Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 SO 77/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 132/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 81/12 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zum Begriff des gA ist in § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I.
2. Entscheidend sind insoweit die näheren Umstände der Unterkunft und des Aufenthalts.
3. Maßgeblich sind die Qualität und Quantität der am Aufenthaltsort entstandenen persönlichen Bindungen, wobei auf die subjektiven und die objektiven Merkmale abzustellen ist.
4. Auch wenn es sich bei dem subjektiven Element zur Begründung des gA um einen tatsächlichen Willen und nicht um einen rechtlichen Willen handelt und davon auszugehen ist, dass auch ein psychisch Kranker einen Willen zur Begründung eines gA haben kann, überlagert hier die massive seelische Behinderung den geäußerten Willen.
5. Zur Rolle nachhaltiger gesundheitlicher Hinderungsgründe an der Begründung eines gA.
2. Entscheidend sind insoweit die näheren Umstände der Unterkunft und des Aufenthalts.
3. Maßgeblich sind die Qualität und Quantität der am Aufenthaltsort entstandenen persönlichen Bindungen, wobei auf die subjektiven und die objektiven Merkmale abzustellen ist.
4. Auch wenn es sich bei dem subjektiven Element zur Begründung des gA um einen tatsächlichen Willen und nicht um einen rechtlichen Willen handelt und davon auszugehen ist, dass auch ein psychisch Kranker einen Willen zur Begründung eines gA haben kann, überlagert hier die massive seelische Behinderung den geäußerten Willen.
5. Zur Rolle nachhaltiger gesundheitlicher Hinderungsgründe an der Begründung eines gA.
I. Die Berufung der Beklagten zu 1 (Stadt S.) gegen das Urteil des SG Augsburg vom 11. Dezember 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte zu 1 verurteilt wird, an die Klägerin (Stadt K.) 43.886,86 EUR zu zahlen.
II. Die Beklagte zu 1 (Stadt S.) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Übernahme der Sozialhilfeaufwendungen für die 1954 geborene A. O. nachfolgend leistungsberechtigte Person (LB) genannt.
Die LB kam Mitte 2005 nach dem Verlust ihrer letzten Wohnung in H. als Obdachlose und Wohnungssuchende nach S., wo sie früher bereits gewohnt hatte. Sie beantragte bei der Beklagten zu 1 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit und Unterstützung bei der Wohnungssuche, was sich aber auch mit Hilfe einer vom Amtsgericht S. am 08.08.2005 bestellten Betreuerin (Betreuung ohne Einwilligungsvorbehalt) als schwierig erwies, da die LB psychisch stark auffällig war. Die Beklagte zu 1 ermittelte, dass die LB dauerhaft voll erwerbsgemindert und hilfebedürftig war und bewilligte ihr Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Infolge ihrer psychischen Erkrankung war die LB mehrfach stationär in der Psychiatrie des KKH S. aufgenommen worden, bevor sie zum 01.02.2006 in S. in der A-Straße. 28 a eine Wohnung anmietete.
Die LB griff jede Verwaltungsentscheidung der Beklagten zu 1 mit Widersprüchen und Klagen bzw Anträgen auf einstweiligen Rechtsschutz zum Sozialgericht Dortmund an. Der persönliche Umgang mit ihr gestaltete sich äußerst schwierig.
Am 03.09.2006 beantragte die LB die Gewährung von Umzugs- und Maklerkosten, weil sie in eine nicht näher bezeichnete ländliche Gegend umziehen wolle. Sie kündigte ihre Wohnung in S. und ihr Girokonto ohne Wissen der Betreuerin zum 31.10.2006, verblieb aber unverändert in der Wohnung, die vom Vermieter trotz bestehender Schwierigkeiten mit der LB nicht zwangsgeräumt wurde. Im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu dem beabsichtigten Umzug gab die LB am 08.02.2007 an, dass sie gedenke, ihren Aufenthaltsort nach O. zu verlegen und ihren ständigen Wohnsitz auch dort begründen wolle.
Nachdem es bei den Vorsprachen der LB bei der Beklagten zu 1 regelmäßig zu Auseinandersetzungen gekommen war, beauftragte diese ab Januar 2007 jeweils unterschiedliche Taxifahrer, die Hilfe zum Lebensunterhalt bei der Beklagten zu 1 abzuholen. Diese Vorsprachen erfolgten am 10.01.2007, am 23.02.2007 und am 02.03.2007, wobei die Bevollmächtigten jeweils angaben, dass sich die LB weiterhin in S. in ihrer Wohnung in der A-Straße aufhalte und daraufhin Hilfeleistungen für die Monate Januar, Februar und März 2007 ausgehändigt erhielten.
Am 04.04.2007 meldete sich die LB telefonisch bei der Beklagten zu 1. Sie werde derzeit im Bezirkskrankenhaus in K. stationär behandelt und wolle langfristig nach O. ziehen und auf jeden Fall in Bayern bleiben. Es wurde vereinbart, dass zunächst das Taschengeld für April 2007 an das Krankenhaus überwiesen werde.
Die Betreuerin der LB teilte der Beklagten zu 1 am 13.04.2007 mit, dass sie davon ausgehe, dass die LB nicht nach S. zurückkehren werde. Am 20.06.2007 teilte die Betreuerin mit, dass das Betreuungsverfahren vom AG S. an das AG K. abgegeben werde, weil die LB plane, sich nach der Krankenhaus-Entlassung dort niederzulassen. Die Wohnung der LB in S. wurde im Juni 2007 zwangsgeräumt.
Das Bezirkskrankenhaus (BKH) K. bestätigte am 05.04.2007, dass sich die LB seit 11.03.2007 bis auf weiteres freiwillig in stationärer Behandlung befinde, und übersandte Unterlagen zur Klärung des Aufenthaltes der LB:
Die Beklagte zu 1 stellte daraufhin die laufenden Leistungen (letzter Bewilligungsbescheid vom 21.02.2006 mit Leistungsbewilligung bis 11/2007) vorläufig zum 30.04.2007 ein und lehnte mit Bescheid vom 20.07.2007 die Auszahlung des Barbetrages für Mai und Juni 2007 ab, weil die LB ihren gewöhnlichen Aufenthalt in S. aufgegeben habe.
Am 01.06.2007 beantragte die LB bei der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Diese ermittelte daraufhin die Aufenthalte der LB vor der Krankenhausaufnahme im BKH am 11.03.2007.
Die LB selbst erklärte hierzu in einem Schreiben vom 13.06.2007, dass sie am 04.03.2007 von S. nach O. gekommen sei und dort einmal in einer Pension sowie siebenmal in einer Jugendherberge (05.03. - 13.03.2007) übernachtet habe. Sie habe auch am 07.03.2007 einen Sozialhilfeantrag gestellt. An weiteren Orten habe sie sich nicht aufgehalten. Vorgelegt wurden Rechnungen der Jugendherberge O. über sieben Übernachtungen vom 05.03.2007 bis 12.03.2007 sowie ein am 06.03.2007 von der LB ausgefüllter Grundsicherungsantrag. Die LB bat darin um Mitteilung, ob eine Wohnortanmeldung über die Diakonie möglich sei und erklärte: "Ich beabsichtige weiterhin O. als meinen Wohnort und Aufenthaltsort anzusehen. Weiterhin wurde das Vermietungsbüro eingeschaltet."
Eine Nachfrage beim Markt O. ergab, dass der Sozialhilfeantrag möglicherweise dort ausgegeben, aber jedenfalls nicht wieder dort abgegeben worden sei, da dies sonst vermerkt worden wäre. Beim Einwohnermeldeamt der Stadt S. wurde die LB zum 11.03.2007 in S. ab- und unter der Anschrift des BKH in K. angemeldet.
Am 06.07.2007 informierte der neue Betreuer der LB den Bezirk Schwaben davon, dass die LB ihm mitgeteilt habe, nach O. gefahren zu sein, um dort zu bleiben und weil sie dort näher an Gott sei.
Mit Schreiben vom 09.07.2007 übersandte der Betreuer den Beschluss des Amtsgerichts S. über die Betreuerbestellung vom 28.06.2007 an die Klägerin. Danach wurde bei der LB Geschäftsunfähigkeit gemäß § 104 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) festgestellt.
Mit Bescheid vom 11.07.2007 lehnte daraufhin die Klägerin die beantragten Grundsicherungsleistungen ab. Örtlich zuständig seien entweder die Beklagte zu 1 (Stadt S.) oder der Beklagte zu 2 (Bezirk Schwaben) als überörtlicher Träger.
Der Beklagte zu 2 bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 03.08.2007 der LB einen Barbetrag ab 01.06.2007 in Höhe von 93,69 EUR monatlich und meldete gleichzeitig einen Erstattungsanspruch bei der Beklagten zu 1 an.
Am 24.09.2007 teilte der Betreuer der LB dem Beklagten zu 2 (Bezirk Schwaben) mit, dass die LB nun in K. eine Wohnung gefunden habe und vom BKH weiter ambulant betreut werden könne. Als Entlassungsdatum war zunächst der 01.10.2007 vorgesehen. Der Betreuer der LB beantragte für diese Grundsicherungsleistungen beim Beklagten zu 2 (Bezirk Schwaben). Dieser teilte zwar mit Schreiben vom 25.09.2007 zunächst mit, dass eine Zuständigkeit nicht gesehen werde, da sowohl die subjektiven als auch die objektiven Voraussetzungen für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes (gA) der LB in O. nicht gegeben gewesen seien. Er legte hierzu eine ärztliche Bescheinigung von Dr. K., BKH K. und Landesarzt für geistig und seelisch behinderte Menschen im Bezirk Schwaben, vom 31.08.2007 vor, wonach die LB zum Zeitpunkt des Ortswechsels psychisch nicht in der Lage gewesen sei, eine für ihr Wohl richtige Entscheidung zu treffen. Gleichwohl übernahm der Beklagte zu 2 (Bezirk Schwaben) mit Bescheid vom 28.09.2007 zunächst die Erstmiete für Oktober 2007 sowie die Kosten einer Erstausstattung und eines Darlehens für die Hinterlegung der Kaution, wobei er wiederum gleichzeitig einen Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten zu 1 anmeldete.
Ebenfalls mit Bescheid vom 28.09.2007 bewilligte die Klägerin der LB Grundsicherungsleistungen ab dem 01.10.2007 mit dem Hinweis, dass der Bezirk Schwaben so lange zuständig bleibe, bis die LB tatsächlich aus dem BKH entlassen werde.
Am 11.10.2007 erfolgte schließlich die Entlassung aus dem BKH. Nach der Entlassungsanzeige wurde die LB dort wegen paranoider Schizophrenie und wahnhafter Störung zunächst freiwillig in der Zeit vom 11.03.2007 (20 h) bis 11.10.2007 behandelt.
Mit Schreiben vom 16.10.2007 meldete die Klägerin einen Erstattungsanspruch auch gegenüber dem Beklagten zu 3 (A.) an, der mit Schreiben vom 05.12.2007 zurückgewiesen wurde.
Auch die Beklagte zu 1 lehnte mit Schreiben vom 06.12.2007 die Erstattung von Kosten gegenüber der Klägerin ab. Die LB habe am 02.03.2007 nur noch ihren Scheck abholen lassen und sei dann nach O. gefahren, wo sie sich in einer Jugendherberge eingemietet und einen Leistungsantrag bei der Gemeinde gestellt habe. Der gA sei seit 04.03.2007 in O. begründet worden.
Die Klägerin meldete daraufhin vorsorglich auch einen Erstattungsanspruch beim Bezirk Schwaben (Beklagter zu 2) an (Schreiben vom 17.04.2008).
Gleichzeitig ermittelte sie weiter zu den Aufenthaltsverhältnissen der LB:
Die Inhaberin einer Pension in O. bestätigte danach, dass sie die LB mehr aus Mitleid nachts am 04.03.2007 im strömenden Regen für eine Übernachtung aufgenommen habe. Die LB habe ihr Rad dabeigehabt und angegeben, sich nach einer Wohnung im A. umzusehen und dort ständig bleiben zu wollen. Auch gegenüber einem Mitarbeiter der Jugendherberge O. hatte die LB angeben, in O. bleiben zu wollen.
Das Vermietungsbüro H. und G. in O. konnte sich an eine "merkwürdige Frau" erinnern, die im Frühjahr 2007 wegen einer Wohnung vorgesprochen habe, die das bezahlen würde. Die Angelegenheit sei aber nicht weiter verfolgt worden.
Die frühere Betreuerin der LB aus S. teilte mit, dass während ihrer Betreuertätigkeit kein Einwilligungsvorbehalt eingerichtet worden sei, so dass die LB damals als voll geschäftsfähig gegolten habe. Sie legte Schriftwechsel aus der Zeit Anfang 2007 vor, wonach sie das Amtsgericht dringend um eine Genehmigung zur Zuführung der LB zu einer stationären Behandlung bat. Diese Angelegenheit habe sich aber dann dadurch erledigt, dass sich die LB letztlich doch aus eigenem Entschluss in stationäre Behandlung in das BKH K. begeben habe.
Das BKH K. bestätigte, dass die LB mit Verordnung eines kassenärztlichen Notarztes in die Klinik gekommen sei, weil in der an sich näheren Klinik in K. kein Platz frei gewesen sei. Als Adresse habe sie bei ihrer Aufnahme die A-Straße in S. angegeben.
In seinem psychiatrisch-fachärztlichen Gutachten vom 23.04.2007 im Rahmen des Betreuungsverfahrens diagnostizierte Dr. G., BKH K., eine schizotype Störung und eine deutliche Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten der LB, bei der Wahninhalte vorwiegend aus Beeinflussungsideen und religiösen Zusammenhängen bestünden. Diese habe bei ihrer Aufnahme angegeben, sie habe sich in O. näher bei Gott gefühlt. Allerdings sei sie während ihres Aufenthaltes in O. auffällig geworden und habe suizidale Ideationen entwickelt, weswegen sie letztlich vom hausärztlichen Notdienst als suizidgefährdet habe eingewiesen werden müssen, wenngleich die Aufnahme auf freiwilliger Basis erfolgt sei. Die LB wurde als geschäftsunfähig nach § 104 Nr. 2 BGB eingestuft.
Am 14.05.2008 hat die die Klägerin beim Sozialgericht Augsburg (SG) eine unbezifferte Klage gegen die Beklagten zu 1 - 3 (Stadt S., Bezirk Schwaben und A.) auf Bezahlung der aufgewendeten Sozialhilfeleistungen erhoben (Az: S 15 SO 68/08).
Mit Beschluss vom 18.06.2008 hat das SG vom Verfahren S 15 SO 68/08 die Klage gegen die Stadt S. abgetrennt und unter dem Az.: S 15 SO 77/08 fortgeführt.
Weiterhin hat es die Klage gegen den Bezirk Schwaben abgetrennt und unter dem
Az.: S 15 SO 78/08 geführt.
Die Verfahren S 15 SO 68/08 und S 15 SO 78/08 hat das SG zunächst mit Beschlüssen vom 02.03.2009 und 18.03.2009 ruhend gestellt.
Durch Urteil vom 11. Dezember 2008 hat das SG den Beklagten zu 1 (Stadt S.) unter dem Az.: S 15 SO 77/08 nach § 124 Abs. 2 SGG verurteilt, die Sozialhilfeaufwendungen für die LB ab 11.10.2007 zu erstatten. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die Erstattungspflicht der Beklagten zu 1 (Stadt S.) auf § 106 Abs. 3 Satz 1 SGB XII beruhe, der in Verbindung mit der Zuständigkeitsregelung in § 98 Abs. 2 SGB XII stehe. Danach sei der Träger der Sozialhilfe für stationäre Leistungen örtlich zuständig, in dessen Bereich die LB ihren gA im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung habe oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt habe.
Vorliegend habe sich die LB vom 11.03.2007 bis 11.10.2007 im BKH K. in stationärer Behandlung gemäß § 98 Abs. 2 SGB XII befunden.
Nach ihrer Entlassung aus dem BKH am 11.10.2007 habe sie noch am selben Tag Wohnsitz in K. unter der Anschrift G.B. 7 genommen. Sie habe ab diesem Zeitpunkt auch Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten.
Allerdings seien hierfür weder der Beklagte zu 2 (Bezirk Schwaben) noch die Klägerin im Ergebnis zuständig und damit leistungspflichtig. Ihnen komme der sog. "Schutz des Anstaltsortes" zu Gute.
Zuständig für die in der Einrichtung erbrachten Leistungen und damit auch erstattungspflichtig für die anschließend für die Klägerin erbrachten Leistungen sei nach Überzeugung des SG die Beklagte zu 1, weil in deren Zuständigkeitsbereich die LB vor ihrer Aufnahme in die stationäre Einrichtung innerhalb der letzten zwei Monate ihren letzten gA gehabt habe.
Insoweit sei zwischen den Beteiligten unstrittig, dass die LB jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, als sie S. verlassen hatte, nämlich bis zum 04.03.2007, einen gA in S. inne gehabt habe. Jedenfalls sei es entgegen der von der LB zweifellos erklärten Absicht vor der Aufnahme in das BKH K. nicht mehr zur Begründung eines gA in O. gekommen.
Zwar lägen im Falle der LB durchaus subjektive als auch objektive Anhaltspunkte dafür vor, dass sie ihren gA in S. mit der Absicht aufgegeben habe, sich in O. auf Dauer niederzulassen und dort einen gA zu begründen. Allerdings ergebe sich jedenfalls aus den Gesamtumständen zweifelsfrei, dass die LB in der Zeit vom 04.03.2007 bis 13.03.2007 keinen gA in O. begründet habe.
Die LB sei danach, folge man ihren Erklärungen, nach O. gereist, um dort näher bei Gott zu sein. Sie sei zu diesem Zeitpunkt in einer psychisch sehr instabilen Verfassung gewesem, was sich hinreichend aus dem umfangreichen Schriftwechsel zwischen der LB bzw. ihrer Betreuerin und der Beklagten zu 1 ergebe. Einen entsprechend "merkwürdigen" Eindruck habe sie auch bei ihren Anlaufstellen in O. hinterlassen (Mitarbeiter der Firma H. und G. Immobilien, O.; Inhaberin der Pension G. in O. "sehr eigenartiges, halb verhungert wirkendes Vegetarierwesen"). Auch das BKH habe in seinem psychiatrisch-fachärztlichen Gutachten vom 23.04.2007 bestätigt, dass die LB in O. auffällig geworden sei und klare Suizidäußerungen gemacht habe.
Entsprechend sei sie auch nicht in der Lage gewesen, Handlungen vorzunehmen, die es rechtfertigen würden, den insgesamt nur gut eine Woche andauernden Aufenthalt in O. trotz seiner Kürze als neuen Lebensmittelpunkt der LB anzusehen. Die LB habe keinerlei Anlaufstellen oder Bezugspunkte in O. gehabt. Sie habe sich zwar offensichtlich an die Gemeindeverwaltung und eine Immobilienfirma gewandt, sei aber schon aufgrund der Kürze der Zeit und mit Sicherheit auch ihrer psychischen Verfassung wegen im Ergebnis weder in der Lage, einen Grundsicherungsantrag auch nur abzugeben oder einen ernstzunehmenden Antrag auf Zuweisung einer Wohnung zu stellen. Gerade bei einem derart kurzen Aufenthalt müssten entsprechende Anhaltspunkte aber zwingend vorhanden sein, wobei vor allem auf das Vorhandensein einer Wohnung bzw. einer Arbeitsstellen sei. Solche Anhaltspunkte lägen aber gerade nicht vor. Andererseits habe sie zu diesem Zeitpunkt noch eine Wohnung in S. gehabt und der Lebensunterhalt für März 2007 sei auch noch von der Beklagten zu 1 sichergestellt worden.
Diese Betrachtung ex ante sei dadurch bestätigt worden, dass tatsächlich die LB nach ihrer Entlassung aus dem BKH zwar nicht etwa nach S., aber auch nicht nach O. zurückgekehrt sei, sondern ihren Wohnsitz mit Hilfe der Betreuer des BKH in K. genommen habe.
Der nur achttägige Aufenthalt in O. sei von vorneherein nicht geeignet gewesen, einen neuen gA der LB zu begründen. Dies gelte auch für den sechs Monate andauernden Aufenthalt im BKH.
Auch die weiteren Voraussetzungen des § 106 Abs. 3 Satz 1 SGB XII seien erfüllt.
Gegen das am 23.12.2008 zugestellte Urteil des SG vom 11. Dezember 2008 hat der Beklagte zu 1 am 20.01.2009 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Das unter dem Az.: L 8 SO 13/09 anhängige Berufungsverfahren wurde mit Beschluss vom 26.03.2009 zur Durchführung eines Mediationsverfahrens ruhend gestellt und nach dem Scheitern der Mediation unter dem Az.: L 8 SO 132/10 fortgesetzt. Auf den Antrag der Beklagten zu 1 hin, die Beklagten zu 2 und 3 in dem Berufungsverfahren beizuladen, hat der Senat angeregt, die ruhenden Verfahren S 15 SO 68/08 und S 15 SO 78/08 durch das SG entscheiden zu lassen.
In dem wiederaufgenommenen Verfahren S 15 SO 131/10 (ursprünglich S 15 SO 68/08) hat das SG mit Urteil vom 27.01.2011 die Klage gegen den Beklagten zu 3 (A.) abgewiesen.
In dem wiederaufgenommenen Verfahren S 15 SO 130/10 (ursprünglich S 15 SO 78/08) hat das SG mit Urteil vom 27.01.2011 die Klage gegen den Beklagten zu 2 (Bezirk Schwaben) abgewiesen.
Die Klägerin hat am 14.02.2011 Berufung gegen beide Urteile erhoben (Az: L 8 SO 18/11 und L 8 SO 17/11).
Der Senat hat mit Beschluss vom 07.04.2011 die Berufungsverfahren L 8 SO 132/10,
L 8 SO 17/11 und L 8 SO 18/11 unter dem Az. L 8 SO 132/10 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Die Klägerin und die Beklagten zu 2 und 3 gehen davon aus, dass die LB in der Zeit vom 04.03.2007 bis 11.03.2007 keinen gA in O. begründet hat, so dass der Beklagte zu 1 entsprechend dem Urteil des SG vom 11. Dezember 2008 zur Kostenerstattung an den Kläger nach § 106 Abs. 3 S.1 SGB XII verpflichtet sei. Die LB habe noch am 05.07.2007 Umzugskosten von S. nach K. bei der Beklagten zu 1 beantragt; diese habe auch noch deren Lebensunterhalt für März 2007 sichergestellt, so dass unverändert von einem gA in S. auszugehen sei.
Der Beklagte zu 1 hält das Urteil des SG für unzutreffend, weil die LB einen gA in O. begründet habe. Sie sei zielgerichtet nach O. gefahren, um dort einen neuen Lebensmittelpunkt zu begründen. Dieser Wille sei auch entsprechend kundgegeben worden. Mit der Abholung des Sozialhilfeantrages bei der Gemeinde O. sei eine mündliche Antragstellung erfolgt.
Die Beklagte zu 1. beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11. Dezember 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11. Dezember 2008 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass ihr 43.886,86 Euro erstattet werden,
hilfsweise
den Beklagten zu 3. unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 27.01.2011 zur Erstattung des oben genannten Betrags zu verurteilen
sowie hilfsweise
den Beklagten zu 2. unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 27.01.2011 zur Erstattung des oben genannten Betrags zu verurteilen.
Der Beklagte zu 2. beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.01.2011 zurückzuweisen.
Der Beklagte zu 3. beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.01.2011 zurückzuweisen.
Im Rahmen des gescheiterten Mediationsverfahrens hat die Klägerin ihren Erstattungsanspruch gegenüber allen drei Beklagten in Höhe von 43.547,37 EUR beziffert (Schreiben vom 11.06.2010) und dieses Schreiben im Berufungsverfahren vorgelegt. Im Termin vor dem erkennenden Senat am 21. Juni 2012 hat die Klägerin der Erstattungsanspruch mit 43.886,86 EUR beziffert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen zu allen genannten Verfahren sowie die beigezogenen Akten der Klägerin und der Beklagten zu 1 - 3 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs.1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthaften Berufungen der Klägerin und des Beklagten zu 1 sind form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 SGG). Es handelt sich um eine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, der den zulässigen Wert des Beschwerdegegenstands von 10000 EUR übersteigt.
Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Die Urteile des SG vom 11. Dezember 2008 und vom 27. Januar 2011 sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, denn der Klägerin steht in Höhe der Klageforderung ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte zu 1 zu.
1.
Die gemäß § 54 Abs. 5 SGG als sog. echte Leistungsklage (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 10. Auflage, § 54 Rn 41) zulässige Klage gegen die Beklagte zu 1 ist begründet. Das SG hat die Beklagte zu 1 zu Recht dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin die ab 11.10.2007 für A. O., geb. 1954, aufgewandten Sozialhilfekosten zu erstatten.
Im Zeitpunkt der Verurteilung der Beklagten zu 1 (Urteil des SG vom 11. Dezember 2008) war eine Bezifferung des Klageanspruches noch nicht möglich, weil der Zweijahreszeitraum aus § 106 Abs. 3 S. 3 SGB XII (Erstattungspflicht endet spätestens nach Ablauf von 2 Jahren nach Verlassen der Einrichtung; hier 11.10.2007) noch nicht abgelaufen war. Das SG konnte daher nach seinem Ermessen ein Grundurteil nach § 131 Abs. 1 S. 1 SGG erlassen, weil streitgegenständlich eine Leistung in Geld begehrt wurde, auf die ein Rechtsanspruch bestand. Ein Grundurteil muss nicht ausdrücklich als solches bezeichnet werden, ggfs. ist durch Auslegung zu ermitteln, ob es sich um ein solches handelt (Meyer-Ladewig a.a.O. § 130 Rn. 3 b). Das SG hat in der Beschreibung des Streitgegenstandes in den Entscheidungsgründen und am Ende der Urteilsgründe festgestellt, dass der Erstattungsanspruch dem Grunde nach in vollem Umfang begründet sei und damit ein Grundurteil erlassen.
Allerdings erledigt ein Grundurteil auf eine reine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) den Rechtstreit nicht abschließend (stRspr; zB BSG 30.05.2006, B 1 KR 17/05 R, SozR 4-3100 § 18c Nr. 2), sondern ist ein Zwischenurteil. Rechtsgrundlage ist § 202 SGG iVm § 304 Abs 2 ZPO. Beim Endurteil ist das Gericht an das Zwischenurteil gebunden (§ 202 SGG iVm § 318 ZPO). Der Rechtsstreit bleibt bei dem erkennenden Gericht bis zur Durchführung des Nachverfahrens über die Höhe der Leistung anhängig (BSGE 74, 36, 44). Wenn sich die Beteiligten über die Höhe einigen, zeigen sie dem Gericht die Erledigung der Hauptsache an (Meyer-Ladewig a.a.O: § 130 Rn. 4e).
Zur vollständigen Erledigung des Rechtsstreits ist daher eine Klarstellung des erstinstanzlichen Urteils vom 11. Dezember 2008 mit einer Bezifferung der Erstattungsforderung notwendig. Nachdem im Berufungsverfahren die Klageanträge beziffert wurden, konnte der Senat auch eine bezifferte Forderung im Rahmen der allgemeinen Leistungsklage zusprechen, weil der Erstattungszeitraum zwischenzeitlich vollständig abgelaufen ist. Insoweit handelt es sich um eine zulässige und sachdienliche Klageänderung nach § 99 Abs. 1, 2. Alt. SGG, die auch im Berufungsverfahren möglich ist (vgl. Meyer-Ladewig a.a.O. § 99 Rn. 12).
2.
Die Stadt S. ist seit 01.01.2011 richtige Beklagte i. S: § 70 Nr. 1 SGG, da mit Inkrafttreten des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 26.01.2010 (GVBl NRW 30, juris: JustizG NW) die Beteiligtenfähigkeit von Behörden (Oberbürgermeister der Stadt S. gemäß § 70 Nr. 3 SGG) entfallen ist (vgl. auch BSG Urteil vom 14.04.2011, Az.: B 8 SO 19/09 R).
3.
Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zu 1 ist § 106 Abs. 3 SGB XII, der die sozialhilferechtliche Kostenerstattung für den Fall des Anschlusses an einen Aufenthalt in einer (stationären) Einrichtung regelt. Die sozialhilferechtlichen Kostenerstattungsregeln des SGB XII gehen als speziellere Normen denen des SGB X vor (§ 37 Satz 1 SGB I, vgl. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII Kommentar, 18. Auflage, § 106 Rn. 5). § 106 SGB XII enthält einen internen Sonderlastenausgleich der Sozialhilfeträger untereinander und dient dem besonderen Schutz der Orte mit stationären Einrichtungen vor ungerechtfertigten Belastungen mit Sozialhilfeaufwendungen ("Schutz des Einrichtungsortes").
§ 106 Abs.3 SGB XII lautet:
"Verlässt in den Fällen des § 98 Abs. 2 die leistungsberechtigte Person die Einrichtung und erhält sie im Bereich des örtlichen Trägers, in dem die Einrichtung liegt, innerhalb von einem Monat danach Leistungen der Sozialhilfe, sind dem örtlichen Träger der Sozialhilfe die aufgewendeten Kosten von dem Träger der Sozialhilfe zu erstatten, in dessen Bereich die leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 98 Abs. 2 Satz 1 hatte. Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend. Die Erstattungspflicht wird nicht durch einen Aufenthalt außerhalb dieses Bereichs oder in einer Einrichtung im Sinne des § 98 Abs. 2 Satz 1 unterbrochen, wenn dieser zwei Monate nicht übersteigt; sie endet, wenn für einen zusammenhängenden Zeitraum von zwei Monaten Leistungen nicht zu erbringen waren, spätestens nach Ablauf von zwei Jahren seit dem Verlassen der Einrichtung."
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 liegen hier vor.
4.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert, denn sie hat im Zeitraum vom 11.10.2007 bis 30.09.2009 für die LB Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII erbracht. Anders als beim Erstattungsbegehren nach § 106 Abs. 1 SGB XII setzt der Erstattungsanspruch nach § 106 Abs. 3 S. 1 SGB XII nicht voraus, dass die gewährten Leistungen gegenüber dem LB iS von § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII vorläufig erbracht wurden. Hier hat die Klägerin mit Bescheid vom 28.09.2007 der LB ab 01.10.2007 Grundsicherungsleistungen nach §§ 41 ff SGB XII als nach § 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII örtlich zuständiger Sozialhilfeträger bewilligt, weil die LB ab 11.10.2007 ihren gewöhnlichen Aufenthalt und Wohnsitz mit dem Einzug in die Mietwohnung in K. begründete.
Die LB befand sich in der Zeit vom 11.03.2007 bis 11.10.2007 in stationärer Behandlung im BKH K. und erhielt somit innerhalb eines Monats seit der Krankenhausentlassung Leistungen der Sozialhilfe vom örtlichen (§ 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII) Träger der Sozialhilfe (Klägerin).
5.
Die Beklagte zu 1 ist passivlegitimiert. Sie ist Trägerin der Sozialhilfe, in deren Bereich die leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII hatte.
Abweichend von der grundsätzlichen Zuständigkeitsnorm in § 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII, die die örtliche Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers bei den hier einschlägigen Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung am gewöhnlichen Aufenthaltsort des LB begründet, sieht § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII für die Gewährung von stationären Leistungen zum Schutz der Einrichtungssorte eine besondere örtliche Zuständigkeit vor: Danach ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich der LB seinen gewöhnlichen Aufenthalt (gA) im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung hat oder in den letzten zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatte. Für den Regelfall ist an diese örtliche Zuständigkeit die endgültige Kostentragung im Leistungsfall geknüpft.
Dies bedeutet, dass der tatsächliche Aufenthalt der LB in der Stadt O. in der Zeit vom 04.03.2007 bis 11.03.2007 vor ihrer Aufnahme in das BKH K. zur stationären Behandlung nur dann zur örtlichen Zuständigkeit der Beklagten zu 3 (als örtlicher Sozialhilfeträger nach § 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII - und damit zu einem Kostenersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 3 nach § 106 Abs. 3 S. 1 SGB XII ) geführt hätte, wenn die LB dort einen gA begründet hätte. Dies ist zur Überzeugung des Senats nach § 128 Abs. 1 SGG jedoch nicht der Fall. Daher ist maßgeblich zur Bestimmung des zuständigen Sozialhilfeträgers der gA der LB in den letzten zwei Monaten vor der Aufnahme ins Krankenhaus.
Zutreffend hat das SG festgestellt, dass die LB jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt ihrer Abreise aus S. am 04.03.2007 ihren gA dort hatte, so dass dieser gA für die Begründung des Erstattungsanspruches nach § 106 Abs. 3 S. 1 SGB XII i.V.m. § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII ausreicht, weil ein gA innerhalb der letzten zwei Monate vor der Aufnahme in das BKH K. vorlag. Unerheblich ist für den Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1, ob dieser gA mit dem Verlassen der Stadt S. am 04.03.2007 aufgegeben wurde, weil der Senat in Übereinstimmung mit dem SG zu der rechtlichen Wertung gelangt, dass die LB jedenfalls in der Zeit vom 04.03.2007 bis 11.03.2007 keinen neuen gA in O. begründet hat.
6.
Die LB hat in der Zeit vom 04.03.2007 bis zu ihrer notfallmäßigen Aufnahme am Abend des 11.03.2007 in das BKH K. keinen gA in O. begründet. Der zwischenzeitliche, achttägige Aufenthalt der LB in O. hat nicht zur Begründung eines neuen gA geführt.
Der Begriff des gA ist in § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I legal definiert. Danach hat den gA jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Zwar betrifft die vorgenannte Definition unmittelbar lediglich die Regelung des § 30 Abs. 1 SGB I über den räumlichen Geltungsbereich der Vorschriften des Sozialgesetzbuches (Territorialprinzip). Mangels einer eigenständigen sozialhilferechtlichen Definition ist aber ergänzend auf § 30 Abs. 3 SGB I zurückzugreifen (Hohm a.a.O: § 98 Rn. 51, Schlette in Hauck/Noftz SGB XII , § 98 Rn. 42; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf SGB XII Kommentar, 3. Auflage, § 98 Rn. 22, Schoch in LPK SGB XII, 9. Auflage § 98 Rn. 18; so bereits das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) für das BSHG im Urteil vom 18. März 1999, Az.: 5 C 11.98, RN 14, juris; ebenso: BSG, Urteil vom 24. März 2009, Az.: B 8/9b SO 17/07 R, Rn. 18, juris).
Ausgangspunkt für die Feststellung eines gA ist zunächst der tatsächliche Aufenthalt im Zeitpunkt des Eintritts des sozialhilferechtlichen Bedarfs. Dazu hat das BVerwG (a.a.O., Rn 15) ausgeführt, dass zur Begründung eines gA ein dauerhafter oder längerer Aufenthalt nicht erforderlich sei; es genüge vielmehr, dass der Betreffende sich an einem Ort oder in dem Gebiet "bis auf weiteres" im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhalte und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen habe. Für einen letztlich zukunftsoffenen Verbleib (vgl. Hohm a.a.O., § 98 Rn. 46) ist einerseits der Wille des Betroffenen beachtlich, wobei es nicht auf den rechtlichen Willen, sondern auf den tatsächlich zum Ausdruck kommenden Willen ankommt. Andererseits muss sich ein festgestellter Wille in den tatsächlichen Verhältnissen des Aufenthalts objektiv niederschlagen. Entscheidend sind insoweit die näheren Umstände der Unterkunft und des Aufenthalts sowie die Qualität und Quantität der am Aufenthaltsort entstandenen persönlichen Bindungen. Dabei kommt es auf das Vorhandensein einer Wohnung oder des Wohnsitzes in melderechtlicher Hinsicht nicht entscheidend an.
Für die Begründung eines gA muss es sich um einen Aufenthalt von voraussichtlich einer gewissen Dauer handeln. Es muss die Absicht bestehen, an diesem Ort nicht nur vorübergehend zu bleiben, auch wenn später unvorhergesehene Umstände die Aufgabe des Aufenthalts in kürzerer Zeit erfordern (Hohm, a.a.O., Rn. 47). Daher kann auch ein (erst) kurzer tatsächlicher Aufenthalt an einem Ort zur Begründung eines gA führen. Jedoch wird durch einen Aufenthalt, der nur wenige Stunden oder Tage dauert, ein gA dann nicht begründet, wenn er wegen der Art des Zwecks nur zu einer flüchtigen Begegnung mit dem Ort führt und ein Wille für nur eine befristete Verweildauer erkennbar ist.
Ob ein Aufenthalt an einem Ort zu einem gA geführt hat, ist im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise zu entscheiden, wobei alle für die Beurteilung der zukünftigen Entwicklung bei Beginn eines streitigen Zeitraums erkennbare Umstände zu berücksichtigen sind (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 1988, Az.: 8/5a RKn 11/87, BSGE 63, 93; ebenso BVerwG, Urteil vom 18. März 1999, a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 2003, Az.: 5 B 211/02, Rn. 7, juris). Das BVerwG hat im Fall eines Aufenthalts zwischen zwei stationären Unterbringungen ausgeführt, auch in dieser Situation sei die Begründung eines neuen gA nicht generell ausgeschlossen, selbst wenn der Aspekt "bis auf weiteres" nicht realisiert werden könne. Es komme auf die Umstände des Einzelfalls an.
Das BSG hat aus § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I ein Drei-Stufen-Schema entwickelt; es prüft den Aufenthalt, die Umstände des Aufenthalts und nimmt eine Würdigung der Umstände vor, wobei es insbesondere ermittelt, ob der Betroffene am Aufenthaltsort oder im Aufenthaltsgebiet nicht nur vorübergehend verweilt (BSGE 62, 67 = SozR 7833 § 1 Nr. 1; Schellhorn a.a.O: § 98 Rn. 51, so auch Hessisches Landessozialgericht Urteil vom 26.08.2011, Az.: L 7 SO 208/10). Das BSG setzt "nicht nur vorübergehend" mit "dauernd" gleich; ein vorübergehendes Verweilen lasse sich somit nur ausschließen, wenn ein Ende des Aufenthalts aus der Sicht der in Frage kommenden Bezugszeit nicht zu erwarten sei (Seewald in: KassKomm., § 30 SGB I Rn. 19 ff.).
(1) Aufenthalt
Zur Überzeugung des Senats hat sich die LB in der Zeit vom 04.03.2007 bis 11.03.2007 in O. tatsächlich aufgehalten. Dies ergibt sich aus ihren eigenen Angaben, den Übernachtungsbelegen der Pension G. in O. (Übernachtung vom 04.03. auf den 05.03.2007), aus den Angaben der Immobilienfirma H. und G. in O. sowie aus dem Übernachtungsbeleg der Jugendherberge O. (abgerechnet wurden Übernachtungen bis 05.03. - 13.03.2007) sowie aus der Aufnahmeanzeige des BKH K. zum 11.03.2007.
(2). Umstände des Aufenthalts
Die Umstände des Aufenthaltes der LB ergeben sich insbesondere aus den Ermittlungsergebnissen der Klägerin und der Beklagten zu 1 sowie aus den ergänzenden Ermittlungen der Beklagten zu 2 und 3.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die LB noch am 02.03.2007 in S. bei der Beklagten die Grundsicherungsleistungen für März 2007 in Höhe von 312 EUR durch einen Kurier abholen ließ und am 04.03.2007 mit dem Zug nach O. fuhr. Dabei ließ sie ihren Hausrat in der Mietwohnung in S. zurück und reiste nur mit Handgepäck unter Mitnahme ihres Fahrrades. Dies ergibt sich aus den Auskünften der Inhaberin des Landgasthofes G. vom 18.04.2008, wo die LB vom 04.03. auf den 05.03.2007 übernachtete. Bemerkenswert ist, dass die LB auch ihren Zuzug von H. nach S. im Sommer 2005 auf diese Art bewerkstelligte, weil sie dort mittel- und wohnungslos bei der Beklagten am 02.06.2005 Grundsicherungsleistungen beantragte.
Den Wunsch, O. als Wohnort und Aufenthaltsort anzusehen, hatte die LB erstmals in ihrem Schreiben vom 08.02.2007 an das Sozialgericht Dortmund bekundet. Zuvor hatte sie seit Herbst 2006 Anträge an die Beklagte zu 1 gerichtet, in denen sie um Übernahme von Umzugskosten bat, ohne einen konkreten neuen Wohnsitz zu benennen; sie habe den Wunsch, in eine ländliche Gegend zu ziehen (Leistungsantrag an die Beklagte zu 1 vom 03.09.2006). Ihre Wohnung in S. und ihr Girokonto hatte sie ohne Wissen ihrer Betreuerin zum 31.10.2006 gekündigt, blieb aber weiter dort wohnen. Nach ihren eigenen Angaben gegenüber der Beklagten zu 1 wollte die LB solange in der Wohnung in S. bleiben, bis ihr das SG die Umzugskosten zusprechen würde. Die Betreuerin der LB teilte dem AG S. mit Schreiben vom 10.01.2007 mit, dass die LB durch ihre Erkrankung nicht in der Lage sei, sinnvolle Entscheidungen bezüglich ihrer Wohnsituation zu treffen. Die Betreuerin habe bereits am 04.09.2006 den Antrag auf Genehmigung der geschlossenen Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestellt, weil die Situation eskaliert sei und die LB sich jeglichen Kontaktversuchen verweigert habe.
Während ihres tatsächlichen Aufenthaltes in O. holte die LB einen Grundsicherungsantrag beim örtlichen Sozialhilfeträger ab und füllte diesen am 06.03.2007 aus, ohne ihn bei der zuständigen Behörde abzugeben. Nach telefonischer Auskunft der Gemeinde O. vom 29.06.2007 war auf dem LA kein Eingangsdatum vermerkt. Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2 ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die LB einen mündlichen Leistungsantrag bei der Gemeinde O. gestellt hat, weil sich keinerlei Vorgänge in der dortigen Verwaltung befinden und auch nicht auszuschließen ist, dass die hochgradig psychisch kranke LB tatsächlich nur ein Antragsformular abgeholt hat, ohne ihren Hilfebedarf behördenkundig zu machen. Nachdem das Auftreten der LB in allen anderen von ihr angesteuerten Stellen in O. eine Erinnerung hinterlassen hat, spricht das Fehlen einer solchen Erinnerung in der Gemeindeverwaltung O. gegen die Annahme, dass die LB einen mündlichen Sozialhilfeantrag gestellt hat. Zudem hätte das mündliche Beantragen der Sozialhilfe allenfalls Indizwirkung für den gA.
In dem handschriftlich ausgefüllten Antrag gab die LB als letzten Wohnsitz die Wohnanschrift in S. an, vermerkte aber, dass sie beabsichtige, weiterhin O. als ihren Wohn- und Aufenthaltsort anzusehen und dass sie ein Vermietungsbüro eingeschaltet habe. Nach telefonischer Auskunft der Immobilienfirma H. und G. in O. vom 17.04.2007 bat eine "merkwürdige Frau" im Frühjahr 2007 um die Vermittlung einer Wohnung in O. und gab an, dass die Kosten vom bezahlt werden würden. Der Senat geht bei lebensnaher Betrachtung davon aus, dass es sich hierbei um die LB handelte.
Die LB übernachtete in der Zeit vom 05.03.2007 bis 11.03.2007 in der Jugendherberge O. und gab auch dort an, dass sie in O. bleiben wolle (Telefonvermerk vom 22.10.2007 Akte A.). Die Wohnanschrift der LB in S. ist auf der Rechnung der Jugendherberge O. vom 12.03.2007 angegeben. Am 05.03.2007 wirkte die LB in der Jugendherberge die LB unauffällig, aber geistig sehr abwesend. Am 11.03.2007 besorgte sie sich gleich nach dem Frühstück Alkohol und wirkte abends stark suizidgefährdet, so dass ein Mitarbeiter der Jugendherberge, der auch im Rettungsdienst tätig ist, den Rettungsdienst verständigte.
Der Behandlung im BKH K. stimmte die LB zunächst zu, das BKH K. beantragte jedoch am 12.07.2007 die Unterbringung und Medikation auch gegen den Willen der LB beim Amtsgericht S., weil der LB die Krankheitseinsicht fehlte.
Dr. K., BKH K. und Landesarzt für seelisch und geistige Behinderte im Bezirk Schwaben, bestätigte am 31.08.2007, dass die LB an einer schweren psychischen Erkrankung leide, wegen der sie seit 11.03.2007 stationär behandelt werde. Psychiatrischerseits sei danach festzustellen, dass die LB zur Zeit des Ortswechsels nicht in der Lage gewesen sei, eine für ihr Wohl richtige Entscheidung zu treffen. Aus dem im Rahmen des Betreuungsverfahrens eingeholten psychiatrischen Gutachten von Dr. G., BKH K. vom 23.04.2007 ergibt sich, dass die LB an einer anhaltenden schizotypen Störung mit deutlicher Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten litt und wegen der seelischen Behinderung als geschäftsunfähig nach § 104 Nr. 2 BGB eingestuft wurde. Sie sei nicht in der Lage, ihren Willen unbeeinflusst von der Erkrankung zu bestimmen und nach diesem zu handeln. Empfohlen wurde die Betreuung u.a. auch für Wohnungsangelegenheiten, weil die LB nicht in der Lage sei, diese Aufgaben zu bewältigen. Anlässlich der Begutachtung erklärte die LB, dass sie geplant habe, sich in O. niederzulassen, sie fühle sich dort vogelfrei, könne sich frei bewegen und die Luft sei rein und vor allem sei sie Gott näher. Sie habe sich entschlossen, nach O. zu ziehen und dort ein neues Leben zu beginnen. Nach S. sei sie umgezogen, weil sie gehofft habe, erneuten Kontakt zur Familie herzustellen, was ihr aber nicht gelungen sei.
Auch gegenüber ihrer S. Betreuerin äußerte die LB telefonisch, dass sie sich in O. Gott näher fühle und deswegen dort bleiben wolle.
(3) Würdigung
Im vorliegenden Fall spricht die Gesamtschau aller Einzelumstände gegen die Begründung eines gA der LB in O. in der Zeit vom 04.03. - 11.03.2007.
Entscheidend sind insoweit die näheren Umstände der Unterkunft und des Aufenthalts sowie die Qualität und Quantität der am Aufenthaltsort entstandenen persönlichen Bindungen, wobei auf die subjektiven und die objektiven Merkmale abzustellen ist.
Als subjektives Merkmal spricht der von der LB geäußerte Wille, O. zum Mittelpunkt der Lebensverhältnisse zu machen (Äußerungen anlässlich der Gutachtenerstellung "Gott näher sein wollen", gegenüber der Betreuerin, der Inhaberin der Pension; gegenüber dem Mitarbeiter der Jugendherberge; Angaben in SH Antrag vom 06.03.2007, Absicht im Schreiben an SG Dortmund 08.02.2007) für einen gA in O ... Als objektive Merkmale sprechen für den gA in O. die Anreise nach O. mit Handgepäck und Fahrrad (- wie bei Zuzug aus H. nach S.), die Vorsprache bei einer privaten Wohnungsvermittlung, das vorherige Abholenlassen der Grundsicherung mit Barscheck am 02.03.2007 in S., das Ausfüllen des Sozialhilfeantrages und das Fehlen von persönlichen Bindungen in S. (vgl. Angaben im GA vom 23.04.2007).
Gegen die Begründung eines gA in O. sprechen auf subjektiver Seite die Geschäftsunfähigkeit nach § 104 Nr. 2 BGB der LB, die Tatsache, dass sie am 11.03.2007 suizidal und nicht in der Lage war, einen Willen zu bilden und nach diesem zu handeln (GA 23.04.2007), die Tatsache, dass sie nach der Stellungnahme von Dr. K. vom 31.08.2007 zum Zeitpunkt des Ortswechsels nicht in der Lage war, eine für ihr Wohl richtige Entscheidung zu treffen und der Umstand, dass ihre massive psychische Erkrankung zu einem monatelangen Krankenhausaufenthalt in BKH K. (11.03. - 11.10.2007) führte, wo sie auch gegen ihren Willen behandelt und medikamentiert wurde.
Als objektive Kriterien sprechen gegen eine gA in O. die Tatsachen, dass Wohnung in S. noch nicht geräumt war (erst im Juli 2007, wird als Rechnungsanschrift in JH angeben) und am 05.07.2007 von der LB ein Antrag auf Umzugshilfe für den Umzug von S. nach K. gestellt wurde. Weiterhin hatte die jahrelang von Sozialhilfe lebende LB den Antrag auf Sozialhilfe vom 06.03.2007 nicht in O. abgegeben, obwohl ihr bewusst sein musste, dass ein Leistungsantrag Anspruchsvoraussetzung für die Grundsicherungsleistungen ist. Die LB hatte keinerlei persönlichen Bindungen und keine "Anlaufstelle" in O. und hielt sich nur 8 Tage dort auf. Ihr bisheriger Lebenszuschnitt in H. und S. sowie nach der Krankenhausentlassung in K. war vom lnnehaben eines Wohnsitzes und der Anmietung einer dauerhaften Wohnung geprägt. Demgegenüber wechselte die LB innerhalb des nur 8 tägigen tatsächlichen Aufenthaltes 3 mal die Unterbringung (Pension, Jugendherberge, BKH).
Zur Überzeugung des Senats hatte die LB zwar den Willen, den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen mit O. bis auf weiteres zu verknüpfen (subjektives Element). Allerdings war sie behinderungsbedingt nicht fähig, einen Willen zu bilden, der nicht durch ihre massive seelische Behinderung überlagert war. Dies ergibt sich eindeutig aus dem psychiatrischen Gutachten vom 23.04.2007, wonach die LB geschäftsunfähig nach § 104 Nr. 2 BGB war. Danach befand sich die LB in einem nicht nur vorübergehenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit, der die freie Willensbestimmung ausschloss. Willenserklärungen eines Geschäftsunfähigen sind nach § 105 Abs. 1 BGB nichtig.
Auch wenn es sich bei dem subjektiven Element zur Begründung des gA um einen tatsächlichen Willen und nicht um eine rechtlichen Willen handelt (Schellhorn aaO. § 98 Rn. 49) und in Übereinstimmung mit dem Erstgericht davon auszugehen ist, dass auch ein psychisch Kranker einen Willen zur Begründung eines gA haben kann, überlagert hier die massive seelische Behinderung den von der LB geäußerten Willen. Die LB litt unter Wahninhalten religiöser Art und Beeinflussungsideen, die sie zu einer flüchtigen Begegnung mit O. führten, ohne dass sich ihr Aufenthalt verfestigte und sie dort einen gA begründete. Infolge der seelischen Behinderung, die seit Herbst 2006 zu zunehmenden wahnhaften Beeinträchtigungen führte, war die LB nicht mehr in der Lage, Handlungen durchzuführen, die zu einer Verfestigung des Lebensmittelpunktes führen konnten. Zu den hierzu erforderlichen rechtsgeschäftlichen Handlungen war die LB infolge der bestehenden Geschäftsunfähigkeit ohnehin nicht in der Lage.
Weder die einmalige Übernachtung in der Pension G. noch die sechs Übernachtungen in der Jugendherberge erfüllen das Merkmal eines zukunftsoffenen Verbleibs "bis auf weiteres".
Insgesamt spricht der Gesundheitszustand der LB als objektive Gegebenheit gegen eine (realisierbare) Absicht des längeren Verweilens in O. (vgl. auch LSG Sachsen Anhalt Urteil vom 21.12.2010, Az.: L 8 SO 8/08 bei einem psychisch kranken Rechtsanwalt, der sich einer weiteren Therapie entzieht). Aus den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen (Dr. K., Dr. G.) ergibt sich, dass die LB im Zeitpunkt des Ortswechsels weder zu einer eigenständigen Lebensführung noch zu einer Entscheidung über ihren Wohnort in der Lage war. Wegen der seit Herbst 2006 eskalierenden Situation hatte die Betreuerin der LB bereits am 04.09.2006 beim Amtsgericht S. die Unterbringung der LB beantragt. Der im Vergleich zu den früher dokumentierten stationären Aufenthalten der LB in psychiatrischen Krankenhäusern (zuletzt in S. in der Zeit vom 08.11.2005 bis 20.12.2005 und vom 18.01.2006 bis 08.02.2006) sehr lange Aufenthalt der LB im BKH K. (11.03.2007 bis 11.10.2007) war deren massiver psychischer Entgleisung geschuldet.
Selbst wenn die LB in krankhaften Wahn aus ihrer Sicht ihre Zelte in S. endgültig abgebrochen hätte (was angesichts ihres eigenen Antrages auf Umzugskosten von S. nach K. vom 05.07.2007 widersprüchlich ist) und durch den Wechsel nach O. eine neue Lebensphase beginnen wollte, ist es nicht zu einem Zuzug iS der Begründung des neuen gA gekommen.
Letztlich war die LB infolge der massiven seelischen akuten Erkrankung auch nicht in der Lage, den Mittelpunkt ihrer Lebensverhältnisse nach O. zu verlegen. Weder stand eine dauerhafte Unterkunft fest noch war der Lebensunterhalt (Sozialhilfeantrag war nicht gestellt) gesichert. Persönliche Bindungen oder Anlaufstellen fehlten in O. vollständig. Dieser Umstand macht deutlich, dass der LB durch ihren achttägigen Aufenthalt in O. nicht gelingen konnte, einen Grad einer Aufenthaltsverfestigung zu erreichen, der die Feststellung des (beabsichtigten) Mittelpunkts ihrer Lebensbeziehungen ermöglichte.
Aus dem Gesundheitszustand der LB ergeben sich nachhaltige Hinderungsgründe an der Begründung eines gA in O ... Der im Vergleich zu früheren Krankenhausaufenthalten der LB sehr lange Krankenhausaufenthalt der LB im BKH K. legt den Schluss nahe, dass sich die LB z.Z. des Ortswechsels in einer massiven psychischen Krise befand, was durch die in den Verwaltungsakten der Beklagten zu 1 dokumentierte eskalierende Situation seit Herbst 2006 bestätigt wird. Auch die Situation im Rahmen des Betreuungsverfahrens bestätigt dies. Die LB stand zunächst in S. unter Betreuung ohne Einwilligungsvorbehalt, ohne dass der Betreuerin die Wohnungsangelegenheiten übertragen waren. Erst nachdem die LB stationär im BKH K. aufgenommen wurde, wurden die Wohnungsangelegenheiten in den Aufgabenkreis der Betreuerin aufgenommen und ein Einwilligungsvorbehalt bzw. die Geschäftsunfähigkeit der LB festgestellt. Der Schriftverkehr der damaligen Betreuerin in S. mit dem Amtsgericht S. seit Herbst 2006 bestätigt jedoch, dass die Situation schon im Herbst eskaliert war, als die LB zunehmend aggressiver wurde und ein normaler Kontakt mit ihr nicht mehr möglich war (Strafanzeigen, Hausverbote, zahlreiche Verfahren beim SG mit z.T. wirren Inhalten). Gerade die Tatsache, dass die LB im April 2007 im psychiatrischen Gutachten als geschäftsunfähig nach § 104 Nr. 2 BGB eingestuft wurde, spricht deutlich dafür, dass sie schon im März 2007 nicht mehr steuerungsfähig war.
Unter Würdigung der Umstände dieses Einzelfalles konnte die LB keinen neuen Lebensmittelpunkt in der Zeit vom 04.03.2007 bis 11.03.2007 objektiv begründen.
Es ist daher auf den letzten gA innerhalb von 2 Monaten vor der Aufnahme in das BKH K. abzustellen, so dass nach § 106 Abs. 3 S.1 i.V.m. § 98 Abs. 2 SGB XII ein Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 für die Leistungen nach Entlassung aus dem BKH bis zum Ablauf von 2 Jahren besteht.
7.
Hinsichtlich der Höhe des im Termin vom 21. Juni 2012 auf 43.886,86 EUR bezifferten Erstattungsanspruches, der am 16.10.2007 (und damit innerhalb der ergänzend anzuwendenden Ausschlussfrist des § 111 SGB X) von der Klägerin bei der Beklagten zu 1 angemeldet wurde, ist nach § 110 Abs. 1 SGB XII auf die am Aufenthaltsort der LB zur Zeit der Leistungserbringung bestehenden Grundsätze abzustellen. Anwendungsprobleme ergeben sich hieraus nicht, weil die Klägerin der LB ab 11.10.2007 die Grundsicherungsleistungen nach §§ 41 ff SGB XII im gesetzlichen Umfang bewilligt hat.
Die Bagatellgrenze nach § 110 Abs. 2 SGB XII von 2.560 EUR ist überschritten.
Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung durch die Klägerin (als Tatbestandsmerkmal, vgl. Klinge in Hauck/Noftz § 106 Rn. 24, bestehen nicht
8.
Über die hilfsweise gestellten Anträge der Klägerin auf Aufhebung der Urteile des SG vom 27. Januar 2011 und Verurteilung der Beklagten zu 3 (A.) oder zu
2 (Bezirk Schwaben) zur Erstattung von 43886,86 EUR braucht der Senat nicht zu entscheiden, weil der Hauptantrag gegen den Beklagten zu 1 begründet ist und damit keine Entscheidung über den Hilfsantrag zu ergehen hat (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG Kommentar, 10. Auflage § 56 Rn. 4).
9.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1, 3 SGG in Verbindung mit §§ 154
Abs. 2, 161 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Berufung der Beklagten zu 1 gegen das Urteil des SG vom 11. Dezember 2008 blieb im Ergebnis ohne Erfolg, so dass ihr die Kosten des Rechtsmittels zur Last fallen.
10.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
II. Die Beklagte zu 1 (Stadt S.) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Übernahme der Sozialhilfeaufwendungen für die 1954 geborene A. O. nachfolgend leistungsberechtigte Person (LB) genannt.
Die LB kam Mitte 2005 nach dem Verlust ihrer letzten Wohnung in H. als Obdachlose und Wohnungssuchende nach S., wo sie früher bereits gewohnt hatte. Sie beantragte bei der Beklagten zu 1 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit und Unterstützung bei der Wohnungssuche, was sich aber auch mit Hilfe einer vom Amtsgericht S. am 08.08.2005 bestellten Betreuerin (Betreuung ohne Einwilligungsvorbehalt) als schwierig erwies, da die LB psychisch stark auffällig war. Die Beklagte zu 1 ermittelte, dass die LB dauerhaft voll erwerbsgemindert und hilfebedürftig war und bewilligte ihr Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Infolge ihrer psychischen Erkrankung war die LB mehrfach stationär in der Psychiatrie des KKH S. aufgenommen worden, bevor sie zum 01.02.2006 in S. in der A-Straße. 28 a eine Wohnung anmietete.
Die LB griff jede Verwaltungsentscheidung der Beklagten zu 1 mit Widersprüchen und Klagen bzw Anträgen auf einstweiligen Rechtsschutz zum Sozialgericht Dortmund an. Der persönliche Umgang mit ihr gestaltete sich äußerst schwierig.
Am 03.09.2006 beantragte die LB die Gewährung von Umzugs- und Maklerkosten, weil sie in eine nicht näher bezeichnete ländliche Gegend umziehen wolle. Sie kündigte ihre Wohnung in S. und ihr Girokonto ohne Wissen der Betreuerin zum 31.10.2006, verblieb aber unverändert in der Wohnung, die vom Vermieter trotz bestehender Schwierigkeiten mit der LB nicht zwangsgeräumt wurde. Im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu dem beabsichtigten Umzug gab die LB am 08.02.2007 an, dass sie gedenke, ihren Aufenthaltsort nach O. zu verlegen und ihren ständigen Wohnsitz auch dort begründen wolle.
Nachdem es bei den Vorsprachen der LB bei der Beklagten zu 1 regelmäßig zu Auseinandersetzungen gekommen war, beauftragte diese ab Januar 2007 jeweils unterschiedliche Taxifahrer, die Hilfe zum Lebensunterhalt bei der Beklagten zu 1 abzuholen. Diese Vorsprachen erfolgten am 10.01.2007, am 23.02.2007 und am 02.03.2007, wobei die Bevollmächtigten jeweils angaben, dass sich die LB weiterhin in S. in ihrer Wohnung in der A-Straße aufhalte und daraufhin Hilfeleistungen für die Monate Januar, Februar und März 2007 ausgehändigt erhielten.
Am 04.04.2007 meldete sich die LB telefonisch bei der Beklagten zu 1. Sie werde derzeit im Bezirkskrankenhaus in K. stationär behandelt und wolle langfristig nach O. ziehen und auf jeden Fall in Bayern bleiben. Es wurde vereinbart, dass zunächst das Taschengeld für April 2007 an das Krankenhaus überwiesen werde.
Die Betreuerin der LB teilte der Beklagten zu 1 am 13.04.2007 mit, dass sie davon ausgehe, dass die LB nicht nach S. zurückkehren werde. Am 20.06.2007 teilte die Betreuerin mit, dass das Betreuungsverfahren vom AG S. an das AG K. abgegeben werde, weil die LB plane, sich nach der Krankenhaus-Entlassung dort niederzulassen. Die Wohnung der LB in S. wurde im Juni 2007 zwangsgeräumt.
Das Bezirkskrankenhaus (BKH) K. bestätigte am 05.04.2007, dass sich die LB seit 11.03.2007 bis auf weiteres freiwillig in stationärer Behandlung befinde, und übersandte Unterlagen zur Klärung des Aufenthaltes der LB:
Die Beklagte zu 1 stellte daraufhin die laufenden Leistungen (letzter Bewilligungsbescheid vom 21.02.2006 mit Leistungsbewilligung bis 11/2007) vorläufig zum 30.04.2007 ein und lehnte mit Bescheid vom 20.07.2007 die Auszahlung des Barbetrages für Mai und Juni 2007 ab, weil die LB ihren gewöhnlichen Aufenthalt in S. aufgegeben habe.
Am 01.06.2007 beantragte die LB bei der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Diese ermittelte daraufhin die Aufenthalte der LB vor der Krankenhausaufnahme im BKH am 11.03.2007.
Die LB selbst erklärte hierzu in einem Schreiben vom 13.06.2007, dass sie am 04.03.2007 von S. nach O. gekommen sei und dort einmal in einer Pension sowie siebenmal in einer Jugendherberge (05.03. - 13.03.2007) übernachtet habe. Sie habe auch am 07.03.2007 einen Sozialhilfeantrag gestellt. An weiteren Orten habe sie sich nicht aufgehalten. Vorgelegt wurden Rechnungen der Jugendherberge O. über sieben Übernachtungen vom 05.03.2007 bis 12.03.2007 sowie ein am 06.03.2007 von der LB ausgefüllter Grundsicherungsantrag. Die LB bat darin um Mitteilung, ob eine Wohnortanmeldung über die Diakonie möglich sei und erklärte: "Ich beabsichtige weiterhin O. als meinen Wohnort und Aufenthaltsort anzusehen. Weiterhin wurde das Vermietungsbüro eingeschaltet."
Eine Nachfrage beim Markt O. ergab, dass der Sozialhilfeantrag möglicherweise dort ausgegeben, aber jedenfalls nicht wieder dort abgegeben worden sei, da dies sonst vermerkt worden wäre. Beim Einwohnermeldeamt der Stadt S. wurde die LB zum 11.03.2007 in S. ab- und unter der Anschrift des BKH in K. angemeldet.
Am 06.07.2007 informierte der neue Betreuer der LB den Bezirk Schwaben davon, dass die LB ihm mitgeteilt habe, nach O. gefahren zu sein, um dort zu bleiben und weil sie dort näher an Gott sei.
Mit Schreiben vom 09.07.2007 übersandte der Betreuer den Beschluss des Amtsgerichts S. über die Betreuerbestellung vom 28.06.2007 an die Klägerin. Danach wurde bei der LB Geschäftsunfähigkeit gemäß § 104 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) festgestellt.
Mit Bescheid vom 11.07.2007 lehnte daraufhin die Klägerin die beantragten Grundsicherungsleistungen ab. Örtlich zuständig seien entweder die Beklagte zu 1 (Stadt S.) oder der Beklagte zu 2 (Bezirk Schwaben) als überörtlicher Träger.
Der Beklagte zu 2 bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 03.08.2007 der LB einen Barbetrag ab 01.06.2007 in Höhe von 93,69 EUR monatlich und meldete gleichzeitig einen Erstattungsanspruch bei der Beklagten zu 1 an.
Am 24.09.2007 teilte der Betreuer der LB dem Beklagten zu 2 (Bezirk Schwaben) mit, dass die LB nun in K. eine Wohnung gefunden habe und vom BKH weiter ambulant betreut werden könne. Als Entlassungsdatum war zunächst der 01.10.2007 vorgesehen. Der Betreuer der LB beantragte für diese Grundsicherungsleistungen beim Beklagten zu 2 (Bezirk Schwaben). Dieser teilte zwar mit Schreiben vom 25.09.2007 zunächst mit, dass eine Zuständigkeit nicht gesehen werde, da sowohl die subjektiven als auch die objektiven Voraussetzungen für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes (gA) der LB in O. nicht gegeben gewesen seien. Er legte hierzu eine ärztliche Bescheinigung von Dr. K., BKH K. und Landesarzt für geistig und seelisch behinderte Menschen im Bezirk Schwaben, vom 31.08.2007 vor, wonach die LB zum Zeitpunkt des Ortswechsels psychisch nicht in der Lage gewesen sei, eine für ihr Wohl richtige Entscheidung zu treffen. Gleichwohl übernahm der Beklagte zu 2 (Bezirk Schwaben) mit Bescheid vom 28.09.2007 zunächst die Erstmiete für Oktober 2007 sowie die Kosten einer Erstausstattung und eines Darlehens für die Hinterlegung der Kaution, wobei er wiederum gleichzeitig einen Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten zu 1 anmeldete.
Ebenfalls mit Bescheid vom 28.09.2007 bewilligte die Klägerin der LB Grundsicherungsleistungen ab dem 01.10.2007 mit dem Hinweis, dass der Bezirk Schwaben so lange zuständig bleibe, bis die LB tatsächlich aus dem BKH entlassen werde.
Am 11.10.2007 erfolgte schließlich die Entlassung aus dem BKH. Nach der Entlassungsanzeige wurde die LB dort wegen paranoider Schizophrenie und wahnhafter Störung zunächst freiwillig in der Zeit vom 11.03.2007 (20 h) bis 11.10.2007 behandelt.
Mit Schreiben vom 16.10.2007 meldete die Klägerin einen Erstattungsanspruch auch gegenüber dem Beklagten zu 3 (A.) an, der mit Schreiben vom 05.12.2007 zurückgewiesen wurde.
Auch die Beklagte zu 1 lehnte mit Schreiben vom 06.12.2007 die Erstattung von Kosten gegenüber der Klägerin ab. Die LB habe am 02.03.2007 nur noch ihren Scheck abholen lassen und sei dann nach O. gefahren, wo sie sich in einer Jugendherberge eingemietet und einen Leistungsantrag bei der Gemeinde gestellt habe. Der gA sei seit 04.03.2007 in O. begründet worden.
Die Klägerin meldete daraufhin vorsorglich auch einen Erstattungsanspruch beim Bezirk Schwaben (Beklagter zu 2) an (Schreiben vom 17.04.2008).
Gleichzeitig ermittelte sie weiter zu den Aufenthaltsverhältnissen der LB:
Die Inhaberin einer Pension in O. bestätigte danach, dass sie die LB mehr aus Mitleid nachts am 04.03.2007 im strömenden Regen für eine Übernachtung aufgenommen habe. Die LB habe ihr Rad dabeigehabt und angegeben, sich nach einer Wohnung im A. umzusehen und dort ständig bleiben zu wollen. Auch gegenüber einem Mitarbeiter der Jugendherberge O. hatte die LB angeben, in O. bleiben zu wollen.
Das Vermietungsbüro H. und G. in O. konnte sich an eine "merkwürdige Frau" erinnern, die im Frühjahr 2007 wegen einer Wohnung vorgesprochen habe, die das bezahlen würde. Die Angelegenheit sei aber nicht weiter verfolgt worden.
Die frühere Betreuerin der LB aus S. teilte mit, dass während ihrer Betreuertätigkeit kein Einwilligungsvorbehalt eingerichtet worden sei, so dass die LB damals als voll geschäftsfähig gegolten habe. Sie legte Schriftwechsel aus der Zeit Anfang 2007 vor, wonach sie das Amtsgericht dringend um eine Genehmigung zur Zuführung der LB zu einer stationären Behandlung bat. Diese Angelegenheit habe sich aber dann dadurch erledigt, dass sich die LB letztlich doch aus eigenem Entschluss in stationäre Behandlung in das BKH K. begeben habe.
Das BKH K. bestätigte, dass die LB mit Verordnung eines kassenärztlichen Notarztes in die Klinik gekommen sei, weil in der an sich näheren Klinik in K. kein Platz frei gewesen sei. Als Adresse habe sie bei ihrer Aufnahme die A-Straße in S. angegeben.
In seinem psychiatrisch-fachärztlichen Gutachten vom 23.04.2007 im Rahmen des Betreuungsverfahrens diagnostizierte Dr. G., BKH K., eine schizotype Störung und eine deutliche Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten der LB, bei der Wahninhalte vorwiegend aus Beeinflussungsideen und religiösen Zusammenhängen bestünden. Diese habe bei ihrer Aufnahme angegeben, sie habe sich in O. näher bei Gott gefühlt. Allerdings sei sie während ihres Aufenthaltes in O. auffällig geworden und habe suizidale Ideationen entwickelt, weswegen sie letztlich vom hausärztlichen Notdienst als suizidgefährdet habe eingewiesen werden müssen, wenngleich die Aufnahme auf freiwilliger Basis erfolgt sei. Die LB wurde als geschäftsunfähig nach § 104 Nr. 2 BGB eingestuft.
Am 14.05.2008 hat die die Klägerin beim Sozialgericht Augsburg (SG) eine unbezifferte Klage gegen die Beklagten zu 1 - 3 (Stadt S., Bezirk Schwaben und A.) auf Bezahlung der aufgewendeten Sozialhilfeleistungen erhoben (Az: S 15 SO 68/08).
Mit Beschluss vom 18.06.2008 hat das SG vom Verfahren S 15 SO 68/08 die Klage gegen die Stadt S. abgetrennt und unter dem Az.: S 15 SO 77/08 fortgeführt.
Weiterhin hat es die Klage gegen den Bezirk Schwaben abgetrennt und unter dem
Az.: S 15 SO 78/08 geführt.
Die Verfahren S 15 SO 68/08 und S 15 SO 78/08 hat das SG zunächst mit Beschlüssen vom 02.03.2009 und 18.03.2009 ruhend gestellt.
Durch Urteil vom 11. Dezember 2008 hat das SG den Beklagten zu 1 (Stadt S.) unter dem Az.: S 15 SO 77/08 nach § 124 Abs. 2 SGG verurteilt, die Sozialhilfeaufwendungen für die LB ab 11.10.2007 zu erstatten. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die Erstattungspflicht der Beklagten zu 1 (Stadt S.) auf § 106 Abs. 3 Satz 1 SGB XII beruhe, der in Verbindung mit der Zuständigkeitsregelung in § 98 Abs. 2 SGB XII stehe. Danach sei der Träger der Sozialhilfe für stationäre Leistungen örtlich zuständig, in dessen Bereich die LB ihren gA im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung habe oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt habe.
Vorliegend habe sich die LB vom 11.03.2007 bis 11.10.2007 im BKH K. in stationärer Behandlung gemäß § 98 Abs. 2 SGB XII befunden.
Nach ihrer Entlassung aus dem BKH am 11.10.2007 habe sie noch am selben Tag Wohnsitz in K. unter der Anschrift G.B. 7 genommen. Sie habe ab diesem Zeitpunkt auch Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten.
Allerdings seien hierfür weder der Beklagte zu 2 (Bezirk Schwaben) noch die Klägerin im Ergebnis zuständig und damit leistungspflichtig. Ihnen komme der sog. "Schutz des Anstaltsortes" zu Gute.
Zuständig für die in der Einrichtung erbrachten Leistungen und damit auch erstattungspflichtig für die anschließend für die Klägerin erbrachten Leistungen sei nach Überzeugung des SG die Beklagte zu 1, weil in deren Zuständigkeitsbereich die LB vor ihrer Aufnahme in die stationäre Einrichtung innerhalb der letzten zwei Monate ihren letzten gA gehabt habe.
Insoweit sei zwischen den Beteiligten unstrittig, dass die LB jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, als sie S. verlassen hatte, nämlich bis zum 04.03.2007, einen gA in S. inne gehabt habe. Jedenfalls sei es entgegen der von der LB zweifellos erklärten Absicht vor der Aufnahme in das BKH K. nicht mehr zur Begründung eines gA in O. gekommen.
Zwar lägen im Falle der LB durchaus subjektive als auch objektive Anhaltspunkte dafür vor, dass sie ihren gA in S. mit der Absicht aufgegeben habe, sich in O. auf Dauer niederzulassen und dort einen gA zu begründen. Allerdings ergebe sich jedenfalls aus den Gesamtumständen zweifelsfrei, dass die LB in der Zeit vom 04.03.2007 bis 13.03.2007 keinen gA in O. begründet habe.
Die LB sei danach, folge man ihren Erklärungen, nach O. gereist, um dort näher bei Gott zu sein. Sie sei zu diesem Zeitpunkt in einer psychisch sehr instabilen Verfassung gewesem, was sich hinreichend aus dem umfangreichen Schriftwechsel zwischen der LB bzw. ihrer Betreuerin und der Beklagten zu 1 ergebe. Einen entsprechend "merkwürdigen" Eindruck habe sie auch bei ihren Anlaufstellen in O. hinterlassen (Mitarbeiter der Firma H. und G. Immobilien, O.; Inhaberin der Pension G. in O. "sehr eigenartiges, halb verhungert wirkendes Vegetarierwesen"). Auch das BKH habe in seinem psychiatrisch-fachärztlichen Gutachten vom 23.04.2007 bestätigt, dass die LB in O. auffällig geworden sei und klare Suizidäußerungen gemacht habe.
Entsprechend sei sie auch nicht in der Lage gewesen, Handlungen vorzunehmen, die es rechtfertigen würden, den insgesamt nur gut eine Woche andauernden Aufenthalt in O. trotz seiner Kürze als neuen Lebensmittelpunkt der LB anzusehen. Die LB habe keinerlei Anlaufstellen oder Bezugspunkte in O. gehabt. Sie habe sich zwar offensichtlich an die Gemeindeverwaltung und eine Immobilienfirma gewandt, sei aber schon aufgrund der Kürze der Zeit und mit Sicherheit auch ihrer psychischen Verfassung wegen im Ergebnis weder in der Lage, einen Grundsicherungsantrag auch nur abzugeben oder einen ernstzunehmenden Antrag auf Zuweisung einer Wohnung zu stellen. Gerade bei einem derart kurzen Aufenthalt müssten entsprechende Anhaltspunkte aber zwingend vorhanden sein, wobei vor allem auf das Vorhandensein einer Wohnung bzw. einer Arbeitsstellen sei. Solche Anhaltspunkte lägen aber gerade nicht vor. Andererseits habe sie zu diesem Zeitpunkt noch eine Wohnung in S. gehabt und der Lebensunterhalt für März 2007 sei auch noch von der Beklagten zu 1 sichergestellt worden.
Diese Betrachtung ex ante sei dadurch bestätigt worden, dass tatsächlich die LB nach ihrer Entlassung aus dem BKH zwar nicht etwa nach S., aber auch nicht nach O. zurückgekehrt sei, sondern ihren Wohnsitz mit Hilfe der Betreuer des BKH in K. genommen habe.
Der nur achttägige Aufenthalt in O. sei von vorneherein nicht geeignet gewesen, einen neuen gA der LB zu begründen. Dies gelte auch für den sechs Monate andauernden Aufenthalt im BKH.
Auch die weiteren Voraussetzungen des § 106 Abs. 3 Satz 1 SGB XII seien erfüllt.
Gegen das am 23.12.2008 zugestellte Urteil des SG vom 11. Dezember 2008 hat der Beklagte zu 1 am 20.01.2009 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Das unter dem Az.: L 8 SO 13/09 anhängige Berufungsverfahren wurde mit Beschluss vom 26.03.2009 zur Durchführung eines Mediationsverfahrens ruhend gestellt und nach dem Scheitern der Mediation unter dem Az.: L 8 SO 132/10 fortgesetzt. Auf den Antrag der Beklagten zu 1 hin, die Beklagten zu 2 und 3 in dem Berufungsverfahren beizuladen, hat der Senat angeregt, die ruhenden Verfahren S 15 SO 68/08 und S 15 SO 78/08 durch das SG entscheiden zu lassen.
In dem wiederaufgenommenen Verfahren S 15 SO 131/10 (ursprünglich S 15 SO 68/08) hat das SG mit Urteil vom 27.01.2011 die Klage gegen den Beklagten zu 3 (A.) abgewiesen.
In dem wiederaufgenommenen Verfahren S 15 SO 130/10 (ursprünglich S 15 SO 78/08) hat das SG mit Urteil vom 27.01.2011 die Klage gegen den Beklagten zu 2 (Bezirk Schwaben) abgewiesen.
Die Klägerin hat am 14.02.2011 Berufung gegen beide Urteile erhoben (Az: L 8 SO 18/11 und L 8 SO 17/11).
Der Senat hat mit Beschluss vom 07.04.2011 die Berufungsverfahren L 8 SO 132/10,
L 8 SO 17/11 und L 8 SO 18/11 unter dem Az. L 8 SO 132/10 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Die Klägerin und die Beklagten zu 2 und 3 gehen davon aus, dass die LB in der Zeit vom 04.03.2007 bis 11.03.2007 keinen gA in O. begründet hat, so dass der Beklagte zu 1 entsprechend dem Urteil des SG vom 11. Dezember 2008 zur Kostenerstattung an den Kläger nach § 106 Abs. 3 S.1 SGB XII verpflichtet sei. Die LB habe noch am 05.07.2007 Umzugskosten von S. nach K. bei der Beklagten zu 1 beantragt; diese habe auch noch deren Lebensunterhalt für März 2007 sichergestellt, so dass unverändert von einem gA in S. auszugehen sei.
Der Beklagte zu 1 hält das Urteil des SG für unzutreffend, weil die LB einen gA in O. begründet habe. Sie sei zielgerichtet nach O. gefahren, um dort einen neuen Lebensmittelpunkt zu begründen. Dieser Wille sei auch entsprechend kundgegeben worden. Mit der Abholung des Sozialhilfeantrages bei der Gemeinde O. sei eine mündliche Antragstellung erfolgt.
Die Beklagte zu 1. beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11. Dezember 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11. Dezember 2008 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass ihr 43.886,86 Euro erstattet werden,
hilfsweise
den Beklagten zu 3. unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 27.01.2011 zur Erstattung des oben genannten Betrags zu verurteilen
sowie hilfsweise
den Beklagten zu 2. unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 27.01.2011 zur Erstattung des oben genannten Betrags zu verurteilen.
Der Beklagte zu 2. beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.01.2011 zurückzuweisen.
Der Beklagte zu 3. beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.01.2011 zurückzuweisen.
Im Rahmen des gescheiterten Mediationsverfahrens hat die Klägerin ihren Erstattungsanspruch gegenüber allen drei Beklagten in Höhe von 43.547,37 EUR beziffert (Schreiben vom 11.06.2010) und dieses Schreiben im Berufungsverfahren vorgelegt. Im Termin vor dem erkennenden Senat am 21. Juni 2012 hat die Klägerin der Erstattungsanspruch mit 43.886,86 EUR beziffert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen zu allen genannten Verfahren sowie die beigezogenen Akten der Klägerin und der Beklagten zu 1 - 3 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs.1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthaften Berufungen der Klägerin und des Beklagten zu 1 sind form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 SGG). Es handelt sich um eine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, der den zulässigen Wert des Beschwerdegegenstands von 10000 EUR übersteigt.
Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Die Urteile des SG vom 11. Dezember 2008 und vom 27. Januar 2011 sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, denn der Klägerin steht in Höhe der Klageforderung ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte zu 1 zu.
1.
Die gemäß § 54 Abs. 5 SGG als sog. echte Leistungsklage (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 10. Auflage, § 54 Rn 41) zulässige Klage gegen die Beklagte zu 1 ist begründet. Das SG hat die Beklagte zu 1 zu Recht dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin die ab 11.10.2007 für A. O., geb. 1954, aufgewandten Sozialhilfekosten zu erstatten.
Im Zeitpunkt der Verurteilung der Beklagten zu 1 (Urteil des SG vom 11. Dezember 2008) war eine Bezifferung des Klageanspruches noch nicht möglich, weil der Zweijahreszeitraum aus § 106 Abs. 3 S. 3 SGB XII (Erstattungspflicht endet spätestens nach Ablauf von 2 Jahren nach Verlassen der Einrichtung; hier 11.10.2007) noch nicht abgelaufen war. Das SG konnte daher nach seinem Ermessen ein Grundurteil nach § 131 Abs. 1 S. 1 SGG erlassen, weil streitgegenständlich eine Leistung in Geld begehrt wurde, auf die ein Rechtsanspruch bestand. Ein Grundurteil muss nicht ausdrücklich als solches bezeichnet werden, ggfs. ist durch Auslegung zu ermitteln, ob es sich um ein solches handelt (Meyer-Ladewig a.a.O. § 130 Rn. 3 b). Das SG hat in der Beschreibung des Streitgegenstandes in den Entscheidungsgründen und am Ende der Urteilsgründe festgestellt, dass der Erstattungsanspruch dem Grunde nach in vollem Umfang begründet sei und damit ein Grundurteil erlassen.
Allerdings erledigt ein Grundurteil auf eine reine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) den Rechtstreit nicht abschließend (stRspr; zB BSG 30.05.2006, B 1 KR 17/05 R, SozR 4-3100 § 18c Nr. 2), sondern ist ein Zwischenurteil. Rechtsgrundlage ist § 202 SGG iVm § 304 Abs 2 ZPO. Beim Endurteil ist das Gericht an das Zwischenurteil gebunden (§ 202 SGG iVm § 318 ZPO). Der Rechtsstreit bleibt bei dem erkennenden Gericht bis zur Durchführung des Nachverfahrens über die Höhe der Leistung anhängig (BSGE 74, 36, 44). Wenn sich die Beteiligten über die Höhe einigen, zeigen sie dem Gericht die Erledigung der Hauptsache an (Meyer-Ladewig a.a.O: § 130 Rn. 4e).
Zur vollständigen Erledigung des Rechtsstreits ist daher eine Klarstellung des erstinstanzlichen Urteils vom 11. Dezember 2008 mit einer Bezifferung der Erstattungsforderung notwendig. Nachdem im Berufungsverfahren die Klageanträge beziffert wurden, konnte der Senat auch eine bezifferte Forderung im Rahmen der allgemeinen Leistungsklage zusprechen, weil der Erstattungszeitraum zwischenzeitlich vollständig abgelaufen ist. Insoweit handelt es sich um eine zulässige und sachdienliche Klageänderung nach § 99 Abs. 1, 2. Alt. SGG, die auch im Berufungsverfahren möglich ist (vgl. Meyer-Ladewig a.a.O. § 99 Rn. 12).
2.
Die Stadt S. ist seit 01.01.2011 richtige Beklagte i. S: § 70 Nr. 1 SGG, da mit Inkrafttreten des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 26.01.2010 (GVBl NRW 30, juris: JustizG NW) die Beteiligtenfähigkeit von Behörden (Oberbürgermeister der Stadt S. gemäß § 70 Nr. 3 SGG) entfallen ist (vgl. auch BSG Urteil vom 14.04.2011, Az.: B 8 SO 19/09 R).
3.
Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zu 1 ist § 106 Abs. 3 SGB XII, der die sozialhilferechtliche Kostenerstattung für den Fall des Anschlusses an einen Aufenthalt in einer (stationären) Einrichtung regelt. Die sozialhilferechtlichen Kostenerstattungsregeln des SGB XII gehen als speziellere Normen denen des SGB X vor (§ 37 Satz 1 SGB I, vgl. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII Kommentar, 18. Auflage, § 106 Rn. 5). § 106 SGB XII enthält einen internen Sonderlastenausgleich der Sozialhilfeträger untereinander und dient dem besonderen Schutz der Orte mit stationären Einrichtungen vor ungerechtfertigten Belastungen mit Sozialhilfeaufwendungen ("Schutz des Einrichtungsortes").
§ 106 Abs.3 SGB XII lautet:
"Verlässt in den Fällen des § 98 Abs. 2 die leistungsberechtigte Person die Einrichtung und erhält sie im Bereich des örtlichen Trägers, in dem die Einrichtung liegt, innerhalb von einem Monat danach Leistungen der Sozialhilfe, sind dem örtlichen Träger der Sozialhilfe die aufgewendeten Kosten von dem Träger der Sozialhilfe zu erstatten, in dessen Bereich die leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 98 Abs. 2 Satz 1 hatte. Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend. Die Erstattungspflicht wird nicht durch einen Aufenthalt außerhalb dieses Bereichs oder in einer Einrichtung im Sinne des § 98 Abs. 2 Satz 1 unterbrochen, wenn dieser zwei Monate nicht übersteigt; sie endet, wenn für einen zusammenhängenden Zeitraum von zwei Monaten Leistungen nicht zu erbringen waren, spätestens nach Ablauf von zwei Jahren seit dem Verlassen der Einrichtung."
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 liegen hier vor.
4.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert, denn sie hat im Zeitraum vom 11.10.2007 bis 30.09.2009 für die LB Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII erbracht. Anders als beim Erstattungsbegehren nach § 106 Abs. 1 SGB XII setzt der Erstattungsanspruch nach § 106 Abs. 3 S. 1 SGB XII nicht voraus, dass die gewährten Leistungen gegenüber dem LB iS von § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII vorläufig erbracht wurden. Hier hat die Klägerin mit Bescheid vom 28.09.2007 der LB ab 01.10.2007 Grundsicherungsleistungen nach §§ 41 ff SGB XII als nach § 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII örtlich zuständiger Sozialhilfeträger bewilligt, weil die LB ab 11.10.2007 ihren gewöhnlichen Aufenthalt und Wohnsitz mit dem Einzug in die Mietwohnung in K. begründete.
Die LB befand sich in der Zeit vom 11.03.2007 bis 11.10.2007 in stationärer Behandlung im BKH K. und erhielt somit innerhalb eines Monats seit der Krankenhausentlassung Leistungen der Sozialhilfe vom örtlichen (§ 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII) Träger der Sozialhilfe (Klägerin).
5.
Die Beklagte zu 1 ist passivlegitimiert. Sie ist Trägerin der Sozialhilfe, in deren Bereich die leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII hatte.
Abweichend von der grundsätzlichen Zuständigkeitsnorm in § 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII, die die örtliche Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers bei den hier einschlägigen Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung am gewöhnlichen Aufenthaltsort des LB begründet, sieht § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII für die Gewährung von stationären Leistungen zum Schutz der Einrichtungssorte eine besondere örtliche Zuständigkeit vor: Danach ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich der LB seinen gewöhnlichen Aufenthalt (gA) im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung hat oder in den letzten zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatte. Für den Regelfall ist an diese örtliche Zuständigkeit die endgültige Kostentragung im Leistungsfall geknüpft.
Dies bedeutet, dass der tatsächliche Aufenthalt der LB in der Stadt O. in der Zeit vom 04.03.2007 bis 11.03.2007 vor ihrer Aufnahme in das BKH K. zur stationären Behandlung nur dann zur örtlichen Zuständigkeit der Beklagten zu 3 (als örtlicher Sozialhilfeträger nach § 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII - und damit zu einem Kostenersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 3 nach § 106 Abs. 3 S. 1 SGB XII ) geführt hätte, wenn die LB dort einen gA begründet hätte. Dies ist zur Überzeugung des Senats nach § 128 Abs. 1 SGG jedoch nicht der Fall. Daher ist maßgeblich zur Bestimmung des zuständigen Sozialhilfeträgers der gA der LB in den letzten zwei Monaten vor der Aufnahme ins Krankenhaus.
Zutreffend hat das SG festgestellt, dass die LB jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt ihrer Abreise aus S. am 04.03.2007 ihren gA dort hatte, so dass dieser gA für die Begründung des Erstattungsanspruches nach § 106 Abs. 3 S. 1 SGB XII i.V.m. § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII ausreicht, weil ein gA innerhalb der letzten zwei Monate vor der Aufnahme in das BKH K. vorlag. Unerheblich ist für den Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1, ob dieser gA mit dem Verlassen der Stadt S. am 04.03.2007 aufgegeben wurde, weil der Senat in Übereinstimmung mit dem SG zu der rechtlichen Wertung gelangt, dass die LB jedenfalls in der Zeit vom 04.03.2007 bis 11.03.2007 keinen neuen gA in O. begründet hat.
6.
Die LB hat in der Zeit vom 04.03.2007 bis zu ihrer notfallmäßigen Aufnahme am Abend des 11.03.2007 in das BKH K. keinen gA in O. begründet. Der zwischenzeitliche, achttägige Aufenthalt der LB in O. hat nicht zur Begründung eines neuen gA geführt.
Der Begriff des gA ist in § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I legal definiert. Danach hat den gA jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Zwar betrifft die vorgenannte Definition unmittelbar lediglich die Regelung des § 30 Abs. 1 SGB I über den räumlichen Geltungsbereich der Vorschriften des Sozialgesetzbuches (Territorialprinzip). Mangels einer eigenständigen sozialhilferechtlichen Definition ist aber ergänzend auf § 30 Abs. 3 SGB I zurückzugreifen (Hohm a.a.O: § 98 Rn. 51, Schlette in Hauck/Noftz SGB XII , § 98 Rn. 42; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf SGB XII Kommentar, 3. Auflage, § 98 Rn. 22, Schoch in LPK SGB XII, 9. Auflage § 98 Rn. 18; so bereits das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) für das BSHG im Urteil vom 18. März 1999, Az.: 5 C 11.98, RN 14, juris; ebenso: BSG, Urteil vom 24. März 2009, Az.: B 8/9b SO 17/07 R, Rn. 18, juris).
Ausgangspunkt für die Feststellung eines gA ist zunächst der tatsächliche Aufenthalt im Zeitpunkt des Eintritts des sozialhilferechtlichen Bedarfs. Dazu hat das BVerwG (a.a.O., Rn 15) ausgeführt, dass zur Begründung eines gA ein dauerhafter oder längerer Aufenthalt nicht erforderlich sei; es genüge vielmehr, dass der Betreffende sich an einem Ort oder in dem Gebiet "bis auf weiteres" im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhalte und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen habe. Für einen letztlich zukunftsoffenen Verbleib (vgl. Hohm a.a.O., § 98 Rn. 46) ist einerseits der Wille des Betroffenen beachtlich, wobei es nicht auf den rechtlichen Willen, sondern auf den tatsächlich zum Ausdruck kommenden Willen ankommt. Andererseits muss sich ein festgestellter Wille in den tatsächlichen Verhältnissen des Aufenthalts objektiv niederschlagen. Entscheidend sind insoweit die näheren Umstände der Unterkunft und des Aufenthalts sowie die Qualität und Quantität der am Aufenthaltsort entstandenen persönlichen Bindungen. Dabei kommt es auf das Vorhandensein einer Wohnung oder des Wohnsitzes in melderechtlicher Hinsicht nicht entscheidend an.
Für die Begründung eines gA muss es sich um einen Aufenthalt von voraussichtlich einer gewissen Dauer handeln. Es muss die Absicht bestehen, an diesem Ort nicht nur vorübergehend zu bleiben, auch wenn später unvorhergesehene Umstände die Aufgabe des Aufenthalts in kürzerer Zeit erfordern (Hohm, a.a.O., Rn. 47). Daher kann auch ein (erst) kurzer tatsächlicher Aufenthalt an einem Ort zur Begründung eines gA führen. Jedoch wird durch einen Aufenthalt, der nur wenige Stunden oder Tage dauert, ein gA dann nicht begründet, wenn er wegen der Art des Zwecks nur zu einer flüchtigen Begegnung mit dem Ort führt und ein Wille für nur eine befristete Verweildauer erkennbar ist.
Ob ein Aufenthalt an einem Ort zu einem gA geführt hat, ist im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise zu entscheiden, wobei alle für die Beurteilung der zukünftigen Entwicklung bei Beginn eines streitigen Zeitraums erkennbare Umstände zu berücksichtigen sind (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 1988, Az.: 8/5a RKn 11/87, BSGE 63, 93; ebenso BVerwG, Urteil vom 18. März 1999, a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 2003, Az.: 5 B 211/02, Rn. 7, juris). Das BVerwG hat im Fall eines Aufenthalts zwischen zwei stationären Unterbringungen ausgeführt, auch in dieser Situation sei die Begründung eines neuen gA nicht generell ausgeschlossen, selbst wenn der Aspekt "bis auf weiteres" nicht realisiert werden könne. Es komme auf die Umstände des Einzelfalls an.
Das BSG hat aus § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I ein Drei-Stufen-Schema entwickelt; es prüft den Aufenthalt, die Umstände des Aufenthalts und nimmt eine Würdigung der Umstände vor, wobei es insbesondere ermittelt, ob der Betroffene am Aufenthaltsort oder im Aufenthaltsgebiet nicht nur vorübergehend verweilt (BSGE 62, 67 = SozR 7833 § 1 Nr. 1; Schellhorn a.a.O: § 98 Rn. 51, so auch Hessisches Landessozialgericht Urteil vom 26.08.2011, Az.: L 7 SO 208/10). Das BSG setzt "nicht nur vorübergehend" mit "dauernd" gleich; ein vorübergehendes Verweilen lasse sich somit nur ausschließen, wenn ein Ende des Aufenthalts aus der Sicht der in Frage kommenden Bezugszeit nicht zu erwarten sei (Seewald in: KassKomm., § 30 SGB I Rn. 19 ff.).
(1) Aufenthalt
Zur Überzeugung des Senats hat sich die LB in der Zeit vom 04.03.2007 bis 11.03.2007 in O. tatsächlich aufgehalten. Dies ergibt sich aus ihren eigenen Angaben, den Übernachtungsbelegen der Pension G. in O. (Übernachtung vom 04.03. auf den 05.03.2007), aus den Angaben der Immobilienfirma H. und G. in O. sowie aus dem Übernachtungsbeleg der Jugendherberge O. (abgerechnet wurden Übernachtungen bis 05.03. - 13.03.2007) sowie aus der Aufnahmeanzeige des BKH K. zum 11.03.2007.
(2). Umstände des Aufenthalts
Die Umstände des Aufenthaltes der LB ergeben sich insbesondere aus den Ermittlungsergebnissen der Klägerin und der Beklagten zu 1 sowie aus den ergänzenden Ermittlungen der Beklagten zu 2 und 3.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die LB noch am 02.03.2007 in S. bei der Beklagten die Grundsicherungsleistungen für März 2007 in Höhe von 312 EUR durch einen Kurier abholen ließ und am 04.03.2007 mit dem Zug nach O. fuhr. Dabei ließ sie ihren Hausrat in der Mietwohnung in S. zurück und reiste nur mit Handgepäck unter Mitnahme ihres Fahrrades. Dies ergibt sich aus den Auskünften der Inhaberin des Landgasthofes G. vom 18.04.2008, wo die LB vom 04.03. auf den 05.03.2007 übernachtete. Bemerkenswert ist, dass die LB auch ihren Zuzug von H. nach S. im Sommer 2005 auf diese Art bewerkstelligte, weil sie dort mittel- und wohnungslos bei der Beklagten am 02.06.2005 Grundsicherungsleistungen beantragte.
Den Wunsch, O. als Wohnort und Aufenthaltsort anzusehen, hatte die LB erstmals in ihrem Schreiben vom 08.02.2007 an das Sozialgericht Dortmund bekundet. Zuvor hatte sie seit Herbst 2006 Anträge an die Beklagte zu 1 gerichtet, in denen sie um Übernahme von Umzugskosten bat, ohne einen konkreten neuen Wohnsitz zu benennen; sie habe den Wunsch, in eine ländliche Gegend zu ziehen (Leistungsantrag an die Beklagte zu 1 vom 03.09.2006). Ihre Wohnung in S. und ihr Girokonto hatte sie ohne Wissen ihrer Betreuerin zum 31.10.2006 gekündigt, blieb aber weiter dort wohnen. Nach ihren eigenen Angaben gegenüber der Beklagten zu 1 wollte die LB solange in der Wohnung in S. bleiben, bis ihr das SG die Umzugskosten zusprechen würde. Die Betreuerin der LB teilte dem AG S. mit Schreiben vom 10.01.2007 mit, dass die LB durch ihre Erkrankung nicht in der Lage sei, sinnvolle Entscheidungen bezüglich ihrer Wohnsituation zu treffen. Die Betreuerin habe bereits am 04.09.2006 den Antrag auf Genehmigung der geschlossenen Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB gestellt, weil die Situation eskaliert sei und die LB sich jeglichen Kontaktversuchen verweigert habe.
Während ihres tatsächlichen Aufenthaltes in O. holte die LB einen Grundsicherungsantrag beim örtlichen Sozialhilfeträger ab und füllte diesen am 06.03.2007 aus, ohne ihn bei der zuständigen Behörde abzugeben. Nach telefonischer Auskunft der Gemeinde O. vom 29.06.2007 war auf dem LA kein Eingangsdatum vermerkt. Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2 ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die LB einen mündlichen Leistungsantrag bei der Gemeinde O. gestellt hat, weil sich keinerlei Vorgänge in der dortigen Verwaltung befinden und auch nicht auszuschließen ist, dass die hochgradig psychisch kranke LB tatsächlich nur ein Antragsformular abgeholt hat, ohne ihren Hilfebedarf behördenkundig zu machen. Nachdem das Auftreten der LB in allen anderen von ihr angesteuerten Stellen in O. eine Erinnerung hinterlassen hat, spricht das Fehlen einer solchen Erinnerung in der Gemeindeverwaltung O. gegen die Annahme, dass die LB einen mündlichen Sozialhilfeantrag gestellt hat. Zudem hätte das mündliche Beantragen der Sozialhilfe allenfalls Indizwirkung für den gA.
In dem handschriftlich ausgefüllten Antrag gab die LB als letzten Wohnsitz die Wohnanschrift in S. an, vermerkte aber, dass sie beabsichtige, weiterhin O. als ihren Wohn- und Aufenthaltsort anzusehen und dass sie ein Vermietungsbüro eingeschaltet habe. Nach telefonischer Auskunft der Immobilienfirma H. und G. in O. vom 17.04.2007 bat eine "merkwürdige Frau" im Frühjahr 2007 um die Vermittlung einer Wohnung in O. und gab an, dass die Kosten vom bezahlt werden würden. Der Senat geht bei lebensnaher Betrachtung davon aus, dass es sich hierbei um die LB handelte.
Die LB übernachtete in der Zeit vom 05.03.2007 bis 11.03.2007 in der Jugendherberge O. und gab auch dort an, dass sie in O. bleiben wolle (Telefonvermerk vom 22.10.2007 Akte A.). Die Wohnanschrift der LB in S. ist auf der Rechnung der Jugendherberge O. vom 12.03.2007 angegeben. Am 05.03.2007 wirkte die LB in der Jugendherberge die LB unauffällig, aber geistig sehr abwesend. Am 11.03.2007 besorgte sie sich gleich nach dem Frühstück Alkohol und wirkte abends stark suizidgefährdet, so dass ein Mitarbeiter der Jugendherberge, der auch im Rettungsdienst tätig ist, den Rettungsdienst verständigte.
Der Behandlung im BKH K. stimmte die LB zunächst zu, das BKH K. beantragte jedoch am 12.07.2007 die Unterbringung und Medikation auch gegen den Willen der LB beim Amtsgericht S., weil der LB die Krankheitseinsicht fehlte.
Dr. K., BKH K. und Landesarzt für seelisch und geistige Behinderte im Bezirk Schwaben, bestätigte am 31.08.2007, dass die LB an einer schweren psychischen Erkrankung leide, wegen der sie seit 11.03.2007 stationär behandelt werde. Psychiatrischerseits sei danach festzustellen, dass die LB zur Zeit des Ortswechsels nicht in der Lage gewesen sei, eine für ihr Wohl richtige Entscheidung zu treffen. Aus dem im Rahmen des Betreuungsverfahrens eingeholten psychiatrischen Gutachten von Dr. G., BKH K. vom 23.04.2007 ergibt sich, dass die LB an einer anhaltenden schizotypen Störung mit deutlicher Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten litt und wegen der seelischen Behinderung als geschäftsunfähig nach § 104 Nr. 2 BGB eingestuft wurde. Sie sei nicht in der Lage, ihren Willen unbeeinflusst von der Erkrankung zu bestimmen und nach diesem zu handeln. Empfohlen wurde die Betreuung u.a. auch für Wohnungsangelegenheiten, weil die LB nicht in der Lage sei, diese Aufgaben zu bewältigen. Anlässlich der Begutachtung erklärte die LB, dass sie geplant habe, sich in O. niederzulassen, sie fühle sich dort vogelfrei, könne sich frei bewegen und die Luft sei rein und vor allem sei sie Gott näher. Sie habe sich entschlossen, nach O. zu ziehen und dort ein neues Leben zu beginnen. Nach S. sei sie umgezogen, weil sie gehofft habe, erneuten Kontakt zur Familie herzustellen, was ihr aber nicht gelungen sei.
Auch gegenüber ihrer S. Betreuerin äußerte die LB telefonisch, dass sie sich in O. Gott näher fühle und deswegen dort bleiben wolle.
(3) Würdigung
Im vorliegenden Fall spricht die Gesamtschau aller Einzelumstände gegen die Begründung eines gA der LB in O. in der Zeit vom 04.03. - 11.03.2007.
Entscheidend sind insoweit die näheren Umstände der Unterkunft und des Aufenthalts sowie die Qualität und Quantität der am Aufenthaltsort entstandenen persönlichen Bindungen, wobei auf die subjektiven und die objektiven Merkmale abzustellen ist.
Als subjektives Merkmal spricht der von der LB geäußerte Wille, O. zum Mittelpunkt der Lebensverhältnisse zu machen (Äußerungen anlässlich der Gutachtenerstellung "Gott näher sein wollen", gegenüber der Betreuerin, der Inhaberin der Pension; gegenüber dem Mitarbeiter der Jugendherberge; Angaben in SH Antrag vom 06.03.2007, Absicht im Schreiben an SG Dortmund 08.02.2007) für einen gA in O ... Als objektive Merkmale sprechen für den gA in O. die Anreise nach O. mit Handgepäck und Fahrrad (- wie bei Zuzug aus H. nach S.), die Vorsprache bei einer privaten Wohnungsvermittlung, das vorherige Abholenlassen der Grundsicherung mit Barscheck am 02.03.2007 in S., das Ausfüllen des Sozialhilfeantrages und das Fehlen von persönlichen Bindungen in S. (vgl. Angaben im GA vom 23.04.2007).
Gegen die Begründung eines gA in O. sprechen auf subjektiver Seite die Geschäftsunfähigkeit nach § 104 Nr. 2 BGB der LB, die Tatsache, dass sie am 11.03.2007 suizidal und nicht in der Lage war, einen Willen zu bilden und nach diesem zu handeln (GA 23.04.2007), die Tatsache, dass sie nach der Stellungnahme von Dr. K. vom 31.08.2007 zum Zeitpunkt des Ortswechsels nicht in der Lage war, eine für ihr Wohl richtige Entscheidung zu treffen und der Umstand, dass ihre massive psychische Erkrankung zu einem monatelangen Krankenhausaufenthalt in BKH K. (11.03. - 11.10.2007) führte, wo sie auch gegen ihren Willen behandelt und medikamentiert wurde.
Als objektive Kriterien sprechen gegen eine gA in O. die Tatsachen, dass Wohnung in S. noch nicht geräumt war (erst im Juli 2007, wird als Rechnungsanschrift in JH angeben) und am 05.07.2007 von der LB ein Antrag auf Umzugshilfe für den Umzug von S. nach K. gestellt wurde. Weiterhin hatte die jahrelang von Sozialhilfe lebende LB den Antrag auf Sozialhilfe vom 06.03.2007 nicht in O. abgegeben, obwohl ihr bewusst sein musste, dass ein Leistungsantrag Anspruchsvoraussetzung für die Grundsicherungsleistungen ist. Die LB hatte keinerlei persönlichen Bindungen und keine "Anlaufstelle" in O. und hielt sich nur 8 Tage dort auf. Ihr bisheriger Lebenszuschnitt in H. und S. sowie nach der Krankenhausentlassung in K. war vom lnnehaben eines Wohnsitzes und der Anmietung einer dauerhaften Wohnung geprägt. Demgegenüber wechselte die LB innerhalb des nur 8 tägigen tatsächlichen Aufenthaltes 3 mal die Unterbringung (Pension, Jugendherberge, BKH).
Zur Überzeugung des Senats hatte die LB zwar den Willen, den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen mit O. bis auf weiteres zu verknüpfen (subjektives Element). Allerdings war sie behinderungsbedingt nicht fähig, einen Willen zu bilden, der nicht durch ihre massive seelische Behinderung überlagert war. Dies ergibt sich eindeutig aus dem psychiatrischen Gutachten vom 23.04.2007, wonach die LB geschäftsunfähig nach § 104 Nr. 2 BGB war. Danach befand sich die LB in einem nicht nur vorübergehenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit, der die freie Willensbestimmung ausschloss. Willenserklärungen eines Geschäftsunfähigen sind nach § 105 Abs. 1 BGB nichtig.
Auch wenn es sich bei dem subjektiven Element zur Begründung des gA um einen tatsächlichen Willen und nicht um eine rechtlichen Willen handelt (Schellhorn aaO. § 98 Rn. 49) und in Übereinstimmung mit dem Erstgericht davon auszugehen ist, dass auch ein psychisch Kranker einen Willen zur Begründung eines gA haben kann, überlagert hier die massive seelische Behinderung den von der LB geäußerten Willen. Die LB litt unter Wahninhalten religiöser Art und Beeinflussungsideen, die sie zu einer flüchtigen Begegnung mit O. führten, ohne dass sich ihr Aufenthalt verfestigte und sie dort einen gA begründete. Infolge der seelischen Behinderung, die seit Herbst 2006 zu zunehmenden wahnhaften Beeinträchtigungen führte, war die LB nicht mehr in der Lage, Handlungen durchzuführen, die zu einer Verfestigung des Lebensmittelpunktes führen konnten. Zu den hierzu erforderlichen rechtsgeschäftlichen Handlungen war die LB infolge der bestehenden Geschäftsunfähigkeit ohnehin nicht in der Lage.
Weder die einmalige Übernachtung in der Pension G. noch die sechs Übernachtungen in der Jugendherberge erfüllen das Merkmal eines zukunftsoffenen Verbleibs "bis auf weiteres".
Insgesamt spricht der Gesundheitszustand der LB als objektive Gegebenheit gegen eine (realisierbare) Absicht des längeren Verweilens in O. (vgl. auch LSG Sachsen Anhalt Urteil vom 21.12.2010, Az.: L 8 SO 8/08 bei einem psychisch kranken Rechtsanwalt, der sich einer weiteren Therapie entzieht). Aus den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen (Dr. K., Dr. G.) ergibt sich, dass die LB im Zeitpunkt des Ortswechsels weder zu einer eigenständigen Lebensführung noch zu einer Entscheidung über ihren Wohnort in der Lage war. Wegen der seit Herbst 2006 eskalierenden Situation hatte die Betreuerin der LB bereits am 04.09.2006 beim Amtsgericht S. die Unterbringung der LB beantragt. Der im Vergleich zu den früher dokumentierten stationären Aufenthalten der LB in psychiatrischen Krankenhäusern (zuletzt in S. in der Zeit vom 08.11.2005 bis 20.12.2005 und vom 18.01.2006 bis 08.02.2006) sehr lange Aufenthalt der LB im BKH K. (11.03.2007 bis 11.10.2007) war deren massiver psychischer Entgleisung geschuldet.
Selbst wenn die LB in krankhaften Wahn aus ihrer Sicht ihre Zelte in S. endgültig abgebrochen hätte (was angesichts ihres eigenen Antrages auf Umzugskosten von S. nach K. vom 05.07.2007 widersprüchlich ist) und durch den Wechsel nach O. eine neue Lebensphase beginnen wollte, ist es nicht zu einem Zuzug iS der Begründung des neuen gA gekommen.
Letztlich war die LB infolge der massiven seelischen akuten Erkrankung auch nicht in der Lage, den Mittelpunkt ihrer Lebensverhältnisse nach O. zu verlegen. Weder stand eine dauerhafte Unterkunft fest noch war der Lebensunterhalt (Sozialhilfeantrag war nicht gestellt) gesichert. Persönliche Bindungen oder Anlaufstellen fehlten in O. vollständig. Dieser Umstand macht deutlich, dass der LB durch ihren achttägigen Aufenthalt in O. nicht gelingen konnte, einen Grad einer Aufenthaltsverfestigung zu erreichen, der die Feststellung des (beabsichtigten) Mittelpunkts ihrer Lebensbeziehungen ermöglichte.
Aus dem Gesundheitszustand der LB ergeben sich nachhaltige Hinderungsgründe an der Begründung eines gA in O ... Der im Vergleich zu früheren Krankenhausaufenthalten der LB sehr lange Krankenhausaufenthalt der LB im BKH K. legt den Schluss nahe, dass sich die LB z.Z. des Ortswechsels in einer massiven psychischen Krise befand, was durch die in den Verwaltungsakten der Beklagten zu 1 dokumentierte eskalierende Situation seit Herbst 2006 bestätigt wird. Auch die Situation im Rahmen des Betreuungsverfahrens bestätigt dies. Die LB stand zunächst in S. unter Betreuung ohne Einwilligungsvorbehalt, ohne dass der Betreuerin die Wohnungsangelegenheiten übertragen waren. Erst nachdem die LB stationär im BKH K. aufgenommen wurde, wurden die Wohnungsangelegenheiten in den Aufgabenkreis der Betreuerin aufgenommen und ein Einwilligungsvorbehalt bzw. die Geschäftsunfähigkeit der LB festgestellt. Der Schriftverkehr der damaligen Betreuerin in S. mit dem Amtsgericht S. seit Herbst 2006 bestätigt jedoch, dass die Situation schon im Herbst eskaliert war, als die LB zunehmend aggressiver wurde und ein normaler Kontakt mit ihr nicht mehr möglich war (Strafanzeigen, Hausverbote, zahlreiche Verfahren beim SG mit z.T. wirren Inhalten). Gerade die Tatsache, dass die LB im April 2007 im psychiatrischen Gutachten als geschäftsunfähig nach § 104 Nr. 2 BGB eingestuft wurde, spricht deutlich dafür, dass sie schon im März 2007 nicht mehr steuerungsfähig war.
Unter Würdigung der Umstände dieses Einzelfalles konnte die LB keinen neuen Lebensmittelpunkt in der Zeit vom 04.03.2007 bis 11.03.2007 objektiv begründen.
Es ist daher auf den letzten gA innerhalb von 2 Monaten vor der Aufnahme in das BKH K. abzustellen, so dass nach § 106 Abs. 3 S.1 i.V.m. § 98 Abs. 2 SGB XII ein Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 für die Leistungen nach Entlassung aus dem BKH bis zum Ablauf von 2 Jahren besteht.
7.
Hinsichtlich der Höhe des im Termin vom 21. Juni 2012 auf 43.886,86 EUR bezifferten Erstattungsanspruches, der am 16.10.2007 (und damit innerhalb der ergänzend anzuwendenden Ausschlussfrist des § 111 SGB X) von der Klägerin bei der Beklagten zu 1 angemeldet wurde, ist nach § 110 Abs. 1 SGB XII auf die am Aufenthaltsort der LB zur Zeit der Leistungserbringung bestehenden Grundsätze abzustellen. Anwendungsprobleme ergeben sich hieraus nicht, weil die Klägerin der LB ab 11.10.2007 die Grundsicherungsleistungen nach §§ 41 ff SGB XII im gesetzlichen Umfang bewilligt hat.
Die Bagatellgrenze nach § 110 Abs. 2 SGB XII von 2.560 EUR ist überschritten.
Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung durch die Klägerin (als Tatbestandsmerkmal, vgl. Klinge in Hauck/Noftz § 106 Rn. 24, bestehen nicht
8.
Über die hilfsweise gestellten Anträge der Klägerin auf Aufhebung der Urteile des SG vom 27. Januar 2011 und Verurteilung der Beklagten zu 3 (A.) oder zu
2 (Bezirk Schwaben) zur Erstattung von 43886,86 EUR braucht der Senat nicht zu entscheiden, weil der Hauptantrag gegen den Beklagten zu 1 begründet ist und damit keine Entscheidung über den Hilfsantrag zu ergehen hat (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG Kommentar, 10. Auflage § 56 Rn. 4).
9.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1, 3 SGG in Verbindung mit §§ 154
Abs. 2, 161 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Berufung der Beklagten zu 1 gegen das Urteil des SG vom 11. Dezember 2008 blieb im Ergebnis ohne Erfolg, so dass ihr die Kosten des Rechtsmittels zur Last fallen.
10.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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FSB
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