Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 R 129/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 160/10
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den medizinischen und rechtlichen Voraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 26.01.2010 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 09.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2008 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1955 geborene Kläger hat keine Berufsausbildung abgeschlossen. Er war als Hilfsarbeiter tätig und zuletzt als Küchenhilfe bis Juli 2007 geringfügig beschäftigt.
Der Kläger beantragte am 06.11.2007 die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Dies lehnte die Beklagte mangels Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen ab (Bescheid vom 09.11.2007 und Widerspruchsbescheid vom 16.01.2008). Sie verwies auf das Ergebnis einer zuvor vom 05.09.2007 bis 03.10.2007 durchgeführten medizinischen Rehabilitationsmaßnahme. Im Entlassungsbericht der Klinik B. vom 02.11.2007 war festgehalten, dass der Kläger unter folgenden Gesundheitsstörungen leidet:
1. Koronare Dreigefäßerkrankung, Zustand nach Rekanalisation und Taxus-Stent-
lmplantation RIVA 2/2007.
2. Zustand nach ausgedehntem Vorderwandinfarkt 2/2007.
3. Arterielle Hypertonie.
4. Fettstoffwechselstörung.
5. Sekundär insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ 2 b.
Der Kläger wurde als arbeitsfähig entlassen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Tätigkeiten über 6 Stunden täglich.
Dagegen hat der Kläger am 27.02.2008 Klage zum Sozialgericht (SG) Würzburg erhoben und daran festgehalten, dass die Beklagte Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren habe.
Das Gericht hat Befundberichte bei den behandelnden Ärzten eingeholt.
Die Beklagte hat den Entlassungsbericht der Klinik B. vom 17.12.2008 übermittelt. Der Kläger befand sich dort vom 04.11.2008 bis 02.12.2008 erneut zur medizinischen Rehabilitation. Der Entlassungsbericht bezeichnet folgende Gesundheitsstörungen:
1. Lumboischialgie rechts mit Hypästhesie am rechten Unterschenkel, an der Fußsohle und den Zehen rechts bei Verdacht auf marcumarinduzierte Blutung.
2. lnsulinpflichtiger Diabetes mellitus.
3. Koronare Herzkrankheit mit Zustand nach PTCA und Stentimplantation bei Vorderwandinfarkt 2/2007 und Vorderwandaneurysma.
4. Arterielle Hypertonie.
5. Zustand nach linksventrikulärem Thrombus mit Marcumarisierung (1/2008).
Die Entlassung erfolgte wegen noch bestehender Restbeschwerden im Bereich des rechten Beines als zunächst weiterhin arbeitsunfähig. Zukünftig sei voraussichtlich von einem Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit mehr als sechs Stunden für körperlich leichte Tätigkeiten auszugehen. Wegen der insulinpflichtigen Diabeteserkrankung sollten angemessene Pausen für Zwischenmahlzeiten und Insulininjektionen gewährleistet sein.
Das SG hat den Internisten und Kardiologen Dr. M. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat mit Gutachten vom 12.09.2009 im Wesentlichen die folgenden Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Koronare Dreigefäßerkrankung; akuter Herzvorderwandinfarkt 2/2007 mit Schädigung der linken Herzkammer, Rekanalisation und Taxus-Stent-lmplantation des RIVA 2/2007, PTCA (Aufdehnung) und Versorgung mit PMS (Metall-Stent) der rechten Kranzarterie 2/2009 (stationärer Aufenthalt 15.02.2009 bis 23.02.2009)
2. sekundär insulinpflichtiger Diabetes mellitus ll b
3. chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom bei lumbaler Diskopathie L5/S1
4. Metatarsalgie rechts bei Senk-Spreizfuß
5. Arterielle Hypertonie - gut eingestellt
6. Fettstoffwechselstörung
7. Adipositas II (BMl 40,2 kg/m - massives Übergewicht)
8. Beginnende periphere Polyneuropathie (Nervenentzündung) der Beine (diabetesbedingt).
Seit Februar 2009 sei der Kläger nur noch weniger als 6 Stunden täglich einsatzfähig. Nur leichte Tätigkeiten könnten verrichtet werden. Eine Verschlechterung sei eingetreten. Insbesondere sei im Februar 2009 eine erneute Dilatation und Stentversorgung eines Herzkranzgefäßes notwendig geworden. Aufgrund der irreversiblen lnfarktgröße und der überwiegend chronisch-progredienten Erkrankungen sei von einer dauerhaften Minderung der Erwerbsfähigkeit mit Verschlechterungstendenz auszugehen.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 14.10.2009 den Ausführungen des Sachverständigen zugestimmt. Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur zwischen drei- bis unter sechsstündig einsatzfähig. Eine Besserung des Gesundheitszustandes sei unwahrscheinlich. Als Leistungsfall sei der Tag der Klinikaufnahme am 15.02.2009 anzusehen. Eine Rentengewährung komme allerdings nicht in Betracht, weil ausgehend von diesem Leistungsfall die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vom 15.02.2004 bis 14.02.2009 würden nur 27 Monate mit Pflichtbeiträgen vorliegen.
Das SG hat die Auskunft der Krankenkasse AOK B-Stadt vom 25.01.2010 zu Zeiten der Arbeitsunfähigkeit des Klägers eingeholt. Dem SG hat die Arbeitsgemeinschaft M. unter dem 21.01.2010 Computervermerke über den Kläger übermittelt. Danach sei der Kläger in der Zeit vom 04.07.2005 bis 18.07.2005 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Vom 19.07.2005 bis zum 09.10.2005 habe Arbeitslosigkeit bestanden. Vom 10.10.2005 bis 07.02.2006 habe Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Vom 08.02.2006 bis 13.09.2006 habe erneut Arbeitslosigkeit bestanden. Die Zeiten vom 01.08.2007 bis 04.09.2007 und 05.10.2007 bis 14.11.2007 seien ohne Nachweis. Ab 16.11.2007 sei der Kläger bis Februar 2008 von der ARGE M. betreut worden. Ab dem 08.04.2008 bis 24.08.2008 habe Arbeitslosigkeit bestanden, wobei im August 2008 eine genehmigte Ortsabwesenheit vorgelegen habe. Vom 25.08.2008 bis 31.10.2008 habe eine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Die Zeit vom 01.11.2008 bis 05.07.2009 sei ohne Nachweis.
Mit Urteil vom 26.01.2010 hat das SG unter Aufhebung des Bescheides vom 09.11.2007 und des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2008 die Beklagte verurteilt, den Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung auf Zeit mit dem 04.11.2008 anzuerkennen und Rente ab dem 01.06.2009 bis zum 31.05.2012 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zwar habe der Sachverständige Dr. M. den Eintritt des herabgesetzten Leistungsvermögens mit den Zeitpunkt der Krankenhausbehandlung ab 15.02.2009 angenommen. Jedoch zeigten der Rehabilitationsentlassungsbericht vom Dezember 2008 und die ärztlichen Unterlagen, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bereits ab dem Beginn der Rehabilitationsmaßnahme am 04.11.2008 nicht ohne zeitliche Einschränkung einsatzfähig gewesen sei und die Einsatzfähigkeit auch in der Folgezeit nicht wieder erlangt habe. In der Einschätzung der Klinik B. seien zusätzliche Zwischenpausen als erforderlich angesehen worden. Hieraus folge das Erfordernis ungewöhnlicher Arbeitsbedingungen. Nachdem geeignete Verweisungstätigkeiten für den Kläger nicht benannt worden seien, sei (arbeitsmarktbedingt) von voller Erwerbsminderung beim Kläger auszugehen.
Für den Leistungsfall 04.11.2008 habe der Kläger auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Der Fünfjahreszeitraum reiche zunächst vom 05.11.2003 bis 04.11.2008. Nach dem Versicherungsverlauf vom 10.12.2009 seien ab November 2003 zunächst 21 Kalendermonate Pflichtbeitragszeiten bis einschließlich Juli 2005 ausgewiesen; hiervon seit dem 01.04.2005 wegen Bezuges von Arbeitslosengeld II mit Arbeitslosigkeit. In der Zeit von September 2005 bis einschließlich Mai 2006 seien noch einmal 9 Kalendermonate Pflichtbeitragszeiten wegen Bezuges von Arbeitslosengeld II mit Arbeitslosigkeit enthalten. Für den nicht belegten Monat August 2005 sei von Arbeitslosigkeit auszugehen, wie aus den Unterlagen der ARGE M. zu ersehen sei. Die bestätigte Arbeitslosigkeit sei als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen, weil sie zwischen zwei Pflichtbeitragszeiten mit Lohnersatzleistungen liege. lm Zeitraum von Juni 2006 bis September 2006 liege ebenfalls eine Zeit der Arbeitslosigkeit vor. Diese stelle eine Anrechnungszeit dar, weil bereits der einseitige Anschluss an die vorhergehende Pflichtbeitragszeit mit Lohnersatzleistungen ausreichend sei. lm Monat Februar 2007 sei eine Zeit der Arbeitsunfähigkeit bestätigt. Dieser Monat sei nur deshalb keine Anrechnungszeit, weil keine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit unterbrochen worden sei, in den letzten sechs Kalendermonaten zuvor habe jedoch eine Anrechnungszeit vorgelegen. Im Ergebnis sei festzustellen, dass sich nach § 43 Abs 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) der Fünfjahreszeitraum um sechs Kalendermonate verlängere und zwar rückwirkend bis zum 05.05.2003. Damit kämen sechs weitere Monate mit Pflichtbeitragszeiten hinzu, so dass insgesamt im verlängerten Zeitraum 36 Kalendermonate an Pflichtbeitragszeiten vorlägen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Für eine Rentegewährung aufgrund eines Leistungsfalls am 04.11.2008 seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung des SG könne für den Monat August 2005 eine Anrechnungszeit nach § 58 Abs 1 Nr 3 SGB VI nicht angenommen werden. Diese würde neben der Meldung wegen Arbeitslosigkeit als Arbeitsuchender voraussetzen, dass öffentlich-rechtliche Leistungen bezogen oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen wurden. Es sei jedoch ungeklärt, aus welchen Gründen der Kläger für diesen Monat keine Leistungen bezogen habe. Eine Berücksichtigung wegen Arbeitslosigkeit könne auch nicht erfolgen, weil die Zeit zwischen zwei Pflichtbeitragszeiten mit Lohnersatzleistungen liege. Nach § 58 Abs 2 SGB VI lägen Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit nur vor, wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit unterbrochen werde. Die Entrichtung von Pflichtbeiträgen von Beziehern von Sozialleistungen könne nicht als versicherte Beschäftigung in diesem Sinne verstanden werden. Die Leistungsminderung des Klägers in den unter 6-stündigen Bereich sei auch nicht schon am 04.11.2008, sondern erst im Februar 2009 eingetreten. Im Entlassungsbericht vom 17.12.2008 sei ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch von sechs Stunden und mehr angenommen worden. Bei dieser Einschätzung sei die Herzerkrankung berücksichtigt worden. Erst im Februar 2009 sei es zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen, nachdem der Kläger stationär aufgenommen werden und eine Dilatation und Stent-Versorgung durchgeführt werden musste. Zu einem Leistungsfall am 15.02.2009 seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, da nur 27 Monate an Pflichtbeiträgen vorlägen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 26.01.2010 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 09.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2008 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 26.01.2010 zurückzuweisen.
Der Leistungsfall der Erwerbsminderung sei spätestens am 04.11.2008 eingetreten. Nach dem Herzinfarkt im Februar 2007 habe sich sein Gesundheitszustand aufgrund des Reha-Aufenthaltes vom 05.09.2007 bis 03.10.2007 nicht verbessert. Der vom Sachverständigen Dr. M. dokumentierte Behandlungsverlauf zeige, dass er sich von seiner Grunderkrankung am Herzen nicht mehr erholt habe.
Der Senat hat einen Befundbericht des behandelnden Internisten Dr. M. vom 12.01.2011 mit Fremdbefunden eingeholt. Des Weiteren hat der Senat die Akten des Jobcenters Landkreis M. beigezogen. Nach der Auskunft des Jobcenters vom 26.04.2011 hat der Kläger Arbeitslosengeld II in der Zeit vom 01.04.2005 bis 31.07.2005 und vom 01.09.2005 bis 31.05.2006 bezogen. Im August 2005 seien Leistungen an den Kläger ausgezahlt worden, jedoch hätten diese Leistungen dem Kläger aufgrund der Einkünfte nicht mehr zugestanden. Die Leistungen seien in voller Höhe zurückgefordert worden.
Der Senat hat ein Gutachten nach Aktenlage von dem Internisten und Arbeitsmediziner Dr. E. eingeholt (Gutachten vom 26.04.2011). Dr. E. hat ausgeführt, dass auf Grund der Herzerkrankung und auch aller übrigen Gesundheitsstörungen bis zur stationären Aufnahme im Februar 2009 keine Veranlassung bestanden habe, ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers für körperlich leichte Arbeiten in Zweifel zu ziehen. Die Diabetesbehandlung habe keine Pausen erfordert, die hinsichtlich Verteilung, Häufigkeit und Dauer über das durch das Arbeitszeitgesetz vorgeschriebene Maß hinausgingen.
Auf Antrag des Klägers hat der Senat den Orthopäden Dr. D. mit Gutachten vom 19.10.2011 gehört, der folgenden Gesundheitsstörungen festgestellt hat:
1. Bewegungs- und belastungsabhängige Schmerzsymptomatik des rechten Fußes
2. Schmerzsymptomatik der Ledenwirbelsäule und der Halswirbelsäule, jeweils ohne wesentliche funktionelle Einbußen
3. Schmerzsymptomatik der linken Schulter ohne wesentliche funktionelle Einbußen
4. Erhebliches Übergewicht.
Trotz der internistischen Erkrankungen und bei relativ gering ausgeprägten orthopädisch-chirurgischen Erkrankungen bestehe eine Leistungsfähigkeit für zumindest leichte körperliche Tätigkeiten für sechs Stunden und mehr. Der Zustand bestehe seit 2008. Nach dem Herzinfarkt 2007 sei der Kläger mit größter Wahrscheinlichkeit aufgrund der akuten Erkrankung arbeitsunfähig gewesen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat mit Urteil vom 26.01.2010 zu Unrecht den Bescheid vom 31.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2009 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung mit dem 04.11.2008 anzuerkennen und Rente auf Zeit ab 01.06.2009 bis zum 31.05.2012 zu gewähren.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder wegen teilweiser Erwerbsminderung, denn der Leistungsfall der Erwerbsminderung ist erst am 15.02.2009 und damit zu einem Zeitpunkt eingetreten, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren.
Der Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bestimmt sich nach § 43 SGB VI, der neben der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs 1 Nr 2, 51 Abs 1 SGB VI) das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung voraussetzt ("Drei-Fünftel-Belegung", § 43 Abs 1 S 1 Nrn 2 und 3, Abs 2 S 1 Nrn 2 und 3 SGB Vl). Darüber hinaus muss volle oder teilweise Erwerbsminderung vorliegen (vgl. § 43 Abs 1 S 1 Nr 1, Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI).
Der Anspruch des Klägers besteht nicht, weil der Leistungsfall der Erwerbsminderung zum 15.02.2009 eingetreten ist und im (verlängerten) Fünfjahreszeitraum vom 15.09.2003 bis 14.02.2009 allenfalls nur 32 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt sind. Dies sind Pflichtbeitragszeiten von Februar 2004 bis Juli 2005 und September 2005 bis Mai 2006, zuletzt wegen Bezuges von Arbeitslosengeld II mit Arbeitslosigkeit (27 Monate). Für den Monat August 2005 ist nach der Auskunft des Jobcenters vom 26.04.2011 von Arbeitslosigkeit ohne Bezug von Leistungen wegen des zu berücksichtigenden Einkommens auszugehen. Eine Anrechnungszeit nach § 58 Abs 1 Nr 3 SGB VI ist hierfür nicht anzuerkennen, weil dadurch eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nicht unterbrochen wurde (§ 58 Abs 2 SGB VI). Selbst wenn die Kalendermonate Juni bis September 2006 nach § 43 Abs 4 Nr 3 SGB VI als Streckungstatbestand im Sinne von Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit ohne Bezug von Leistungen wegen des zu berücksichtigenden Einkommens (Ausübung einer geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung bis Juli 2007) zu berücksichtigen sind, bewirken sie nur eine Verlängerung des Fünfjahreszeitraumes um vier Monate. Bei weiterer Berücksichtigung des Monats Februar 2007 als weiteren Streckungstatbestand nach § 43 Abs 4 Nr 3 SGB VI verlängert sich der Fünfjahreszeitraum um insgesamt fünf Kalendermonate, so dass ab dem 15.09.2003 fünf weitere Monate mit Pflichtbeitragszeiten hinzukämen und damit 32 Kalendermonate an Pflichtbeitragszeiten vorlägen.
Vor dem 15.02.2009 bestand keine rentenrechtlich relevante Erwerbsminderung. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs 1 S 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs 1 S 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Dr. E. hat aufgrund der in beiden Instanzen eingeholten ärztlichen Befunde, der Reha-Entlassungsberichte vom 02.11.2007 und 17.12.2008 sowie unter Berücksichtigung des von Dr. M. nach Untersuchung des Klägers erstellten Gutachtens vom 12.09.2009 überzeugend festgestellt, dass beim Kläger der Leistungsfall der Erwerbsminderung mit dem 15.02.2009 und nicht zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten ist.
Bis zu dem Leistungsfall 15.02.2009 war der Kläger durch die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht gehindert, mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes in geschlossenen Räumen im Sitzen oder Wechsel von Sitzen, Stehen und Herumgehen zu verrichten. Tätigkeiten, die ein erhöhtes Aufmerksamkeitsniveau erforderten oder mit einer erhöhten Eigen- oder Fremdgefährdung einhergingen, und auch häufige Wechsel der Arbeitszeit waren nicht zumutbar. Die Diabetesbehandlung erforderte keine Pausen.
Im Vordergrund der Gesundheitsstörungen, die die Erwerbsfähigkeit des Klägers beeinträchtigen, stehen die koronare Herzkrankheit, die Verschleißveränderungen der Wirbelsäule und ein metabolisches Syndrom.
Nach Auftreten der Herzkranzgefäßerkrankung im Februar 2007 konnte durch Aufdehnung der Engstellen (PCTA) und lmplantation einer Gefäßstütze (Stent) in einen Ast der linken Herzschlagader (RIVA) wieder eine befriedigende Durchblutungssituation erzielt werden. Aus internistisch-kardiologischen Untersuchungsbefunden aus dem Juli und August 2007 ergibt sich, dass belastungsabhängige Angina-pectoris-Beschwerden vom Kläger nicht angegeben wurden. Bei echokardiographisch deutlich nachweisbarer lnfarktnarbe waren die Größe der linken Herzkammer normal und die Auswurf- oder Ejektionsfraktion mit 55 % nur leicht eingeschränkt. Weder in Ruhe noch unter einer ergometrischen Belastung bis jeweils 125 Watt waren höhergradige Herzrhythmusstörungen, auf das Herz zu beziehende Beschwerden oder für eine Durchblutungsnot der Herzens (lschämie) sprechende EKG-Veränderungen nachweisbar. Aus insgesamt drei kardiologischen Untersuchungen des Klägers im Jahr 2008 ergibt sich, dass bei Abwesenheit von Angina-pectoris-Beschwerden und ischämieverdächtigen elektrokardiografischen Veränderungen und Herzrhythmusstörungen - sowohl in Ruhe als auch unter Belastung - die Pumpfunktion des linken Herzens als leicht- bis mittelgradig eingeschränkt bezeichnet wurde. Die im November 2008 in der Klinik B. durchgeführte echokardiografische Untersuchung ergab mit einer Auswurf- oder Ejektionsfraktion von 50 bis 55 % eine gegenüber 2007 gleich bleibende Pumpfunktion des linken Herzens. Normalerweise ist das linke Herz in der Lage, mit jedem Herzschlag 60 bis 80 % seines (enddiastolischen) Volumens in die Aorta auszuwerfen. Bei einer Einschränkung der Auswurf- oder Ejektionsfraktion auf 50 bis 60 % sind Beschwerden und Leistungseinschränkungen lediglich bei ausgesprochen schweren körperlichen Belastungen zu erwarten. Demnach ist nach den Ergebnissen der echokardiografischen Untersuchungen davon aus zugehen, dass zumindest bis zu den Mitte November 2008 durchgeführten apparativen Untersuchungen in der Klinik B. kein Anlass bestand, wegen der koronaren Herzkrankheit mit abgelaufenem Herzinfarkt das Leistungsvermögen für eine körperlich leichte Tätigkeit in Frage zu stellen.
In Übereinstimmung mit dem erstinstanzlich gehörten Sachverständigen Dr. M. führt Dr. E. aus, dass erst aufgrund der erneuten Gefäßaufweitung und Stent-Implantation im Februar 2009 - diesmal der rechten Herzkranzarterie (RCA) - von einer zeitlichen Begrenzung der täglichen Arbeit gesprochen werden könne. Bis zur stationären Aufnahme im Februar 2009 hat keine Veranlassung bestanden hat, ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten in Zweifel zu ziehen.
Dr. E. verweist weiter auf beim Kläger bestehende Rückenbeschwerden bei nachgewiesenen Verschleißveränderungen im Lendenabschnitt der Wirbelsäule. Hierzu liegt eine größere Anzahl von Untersuchungsbefunden vor. Im Ergebnis haben sie zeitweilig eine Arbeitsunfähigkeit bedingt, aber das Leistungsvermögen auf Dauer lediglich hinsichtlich der Schwere der Arbeit und der Körperhaltung eingeschränkt.
Die beim Kläger bestehende Zuckerkrankheit, der Bluthochdruck und die Fettstoffwechselstörung sind Teilsymptome einer ernährungsbedingten Störung, die im Zusammenhang mit Übergewicht als metabolisches Syndrom zu bezeichnen ist. Bei einer Körpergröße von 163 cm war der Kläger mit einem Gewicht von deutlich über 100 kg massiv übergewichtig. Dem Übergewicht, der Fettstoffwechselstörung und dem Bluthochdruck kommt keine direkte leistungseinschränkende Bedeutung zu. Jeweils unter medikamentöser Behandlung haben sich die Fettstoffwechselstörung und der Bluthochdruck als gut einstellbar erwiesen. Langzeit-Blutdruckmessungen aus 2007 und 2008 zeigten unter Behandlung normale Blutdruckwerte.
Nach Dr. E. besteht beim Kläger ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus. Er spritzt dreimal am Tag Insulin jeweils zu den Hauptmahlzeiten und ein weiteres Mal vor dem Schlafengehen. Hierbei sind Blutzuckerselbstkontrollen erforderlich. Diabetestypische Folgeschäden von leistungseinschränkender Bedeutung konnten nicht festgestellt werden. Eine beginnende diabetische Polyneuropathie war zumindest bis zum Zeitpunkt der von Dr. M. im Juni 2009 durchgeführten Untersuchung lediglich durch eine Messung der Nervenleitgeschwindigkeiten an den Beinen nachweisbar. Von klinischer Relevanz war die Nervenschädigung bis dahin nicht.
Die beim Kläger notwendigen Pausen zur Insulininjektion und zur Nahrungsaufnahme führen nicht dazu, dass der Kläger nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes tätig sein konnte. Zwar gilt der Arbeitsmarkt als verschlossen, wenn nur unter nicht betriebsüblichen Arbeitsbedingungen gearbeitet werden kann. Danach muss auch die Dauer, Lage und Verteilung arbeitszeitüblichen Bedingungen entsprechen. Hier ergeben sich Einschränkungen nur hinsichtlich der Arbeitsplatzvorgaben, aber nicht hinsichtlich eines zusätzlichen Pausenbedarfs, die über den vom Arbeitszeitgesetz vorgegebenen Rahmen hinausgehen. Insoweit widerspricht Dr. E. überzeugend den Empfehlungen der Klinik B. im Entlassungsbericht vom 17.12.2008. Er führt aus, dass auf Grund moderner Hilfsmittel (Blutdruckmessgerät, lnsulinpen) die einzige in die Arbeitszeit fallende Hauptmahlzeit und die damit verbundene Blutzuckerkontrolle sowie die Insulininjektion keinen zusätzlichen Zeitbedarf beanspruchen und sich problemlos in die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen integrieren lassen. Das Gleiche gilt für etwaige Zwischenmahlzeiten, für die die Verteilzeiten ausreichend sind.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus den Ausführungen des auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen Dr. D. (Gutachten vom 19.10.2011), der aus orthopädisch-chirurgischer Sicht eine nachvollziehbare Beschwerdensymptomatik im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule, der linken Schulter und des rechten Fußes feststellen konnte. Die daraus resultierende Funktionseinschränkungen sind nach Dr. D. nur relativ gering ausgeprägt und bedingen keine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens, sondern nur leichte Leistungseinschränkungen in Bezug auf schwere körperliche Arbeit mit Heben und Tragen von schweren Lasten von mehr als 10 kg, Überkopfarbeiten, Arbeiten überwiegend im Stehen oder Gehen, Arbeiten in hockender Position sowie Arbeiten auf unfallgefährdeten Arbeitsplätzen. Auch Dr. D. kommt zum Schluss, dass - trotz der internistischen Erkrankungen und bei relativ gering ausgeprägten orthopädisch-chirurgischen Erkrankungen - eine Leistungsfähigkeit für leichte und kurzzeitig auch mittelschwere körperliche Arbeiten für 6 Stunden und mehr besteht, vorzugsweise in geschlossenen Räumen, überwiegend im Sitzen oder in wechselnder Stellung. Der Zustand besteht nach Dr. D. seit 2008. Nach dem Herzinfarkt 2007 sei der Kläger mit größter Wahrscheinlichkeit aufgrund der akuten Erkrankung und der Behandlung arbeitsunfähig gewesen.
Im Ergebnis war auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1955 geborene Kläger hat keine Berufsausbildung abgeschlossen. Er war als Hilfsarbeiter tätig und zuletzt als Küchenhilfe bis Juli 2007 geringfügig beschäftigt.
Der Kläger beantragte am 06.11.2007 die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Dies lehnte die Beklagte mangels Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen ab (Bescheid vom 09.11.2007 und Widerspruchsbescheid vom 16.01.2008). Sie verwies auf das Ergebnis einer zuvor vom 05.09.2007 bis 03.10.2007 durchgeführten medizinischen Rehabilitationsmaßnahme. Im Entlassungsbericht der Klinik B. vom 02.11.2007 war festgehalten, dass der Kläger unter folgenden Gesundheitsstörungen leidet:
1. Koronare Dreigefäßerkrankung, Zustand nach Rekanalisation und Taxus-Stent-
lmplantation RIVA 2/2007.
2. Zustand nach ausgedehntem Vorderwandinfarkt 2/2007.
3. Arterielle Hypertonie.
4. Fettstoffwechselstörung.
5. Sekundär insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ 2 b.
Der Kläger wurde als arbeitsfähig entlassen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Tätigkeiten über 6 Stunden täglich.
Dagegen hat der Kläger am 27.02.2008 Klage zum Sozialgericht (SG) Würzburg erhoben und daran festgehalten, dass die Beklagte Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren habe.
Das Gericht hat Befundberichte bei den behandelnden Ärzten eingeholt.
Die Beklagte hat den Entlassungsbericht der Klinik B. vom 17.12.2008 übermittelt. Der Kläger befand sich dort vom 04.11.2008 bis 02.12.2008 erneut zur medizinischen Rehabilitation. Der Entlassungsbericht bezeichnet folgende Gesundheitsstörungen:
1. Lumboischialgie rechts mit Hypästhesie am rechten Unterschenkel, an der Fußsohle und den Zehen rechts bei Verdacht auf marcumarinduzierte Blutung.
2. lnsulinpflichtiger Diabetes mellitus.
3. Koronare Herzkrankheit mit Zustand nach PTCA und Stentimplantation bei Vorderwandinfarkt 2/2007 und Vorderwandaneurysma.
4. Arterielle Hypertonie.
5. Zustand nach linksventrikulärem Thrombus mit Marcumarisierung (1/2008).
Die Entlassung erfolgte wegen noch bestehender Restbeschwerden im Bereich des rechten Beines als zunächst weiterhin arbeitsunfähig. Zukünftig sei voraussichtlich von einem Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit mehr als sechs Stunden für körperlich leichte Tätigkeiten auszugehen. Wegen der insulinpflichtigen Diabeteserkrankung sollten angemessene Pausen für Zwischenmahlzeiten und Insulininjektionen gewährleistet sein.
Das SG hat den Internisten und Kardiologen Dr. M. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat mit Gutachten vom 12.09.2009 im Wesentlichen die folgenden Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Koronare Dreigefäßerkrankung; akuter Herzvorderwandinfarkt 2/2007 mit Schädigung der linken Herzkammer, Rekanalisation und Taxus-Stent-lmplantation des RIVA 2/2007, PTCA (Aufdehnung) und Versorgung mit PMS (Metall-Stent) der rechten Kranzarterie 2/2009 (stationärer Aufenthalt 15.02.2009 bis 23.02.2009)
2. sekundär insulinpflichtiger Diabetes mellitus ll b
3. chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom bei lumbaler Diskopathie L5/S1
4. Metatarsalgie rechts bei Senk-Spreizfuß
5. Arterielle Hypertonie - gut eingestellt
6. Fettstoffwechselstörung
7. Adipositas II (BMl 40,2 kg/m - massives Übergewicht)
8. Beginnende periphere Polyneuropathie (Nervenentzündung) der Beine (diabetesbedingt).
Seit Februar 2009 sei der Kläger nur noch weniger als 6 Stunden täglich einsatzfähig. Nur leichte Tätigkeiten könnten verrichtet werden. Eine Verschlechterung sei eingetreten. Insbesondere sei im Februar 2009 eine erneute Dilatation und Stentversorgung eines Herzkranzgefäßes notwendig geworden. Aufgrund der irreversiblen lnfarktgröße und der überwiegend chronisch-progredienten Erkrankungen sei von einer dauerhaften Minderung der Erwerbsfähigkeit mit Verschlechterungstendenz auszugehen.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 14.10.2009 den Ausführungen des Sachverständigen zugestimmt. Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur zwischen drei- bis unter sechsstündig einsatzfähig. Eine Besserung des Gesundheitszustandes sei unwahrscheinlich. Als Leistungsfall sei der Tag der Klinikaufnahme am 15.02.2009 anzusehen. Eine Rentengewährung komme allerdings nicht in Betracht, weil ausgehend von diesem Leistungsfall die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vom 15.02.2004 bis 14.02.2009 würden nur 27 Monate mit Pflichtbeiträgen vorliegen.
Das SG hat die Auskunft der Krankenkasse AOK B-Stadt vom 25.01.2010 zu Zeiten der Arbeitsunfähigkeit des Klägers eingeholt. Dem SG hat die Arbeitsgemeinschaft M. unter dem 21.01.2010 Computervermerke über den Kläger übermittelt. Danach sei der Kläger in der Zeit vom 04.07.2005 bis 18.07.2005 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Vom 19.07.2005 bis zum 09.10.2005 habe Arbeitslosigkeit bestanden. Vom 10.10.2005 bis 07.02.2006 habe Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Vom 08.02.2006 bis 13.09.2006 habe erneut Arbeitslosigkeit bestanden. Die Zeiten vom 01.08.2007 bis 04.09.2007 und 05.10.2007 bis 14.11.2007 seien ohne Nachweis. Ab 16.11.2007 sei der Kläger bis Februar 2008 von der ARGE M. betreut worden. Ab dem 08.04.2008 bis 24.08.2008 habe Arbeitslosigkeit bestanden, wobei im August 2008 eine genehmigte Ortsabwesenheit vorgelegen habe. Vom 25.08.2008 bis 31.10.2008 habe eine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Die Zeit vom 01.11.2008 bis 05.07.2009 sei ohne Nachweis.
Mit Urteil vom 26.01.2010 hat das SG unter Aufhebung des Bescheides vom 09.11.2007 und des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2008 die Beklagte verurteilt, den Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung auf Zeit mit dem 04.11.2008 anzuerkennen und Rente ab dem 01.06.2009 bis zum 31.05.2012 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zwar habe der Sachverständige Dr. M. den Eintritt des herabgesetzten Leistungsvermögens mit den Zeitpunkt der Krankenhausbehandlung ab 15.02.2009 angenommen. Jedoch zeigten der Rehabilitationsentlassungsbericht vom Dezember 2008 und die ärztlichen Unterlagen, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bereits ab dem Beginn der Rehabilitationsmaßnahme am 04.11.2008 nicht ohne zeitliche Einschränkung einsatzfähig gewesen sei und die Einsatzfähigkeit auch in der Folgezeit nicht wieder erlangt habe. In der Einschätzung der Klinik B. seien zusätzliche Zwischenpausen als erforderlich angesehen worden. Hieraus folge das Erfordernis ungewöhnlicher Arbeitsbedingungen. Nachdem geeignete Verweisungstätigkeiten für den Kläger nicht benannt worden seien, sei (arbeitsmarktbedingt) von voller Erwerbsminderung beim Kläger auszugehen.
Für den Leistungsfall 04.11.2008 habe der Kläger auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Der Fünfjahreszeitraum reiche zunächst vom 05.11.2003 bis 04.11.2008. Nach dem Versicherungsverlauf vom 10.12.2009 seien ab November 2003 zunächst 21 Kalendermonate Pflichtbeitragszeiten bis einschließlich Juli 2005 ausgewiesen; hiervon seit dem 01.04.2005 wegen Bezuges von Arbeitslosengeld II mit Arbeitslosigkeit. In der Zeit von September 2005 bis einschließlich Mai 2006 seien noch einmal 9 Kalendermonate Pflichtbeitragszeiten wegen Bezuges von Arbeitslosengeld II mit Arbeitslosigkeit enthalten. Für den nicht belegten Monat August 2005 sei von Arbeitslosigkeit auszugehen, wie aus den Unterlagen der ARGE M. zu ersehen sei. Die bestätigte Arbeitslosigkeit sei als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen, weil sie zwischen zwei Pflichtbeitragszeiten mit Lohnersatzleistungen liege. lm Zeitraum von Juni 2006 bis September 2006 liege ebenfalls eine Zeit der Arbeitslosigkeit vor. Diese stelle eine Anrechnungszeit dar, weil bereits der einseitige Anschluss an die vorhergehende Pflichtbeitragszeit mit Lohnersatzleistungen ausreichend sei. lm Monat Februar 2007 sei eine Zeit der Arbeitsunfähigkeit bestätigt. Dieser Monat sei nur deshalb keine Anrechnungszeit, weil keine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit unterbrochen worden sei, in den letzten sechs Kalendermonaten zuvor habe jedoch eine Anrechnungszeit vorgelegen. Im Ergebnis sei festzustellen, dass sich nach § 43 Abs 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) der Fünfjahreszeitraum um sechs Kalendermonate verlängere und zwar rückwirkend bis zum 05.05.2003. Damit kämen sechs weitere Monate mit Pflichtbeitragszeiten hinzu, so dass insgesamt im verlängerten Zeitraum 36 Kalendermonate an Pflichtbeitragszeiten vorlägen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Für eine Rentegewährung aufgrund eines Leistungsfalls am 04.11.2008 seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung des SG könne für den Monat August 2005 eine Anrechnungszeit nach § 58 Abs 1 Nr 3 SGB VI nicht angenommen werden. Diese würde neben der Meldung wegen Arbeitslosigkeit als Arbeitsuchender voraussetzen, dass öffentlich-rechtliche Leistungen bezogen oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen wurden. Es sei jedoch ungeklärt, aus welchen Gründen der Kläger für diesen Monat keine Leistungen bezogen habe. Eine Berücksichtigung wegen Arbeitslosigkeit könne auch nicht erfolgen, weil die Zeit zwischen zwei Pflichtbeitragszeiten mit Lohnersatzleistungen liege. Nach § 58 Abs 2 SGB VI lägen Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit nur vor, wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit unterbrochen werde. Die Entrichtung von Pflichtbeiträgen von Beziehern von Sozialleistungen könne nicht als versicherte Beschäftigung in diesem Sinne verstanden werden. Die Leistungsminderung des Klägers in den unter 6-stündigen Bereich sei auch nicht schon am 04.11.2008, sondern erst im Februar 2009 eingetreten. Im Entlassungsbericht vom 17.12.2008 sei ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch von sechs Stunden und mehr angenommen worden. Bei dieser Einschätzung sei die Herzerkrankung berücksichtigt worden. Erst im Februar 2009 sei es zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen, nachdem der Kläger stationär aufgenommen werden und eine Dilatation und Stent-Versorgung durchgeführt werden musste. Zu einem Leistungsfall am 15.02.2009 seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, da nur 27 Monate an Pflichtbeiträgen vorlägen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 26.01.2010 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 09.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2008 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 26.01.2010 zurückzuweisen.
Der Leistungsfall der Erwerbsminderung sei spätestens am 04.11.2008 eingetreten. Nach dem Herzinfarkt im Februar 2007 habe sich sein Gesundheitszustand aufgrund des Reha-Aufenthaltes vom 05.09.2007 bis 03.10.2007 nicht verbessert. Der vom Sachverständigen Dr. M. dokumentierte Behandlungsverlauf zeige, dass er sich von seiner Grunderkrankung am Herzen nicht mehr erholt habe.
Der Senat hat einen Befundbericht des behandelnden Internisten Dr. M. vom 12.01.2011 mit Fremdbefunden eingeholt. Des Weiteren hat der Senat die Akten des Jobcenters Landkreis M. beigezogen. Nach der Auskunft des Jobcenters vom 26.04.2011 hat der Kläger Arbeitslosengeld II in der Zeit vom 01.04.2005 bis 31.07.2005 und vom 01.09.2005 bis 31.05.2006 bezogen. Im August 2005 seien Leistungen an den Kläger ausgezahlt worden, jedoch hätten diese Leistungen dem Kläger aufgrund der Einkünfte nicht mehr zugestanden. Die Leistungen seien in voller Höhe zurückgefordert worden.
Der Senat hat ein Gutachten nach Aktenlage von dem Internisten und Arbeitsmediziner Dr. E. eingeholt (Gutachten vom 26.04.2011). Dr. E. hat ausgeführt, dass auf Grund der Herzerkrankung und auch aller übrigen Gesundheitsstörungen bis zur stationären Aufnahme im Februar 2009 keine Veranlassung bestanden habe, ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers für körperlich leichte Arbeiten in Zweifel zu ziehen. Die Diabetesbehandlung habe keine Pausen erfordert, die hinsichtlich Verteilung, Häufigkeit und Dauer über das durch das Arbeitszeitgesetz vorgeschriebene Maß hinausgingen.
Auf Antrag des Klägers hat der Senat den Orthopäden Dr. D. mit Gutachten vom 19.10.2011 gehört, der folgenden Gesundheitsstörungen festgestellt hat:
1. Bewegungs- und belastungsabhängige Schmerzsymptomatik des rechten Fußes
2. Schmerzsymptomatik der Ledenwirbelsäule und der Halswirbelsäule, jeweils ohne wesentliche funktionelle Einbußen
3. Schmerzsymptomatik der linken Schulter ohne wesentliche funktionelle Einbußen
4. Erhebliches Übergewicht.
Trotz der internistischen Erkrankungen und bei relativ gering ausgeprägten orthopädisch-chirurgischen Erkrankungen bestehe eine Leistungsfähigkeit für zumindest leichte körperliche Tätigkeiten für sechs Stunden und mehr. Der Zustand bestehe seit 2008. Nach dem Herzinfarkt 2007 sei der Kläger mit größter Wahrscheinlichkeit aufgrund der akuten Erkrankung arbeitsunfähig gewesen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat mit Urteil vom 26.01.2010 zu Unrecht den Bescheid vom 31.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2009 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung mit dem 04.11.2008 anzuerkennen und Rente auf Zeit ab 01.06.2009 bis zum 31.05.2012 zu gewähren.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder wegen teilweiser Erwerbsminderung, denn der Leistungsfall der Erwerbsminderung ist erst am 15.02.2009 und damit zu einem Zeitpunkt eingetreten, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren.
Der Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bestimmt sich nach § 43 SGB VI, der neben der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs 1 Nr 2, 51 Abs 1 SGB VI) das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung voraussetzt ("Drei-Fünftel-Belegung", § 43 Abs 1 S 1 Nrn 2 und 3, Abs 2 S 1 Nrn 2 und 3 SGB Vl). Darüber hinaus muss volle oder teilweise Erwerbsminderung vorliegen (vgl. § 43 Abs 1 S 1 Nr 1, Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI).
Der Anspruch des Klägers besteht nicht, weil der Leistungsfall der Erwerbsminderung zum 15.02.2009 eingetreten ist und im (verlängerten) Fünfjahreszeitraum vom 15.09.2003 bis 14.02.2009 allenfalls nur 32 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt sind. Dies sind Pflichtbeitragszeiten von Februar 2004 bis Juli 2005 und September 2005 bis Mai 2006, zuletzt wegen Bezuges von Arbeitslosengeld II mit Arbeitslosigkeit (27 Monate). Für den Monat August 2005 ist nach der Auskunft des Jobcenters vom 26.04.2011 von Arbeitslosigkeit ohne Bezug von Leistungen wegen des zu berücksichtigenden Einkommens auszugehen. Eine Anrechnungszeit nach § 58 Abs 1 Nr 3 SGB VI ist hierfür nicht anzuerkennen, weil dadurch eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nicht unterbrochen wurde (§ 58 Abs 2 SGB VI). Selbst wenn die Kalendermonate Juni bis September 2006 nach § 43 Abs 4 Nr 3 SGB VI als Streckungstatbestand im Sinne von Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit ohne Bezug von Leistungen wegen des zu berücksichtigenden Einkommens (Ausübung einer geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung bis Juli 2007) zu berücksichtigen sind, bewirken sie nur eine Verlängerung des Fünfjahreszeitraumes um vier Monate. Bei weiterer Berücksichtigung des Monats Februar 2007 als weiteren Streckungstatbestand nach § 43 Abs 4 Nr 3 SGB VI verlängert sich der Fünfjahreszeitraum um insgesamt fünf Kalendermonate, so dass ab dem 15.09.2003 fünf weitere Monate mit Pflichtbeitragszeiten hinzukämen und damit 32 Kalendermonate an Pflichtbeitragszeiten vorlägen.
Vor dem 15.02.2009 bestand keine rentenrechtlich relevante Erwerbsminderung. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs 1 S 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs 1 S 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Dr. E. hat aufgrund der in beiden Instanzen eingeholten ärztlichen Befunde, der Reha-Entlassungsberichte vom 02.11.2007 und 17.12.2008 sowie unter Berücksichtigung des von Dr. M. nach Untersuchung des Klägers erstellten Gutachtens vom 12.09.2009 überzeugend festgestellt, dass beim Kläger der Leistungsfall der Erwerbsminderung mit dem 15.02.2009 und nicht zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten ist.
Bis zu dem Leistungsfall 15.02.2009 war der Kläger durch die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht gehindert, mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes in geschlossenen Räumen im Sitzen oder Wechsel von Sitzen, Stehen und Herumgehen zu verrichten. Tätigkeiten, die ein erhöhtes Aufmerksamkeitsniveau erforderten oder mit einer erhöhten Eigen- oder Fremdgefährdung einhergingen, und auch häufige Wechsel der Arbeitszeit waren nicht zumutbar. Die Diabetesbehandlung erforderte keine Pausen.
Im Vordergrund der Gesundheitsstörungen, die die Erwerbsfähigkeit des Klägers beeinträchtigen, stehen die koronare Herzkrankheit, die Verschleißveränderungen der Wirbelsäule und ein metabolisches Syndrom.
Nach Auftreten der Herzkranzgefäßerkrankung im Februar 2007 konnte durch Aufdehnung der Engstellen (PCTA) und lmplantation einer Gefäßstütze (Stent) in einen Ast der linken Herzschlagader (RIVA) wieder eine befriedigende Durchblutungssituation erzielt werden. Aus internistisch-kardiologischen Untersuchungsbefunden aus dem Juli und August 2007 ergibt sich, dass belastungsabhängige Angina-pectoris-Beschwerden vom Kläger nicht angegeben wurden. Bei echokardiographisch deutlich nachweisbarer lnfarktnarbe waren die Größe der linken Herzkammer normal und die Auswurf- oder Ejektionsfraktion mit 55 % nur leicht eingeschränkt. Weder in Ruhe noch unter einer ergometrischen Belastung bis jeweils 125 Watt waren höhergradige Herzrhythmusstörungen, auf das Herz zu beziehende Beschwerden oder für eine Durchblutungsnot der Herzens (lschämie) sprechende EKG-Veränderungen nachweisbar. Aus insgesamt drei kardiologischen Untersuchungen des Klägers im Jahr 2008 ergibt sich, dass bei Abwesenheit von Angina-pectoris-Beschwerden und ischämieverdächtigen elektrokardiografischen Veränderungen und Herzrhythmusstörungen - sowohl in Ruhe als auch unter Belastung - die Pumpfunktion des linken Herzens als leicht- bis mittelgradig eingeschränkt bezeichnet wurde. Die im November 2008 in der Klinik B. durchgeführte echokardiografische Untersuchung ergab mit einer Auswurf- oder Ejektionsfraktion von 50 bis 55 % eine gegenüber 2007 gleich bleibende Pumpfunktion des linken Herzens. Normalerweise ist das linke Herz in der Lage, mit jedem Herzschlag 60 bis 80 % seines (enddiastolischen) Volumens in die Aorta auszuwerfen. Bei einer Einschränkung der Auswurf- oder Ejektionsfraktion auf 50 bis 60 % sind Beschwerden und Leistungseinschränkungen lediglich bei ausgesprochen schweren körperlichen Belastungen zu erwarten. Demnach ist nach den Ergebnissen der echokardiografischen Untersuchungen davon aus zugehen, dass zumindest bis zu den Mitte November 2008 durchgeführten apparativen Untersuchungen in der Klinik B. kein Anlass bestand, wegen der koronaren Herzkrankheit mit abgelaufenem Herzinfarkt das Leistungsvermögen für eine körperlich leichte Tätigkeit in Frage zu stellen.
In Übereinstimmung mit dem erstinstanzlich gehörten Sachverständigen Dr. M. führt Dr. E. aus, dass erst aufgrund der erneuten Gefäßaufweitung und Stent-Implantation im Februar 2009 - diesmal der rechten Herzkranzarterie (RCA) - von einer zeitlichen Begrenzung der täglichen Arbeit gesprochen werden könne. Bis zur stationären Aufnahme im Februar 2009 hat keine Veranlassung bestanden hat, ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten in Zweifel zu ziehen.
Dr. E. verweist weiter auf beim Kläger bestehende Rückenbeschwerden bei nachgewiesenen Verschleißveränderungen im Lendenabschnitt der Wirbelsäule. Hierzu liegt eine größere Anzahl von Untersuchungsbefunden vor. Im Ergebnis haben sie zeitweilig eine Arbeitsunfähigkeit bedingt, aber das Leistungsvermögen auf Dauer lediglich hinsichtlich der Schwere der Arbeit und der Körperhaltung eingeschränkt.
Die beim Kläger bestehende Zuckerkrankheit, der Bluthochdruck und die Fettstoffwechselstörung sind Teilsymptome einer ernährungsbedingten Störung, die im Zusammenhang mit Übergewicht als metabolisches Syndrom zu bezeichnen ist. Bei einer Körpergröße von 163 cm war der Kläger mit einem Gewicht von deutlich über 100 kg massiv übergewichtig. Dem Übergewicht, der Fettstoffwechselstörung und dem Bluthochdruck kommt keine direkte leistungseinschränkende Bedeutung zu. Jeweils unter medikamentöser Behandlung haben sich die Fettstoffwechselstörung und der Bluthochdruck als gut einstellbar erwiesen. Langzeit-Blutdruckmessungen aus 2007 und 2008 zeigten unter Behandlung normale Blutdruckwerte.
Nach Dr. E. besteht beim Kläger ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus. Er spritzt dreimal am Tag Insulin jeweils zu den Hauptmahlzeiten und ein weiteres Mal vor dem Schlafengehen. Hierbei sind Blutzuckerselbstkontrollen erforderlich. Diabetestypische Folgeschäden von leistungseinschränkender Bedeutung konnten nicht festgestellt werden. Eine beginnende diabetische Polyneuropathie war zumindest bis zum Zeitpunkt der von Dr. M. im Juni 2009 durchgeführten Untersuchung lediglich durch eine Messung der Nervenleitgeschwindigkeiten an den Beinen nachweisbar. Von klinischer Relevanz war die Nervenschädigung bis dahin nicht.
Die beim Kläger notwendigen Pausen zur Insulininjektion und zur Nahrungsaufnahme führen nicht dazu, dass der Kläger nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes tätig sein konnte. Zwar gilt der Arbeitsmarkt als verschlossen, wenn nur unter nicht betriebsüblichen Arbeitsbedingungen gearbeitet werden kann. Danach muss auch die Dauer, Lage und Verteilung arbeitszeitüblichen Bedingungen entsprechen. Hier ergeben sich Einschränkungen nur hinsichtlich der Arbeitsplatzvorgaben, aber nicht hinsichtlich eines zusätzlichen Pausenbedarfs, die über den vom Arbeitszeitgesetz vorgegebenen Rahmen hinausgehen. Insoweit widerspricht Dr. E. überzeugend den Empfehlungen der Klinik B. im Entlassungsbericht vom 17.12.2008. Er führt aus, dass auf Grund moderner Hilfsmittel (Blutdruckmessgerät, lnsulinpen) die einzige in die Arbeitszeit fallende Hauptmahlzeit und die damit verbundene Blutzuckerkontrolle sowie die Insulininjektion keinen zusätzlichen Zeitbedarf beanspruchen und sich problemlos in die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen integrieren lassen. Das Gleiche gilt für etwaige Zwischenmahlzeiten, für die die Verteilzeiten ausreichend sind.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus den Ausführungen des auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen Dr. D. (Gutachten vom 19.10.2011), der aus orthopädisch-chirurgischer Sicht eine nachvollziehbare Beschwerdensymptomatik im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule, der linken Schulter und des rechten Fußes feststellen konnte. Die daraus resultierende Funktionseinschränkungen sind nach Dr. D. nur relativ gering ausgeprägt und bedingen keine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens, sondern nur leichte Leistungseinschränkungen in Bezug auf schwere körperliche Arbeit mit Heben und Tragen von schweren Lasten von mehr als 10 kg, Überkopfarbeiten, Arbeiten überwiegend im Stehen oder Gehen, Arbeiten in hockender Position sowie Arbeiten auf unfallgefährdeten Arbeitsplätzen. Auch Dr. D. kommt zum Schluss, dass - trotz der internistischen Erkrankungen und bei relativ gering ausgeprägten orthopädisch-chirurgischen Erkrankungen - eine Leistungsfähigkeit für leichte und kurzzeitig auch mittelschwere körperliche Arbeiten für 6 Stunden und mehr besteht, vorzugsweise in geschlossenen Räumen, überwiegend im Sitzen oder in wechselnder Stellung. Der Zustand besteht nach Dr. D. seit 2008. Nach dem Herzinfarkt 2007 sei der Kläger mit größter Wahrscheinlichkeit aufgrund der akuten Erkrankung und der Behandlung arbeitsunfähig gewesen.
Im Ergebnis war auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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