Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 AS 203/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 37/13 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Wenn ausdrücklich eine Berufung eingelegt wird, obwohl diese unzulässig ist und die Rechtsmittelbelehrung im Urteil auf die Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) verweist, ist diese Berufung weder als NZB auszulegen noch in eine NZB umzudeuten. Dies gilt auch für einen nicht rechtskundig vertretenen Kläger (BSG, Urteil vom 20.05.2003, B 1 KR 25/01 R).
Wurde die Berufung so frühzeitig eingelegt, dass das Gericht den Kläger zeitnah auf seinen Fehler hinweisen kann, dann besteht hierzu eine prozessuale Fürsorgepflicht. Eine Verletzung dieser Fürsorgepflicht kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die danach verspätet erhobene NZB rechtfertigen (BSG, Beschluss vom 10.11.2011, B 8 SO 12/11 B).
Wenn die unzulässige Berufung zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wurde, kann dieser den Betroffenen auf die Rechtsmittelbelehrung im Urteil hinweisen, wenn ihm das Urteil vorgelegt wird. Der Urkundsbeamte ist aber nicht verpflichtet, inhaltlich zu überprüfen, ob die Rechtsmittelbelehrung in diesem Urteil zutreffend ist oder das vom Betroffenen ausdrücklich gewollte Rechtsmittel das richtige ist.
Wurde die Berufung so frühzeitig eingelegt, dass das Gericht den Kläger zeitnah auf seinen Fehler hinweisen kann, dann besteht hierzu eine prozessuale Fürsorgepflicht. Eine Verletzung dieser Fürsorgepflicht kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die danach verspätet erhobene NZB rechtfertigen (BSG, Beschluss vom 10.11.2011, B 8 SO 12/11 B).
Wenn die unzulässige Berufung zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wurde, kann dieser den Betroffenen auf die Rechtsmittelbelehrung im Urteil hinweisen, wenn ihm das Urteil vorgelegt wird. Der Urkundsbeamte ist aber nicht verpflichtet, inhaltlich zu überprüfen, ob die Rechtsmittelbelehrung in diesem Urteil zutreffend ist oder das vom Betroffenen ausdrücklich gewollte Rechtsmittel das richtige ist.
I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des
Sozialgerichts Augsburg vom 11. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger und Beschwerdeführer wendet sich gegen eine Absenkung seines Arbeitslosengelds II um 30 vom Hundert der Regelleistung nach § 31 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der 1965 geborene Kläger bezieht vom Beklagten laufend Arbeitslosengeld II. Am 06.10.2010 unterbreitete der Beklagte dem Kläger einen Vermittlungsvorschlag für eine geringfügige Beschäftigung als Sortierer. Der Kläger bewarb sich nicht. Nach Anhörung reduzierte der Beklagte mit Bescheid vom 06.12.2010 das Arbeitslosengeld II des Klägers für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2011 um 30 % der maßgeblichen Regelleistung von 359,- Euro, mithin um drei mal 107,70 Euro. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2011 zurück.
Die am 22.02.2011 erhobene Klage wies das Sozialgericht Augsburg nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 11.10.2011 ab. Die Absenkung entspräche dem Gesetz. Die Rechtsfolgenbelehrung im Vermittlungsvorschlag sei ausreichend und konkret gewesen. Die später nachgereichte Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit durch den Hausarzt könne in Hinblick auf die Diagnosen, die vorhandene Gutachten und die (nicht) erfolgten Behandlungen nicht belegen, dass die vorgeschlagene geringfügige Tätigkeit unzumutbar gewesen sei. Da der Beschwerdewert nicht über 750,- Euro liege, sei die Berufung nicht zulässig. Dem Urteil war eine Rechtsmittelbelehrung zur Nichtzulassungsbeschwerde beigefügt. Das Urteil wurde dem Kläger am 26.10.2011 zugestellt.
Der Kläger hat am 07.11.2011 beim Sozialgericht Augsburg zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ausdrücklich Berufung gegen das Urteil eingelegt. Die Berufung ist am 05.12.2011 beim Berufungsgericht eingegangen. Der Kläger ist vom Berufungsgericht mit Schreiben vom 09.01.2012 darauf hingewiesen worden, dass die Berufung unzulässig ist, weil der Beschwerdewert von 750,- Euro nicht erreicht werde. Kläger teilte am 01.02.2012 mit, dass er das Urteil lediglich überflogen habe und die Rechtsmittelbelehrung übersehen habe. Es sei aber vom zuständigen Beamten auch nicht eines Besseren belehrt worden. Er bitte, ihm "eine neue und gerechte Verhandlung zu ermöglichen, bei der seine Beweise und Argumente vorgelegt und beachtet werden".
Die Berufung, Az. L 7 AS 973/11, wurde mit Beschluss vom 06.02.2013 als unzulässig verworfen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.10.2011 zuzulassen und dieses Urteil sowie den Bescheid vom 06.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.01.2011 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die Beschwerde schon unzulässig sei, weil die verspätete Einlegung nicht entschuldigt sei. Ferner lägen auch keine Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vor.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akte des Beklagten, die Akte des Sozialgerichts und die Akte des Beschwerdegerichts verwiesen.
II.
Die im Ergebnis form- und fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 und 2 SGG zulässig. Sie ist auch nach § 144 Abs. 1 SGG statthaft, weil der Beschwerdewert von 323,10 Euro (drei mal 107,70 Euro) den Grenzwert von 750,- Euro nicht überschreitet. Die Beschwerde ist aber sachlich nicht begründet, weil es keinen Grund gibt, die Berufung zuzulassen.
Die ausdrückliche Berufung vom 07.11.2011 ist weder als Nichtzulassungsbeschwerde auszulegen noch in eine solche umzudeuten (vgl. BayLSG, Urteil vom 06.02.2013, L 7 AS 973/11). Das gilt auch für den nicht rechtskundig vertretenen Kläger (vgl. BSG, Urteil vom 20.05.2003, B 1 KR 25/01 R). Im Schreiben vom 01.02.2012 hat der Kläger aber hinreichend deutlich gemacht, dass er jedwedes Rechtsmittel in Anspruch nehmen will, das eine sachliche Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils ermöglicht. Dieses Schreiben ist als Nichtzulassungsbeschwerde auszulegen. Dem Kläger ist hinsichtlich der versäumten einmonatigen Beschwerdefrist (§ 145 Abs. 1 Satz 2 SGG) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG zu gewähren.
Nach § 67 SGG ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Wenn innerhalb eines Monats die versäumte Rechtshandlung nachgeholt wird, kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
Der Kläger hat am 07.11.2011, obwohl in den Entscheidungsgründen und in der Rechtsmittelbelehrung des Urteils ausdrücklich auf die Unzulässigkeit der Berufung und auf die Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde verwiesen wurde, ausdrücklich Berufung eingelegt. Trotzdem rechtfertigt eine Verletzung der prozessualen Fürsorgepflicht des Gerichts eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 10.11.2011, B 8 SO 12/11 B). Aus Fehlern des Gerichts dürfen den Beteiligten keine Verfahrensnachteile erwachsen (Keller in Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage 2012, § 67 Rn. 4a).
Der Kläger hat die Berufung zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben. Die Beratung durch den Urkundsbeamten bezieht sich im Wesentlichen auf Formalien wie Form und Frist des Rechtsmittels und Formulierungshilfe (Leitherer in Meyer-Ladewig, a.a.O., § 90 Rn. 6a). Der Urkundsbeamte kann den Betroffenen darauf hinweisen, wie die Rechtsmittelbelehrung in der anzufechtenden Entscheidung lautet, sofern ihm diese anlässlich der Niederschrift vorgelegt wird. Er ist aber nicht verpflichtet, wenn der Betroffene ausdrücklich ein bestimmtes Rechtsmittel einlegen will, zu überprüfen, ob die Rechtsmittelbelehrung in einem Urteil zutreffend ist oder das vom Betroffenen ausdrücklich gewollte Rechtsmittel das richtige ist.
Hier liegt der Fehler auch nicht in der Beratung anlässlich der Niederschrift, sondern in der späten Übermittlung der Niederschrift an das Beschwerdegericht. Die Berufung hätte dem Berufungsgericht gemäß § 151 Abs. 2 Satz 2 SGG unverzüglich vorgelegt werden müssen. Wäre dies mit der Niederschrift vom 07.11.2011 geschehen, hätte das Berufungsgericht den Kläger zeitnah auf seinen Fehler hinweisen können. Der Frist für die Nichtzulassungsbeschwerde lief noch bis zum 28.11.2011, weil der 26.11.2011 ein Samstag war, § 64 Abs. 3 SGG. Der Kläger hätte dann rechtzeitig die Nichtzulassungsbeschwerde einlegen können.
Der Kläger war somit ohne eigenes Verschulden an der Einhaltung der Beschwerdefrist gehindert. Ein Wiedereinsetzungsantrag ist gemäß § 67 Abs. 2 SGG nicht erforderlich, weil die versäumte Rechtshandlung, die Beschwerdeeinlegung, innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses infolge des Hinweises des Beschwerdegerichts nachgeholt wurde. Die Jahresfrist nach § 67 Abs. 3 SGG ist nicht verstrichen: Das Urteil datiert vom 11.10.2011, die antragsersetzende Nichtzulassungsbeschwerde wurde am 01.02.2012 eingelegt.
In der Sache bleibt die Nichtzulassungsbeschwerde ohne Erfolg, weil kein Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG vorliegen.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf diese Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Das Sozialgericht ist nicht von einer obergerichtlichen Entscheidung abgewichen. Es hat im Gegenteil erkennbar die Rechtsprechung des BSG zu Sanktionen beachtet und insbesondere keine davon abweichenden Rechtssätze aufgestellt.
Eine grundsätzliche Bedeutung ist nicht erkennbar.
Verfahrensmängel sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Der Mangel bezieht sich nicht auf den sachlichen Inhalt des Urteils, so dass es nicht um die Richtigkeit der Entscheidung gehen kann, sondern lediglich um das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil oder die Zulässigkeit des Urteils. Kein Verfahrensmangel ist ein Fehler in der Beweiswürdigung, da solche Fehler zunächst nicht dem äußeren Verfahrensgang, sondern dem materiellen Recht zuzurechnen sind (Meyer-Ladewig, SGG, 10.Auflage 2012, § 144 Rn. 34a). Das prozessuale Vorgehen des Sozialgerichts war einwandfrei. Das Sozialgericht hat insbesondere den Sachverhalt umfassend ermittelt, Befundberichte behandelnder Ärzte eingeholt und Gutachten beigezogen. Das rechtliche Gehör war gewahrt.
Der Kläger bewertet den Sachverhalt anders als das Sozialgericht und vertritt eine andere Rechtsauffassung. Das sind aber keine Zulassungsgründe.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Sozialgerichts Augsburg vom 11. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger und Beschwerdeführer wendet sich gegen eine Absenkung seines Arbeitslosengelds II um 30 vom Hundert der Regelleistung nach § 31 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der 1965 geborene Kläger bezieht vom Beklagten laufend Arbeitslosengeld II. Am 06.10.2010 unterbreitete der Beklagte dem Kläger einen Vermittlungsvorschlag für eine geringfügige Beschäftigung als Sortierer. Der Kläger bewarb sich nicht. Nach Anhörung reduzierte der Beklagte mit Bescheid vom 06.12.2010 das Arbeitslosengeld II des Klägers für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.03.2011 um 30 % der maßgeblichen Regelleistung von 359,- Euro, mithin um drei mal 107,70 Euro. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2011 zurück.
Die am 22.02.2011 erhobene Klage wies das Sozialgericht Augsburg nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 11.10.2011 ab. Die Absenkung entspräche dem Gesetz. Die Rechtsfolgenbelehrung im Vermittlungsvorschlag sei ausreichend und konkret gewesen. Die später nachgereichte Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit durch den Hausarzt könne in Hinblick auf die Diagnosen, die vorhandene Gutachten und die (nicht) erfolgten Behandlungen nicht belegen, dass die vorgeschlagene geringfügige Tätigkeit unzumutbar gewesen sei. Da der Beschwerdewert nicht über 750,- Euro liege, sei die Berufung nicht zulässig. Dem Urteil war eine Rechtsmittelbelehrung zur Nichtzulassungsbeschwerde beigefügt. Das Urteil wurde dem Kläger am 26.10.2011 zugestellt.
Der Kläger hat am 07.11.2011 beim Sozialgericht Augsburg zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ausdrücklich Berufung gegen das Urteil eingelegt. Die Berufung ist am 05.12.2011 beim Berufungsgericht eingegangen. Der Kläger ist vom Berufungsgericht mit Schreiben vom 09.01.2012 darauf hingewiesen worden, dass die Berufung unzulässig ist, weil der Beschwerdewert von 750,- Euro nicht erreicht werde. Kläger teilte am 01.02.2012 mit, dass er das Urteil lediglich überflogen habe und die Rechtsmittelbelehrung übersehen habe. Es sei aber vom zuständigen Beamten auch nicht eines Besseren belehrt worden. Er bitte, ihm "eine neue und gerechte Verhandlung zu ermöglichen, bei der seine Beweise und Argumente vorgelegt und beachtet werden".
Die Berufung, Az. L 7 AS 973/11, wurde mit Beschluss vom 06.02.2013 als unzulässig verworfen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.10.2011 zuzulassen und dieses Urteil sowie den Bescheid vom 06.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.01.2011 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die Beschwerde schon unzulässig sei, weil die verspätete Einlegung nicht entschuldigt sei. Ferner lägen auch keine Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vor.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akte des Beklagten, die Akte des Sozialgerichts und die Akte des Beschwerdegerichts verwiesen.
II.
Die im Ergebnis form- und fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 und 2 SGG zulässig. Sie ist auch nach § 144 Abs. 1 SGG statthaft, weil der Beschwerdewert von 323,10 Euro (drei mal 107,70 Euro) den Grenzwert von 750,- Euro nicht überschreitet. Die Beschwerde ist aber sachlich nicht begründet, weil es keinen Grund gibt, die Berufung zuzulassen.
Die ausdrückliche Berufung vom 07.11.2011 ist weder als Nichtzulassungsbeschwerde auszulegen noch in eine solche umzudeuten (vgl. BayLSG, Urteil vom 06.02.2013, L 7 AS 973/11). Das gilt auch für den nicht rechtskundig vertretenen Kläger (vgl. BSG, Urteil vom 20.05.2003, B 1 KR 25/01 R). Im Schreiben vom 01.02.2012 hat der Kläger aber hinreichend deutlich gemacht, dass er jedwedes Rechtsmittel in Anspruch nehmen will, das eine sachliche Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils ermöglicht. Dieses Schreiben ist als Nichtzulassungsbeschwerde auszulegen. Dem Kläger ist hinsichtlich der versäumten einmonatigen Beschwerdefrist (§ 145 Abs. 1 Satz 2 SGG) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG zu gewähren.
Nach § 67 SGG ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Wenn innerhalb eines Monats die versäumte Rechtshandlung nachgeholt wird, kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
Der Kläger hat am 07.11.2011, obwohl in den Entscheidungsgründen und in der Rechtsmittelbelehrung des Urteils ausdrücklich auf die Unzulässigkeit der Berufung und auf die Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde verwiesen wurde, ausdrücklich Berufung eingelegt. Trotzdem rechtfertigt eine Verletzung der prozessualen Fürsorgepflicht des Gerichts eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 10.11.2011, B 8 SO 12/11 B). Aus Fehlern des Gerichts dürfen den Beteiligten keine Verfahrensnachteile erwachsen (Keller in Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage 2012, § 67 Rn. 4a).
Der Kläger hat die Berufung zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben. Die Beratung durch den Urkundsbeamten bezieht sich im Wesentlichen auf Formalien wie Form und Frist des Rechtsmittels und Formulierungshilfe (Leitherer in Meyer-Ladewig, a.a.O., § 90 Rn. 6a). Der Urkundsbeamte kann den Betroffenen darauf hinweisen, wie die Rechtsmittelbelehrung in der anzufechtenden Entscheidung lautet, sofern ihm diese anlässlich der Niederschrift vorgelegt wird. Er ist aber nicht verpflichtet, wenn der Betroffene ausdrücklich ein bestimmtes Rechtsmittel einlegen will, zu überprüfen, ob die Rechtsmittelbelehrung in einem Urteil zutreffend ist oder das vom Betroffenen ausdrücklich gewollte Rechtsmittel das richtige ist.
Hier liegt der Fehler auch nicht in der Beratung anlässlich der Niederschrift, sondern in der späten Übermittlung der Niederschrift an das Beschwerdegericht. Die Berufung hätte dem Berufungsgericht gemäß § 151 Abs. 2 Satz 2 SGG unverzüglich vorgelegt werden müssen. Wäre dies mit der Niederschrift vom 07.11.2011 geschehen, hätte das Berufungsgericht den Kläger zeitnah auf seinen Fehler hinweisen können. Der Frist für die Nichtzulassungsbeschwerde lief noch bis zum 28.11.2011, weil der 26.11.2011 ein Samstag war, § 64 Abs. 3 SGG. Der Kläger hätte dann rechtzeitig die Nichtzulassungsbeschwerde einlegen können.
Der Kläger war somit ohne eigenes Verschulden an der Einhaltung der Beschwerdefrist gehindert. Ein Wiedereinsetzungsantrag ist gemäß § 67 Abs. 2 SGG nicht erforderlich, weil die versäumte Rechtshandlung, die Beschwerdeeinlegung, innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses infolge des Hinweises des Beschwerdegerichts nachgeholt wurde. Die Jahresfrist nach § 67 Abs. 3 SGG ist nicht verstrichen: Das Urteil datiert vom 11.10.2011, die antragsersetzende Nichtzulassungsbeschwerde wurde am 01.02.2012 eingelegt.
In der Sache bleibt die Nichtzulassungsbeschwerde ohne Erfolg, weil kein Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG vorliegen.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf diese Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Das Sozialgericht ist nicht von einer obergerichtlichen Entscheidung abgewichen. Es hat im Gegenteil erkennbar die Rechtsprechung des BSG zu Sanktionen beachtet und insbesondere keine davon abweichenden Rechtssätze aufgestellt.
Eine grundsätzliche Bedeutung ist nicht erkennbar.
Verfahrensmängel sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Der Mangel bezieht sich nicht auf den sachlichen Inhalt des Urteils, so dass es nicht um die Richtigkeit der Entscheidung gehen kann, sondern lediglich um das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil oder die Zulässigkeit des Urteils. Kein Verfahrensmangel ist ein Fehler in der Beweiswürdigung, da solche Fehler zunächst nicht dem äußeren Verfahrensgang, sondern dem materiellen Recht zuzurechnen sind (Meyer-Ladewig, SGG, 10.Auflage 2012, § 144 Rn. 34a). Das prozessuale Vorgehen des Sozialgerichts war einwandfrei. Das Sozialgericht hat insbesondere den Sachverhalt umfassend ermittelt, Befundberichte behandelnder Ärzte eingeholt und Gutachten beigezogen. Das rechtliche Gehör war gewahrt.
Der Kläger bewertet den Sachverhalt anders als das Sozialgericht und vertritt eine andere Rechtsauffassung. Das sind aber keine Zulassungsgründe.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
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