Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 256/09 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 53/10
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
In Österreich in den Jahren 2004 bis 2008 zurückgelegte Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld und Krankengeld sind keine Zeiten mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts
Landshut vom 4. November 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die Klägerin einen Anspruch auf Altersrente für Frauen hat.
Die 1948 in Kroatien geborene Klägerin, deutsche Staatsangehörige mit derzeitigem Wohnsitz in Österreich, hat von Oktober 1970 bis August 1972 in Kroatien, von November 1974 bis April 1975 und von September 1976 bis September 1978 in Bosnien, von April 1979 bis Januar 1984 in Slowenien, von Mai 1986 bis Dezember 1993 in Serbien sowie von September 2000 bis August 2004 in Deutschland versicherungspflichtig gearbeitet. In Österreich war die Klägerin vom 3. Dezember 2004 bis 6. Dezember 2004 versicherungspflichtig beschäftigt und bezog anschließend ab 7. Dezember 2004 bis 23. Juni 2005 Arbeitslosengeld, vom 24. Juni 2005 bis 3. Juli 2005 Krankengeld, ab 4. Juli 2005 bis 17. Juli 2005 sowie vom 14. August 2005 bis 31. August 2008 erneut Arbeitslosengeld. Insoweit wurden der Klägerin von der Pensionsversicherungsanstalt Landesstelle A-Stadt 45 Monate mit gleichgestellten Zeiten (Arbeitslosengeldbezug) bescheinigt. Seit 1. September 2008 bezieht die Klägerin Alterspension vom österreichischen Versicherungsträger. Vom 1. September 2009 bis 31. Oktober 2009 war die Klägerin erneut als Arbeiterin in Österreich versicherungspflichtig beschäftigt.
Mit Antrag vom 12. August 2008 begehrte die Klägerin über den österreichischen Versicherungsträger Altersrente für Frauen von der Beklagten.
Mit angefochtenem Bescheid vom 30. September 2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zwar sei unter Berücksichtigung der im ehemaligen Jugoslawien zurückgelegten Versicherungszeiten die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt. Die Klägerin habe jedoch nach Vollendung des 40. Lebensjahres auch unter Berücksichtigung der serbischen und der sonstigen im ehemaligen Jugoslawien zurückgelegten Versicherungszeiten nicht mehr als zehn Jahre Pflichtbeiträge.
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin unter Vorlage ihres Arbeitsbuches geltend, sie sei im ehemaligen Jugoslawien ca. 17,5 Jahre beschäftigt gewesen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2009 zurück. Die Klägerin habe nach Vollendung ihres 40. Lebensjahres am 22. August 1988 nicht mindestens 121 Kalendermonaten mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nachgewiesen. In Anwendung des Art. 25 Abs. 1 des Abkommens vom 12. Oktober 1968 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (DSJVA) seien die ausländischen Versicherungszeiten von 23. August 1988 (Vollendung des 40. Lebensjahres) bis 8. Dezember 1993 mit einem Umfang von 65 Kalendermonaten zu berücksichtigen. Ab 4. September 2000 bis 24. August 2004 seien 48 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden. Mit insgesamt 113 Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit seien die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt.
Zur Begründung der hiergegen zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage trug die Klägerin vor, sie habe im ehemaligen Jugoslawien ca. 17 Jahre und in Österreich ca. 4 Jahre mit Versicherungszeiten. Damit sei ein Anspruch auf Altersrente gegeben.
Mit Urteil vom 4. November 2009 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin habe nach Vollendung des 40. Lebensjahres nicht mehr als zehn Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit. Dieses Erfordernis sei mit Wirkung vom 1. Januar 1996 eingeführt worden. Bis dahin reichten für die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen Pflichtbeitragszeiten. Im maßgeblichen Zeitraum seien nur 113 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Die in Österreich zurückgelegten gleichgestellten Zeiten seien nicht als Pflichtbeitragszeiten anzuerkennen, da es sich lediglich um gleichgestellte Zeiten und nicht um Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit handele.
Mit der hiergegen zum Bayerischen Landessozialgericht erhobenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung verweist sie erneut darauf, dass die im ehemaligen Jugoslawien (ca. 17 Jahre) und die in Österreich zurückgelegten Versicherungszeiten (ca. 4 Jahre und 2 Monate) aufgrund der zwischenstaatlichen Abkommen angerechnet werden müssten. Ein Anspruch auf Altersrente sei damit gegeben.
Der Senat hat eine Auskunft des österreichischen Versicherungsträgers eingeholt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 4. November 2009 sowie des Bescheids vom 30. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2009 zu verurteilen, ab 1. September 2008 Altersrente für Frauen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu leisten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 30. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2009 abgewiesen. Der Klägerin steht keine Altersrente für Frauen zu, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind.
Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Klägerin auf Altersrente für Frauen ist § 237a Abs. 1 SGB VI. Danach haben versicherte Frauen Anspruch auf Altersrente, wenn sie vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, das 60. Lebensjahr vollendet, nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr als 10 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.
Der Klägerin steht keine Altersrente für Frauen zu, da sie nach Vollendung des 40. Lebensjahres nicht mehr als zehn Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt hat.
Auf die erforderlichen 121 Monate werden zunächst die von der Klägerin im Zeitraum September 2000 bis August 2004 in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten 48 Monate mit Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit angerechnet. Darüber hinaus hat die Klägerin in Serbien von August 1988 bis Dezember 1993 insgesamt 65 Monate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt. Diese Zeiten sind gemäß Art. 25 Abs. 1 des deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens vom 12. Oktober 1968 (DJSVA 1968) auf die Zeit von mehr als 10 Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit anrechenbar. Sind nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten anrechnungsfähige Versicherungszeiten vorhanden, so werden nach dieser Bestimmung für den Erwerb des Leistungsanspruchs nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften auch die Versicherungszeiten berücksichtigt, die nach den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaates anrechnungsfähig sind und nicht auf dieselbe Zeit entfallen. Damit werden die nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland und der nach dem Recht Serbiens zurückgelegten Versicherungszeiten zusammengezählt. Das DJSVA 1968 ist im Verhältnis zur jetzigen Republik Serbien weiterhin anwendbar, da diese Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Sozialistischen Föderation Republik Jugoslawien und völkerrechtlich mit ihr identisch ist.
Zu diesen insgesamt 113 Monaten sind die vom österreichischen Versicherungsträger bestätigten 45 Kalendermonate mit gleichgestellten Zeiten von Dezember 2004 bis August 2008 nicht hinzu zu addieren.
Die Anrechnung dieser in Österreich zurückgelegten Zeiten bestimmt sich zunächst nach dem zum Zeitpunkt der Antragstellung und dem Eintritt des Leistungsfalls im August 2008 noch gültigen Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 (VO Nr. 1408/71). Diese Verordnung ist nach ihrem Artikel 2 Abs. 1 auf die Klägerin anwendbar, da diese als deutsche Staatsbürgerin Staatsangehörige eines Mitgliedstaats ist.
Ist nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats der Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Anspruchs auf die Leistungen eines Systems, das kein Sondersystem im Sinne des Absatzes 2 oder 3 ist, davon abhängig, dass Versicherungs- oder Wohnzeiten zurückgelegt worden sind, berücksichtigt der zuständige Träger dieses Mitgliedstaats, soweit erforderlich, gemäß Art. 45 Abs. 1 Satz 1 VO Nr. 1408/71 die nach den Rechtsvorschriften jedes anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten. Zu diesem Zweck berücksichtigt er diese Zeiten, als ob es sich um nach den von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften zurückgelegte Zeiten handelte (Art. 45 Abs. 1 S. 2 VO Nr. 1408/71).
Die Klägerin war in Österreich ausweislich des Versicherungsdatenauszugs vom 27. September 2010 vom 3. Dezember 2004 bis 6. Dezember 2004 versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend bezog sie vom 7. Dezember 2004 bis 31. August 2008 Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld. Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass diese zuletzt genannten Zeiten keine Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit sind, obwohl nach deutschem Recht Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld gem. § 55 Abs. 2 SGB VI als Zeiten mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit anzusehen sind. Denn Art und Umfang der Versicherungszeiten bestimmt der zuständige Träger des Staates mit verbindlicher Wirkung, nach dessen Vorschriften sie zurückgelegt sind (BSG, Urteil vom 25. Februar 1992, Az. 4 RA 28/91; SozR 3-6050), hier also der österreichische Versicherungsträger. Dieser hat jedoch keine Beitragszeiten, sondern gleichgestellte Zeiten gemeldet. Gleichgestellte Zeiten sind - wie sich aus Artikel 1 r) VO Nr. 1408/71 ergibt - keine Beitragszeiten für eine versicherungspflichtige Beschäftigung. Unter diesen Begriff fallen vielmehr Ersatz-, Berücksichtigungs-, Anrechnungs- und Zurechnungszeiten (vgl. Kunhardt/Lais/Petersen, EU/EWR, S. 90).
Einer Berücksichtigung der in Österreich zurückgelegten Versicherungszeiten als Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit steht darüber hinaus das sog. Kumulierungsverbot entgegen, also der Ausschluss der multilateralen Zusammenrechnung von Versicherungszeiten.
Ein solches Verbot ergibt sich zwar nicht aus Art. 25 Abs. 1 DSJVA 1968, obwohl diese Bestimmung im Verhältnis von der Bundesrepublik Deutschland und Serbien nur die Berücksichtigung der Zeiten nach den Rechtsvorschriften beider Staaten erwähnt, nicht hingegen Versicherungszeiten, die nach dem Recht eines Drittstaates oder einer Staatengemeinschaft zurückgelegt worden sind. Zudem ist in Artikel 2 Abs. 1 Nr. 1 c, Nr. 2 c DSJVA geregelt, dass sich das Abkommen auf die deutschen Rechtsvorschriften über die Rentenversicherung und auf die jugoslawischen Rechtsvorschriften über die Invalidenversicherung bezieht. Aus Artikel 2 Abs. 2 DSJVA geht hervor, dass Rechtsvorschriften im Sinne des Absatzes 2 nicht diejenigen sind, die sich für einen Vertragsstaat aus zwischenstaatlichen Verträgen oder überstaatlichem Recht ergeben oder zu deren Ausführung dienen, soweit sie nicht Versicherungslastregelungen enthalten. Hieraus allein resultiert nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts jedoch nicht ein Verbot einer multilateralen Zusammenrechnung. Vielmehr besagen diese Regelungen nur, dass sich die im Abkommen getroffenen Regelungen grundsätzlich allein im Verhältnis der beiden Vertragsstaaten zueinander auswirken, nicht aber zugleich auf das Abkommen eines Vertragspartners mit einem dritten Staat erstrecken. Dadurch werde verhindert, dass die Regelung einer zwischenstaatlichen Vereinbarung, die ein Vertragspartner mit einem anderen Staat geschlossen hat und die durch das Zustimmungsgesetz innerstaatliches Recht geworden ist, von dem anderen Vertragspartner bei der Durchführung des Vertrages berücksichtigt werden muss, obwohl er mit dem dritten Staat kein Abkommen getroffen hat. Die nicht gewünschte Belastung eines anderen Staates durch ein weiteres Sozialversicherungsabkommen trete aber nicht ein, wenn lediglich der deutsche Versicherungs-träger die jeweiligen Zeiten für die Berechnung der Wartezeit kumulativ berücksichtigen muss (vgl. BSGE 34, 90).
Auf diese Rechtsprechung des BSG hin erfolgte jedoch eine Änderung in einer Reihe von Sozialversicherungsabkommen. So wurde auch in das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über soziale Sicherheit vom 22. Dezember 1966 (DÖSVA 1966) in Nr. 2 d des Schlussprotokolls zum Abkommen in der Form des dritten Zusatzabkommens zum DÖSVA 1966 vom 29. August 1980, in Kraft ab 1. Juli 1982, eine Regelung aufgenommen, die dem deutschen Träger bei der Anwendung des deutsch-österreichischen Abkommens die gleichzeitige Anwendung eines bilateralen Abkommens, dessen Voraussetzungen ebenfalls erfüllt sind, verbietet. Sind außer den Voraussetzungen für die Anwendung des Abkommens auch die Voraussetzungen für die Anwendung eines anderen Abkommens oder einer überstaatlichen Regelung erfüllt, so lässt der deutsche Träger danach bei Anwendung des Abkommens das andere Abkommen oder die überstaatlichen Regelung unberücksichtigt, soweit diese nichts anderes bestimmen. Für Versicherungsfälle nach dem 30. Juni 1982 ergibt sich hieraus, dass eine multilaterale Anwendung des DJSVA 1966 und des DÖSVA 1966 also nicht mehr in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 20. April 1993 - 5 RJ 60/91, in juris).
Das DÖSVA 1966 ist zwar außer Kraft getreten. Österreichs ist am 1. Januar 1994 dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) beigetreten. Dies hatte zur Folge, dass am 4. Oktober 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich das Abkommen über soziale Sicherheit (DÖSVA 1995) abgeschlossen worden ist, das seit 1. Oktober 1998 in Kraft und ausdrücklich an die Stelle des DÖSVA 1966 einschließlich des Dritten Zusatzabkommens vom 29. August 1980 getreten ist. Das DÖSVA 1995 ist unter Berufung auf Art. 8 VO Nr. 1408/71, nach dem zwei oder mehr Mitgliedstaaten, soweit ein Bedürfnis besteht, nach den Grundsätzen und dem Geist dieser Verordnung miteinander Abkommen schließen können, abgeschlossen worden. Das DÖSVA 1995 gilt nach seinem Art. 3 Abs. 1 für Personen, die vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 erfasst sind und damit auch für die Klägerin. Der sachliche Anwendungsbereich ist gemäß Artikel 1 Abs. 1 DÖSVA 1995 eröffnet. In Art. 1 Abs. 2 findet sich eine Regelung, die der Nr. 2 d des Schlussprotokolls zum DÖSVA 1966 entspricht. Sind außer den Voraussetzungen für die Anwendung des Abkommens auch die Voraussetzungen für die Anwendung eines anderen Abkommens erfüllt, so lässt nach dieser Bestimmung der deutsche Träger bei Anwendung des Abkommens das andere Abkommen unberücksichtigt. Auf Personen, die vom persönlichen Anwendungsbereich des DÖSVA 1995 erfasst werden, sind sowohl die Bestimmungen der VO Nr. 1408/71 als auch das DÖSVA 1995 und hierbei Artikel 1 Abs. 2 DÖSVA anzuwenden mit der Folge, dass bei einer Berücksichtigung von österreichischen Versicherungszeiten gemäß Art. 45 Abs. 1 Satz 1 VO Nr. 1408/71 eine Anwendung eines anderen Abkommens, hier des DJSVA 1966, nicht in Betracht kommt. Eine Kumulierung der Versicherungszeiten ist damit nach wie vor ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist ein Kumulierungsverbot europarechtlich nicht zu beanstanden, wenn ein solches in einem Sozialversicherungsabkommen mit einem Drittstaat geregelt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 2. August 1993, Az. C 23/92 (Grana Nuova) auf den Vorlagebeschluss des BSG vom 28. August 1991, Az. 13/5 RJ 40/89, hin). Nach Auffassung des Senats gilt das gleiche, wenn ein derartiges Verbot in einem Vertrag zwischen zwei Mitgliedstaaten geregelt ist, da der Anwendungsbereich der VO Nr. 1708/71 sich nicht auf die Anrechnung von Versicherungszeiten in einem Drittstaat bezieht. Aus dem europarechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung folgt nur die Verpflichtung eines Mitgliedstaats, der mit einem Drittstaat ein bilaterales Abkommen abschließt, den Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten die gleichen Vorteile zu gewähren, die auch seinen eigenen Staatsangehörigen aufgrund dieses Abkommens zustehen, es sei denn, dass er eine objektive Rechtfertigung für seine Weigerung vorbringen kann (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Januar 2002, C-55/00, Gottardo). Soweit ein Mitgliedstaat in einem Sozialversicherungsabkommen mit einem anderen Mitgliedstaat den Vorteil der multilateralen Zusammenrechnung von Versicherungszeiten sowohl für seine eigenen Staatsangehörigen als auch für Dritte ausschließt, ist der Grundsatz der Gleichbehandlung hingegen nicht negativ tangiert.
Durch das Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO Nr. 883/2004) ändert sich an diesem Ergebnis nichts.
Soweit in der VO Nr. 883/2004 nichts anderes bestimmt ist, berücksichtigt nach Art. 6 Satz 1 1. Alternative VO Nr. 883/2004 der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften den Erwerb, die Aufrechterhaltung, die Dauer oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs von der Zurücklegung von Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten, Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder Wohnzeiten abhängig machen, soweit erforderlich die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten, Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder Wohnzeiten, als ob es sich um Zeiten handeln würden, die nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sind.
Diese Bestimmung entspricht grundsätzlich der Regelung des Art. 45 Abs. 1 VO Nr. 1408/71. Eine Änderung ergibt sich allerdings dadurch, dass nunmehr in Artikel 5 im Gegensatz zu den Bestimmungen der VO Nr. 1408/71 generell der Grundsatz der Sachverhaltsgleichstellung normiert worden ist. Nach Artikel 5 VO 883/2004 gilt, soweit in der Verordnung nichts anderes bestimmt ist, unter Berücksichtigung der besonderen Durchführungsbestimmungen Folgendes:
Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen, so berücksichtigt dieser Mitgliedstaat die in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen entsprechenden Sachverhalte oder Ereignisse, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären.
Der Grundsatz, dass bestimmte Sachverhalte oder Ereignisse, die im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats eingetreten sind, so zu behandeln sind, als ob sie im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften Anwendung finden, eingetreten wären, dürfen nach dem Erwägungsgrund Nr. 10 der VO Nr. 883/2004 nicht zu einem Widerspruch mit dem Grundsatz der Zusammenrechnung von Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten, Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder Wohnzeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt worden sind, mit Zeiten, die nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats zurückgelegt worden sind, führen. Zeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt worden sind, sollten deshalb nur durch die Anwendung des Grundsatzes der Zusammenrechnung der Zeiten berücksichtigt werden. Der Erwägungsgrund Nr. 11 legt dar, dass die Gleichstellung von Sachverhalten oder Ereignissen, die in einem Mitgliedstaat eingetreten sind, nicht bewirkt, dass ein anderer Mitgliedstaat zuständig wird oder dessen Rechtsvorschriften anwendbar werden.
Aus dem Beschluss Nr. H6 der Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vom 16. Dezember 2010 über die Anwendung bestimmter Grundsätze für die Zusammenrechnung der Zeiten gemäß Art. 6 VO Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Amtsblatt der Europäischen Union C45/5 vom 12. Februar 2011) und insbesondere aus den im Anhang aufgeführten Beispiel Nr. 2 geht hervor, dass bei einer Mitteilung eines Mitgliedstaats (hier die Republik Österreich) über das Vorliegen von gleichgestellten Zeiten, der andere Mitgliedstaat (hier die Bundesrepublik Deutschland) diese in einem ersten Schritt zum Zwecke der Zusammenrechnung berücksichtigen muss. In einem zweiten Schritt hat der andere Mitgliedstaat (hier Deutschland) nach seinen nationalen Rechtsvorschriften zu prüfen, ob die festgelegten sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind und ob diese Voraussetzungen in nicht diskriminierender Weise angewandt werden. In dem Beispielsfall des Beschlusses Nr. H6 hatte der andere Versicherungsstaat zu prüfen, ob die mitgeteilten gleichgestellten Zeiten des Studiums mit der "tatsächlichen Ausübung einer Erwerbstätigkeit" in Zusammenhang stehen, die nach den Vorschriften dieses Mitgliedstaats erforderlich waren, um die Wartezeit von 35 Jahren zu erfüllen. Da dies zu verneinen ist und auch keine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit vorliegt, war dieser Staat nicht gehalten, eine vorgezogene Altersrente zu gewähren.
In der Bundesrepublik Deutschland sind versicherungspflichtig zur gesetzlichen Rentenversicherung Personen in der Zeit, für die sie von einem Leistungsträger Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld beziehen, wenn sie im letzten Jahr vor Beginn der Leistung zuletzt versicherungspflichtig waren (vgl. § 3 Nr. 3 SGB VI). Die Beiträge werden im Falle des Bezugs von Arbeitslosengeld vom Leistungsträger getragen (§ 170 Abs. 1 Nr. 2 b SGB VI), im Falle des Bezugs von Krankengeld von den Beziehern der Leistung und den Leistungsträgern je zur Hälfte, soweit sie auf die Leistung entfallen und diese Leistungen nicht in Höhe der Leistungen der Bundesagentur für Arbeit zu zahlen sind, im Übrigen vom Leistungsträger; die Beiträge werden auch dann von den Leistungsträgern getragen, wenn die Bezieher der Leistung zur Berufsausbildung beschäftigt sind und das der Leistung zu Grunde liegende Arbeitsentgelt auf den Monat bezogen 400.- Euro nicht übersteigt (vgl. §170 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI).
§ 55 Abs. 2 SGB VI fingiert nur, dass es sich bei diesen, eigentlich auf einem Leistungsbezug beruhenden Pflichtbeiträgen um solche für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit handelt, nicht hingegen die Beitragsentrichtung als solche entweder durch den Leistungsträger oder durch diesen zusammen mit dem Versicherten. In Österreich wurden im strittigen Zeitraum jedoch im fraglichen Zeitraum nicht während des Bezugs von Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld Pflichtversicherungsbeiträge zum dortigen Rentenversicherungsträger entrichtet. Aus der Aufstellung der Beitragsgrundlagen ab 1972 im Versicherungsdatenauszug vom 27. September 2010 sind für die Jahre 2005 bis 2008 keine Eintragungen vorhanden. Die Angaben in den Jahren 2004 und 2009 beziehen sich allein auf die Beitragszahlungen durch den letzten Arbeitgeber der Klägerin in Österreich (Serbisch-Orthodoxe Kirche "Z. H. S."). Mangels tatsächlicher Beitragszahlung in Österreich während des Bezugs dieser Entgeltersatzleistungen kann nur der Sachverhalt "Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld" gleichgestellt werden, nicht hingegen der Sachverhalt "Entrichtung von Pflichtbeiträgen während des Bezugs von Arbeitslosengeld". Damit können auch die österreichischen Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld und Krankengeld nicht gem. § 55 Abs. 2 SGB VI Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gleichgestellt werden, da es an der tatsächlichen Zahlung von Pflichtbeiträgen in Österreich mangelt. Eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit liegt nicht vor. Die Klägerin als deutsche Staatsangehörige ist in gleicher Weise betroffen wie es Versicherte anderer Staatsangehörigkeit wären.
Selbst wenn man dessen ungeachtet unter der Geltung der VO Nr. 883/2004 die österreichischen gleichgestellten Zeiten gem. § 55 Abs. 2 SGB VI als Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ansehen würde, wäre ein Rentenanspruch der Klägerin dennoch nicht gegeben, da diese nicht zusätzlich zu den serbischen und den deutschen Versicherungszeiten berücksichtigt werden dürften. Das Kumulierungsverbot des Artikel 2 Abs. 2 DÖSVA 1995 gilt fort. Nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 VO NR. 883/2004 tritt diese Verordnung zwar an die Stelle aller zwischen den Mitgliedstaaten geltenden Abkommen über soziale Sicherheit, dies jedoch nur im Rahmen ihres Geltungsbereichs. Der Geltungsbereich der VO Nr. 883/2004 bezieht sich jedoch nicht auf Regelungen von Sozialversicherungsabkommen über den Ausschluss einer multilateralen Zusammenrechnung von Versicherungszeiten mit Drittstaaten, da diese nicht der Regelungskompetenz der EU unterfallen. In dem Beschluss Nr. H6 ist erneut ausdrücklich festgehalten, dass der Grundsatz anzuerkennen ist, wonach die Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer nationalen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der sozialen Sicherheit zuständig bleiben, sofern diese Voraussetzungen in nicht diskriminierender Weise angewendet werden. Dieser Grundsatz wird durch den Grundsatz der Zusammenrechnung nicht berührt. Die Bundesrepublik Deutschland hat im Rahmen des Art. 2 Abs. 2 DÖSVA 1995 eine durch das Ausführungsgesetz vom 30. März 1998 (BGBl 1998 II S. 312) in nationales Recht transformierte Regelung geschaffen, mit der eine multilaterale Zusammenrechnung von Versicherungszeiten ausgeschlossen ist. Diese nationale Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen wird durch EU-Recht nicht tangiert. Eine diskriminierende Anwendung dieser nationalen Bestimmung liegt nicht vor, da die Staatsangehörigkeit für ihre Anwendung keine Rolle spielt. Auch bei deutschen Staatsangehörigen darf wegen der Regelung des Art. 2 Abs. 2 DÖSVA 1995 keine multilaterale Zusammenrechnung von deutschen, österreichischen und serbischen Versicherungszeiten erfolgen.
Da damit nicht alle Voraussetzungen für die Gewährung einer Altersrente für Frauen gemäß § 237a Abs. 1 SGB VI erfüllt sind, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§ 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG) berücksichtigt den Umstand, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Landshut vom 4. November 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die Klägerin einen Anspruch auf Altersrente für Frauen hat.
Die 1948 in Kroatien geborene Klägerin, deutsche Staatsangehörige mit derzeitigem Wohnsitz in Österreich, hat von Oktober 1970 bis August 1972 in Kroatien, von November 1974 bis April 1975 und von September 1976 bis September 1978 in Bosnien, von April 1979 bis Januar 1984 in Slowenien, von Mai 1986 bis Dezember 1993 in Serbien sowie von September 2000 bis August 2004 in Deutschland versicherungspflichtig gearbeitet. In Österreich war die Klägerin vom 3. Dezember 2004 bis 6. Dezember 2004 versicherungspflichtig beschäftigt und bezog anschließend ab 7. Dezember 2004 bis 23. Juni 2005 Arbeitslosengeld, vom 24. Juni 2005 bis 3. Juli 2005 Krankengeld, ab 4. Juli 2005 bis 17. Juli 2005 sowie vom 14. August 2005 bis 31. August 2008 erneut Arbeitslosengeld. Insoweit wurden der Klägerin von der Pensionsversicherungsanstalt Landesstelle A-Stadt 45 Monate mit gleichgestellten Zeiten (Arbeitslosengeldbezug) bescheinigt. Seit 1. September 2008 bezieht die Klägerin Alterspension vom österreichischen Versicherungsträger. Vom 1. September 2009 bis 31. Oktober 2009 war die Klägerin erneut als Arbeiterin in Österreich versicherungspflichtig beschäftigt.
Mit Antrag vom 12. August 2008 begehrte die Klägerin über den österreichischen Versicherungsträger Altersrente für Frauen von der Beklagten.
Mit angefochtenem Bescheid vom 30. September 2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zwar sei unter Berücksichtigung der im ehemaligen Jugoslawien zurückgelegten Versicherungszeiten die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt. Die Klägerin habe jedoch nach Vollendung des 40. Lebensjahres auch unter Berücksichtigung der serbischen und der sonstigen im ehemaligen Jugoslawien zurückgelegten Versicherungszeiten nicht mehr als zehn Jahre Pflichtbeiträge.
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin unter Vorlage ihres Arbeitsbuches geltend, sie sei im ehemaligen Jugoslawien ca. 17,5 Jahre beschäftigt gewesen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2009 zurück. Die Klägerin habe nach Vollendung ihres 40. Lebensjahres am 22. August 1988 nicht mindestens 121 Kalendermonaten mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nachgewiesen. In Anwendung des Art. 25 Abs. 1 des Abkommens vom 12. Oktober 1968 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (DSJVA) seien die ausländischen Versicherungszeiten von 23. August 1988 (Vollendung des 40. Lebensjahres) bis 8. Dezember 1993 mit einem Umfang von 65 Kalendermonaten zu berücksichtigen. Ab 4. September 2000 bis 24. August 2004 seien 48 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden. Mit insgesamt 113 Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit seien die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt.
Zur Begründung der hiergegen zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage trug die Klägerin vor, sie habe im ehemaligen Jugoslawien ca. 17 Jahre und in Österreich ca. 4 Jahre mit Versicherungszeiten. Damit sei ein Anspruch auf Altersrente gegeben.
Mit Urteil vom 4. November 2009 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin habe nach Vollendung des 40. Lebensjahres nicht mehr als zehn Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit. Dieses Erfordernis sei mit Wirkung vom 1. Januar 1996 eingeführt worden. Bis dahin reichten für die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen Pflichtbeitragszeiten. Im maßgeblichen Zeitraum seien nur 113 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Die in Österreich zurückgelegten gleichgestellten Zeiten seien nicht als Pflichtbeitragszeiten anzuerkennen, da es sich lediglich um gleichgestellte Zeiten und nicht um Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit handele.
Mit der hiergegen zum Bayerischen Landessozialgericht erhobenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung verweist sie erneut darauf, dass die im ehemaligen Jugoslawien (ca. 17 Jahre) und die in Österreich zurückgelegten Versicherungszeiten (ca. 4 Jahre und 2 Monate) aufgrund der zwischenstaatlichen Abkommen angerechnet werden müssten. Ein Anspruch auf Altersrente sei damit gegeben.
Der Senat hat eine Auskunft des österreichischen Versicherungsträgers eingeholt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 4. November 2009 sowie des Bescheids vom 30. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2009 zu verurteilen, ab 1. September 2008 Altersrente für Frauen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu leisten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 30. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2009 abgewiesen. Der Klägerin steht keine Altersrente für Frauen zu, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind.
Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Klägerin auf Altersrente für Frauen ist § 237a Abs. 1 SGB VI. Danach haben versicherte Frauen Anspruch auf Altersrente, wenn sie vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, das 60. Lebensjahr vollendet, nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr als 10 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.
Der Klägerin steht keine Altersrente für Frauen zu, da sie nach Vollendung des 40. Lebensjahres nicht mehr als zehn Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt hat.
Auf die erforderlichen 121 Monate werden zunächst die von der Klägerin im Zeitraum September 2000 bis August 2004 in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten 48 Monate mit Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit angerechnet. Darüber hinaus hat die Klägerin in Serbien von August 1988 bis Dezember 1993 insgesamt 65 Monate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt. Diese Zeiten sind gemäß Art. 25 Abs. 1 des deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens vom 12. Oktober 1968 (DJSVA 1968) auf die Zeit von mehr als 10 Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit anrechenbar. Sind nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten anrechnungsfähige Versicherungszeiten vorhanden, so werden nach dieser Bestimmung für den Erwerb des Leistungsanspruchs nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften auch die Versicherungszeiten berücksichtigt, die nach den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaates anrechnungsfähig sind und nicht auf dieselbe Zeit entfallen. Damit werden die nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland und der nach dem Recht Serbiens zurückgelegten Versicherungszeiten zusammengezählt. Das DJSVA 1968 ist im Verhältnis zur jetzigen Republik Serbien weiterhin anwendbar, da diese Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Sozialistischen Föderation Republik Jugoslawien und völkerrechtlich mit ihr identisch ist.
Zu diesen insgesamt 113 Monaten sind die vom österreichischen Versicherungsträger bestätigten 45 Kalendermonate mit gleichgestellten Zeiten von Dezember 2004 bis August 2008 nicht hinzu zu addieren.
Die Anrechnung dieser in Österreich zurückgelegten Zeiten bestimmt sich zunächst nach dem zum Zeitpunkt der Antragstellung und dem Eintritt des Leistungsfalls im August 2008 noch gültigen Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 (VO Nr. 1408/71). Diese Verordnung ist nach ihrem Artikel 2 Abs. 1 auf die Klägerin anwendbar, da diese als deutsche Staatsbürgerin Staatsangehörige eines Mitgliedstaats ist.
Ist nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats der Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Anspruchs auf die Leistungen eines Systems, das kein Sondersystem im Sinne des Absatzes 2 oder 3 ist, davon abhängig, dass Versicherungs- oder Wohnzeiten zurückgelegt worden sind, berücksichtigt der zuständige Träger dieses Mitgliedstaats, soweit erforderlich, gemäß Art. 45 Abs. 1 Satz 1 VO Nr. 1408/71 die nach den Rechtsvorschriften jedes anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten. Zu diesem Zweck berücksichtigt er diese Zeiten, als ob es sich um nach den von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften zurückgelegte Zeiten handelte (Art. 45 Abs. 1 S. 2 VO Nr. 1408/71).
Die Klägerin war in Österreich ausweislich des Versicherungsdatenauszugs vom 27. September 2010 vom 3. Dezember 2004 bis 6. Dezember 2004 versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend bezog sie vom 7. Dezember 2004 bis 31. August 2008 Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld. Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass diese zuletzt genannten Zeiten keine Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit sind, obwohl nach deutschem Recht Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld gem. § 55 Abs. 2 SGB VI als Zeiten mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit anzusehen sind. Denn Art und Umfang der Versicherungszeiten bestimmt der zuständige Träger des Staates mit verbindlicher Wirkung, nach dessen Vorschriften sie zurückgelegt sind (BSG, Urteil vom 25. Februar 1992, Az. 4 RA 28/91; SozR 3-6050), hier also der österreichische Versicherungsträger. Dieser hat jedoch keine Beitragszeiten, sondern gleichgestellte Zeiten gemeldet. Gleichgestellte Zeiten sind - wie sich aus Artikel 1 r) VO Nr. 1408/71 ergibt - keine Beitragszeiten für eine versicherungspflichtige Beschäftigung. Unter diesen Begriff fallen vielmehr Ersatz-, Berücksichtigungs-, Anrechnungs- und Zurechnungszeiten (vgl. Kunhardt/Lais/Petersen, EU/EWR, S. 90).
Einer Berücksichtigung der in Österreich zurückgelegten Versicherungszeiten als Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit steht darüber hinaus das sog. Kumulierungsverbot entgegen, also der Ausschluss der multilateralen Zusammenrechnung von Versicherungszeiten.
Ein solches Verbot ergibt sich zwar nicht aus Art. 25 Abs. 1 DSJVA 1968, obwohl diese Bestimmung im Verhältnis von der Bundesrepublik Deutschland und Serbien nur die Berücksichtigung der Zeiten nach den Rechtsvorschriften beider Staaten erwähnt, nicht hingegen Versicherungszeiten, die nach dem Recht eines Drittstaates oder einer Staatengemeinschaft zurückgelegt worden sind. Zudem ist in Artikel 2 Abs. 1 Nr. 1 c, Nr. 2 c DSJVA geregelt, dass sich das Abkommen auf die deutschen Rechtsvorschriften über die Rentenversicherung und auf die jugoslawischen Rechtsvorschriften über die Invalidenversicherung bezieht. Aus Artikel 2 Abs. 2 DSJVA geht hervor, dass Rechtsvorschriften im Sinne des Absatzes 2 nicht diejenigen sind, die sich für einen Vertragsstaat aus zwischenstaatlichen Verträgen oder überstaatlichem Recht ergeben oder zu deren Ausführung dienen, soweit sie nicht Versicherungslastregelungen enthalten. Hieraus allein resultiert nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts jedoch nicht ein Verbot einer multilateralen Zusammenrechnung. Vielmehr besagen diese Regelungen nur, dass sich die im Abkommen getroffenen Regelungen grundsätzlich allein im Verhältnis der beiden Vertragsstaaten zueinander auswirken, nicht aber zugleich auf das Abkommen eines Vertragspartners mit einem dritten Staat erstrecken. Dadurch werde verhindert, dass die Regelung einer zwischenstaatlichen Vereinbarung, die ein Vertragspartner mit einem anderen Staat geschlossen hat und die durch das Zustimmungsgesetz innerstaatliches Recht geworden ist, von dem anderen Vertragspartner bei der Durchführung des Vertrages berücksichtigt werden muss, obwohl er mit dem dritten Staat kein Abkommen getroffen hat. Die nicht gewünschte Belastung eines anderen Staates durch ein weiteres Sozialversicherungsabkommen trete aber nicht ein, wenn lediglich der deutsche Versicherungs-träger die jeweiligen Zeiten für die Berechnung der Wartezeit kumulativ berücksichtigen muss (vgl. BSGE 34, 90).
Auf diese Rechtsprechung des BSG hin erfolgte jedoch eine Änderung in einer Reihe von Sozialversicherungsabkommen. So wurde auch in das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über soziale Sicherheit vom 22. Dezember 1966 (DÖSVA 1966) in Nr. 2 d des Schlussprotokolls zum Abkommen in der Form des dritten Zusatzabkommens zum DÖSVA 1966 vom 29. August 1980, in Kraft ab 1. Juli 1982, eine Regelung aufgenommen, die dem deutschen Träger bei der Anwendung des deutsch-österreichischen Abkommens die gleichzeitige Anwendung eines bilateralen Abkommens, dessen Voraussetzungen ebenfalls erfüllt sind, verbietet. Sind außer den Voraussetzungen für die Anwendung des Abkommens auch die Voraussetzungen für die Anwendung eines anderen Abkommens oder einer überstaatlichen Regelung erfüllt, so lässt der deutsche Träger danach bei Anwendung des Abkommens das andere Abkommen oder die überstaatlichen Regelung unberücksichtigt, soweit diese nichts anderes bestimmen. Für Versicherungsfälle nach dem 30. Juni 1982 ergibt sich hieraus, dass eine multilaterale Anwendung des DJSVA 1966 und des DÖSVA 1966 also nicht mehr in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 20. April 1993 - 5 RJ 60/91, in juris).
Das DÖSVA 1966 ist zwar außer Kraft getreten. Österreichs ist am 1. Januar 1994 dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) beigetreten. Dies hatte zur Folge, dass am 4. Oktober 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich das Abkommen über soziale Sicherheit (DÖSVA 1995) abgeschlossen worden ist, das seit 1. Oktober 1998 in Kraft und ausdrücklich an die Stelle des DÖSVA 1966 einschließlich des Dritten Zusatzabkommens vom 29. August 1980 getreten ist. Das DÖSVA 1995 ist unter Berufung auf Art. 8 VO Nr. 1408/71, nach dem zwei oder mehr Mitgliedstaaten, soweit ein Bedürfnis besteht, nach den Grundsätzen und dem Geist dieser Verordnung miteinander Abkommen schließen können, abgeschlossen worden. Das DÖSVA 1995 gilt nach seinem Art. 3 Abs. 1 für Personen, die vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 erfasst sind und damit auch für die Klägerin. Der sachliche Anwendungsbereich ist gemäß Artikel 1 Abs. 1 DÖSVA 1995 eröffnet. In Art. 1 Abs. 2 findet sich eine Regelung, die der Nr. 2 d des Schlussprotokolls zum DÖSVA 1966 entspricht. Sind außer den Voraussetzungen für die Anwendung des Abkommens auch die Voraussetzungen für die Anwendung eines anderen Abkommens erfüllt, so lässt nach dieser Bestimmung der deutsche Träger bei Anwendung des Abkommens das andere Abkommen unberücksichtigt. Auf Personen, die vom persönlichen Anwendungsbereich des DÖSVA 1995 erfasst werden, sind sowohl die Bestimmungen der VO Nr. 1408/71 als auch das DÖSVA 1995 und hierbei Artikel 1 Abs. 2 DÖSVA anzuwenden mit der Folge, dass bei einer Berücksichtigung von österreichischen Versicherungszeiten gemäß Art. 45 Abs. 1 Satz 1 VO Nr. 1408/71 eine Anwendung eines anderen Abkommens, hier des DJSVA 1966, nicht in Betracht kommt. Eine Kumulierung der Versicherungszeiten ist damit nach wie vor ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist ein Kumulierungsverbot europarechtlich nicht zu beanstanden, wenn ein solches in einem Sozialversicherungsabkommen mit einem Drittstaat geregelt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 2. August 1993, Az. C 23/92 (Grana Nuova) auf den Vorlagebeschluss des BSG vom 28. August 1991, Az. 13/5 RJ 40/89, hin). Nach Auffassung des Senats gilt das gleiche, wenn ein derartiges Verbot in einem Vertrag zwischen zwei Mitgliedstaaten geregelt ist, da der Anwendungsbereich der VO Nr. 1708/71 sich nicht auf die Anrechnung von Versicherungszeiten in einem Drittstaat bezieht. Aus dem europarechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung folgt nur die Verpflichtung eines Mitgliedstaats, der mit einem Drittstaat ein bilaterales Abkommen abschließt, den Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten die gleichen Vorteile zu gewähren, die auch seinen eigenen Staatsangehörigen aufgrund dieses Abkommens zustehen, es sei denn, dass er eine objektive Rechtfertigung für seine Weigerung vorbringen kann (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Januar 2002, C-55/00, Gottardo). Soweit ein Mitgliedstaat in einem Sozialversicherungsabkommen mit einem anderen Mitgliedstaat den Vorteil der multilateralen Zusammenrechnung von Versicherungszeiten sowohl für seine eigenen Staatsangehörigen als auch für Dritte ausschließt, ist der Grundsatz der Gleichbehandlung hingegen nicht negativ tangiert.
Durch das Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO Nr. 883/2004) ändert sich an diesem Ergebnis nichts.
Soweit in der VO Nr. 883/2004 nichts anderes bestimmt ist, berücksichtigt nach Art. 6 Satz 1 1. Alternative VO Nr. 883/2004 der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften den Erwerb, die Aufrechterhaltung, die Dauer oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs von der Zurücklegung von Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten, Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder Wohnzeiten abhängig machen, soweit erforderlich die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten, Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder Wohnzeiten, als ob es sich um Zeiten handeln würden, die nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sind.
Diese Bestimmung entspricht grundsätzlich der Regelung des Art. 45 Abs. 1 VO Nr. 1408/71. Eine Änderung ergibt sich allerdings dadurch, dass nunmehr in Artikel 5 im Gegensatz zu den Bestimmungen der VO Nr. 1408/71 generell der Grundsatz der Sachverhaltsgleichstellung normiert worden ist. Nach Artikel 5 VO 883/2004 gilt, soweit in der Verordnung nichts anderes bestimmt ist, unter Berücksichtigung der besonderen Durchführungsbestimmungen Folgendes:
Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen, so berücksichtigt dieser Mitgliedstaat die in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen entsprechenden Sachverhalte oder Ereignisse, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären.
Der Grundsatz, dass bestimmte Sachverhalte oder Ereignisse, die im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats eingetreten sind, so zu behandeln sind, als ob sie im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften Anwendung finden, eingetreten wären, dürfen nach dem Erwägungsgrund Nr. 10 der VO Nr. 883/2004 nicht zu einem Widerspruch mit dem Grundsatz der Zusammenrechnung von Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten, Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder Wohnzeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt worden sind, mit Zeiten, die nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats zurückgelegt worden sind, führen. Zeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt worden sind, sollten deshalb nur durch die Anwendung des Grundsatzes der Zusammenrechnung der Zeiten berücksichtigt werden. Der Erwägungsgrund Nr. 11 legt dar, dass die Gleichstellung von Sachverhalten oder Ereignissen, die in einem Mitgliedstaat eingetreten sind, nicht bewirkt, dass ein anderer Mitgliedstaat zuständig wird oder dessen Rechtsvorschriften anwendbar werden.
Aus dem Beschluss Nr. H6 der Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vom 16. Dezember 2010 über die Anwendung bestimmter Grundsätze für die Zusammenrechnung der Zeiten gemäß Art. 6 VO Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Amtsblatt der Europäischen Union C45/5 vom 12. Februar 2011) und insbesondere aus den im Anhang aufgeführten Beispiel Nr. 2 geht hervor, dass bei einer Mitteilung eines Mitgliedstaats (hier die Republik Österreich) über das Vorliegen von gleichgestellten Zeiten, der andere Mitgliedstaat (hier die Bundesrepublik Deutschland) diese in einem ersten Schritt zum Zwecke der Zusammenrechnung berücksichtigen muss. In einem zweiten Schritt hat der andere Mitgliedstaat (hier Deutschland) nach seinen nationalen Rechtsvorschriften zu prüfen, ob die festgelegten sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind und ob diese Voraussetzungen in nicht diskriminierender Weise angewandt werden. In dem Beispielsfall des Beschlusses Nr. H6 hatte der andere Versicherungsstaat zu prüfen, ob die mitgeteilten gleichgestellten Zeiten des Studiums mit der "tatsächlichen Ausübung einer Erwerbstätigkeit" in Zusammenhang stehen, die nach den Vorschriften dieses Mitgliedstaats erforderlich waren, um die Wartezeit von 35 Jahren zu erfüllen. Da dies zu verneinen ist und auch keine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit vorliegt, war dieser Staat nicht gehalten, eine vorgezogene Altersrente zu gewähren.
In der Bundesrepublik Deutschland sind versicherungspflichtig zur gesetzlichen Rentenversicherung Personen in der Zeit, für die sie von einem Leistungsträger Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld beziehen, wenn sie im letzten Jahr vor Beginn der Leistung zuletzt versicherungspflichtig waren (vgl. § 3 Nr. 3 SGB VI). Die Beiträge werden im Falle des Bezugs von Arbeitslosengeld vom Leistungsträger getragen (§ 170 Abs. 1 Nr. 2 b SGB VI), im Falle des Bezugs von Krankengeld von den Beziehern der Leistung und den Leistungsträgern je zur Hälfte, soweit sie auf die Leistung entfallen und diese Leistungen nicht in Höhe der Leistungen der Bundesagentur für Arbeit zu zahlen sind, im Übrigen vom Leistungsträger; die Beiträge werden auch dann von den Leistungsträgern getragen, wenn die Bezieher der Leistung zur Berufsausbildung beschäftigt sind und das der Leistung zu Grunde liegende Arbeitsentgelt auf den Monat bezogen 400.- Euro nicht übersteigt (vgl. §170 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI).
§ 55 Abs. 2 SGB VI fingiert nur, dass es sich bei diesen, eigentlich auf einem Leistungsbezug beruhenden Pflichtbeiträgen um solche für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit handelt, nicht hingegen die Beitragsentrichtung als solche entweder durch den Leistungsträger oder durch diesen zusammen mit dem Versicherten. In Österreich wurden im strittigen Zeitraum jedoch im fraglichen Zeitraum nicht während des Bezugs von Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld Pflichtversicherungsbeiträge zum dortigen Rentenversicherungsträger entrichtet. Aus der Aufstellung der Beitragsgrundlagen ab 1972 im Versicherungsdatenauszug vom 27. September 2010 sind für die Jahre 2005 bis 2008 keine Eintragungen vorhanden. Die Angaben in den Jahren 2004 und 2009 beziehen sich allein auf die Beitragszahlungen durch den letzten Arbeitgeber der Klägerin in Österreich (Serbisch-Orthodoxe Kirche "Z. H. S."). Mangels tatsächlicher Beitragszahlung in Österreich während des Bezugs dieser Entgeltersatzleistungen kann nur der Sachverhalt "Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld" gleichgestellt werden, nicht hingegen der Sachverhalt "Entrichtung von Pflichtbeiträgen während des Bezugs von Arbeitslosengeld". Damit können auch die österreichischen Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld und Krankengeld nicht gem. § 55 Abs. 2 SGB VI Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gleichgestellt werden, da es an der tatsächlichen Zahlung von Pflichtbeiträgen in Österreich mangelt. Eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit liegt nicht vor. Die Klägerin als deutsche Staatsangehörige ist in gleicher Weise betroffen wie es Versicherte anderer Staatsangehörigkeit wären.
Selbst wenn man dessen ungeachtet unter der Geltung der VO Nr. 883/2004 die österreichischen gleichgestellten Zeiten gem. § 55 Abs. 2 SGB VI als Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ansehen würde, wäre ein Rentenanspruch der Klägerin dennoch nicht gegeben, da diese nicht zusätzlich zu den serbischen und den deutschen Versicherungszeiten berücksichtigt werden dürften. Das Kumulierungsverbot des Artikel 2 Abs. 2 DÖSVA 1995 gilt fort. Nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 VO NR. 883/2004 tritt diese Verordnung zwar an die Stelle aller zwischen den Mitgliedstaaten geltenden Abkommen über soziale Sicherheit, dies jedoch nur im Rahmen ihres Geltungsbereichs. Der Geltungsbereich der VO Nr. 883/2004 bezieht sich jedoch nicht auf Regelungen von Sozialversicherungsabkommen über den Ausschluss einer multilateralen Zusammenrechnung von Versicherungszeiten mit Drittstaaten, da diese nicht der Regelungskompetenz der EU unterfallen. In dem Beschluss Nr. H6 ist erneut ausdrücklich festgehalten, dass der Grundsatz anzuerkennen ist, wonach die Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer nationalen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der sozialen Sicherheit zuständig bleiben, sofern diese Voraussetzungen in nicht diskriminierender Weise angewendet werden. Dieser Grundsatz wird durch den Grundsatz der Zusammenrechnung nicht berührt. Die Bundesrepublik Deutschland hat im Rahmen des Art. 2 Abs. 2 DÖSVA 1995 eine durch das Ausführungsgesetz vom 30. März 1998 (BGBl 1998 II S. 312) in nationales Recht transformierte Regelung geschaffen, mit der eine multilaterale Zusammenrechnung von Versicherungszeiten ausgeschlossen ist. Diese nationale Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen wird durch EU-Recht nicht tangiert. Eine diskriminierende Anwendung dieser nationalen Bestimmung liegt nicht vor, da die Staatsangehörigkeit für ihre Anwendung keine Rolle spielt. Auch bei deutschen Staatsangehörigen darf wegen der Regelung des Art. 2 Abs. 2 DÖSVA 1995 keine multilaterale Zusammenrechnung von deutschen, österreichischen und serbischen Versicherungszeiten erfolgen.
Da damit nicht alle Voraussetzungen für die Gewährung einer Altersrente für Frauen gemäß § 237a Abs. 1 SGB VI erfüllt sind, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§ 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG) berücksichtigt den Umstand, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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