Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AS 308/11 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 425/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Beim Wegfall der gesamten existenzsichernden Leistungen, der nicht durch Schonvermögen oder Hilfen Dritter aufgefangen wird, ist im einstweiligen Rechtsschutz der Prüfungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts anwendbar. Wenn nach dem Maßstab des § 86b Abs. 2 SGG der Eilantrag abzulehnen wäre, ist eine abschließende (nicht nur summarische) Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache vorzunehmen oder, sofern diese nicht möglich ist, eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen.
2. Eine Ersatzzustellung durch Niederlegung nach § 181 ZPO ist auch dann wirksam, wenn die Behörde auf der Zustellungsurkunde vorgab, dass Ersatzzustellungen ausgeschlossen sind. Diese Vorgabe ist nur ein interner Vermerk.
3. Eine Rechtsbehelfsbelehrung in einem Bescheid muss sowohl auf die schriftliche Form des Widerspruchs als auch auf die Möglichkeit zur Niederschrift bei der Behörde hinweisen. Wenn nur auf die schiftliche Form hingewiesen wird, gilt die Jahresfrist nach § 66 SGG.
2. Eine Ersatzzustellung durch Niederlegung nach § 181 ZPO ist auch dann wirksam, wenn die Behörde auf der Zustellungsurkunde vorgab, dass Ersatzzustellungen ausgeschlossen sind. Diese Vorgabe ist nur ein interner Vermerk.
3. Eine Rechtsbehelfsbelehrung in einem Bescheid muss sowohl auf die schriftliche Form des Widerspruchs als auch auf die Möglichkeit zur Niederschrift bei der Behörde hinweisen. Wenn nur auf die schiftliche Form hingewiesen wird, gilt die Jahresfrist nach § 66 SGG.
I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 11. Mai 2011 abgeändert und der Antragsgegner vorläufig verpflichtet, den Antragstellern für die Zeit von 1. Juni 2011 bis 30. August 2011 monatlich 800,- Euro an Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erbringen. Bei einer Absenkung kann die Leistung entsprechend vermindert werden. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt nach SGB II ab März 2011 nach einer Versagung wegen mangelnder Mitwirkung.
Die beiden Antragsteller - Vater (geboren 1974) und Tochter (geboren im April 2005) - bewohnen zusammen eine Wohnung. Sie beziehen seit geraumer Zeit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II vom Antragsgegner. Sie führten eine Vielzahl von Widerspruchsverfahren, Klagen, Berufungen und Eilverfahren gegen den Antragsgegner. Zuletzt wurden den Antragstellern mit Bescheid vom 01.09.2010 Leistungen für den Zeitraum von September 2010 bis einschließlich Februar 2011 in Höhe von zuletzt 915,50 Euro monatlich bewilligt. Als Bedarf für die Unterkunft wurden 529,50 Euro anerkannt.
Dem Antragsgegner wurde aufgrund eigener Ermittlungen (Kontoabrufverfahren nach § 93 AO) bekannt, dass der Antragsteller seit mehreren Jahren über je ein Konto bei der D. Bank und der S. Bank verfügt, die er dem Antragsgegner nicht mitgeteilt hatte. Mit Schreiben vom 05.11.2011 wurde er aufgefordert, hierzu Kontoauszüge für die Zeit ab 01.07.2006 vorzulegen. In seiner Stellungnahme kam der Antragsteller dieser Aufforderung nicht nach. Mit Bescheid vom 28.11.2010 entzog der Antragsgegner die bewilligten Leistungen gemäß § 66 SGB I ab 01.01.2011 in vollem Umfang. Das anschließende Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes blieb erfolglos (Beschluss des BayLSG vom 11.04.2011, L 7 AS 214/11 B ER).
Am 28.02.2011 beantragte der Antragsteller die Weitergewährung von Leistungen ab dem 01.03.2011. Dabei legte er auch Kontoauszüge des laufenden Girokontos vor. Mit Schreiben vom 02.03.2011 wurde er erneut aufgefordert, Kontoauszüge zu den beiden vorgenannten Konten vorzulegen, eine Klarstellung zu vom Antragsteller angesprochenen "Schweizer Konten" abzugeben und im September 2010 übersandte Formulare mit Bezug zu einer amtsärztlichen Untersuchung der Erwerbsfähigkeit zurück zu senden. Hierfür wurde unter Hinweis auf eine mögliche Leistungsversagung eine Frist bis 18.03.2011 gesetzt. Dieser Aufforderung kam der Antragsteller nicht nach. Mit Bescheid vom 24.03.2011 (Seite 2113 Verwaltungsakte) versagte der Antragsgegner die bewilligten Leistungen gemäß § 66 SGB I ab 01.03.2011 in vollem Umfang. Der Bescheid enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung wonach der Widerspruch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids schriftlich beim Antragsgegner einzulegen sei. Er wurde mit Postzustellungsurkunde durch Niederlegung beim Postunternehmen und Mitteilung über die Niederlegung am 26.03.2011 zugestellt (Seite 2153 Verwaltungsakte). Ein Widerspruch wurde bislang nicht eingelegt.
Am 28.03.2011 stellte der Antragsteller beim Sozialgericht Regensburg einen Antrag auf einstweilige Anordnung. Mit Beschluss vom 11.05.2011 lehnte das Sozialgericht den Antrag ab. Der Versagungsbescheid sei bestandskräftig geworden, weil nicht innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist Widerspruch erhoben worden sei. Der Antrag im vorläufigen Rechtsschutzverfahren könne einen Widerspruch nicht ersetzen. Dem Antragsteller werde nahe gelegt, die angeforderten Unterlagen vorzulegen.
Am 27.05.2011 haben die Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt. Die Wohnung sei fristlos gekündigt worden. Der Beschluss des Sozialgerichts sei mutwillig und inhaltlich verdreht. Der Antragsteller habe nichts zu verbergen, auch keine Kontoauszüge. Es gehe um ein menschliches Prinzip, Recht und Moral. Ein Bescheid vom 24.03.2011 sei den Antragstellern nicht bekannt. Der Antragsteller sei bereit, unter Begleitung eines Rechtsbeistandes, seines behandelnden Psychologen und seines behandelnden Nervenarztes an einer öffentlichen Gerichtsverhandlung teilzunehmen. Ausländer wie er würden benachteiligt werden. Sein Vater sei 1943 zwangsverschleppt worden. Dieselben Verbrechen würden auch heute stattfinden. Menschenrechte würden schwer beschädigt werden. Kein Jurist sei bereit, die Antragsteller zu vertreten, was an der Einschüchterung von Seiten der Richter liege. Der Antragsteller werde von diesem Land an seinem Lebenserfolg gehindert, obwohl er hochqualifiziert sei. Die Antragsteller seien Folter, Demütigung, Nötigung, Erpressung und Vergewaltigungen ausgesetzt. Ein beigefügtes nervenärztlichen Attest berichtet von regelmäßiger nervenärztlicher Behandlung des Antragstellers und multiplen Belastungsreaktionen bei psychosomatischer Störung.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß, den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 11. Mai 2011 aufzuheben und den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II für die Zeit ab 01.02.2011 zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Beschwerde ist teilweise begründet, weil bei Anwendung eines verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstabs Leistungen in einem begrenzten Umfang zuzusprechen sind.
Zulässiger Streitgegenstand dieses Verfahrens sind die Ansprüche der Antragsteller für den Zeitraum ab 01.03.2011. Über die Leistungen für Februar 2011 wurde bereits im vorherigen Eilverfahren entschieden.
Der Versagungsbescheid vom 24.03.2011 ist den Antragsgegner durch die Post mit Zustellungsurkunde per Niederlegung gemäß § 37 Abs. 5, § 65 SGB X, § 3 VwZG, § 181 ZPO zugestellt worden. Dass in der Urkunde vom Absender die Ersatzzustellung ausgeschlossen wurde, ändert an der Wirksamkeit der Zustellung nichts, weil dies lediglich eine interne Vorgabe war, deren Verletzung den Empfänger nicht betrifft (BHG, Beschluss vom 31.10.2002, III ZB 17/02). Der Bescheid gilt gemäß § 181 Abs. 1 Satz 4 ZPO mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung - d.h. dem Hinweis auf die Möglichkeit der Abholung an der Niederlegungsstelle - als zugestellt. Ob der Antragsteller den Bescheid dort tatsächlich abholt, ist für die Frage der Zustellung unerheblich.
Der Versagungsbescheid ist entgegen der Annahme des Sozialgerichts nicht gemäß § 77 SGG bestandskräftig. Ein Widerspruch wurde zwar noch nicht eingelegt - ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz an ein Gericht ist etwas grundlegend anderes als ein Antrag an die zuständige Behörde, einen Bescheid nochmals auf Rechtmäßigkeit und ggf. Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Die Rechtsbehelfsbelehrung war jedoch unzureichend, weil nicht auf die Möglichkeit verwiesen wurde, den Widerspruch zur Niederschrift bei der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, einzureichen. Nur wenn auf beide in § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG genannten möglichen Formen, schriftlich oder zur Niederschrift, verwiesen wird, ist die Rechtsbehelfsbelehrung richtig (BSG, Urteil vom 22.03.1963, 11 RV 628/62, NJW 1963, S. 1644). Damit läuft gemäß § 66 Abs. 2 SGG eine Jahresfrist zur Erhebung des Widerspruchs. Der Versagungsbescheid ist damit nicht bestandskräftig. Anzumerken ist, dass der Antragsteller teilweise Unterlagen zum Konto bei der D. Bank vorgelegt hat. Es handelt sich wohl um ein Sparbuch, das nunmehr von der C.Bank geführt wird (vgl. Kontonummer auf S. 1991 Verwaltungsakte). Gleichwohl sind hier weitere Mitwirkungshandlungen des Antragstellers, etwa die Vorlage von Kopien des Sparbuchs, nötig.
Für die begehrte Begründung einer Rechtsposition im einstweiligen Rechtsschutz ist ein Antrag auf eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft. Der Antrag muss zulässig sein und die Anordnung muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Es muss glaubhaft sein, dass ein materielles Recht besteht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird (Anordnungsanspruch, insb. Erfolgsaussichten in der Hauptsache), und es muss glaubhaft sein, dass eine vorläufige Regelung notwendig ist, weil ein Abwarten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar ist (Anordnungsgrund).
Wenn nach dem Maßstab des § 86b Abs. 2 SGG der Eilantrag abzulehnen ist, zugleich aber schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen des Betroffenen drohen, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, insb. nach dem Beschluss des BVerfG vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, eine abschließende (nicht nur summarische) Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache vorzunehmen oder, sofern diese nicht möglich ist, eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen. Dies folgt aus dem Schutzauftrag für die Menschenwürde (Art 1 Abs. 1 Grundgesetz - GG) und der Notwendigkeit wirksamen Rechtsschutzes (Art 19 Abs. 4 GG). Kriterien der Abwägung sind die Intensität der drohenden Verletzung von (Grund-) Rechten, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieser Rechtsverletzungen, die Möglichkeit des Hauptsacheerfolgs und die hypothetischen Folgen bei einer Ablehnung bzw. Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz (vgl. Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage 2008, Rn. 316 und Muster Rn. 338). Im Bereich der Existenzsicherung kann z.B. berücksichtigt werden, ob der Betroffene Mitwirkungspflichten verletzt hat, die er leicht nachholen kann, ob weitere Familienmitglieder betroffen sind (insb. Kinder) und ob gravierende Folgeprobleme drohen (z.B. Obdachlosigkeit, Verlust des Eigenheims, Krankenversicherung). Umstände aus der Vergangenheit sind nur von eingeschränkter Bedeutung (BVerfG a.a.O., Rn. 28).
Weil im vorliegenden Fall die gesamten Leistungen zur Existenzsicherung im Streit stehen, eine anderweitige Sicherstellung des Existenzminimums (z.B. aus Vermögen oder Hilfen Dritter) nicht erkennbar ist und die Erfolgsaussichten nicht abschließend geprüft werden können, ist hier der verfassungsrechtliche Maßstab anzuwenden.
Die Güter- und Folgenabwägung führt dazu, den Antragstellern für drei Monate Leistungen zuzusprechen. In dieser Zeit kann der Antragsteller - besondere im Interesse seiner sechsjährigen Tochter - seine bisherige selbstzerstörerische Verweigerung der Mitwirkung überdenken und unverzichtbare Mitwirkungshandlungen nachholen.
Es ist wahrscheinlich, dass das Existenzminimum des Antragstellers und seiner Tochter in großem Umfang nicht gedeckt ist. An Einkommen steht das Kindergeld von 184,- Euro und ein Unterhaltsvorschuss von 133,- Euro zur Verfügung. In welchem Umfang der Antragsteller von seiner Mutter unterstützt wird, die er nach seinen Angaben täglich pflegt, ist unklar. Ebenso ist unklar, in welchem Umfang er von der Mutter seiner Tochter unterstützt wird. Diese wohnt mit einem weiteren Kind im Haus der Mutter des Antragstellers. Aus der Kontenabfrage (S. 1913 Verwaltungsakte) ergibt sich, dass der Antragsteller und die Mutter seiner Tochter sich gegenseitig Verfügungsmacht für mehrere Konten eingeräumt haben. Die behauptete Kündigung der Wohnung ist nicht belegt. Die mögliche Gefährdung des Existenzminimums spricht für eine Leistungsgewährung.
Gegen eine vorläufige Leistungsgewährung spricht, dass der Antragsteller jegliche konstruktive Mitwirkung vermissen lässt. Er legt die angeforderten Unterlagen zu den Konten nicht oder nur bruchstückhaft vor. Statt die nach § 60 SGB I geschuldeten Informationen zu liefern, ergeht er sich in Beleidigungen, Beschimpfungen und Andeutungen. Er untergräbt die Überprüfung seiner Erwerbsfähigkeit, indem er keine aussagekräftigen medizinischen Unterlagen übermittelt und seine Ärzte nicht von der Schweigepflicht entbindet. Auch zu einer ärztlichen Untersuchung kann er noch verpflichtet werden. Gleichzeitig erklärt er ständig, wie sehr seine Gesundheit eingeschränkt ist, dass er Krankenkost benötige und dass er z.B. an einer Gerichtsverhandlung nur in Begleitung seines Psychologen und seines Nervenarztes teilnehmen könne.
Dieses Eilverfahren kann aber nicht isoliert betrachtet werden. Es ist der vorläufige Endpunkt einer Vielzahl von Streitigkeiten, die zu einem erheblichen Teil auf der fehlenden Mitwirkung des Antragstellers beruhen. Er hat sich in eine fundamentale Verweigerungshaltung begeben. Nach seiner unzutreffenden Auffassung wird er von den Behörden und Gerichten permanent "gefoltert, gedemütigt, genötigt und erpresst". Er verkennt dabei, dass steuerfinanzierte Leistungen der Existenzsicherung nicht ohne Voraussetzungen verteilt werden, sondern an den Nachweis der Hilfebedürftigkeit gebunden sind und - Erwerbsfähigkeit vorausgesetzt - eigene Anstrengungen des Antragstellers zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit gefordert werden, insbesondere Anstrengungen zur Eingliederung in Arbeit.
Vor allem aber weil die sechsjährige Tochter betroffen ist, zudem auch der Antragsteller für seine psychologische und nervenärztliche Behandlung des Krankenversicherungsschutzes bedarf und der Antragsteller Gelegenheit und Zeit erhalten soll, seine Mitwirkungsverweigerung zu überdenken, sind für einen begrenzten Zeitraum vorläufig Leistungen zu gewähren.
Die Höhe der monatlichen Leistungen von 800,- Euro ergibt sich aus folgender überschlägigen Berechnung: Der Regelbedarf beträgt 364,- Euro für den Antragsteller und 251,- Euro für die Antragstellerin. Der Mehrbedarf für Alleinerziehen nach § 21 Abs. 3 SGB II beträgt 131,04 Euro, weil die Tochter bis zum siebenten Geburtstag (April 2012) "unter sieben Jahren" ist. Für einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte. Für das Mittagsessen in der Kindertagesstätte (Kosten laut Kontoauszug 48,80 Euro monatlich) nach § 28 Abs. 6 SGB II sind etwa 27,- Euro monatlich anzusetzen, weil nach § 5a Nr. 3 Alg II-V i.V.m. § 9 RBEG pro Tag ein Euro Eigenanteil abzuziehen ist. Als Kosten der Unterkunft wurden bislang 529,50 Euro anerkannt. Insgesamt ergibt sich ein Bedarf von etwa 1300,- Euro. Abzuziehen sind 184,- Euro Kindergeld und 133,- Euro Unterhaltsvorschuss. Es verbleiben etwa 983,- Euro. Da der Antragsteller ein selbständiges Reisegewerbe ausübt, im Eilverfahren auch bei existenzsichernden Leistungen ein Abschlag möglich ist (BVerfG a.a.O., Rn. 26) und die Motivation zur Mitwirkung des Antragstellers befördert werden soll, hat das Beschwerdegericht monatlich 800,- Euro zugesprochen.
Damit der Antragsteller nicht auf die Idee verfällt, dass bis Ende August Mitwirkungshandlungen, insbesondere Meldetermine oder Untersuchungstermine nach § 32 SGB II folgenlos ignoriert werden können, wurde der Tenor so gestaltet, dass Sanktionen nach §§ 31 ff SGB II möglich bleiben.
Der Antragsteller wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die im einstweiligen Rechtsschutz erlangten Leistungen nur vorläufig zugesprochen werden. Die Entscheidung in diesem Eilverfahren ist weder für das Hauptsacheverfahren (Widerspruchsverfahren, ggf. Klage) noch für weitere künftige Eilverfahren bindend. Wenn im Hauptsacheverfahren festgestellt wird, dass der Leistungsanspruch doch nicht besteht, dann sind die im einstweiligen Rechtsschutz erlangten Leistungen zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Weil der Antragsteller durchgängig die Sachaufklärung behindert, sind dem Antragsgegner trotz des Teilerfolgs der Antragsteller nach dem Veranlassungsprinzip keine Kosten aufzuerlegen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt nach SGB II ab März 2011 nach einer Versagung wegen mangelnder Mitwirkung.
Die beiden Antragsteller - Vater (geboren 1974) und Tochter (geboren im April 2005) - bewohnen zusammen eine Wohnung. Sie beziehen seit geraumer Zeit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II vom Antragsgegner. Sie führten eine Vielzahl von Widerspruchsverfahren, Klagen, Berufungen und Eilverfahren gegen den Antragsgegner. Zuletzt wurden den Antragstellern mit Bescheid vom 01.09.2010 Leistungen für den Zeitraum von September 2010 bis einschließlich Februar 2011 in Höhe von zuletzt 915,50 Euro monatlich bewilligt. Als Bedarf für die Unterkunft wurden 529,50 Euro anerkannt.
Dem Antragsgegner wurde aufgrund eigener Ermittlungen (Kontoabrufverfahren nach § 93 AO) bekannt, dass der Antragsteller seit mehreren Jahren über je ein Konto bei der D. Bank und der S. Bank verfügt, die er dem Antragsgegner nicht mitgeteilt hatte. Mit Schreiben vom 05.11.2011 wurde er aufgefordert, hierzu Kontoauszüge für die Zeit ab 01.07.2006 vorzulegen. In seiner Stellungnahme kam der Antragsteller dieser Aufforderung nicht nach. Mit Bescheid vom 28.11.2010 entzog der Antragsgegner die bewilligten Leistungen gemäß § 66 SGB I ab 01.01.2011 in vollem Umfang. Das anschließende Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes blieb erfolglos (Beschluss des BayLSG vom 11.04.2011, L 7 AS 214/11 B ER).
Am 28.02.2011 beantragte der Antragsteller die Weitergewährung von Leistungen ab dem 01.03.2011. Dabei legte er auch Kontoauszüge des laufenden Girokontos vor. Mit Schreiben vom 02.03.2011 wurde er erneut aufgefordert, Kontoauszüge zu den beiden vorgenannten Konten vorzulegen, eine Klarstellung zu vom Antragsteller angesprochenen "Schweizer Konten" abzugeben und im September 2010 übersandte Formulare mit Bezug zu einer amtsärztlichen Untersuchung der Erwerbsfähigkeit zurück zu senden. Hierfür wurde unter Hinweis auf eine mögliche Leistungsversagung eine Frist bis 18.03.2011 gesetzt. Dieser Aufforderung kam der Antragsteller nicht nach. Mit Bescheid vom 24.03.2011 (Seite 2113 Verwaltungsakte) versagte der Antragsgegner die bewilligten Leistungen gemäß § 66 SGB I ab 01.03.2011 in vollem Umfang. Der Bescheid enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung wonach der Widerspruch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids schriftlich beim Antragsgegner einzulegen sei. Er wurde mit Postzustellungsurkunde durch Niederlegung beim Postunternehmen und Mitteilung über die Niederlegung am 26.03.2011 zugestellt (Seite 2153 Verwaltungsakte). Ein Widerspruch wurde bislang nicht eingelegt.
Am 28.03.2011 stellte der Antragsteller beim Sozialgericht Regensburg einen Antrag auf einstweilige Anordnung. Mit Beschluss vom 11.05.2011 lehnte das Sozialgericht den Antrag ab. Der Versagungsbescheid sei bestandskräftig geworden, weil nicht innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist Widerspruch erhoben worden sei. Der Antrag im vorläufigen Rechtsschutzverfahren könne einen Widerspruch nicht ersetzen. Dem Antragsteller werde nahe gelegt, die angeforderten Unterlagen vorzulegen.
Am 27.05.2011 haben die Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt. Die Wohnung sei fristlos gekündigt worden. Der Beschluss des Sozialgerichts sei mutwillig und inhaltlich verdreht. Der Antragsteller habe nichts zu verbergen, auch keine Kontoauszüge. Es gehe um ein menschliches Prinzip, Recht und Moral. Ein Bescheid vom 24.03.2011 sei den Antragstellern nicht bekannt. Der Antragsteller sei bereit, unter Begleitung eines Rechtsbeistandes, seines behandelnden Psychologen und seines behandelnden Nervenarztes an einer öffentlichen Gerichtsverhandlung teilzunehmen. Ausländer wie er würden benachteiligt werden. Sein Vater sei 1943 zwangsverschleppt worden. Dieselben Verbrechen würden auch heute stattfinden. Menschenrechte würden schwer beschädigt werden. Kein Jurist sei bereit, die Antragsteller zu vertreten, was an der Einschüchterung von Seiten der Richter liege. Der Antragsteller werde von diesem Land an seinem Lebenserfolg gehindert, obwohl er hochqualifiziert sei. Die Antragsteller seien Folter, Demütigung, Nötigung, Erpressung und Vergewaltigungen ausgesetzt. Ein beigefügtes nervenärztlichen Attest berichtet von regelmäßiger nervenärztlicher Behandlung des Antragstellers und multiplen Belastungsreaktionen bei psychosomatischer Störung.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß, den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 11. Mai 2011 aufzuheben und den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II für die Zeit ab 01.02.2011 zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Beschwerde ist teilweise begründet, weil bei Anwendung eines verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstabs Leistungen in einem begrenzten Umfang zuzusprechen sind.
Zulässiger Streitgegenstand dieses Verfahrens sind die Ansprüche der Antragsteller für den Zeitraum ab 01.03.2011. Über die Leistungen für Februar 2011 wurde bereits im vorherigen Eilverfahren entschieden.
Der Versagungsbescheid vom 24.03.2011 ist den Antragsgegner durch die Post mit Zustellungsurkunde per Niederlegung gemäß § 37 Abs. 5, § 65 SGB X, § 3 VwZG, § 181 ZPO zugestellt worden. Dass in der Urkunde vom Absender die Ersatzzustellung ausgeschlossen wurde, ändert an der Wirksamkeit der Zustellung nichts, weil dies lediglich eine interne Vorgabe war, deren Verletzung den Empfänger nicht betrifft (BHG, Beschluss vom 31.10.2002, III ZB 17/02). Der Bescheid gilt gemäß § 181 Abs. 1 Satz 4 ZPO mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung - d.h. dem Hinweis auf die Möglichkeit der Abholung an der Niederlegungsstelle - als zugestellt. Ob der Antragsteller den Bescheid dort tatsächlich abholt, ist für die Frage der Zustellung unerheblich.
Der Versagungsbescheid ist entgegen der Annahme des Sozialgerichts nicht gemäß § 77 SGG bestandskräftig. Ein Widerspruch wurde zwar noch nicht eingelegt - ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz an ein Gericht ist etwas grundlegend anderes als ein Antrag an die zuständige Behörde, einen Bescheid nochmals auf Rechtmäßigkeit und ggf. Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Die Rechtsbehelfsbelehrung war jedoch unzureichend, weil nicht auf die Möglichkeit verwiesen wurde, den Widerspruch zur Niederschrift bei der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, einzureichen. Nur wenn auf beide in § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG genannten möglichen Formen, schriftlich oder zur Niederschrift, verwiesen wird, ist die Rechtsbehelfsbelehrung richtig (BSG, Urteil vom 22.03.1963, 11 RV 628/62, NJW 1963, S. 1644). Damit läuft gemäß § 66 Abs. 2 SGG eine Jahresfrist zur Erhebung des Widerspruchs. Der Versagungsbescheid ist damit nicht bestandskräftig. Anzumerken ist, dass der Antragsteller teilweise Unterlagen zum Konto bei der D. Bank vorgelegt hat. Es handelt sich wohl um ein Sparbuch, das nunmehr von der C.Bank geführt wird (vgl. Kontonummer auf S. 1991 Verwaltungsakte). Gleichwohl sind hier weitere Mitwirkungshandlungen des Antragstellers, etwa die Vorlage von Kopien des Sparbuchs, nötig.
Für die begehrte Begründung einer Rechtsposition im einstweiligen Rechtsschutz ist ein Antrag auf eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft. Der Antrag muss zulässig sein und die Anordnung muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Es muss glaubhaft sein, dass ein materielles Recht besteht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird (Anordnungsanspruch, insb. Erfolgsaussichten in der Hauptsache), und es muss glaubhaft sein, dass eine vorläufige Regelung notwendig ist, weil ein Abwarten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar ist (Anordnungsgrund).
Wenn nach dem Maßstab des § 86b Abs. 2 SGG der Eilantrag abzulehnen ist, zugleich aber schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen des Betroffenen drohen, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, insb. nach dem Beschluss des BVerfG vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, eine abschließende (nicht nur summarische) Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache vorzunehmen oder, sofern diese nicht möglich ist, eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen. Dies folgt aus dem Schutzauftrag für die Menschenwürde (Art 1 Abs. 1 Grundgesetz - GG) und der Notwendigkeit wirksamen Rechtsschutzes (Art 19 Abs. 4 GG). Kriterien der Abwägung sind die Intensität der drohenden Verletzung von (Grund-) Rechten, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieser Rechtsverletzungen, die Möglichkeit des Hauptsacheerfolgs und die hypothetischen Folgen bei einer Ablehnung bzw. Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz (vgl. Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage 2008, Rn. 316 und Muster Rn. 338). Im Bereich der Existenzsicherung kann z.B. berücksichtigt werden, ob der Betroffene Mitwirkungspflichten verletzt hat, die er leicht nachholen kann, ob weitere Familienmitglieder betroffen sind (insb. Kinder) und ob gravierende Folgeprobleme drohen (z.B. Obdachlosigkeit, Verlust des Eigenheims, Krankenversicherung). Umstände aus der Vergangenheit sind nur von eingeschränkter Bedeutung (BVerfG a.a.O., Rn. 28).
Weil im vorliegenden Fall die gesamten Leistungen zur Existenzsicherung im Streit stehen, eine anderweitige Sicherstellung des Existenzminimums (z.B. aus Vermögen oder Hilfen Dritter) nicht erkennbar ist und die Erfolgsaussichten nicht abschließend geprüft werden können, ist hier der verfassungsrechtliche Maßstab anzuwenden.
Die Güter- und Folgenabwägung führt dazu, den Antragstellern für drei Monate Leistungen zuzusprechen. In dieser Zeit kann der Antragsteller - besondere im Interesse seiner sechsjährigen Tochter - seine bisherige selbstzerstörerische Verweigerung der Mitwirkung überdenken und unverzichtbare Mitwirkungshandlungen nachholen.
Es ist wahrscheinlich, dass das Existenzminimum des Antragstellers und seiner Tochter in großem Umfang nicht gedeckt ist. An Einkommen steht das Kindergeld von 184,- Euro und ein Unterhaltsvorschuss von 133,- Euro zur Verfügung. In welchem Umfang der Antragsteller von seiner Mutter unterstützt wird, die er nach seinen Angaben täglich pflegt, ist unklar. Ebenso ist unklar, in welchem Umfang er von der Mutter seiner Tochter unterstützt wird. Diese wohnt mit einem weiteren Kind im Haus der Mutter des Antragstellers. Aus der Kontenabfrage (S. 1913 Verwaltungsakte) ergibt sich, dass der Antragsteller und die Mutter seiner Tochter sich gegenseitig Verfügungsmacht für mehrere Konten eingeräumt haben. Die behauptete Kündigung der Wohnung ist nicht belegt. Die mögliche Gefährdung des Existenzminimums spricht für eine Leistungsgewährung.
Gegen eine vorläufige Leistungsgewährung spricht, dass der Antragsteller jegliche konstruktive Mitwirkung vermissen lässt. Er legt die angeforderten Unterlagen zu den Konten nicht oder nur bruchstückhaft vor. Statt die nach § 60 SGB I geschuldeten Informationen zu liefern, ergeht er sich in Beleidigungen, Beschimpfungen und Andeutungen. Er untergräbt die Überprüfung seiner Erwerbsfähigkeit, indem er keine aussagekräftigen medizinischen Unterlagen übermittelt und seine Ärzte nicht von der Schweigepflicht entbindet. Auch zu einer ärztlichen Untersuchung kann er noch verpflichtet werden. Gleichzeitig erklärt er ständig, wie sehr seine Gesundheit eingeschränkt ist, dass er Krankenkost benötige und dass er z.B. an einer Gerichtsverhandlung nur in Begleitung seines Psychologen und seines Nervenarztes teilnehmen könne.
Dieses Eilverfahren kann aber nicht isoliert betrachtet werden. Es ist der vorläufige Endpunkt einer Vielzahl von Streitigkeiten, die zu einem erheblichen Teil auf der fehlenden Mitwirkung des Antragstellers beruhen. Er hat sich in eine fundamentale Verweigerungshaltung begeben. Nach seiner unzutreffenden Auffassung wird er von den Behörden und Gerichten permanent "gefoltert, gedemütigt, genötigt und erpresst". Er verkennt dabei, dass steuerfinanzierte Leistungen der Existenzsicherung nicht ohne Voraussetzungen verteilt werden, sondern an den Nachweis der Hilfebedürftigkeit gebunden sind und - Erwerbsfähigkeit vorausgesetzt - eigene Anstrengungen des Antragstellers zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit gefordert werden, insbesondere Anstrengungen zur Eingliederung in Arbeit.
Vor allem aber weil die sechsjährige Tochter betroffen ist, zudem auch der Antragsteller für seine psychologische und nervenärztliche Behandlung des Krankenversicherungsschutzes bedarf und der Antragsteller Gelegenheit und Zeit erhalten soll, seine Mitwirkungsverweigerung zu überdenken, sind für einen begrenzten Zeitraum vorläufig Leistungen zu gewähren.
Die Höhe der monatlichen Leistungen von 800,- Euro ergibt sich aus folgender überschlägigen Berechnung: Der Regelbedarf beträgt 364,- Euro für den Antragsteller und 251,- Euro für die Antragstellerin. Der Mehrbedarf für Alleinerziehen nach § 21 Abs. 3 SGB II beträgt 131,04 Euro, weil die Tochter bis zum siebenten Geburtstag (April 2012) "unter sieben Jahren" ist. Für einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte. Für das Mittagsessen in der Kindertagesstätte (Kosten laut Kontoauszug 48,80 Euro monatlich) nach § 28 Abs. 6 SGB II sind etwa 27,- Euro monatlich anzusetzen, weil nach § 5a Nr. 3 Alg II-V i.V.m. § 9 RBEG pro Tag ein Euro Eigenanteil abzuziehen ist. Als Kosten der Unterkunft wurden bislang 529,50 Euro anerkannt. Insgesamt ergibt sich ein Bedarf von etwa 1300,- Euro. Abzuziehen sind 184,- Euro Kindergeld und 133,- Euro Unterhaltsvorschuss. Es verbleiben etwa 983,- Euro. Da der Antragsteller ein selbständiges Reisegewerbe ausübt, im Eilverfahren auch bei existenzsichernden Leistungen ein Abschlag möglich ist (BVerfG a.a.O., Rn. 26) und die Motivation zur Mitwirkung des Antragstellers befördert werden soll, hat das Beschwerdegericht monatlich 800,- Euro zugesprochen.
Damit der Antragsteller nicht auf die Idee verfällt, dass bis Ende August Mitwirkungshandlungen, insbesondere Meldetermine oder Untersuchungstermine nach § 32 SGB II folgenlos ignoriert werden können, wurde der Tenor so gestaltet, dass Sanktionen nach §§ 31 ff SGB II möglich bleiben.
Der Antragsteller wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die im einstweiligen Rechtsschutz erlangten Leistungen nur vorläufig zugesprochen werden. Die Entscheidung in diesem Eilverfahren ist weder für das Hauptsacheverfahren (Widerspruchsverfahren, ggf. Klage) noch für weitere künftige Eilverfahren bindend. Wenn im Hauptsacheverfahren festgestellt wird, dass der Leistungsanspruch doch nicht besteht, dann sind die im einstweiligen Rechtsschutz erlangten Leistungen zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Weil der Antragsteller durchgängig die Sachaufklärung behindert, sind dem Antragsgegner trotz des Teilerfolgs der Antragsteller nach dem Veranlassungsprinzip keine Kosten aufzuerlegen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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