L 1 R 1106/11

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 10 R 3317/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 R 1106/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 08. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1960 geborene Klägerin, türkische Staatsangehörige mit Aufenthalt im Bundesgebiet seit Juni 1980, hat nach ihren eigenen Angaben keinen Beruf erlernt oder andere Qualifikationen erworben. Sie war von Juli 1994 bis April 2006 zunächst als Hilfsarbeiterin in einer Brot- und dann in einer Metallfabrik und zuletzt ab 2003 als Reinigungskraft versicherungspflichtig beschäftigt. Im Versicherungsverlauf der Klägerin ist zuletzt im Juni 2006 eine Pflichtbeitragszeit verzeichnet, zuvor von November 2002 bis Juli 2004 und von September 2004 bis Oktober 2005.

Mit Antrag vom 8. Mai 2006 begehrte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten unter Bezugnahme auf beigefügte Atteste des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. L.: Dieser nannte bis dato ungeklärte diffuse Gelenkbeschwerden und einen erhöhten ANA-Wert, der auf eine rheumatische Erkrankung, eventuell eine Sarkoidose hinweise, ein CREST-Syndrom, Arthrosen im Kniegelenk und an der Wirbelsäule und ein Raynaud-Syndrom.

Die Beklagte holte nach Beiziehung weiterer Befundberichte ein Gutachten der Internistin Dr. Z. vom 22. Juni 2006 ein, die bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen feststellte:
1. Beginnendes CREST-Syndrom (leichte Sklerodermie mit Befall der Fingergelenke und Raynaud-Syndrom der Hände und Füße bei Kälteeinfluss)
2. Rezidivierende depressive Störung leichten Grades
3. Somatoforme Störung im Bereich der Bewegungs- und Kreislauforgane
4. Gonarthrose links
5. Periarthropathie der linken Schulter
6. Ausgeprägte Fußformveränderungen mit statischen Beschwerden
7. Cervikocephalgien mit Vertigo-Symptomatik
8. Fettleber ohne Enzymaktivität
9. Übergewicht mit Lipidstoffwechselstörung
10. Fingergelenksarthrosen (initiale Rizarthrose beidseits, chronisches Cervicalsyndrom, chronisches Thorakal- und Lumbalsyndrom bei Hyperkyphose und muskulärer Insuffizienz).

Die Klägerin sei noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten 6 Stunden und mehr in geschlossenen Räumen und zu ebener Erde aus wechselnder Ausgangslage zu verrichten. Nicht mehr zumutbar seien eine ständige Beanspruchung der Hände, ständige Zwangshaltungen, Schichtdienst, Zeitdruck sowie Nässe- und Kälteeinfluss.

Der ebenfalls beauftragte Nervenarzt Dr. K. stellte in seinem Gutachten vom 24. Juli 2006 bei der Klägerin folgende Diagnosen:
1. Rezidivierende depressive Störung leichten Grades
2. Cervikocephalgien mit Vertigosymptomatik
3. Somatoforme Störungen im Bereich des Bewegungsapparates und der Kreislauforgane.
Er kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und als Reinigungskraft 6 Stunden und mehr leichte Tätigkeiten aus wechselnder Ausgangslage, zeitweise im Sitzen, in Tagschicht, ohne hohe Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, ohne Notwendigkeit, lesen und schreiben zu müssen, zu ebener Erde, ohne häufiges Bücken, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, ohne Zwangs- haltungen und erhöhter Unfallgefahr verrichten könne.

Die Orthopädin Dr. L. diagnostizierte schließlich in ihrem Gutachten vom 31. August 2006 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen:
1. Beginnendes CREST-Syndrom mit Raynaud-Syndrom, Polyarthralgien, derzeit ohne Hautveränderungen, Teleangiektasien, viszerale Manifestation
2. Chronisches HWS-Syndrom
3. Chronisches BWS- und LWS-Syndrom bei Hyperkyphose und muskulärer Insuffizienz
4. Initiale Gonarthrose links
5. Initiale Rizarthrose beidseits
6. Durchgetretener Senk-Spreizfuß beidseits mit statischen Beschwerden.

Sie kam zu dem Ergebnis, dass Tätigkeiten als Reinigungskraft der Klägerin nicht mehr 3 Stunden täglich zuzumuten seien. Leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in geschlossenen Räumen und ohne körperliche Belastungen seien jedoch noch 6 Stunden und mehr täglich zumutbar.

Der Antrag wurde daraufhin mit angefochtenem Bescheid vom 19. September 2006 abgelehnt.

Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs legte die Klägerin neben weiteren Befundberichten ein Gutachten nach Aktenlage von Dr. B. von der Agentur für Arbeit A-Stadt vom 4. Juli 2006 vor, wonach aufgrund des CREST-Syndroms, der schwergradigen Depression, eines chronischen Lendenwirbelsäulensyndroms und einer Kniegelenksarthrose beidseits keine ausreichende berufliche Leistungsfähigkeit bestehe.

Nachdem der sozialmedizinische Dienst der Beklagten erklärt hatte, die Begutachtung durch Dr. K., Dr. L. und Dr. Z. sei valider als das Gutachten von
Dr. B., wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2006 zurückgewiesen.

Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben, diese aber nicht näher begründet.

Das SG hat nach Beiziehung diverser Befundberichte, der Schwerbehindertenakten beim Versorgungsamt C-Stadt II sowie im Rahmen des Schwerbehindertenverfahrens beim SG mit dem Az. S 24 SB 1178/06 erstellter Gutachten des Orthopäden Dr. P. vom 29. April 2007 und des Nervenarztes Dr. K. vom 18. Februar 2008 gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Beweis erhoben durch ein orthopädisches Gutachten von Dr. F. vom 28. Mai 2008 und ein nervenärztliches Gutachten von Dr. D. vom
19. September 2008.

Dr. F. hat bei der Klägerin folgende Diagnosen gestellt:
1. Fehlhaltung der Halswirbelsäule bei initialer Spondylochondrose C4 bis C5
2. Leichte Spondylose der Brustwirbelsäule, initiale Costotransversalarthrose
3. Flache Lumbalskoliose, minimale Spondylose der Lendenwirbelsäule, geringe Iliosacralgelenksarthrose
4. Leichte Coxa profunda beidseits ohne degenerative Veränderungen
5. Beginnende Gonarthrose beidseits
6. Minimale Daumensattelgelenksarthrose beidseits
7. Übergewicht, lockere Spreizfüße, Minimalarthrose der Großzehengrundgelenke, leichte, nicht komplizierte Varikosis.

Die Klägerin sei noch in der Lage, alle üblichen Frauenarbeiten im Freien und in geschlossenen Räumen 6 Stunden täglich mit den üblichen Arbeitsunterbrechungen zu verrichten. Anhaltendes Knien, längeres Hocken, häufiges Besteigen von Leitern sowie Arbeiten am Fließband sollten vermieden werden. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschweges zur Arbeitsstätte bestünden nicht. Die Klägerin könne ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen sowie ein Kfz fahren. Heilmaßnahmen seien im Hinblick auf die deutliche Aggravationstendenz nicht erfolgversprechend.

Die Klägerin hat daraufhin ein Attest des behandelnden Allgemeinmediziners
Dr. L. überrmittelt, wonach sie aufgrund der rheumatischen Erkrankung im Sinne eines Crest-Syndroms und der Depressionen nicht in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt zu werden.

Dr. D. hat bei der Klägerin eine dependente Persönlichkeit mit Neigung zu depressiven Reaktionsweisen, ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom ohne Anhalts- punkte für ein nervenwurzelbezogenes sensibles oder motorisches Defizit sowie eine Migräne festgestellt. Die Klägerin sei noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen, bei Ausschluss von Kälte und Nässe auch im Freien, vollschichtig mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen zu verrichten. Zu vermeiden seien das Heben und Tragen schwerer Lasten, häufiges Bücken, Nachtschichttätigkeiten, Tätigkeiten unter Zeitdruck (Fließband/ Akkordarbeit) und Tätigkeiten mit mehr als normalem intellektuellem Anspruch. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht. Die Klägerin könne ein öffentliches Verkehrsmittel sowie ein Kfz als Beifahrerin benutzen.

Der daraufhin gemäß § 109 SGG beauftragte Orthopäde Dr. S. hat bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Somatoformes Schmerzsyndrom vom Fibromyalgie-Typ mit Anhaltspunkten für Depression
2. Geringfügige Einschränkung der Halswirbelsäule bei Abnutzung HWK 5/6 mit flacher Bandscheibenvorwölbung, rechts mehr als links, ohne sensomotorische Ausfälle
3. Geringfügige Degeneration der Brustwirbelsäule
4. Geringfügige Knochendichteminderung
5. Fehlstatik der Lendenwirbelsäule mit lokalem Lumbalsyndrom bei Übergangsdysplasie L 5/S 1 mit Bogenschlussstörung mit nur geringfügigen Degenerationen
6. Initiale Coxarthrose beidseits bei Coxa profunda
7. Medial betonte Gonarthrose und Retropatellar-Arthrose beidseits
8. Anamnestisches Raynaud-Syndrom
9. Spreizfuß beidseits und Hallux valgus beidseits.

Die Klägerin könne noch leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen durchführen. Aus rein orthopädischer Sicht bestehe keine Einschränkung. Die Klägerin könne auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten vollschichtig im Gehen, Stehen und Sitzen, auch im Freien oder in geschlossenen Räumen verrichten. Bei Betrachtung der deutlichen psychosomatischen Komponente seitens des Schmerzsyndroms seien der Klägerin jedoch nur noch weniger als 3 Stunden täglich leichte Arbeiten abzuverlangen. Das Heben und Tragen von Lasten bis 5 Kilogramm sei möglich, auch geringfügiges Bücken, aber keine taktgebundenen Arbeiten an Maschinen oder am Fließband, keine Tätigkeiten unter Stressbelastung oder mit Publikumsverkehr. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Die Klägerin könne auch öffentliche Verkehrsmittel benutzen.

Das SG hat gemäß § 109 SGG ein nervenärztliches Gutachten von Dr. B. vom
30. Juli 2010 eingeholt. Dr. B. hat bei der Klägerin folgende Diagnosen gestellt:
1. Depression mittlerer bis schwerer Ausprägung
2. Somatoforme Schmerzstörung
3. Spannungskopfschmerz, cervikal bedingt mit Vertigosymptomatik
4. Entzündlich-rheumatische Erkrankung der Gelenke der Finger, Zehengrundgelenke, Raynaud-Syndrom der oberen und unteren Gliedmaßen, entsprechend einem CREST-Syndrom, Differenzialdiagnose unter anderem Polymyozitis
5. Ausgeprägtes LWS-Syndrom mit gesichertem Bandscheibenvorfall an LWK 4/5, Bandscheibenprotrusionen LWK 2/3 und LWK 3/4, Osteochondrose LWK 2-5
6. BWS-Syndrom mit initialem Rundrücken und muskulärer Verhärtung bei Minderung der Rückenmuskulatur
7. HWS-Syndrom mit Osteochondrose des HWK 5 mit 7, Arthrose des Atlanto-Axial-Gelenks, Unkarthrose
8. Varus Gonarthrose beidseitig, links mehr als rechts
9. Periarthropathie der Hüftgelenke mit beidseitiger Coxarthrose.

Die Klägerin sei nicht mehr in der Lage, einer Arbeit von wirtschaftlichem Wert auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen.

Die Klägerin hat weiterhin ein für das Schwerbehindertenverfahren mit dem Az. S 15 SB 985/09 erstelltes orthopädisches Gutachten nach § 109 SGG von Dr. L. vom
18. Januar 2011 übersandt.

Nachdem sich die Beklagte in in ihrer ärztlichen Stellungnahme den Gutachten von
Dr. S. und Dr. B. nicht angeschlossen hatte, hat das SG die Klage mit Urteil vom 8. Juni 2011 unter Berufung auf die Gutachten von Dr. F. und Dr. D. abgewiesen. Die Gutachten von Dr. S. und Dr. B. seien demgegenüber nicht überzeugend.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und sich zur Begründung auf die Gutachten von Dr. S., Dr. B. und Dr. B. von der Arbeitsagentur B-Stadt berufen.

Dr. D. hat in Stellungnahmen vom 7. November 2012 und 15. Februar 2013 zu den Gutachten von Dr. B. und Dr. S. ergänzend Stellung genommen und hierbei an seiner sozialmedizinischen Beurteilung festgehalten. Er hat ausgeführt, der von der Klägerin geltend gemachte Analphabetismus bestehe nach den von ihr gegenüber ihm gemachten Angaben nicht. Eine unabhängig davon bestehende Lese- und eine Schreibschwäche resultierten ebenso wie ihre geringen Deutschkenntnisse aus einem nicht krankheitsbedingten Motivationsmangel.

Die Klägerin hat insoweit darauf verwiesen, sie gehe derzeit in einen Alphabetisierungskurs, und hat weitere aktuelle Befundberichte des Klinikums I., C-Stadt und der praktischen Ärztin Dr. L. vorgelegt.

Die Beklagte hat darüber hinaus unter Übermittlung eines aktuellen Versicherungsverlaufs darauf hingewiesen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmals im Zeitpunkt eines fiktiven Eintritts einer Erwerbsminderung am 30. November 2007 erfüllt sind.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 8. Juni 2011 sowie des Bescheids der Beklagten vom 19. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. November 2006 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.



Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 19. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. November 2006 zu Recht abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für den Senat fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 SGB VI), teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1
SGB VI) bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§§ 240 Abs. 1, 2; 43 Abs. 1 SGB VI) hat.

Gem. § 43 Abs. 1, 2 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach den überzeugenden Feststellungen der Gerichtssachverständigen Dr. F. und Dr. D. ist die Klägerin noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumindest 6 Stunden täglich leichte Arbeiten zu verrichten. Der hiervon abweichenden Einschätzung von Dr. S. und Dr. B. vermag der Senat nicht zu folgen.

Bei der Untersuchung der oberen Extremitäten der Klägerin durch Dr. F. zeigten sich unauffällig gestaltete Schulterkulissen der Klägerin. Nacken- und Schürzengriff konnte die Klägerin ausführen. Alle Armgelenke bewegte die Klägerin in allen Richtungen völlig frei. Es ergaben sich klinisch keine Hinweise auf eine vordiagnostizierte entzündlich-rheumatische Erkrankung der Gelenke. Auch bei einer radiologischen Abklärung fanden sich keine Zeichen einer rheumatischen Affektion. Eine vorgeschriebene Verdickung aller Fingermittelgelenke konnte vom erfahrenen Gerichtsachverständigen Dr. F. nicht bestätigt werden. Auch an den Fingergelenken zeigten sich normal weite Gelenkspalten und keine Gelenkkörperentrundungen. Der Klägerin gelang es, die Fingergelenke weitestgehend vollständig zu strecken. Passiv war keinerlei Streckdefizit festzustellen. Hand- und Fingergelenke waren klinisch unauffällig gestaltet. Der Faustschluss gelang der Klägerin rechts und links vollständig bei mäßiger Kraftleistung. Der Feingriff war der Klägerin beidseits mit allen Fingern gut möglich.

Bei der Untersuchung der Wirbelsäule konnte Dr. F. einen minimalen Bandscheiben- schaden zwischen dem 4. und 5. Halswirbelkörper als einzigen Bandscheibenschaden an der gesamten Wirbelsäule der Klägerin objektivieren. Altersatypische degenerative Veränderungen an der Brust- und Lendenwirbelsäule lagen bei der Klägerin nicht vor. Es bestanden lediglich geringe Randspornbildungen bei gut weiten Zwischenwirbelräumen. Die von der Klägerin vorgeführten Funktionsdefizite bei der Vorneige sind nach den Feststellungen von Dr. F. mit den radiologischen Befunden nicht in Übereinstimmung zu bringen, sondern erklären sich durch eine wenig ausgeführte Vorwärtsbeugung des Rumpfes.

An den unteren Extremitäten zeigte sich eine beidseits normal tonisierte Beinmuskulatur mit beidseits gut beschwielten Füßen. Es lagen leichte Venenerweiterungen, aber keine Ödeme vor. Die Hüften waren abgesehen von einer dezenten Vertiefung der Hüftgelenkpfannen vollkommen verschleißfrei. Die übrigen Beingelenke waren gut beweglich. An den Kniegelenken ergaben sich nur geringgradige Verschleißerscheinungen etwas rechts mehr als links. Die Bänder waren jedoch fest und die Kniee ergussfrei.

Dr. F. hat aus diesem Befund für den Senat nachvollziehbar abgeleitet, dass eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht zu begründen ist.

Dieses Ergebnis wird aus orthopädischer Sicht auch von Dr. S. nicht infrage gestellt. Dr. S. hat keine wesentlich anderen Gesundheitsstörungen erhoben als Dr. F ... So hat er ausgeführt, aus rein orthopädischer Sicht hätte sich wenig Funktionelles ergeben, was als Erklärung für die deutliche Schmerzsituation der Klägerin in Ansatz gebracht werden könnte. Eine sensomotorische Impingement-Situation zeigte sich von Seiten der Wirbelsäule nicht. Die Kernspintomographien der Halswirbelsäule, der Hüftgelenke und des Beckens ergaben keinerlei Anhaltspunkte für die von der Klägerin angegebenen Schmerzen. Bei der passiven Testung des Zeichen nach Laségue ergab sich kein positives Ergebnis. Die aktive Testung war angesichts der von der Klägerin angegebenen Schmerzen nur bis zu einer Beinhebung von ca. 20-30° möglich. Die Abnutzung der Gelenke ist bei der Klägerin nach den Ausführungen von Dr. S. relativ geringfügig. Auch die Funktionen seien relativ gut erhalten gewesen. Die von Dr. S. festgestellte verminderte Knochendichte sei ebenfalls nicht verantwortlich für die von der Klägerin überall angegebenen diffusen Schmerzen. Er kommt daher auch nachvollziehbar zu der Einschätzung, dass aus rein orthopädischer Sicht bei der Klägerin noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte und sogar mittelschwere körperliche Tätigkeiten vorliegt.

Dr. S. stützt seine Einschätzung, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin auf unter drei Stunden täglich abgesunken sei, daher vor allem auf das bei ihr vorliegende Schmerzsyndrom vom Fibromyalgie-Typ und der deutlichen psychosomatischen Komponente einschließlich einer schwergradigen Depression. Der Sachverständige weist insoweit auf Ein- und Durchschlafstörungen mit Konzentrationsstörungen, Myalgien (Muskelschmerzen), eine schwergradige Depression, dyspeptische Beschwerden, subjektive Schwellungen insbesondere der Hände, Abgeschlagenheitsgefühl, Schwindel, Parästhesien, Taubheitsgefühle und starkes Kälteempfinden hin.

Diese Leistungseinschätzung von Dr. S. ist nicht überzeugend. Sie erfolgt zum einen im Wesentlichen fachfremd, da sie sich ganz überwiegend auf neuropsychiatrische Diagnosen beruft. Im Übrigen beruht sie im Wesentlichen auf den Angaben der Klägerin im Rahmen der von ihm durchgeführten Testverfahren, aus denen sich eine allumfassende Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin ergeben soll.

Dr. S. hat der Klägerin Fragebogen für Schmerzpatienten vorgelegt. Derartige Fragenbatterien wurden für die Behandlung von Schmerzpatienten entwickelt. Ihnen kommt im Rentenverfahren nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Der Grund hierfür liegt auf der Hand. Anders als bei dem Einsatz dieser Instrumente im Rahmen einer Therapie besteht für einen Rentenbewerber mit Rentenwunsch kein Anreiz, die dort gestellten Fragen zutreffend zu beantworten. Vielmehr ist hier die Auswahl einer Antwortmöglichkeit, die auf eine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung hindeutet, besonders attraktiv, um damit eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens zu belegen. Die bloße Behauptung einer schwerwiegenden Beeinträchtigung - unabhängig davon, ob diese im Rahmen eines Fragebogens für Schmerzpatienten oder eines Klageschriftsatzes erfolgt - genügt aber nicht, um eine solche zu beweisen. Die Antworten in diesem Testbatterien sind daher nur ein Mosaikstein, stellen aber keinen Beleg für eine schwere, zu einer Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit führenden depressive Erkrankung oder Schmerzkrankheit dar. Wie Dr. D. in seiner Stellungnahme vom 7. November 2012 ausdrücklich bestätigt hat, ist der Nachweis einer Erwerbsminderung durch Befragung bzw. Testbatterien nicht möglich.

Dies gilt umso mehr, als Dr. Schergs Ausführungen Widersprüche aufweisen. So hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass Dr. S. zunächst die Einnahme hochdosierter Schmerzmittel und Psychopharmaka als theoretisches Kriterium für ein rentenbegründendes chronisches Schmerzsyndrom im Falle der Klägerin anführt, dann aber feststellt, dass die Klägerin keine entsprechende Schmerzmedikation erhalte und schließlich ausführt, dass das geklagte Schmerzsyndrom eindeutig glaubhaft sei. Ebenso soll eine jahrelange Behandlung durch viele Ärzte über einen langen Zeitraum ein der- artiges Indiz sein. Eine psychotherapeutische Behandlung der Klägerin hat aber nach den Feststellungen von Dr. S. seit Jahren nicht stattgefunden.

Dr. S. setzt sich insoweit auch in keiner Weise mit den Erkenntnissen des vorbe- gutachtenden und fachlich zuständigen Nervenarztes Dr. D. auseinander, der festgestellt hat, dass die Klägerin weder im Hinblick auf das angegebene Schmerzsyndrom noch in Bezug auf die depressive Störung tatsächlich eine Therapie durchführt. So stellt sich die Klägerin zwar gelegentlich beim behandelnden Nervenarzt vor. Die von ihm verordnete thymoleptische Medikation nimmt sie allerdings nicht oder allenfalls höchst unregelmäßig ein. Die Einnahme einer Schmerzmedikation findet praktisch überhaupt nicht statt, von der Einnahme eines Migräne-Medikaments ein- bis zweimal im Monat abgesehen. Einen Medikamentenspiegel hat Dr. S. ebenfalls nicht erstellt.

Bei der Wiedergabe der Diagnosen weist Dr. S. auf ein somatoformes Schmerzsyndrom vom Fibromyalgie-Typ mit Anhaltspunkten für Depression hin. In der Epikrise bescheinigt er der Klägerin dann ohne nähere Begründung eine schwergradige Depression. Auch hier setzt sich Dr. S. in keiner Weise mit den Ausführungen der vorbegutachtenden Nervenärzte auseinander. Dr. K. hat in seinem Schwerbehinderten-Gutachten vom 18. Februar 2008 ausgeführt, dass die Klägerin im Laufe der länger andauernden Exploration nicht mehr depressiv, sondern recht lebendig, zum Teil auch diskussionsfreudig und durchsetzungsfähig gewirkt hat. Auch Dr. D. hat festgestellt, dass die Klägerin sich bei der Exploration weitaus überwiegend in einer ausgeglichenen Grundstimmung befand. Lediglich bei der Thematisierung einer bereits 10 Jahre zurück liegenden (und mittlerweile überstandenen) Erkrankung der Mutter und des Auszugs des zweitältesten Sohns aus der elterlichen Wohnung hätten sich emotionale Regungen bei der Klägerin ergeben. Eine depressive Verstimmung im engeren Sinne war bei der Klägerin nach den Feststellungen von Dr. D. jedoch nicht erkennbar. Hiergegen spricht auch der Verzicht auf eine angemessene thymoleptische Behandlung und die von ihr angegebenen wiederholten Reisen ohne Begleitung in ihr Heimatland. Auch die von Dr D. festgestellte gute affektive Schwingungsfähigkeit bei sehr lebhaftem Ausdrucksverhalten und nur indifferenter Grundstimmung spricht gegen eine derart gravierende psychische Störung.

Nach alledem ist die Leistungsbeurteilung durch Dr. S. für den Senat nicht überzeugend.

Dies gilt gleichermaßen auch für die Feststellungen von Dr. B ... Die Sachverständige geht von einer Depression mittlerer bis schwerer Ausprägung aus, verschlüsselt diese Diagnose nach ICD 10 Kapitel V (F) als rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome. Eine Erklärung für diese Einschätzung bleibt sie jedoch ebenso wie Dr. S. schuldig. Auch erklärt sie nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin bei einer derart schwerwiegenden Störung nur mit einem Medikament (Amitriptylin) in einer relativ niedrigen Dosierung behandelt wird, wobei auch Dr. B. sich nicht der Mühe unterzieht, diese Angaben der Klägerin durch einen Medikamentenspiegel zu überprüfen. Auch Dr. B. stützt sich wieder nahezu ausschließlich auf die subjektiven Angaben der Klägerin über die von ihr empfundene Schmerzintensität. Das Unterlassen einer ernsthaften Schmerztherapie spricht aber sehr deutlich gegen eine tatsächliche Beeinträchtigung der Klägerin durch Schmerzen in dem von ihr angegebenen Umfang.

Dr. D. hat auch darauf verwiesen, dass bei der Klägerin eine Aggravation offenkundig gewesen ist. So hatte die Klägerin bei ihm eine generalisierte, tatsächlich jedoch nicht bestehende Muskelschwäche vorgeführt, bei der Untersuchung der Muskelkraft die Muskulatur bei Gegendruck rasch entspannt oder die antagonistische Muskulatur inner- viert. Aggravatorische Tendenzen hätten sich auch bei der Koordinationsprüfung ergeben. Dr. F. hat ebenfalls Aggravationstendenzen bei der Klägerin feststellen können.

Auch aus den nachgereichten Befundberichten ergibt sich kein wesentlich neuer Befund, der eine überdauernde Erwerbsminderung begründen könnte. Insoweit schließt sich der Senat der Einschätzung des sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten an.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bei der Klägerin letztmals bei einem fiktiven Eintritt der Erwerbsminderung am 30. November 2007 erfüllt sind. Im Fünfjahreszeitraum November 2002 bis Oktober 2007 wurden für die Klägerin von November 2002 bis Juli 2004 und September 2004 bis Oktober 2005 sowie im Juni 2006 und damit für insgesamt 36 Kalendermonate Pflichtbei- träge entrichtet. Da keine Verlängerungstatbestände im Sinne des § 43 Abs. 4 SGB VI vorliegen, sind in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung bei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl. insoweit § 43 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 SGB VI) nur dann vorhanden, wenn der Leistungsfall spätestens bis
30. November 2007 eingetreten ist. Die Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ist auch nicht gemäß § 241 Abs. 2 SGB VI entbehrlich, da nicht jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 an mit sog. Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Der Versicherungsverlauf der Klägerin weist Lücken im Mai 2006 und ab Juli 2006 auf. Schließlich liegt auch kein Tatbestand vor, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (§ 43 Abs. 5 i.V.m. § 53 Abs. 1, 2 SGB VI). Eine Verschlechterung des Gesundheitszustands nach November 2007 kann einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht mehr begründen.

Nach alledem ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin mindestens 6 Stunden zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten kann.

Trotz dieses festgestellten Leistungsvermögen der Klägerin von 6 Stunden und mehr für leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wäre ein Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung jedoch dann gegeben, wenn bei ihr eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt und der Klägerin keine Tätigkeit benannt werden kann, die sie trotz ihrer qualitativen Leistungseinschränkungen noch mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - B5 RJ 64/02 R). Als Beispiel hierfür ist etwa die Einarmigkeit eines Versicherten zu nennen.

Das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Tätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG Urteil vom 10. Dezember 2003, B5 RJ 64/02 R, in juris).

Bei der Prüfung der Frage, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegt, sind grundsätzlich alle qualitativen Einschränkungen zu berücksichtigen, die nicht bereits von dem Erfordernis "körperlich leichte Arbeit" erfasst werden. Es umfasst begrifflich unter anderem solche Leistungseinschränkungen, die das Seh- und Hörvermögen, die Handbeweglichkeit oder die Einwirkung bestimmter Witterungseinflüsse (Kälte, Nässe, Staub) betreffen (Kassler Kommentar zum SGB, § 43 SGB VI Rn. 47).

Der von der Klägerin geltend gemachte Analphabetismus stellt keine schwere spezifische Leistungsbehinderung in diesem Sinne dar. Insoweit bestehen nach der ergänzenden Stellungnahme von Dr. D. schon Zweifel, ob die Klägerin tatsächlich Analphabetin ist, da sie nach ihren eigenen Angaben in der Lage ist, die Zeitung zu lesen. Selbst wenn aber Analphabetismus vorliegen sollte, beruht dieser nach den Feststellungen von Dr. D. ebenso wie die geringen Deutschkenntnisse jedenfalls auf einem nicht krankheitsbedingten Motivationsmangel, diesen Zustand zu beenden. Nach der neueren Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 9. Mai 2012, Az. B 5 R 68/11 R) stellt der nicht auf einer gesundheitlichen Störung beruhende Analphabetismus jedoch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar.

Die übrigen bei der Klägerin vorliegenden qualitativen Leistungseinschränkungen können weder die Annahme einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung rechtfertigen. Insbesondere hat sich im Rahmen der Beweiserhebung vor dem SG ergeben, dass keine belangvollen Einschränkungen der Beweglichkeit der Hände bei der Klägerin vorliegen.

Die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1, 2 SGB VI kommt damit nicht in Betracht.

Der Klägerin steht auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Abs. 1, 2 SGB VI i.V.m. § 43 Abs. 1 SGB VI zu.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben auch vor dem 2. Januar 1961 geborene Versicherte, die berufsunfähig sind (§ 240 Abs. 1 SGB VI).

Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden verrichten kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Ausgangspunkt für die Beurteilung des "vergleichbaren Versicherten" ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf". Dieser ergibt sich in der Regel aus der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit in Deutschland. Es ist die Berufstätigkeit zugrunde zu legen, die bei im Wesentlichen ungeschwächter Arbeitskraft nicht nur vorübergehend eine nennenswerte Zeit ausgeübt wurde (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130, 164). Die für die Beurteilung des Hauptberufs maßgebliche letzte versicherungspflichtige Tätigkeit der Klägerin war nach ihren eigenen, stets wiederholten Angaben die einer Reinigungskraft. Die Klägerin hat weder eine Berufsausbildung noch ein Anlernverhältnis absolviert. Für den Senat steht damit fest, dass die Klägerin ungelernte, allenfalls einfach angelernte Tätigkeiten verrichtet hat. Nach dem sog. Stufenschema des BSG ist die Klägerin damit auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, ohne dass eine Verweisungstätigkeiten benannt werden müsste. Da insoweit noch ein Leistungsvermögen der Klägerin von 6 Stunden und mehr besteht, kommt auch die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht in Betracht.

Zu einer weiteren Beweiserhebung fühlte der Senat sich nicht gedrängt.
Die Berufung war damit vollumfänglich zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) berücksichtigt den Umstand, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved