L 2 AL 214/12 B

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 17 AL 57/10
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 AL 214/12 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Verhängung von Ordnungsgeld wgen unentschuldigten Nichterscheinens des Klägers zur mündlichen Verhandlung.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 28. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:


I.
Die Beschwerde richtet sich gegen die Verhängung von Ordnungsgeld.
In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg hat der Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 2009 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Arbeitslosengeld zu gewähren.
Das Sozialgericht hat den Bf. zu einem Termin zur mündlichen Verhandlung auf den
28. Juni 2012 geladen und das persönliche Erscheinen des Bf. angeordnet. Die Ladung war mit dem Hinweis versehen, dass gegen den Bf. ein Ordnungsgeld bis zu 1.000 EUR festgesetzt werden kann, falls er ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint. Die Ladung ist dem Bf. am 5. Juni 2012 mit Zustellungsurkunde durch Einlegung in den Briefkasten zugestellt worden.
Zum Termin am 28. Juni 2012 ist der Bf. nicht erschienen. Die Kammervorsitzende hat die ordnungsgemäße Ladung festgestellt und mit Beschluss wegen unentschuldigten Ausbleibens im Termin gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 141 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) ein Ordnungsgeld in Höhe von 200,00 EUR festgesetzt. Die mündliche Verhandlung ist vertagt worden.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Beschwerde hat der Bf. vorgebracht, dass der Vorgang nicht in seinen Geschäftsgang gelangt sei, so dass in seinem Büro keine Fristen erfasst worden seien. Er hätte aber auch keinen Termin beantragt gehabt. Im Übrigen hat er den Rechtsstreit in der Sache für erledigt erklärt.

II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG), aber unbegründet.
Nach §§ 111, 202 SGG i.V.m. § 141 ZPO kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung angeordnet werden und derjenige, der der Anordnung nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge belegt werden. Ob der Vorsitzende eine Anordnung nach § 111 SGG treffen will, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Nach § 141 Abs. 1 S. 1 ZPO ist die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten dann ermessensfehlerfrei, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist dabei der Ermessensspielraum weiter. Im Rahmen des im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 SGG) ist auch ohne Bedeutung, ob der Bf. die Anberaumung eines Termins beantragt hat. Die Terminbestimmung oblag gemäß § 110 SGG der Vorsitzenden; im Hinblick auf den Grundsatz der mündlichen Verhandlung wird sie von Amts wegen veranlasst (zum Ganzen: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2012, § 110 Rdnr. 2).
Da der Bf. ordnungsgemäß geladen war und im Termin zur mündlichen Verhandlung unentschuldigt nicht erschienen ist, sind die Voraussetzungen des § 111 SGG i.V.m. §§ 141 Abs. 3, 380, 381 ZPO erfüllt. Nach § 380 ZPO sind einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten sowie ein Ordnungsgeld aufzuerlegen. § 381 ZPO nennt die Gründe, nach denen die Auferlegung eines Ordnungsgeldes zu unterbleiben hat bzw. nachträglich aufzuheben ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Beteiligte sein Ausbleiben genügend entschuldigen kann. Entschuldigt er sein Fernbleiben rechtzeitig, d.h. so rechtzeitig, dass der Termin aufgehoben und die übrigen Beteiligten hiervon noch unterrichtet werden können, so hat die Festsetzung eines Ordnungsgeldes zu unterbleiben. Erfolgt die Entschuldigung nicht rechtzeitig, so entfällt die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Betroffenen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft und die Entschuldigung hinreichend ist.
Was als Entschuldigung gilt, entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen und unter Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls. Für die genügende Entschuldigung müssen Umstände vorliegen, die das Ausbleiben nicht als pflichtwidrig erscheinen lassen.
Zur Entschuldigung bringt der Bf. vor, dass der Vorgang nicht in seinen Geschäftsgang gelangt sei und die Fristen somit in seinem Büro nicht erfasst worden seien. Ein Kanzleiversehen kann einen Entschuldigungsgrund darstellen, wenn dieses ausreichend glaubhaft gemacht wurde. Ein Prozessbevollmächtigter darf sich zur Vorbereitung des Sitzungstermins seiner Kanzleiangestellten bedienen (so auch: Bayer. Landessozialgericht, Beschluss vom 03.02.2011, Az.: L 2 R 859/10 B; Sächs. Landessozialgericht, Beschluss vom 28.04.1999, Az.: L 1 B 38/97 KR). Dies gilt nach Ansicht des Senats in gewissem Umfang auch für den Rechtsanwalt, der selbst Partei ist. Vorliegend wird jedoch kein Kanzleiversehen durch eine/einen Büroangestellte(n) geltend gemacht, sondern die Nichterfassung des Termins damit begründet, dass der Vorgang nicht in den Geschäftsgang gelangt sei. Die Ladung ist aber ausweislich der Zustellungsurkunde gemäß § 63 Abs. 2 S. 1 SGG, §§ 178, 180 ZPO durch Einlegung in den Briefkasten der damaligen Anschrift in A-Stadt wirksam zugestellt worden. Die Zustellung wird mit dem Zeitpunkt des Einlegens unwiderleglich vermutet (Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, 32. Aufl. 2011, § 180 Rdnr. 5). Es ist daher nicht entscheidend, ob bzw. wann der Empfänger des Schreibens tatsächlich Kenntnis von dessen Inhalt nimmt. Das Vorbringen, die Ladung sei nicht in den Geschäftsgang gelangt, greift daher nicht.
Die Höhe des Ordnungsgeldes richtet sich nach Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB). Danach ist ein Rahmen von 5,00 EUR bis 1.000,00 EUR vorgegeben, innerhalb dessen sich das Ordnungsgeld bewegen kann. Bei der Zumessung hat das Gericht die Umstände, die für oder gegen den Bf. sprechen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist auf das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art des Verstoßes und dessen schuldhafte Auswirkungen, auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Bf. sowie auf das Verhalten nach dem Ordnungsverstoß abzustellen. In der Regel bedarf es keiner eingehenden Begründung dieser Ermessensentscheidung, wenn sich das Ordnungsgeld im unteren Mittel des vorgegebenen Rahmens bewegt. Dies ist hier bei der Festsetzung von Ordnungsgeld in Höhe von 200,00 EUR der Fall.
Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der Tatsache, dass der Bf. keine Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes erhoben hat, hält der Senat den Beschluss des Sozialgerichts für rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung erfolgt analog § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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