L 3 U 92/11

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 U 337/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 92/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Unfallverletzte in der gesetzlichen Unfallversicherung erhalten im Gegensatz zu Beamten die nach dem Jahresarbeitsverdienst berechnete Verletztenrente in voller Höhe nach dem Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung unabhängig von ihren sonstigen Einnahmen während ihres aktiven Erwerbslebens ausgezahlt. § 61 Abs.1 SGB VII ist eine vom Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung abweichende Sonderregelung für Beamte und ihnen gleichgestellte Personen und stellt eine Schlechterstellung gegenüber sonstigen Unfallverletzten in der gesetzlichen Unfallversicherung dar. Nach § 61 Abs.1 SGB VII wird Beamten bei außerdienstlichen Arbeitsunfällen über den Unfallausgleich (vgl. § 35 BeamtVG) hinaus nur eine Verletztenrente zugebilligt, soweit sie höher als die Dienst- oder Versorgungsbezüge ist.
Es besteht damit eine Ungleichbehandlung von Personengruppen im Sinne des Art.3 Abs.1 GG insoweit, als es eine Gruppe gibt, welche die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in voller Höhe, unabhängig von sonstigem Einkommen, erhält und eine Gruppe, die Beamten und andere zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Unfallfürsorge gehörende Unfallopfer, die einer Sonderregelung unterliegen. Diese Ungleichbehandlung hat aber sachliche Gründe, die diese ausreichend rechtfertigen.
In § 61 Abs.1 SGB VII kommt der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, Beamte hinsichtlich des Ausmaßes ihrer Entschädigung für einen während ihrer Dienstzeit erlittenen Unfall, gleichgültig, ob es sich hierbei um einen Dienst- oder Arbeitsunfall handelt, grundsätzlich gleich zu behandeln. Die Regelung dient dazu, den Anschluss an das Beamten- und Soldatenversorgungsgesetz herzustellen und berücksichtigt, dass der Beamte, der trotz eines Unfalls dienstfähig bleibt, durch den Unfall im Allgemeinen keine wirtschaftlichen Einbußen erleidet, da ihm nach den Grundsätzen des Beamtenrechts die ihm zustehende Besoldung in der bisherigen Höhe weiter zu zahlen ist. Beamte werden hinsichtlich des Ausmaßes ihrer Entschädigung für einen während der Dienstzeit erlittenen Unfall grundsätzlich gleich behandelt, unabhängig davon ob es sich hierbei um einen Dienst- oder einen als Arbeitsunfall geltenden Unfall handelt.
Es liegen somit beachtliche Gründe vor, die die Regelung des Gesetzgebers ausreichend rechtfertigen können. Den Entscheidungen des BSG für die Vorgängervorschrift schließt sich der Senat auch für die inhaltsgleiche Regelung des § 61 SGB VII iVm § 82 Abs.4 SGB IV an. Gründe, die eine geänderte Beurteilung erforderten, sind nicht ersichtlich.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 1. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Der Kläger begehrt die Auszahlung der Verletztenrente als vorläufige Entschädigung ohne Begrenzung auf den Betrag, der im Falle eines Dienstunfalls nach beamtenrechtlichen Vorschriften als Unfallausgleich beansprucht werden könnte.

Der 1973 geborene Kläger, zum Unfallzeitpunkt Beamter des Freistaats Bayern (Steueroberinspektor mit der Tätigkeit als Programmentwickler) erlitt am 12.12.2008 außerhalb seines Dienstes im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit für die Gemeinde E. einen Verkehrsunfall mit seinem Motorrad, bei dem er sich erhebliche Verletzungen zuzog.

Die Beklagte erkannte den Unfall des Klägers als Arbeitsunfall an und gewährte Pflegegeld (Bescheide vom 09.03.2009 und vom 10.05.2010).

Mit Bescheid vom 25.08.2010 gewährte sie dem Grunde nach Rente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vom Hundert (v.H.) für die Zeit vom 22.03.2010 bis auf weiteres. Der Rentenberechnung legte die Beklagte die vom Dienstherrn des Klägers mitgeteilten ruhegehaltfähigen Dienstbezüge am Unfalltag mit 38.342,67 EUR zugrunde (§ 82 Abs.4 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - SGB VII). Die (volle) Auszahlung der errechneten Rente in Höhe von 2.130,15 EUR lehnte die Beklagte ab, weil die Rente die Dienstbezüge aus dem Beamtenverhältnis des Klägers nicht übersteige. Die Rente verbleibe dem Kläger jedoch in Höhe des Betrages, der bei Vorliegen eines Dienstunfalls als Unfallausgleich zu gewähren wäre (§ 61 Abs.1
SGB VII iVm § 35 Beamtenversorgungsgesetz iVm § 31 Abs.1 bis 3 Bundesversorgungsgesetz ). Der Unfallausgleich werde daher in Höhe der Grundrente nach § 31 BVG gewährt und betrage ab dem 22.03.2010 646,00 EUR.

Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2010 als unbegründet zurück. Da sich der Versicherungsfall bei einer außerdienstlichen (ehrenamtlichen) Tätigkeit ereignet habe, aber während der aktiven Beamtenzeit mit Rechtsanspruch auf Unfallfürsorge, sei die Gewährung eines Unfallausgleichs in Höhe der Grundrente nach § 31 BVG nicht zu beanstanden. Die unterschiedliche Behandlung von Beamten und Nichtbeamten sei verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber habe beabsichtigt, Beamte hinsichtlich des Ausmaßes ihrer Entschädigung für einen während ihrer aktiven Dienstzeit erlittenen Schaden gleichzustellen, unabhängig davon, ob es sich um einen Dienst- oder Arbeitsunfall gehandelt habe.

Dagegen hat der Kläger am 30.11.2010 Klage beim Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben und sinngemäß beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 25.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.11.2010 zu verurteilen, ihm ab 22.03.2010 wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls vom 12.11.2010 Verletztenrente als vorläufige Entschädigung in Höhe von 2.130,15 EUR monatlich zu bewilligen.

Der Kläger ist der Auffassung, § 82 Abs.4 in Verbindung mit § 61 Abs.1 SGB VII finde keine Anwendung, da ihm wegen des eingetretenen Versicherungsfalles gerade kein Anspruch auf Unfallfürsorge zustehe. Darüber hinaus sei er nicht als "Beamter" im Sinne dieser Norm anzusehen, da er zwar statusrechtlich Beamter sei, als Programmentwickler aber unstreitig keine originär hoheitliche Tätigkeit ausübe. Selbst wenn man von einer Anwendbarkeit des § 61 Abs.1 SGB VII ausginge, liege ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art.3 Abs.1 Grundgesetz - GG) vor. Nichtbeamte erhielten die Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung unabhängig von ihren sonstigen Einkünften als pauschalierten Schadensersatz in voller Höhe. Diese Ungleichbehandlung von Beamten und Nichtbeamten sei nicht gerechtfertigt. Der Kläger erhalte aus den laufenden Bezügen keine zusätzlichen, auf dem Unfall basierende Leistungen, die den Verlust von Ansprüchen aus der gesetzlichen Unfallversicherung hinreichend kompensieren würden. § 61 Abs.1 SGB VII sei zudem mit dem Eigentumsgrundrecht des Art.14 Abs.1 GG unvereinbar. Art.14 Abs.1 GG schütze auch Rechte aus der Sozialversicherung als subjektives öffentliches Recht. Dabei sei es unschädlich, dass Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung ausschließlich von den Arbeitgebern aufgebracht würden.

Mit Gerichtsbescheid vom 01.02.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Berechnung der Rente zutreffend vorgenommen. § 82 Abs.4 SGB VII in Verbindung mit § 61 Abs.1 SGB VII beschränke im Fall des Klägers die Auszahlung der Rente auf den Betrag, der bei Vorliegen eines Dienstunfalls als Unfallausgleich zu gewähren wäre. Dabei sei der Betrag von 646,00 EUR monatlich gemäß § 35 Abs.1 BeamtVG i.V.m.
§ 31 Abs.1 bis 3 BVG zutreffend festgesetzt. § 82 Abs.4 in Verbindung mit § 61 Abs.1 Satz 1 SGB VII sei anwendbar, da gerade die Fälle erfasst werden sollten, in denen ein aktiver Beamter einen Versicherungsfall in der gesetzlichen Unfallversicherung erleide, also der Unfall bei einer außerdienstlichen Tätigkeit eingetreten sei. Entscheidend sei zudem allein das statusrechtliche Vorliegen eines Beamtenverhältnisses. Es komme nicht darauf an, ob die Tätigkeit des Klägers auch von einem nichtverbeamteten Beschäftigten ausgeübt werden könnte. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art.3 Abs.1 GG sei nicht gegeben. Dies habe das Bundessozialgericht (BSG) bereits mehrfach entschieden. Eine unterschiedliche Behandlung von Beamten und Nichtbeamten sei hinzunehmen. Vor dem Hintergrund, dass Beamte anders als Nichtbeamte nach dem Alimentationsprinzip versorgt würden und keine Vergütung erhielten, sei es legitim, wenn der Dienstherr auch die Alimentation beim Zusammentreffen von Dienstbezügen und anderen Einkommen wie Verletztenrenten beschränke, um eine ungerechtfertigte Überhöhung der Bezüge zu verhindern. Auch erhielten Beamte regelmäßig nach einem Unfall bei Dienstfähigkeit ihre vollen Bezüge weiter, so dass sie keine wirtschaftlichen Einbußen erleiden würden. Es liege somit ein vernünftiger, sich aus der Sache ergebender Grund für eine unterschiedliche Behandlung vor. Eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts aus Art.14 Abs.1 GG sei bereits deshalb nicht gegeben, weil der Anspruch - anders als ein Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung - nicht durch eigene Beiträge erworben worden sei. Zudem sei der Kläger nicht existenziell auf die Verletztenrente angewiesen, da er daneben seine vollen Dienstbezüge erhalte. Auch beschränke § 61 SGB VII den Umfang des Anspruchs auf Verletztenrente, so dass jedenfalls von einer nach Art.14 Abs.1 Satz 2 GG zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung auszugehen sei. Dass diese Regelung unverhältnismäßig wäre, sei nicht ersichtlich. Denn es sei in jedem Fall sichergestellt, dass dem Versicherten ein nicht unerheblicher Betrag der Verletztenrente verbleibe.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 02.03.2011 Berufung eingelegt. Er macht weiterhin geltend, der Kläger sei kein Beamter im Sinne des § 61 Abs.1 Satz 1 SGB VII, da er keine originär hoheitlichen Aufgaben im Rahmen seiner Tätigkeit als Programmentwickler erfülle. § 61 Abs.1 SGB VII sei zudem verfassungswidrig. Die bisherige Rechtsprechung des BSG beziehe sich auf die Vorgängervorschrift der Reichsversicherungsordnung (RVO). Die dort angestellten Überlegungen seien mit dem gewandelten Beamtenbegriff nicht mehr vereinbar. Damals sei ein deutlich höherer Prozentsatz von Tätigkeiten im öffentlichen Dienst durch Beamte wahrgenommen worden und nicht wie heute durch Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst. Die Ungleichbehandlung mit Angestellten im Bereich der öffentlichen Verwaltung sei vor dem Hintergrund, dass die gleichen Aufgaben erfüllt würden, nicht gerechtfertigt. Diese Ungleichbehandlung wirke sich bis zu den Pensionsansprüchen des Klägers aus. Es stehe zu befürchten, dass der Kläger in Zukunft nur noch mit reduzierter Wochenarbeitszeit tätig sein könne. Dies zeige, dass die gewährte Unfallrente nicht den entstandenen finanziellen Verlust bei den laufenden Einnahmen ersetze.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 01.02.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm in Abänderung des Bescheides vom 25.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.11.2010 wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12.11.2008 Verletztenrente ohne Begrenzung auf den Betrag zu zahlen, der im Fall eines Dienstunfalls nach beamtenrechtlichen Vorschriften als Unfallausgleich beansprucht werden könnte.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 01.02.2011 als unbegründet zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung des Klägers (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz
- SGG) ist nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 01.02.2011 ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 25.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.11.2010. Die Beklagte hat die Verletztenrente als vorläufige Entschädigung aufgrund des Arbeitsunfalls vom 12.11.2008 zu Recht auf die Auszahlung des Betrages beschränkt, der bei Vorliegen eines Dienstunfalls als Unfallausgleich zu gewähren wäre.

Grundsätzlich ist Berechnungsgrundlage für die dem Versicherten infolge des Arbeitsunfalls zustehende Verletztenrente - neben dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) - der Jahresarbeitsverdienst (JAV) des Verletzten. Der JAV ist der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen des Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist (§ 82 Abs.1 SGB VII). Erleidet jemand, dem sonst Unfallfürsorge nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährleistet ist, einen Versicherungsfall, für den ihm Unfallfürsorge nicht zusteht, gilt gemäß § 82 Abs.4 SGB VII als JAV der Jahresbetrag der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge, die der Berechnung eines Unfallruhegehalts zugrunde zu legen wären. Gemäß § 61 Abs.1 SGB VII werden die Renten von Beamten, die nach § 82 Abs.4
SGB VII berechnet werden, nur insoweit gezahlt, als sie die Dienst- oder Versorgungsbezüge übersteigen; den Beamten verbleibt die Rente jedoch mindestens in Höhe des Betrages, der bei Vorliegen eines Dienstunfalls als Unfallausgleich zu gewähren wäre.

Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen des § 61 Abs.1 iVm § 82 Abs.4 SGB VII erfüllt sind, weil der Kläger im Zeitpunkt des Unfalls Beamter war bzw. jemand, dem sonst Unfallfürsorge nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährleistet ist (§ 82 Abs.4 Satz 1 SGB VII). § 82 Abs.4 SGB VII gilt damit nicht nur für Beamte im engeren Sinne, sondern für alle Personen, denen "sonst Unfallfürsorge nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährleistet ist", also z.B. auch für Dienstordnungsangestellte, für die das Beamtenrecht weitgehend Anwendung findet. Der Begriff des Beamten in § 61 Abs.1 ist im Sinne des § 82 Abs.4 SGB VII weit zu verstehen (vgl. Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII § 61 Rdnr.4; vgl. BSG, Urteil vom 27.03.1990, 2 RU 43/89; BSG, Urteil vom 18.12.1979, 2 RU 47/77).

Der Kläger war unstreitig Beamter im statusrechtlichen Sinne des Freistaates Bayern und gehörte damit grundsätzlich zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Unfallfürsorge. Dass er tatsächlich Aufgaben nicht hoheitlicher Art wahrgenommen hat, ist unerheblich, da allein entscheidend ist, dass er formal einen Beamtenrechtsstatus innehatte. Er hat demnach Anspruch auf die Gewährung von Verletztenrente nur insoweit, als diese die Dienst- oder Versorgungsbezüge übersteigt. Da der Kläger nicht dienstunfähig ist und seine Dienstbezüge weiterhin in voller Höhe erhält, verbleibt ihm die Rente jedenfalls in Höhe des Betrages, der bei Vorliegen eines Dienstunfalls als Unfallausgleich zu gewähren wäre (§ 61 Abs.1 SGB VII iVm § 35 BeamtVG iVm § 31 Abs.1 bis 3 BVG). Dieser Unfallausgleich ist in Höhe der Grundrente nach § 31 BVG zu zahlen und beträgt ab dem 22.03.2010 monatlich 646,00 EUR.

Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Regelung des § 61 SGB VII iVm § 82 Abs.4 SGB IV verfassungswidrig ist. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art.3 Abs.1 GG ist nicht gegeben. Es liegt zwar eine Ungleichbehandlung zwischen Beamten und anderen Unfallverletzten vor. Diese ist jedoch sachlich ausreichend gerechtfertigt.

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfGE 98, 365, 385; 103, 310, 318 jeweils mwN). Art 3 Abs 1 GG ist daher verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 112, 50, 67; 117, 272, 301; stRspr).

Da der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung. Eine Differenzierung ist hier im Allgemeinen verfassungsrechtlich nur dann nicht zu beanstanden, wenn für sie Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (vgl. BVerfG vom
07.10.1980, BVerfGE 55, 72, 88; vom 26.01.1993, BVerfGE 88, 87, 96 f; vom 10.01.1995, BVerfGE 91, 389, 401).

Der Gesetzgeber behandelt Beamte gegenüber anderen Unfallverletzten ungleich, da in der gesetzlichen Unfallversicherung die nach dem JAV berechnete Rente in voller Höhe nach dem Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung unabhängig von sonstigen Einnahmen während des aktiven Erwerbslebens gezahlt wird. Der Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung bedeutet, dass die in Form einer Rente zu gewährende Entschädigung wegen der Unfallfolgen nicht den tatsächlichen Minderverdienst ausgleichen soll, sondern nach dem Unterschied der auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens bestehenden Erwerbsmöglichkeiten vor und nach dem Arbeitsunfall zu bemessen ist. § 61 Abs.1 SGB VII ist eine vom Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung abweichende Sonderregelung für Beamte und ihnen gleichgestellte Personen und stellt eine Schlechterstellung gegenüber sonstigen Unfallverletzten in der gesetzlichen Unfallversicherung dar. Nach § 61 Abs.1 SGB VII wird Beamten bei außerdienstlichen Arbeitsunfällen über den Unfallausgleich (vgl. § 35 BeamtVG) hinaus nur eine Verletztenrente zugebilligt, soweit sie höher als die Dienst- oder Versorgungsbezüge ist. § 61 Abs.1 SGB VII führt insoweit zu einer Schlechterstellung der Beamten gegenüber anderen Verletzten (vgl. BSG, Urteil vom 27.03.1990 Az.: 2 RU 43/89; BSG, Urteil vom 13.10.1993, Az.: 2 RU 36/92).

Es besteht damit eine Ungleichbehandlung von Personengruppen im Sinne des Art.3 Abs.1 GG insoweit, als es eine Gruppe gibt, welche die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in voller Höhe, unabhängig von sonstigem Einkommen während des Erwerbslebens, erhält und eine Gruppe, die Beamten und andere zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Unfallfürsorge gehörende Unfallopfer, die einer Sonderregelung unterliegen. Diese Ungleichbehandlung hat aber sachliche Gründe, die diese ausreichend rechtfertigen.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat die Verfassungsmäßigkeit der Vorgängervorschrift des § 576 Abs.1 Satz 2 RVO mehrfach bestätigt (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.1964, 2 RU 114/62 = BSGE 22, 54; BSG, Urteil vom 31.10.1978, Az.: 2 RU 87/76 = BSGE 47, 137; BSG, Urteil vom 27.08.1981, Az.: 2 RU 41/79). In § 61 Abs.1 SGB VII kommt der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, Beamte hinsichtlich des Ausmaßes ihrer Entschädigung für einen während ihrer Dienstzeit erlittenen Unfall, gleichgültig, ob es sich hierbei um einen Dienst- oder Arbeitsunfall handelt, grundsätzlich gleich zu behandeln. Das BSG hat darauf hingewiesen, dass die beamtenrechtliche Regelung nicht in Widerspruch zu den in der gesetzlichen Unfallversicherung allgemein für die Schadensbemessung geltenden Grundsätzen steht. Verhindert werden soll eine Doppelversorgung im Sinne einer Kumulation von Leistungen nach beamtenrechtlichen Vorschriften und Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.1964, 2 RU 114/62 = BSGE 22, 56 BSG; BSG, Urteil vom 27.03.1990, 2 RU 43/89). Die Regelung dient dazu, den Anschluss an das Beamten- und Soldatenversorgungsgesetz herzustellen und berücksichtigt, dass der Beamte, der trotz eines Unfalls dienstfähig bleibt, durch den Unfall im Allgemeinen keine wirtschaftlichen Einbußen erleidet, da ihm nach den Grundsätzen des Beamtenrechts die ihm zustehende Besoldung in der bisherigen Höhe weiter zu zahlen ist (vgl. zur Vorgängervorschrift § 576 RVO: BSG, Urteil vom 13.10.1993, 2 RU 36/92). Beamte werden hinsichtlich des Ausmaßes ihrer Entschädigung für einen während der Dienstzeit erlittenen Unfall grundsätzlich gleich behandelt, gleichgültig, ob es sich hierbei um einen Dienst- oder einen als Arbeitsunfall geltenden Unfall handelt (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.1979, Az.: 2 RU 47/77 zu § 576 RVO).

Es liegen somit beachtliche Gründe vor, die die Regelung des Gesetzgebers ausreichend rechtfertigen. Den Entscheidungen des BSG für die Vorgängervorschrift schließt sich der Senat auch für die inhaltsgleiche Regelung des § 61 iVm § 82 Abs.4 SGB VII an. Gründe, die eine geänderte Beurteilung erforderten, sind nicht ersichtlich. Die Tatsache, dass der Kläger seine Aufgaben in gleicher Weise auch als Angestellter ausüben könnte, kann eine andere Beurteilung nicht rechtfertigen. Entscheidend ist, dass er als Beamter im statusrechtlichen Sinn nach dem Beamtenrecht zu beurteilen ist und damit besoldungs- und versorgungsrechtlich grundsätzlich anders als der Angestellte behandelt wird. Es bestehen insoweit aufgrund der besonderen Grundsätze des Berufsbeamtentums erhebliche Unterschiede zwischen diesen Personengruppen, die die ungleiche Behandlung rechtfertigen können.

Auch in Zukunft mögliche gesundheitliche Einschränkungen des Klägers aufgrund des Versicherungsfalles mit einer eventuellen Dienstunfähigkeit werden nach beamtenrechtlichen Vorschriften beurteilt. Es ist insoweit keine Schlechterstellung gegenüber den Beamten gegeben, die einen Dienstunfall erlitten haben.

Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber mit der Ungleichbehandlung das Ziel verfolgte, Beamte hinsichtlich des Ausmaßes ihrer Entschädigung für einen während der Dienstzeit erlittenen Unfall grundsätzlich gleich zu behandeln, unabhängig davon, ob es sich hierbei um einen Dienst- oder einen als Arbeitsunfall geltenden Unfall handelt. Der Unfallausgleich wird bei einem Dienstunfall ebenfalls in Höhe der Grundrente nach § 31 Abs.1 bis 3 BVG gewährt. Weitergehende Vergünstigungen bestehen auch bei einem Dienstunfall nicht.

Unfallbedingte Einkommenseinbußen, die z.B. dadurch entstehen, dass aufgrund einer verstärkten Berücksichtigung des Leistungsprinzips (z.B. im Rahmen von Leistungszulagen) oder bei Beförderungen Nachteile entstehen können, sind über den Unfallausgleich für alle Beamten in gleicher Weise im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes berücksichtigt. Verstöße gegen höherrangiges Recht sind auch insoweit nicht gegeben.

Die Gleichbehandlung der Beamten mit den Besonderheiten des Beamtentums ist mithin ein Grund, der die Ungleichbehandlung zu anderen Unfallopfern rechtfertigen kann.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 01.02.2011 war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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