L 2 P 5/12 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 6 P 116/11 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 P 5/12 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur Auslegung der Anträge im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 5. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:


I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) bezieht aufgrund des Bescheides der Antrags- und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Bg.) vom 27. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2006 seit 1. August 2004 Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Sozialgericht Landshut (Az.: S 4 P 55/06) erklärte der Bf. für erledigt.

Mit Bescheid vom 2. April 2007 lehnte die Bg. eine Höherstufung des Bf. ab.
Über einen Antrag auf Überprüfung nach § 44 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) vom 15. Juni 2007, eingegangen am 18. Juni 2007, entschied die Bg. zunächst nicht. Mit Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vom 29. November 2011 hat der Bf. eine Entscheidung über den Antrag begehrt.

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2011 lehnte die Bg. den Antrag auf Überprüfung ab. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) habe in der Wiederholungsbegutachtung vom 26. März 2007 festgestellt, dass weiterhin die Voraussetzungen der Pflegestufe I vorlägen. Die erneute Überprüfung der Voraussetzungen, die zum Erlass des Verwaltungsaktes vom 2. April 2007 geführt haben, habe ergeben, dass das geltende Recht zur Beurteilung der Pflegestufe II korrekt angewandt worden sei. Ferner äußerte sich die Bg. mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 zum Widerspruch vom 14. Juli 2010 gegen die Verwaltungsentscheidung vom 5. Juli 2010 und lehnte mit Bescheid vom 7. Dezember 2011 einen Antrag vom 4. Oktober 2011 auf Erhöhung der Pflegestufe ab.

Mit Beschluss vom 5. Januar 2012 hat das Sozialgericht unter Ziff. I den "Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, über seinen Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 27.10.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2006 zu entscheiden", abgelehnt. Unter Ziff. II des Beschlusses hat das Sozialgericht ausgesprochen, dass die Antragsgegnerin "dem Antragsteller Akteneinsicht bei der Dienststelle zu gewähren" hat, die die Akten führt. Dabei habe sie insbesondere auch Akteneinsicht in die in Pflegeversicherungsangelegenheiten erstellten Gutachten des MDK zu gewähren. Den Antrag, der Antragstellerin zu untersagen, seinen Antrag auf Überprüfung der in Ziffer I genannten Bescheide als Einverständnis mit den in I. genannten Bescheiden zu werten, hat das Sozialgericht abgelehnt (Ziff. III). Zur Begründung hat das Sozialgericht u.a. ausgeführt, der Antrag, die Antragsgegnerin zur Erteilung eines Bescheides zu seinem Überprüfungsantrag zu verpflichten, sei durch den Erlass des Bescheides vom 7. Dezember 2011 unzulässig geworden. Der Antragsteller habe insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Der Untersagungsantrag (Ziff. III des Beschlusses) sei unzulässig, da sich der Antrag durch den Bescheid vom 7. Dezember 2010 ebenfalls erledigt habe.

Zur Begründung der Beschwerde hat der Bf. zu Ziff. I des Beschlusses ausgeführt, er habe keinen derartigen Antrag gestellt. Er hat beantragt, die vollständigen Akten seinem Rechtsanwalt zu übersenden. Ferner hat er weitere Anträge gestellt, insbesondere die Bg. zu verurteilen, über die Widersprüche vom 19. Juni 2009, 30. Juni 2009, 9. Juli 2009 und 25. Juni 2009 zu entscheiden sowie über den Antrag vom 26. März 2009 zu entscheiden, den Widerspruch vom 14. Juli 2010 an den Widerspruchsausschuss weiterzuleiten. Schließlich hat er eine förmliche Entschuldigung durch die Bg. gefordert. In der Sache solle ein Pflegegutachten eingeholt werden.

Die Bg. hat die Zurückweisung der Beschwerde beantragt. Das Sozialgericht habe zutreffend ausgeführt, dass der Antrag, gerichtet auf Erteilung eines Bescheides zum Überprüfungsantrag, mit Erlass des Bescheides vom 7. Dezember 2011 unzulässig geworden ist.
Ein Mediationsverfahren ist nicht zustande gekommen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 28. März 2012 Prozesskostenhilfe bewilligt und den Prozessbevollmächtigten beigeordnet. Dem Prozessbevollmächtigten ist Akteneinsicht gewährt worden.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist gemäß §§ 172 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab.

Gemäß § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei hat das Gericht die Belange der Öffentlichkeit und des Antragstellers abzuwägen. Wenn eine Klage keine Aussicht auf Erfolg hätte, ist ein Recht, das geschützt werden muss, nicht vorhanden (Bayer. Landessozialgericht, Az.: L 2 B 354/01 U ER). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs sowie eines Anordnungsgrundes, d.h., der geltend gemachte Anspruch muss glaubhaft sein (Anordnungsanspruch) und für die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes müssen Gründe glaubhaft gemacht sein, die eine Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache rechtfertigen (Anordnungsgrund).

Dem Beschwerdeverfahren liegt der Beschluss des Sozialgerichts vom 5. Januar 2012 zugrunde, der im Rahmen eines Antrags auf einstweilige Anordnung einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X, einen Untersagungsantrag sowie einen Antrag auf Akteneinsicht betrifft. Soweit der Bf. ausführt, keinen Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 27. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2006 gestellt zu haben, ist auf seinen Antrag vom 29. November 2011: "Die Beklagte soll über diesen Antrag entscheiden müssen", zu verweisen, der sich auf eine Überprüfung nach § 44 SGB X bezog. Dabei betraf diese Formulierung das Schreiben der Bf. vom 15. Juni 2007 im damaligen sozialgerichtlichen Klageverfahren und somit den Bescheid vom 27. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2006.

Soweit der Senat eine Auslegung des Antrags des Bf. dahingehend vornimmt, dass die Überprüfung des Bescheides vom 2. April 2007 gewollt ist, kommt die einstweilige Anordnung ebenfalls nicht in Betracht. Über diesen Antrag hat die Bg. am 7. Dezember 2011 durch Verwaltungsakt entschieden. Das Antragsbegehren im einstweiligen Rechtsschutzverfahren hat sich durch Erlass dieses Bescheides erledigt. Ein Rechtsschutzbedürfnis als notwendige allgemeine Prozessvoraussetzung ist damit entfallen. Entsprechendes gilt für einen Untersagungsantrag. Gegen den Bescheid vom 7. Dezember 2011 ist das Widerspruchsverfahren und ggf. die Klage zum Sozialgericht eröffnet. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist vorliegend im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht gegeben.

Hinsichtlich der Gewährung von Akteneinsicht ist die Beschwerde unzulässig, da der Bf. durch den Beschluss des Sozialgerichts nicht beschwert ist. Insoweit hat das Sozialgericht dem Bf. den Anspruch auf Akteneinsicht bei der Dienststelle zugesprochen. Durch die Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Prozessbevollmächtigten bestand auch ein Anspruch auf Übersendung der Akten an den Prozessbevollmächtigten, dem der Senat im Beschwerdeverfahren nachgekommen ist.

Die weitergehenden, im Beschwerdeverfahren gestellten Anträge betreffen nicht das durch Beschluss des Sozialgerichts entschiedene Antragsverfahren und sind prozessual von dem Antrag auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 27. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2006 bzw. des Bescheides vom 2. April 2007 zu trennen. Dies gilt z.B. für Anträge aus den Jahren 2009, den Widerspruch vom 14. Juli 2010 gegen den Bescheid vom 5. Juli 2010 sowie den Antrag vom 4. Oktober 2011 auf Erhöhung der Pflegestufe. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes regelmäßig kein Sachverständigengutachten zur Klärung der medizinischen Anspruchsvoraussetzungen eingeholt werden kann, da es dem Bf. in diesem Verfahren erkennbar auf eine zeitnahe Entscheidung ankommt. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens kann diesen zeitlichen Anforderungen nicht gerecht werden.

Das Sozialgericht hat daher im Ergebnis zutreffend entschieden. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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