Gesundheitswesen Dr.B. eingeholt. Diese hat am 02.06.2008 die sozialmedizinische Beurteilung getroffen, die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens 6 Stunden täglich tätig sein.
Mit Urteil vom 09.09.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne noch wenigstens 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen tätig sein, deshalb bestehe kein Anspruch auf eine Rente gemäß § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Mit ihrem Leistungsvermögen könne sie auch als Bauzeichnerin weiterhin tätig sein.
Zur Begründung der Berufung hat die Klägerin vorgebracht sie sei nicht in der Lage, 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Sie leide an einer Depression. Wesentlicher Grund sei gewesen, dass die Klägerin, angestellt im Architekturbüro ihres Mannes, und ihr Mann einen Korruptionsfall aufgedeckt hätten. Die Folge sei gewesen, dass ihnen alle öffentlichen Aufträge entzogen worden seien, ebenso sei ein Mobbing durch Bauunternehmer erfolgt. Ihr Mann habe zwei Hirnblutungen erlitten und sei pflegebedürftig. Das Architekturbüro habe aufgegeben werden müssen, das Anwesen des Ehemannes sei zwangsversteigert worden. Die Pflege ihres Mannes und die Beschwerden der Klägerin machten es ihr unmöglich, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Außerdem sei es ausgeschlossen, dass die Klägerin in ihrem Bereich als Bauzeichnerin mit ihrer Geschichte eine Anstellung erhalte.
Das Bayer. Landessozialgericht hat die ärztlichen Unterlagen beigezogen (Befundbericht der die Klägerin behandelnden Ärztin C. vom 14.06.2011) und den Neurologen und Psychiater Dr.D. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser ist am 09.12.2011 zu dem Ergebnis gekommen, die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens 6 Stunden täglich mit qualitativen Einschränkungen tätig sein.
Die Beklagte hat dazu Stellung genommen und dargelegt, die Klägerin könne sowohl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wie auch noch in ihrer letzten Tätigkeit als Bauzeichnerin wenigstens 6 Stunden täglich tätig sein. Die Klägerin pflege ihren Ehemann, der in die Pflegestufe II eingestuft sei, neben schweren körperlichen Arbeiten stelle eine solche Pflegetätigkeit auch geistige Anforderungen wie Konzentrationsfähigkeit und Organisationstalent. Die Klägerin könne daher auch die Routineaufgaben einer Bauzeichnerin geistig noch erfüllen.
Die Klägerin hat dargelegt, es sei verwerflich von der Beklagten zu erklären, wenn die Klägerin ihren Mann pflegen könne, könne sie auch dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Ebenso sei es menschenverachtend, wenn der Sachverständige eine "misstrauische Grundhaltung" der Klägerin feststelle. Die vorsichtige Herangehensweise der Klägerin stelle keine paranoide Grundhaltung dar, sondern sei aus den bisherigen Erfahrungen zu erklären.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 09.09.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.03.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.01.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die gesetzlichen Leistungen einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf den Antrag vom 28.12.2006 hin zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 09.09.2008 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin weder einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung noch wegen teilweiser Erwerbsminderung hat, denn sie kann noch wenigstens 6 Stunden täglich Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen verrichten. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit besteht ebenfalls nicht, da die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit als Bauzeichnerin weiter ausüben kann bzw. auf die Tätigkeit einer angelernten Registraturkraft verweisbar ist.
Gemäß § 43 Abs 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbei-
träge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben nach § 43
Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Die Klägerin ist noch in der Lage, wenigstens 6 Stunden täglich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Zu vermeiden sind Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen und an laufenden Maschinen, Tätigkeiten unter ungünstigen äußeren Bedingungen sowie Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung und erhöhter Anforderung an die Konzentrationsfähigkeit.
Zur Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin stützt sich der Senat auf die Feststellungen des Sachverständigen Dr.D. sowie auf diejenigen der vom SG als Sachverständige gehörten Dr.B ...
Eingeschränkt ist die Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Wesentlichen auf neurologisch-psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet.
Dr.D. beschreibt eine reaktive depressive Störung, eine Persönlichkeitsentwicklung mit sensitiven und misstrauischen Zügen sowie ein LWS- und BWS-Syndrom. Im vorliegenden Falle führen diese Einschränkungen und Beschwerden jedoch lediglich zu den oben genannten qualitativen Einschränkungen. Von besonderer Bedeutung ist dabei auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu einer psychischen Störung. Eine psychische Störung ist nur dann von erwerbsmindernder Bedeutung, wenn sie weder aus eigenen Kräften noch unter ärztlicher Hilfe überwunden werden kann (BSG Urteil vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89, veröffentlicht in juris). Für das tatsächliche Vorliegen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit trifft den Rentenbewerber die (objektive) Beweislast (vgl. BSG SozR Nr 39 zu § 1246 RVO und BSG SozR Nr 76 zu § 1246 RVO).
Zwar ist zu berücksichtigen, dass die psychischen Krankheitsbilder nach den Ausführungen Dr.K. nicht mit eigener zumutbarer Willensanstrengung überwunden werden können. Diese Symptomatik kann jedoch durch eine entsprechende nervenärztliche und psychotherapeutische Behandlung gebessert werden. Wegen der beschriebenen Persönlichkeitszüge wird diese jedoch nicht aufgesucht.
Zum gleichen Ergebnis kommt auch Dr.B. im sozialgerichtlichen Verfahren. Diese hat eine chronifizierte reaktive Depression (Anpassungsstörung) bei erheblicher sozialer Belastungssituation, derzeit leichte Episode diagnostiziert. Auch sie hat dargelegt, dass die depressive Verstimmung nicht adäquat behandelt wird, unter adäquater antidepressiver Behandlung ließe sich das Krankheitsbild erheblich bessern. Zu einer solchen nervenärztlichen Behandlung sei die Klägerin aber nicht bereit.
Vorliegend hat die Klägerin die vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten weder ausgeschöpft noch genutzt. Es ist daher nicht nachgewiesen, dass die Klägerin die seelischen Störungen weder aus eigener Kraft noch unter ärztlicher Mithilfe überwinden könnte.
Die Gutachten der Sachverständigen sind schlüssig und nachvollziehbar. Die Folgerungen werden auch nicht durch die Ausführungen der Klägerin entwertet. Soweit die Klägerin vorträgt, es sei menschenverachtend, wenn der Klägerin eine misstrauische Grundhaltung ggf. Berücksichtigung von paranoiden Anzeichen bescheinigt werde, so ist dies schlicht und einfach der Untersuchungsbefund, den der Gutachter im Rahmen seiner klinischen Untersuchung feststellte. Es ist nicht erkennbar, wieso hier eine menschenverachtende Wertung vorliegen solle. Für die Beschreibung des Befundes kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin " Gründe" für eine misstrauische Grundhaltung hat oder nicht.
Nach alledem besteht weder ein Anspruch auf Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Gemäß § 240 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, die
1. vor dem 02.01.1961 geboren und
2. berufsunfähig sind.
Gemäß § 240 Abs 2 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit zu körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die den Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs der Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Für die Prüfung, ob die - unter Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen - noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähige Klägerin berufsunfähig ist, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufes maßgeblich. Dabei ist der zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Beruf zugrunde zu legen (BSG, Urteil vom 19.04.1978 - 4 RJ 55/77; 29.07.2004 - B 4 RA 5/04 R, veröffentlicht in juris).
Mit dem o.g. Leistungsvermögen kann die Klägerin jedoch noch ihre bisherige Tätigkeit als Bauzeichnerin ausüben. Nach der Auskunft des Landesarbeitsamtes Hessen vom 18.11.2008 in dem Verfahren S 5 R 426/07 sowie vom 09.01.2008 in dem Verfahren L 5 R 181/07 stellt sich das Berufsbild eines Bauzeichners im Innendienst folgendermaßen dar: Bauzeichner erstellen Zeichnungen und bautechnische Unterlagen für Häuser, Brücken etc. in der Regel mit CAD-Programmen am Computer, fertigen einfache Handskizzen, Detailzeichnungen, Pläne, Entwurfszeichnungen nach den Anweisungen von Architekten und Bauingenieuren unter Beachtung der jeweils einschlägigen technischen Vorschriften. Es handelt sich dabei um körperlich leichte Tätigkeiten im Sitzen jedoch mit der Möglichkeit des Haltungswechsels ohne Zwangshaltungen in geschlossenen temperierten Räumen. Mit dem ihr zustehenden Leistungsvermögen ist die Klägerin noch in der Lage, diese Tätigkeiten zu verrichten.
Dr.D. hat zwar eine eingeschränkte geistige und psychische Belastbarkeit, Konzentrations-, Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit bei der Begutachtung am 25.11.2011 festgestellt. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es bei der Klägerin nicht darum geht, sich in neue Tätigkeiten einzufügen, sondern darum, den bisherigen Beruf weiter auszuüben. Insofern ist nicht ersichtlich, wieso die bisherige Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werden solle.
Soweit die Klägerin ausführt, sie erhalte in ihrem bisherigen Beruf sowohl aufgrund des Alters wie auch aufgrund der bisherigen Umstände keinen Arbeitsplatz mehr, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass es nicht auf die Möglichkeit eines Arbeitsplatzes am Wohnort der Klägerin ankommt sondern auf das gesamte Bundesgebiet. Sofern die Klägerin aufgrund ihres Alters keinen Arbeitsplatz mehr erhalten sollte, ist dies ein Risiko der Arbeitslosenversicherung und nicht der Rentenversicherung.
Selbst bei Annahme, die Klägerin könnte den Beruf als Bauzeichnerin wegen der damit verbundenen die Psyche belastenden Erinnerungen nicht mehr ausüben, besteht kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Berufsunfähig ist auch nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit wenigstens sechs Stunden täglich ausüben kann, dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Zur Beurteilung der verschiedenen beruflichen Tätigkeit und der Zumutbarkeit der Verweisung auf andere Tätigkeiten hat das Bundessozialgericht ein Mehrstufenschema entwickelt. Danach können die Berufe der Versicherten im Bereich der Angestellten in Gruppen eingeteilt werden. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Danach werden die Gruppen durch den Leitberuf des Angestellten hoher beruflicher Qualität, des Angestellten mit längerer Ausbildung (Ausgebildeter), des Angestellten mit einer Ausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren (Angelernter) und des unausgebildeten Angestellten (Ungelernter) charakterisiert. Angestellte sind grundsätzlich jeweils auf Tätigkeiten der gleichen oder nächst niedrigeren Stufe verweisbar (BSG Urteil vom 25.08.1994 - B 4 RA 33/93, Urteil vom 29.07.2004 aaO, veröffentlicht in juris).
Sofern die Klägerin den Beruf einer Bauzeichnerin nicht mehr ausüben kann - wie bei Dr.D. anklingt wegen der psychischen Belastungen die sie bisher im Zusammenhang in diesem Beruf erlitten hat - kann die Klägerin doch auf die Tätigkeit einer angelernten Registraturkraft verwiesen werden, in der sie nicht den psychischen Belastungen des bisherigen Berufes ausgesetzt ist.
Die Klägerin ist subjektiv zumutbar verweisbar auf die Tätigkeit einer angelernten Registraturkraft. Diese entspricht der nächst niedrigeren Stufe. Zum Aufgabenbereich zählt das Sortierung und Ablegen von Schriftgut, das Beschriften von Ordnern und Heften, das Ziehen und das Ablegen/Abhängen von Vorgängen, das Aushandeln und Vorbereiten der Aufgabe zum Vernichten von Akten, das Führen von nach bestimmten Kriterien geordneten Karteien und Terminüberwachungslisten und gegebenenfalls das Anfertigen von Fotokopien. Die Tätigkeit einer Registraturkraft ist als körperlich leichte Tätigkeit zu qualifizieren, welche bereits aus arbeitsorganisatorischen Gründen im Wechsel zwischen Sitzen und Stehen und Gehen verrichtet wird. Schweres Heben und Tragen wird nicht gefordert. In den Registraturen sind die erforderlichen Hilfsmittel (Registraturwagen, Ablagemöglichkeiten etc.) in der Regel vorhanden. Die körperlichen Belastungen hängen weitgehend von der jeweiligen Arbeitsplatzgestaltung und der Arbeitsplatzorganisation ab. Folglich sind das Handhaben schwerer Aktenvorgänge, Zwangshaltungen und das Arbeiten auf Leitern nicht generell mit einer Tätigkeit mit einer Registraturkraft verbunden. An die geistigen Anforderungen einer Tätigkeit als Registraturkraft werden keine über das normal übliche Maß hinaus gehenden Ansprüche gestellt. Soweit der Arbeitsplatz mit einem vernetzten PC ausgestattet ist, können die für alle Beschäftigten, somit auch die für die Registraturkräfte erforderlichen grundlegenden Kenntnisse innerhalb der Einarbeitungszeit auch von Beschäftigten ohne Vorkenntnisse bzw. bisher nicht in der Bedienung einer Tastatur geübte Beschäftigten angeeignet werden. Die Tätigkeit als Registraturkraft reicht von vorwiegend mechanischen Tätigkeiten (ehemals nach X BAT vergütet), über einfachere Arbeiten (ehemals IX BAT), schwierige Tätigkeiten (ehemals VIII BAT) bis zu Arbeiten mit gründlichen und besonders qualifizierten Fachkenntnissen und/oder leitenden Funktionen (ehemals VII bis V BAT). Bei der Tätigkeit nach der Vergütungsgruppe VIII BAT handelt es sich um eine angelernte Tätigkeit (BayLSG Urteil vom 10.02.2010 - L 13 R 1010/08; BayLSG Urteil vom 19.12.2007 - L 19 R 904/05, veröffentlicht in juris, Auskunft der Regionaldirektion Bayern vom 20.04.2005 im Verfahren S 8 RJ 750/02 des SG B-Stadt), auf die ein Facharbeiter grundsätzlich verwiesen werden kann (BSG Urteil vom 25.08.1993 - 13 RJ 59/92, veröffentlicht in juris).
Die Klägerin kann sich aufgrund ihrer Vorkenntnisse (Arbeit mit EDV-Programmen) in diese Tätigkeit auch innerhalb von drei Monaten einarbeiten (vgl. zu diesem Erfordernis BSG Urteil vom 22.09.1977 - 5 RJ 96/76, veröffentlicht in juris).
Nach alledem hat die Berufung keine Aussicht auf Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1954 geborene Klägerin hat im Zeitraum vom 01.09.1970 bis 28.02.1973 eine Ausbildung als Bauzeichnerin erfolgreich abgeschlossen. Zuletzt war sie versicherungspflichtig beschäftigt vom April 1994 bis April 2004 im Architekturbüro ihres Ehemannes, seit 01.05.2004 ist sie arbeitslos/arbeitsunfähig.
Auf ihren Antrag auf Erwerbsminderung vom 28.12.2006 holte die Beklagte ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters F. ein. Dieser kam am 26.02.2007 zu dem Ergebnis, die Klägerin könne noch wenigstens 6 Stunden täglich mit qualitativen Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein. Mit Bescheid vom 20.03.2007 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab.
Den Widerspruch der Klägerin vom 19.04.2007 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.01.2008 zurück. Die Klägerin könne sowohl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens 6 Stunden täglich tätig sein als auch ihre bisherige Tätigkeit als Bauzeichnerin weiter ausüben.
Die dagegen gerichtete Klage vom 30.01.2008 hat die Klägerin im Wesentlichen damit begründet, sie verfüge weder über ein noch wenigstens 6-stündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich noch finde sie in ihrem Alter einen Arbeitsplatz.
Das Sozialgericht (SG) Würzburg hat die medizinischen Unterlagen beigezogen (Befundbericht der Psychotherapeutin K.) und ein Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und öffentliches Gesundheitswesen Dr.B. eingeholt. Diese hat am 02.06.2008 die sozialmedizinische Beurteilung getroffen, die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens 6 Stunden täglich tätig sein.
Mit Urteil vom 09.09.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne noch wenigstens 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen tätig sein, deshalb bestehe kein Anspruch auf eine Rente gemäß § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Mit ihrem Leistungsvermögen könne sie auch als Bauzeichnerin weiterhin tätig sein.
Zur Begründung der Berufung hat die Klägerin vorgebracht sie sei nicht in der Lage, 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Sie leide an einer Depression. Wesentlicher Grund sei gewesen, dass die Klägerin, angestellt im Architekturbüro ihres Mannes, und ihr Mann einen Korruptionsfall aufgedeckt hätten. Die Folge sei gewesen, dass ihnen alle öffentlichen Aufträge entzogen worden seien, ebenso sei ein Mobbing durch Bauunternehmer erfolgt. Ihr Mann habe zwei Hirnblutungen erlitten und sei pflegebedürftig. Das Architekturbüro habe aufgegeben werden müssen, das Anwesen des Ehemannes sei zwangsversteigert worden. Die Pflege ihres Mannes und die Beschwerden der Klägerin machten es ihr unmöglich, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Außerdem sei es ausgeschlossen, dass die Klägerin in ihrem Bereich als Bauzeichnerin mit ihrer Geschichte eine Anstellung erhalte.
Das Bayer. Landessozialgericht hat die ärztlichen Unterlagen beigezogen (Befundbericht der die Klägerin behandelnden Ärztin C. vom 14.06.2011) und den Neurologen und Psychiater Dr.D. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser ist am 09.12.2011 zu dem Ergebnis gekommen, die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens 6 Stunden täglich mit qualitativen Einschränkungen tätig sein.
Die Beklagte hat dazu Stellung genommen und dargelegt, die Klägerin könne sowohl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wie auch noch in ihrer letzten Tätigkeit als Bauzeichnerin wenigstens 6 Stunden täglich tätig sein. Die Klägerin pflege ihren Ehemann, der in die Pflegestufe II eingestuft sei, neben schweren körperlichen Arbeiten stelle eine solche Pflegetätigkeit auch geistige Anforderungen wie Konzentrationsfähigkeit und Organisationstalent. Die Klägerin könne daher auch die Routineaufgaben einer Bauzeichnerin geistig noch erfüllen.
Die Klägerin hat dargelegt, es sei verwerflich von der Beklagten zu erklären, wenn die Klägerin ihren Mann pflegen könne, könne sie auch dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Ebenso sei es menschenverachtend, wenn der Sachverständige eine "misstrauische Grundhaltung" der Klägerin feststelle. Die vorsichtige Herangehensweise der Klägerin stelle keine paranoide Grundhaltung dar, sondern sei aus den bisherigen Erfahrungen zu erklären.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 09.09.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.03.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.01.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die gesetzlichen Leistungen einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf den Antrag vom 28.12.2006 hin zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 09.09.2008 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin weder einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung noch wegen teilweiser Erwerbsminderung hat, denn sie kann noch wenigstens 6 Stunden täglich Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen verrichten. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit besteht ebenfalls nicht, da die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit als Bauzeichnerin weiter ausüben kann bzw. auf die Tätigkeit einer angelernten Registraturkraft verweisbar ist.
Gemäß § 43 Abs 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbei-
träge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben nach § 43
Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Die Klägerin ist noch in der Lage, wenigstens 6 Stunden täglich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Zu vermeiden sind Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen und an laufenden Maschinen, Tätigkeiten unter ungünstigen äußeren Bedingungen sowie Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung und erhöhter Anforderung an die Konzentrationsfähigkeit.
Zur Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin stützt sich der Senat auf die Feststellungen des Sachverständigen Dr.D. sowie auf diejenigen der vom SG als Sachverständige gehörten Dr.B ...
Eingeschränkt ist die Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Wesentlichen auf neurologisch-psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet.
Dr.D. beschreibt eine reaktive depressive Störung, eine Persönlichkeitsentwicklung mit sensitiven und misstrauischen Zügen sowie ein LWS- und BWS-Syndrom. Im vorliegenden Falle führen diese Einschränkungen und Beschwerden jedoch lediglich zu den oben genannten qualitativen Einschränkungen. Von besonderer Bedeutung ist dabei auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu einer psychischen Störung. Eine psychische Störung ist nur dann von erwerbsmindernder Bedeutung, wenn sie weder aus eigenen Kräften noch unter ärztlicher Hilfe überwunden werden kann (BSG Urteil vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89, veröffentlicht in juris). Für das tatsächliche Vorliegen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit trifft den Rentenbewerber die (objektive) Beweislast (vgl. BSG SozR Nr 39 zu § 1246 RVO und BSG SozR Nr 76 zu § 1246 RVO).
Zwar ist zu berücksichtigen, dass die psychischen Krankheitsbilder nach den Ausführungen Dr.K. nicht mit eigener zumutbarer Willensanstrengung überwunden werden können. Diese Symptomatik kann jedoch durch eine entsprechende nervenärztliche und psychotherapeutische Behandlung gebessert werden. Wegen der beschriebenen Persönlichkeitszüge wird diese jedoch nicht aufgesucht.
Zum gleichen Ergebnis kommt auch Dr.B. im sozialgerichtlichen Verfahren. Diese hat eine chronifizierte reaktive Depression (Anpassungsstörung) bei erheblicher sozialer Belastungssituation, derzeit leichte Episode diagnostiziert. Auch sie hat dargelegt, dass die depressive Verstimmung nicht adäquat behandelt wird, unter adäquater antidepressiver Behandlung ließe sich das Krankheitsbild erheblich bessern. Zu einer solchen nervenärztlichen Behandlung sei die Klägerin aber nicht bereit.
Vorliegend hat die Klägerin die vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten weder ausgeschöpft noch genutzt. Es ist daher nicht nachgewiesen, dass die Klägerin die seelischen Störungen weder aus eigener Kraft noch unter ärztlicher Mithilfe überwinden könnte.
Die Gutachten der Sachverständigen sind schlüssig und nachvollziehbar. Die Folgerungen werden auch nicht durch die Ausführungen der Klägerin entwertet. Soweit die Klägerin vorträgt, es sei menschenverachtend, wenn der Klägerin eine misstrauische Grundhaltung ggf. Berücksichtigung von paranoiden Anzeichen bescheinigt werde, so ist dies schlicht und einfach der Untersuchungsbefund, den der Gutachter im Rahmen seiner klinischen Untersuchung feststellte. Es ist nicht erkennbar, wieso hier eine menschenverachtende Wertung vorliegen solle. Für die Beschreibung des Befundes kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin " Gründe" für eine misstrauische Grundhaltung hat oder nicht.
Nach alledem besteht weder ein Anspruch auf Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Gemäß § 240 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, die
1. vor dem 02.01.1961 geboren und
2. berufsunfähig sind.
Gemäß § 240 Abs 2 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit zu körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die den Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs der Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Für die Prüfung, ob die - unter Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen - noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähige Klägerin berufsunfähig ist, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufes maßgeblich. Dabei ist der zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Beruf zugrunde zu legen (BSG, Urteil vom 19.04.1978 - 4 RJ 55/77; 29.07.2004 - B 4 RA 5/04 R, veröffentlicht in juris).
Mit dem o.g. Leistungsvermögen kann die Klägerin jedoch noch ihre bisherige Tätigkeit als Bauzeichnerin ausüben. Nach der Auskunft des Landesarbeitsamtes Hessen vom 18.11.2008 in dem Verfahren S 5 R 426/07 sowie vom 09.01.2008 in dem Verfahren L 5 R 181/07 stellt sich das Berufsbild eines Bauzeichners im Innendienst folgendermaßen dar: Bauzeichner erstellen Zeichnungen und bautechnische Unterlagen für Häuser, Brücken etc. in der Regel mit CAD-Programmen am Computer, fertigen einfache Handskizzen, Detailzeichnungen, Pläne, Entwurfszeichnungen nach den Anweisungen von Architekten und Bauingenieuren unter Beachtung der jeweils einschlägigen technischen Vorschriften. Es handelt sich dabei um körperlich leichte Tätigkeiten im Sitzen jedoch mit der Möglichkeit des Haltungswechsels ohne Zwangshaltungen in geschlossenen temperierten Räumen. Mit dem ihr zustehenden Leistungsvermögen ist die Klägerin noch in der Lage, diese Tätigkeiten zu verrichten.
Dr.D. hat zwar eine eingeschränkte geistige und psychische Belastbarkeit, Konzentrations-, Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit bei der Begutachtung am 25.11.2011 festgestellt. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es bei der Klägerin nicht darum geht, sich in neue Tätigkeiten einzufügen, sondern darum, den bisherigen Beruf weiter auszuüben. Insofern ist nicht ersichtlich, wieso die bisherige Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werden solle.
Soweit die Klägerin ausführt, sie erhalte in ihrem bisherigen Beruf sowohl aufgrund des Alters wie auch aufgrund der bisherigen Umstände keinen Arbeitsplatz mehr, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass es nicht auf die Möglichkeit eines Arbeitsplatzes am Wohnort der Klägerin ankommt sondern auf das gesamte Bundesgebiet. Sofern die Klägerin aufgrund ihres Alters keinen Arbeitsplatz mehr erhalten sollte, ist dies ein Risiko der Arbeitslosenversicherung und nicht der Rentenversicherung.
Selbst bei Annahme, die Klägerin könnte den Beruf als Bauzeichnerin wegen der damit verbundenen die Psyche belastenden Erinnerungen nicht mehr ausüben, besteht kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Berufsunfähig ist auch nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit wenigstens sechs Stunden täglich ausüben kann, dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Zur Beurteilung der verschiedenen beruflichen Tätigkeit und der Zumutbarkeit der Verweisung auf andere Tätigkeiten hat das Bundessozialgericht ein Mehrstufenschema entwickelt. Danach können die Berufe der Versicherten im Bereich der Angestellten in Gruppen eingeteilt werden. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Danach werden die Gruppen durch den Leitberuf des Angestellten hoher beruflicher Qualität, des Angestellten mit längerer Ausbildung (Ausgebildeter), des Angestellten mit einer Ausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren (Angelernter) und des unausgebildeten Angestellten (Ungelernter) charakterisiert. Angestellte sind grundsätzlich jeweils auf Tätigkeiten der gleichen oder nächst niedrigeren Stufe verweisbar (BSG Urteil vom 25.08.1994 - B 4 RA 33/93, Urteil vom 29.07.2004 aaO, veröffentlicht in juris).
Sofern die Klägerin den Beruf einer Bauzeichnerin nicht mehr ausüben kann - wie bei Dr.D. anklingt wegen der psychischen Belastungen die sie bisher im Zusammenhang in diesem Beruf erlitten hat - kann die Klägerin doch auf die Tätigkeit einer angelernten Registraturkraft verwiesen werden, in der sie nicht den psychischen Belastungen des bisherigen Berufes ausgesetzt ist.
Die Klägerin ist subjektiv zumutbar verweisbar auf die Tätigkeit einer angelernten Registraturkraft. Diese entspricht der nächst niedrigeren Stufe. Zum Aufgabenbereich zählt das Sortierung und Ablegen von Schriftgut, das Beschriften von Ordnern und Heften, das Ziehen und das Ablegen/Abhängen von Vorgängen, das Aushandeln und Vorbereiten der Aufgabe zum Vernichten von Akten, das Führen von nach bestimmten Kriterien geordneten Karteien und Terminüberwachungslisten und gegebenenfalls das Anfertigen von Fotokopien. Die Tätigkeit einer Registraturkraft ist als körperlich leichte Tätigkeit zu qualifizieren, welche bereits aus arbeitsorganisatorischen Gründen im Wechsel zwischen Sitzen und Stehen und Gehen verrichtet wird. Schweres Heben und Tragen wird nicht gefordert. In den Registraturen sind die erforderlichen Hilfsmittel (Registraturwagen, Ablagemöglichkeiten etc.) in der Regel vorhanden. Die körperlichen Belastungen hängen weitgehend von der jeweiligen Arbeitsplatzgestaltung und der Arbeitsplatzorganisation ab. Folglich sind das Handhaben schwerer Aktenvorgänge, Zwangshaltungen und das Arbeiten auf Leitern nicht generell mit einer Tätigkeit mit einer Registraturkraft verbunden. An die geistigen Anforderungen einer Tätigkeit als Registraturkraft werden keine über das normal übliche Maß hinaus gehenden Ansprüche gestellt. Soweit der Arbeitsplatz mit einem vernetzten PC ausgestattet ist, können die für alle Beschäftigten, somit auch die für die Registraturkräfte erforderlichen grundlegenden Kenntnisse innerhalb der Einarbeitungszeit auch von Beschäftigten ohne Vorkenntnisse bzw. bisher nicht in der Bedienung einer Tastatur geübte Beschäftigten angeeignet werden. Die Tätigkeit als Registraturkraft reicht von vorwiegend mechanischen Tätigkeiten (ehemals nach X BAT vergütet), über einfachere Arbeiten (ehemals IX BAT), schwierige Tätigkeiten (ehemals VIII BAT) bis zu Arbeiten mit gründlichen und besonders qualifizierten Fachkenntnissen und/oder leitenden Funktionen (ehemals VII bis V BAT). Bei der Tätigkeit nach der Vergütungsgruppe VIII BAT handelt es sich um eine angelernte Tätigkeit (BayLSG Urteil vom 10.02.2010 - L 13 R 1010/08; BayLSG Urteil vom 19.12.2007 - L 19 R 904/05, veröffentlicht in juris, Auskunft der Regionaldirektion Bayern vom 20.04.2005 im Verfahren S 8 RJ 750/02 des SG B-Stadt), auf die ein Facharbeiter grundsätzlich verwiesen werden kann (BSG Urteil vom 25.08.1993 - 13 RJ 59/92, veröffentlicht in juris).
Die Klägerin kann sich aufgrund ihrer Vorkenntnisse (Arbeit mit EDV-Programmen) in diese Tätigkeit auch innerhalb von drei Monaten einarbeiten (vgl. zu diesem Erfordernis BSG Urteil vom 22.09.1977 - 5 RJ 96/76, veröffentlicht in juris).
Nach alledem hat die Berufung keine Aussicht auf Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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