L 14 R 217/10

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 31 R 189/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 217/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zeiten einer Mitgliedschaft in einer rumänischen LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgesellschaft) sind ab 1967 in der Regel als nachgewiesene Beitragszeiten i.S.v. § 15 Abs. 1 FRG anzuerkennen (Anschluss an BSG v. 19.11.2009, B 13 R 145/08; BSG v. 12.02.2009, B 5 R 39/96). Eine Kürzung der Entgeltpunkte um 1/6 gem. § 22 Abs. 3 FRG kommt insoweit nicht in Betracht.
2. Allerdings sind gem. § 26 FRG die Entgeltpunkte anteilsmäßig zu kürzen, wenn die der nachgewiesenen Beitragszeit zu Grunde liegende tatsächliche Arbeitsleistung nur in einem Teil des Kalenderjahres erfolgte oder nur in Teilzeit ausgeübt wurde. Daneben sind Entgeltpunkte nicht zu ermitteln, soweit die Arbeitszeit unter zehn Wochenstunden lag. Hinsichtlich des Umfangs der Arbeitsleistung genügt Glaubhaftmachung i.S.v. § 4 FRG.
3. Auch über § 26 Satz 4 i.V.m. § 15 Abs. 3 Satz 3 Buchstabe c ist eine Kürzung um 1/6 gem. § 22 Abs. 3 FRG nicht möglich. Der Regelungsgehalt des § 15 Abs. 3 Satz 3 Buchstabe c FRG beschränkt sich auf Sachverhalte nach § 15 Abs. 3 Sätze 1 und 2 FRG und nicht auf solche nach § 15 Abs. 1 FRG. Im Übrigen schafft § 22 Abs. 3 FRG nur eine Rechtsgrundlage für eine Kürzung bei nur glaubhaft gemachten Beitrags- und Beschäftigungszeiten und nicht bezüglich des Arbeitsumfangs gem. § 26 FRG.
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 22.01.2010 wird zurückgewiesen.

II. Die dem Kläger in der Berufungsinstanz entstandenen außergerichtlichen Kosten hat die Beklagte zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine in Rumänien zurückgelegte Beitrags- bzw. Beschäftigungszeit in einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) zwischen dem 01.01.1966 und dem 31.12.1972 als nachgewiesene Beitragszeit im Sinne von § 15 FRG zu berücksichtigen ist und ob ggf. Bewertungsherabsetzungen gem. § 26 FRG vorzunehmen sind.

Der 1941 in Rumänien geborene Kläger lebt seit 1986 in der Bundesrepublik. Er ist Inhaber des Vertriebenenausweises A. Er war Mitglied der LPG R. in der Gemeinde S., in die er nach seinen Angaben Ackerflächen und andere Sachmittel eingebracht hatte.

Bereits mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Oberbayern vom 20.09.2001 war ein Antrag vom 12.02.2001 auf Anerkennung der FRG-Zeiten als nachgewiesene Beitragszeiten abgelehnt worden, soweit es sich um Zeiten zwischen Oktober 1964 und Februar 1973 handelte. Die Anerkennung als glaubhaft gemachte Zeiten sei aufgrund der vorliegenden Bescheinigung Nr. 128 vom 11.07.1988 erfolgt.

Mit Bescheid vom 26.02.2004 bewilligte die vormals zuständige DRV Oberbayern Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit ab dem 01.05.2004. Nach Anlage 10 wurden dabei die Zeiten vom 01.01.1966 bis zum 31.12.1972 als glaubhaft gemachte Zeiten berücksichtigt und zu 5/6 bewertet. Gleichzeitig kam es zur Anrechnung von Teilzeitfaktoren aufgrund Teilzeitbeschäftigung in den Jahren 1967 (41,39 % der vollen Arbeitszeit), 1968 (67,50 %), 1969 (74,44 %), 1970 (35,83 %),1971 (37,78 %) und 1972 (23,61 %).

Mit am 20.12.2005 eingegangenem Antrag gemäß § 44 SGB X beantragte der Kläger bei der Beklagten unter erneuter Vorlage der Adeverinta/ Bescheinigung Nr. 128 vom 11.07.1988, die Beitragszeiten 1966 bis 1972 bereits aufgrund der bloßen Mitgliedschaft in der LPG als nachgewiesen anzuerkennen. Er bezog sich auf das Urteil des BSG vom 08.09.2005 - B 13 RJ 44/04 R.

Diese Bescheinigung enthält u. a. folgende Aufstellung von Kalenderjahresplannormen und erzielten Normen:

Jahr Plannorm erzielte Norm
1966 100 361
1967 100 149
1968 100 243
1969 100 268
1970 70 129
1971 70 136
1972 70 85

In den ebenfalls bescheinigten Jahren 1959, 1960 und 1965 wird jeweils eine Plannorm von 120 ausgewiesen (1961 - 150; 1962- 107). Die Jahre 1963 und 1964 sind nicht aufgeführt.

Durch Bescheid vom 16.11.2006 wurde zunächst die Rente ohne Kürzung der Entgeltpunkte wegen Teilzeitarbeit neu festgestellt.

Mit Bescheid vom 25.10.2007 wurde sodann der Antrag auf Neufeststellung der Altersrente abgelehnt. Das BSG habe im angeführten Urteil entschieden, dass allein die Mitgliedschaft in einer rumänischen LPG im Zeitraum 1966 bis 1977 grundsätzlich zu einer ungekürzten Anrechnung einer Pflichtbeitragszeit nach § 15 FRG führe. Dabei komme es auf die Frage etwaiger Arbeitsunfähigkeitszeiten oder witterungsbedingt ausgefallener Arbeitstage nicht an, da die Beitragszahlung durch die LPG hierdurch nicht unterbrochen worden sei. Auf den Nachweis, ob an einzelnen Tagen gearbeitet worden sei, komme es damit nicht an. Allerdings habe LPG-Mitgliedern in Rumänien ein leistungsunabhängiges festes Grundgehalt grundsätzlich nicht zugestanden. Entgelt sei vielmehr nur für tatsächlich geleistete Arbeit geschuldet worden. Nur bei Erreichen eines Normminimums sei ein durchgehender Grundlohn unterstellt worden. Aus diesem Grunde seien rumänische LPG-Mitgliedszeiten regelmäßig als glaubhaft gemachte Beitragszeiten anzuerkennen, weil eine Unterbrechung der Lohnzahlung möglich gewesen sei. Eine ungekürzte Anrechnung komme im Einzelfall vor, soweit eine tatsächliche Arbeitsleistung über einen 5/6-Umfang nachgewiesen sei. Allein die Mitgliedschaft in einer rumänischen LPG sei allerdings kein ausreichendes Kriterium hierfür. Das Gleichstellungserfordernis des FRG mit einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Geltungsbereich des Gesetzes setze zwingend voraus, dass die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung die unmittelbare Ursache für die Beitragsentrichtungen gewesen sei. Es komme folglich auf das Arbeitsverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinne an und dieses werde wiederum von der tatsächlichen Arbeitsleistung geprägt. Entscheidend seien die erzielten Arbeitseinheiten/Normen beziehungsweise Tage. Dem zitierten BSG-Urteil werde über den Einzelfall hinaus nicht gefolgt.

Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2007 zurückgewiesen. Man gehe zwar mit dem BSG von einer obligatorischen Beitragsleistung aus, widerspreche aber, dass es auf das Vorliegen eines ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses im sozialversicherungsrechtlichen Sinne nicht ankommen solle. Die tatsächlich ausgeübte abhängige Beschäftigung bzw. unselbstständige Tätigkeit müsse unmittelbare Ursache der Beitragsentrichtung sein. Zeiten einer Arbeitsunterbrechung zum Beispiel infolge Krankheit würden nicht erfasst. Auch bei Nachweis erfüllter Normen könne nicht von ununterbrochener Arbeit ausgegangen werden.

Im Klageverfahren ließ der Kläger ausführen, dass die Mitgliedschaft in der LPG nicht mehr durch das Mitgliedsbuch nachgewiesen werden könne. Der Kläger sei im Jahr 1959 zusammen mit seiner Mutter und seiner Schwester der Genossenschaft beigetreten und habe der LPG 5 ha eigenen Grund und Boden sowie zahlreiche Maschinen und Werkzeuge übergeben.

Mit Gerichtsbescheid vom 22.01.2010 hat das Sozialgericht München die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25.10.2007 und des Widerspruchsbescheids vom 18.12.2007 verurteilt, den Bescheid vom 26.02.2004 dahingehend abzuändern, dass die Zeit vom 01.01.1966 bis zum 31.12.1972 als nachgewiesene Beitragszeit im Sinne von § 15 FRG zu 6/6 berücksichtigt wird.

Der Kläger sei unstreitig im fraglichen Zeitraum Mitglied der LPG R. gewesen und auch während dieser Zeit dort beschäftigt gewesen. Unstreitig habe die LPG ununterbrochen Beiträge für den Kläger an die rumänische gesetzliche Sozialversicherung abgeführt. Gemäß Dekret Nr. 535/1966 sei für LPG-Mitglieder ein Alterssystem errichtet worden. Dabei seien Sozialversicherungsbeiträge nicht bezogen auf das jeweilige Mitglied der LPG bemessen und abgeführt, sondern für die Gesamtheit der Mitglieder nach der erzielten Jahresproduktion geleistet worden. Dies reiche für den im Rahmen von § 15 FRG erforderlichen Nachweis aus. Wie das BSG in seiner Entscheidung vom 08.09.2005 ausführe, sei der Nachweis einer ununterbrochenen Beschäftigung des Klägers im streitigen Zeitraum nicht erforderlich.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten zum Bayerischen Landessozialgericht. Weder sei eine ununterbrochene Beitragsabführung durch die LPG noch ein ununterbrochenes Beschäftigungsverhältnis im streitbefangenen Zeitraum nachgewiesen. Es ergebe sich nicht, dass die LPG tatsächlich Beiträge für den obigen Zeitraum geleistet habe. Diese seien nicht immer hundertprozentig ihrer Zahlungspflicht nachgekommen. Im Übrigen dürfe auf die jüngste Rechtsprechung des BSG vom 12.02.2009 - B 5 R. 39/06R und B 5 R. 40/08 R - verwiesen werden. Dort habe das Bundessozialgericht klargestellt, dass ausländische Beitragszeiten nicht ohne weiteres als FRG-Beitragszeiten anerkannt werden könnten. Die zur rumänischen Rentenversicherung entrichteten Beiträge dürften den nach Bundesrecht zu leistenden dann nicht gleichgestellt werden, wenn der Versicherte während der fraglichen Zeit keinerlei Arbeitsleistung für die LPG erbracht habe. Der Nachweis einer ununterbrochenen Beschäftigungszeit sei nur dann erbracht, wenn aus den Unterlagen ersichtlich sei, in welchem Umfang Fehlzeiten vorhanden seien.

Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 22.01.2010 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 25.10.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 18.12.2007 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

In dem jüngsten Urteil des BSG vom 12.02.2009 werde nur gesagt, dass rumänische Beiträge solchen nach Bundesrecht nicht gleichgestellt werden dürften, wenn der Versicherte keinerlei Arbeitsleistung für die LPG erbracht habe. Der Kläger habe aber in erheblichem Umfang Normen erfüllt.

Der Kläger hat auf Nachfrage des Senats zum Umfang seiner Arbeitsleistung und zu den Einzelheiten seiner Tätigkeit schriftlich ausgeführt, die Kühe und Pferde der LPG versorgt zu haben. Er sei in Vollzeit beschäftigt gewesen; bezahlte oder unbezahlte Freistellungen von der Arbeitsleistung habe es nicht gegeben.

Im Erörterungstermin am 05.07.2012 ließ der Kläger vortragen, die Plannormen, die ein Maß für die Arbeitsmenge gewesen sei, jeweils erfüllt zu haben. Die Arbeitsmenge habe keiner Teilzeittätigkeit entsprochen.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte, der Streitakte des Sozialgerichts München sowie der Verfahrensakte des Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der angefochtene Gerichtsbescheid erweist sich im Ergebnis als zutreffend.

Der Kläger hat gem. § 44 SGB X Anspruch auf Abänderung der bestandskräftig gewordenen Rentenbescheide vom 26.02.2004 und 16.11.2006 und höhere Rentenfestsetzung, weil der Zeitraum vom 01.01.1966 bis zum 31.12.1972 als nachgewiesene Pflichtbeitragzeit gem. § 15 Abs. 1 FRG anzuerkennen ist, ohne dass eine Kürzung der Bewertung dieser Zeiten nach §§ 22 Abs. 3, 26 FRG erfolgen darf.

Rechtsgrundlage des Anspruches des Klägers ist § 44 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt und von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

Da der Verfügungssatz des Altersrentengewährungsbescheids vom 26.02.2004 sowie des Änderungsbescheides vom 16.11.2006 auf Zuerkennung einer Regelaltersrente ab dem 01.05.2004 in bestimmter Höhe lautet, greift § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur durch, wenn das zu Rentenbeginn anwendbare Recht falsch angewendet wurde oder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen wurde und daher in dem streitigen Zeitraum 1966 bis 1972 weitere Pflichtbeitragszeiten anzuerkennen bzw. die anzuerkennenden und anerkannten FRG-Zeiten insgesamt höher bzw. mit geringer Kürzung zu bewerten sind und sich damit gegenüber der bisherigen Rentenfestsetzung eine insgesamt höhere Entgeltpunktzahl in Ansehung der Beitragszeiten sowie der beitragsfreien Zeiten ergibt.

Die streitigen Zeiten sind in der Tat umfänglicher anzuerkennen und insgesamt höher zu bewerten, als dies bisher erfolgt war. Die bisherige Anerkennung und Bewertung erkennt zwar alle Monate der Kalenderjahre 1966 bis 1972 als Betragszeiten an, kürzt jedoch un-

ter Berufung auf § 22 Abs. 3 FRG die für diese anerkannten Pflichtbeitragszeiten ermittelten Entgeltpunkte um 1/6.

Indes ist der gesamte Zeitraum 01.01.1966 bis zum 31.12.1972 als nachgewiesene Beitragszeit im Sinne des § 15 Abs. 1 FRG anzuerkennen.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG in der ab dem 01.02.1992 geltenden Fassung stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Sind Beiträge aufgrund einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit entrichtet, so steht die ihnen zu Grunde liegende Beschäftigung oder Tätigkeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit im Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich (§ 15 Satz 2 FRG). Als gesetzliche Rentenversicherung im Sinne des Absatzes 1 ist jedes System der sozialen Sicherheit anzusehen, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für den Fall der Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters oder des Todes oder für einen der mehreren dieser Fälle durch die Gewährung regelmäßig wiederkehrende Leistungen (Renten) zu sichern.

Diese Voraussetzung für die Anrechnung von Beitragszeiten des Versicherten ist in Ansehung des Klägers für die streitige Zeit erfüllt. Durch Dekret Nr. 535/1966 war für Mitglieder der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften eine gesetzliche Sozialversicherung als Pflichtversicherung eingeführt worden. Bei diesem mit Wirkung vom 01.01.1967 eingeführten rumänischen Sicherungssystem handelt es sich um ein System der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne der Definition des § 15 Abs. 2 FRG (BSG, Urteil vom 19.11.2009, B 13 R 145/08 R; BSG vom 12.02.2009, B 5 R 39/06 R).

Vom Bestehen eines Mitgliedschaftsstatus in der LPG R. geht der Senat aufgrund der insoweit übereinstimmenden Angaben der Beteiligten aus. Dagegen sprechende Anhaltspunkte sind für den Senat nicht erkennbar.

Aufgrund der Adeverinta Nr. 128 der LPG R. vom 11.07.1988 sowie den Angaben des Klägers steht zur Überzeugung des Senats auch fest, dass der Kläger in der Zeit vom 01.01.1966 bis zum 31.12.1972 ohne Unterbrechung als Mitglied der LPG rentenversichert war und für ihn deshalb von der LPG entsprechend den gesetzlichen Grundlagen pauschal Beiträge zur rumänischen Rentenversicherung abgeführt wurden.

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Sozialversicherungsbeiträge nicht für einzelne Mitglieder in Relation zu den erzielten Arbeitsentgelten, sondern nach Maßgabe der durch die LPG erzielten Jahresproduktion abgeführt wurden. Eine Beitragszeit ist nach der Rechtsprechung des BSG aufgrund der Beschäftigung eines Mitglieds bei einer rumänischen LPG als nachgewiesen anzusehen, wenn für deren Mitglieder eine gesetzliche Rentenversicherung als Pflichtversicherung bestand und wenn die entsprechenden Beiträge ohne Rücksicht auf Zeiten der Arbeitsunterbrechung einzelner Mitglieder durchgehend entrichtet wurden. Davon ist auszugehen, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine Nichtentrichtung des Beitrags oder eine Unterbrechung der Beitragszahlung bestehen (BSG vom 19.11.2009, B 13 R 145/08 R; BSG vom 21.08.2008, B 13/04 R, 25/07 R). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung insoweit ausdrücklich an.

Anhaltspunkte dafür, dass die LPG für ihre Mitglieder im Allgemeinen oder den Kläger im Besonderen die Beiträge tatsächlich nicht, zeitlich nur zum Teil oder nicht in geschuldeter Höhe abgeführt hätte, bestehen hier nicht. Die theoretische Möglichkeit der Nichtzahlung kann nach Ansicht des Senats den Nachweis nicht erschüttern, wenn in Ansehung der konkreten LPG entsprechende Anhaltspunkte nicht vorhanden sind. Entsprechende Anhaltspunkte trug die Beklagte nicht vor. Bei der LPG handelt es sich um einen staatlichen Betrieb der - anders als private Arbeitgeber - den örtlichen Verwaltungs- und Aufsichtsstrukturen hinsichtlich der Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen unterlag. Zudem ist in der aktenkundigen Stellungnahme des rumänischen Versicherungsträgers Nr. 14956/2007 ausgeführt, dass bei fehlender Liquidität staatliche Banken unter Kreditierung die fälligen Zahlungen übernahmen.

Damit entfällt jeder Grund, diese lückenlose Beitragsleistungen nicht als nachgewiesen, sondern nur als glaubhaft gemacht anzusehen, wodurch eine Kürzung der Bewertung der Entgeltpunkte um ein Sechstel gem. § 22 Abs. 3 FRG jeder Rechtsgrundlage entbehrt. An dieser Stelle ist der Nachweis des Nichtvorhandenseins größerer Fehlzeiten insoweit nicht zu fordern, weil auch während der Fehlzeit eine Beitragspflicht der LPG bestand, von deren Erfüllung der Senat ausgeht.

Der Senat schließt sich aber ausdrücklich der Ansicht des Bundessozialgerichts an, wonach das Fremdrentengesetz in der hier anzuwendenden Fassung (Mai 2004) zumindest insoweit auf dem Eingliederungsprinzips beruht, als Beitragszeiten, die nicht durch eine entsprechende Beschäftigung bzw. Arbeitsleistung im Beschäftigungsverhältnis "gedeckt" sind, vor dem FRG nicht geschützt werden. Die Gleichstellung von Beitragszeiten ohne Anknüpfung an das Erwerbsleben oder an vom deutschen Gesetzgeber als vergleichbar bewertete Tatbestände würde in der Tat eine nicht zu rechtfertigende systemfremde Begünstigung der Berechtigten nach dem FRG gegenüber den Versicherten nach dem SGB VI darstellen (BSG, Urteil vom 12.02.2009, B 5 R 40/08 R).

Allerdings ist der Senat - zumindest für Rentenfeststellungen auf der Grundlage des FRG in den ab dem 01.01.1992 geltenden Fassungen - der Ansicht, dass das Eingliederungsprinzip bereits durch § 26 FRG in der seit dem 01.01.1992 im wesentlichen gleichgebliebenen Fassung vollständig umgesetzt wird, wobei diese Umsetzung auf der Zeitenbewertungsebene und keinesfalls auf der Zeitenanerkennungsebene erfolgt.

Nach § 26 FRG werden bei Anwendung des § 22 Abs. 1 FRG die Entgeltpunkte nur anteilsmäßig berücksichtigt, wenn Beitrags- und Beschäftigungszeiten nur für einen Teil eines Kalenderjahres angerechnet werden (Satz 1). Für Zeiten, in denen der Versicherte innerhalb eines Kalenderjahres teilzeitbeschäftigt oder unständig beschäftigt war, werden Entgeltpunkte mit dem auf den Teilzeitraum entfallenden Anteil berücksichtigt (Satz 3). Dabei werden für Zeiten einer Beschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von weniger als 10 Stunden in der Woche Entgeltpunkte nicht ermittelt (Satz 4). Der Wortlaut "Entgeltpunkte nur anteilsmäßig berücksichtigt" und "Entgeltpunkte mit dem auf den Teilzeitraum entfallenden Anteil berücksichtigt" und "Entgeltpunkte nicht ermittelt" lässt eine Berücksichtung der Nichtvollzeitarbeit bzw. der Nichtarbeit im Rahmen der Anerkennung der Beitragszeiten nicht zu, sondern setzt die erfolgte Anerkennung voraus.

Für die im Rahmen der Prüfung der nach § 26 FRG relevanten Tatsachen reicht deren Glaubhaftmachung aus. Denn nach § 4 FRG genügt es für die Feststellung der "nach diesem Gesetz erheblichen Tatsachen", wenn sie glaubhaft gemacht sind. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (Absatz 1). Dies gilt auch für außerhalb der Bundesrepublik Deutschland eingetretene Tatsachen, die nach den allgemeinen Vorschriften erheblich sind (Absatz 2).

Gelingt die Glaubhaftmachung der nach § 26 FRG erheblichen Tatsachen, sind nach Überzeugung des Senates die ermittelten Entgeltpunkte nicht um ein Sechstel zu kürzen. Denn § 22 Abs. 3 FRG schafft eine Rechtsgrundlage für eine Kürzung um ein Sechstel der nicht nachgewiesenen, sondern nur glaubhaft gemachten Entgeltpunkte nur "für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten". Der Begriff der Beitragszeiten knüpft dabei an § 15 Abs. 1 FRG und derjenige der Beschäftigungszeiten an § 16 FRG sowie § 15 Abs. 3 FRG und nicht an einen vor § 26 FRG glaubhaft zu machenden Umfang der tatsächlichen Arbeitsleistung an.

Soweit der 5. Senat des Bundessozialgerichts (BSG vom 12.02.2009, a.a.O.) die Berücksichtung des der Beitragszeit zugrunde liegenden Arbeitsumfangs über die Vorschrift des § 15 Abs. 3 Satz 3 Buchstabe c i.V.m. § 26 S. 4 FRG auf die Ebene der Beitragszeitanerkennung hebt, womit der Anwendung des § 22 Abs. 3 FRG nichts mehr im Wege steht, folgt dem der Senat - zumindest für Fälle der Rentenfeststellung ab dem 01.01.1992 - nicht (vgl. BSG 13. Senat v. 19.11.2009 a. a. O.). Sowohl die systematische Stellung als auch die Ratio der Norm sprechen dafür, § 15 Abs. 3 Satz 3 FRG auf Beschäftigungszeiten im Sinne des § 15 Abs. 3 Sätze 1 und 2 FRG zu beschränken.

Nach dieser Vorschrift stehen nach ausländischem Recht grundsätzlich versicherungspflichtige Zeiten einer Beschäftigung, für die Beiträge an einen Träger eines ausländischen Systems der sozialen Sicherheit aber gerade nicht entrichtet worden sind, deutschen Beitragszeiten gleich. Insoweit wird über die Tätigkeit die Beitragszeit fingiert. Eine Zeitenanerkennung soll aber nur dann erfolgen, wenn bei gedachter Tätigkeit in Deutschland Beitragspflicht zur Rentenversicherung bestanden hätte (vgl. letzter Halbsatz des § 15 Abs. 3 S. 1 FRG). § 15 Abs. 3 S. 3 Buchst. c stellt klar, dass dies auch hinsichtlich des zeitlichen Umfangs gelten soll (BT-Drs. 11/4124 zu Art. 10 Nr. 1 b). Beschäftigungen sollen danach keine Beitragszeiten fingieren, wenn die Tätigkeit einer solchen in einem geringfügigen Umfang entspricht, was letztlich unserer Versicherungsfreiheit wegen geringfügiger Beschäftigung vergleichbar ist. Ohne diese Regelung wäre gleichwohl eine Beitragszeit zu fingieren, die gem. § 26 S. 4 FRG nicht mit Entgeltpunkten zu bewerten wäre. Dadurch ergäbe sich jedoch eine höhere Gesamtleistungsbewertung als bei einer Zeitennichtanerkennung. Nur dort, wo es um Fiktion von Beitragszeiten aus einer Beschäftigung geht, bedarf es einer Norm, die, wie § 26 FRG, nicht auf der Bewertungsebene umsetzt, sondern die Fingierung von Beitragszeiten aufgrund Beschäftigungsausübung verhindert. Ist umgekehrt die Beitragszeit gem. § 15 Abs. 1 FRG bereits nachgewiesen, bedarf es eines Ausschlusses der Fiktion von Beitragszeiten aufgrund der Ausübung einer (geringfügigen) Beschäftigung nicht.

Der Senat kann offen lassen, ob für Rentenfeststellungen vor dem 01.01.1992 das Eingliederungsprinzips abweichend davon nicht auf der Ebene der Anerkennung von Beitragszeiten gelöst werden muss, zumal zu dieser Zeit § 26 FRG nur in einer Fassung existierte, die die Sätze 2 bis 4 nicht enthielt.

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger im streitigen Zeitraum in der LPG R. durchgehend - mithin auch in den Wintermonaten - arbeitete. Dies ergibt sich bereits aus der glaubhaft geschilderten Art der Tätigkeit als Pferdewirt und Viehhüter. Die schriftlichen Schilderungen des Klägers erschienen dem Senat glaubhaft.
Der Senat glaubt dem Kläger auch, dass die jeweilige Jahresplannormgröße 100 bzw. 70 nur in Vollzeitarbeit zu schaffen war. Der Senat geht in Übereinstimmung mit den Beteiligten davon aus, dass die für Mitglieder aufgestellte Arbeitsnorm der LPG unter anderem ein Maß für die Arbeitsmenge und nicht für die tägliche Arbeitszeit war. So erbrachte beispielsweise die Bestellung eines Ackers einer bestimmten Größe eine bestimmte Normgutschrift. Damit vermochte jede LPG ihre eigene Normeinheit zu schaffen und ggf. zu verändern. Wie der Senat weiß, war es in manchen Genossenschaften üblich, dass auch der Umfang der Einbringung von Sachmitteln die Arbeitsnorm beeinflussen konnte, insbesondere dann, wenn mehr als das Standardmaß an Sachmitteln eingebracht worden war. Gleichwohl vermag die Festlegung einer bestimmten Arbeitsmenge den Schluss auf eine Vollzeittätigkeit zuzulassen, weil die Norm ansonsten nicht erfüllt werden konnte. Angesichts der permanenten und deutlichen Normübererfüllung vermag auch der nicht ausschließbare Einfluss einer Sachmittelkomponente auf die Normerfüllung die Überzeugung des Senats nicht zu erschüttern, dass der Kläger mit seinem Vortrag, in diesen Jahren in Vollzeit tätig gewesen zu sein, die Wahrheit spricht.

Aber selbst dann, wenn man das in den Jahren 1959 bis 1965 geltende durchschnittliche Plannormniveau von ca. 120 zum Maßstab der Vollzeittätigkeit erheben würde, hätte der Kläger diese Norm mit Ausnahme einer Unterschreitung im Jahr 1972 zum Teil deutlich überfüllt.

Im Ergebnis wird die Altersrente des Klägers neu zu berechnen sein, wobei der gesamte Zeitraum 01.01.1966 bis zum 31.12.1972 als nachgewiesene Pflichtbeitragszeit anzuerkennen ist. Die Entgeltpunkte sind nicht nach § 26 FRG zu vermindern.

Da sich damit eine höhere Entgeltpunktbewertung der Pflichtbeitragszeiten ergibt, greift letztlich der Antrag nach § 44 Abs. 1 SGB X durch. Damit kann der Gerichtsbescheid vom 22.01.2010 im Ergebnis Bestand haben. Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG und beruht auf dem Umstand, dass der Kläger obsiegt hat.

Gründe dafür, die Revision zuzulassen, sind nicht erkennbar.
Rechtskraft
Aus
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