Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 EG 40/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 EG 27/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Landeserziehungsgeld wird als unmittelbare Anschlussleistung an das Bundeselterngeld gezahlt.
2. Eine freie Wählbarkeit des Bezugszeitraumes für Landeserziehungsgeld ist nicht gegeben.
3. Das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist im Bereich des Landeserziehungsgeldes nicht anwendbar.
2. Eine freie Wählbarkeit des Bezugszeitraumes für Landeserziehungsgeld ist nicht gegeben.
3. Das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist im Bereich des Landeserziehungsgeldes nicht anwendbar.
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts
Augsburg vom 31. März 2011, S 7 EG 40/10, aufgehoben und die
Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung von Landeserziehungsgeld nach dem Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetz (BayLErzGG) streitig.
Die Klägerin ist Mutter des 2008 geborenen L ... Neben L. hat die Klägerin noch 3 weitere Kinder (L., geb. 2002, L., geb. 2003 und L., geb. 2006). Für L. bezog die Klägerin Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für die Lebensmonate 1-12 (Bescheid vom 3.3.08).
Am 29.4.2010 beantragte die Klägerin Landeserziehungsgeld für L ... Die späte Antragstellung erklärte der Ehemann der Klägerin damit, dass er bei einer persönlichen Vorsprache im März/April 2008 bezüglich Elterngeldes die Auskunft bekommen habe, Landeserziehungsgeld werde weiter im 3. Lebensjahr gezahlt. Mit Bescheid vom 4.5.2010 bewilligte der Beklagte Landeserziehungsgeld für den 24. Lebensmonat von L. (14.01.2010 bis 13.02.2010). Ein Anspruch auf Landeserziehungsgeld bestehe längstens bis zum Ablauf des 24. Lebensmonats des Kindes. Da rückwirkend Leistungen höchstens für die letzten drei Lebensmonate vor Antragstellung gewährt werden könnten, bestehe der Anspruch nur für den 24. Lebensmonat. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 02.06.2010 Widerspruch ein und beantragte insgesamt 12 Monate Landeserziehungsgeld. Es sei ihr nicht bekannt gewesen und es sei auch nicht ersichtlich, dass das Landeserziehungsgeld sofort im Anschluss an das Elterngeld beantragt werden müsse. Aus den Unterlagen ergebe sich lediglich, dass es bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes gezahlt werde. Sie habe für ihre ersten 3 Kinder für das 1. Lebensjahr die Budgetregelung in Anspruch genommen, im 2. Lebensjahr keine Bezüge erhalten und für das 3. Jahr die Förderung des Landeserziehungsgeldes erhalten. Bei einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten habe sie die Auskunft erhalten, durch die Änderung des Elterngeldes träte keine Änderung bezüglich des Landeserziehungsgeldes ein und es gebe nach wie vor für das 3. Lebensjahr einen Anspruch auf Landeserziehungsgeld. Für sie sei auch weder aus dem Antrag selber noch dem Beiblatt ersichtlich, dass Landeserziehungsgeld direkt im Anschluss an das Elterngeld beantragt werden müsse. Es hieße nur, dass es nicht parallel zum Elterngeld gewährt werde. Diese Auffassung werde bestätigt durch die Anforderung der Früherkennungsuntersuchung U6 beziehungsweise U7, je nachdem, für welchen Zeitraum Landeserziehungsgeld beantragt werde.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2010 zurück. Landeserziehungsgeld könne für L. (als 4. Kind) im Anschluss an das Elterngeld nur bis zur Vollendung des 24. Lebensmonats gezahlt werden. Von der Verlängerungsoption habe die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Der mögliche Anspruchszeitraum für das Landeserziehungsgeld erstrecke sich somit vom 14.02.2009 bis 13.02.2010. Landeserziehungsgeld könne rückwirkend nur für die letzten 3 Monate vor Antragseingang geleistet werden (Art. 4 Abs. 3 BayLErzGG). Da der Antrag der Klägerin erst am 29.04.2010 eingegangen sei, könne auch bei Anwendung der zu beachtenden Rückwirkung Landeserziehungsgeld erst ab dem 14.01.2010 (= 24. Lebensmonat) gezahlt werden. Die Vorschrift des Art. 4 Abs. 3 BayLErzGG stelle einer Ausschlussfrist dar. Eine von der Klägerin behauptete Falschberatung durch den Beklagten sei nicht erkennbar beziehungsweise nachgewiesen. Außerdem habe der Ehemann der Klägerin anlässlich einer telefonischen Nachfrage bezüglich des Landeserziehungsgeldes am 26.04.2010 erklärt, dass man davon ausgegangen sei, dass Landeserziehungsgeld im 3. Lebensjahr gezahlt werde, da bisher immer das Budget bei Bundeserziehungsgeld gewählt wurde und damit ein Jahr Lücke gewesen sei. Eine angebliche Falschberatung habe keine Erwähnung gefunden.
Die hiergegen zum Sozialgericht Augsburg eingelegte Klage war erfolgreich (Urteil vom 31.03.2011). Ob der erst im Klageverfahren (Schriftsatz vom 18.10.2010) erfolgte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch fristgerecht erfolgt sei, könne dahinstehen, da der Klägerin jedenfalls im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs Landeserziehungsgeld auch für die Zeit vom 13. bis 23. Lebensmonat von L. zu bewilligen sei. Der Beklagte habe nach Überzeugung der Kammer durch die Gestaltung der ausgegebenen Antragsvordrucke und die Hinweise sowie Erläuterungen in den sonstigen Informationsunterlagen seine Beratungspflicht verletzt. Die Hinweise in dem Informationsblatt zum Antrag auf Landeserziehungsgeld seien gerade bei Eltern, die Landeserziehungsgeld für vor dem 01.01.2007 geborene Kinder für das 3. Lebensjahr des Kindes beantragt und bezogen hätten, geeignet, bei diesen einen unvermeidbaren Irrtum über den möglichen Anspruchszeitraum für das Landeserziehungsgeld nach dem BayLErzGG hervorzurufen. Die Formulierung im Informationsblatt "im Anschluss" sei insoweit irreführend, als sich ohne Kenntnis der Rechtslage die Folgerung aufdränge, dass dadurch nur der gleichzeitige Bezug von Elterngeld und Landeserziehungsgeld ausgeschlossen werden solle, nicht jedoch der "lückenlose" Anschluss des Landeserziehungsgeld an den letzten Bezugsmonat des Elterngeldes zwingend vorgeschrieben sei. Insbesondere weil die Formulierung nicht den klaren Gesetzeswortlaut des Art. 4 Abs. 1 S. 1 BayLErzGG gewählt habe, sondern mit den genannten Erläuterungen (frühestens ab dem 13. Lebensmonat) zu umschreiben versuche, habe der Beklagte seine Beratungspflicht verletzt. Ausschlaggebend sei für die Kammer jedoch die Erläuterung unter Ziffer 5 des Informationsblattes zur Früherkennungsuntersuchung gewesen, die je nach Leistungsbeginn auf die U6 beziehungsweise U7 oder sogar spätere Früherkennungsuntersuchungen abstelle. Hier dränge sich der Eindruck geradezu auf, dass eine Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Leistungszeiträumen bestehe beziehungsweise dass ein Leistungsbeginn ab dem 25. Lebensmonat ebenfalls in Betracht komme. Zudem werde im Anschreiben zum Antragsvordruck auf die Neuerungen für Geburten ab dem 01.01.2007 hingewiesen, der Hinweis erstreckte sich aber nur auf die Durchführung der Früherkennungsuntersuchungen, nicht auf die zwingende Anschlussleistung. Der Beklagte habe auf die missverständliche Formulierung reagiert und einen diesbezüglichen Hinweis nunmehr im geänderten Anschreiben aufgeführt.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht. Der sozialrechtlichen Herstellungsanspruch sei nicht erfüllt, da ein Aufklärungsverschulden des Beklagten aufgrund fehlender Informationen nicht vorliege. Die erwähnten Informationsunterlagen stützten die Argumentation der Klägerin nicht, da darin ausdrücklich auf die Anschlussleistung hingewiesen werde. An keiner Stelle des Informationsmaterials sei von einem Wahlrecht hinsichtlich eines möglichen Leistungszeitraums vom 13. bis 36. Lebensmonat die Rede.
Die Vertreterin des Beklagten stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 31.03.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das Urteil des SG für zutreffend und vertieft ihre Argumentation hinsichtlich der lückenhaften Information zur Anschlussleistung durch die an die Klägerin ausgegebenen Informationsschreiben des Beklagten. Abzustellen sei auf den Verständnishorizont des Adressaten, wobei zu berücksichtigen sei, dass die Klägerin Wiederholungsantragstellerin sei.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Der Klägerin steht Landeserziehungsgeld nach dem BayLErzGG (in der Fassung des Haushaltsgesetzes - HG - 2009/2010 vom 14. April 2009) für die Lebensmonate 13 bis 23 von L. nicht zu.
Der mögliche Bezugszeitraum für Landeserziehungsgeld ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 S. 1 BayLErzGG. Danach wird das Landeserziehungsgeld ab dem 13. Lebensmonat des Kindes gewährt, jedoch nicht vor dem Ablauf des letzten Auszahlungsmonats des Elterngeldes nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeit Gesetz (BEEG). Die Klägerin hat für das Kind L. Elterngeld bis einschließlich des 12. Lebensmonats bezogen. Damit beginnt der Anspruch der Klägerin auf Landeserziehungsgeld mit dem 13. Lebensmonat (14.02.2009). Da die Bezugsdauer für Landeserziehungsgeld gemäß Art. 4 Abs. 1 S. 2 BayLErzGG ab dem 2. Kind 12 Monate beträgt, ergibt sich bei der Klägerin als Mutter von 4 Kindern ein Bezugszeitraum bis zum Ablauf des 24. Lebensmonats (13.2.2010). Eine freie Wählbarkeit des Bezugszeitraums für Landeserziehungsgeld ist nicht vorgesehen. Der Wille des Gesetzgebers, Landeserziehungsgeld als Anschlussleistung an das Bundeselterngeld zu gewähren, ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung (Bayerischer Landtag, Drucksache 15/7721 vom 20.03.2007) und den entsprechenden Plenar-Protokollen (vgl. Plenarprotokolle 15/90 vom 29.03.2007, Seite 6821, und 15/98 vom 04.07.2007, Seite 7391). Eine Bewilligung von Landeserziehungsgeld im 3. Lebensjahr ist bei dieser Konstellation nicht zulässig. Denn der Leistungsbeginn ist schon in dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 1 S. 1 BayLErzGG dahin festgelegt, das Landeserziehungsgeld "ab dem 13. Lebensmonat" gewährt wird. Eine Verschiebung dieses fixen Leistungsbeginns ist nur kraft Gesetzes möglich, wenn Elterngeld länger als 12 Monate bezogen wird, beispielsweise durch Inanspruchnahme der so genannten Partnermonate (§ 4 Abs. 2 Satz 2 BEEG), bei Verlängerung des Bezugszeitraums (§ 6 Abs. 2 BEEG) oder bei allein erziehenden Elternteilen unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 4 BEEG. Diese Optionen hat die Klägerin jedoch nicht gewählt. Landeserziehungsgeld wird auf schriftlichen Antrag gem. Art. 4 Abs. 3 LErzGG höchstens für die letzten drei Lebensmonate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Landeserziehungsgeld eingegangen ist, gewährt. Der Anspruch auf Landeserziehungsgeld verfällt danach abschnittsweise gleitend mit jedem Tag, den der Antrag später als 3 Monate nach Beginn des Landeserziehungsgeldbezugszeitraums gestellt wird bis zum gänzlichen Anspruchsausschluss. Die Dreimonatsfrist ist für die rückwirkende Zahlung eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, d.h. der Rückwirkungszeitraum kann grundsätzlich nicht verlängert werden. Da der Antrag der Klägerin vom 14.4.2010 bei dem Beklagten am 29.04.2010 eingegangen ist, hat der Beklagte zu Recht Landeserziehungsgeld lediglich für den 24. Lebensmonat (14.01.2010 bis 13.02.2010) für L. bewilligt.
Ein Anspruch auf weitere 11 Monate Landeserziehungsgeld kann auch nicht durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Art. 11 Abs. 1 Satz 1 BayLErzGG i. V. m. § 27 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X begründet werden. Zwar handelt es sich bei der materiellen Ausschlussfrist des Art. 4 Abs. 3 BayLErzGG um eine gesetzliche Frist im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X und seine Anwendung ist auch nicht nach § 27 Abs. 5 SGB X ausgeschlossen (vgl. zur vergleichbaren Ausschlussregelung des § 4 Abs. 2 Satz 3 BErzGG BSG, Urteil vom 23.01.2008, B 10 EG 6/07 R, juris-RdNr. 12 ff.). Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt jedoch nicht vor. Denn nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann gewährt, wenn der Antragsteller ohne Verschulden gehindert war, die gesetzliche Frist einzuhalten. Ohne Verschulden im Sinne dieser Vorschrift handelt, wer die nach den Umständen des Falles von einem gewissenhaft Handelnden zu erwartende Sorgfalt beachtet.
Unabhängig von der Frage, ob die Klägerin überhaupt einen fristgemäßen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt hat, wäre ein solcher mangels unverschuldeter Fristversäumung erfolglos. Ob der Klägerin beziehungsweise ihrem Ehemann im März/April 2008 die immer wieder zitierte Auskunft gegeben wurde, dass Landeserziehungsgeld im 3. Lebensjahr gezahlt werde, kann dahinstehen, denn eine diesbezügliche Falschberatung beziehungsweise unvollständige Beratung wird vom Beklagten bestritten und ist von der Klägerin nicht nachgewiesen wurde. Es erscheint auch unwahrscheinlich, dass die Mitarbeiter des Beklagten den Begriff der Anschlussleistung falsch erläutert haben. Nach den Unterlagen, insbesondere der Telefonnotiz des Beklagten vom 26.4.2010, geht der Senat vielmehr davon aus, dass die Klägerin und ihr Ehemann ohne weitere Erkundigungen aufgrund ihrer Erfahrungen mit dem für ihre älteren Kinder bezogenen Landeserziehungsgeld der Meinung waren, hinsichtlich der Zahlung des Landeserziehungsgeldes habe sich im Gegensatz zu früher nichts geändert. Auch findet sich in den Informationen zum Landeserziehungsgeld Stand September 2007, November 2008 und November 2009 jeweils unter 3. der ausdrückliche Hinweis, dass das Landeserziehungsgeld im Anschluss an das Elterngeld gezahlt werde, wobei die Worte "im Anschluss" fett gedruckt und damit schon rein optisch hervorgehoben sind. Aus den Erläuterungen sowie den danach abgedruckten Beispielen ergibt sich, dass sich das Landeserziehungsgeld unmittelbar an den Bezug von Elterngeld anschließen muss. So wird unter dem 1. Beispiel bei einem Elterngeldbezug bis zum 14. Lebensmonat der Beginn des Landeserziehungsgeldes mit dem 15. Lebensmonat festgelegt. Im 2. Beispiel wird bei einem letztmaligen Elterngeldbezug im 28. Lebensmonat der Anspruchsbeginn für das Landeserziehungsgeld auf den 29. Lebensmonat festgelegt. Eine Wahlmöglichkeit ist den Erläuterungen nicht zu entnehmen. Eine andere Betrachtung ergibt sich auch nicht aus den Hinweisen im Merkblatt auf die Notwendigkeit der Früherkennungsuntersuchungen U6 und U7. Die diesbezüglichen unter 5. abgedruckten Hinweise stellen jeweils auf einen Leistungsbeginn des Landeserziehungsgeldes zwischen dem 13. und 24. Lebensmonat (U6) bzw. 25. bis 29. Lebensmonat (U7) ab. Diese Hinweise stehen nicht isoliert, sondern sind im Zusammenhang mit den vorherigen Hinweisen, insbesondere den unter 3. abgedruckten Hinweisen zum Landeserziehungsgeld als Anschlussleistung zu betrachten. Auch aus ihnen ist nach Auffassung des Senats kein Wahlrecht hinsichtlich des Bezugszeitraumes abzuleiten. Aus den Erläuterungen im Merkblatt hätte sich für die Klägerin vielmehr aufdrängen müssen, nach ihrem bisherigen Erkenntnisstand zumindest bei dem Beklagte nachzufragen, ob ihr Wissensstand hinsichtlich der Auszahlung im 3. Lebensjahr des Kindes ohne weitere Voraussetzungen noch richtig ist oder nicht.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass der Beklagte in späteren Informationsschreiben zum Landeserziehungsgeld den Hinweis auf die Anschlussleistung verdeutlicht hat. Aus der Präzisierung der Informationsschreiben kann die Klägerin keine Rechte für sich herleiten. Maßgeblich ist allein, ob die ihr vorliegenden und zugänglichen Hinweisschreiben geeignet waren, die Klägerin unverschuldet von einer fristgerechten Antragstellung abzuhalten. Eine solche Falschinformation konnte - wie ausgeführt - den Hinweisschreiben nicht entnommen werden. Mit der späteren Verdeutlichung des Begriffs "Anschlussleistung" hat der Beklagte darauf reagiert, dass verschiedene Antragsteller den Begriff der "Anschlussleistung" nicht zutreffend erfasst hatten. Allein die daraufhin erfolgte Reaktion des Beklagten, die Informationsschreiben präziser zu fassen, führt aber nicht dazu, für die Vergangenheit ein Beratungsverschulden des Beklagten anzunehmen. Es entsprach vielmehr seiner Auskunfts- und Beratungspflicht, durch Änderung der Hinweisschreiben auf bekannt gewordene Unsicherheiten der Antragsteller zu reagieren.
Die Klägerin konnte nicht darauf vertrauen, dass sich die Rechtslage für den Bezug von Landeserziehungsgeld seit ihren drei älteren Kindern nicht geändert hat. Der Klägerin wäre es nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung zuzumuten gewesen, sich entsprechend fachkundig beraten zu lassen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X kommt damit schon mangels unverschuldeter Fristversäumung nicht in Betracht.
Auch aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kann die Klägerin keine Rechte herleiten. Der Senat hat bereits mit Urteil vom 19.10.2011, L12 EG 68/08, entschieden, dass das Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches im Bereich des Erziehungsgeldes nicht anwendbar ist. Denn neben dem Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB, Art. 34 GG), der den ordentlichen Gerichten zugewiesen ist, ist nur insoweit Raum für richterliche Rechtsfortbildung, als eine planwidrige Regelungslücke geschlossen werden soll. Eine Haftungslücke existiert jedoch nur in Vorsorgesystemen, d.h. im Bereich der Sozialversicherung, weil sie auf komplexen, teilweise jahrzehntelangen Vorsorge- bzw. Versicherungsverhältnissen basieren, die innerhalb dieser Verhältnisse beim Erwerb von Anwartschaften korrigiert werden müssen, um Schäden für die Versicherten im Leistungsfall abzuwenden. In Hilfs- und Fördersystemen wie dem BErzGG und dem BEEG bzw. dem BayLErzGG ist dagegen ein Schaden aufgrund einer fehlerhaften Beratung exakt berechenbar, so dass er im Wege des Geldersatzes (§§ 839, 249 Abs. 2 BGB) vollständig ausgeglichen werden kann (vgl. BSG Urteil vom 9.2.1994, 14/14b REg 9/93, juris, Orientierungssatz und RdNr. 20).
Ein Anspruch der Klägerin auf weitere 11 Monate Landeserziehungsgeld besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt. Das Urteil des SG Augsburg war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Augsburg vom 31. März 2011, S 7 EG 40/10, aufgehoben und die
Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung von Landeserziehungsgeld nach dem Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetz (BayLErzGG) streitig.
Die Klägerin ist Mutter des 2008 geborenen L ... Neben L. hat die Klägerin noch 3 weitere Kinder (L., geb. 2002, L., geb. 2003 und L., geb. 2006). Für L. bezog die Klägerin Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für die Lebensmonate 1-12 (Bescheid vom 3.3.08).
Am 29.4.2010 beantragte die Klägerin Landeserziehungsgeld für L ... Die späte Antragstellung erklärte der Ehemann der Klägerin damit, dass er bei einer persönlichen Vorsprache im März/April 2008 bezüglich Elterngeldes die Auskunft bekommen habe, Landeserziehungsgeld werde weiter im 3. Lebensjahr gezahlt. Mit Bescheid vom 4.5.2010 bewilligte der Beklagte Landeserziehungsgeld für den 24. Lebensmonat von L. (14.01.2010 bis 13.02.2010). Ein Anspruch auf Landeserziehungsgeld bestehe längstens bis zum Ablauf des 24. Lebensmonats des Kindes. Da rückwirkend Leistungen höchstens für die letzten drei Lebensmonate vor Antragstellung gewährt werden könnten, bestehe der Anspruch nur für den 24. Lebensmonat. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 02.06.2010 Widerspruch ein und beantragte insgesamt 12 Monate Landeserziehungsgeld. Es sei ihr nicht bekannt gewesen und es sei auch nicht ersichtlich, dass das Landeserziehungsgeld sofort im Anschluss an das Elterngeld beantragt werden müsse. Aus den Unterlagen ergebe sich lediglich, dass es bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes gezahlt werde. Sie habe für ihre ersten 3 Kinder für das 1. Lebensjahr die Budgetregelung in Anspruch genommen, im 2. Lebensjahr keine Bezüge erhalten und für das 3. Jahr die Förderung des Landeserziehungsgeldes erhalten. Bei einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten habe sie die Auskunft erhalten, durch die Änderung des Elterngeldes träte keine Änderung bezüglich des Landeserziehungsgeldes ein und es gebe nach wie vor für das 3. Lebensjahr einen Anspruch auf Landeserziehungsgeld. Für sie sei auch weder aus dem Antrag selber noch dem Beiblatt ersichtlich, dass Landeserziehungsgeld direkt im Anschluss an das Elterngeld beantragt werden müsse. Es hieße nur, dass es nicht parallel zum Elterngeld gewährt werde. Diese Auffassung werde bestätigt durch die Anforderung der Früherkennungsuntersuchung U6 beziehungsweise U7, je nachdem, für welchen Zeitraum Landeserziehungsgeld beantragt werde.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2010 zurück. Landeserziehungsgeld könne für L. (als 4. Kind) im Anschluss an das Elterngeld nur bis zur Vollendung des 24. Lebensmonats gezahlt werden. Von der Verlängerungsoption habe die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Der mögliche Anspruchszeitraum für das Landeserziehungsgeld erstrecke sich somit vom 14.02.2009 bis 13.02.2010. Landeserziehungsgeld könne rückwirkend nur für die letzten 3 Monate vor Antragseingang geleistet werden (Art. 4 Abs. 3 BayLErzGG). Da der Antrag der Klägerin erst am 29.04.2010 eingegangen sei, könne auch bei Anwendung der zu beachtenden Rückwirkung Landeserziehungsgeld erst ab dem 14.01.2010 (= 24. Lebensmonat) gezahlt werden. Die Vorschrift des Art. 4 Abs. 3 BayLErzGG stelle einer Ausschlussfrist dar. Eine von der Klägerin behauptete Falschberatung durch den Beklagten sei nicht erkennbar beziehungsweise nachgewiesen. Außerdem habe der Ehemann der Klägerin anlässlich einer telefonischen Nachfrage bezüglich des Landeserziehungsgeldes am 26.04.2010 erklärt, dass man davon ausgegangen sei, dass Landeserziehungsgeld im 3. Lebensjahr gezahlt werde, da bisher immer das Budget bei Bundeserziehungsgeld gewählt wurde und damit ein Jahr Lücke gewesen sei. Eine angebliche Falschberatung habe keine Erwähnung gefunden.
Die hiergegen zum Sozialgericht Augsburg eingelegte Klage war erfolgreich (Urteil vom 31.03.2011). Ob der erst im Klageverfahren (Schriftsatz vom 18.10.2010) erfolgte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch fristgerecht erfolgt sei, könne dahinstehen, da der Klägerin jedenfalls im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs Landeserziehungsgeld auch für die Zeit vom 13. bis 23. Lebensmonat von L. zu bewilligen sei. Der Beklagte habe nach Überzeugung der Kammer durch die Gestaltung der ausgegebenen Antragsvordrucke und die Hinweise sowie Erläuterungen in den sonstigen Informationsunterlagen seine Beratungspflicht verletzt. Die Hinweise in dem Informationsblatt zum Antrag auf Landeserziehungsgeld seien gerade bei Eltern, die Landeserziehungsgeld für vor dem 01.01.2007 geborene Kinder für das 3. Lebensjahr des Kindes beantragt und bezogen hätten, geeignet, bei diesen einen unvermeidbaren Irrtum über den möglichen Anspruchszeitraum für das Landeserziehungsgeld nach dem BayLErzGG hervorzurufen. Die Formulierung im Informationsblatt "im Anschluss" sei insoweit irreführend, als sich ohne Kenntnis der Rechtslage die Folgerung aufdränge, dass dadurch nur der gleichzeitige Bezug von Elterngeld und Landeserziehungsgeld ausgeschlossen werden solle, nicht jedoch der "lückenlose" Anschluss des Landeserziehungsgeld an den letzten Bezugsmonat des Elterngeldes zwingend vorgeschrieben sei. Insbesondere weil die Formulierung nicht den klaren Gesetzeswortlaut des Art. 4 Abs. 1 S. 1 BayLErzGG gewählt habe, sondern mit den genannten Erläuterungen (frühestens ab dem 13. Lebensmonat) zu umschreiben versuche, habe der Beklagte seine Beratungspflicht verletzt. Ausschlaggebend sei für die Kammer jedoch die Erläuterung unter Ziffer 5 des Informationsblattes zur Früherkennungsuntersuchung gewesen, die je nach Leistungsbeginn auf die U6 beziehungsweise U7 oder sogar spätere Früherkennungsuntersuchungen abstelle. Hier dränge sich der Eindruck geradezu auf, dass eine Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Leistungszeiträumen bestehe beziehungsweise dass ein Leistungsbeginn ab dem 25. Lebensmonat ebenfalls in Betracht komme. Zudem werde im Anschreiben zum Antragsvordruck auf die Neuerungen für Geburten ab dem 01.01.2007 hingewiesen, der Hinweis erstreckte sich aber nur auf die Durchführung der Früherkennungsuntersuchungen, nicht auf die zwingende Anschlussleistung. Der Beklagte habe auf die missverständliche Formulierung reagiert und einen diesbezüglichen Hinweis nunmehr im geänderten Anschreiben aufgeführt.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht. Der sozialrechtlichen Herstellungsanspruch sei nicht erfüllt, da ein Aufklärungsverschulden des Beklagten aufgrund fehlender Informationen nicht vorliege. Die erwähnten Informationsunterlagen stützten die Argumentation der Klägerin nicht, da darin ausdrücklich auf die Anschlussleistung hingewiesen werde. An keiner Stelle des Informationsmaterials sei von einem Wahlrecht hinsichtlich eines möglichen Leistungszeitraums vom 13. bis 36. Lebensmonat die Rede.
Die Vertreterin des Beklagten stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 31.03.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das Urteil des SG für zutreffend und vertieft ihre Argumentation hinsichtlich der lückenhaften Information zur Anschlussleistung durch die an die Klägerin ausgegebenen Informationsschreiben des Beklagten. Abzustellen sei auf den Verständnishorizont des Adressaten, wobei zu berücksichtigen sei, dass die Klägerin Wiederholungsantragstellerin sei.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Der Klägerin steht Landeserziehungsgeld nach dem BayLErzGG (in der Fassung des Haushaltsgesetzes - HG - 2009/2010 vom 14. April 2009) für die Lebensmonate 13 bis 23 von L. nicht zu.
Der mögliche Bezugszeitraum für Landeserziehungsgeld ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 S. 1 BayLErzGG. Danach wird das Landeserziehungsgeld ab dem 13. Lebensmonat des Kindes gewährt, jedoch nicht vor dem Ablauf des letzten Auszahlungsmonats des Elterngeldes nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeit Gesetz (BEEG). Die Klägerin hat für das Kind L. Elterngeld bis einschließlich des 12. Lebensmonats bezogen. Damit beginnt der Anspruch der Klägerin auf Landeserziehungsgeld mit dem 13. Lebensmonat (14.02.2009). Da die Bezugsdauer für Landeserziehungsgeld gemäß Art. 4 Abs. 1 S. 2 BayLErzGG ab dem 2. Kind 12 Monate beträgt, ergibt sich bei der Klägerin als Mutter von 4 Kindern ein Bezugszeitraum bis zum Ablauf des 24. Lebensmonats (13.2.2010). Eine freie Wählbarkeit des Bezugszeitraums für Landeserziehungsgeld ist nicht vorgesehen. Der Wille des Gesetzgebers, Landeserziehungsgeld als Anschlussleistung an das Bundeselterngeld zu gewähren, ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung (Bayerischer Landtag, Drucksache 15/7721 vom 20.03.2007) und den entsprechenden Plenar-Protokollen (vgl. Plenarprotokolle 15/90 vom 29.03.2007, Seite 6821, und 15/98 vom 04.07.2007, Seite 7391). Eine Bewilligung von Landeserziehungsgeld im 3. Lebensjahr ist bei dieser Konstellation nicht zulässig. Denn der Leistungsbeginn ist schon in dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 1 S. 1 BayLErzGG dahin festgelegt, das Landeserziehungsgeld "ab dem 13. Lebensmonat" gewährt wird. Eine Verschiebung dieses fixen Leistungsbeginns ist nur kraft Gesetzes möglich, wenn Elterngeld länger als 12 Monate bezogen wird, beispielsweise durch Inanspruchnahme der so genannten Partnermonate (§ 4 Abs. 2 Satz 2 BEEG), bei Verlängerung des Bezugszeitraums (§ 6 Abs. 2 BEEG) oder bei allein erziehenden Elternteilen unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 4 BEEG. Diese Optionen hat die Klägerin jedoch nicht gewählt. Landeserziehungsgeld wird auf schriftlichen Antrag gem. Art. 4 Abs. 3 LErzGG höchstens für die letzten drei Lebensmonate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Landeserziehungsgeld eingegangen ist, gewährt. Der Anspruch auf Landeserziehungsgeld verfällt danach abschnittsweise gleitend mit jedem Tag, den der Antrag später als 3 Monate nach Beginn des Landeserziehungsgeldbezugszeitraums gestellt wird bis zum gänzlichen Anspruchsausschluss. Die Dreimonatsfrist ist für die rückwirkende Zahlung eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, d.h. der Rückwirkungszeitraum kann grundsätzlich nicht verlängert werden. Da der Antrag der Klägerin vom 14.4.2010 bei dem Beklagten am 29.04.2010 eingegangen ist, hat der Beklagte zu Recht Landeserziehungsgeld lediglich für den 24. Lebensmonat (14.01.2010 bis 13.02.2010) für L. bewilligt.
Ein Anspruch auf weitere 11 Monate Landeserziehungsgeld kann auch nicht durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Art. 11 Abs. 1 Satz 1 BayLErzGG i. V. m. § 27 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X begründet werden. Zwar handelt es sich bei der materiellen Ausschlussfrist des Art. 4 Abs. 3 BayLErzGG um eine gesetzliche Frist im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X und seine Anwendung ist auch nicht nach § 27 Abs. 5 SGB X ausgeschlossen (vgl. zur vergleichbaren Ausschlussregelung des § 4 Abs. 2 Satz 3 BErzGG BSG, Urteil vom 23.01.2008, B 10 EG 6/07 R, juris-RdNr. 12 ff.). Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt jedoch nicht vor. Denn nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann gewährt, wenn der Antragsteller ohne Verschulden gehindert war, die gesetzliche Frist einzuhalten. Ohne Verschulden im Sinne dieser Vorschrift handelt, wer die nach den Umständen des Falles von einem gewissenhaft Handelnden zu erwartende Sorgfalt beachtet.
Unabhängig von der Frage, ob die Klägerin überhaupt einen fristgemäßen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt hat, wäre ein solcher mangels unverschuldeter Fristversäumung erfolglos. Ob der Klägerin beziehungsweise ihrem Ehemann im März/April 2008 die immer wieder zitierte Auskunft gegeben wurde, dass Landeserziehungsgeld im 3. Lebensjahr gezahlt werde, kann dahinstehen, denn eine diesbezügliche Falschberatung beziehungsweise unvollständige Beratung wird vom Beklagten bestritten und ist von der Klägerin nicht nachgewiesen wurde. Es erscheint auch unwahrscheinlich, dass die Mitarbeiter des Beklagten den Begriff der Anschlussleistung falsch erläutert haben. Nach den Unterlagen, insbesondere der Telefonnotiz des Beklagten vom 26.4.2010, geht der Senat vielmehr davon aus, dass die Klägerin und ihr Ehemann ohne weitere Erkundigungen aufgrund ihrer Erfahrungen mit dem für ihre älteren Kinder bezogenen Landeserziehungsgeld der Meinung waren, hinsichtlich der Zahlung des Landeserziehungsgeldes habe sich im Gegensatz zu früher nichts geändert. Auch findet sich in den Informationen zum Landeserziehungsgeld Stand September 2007, November 2008 und November 2009 jeweils unter 3. der ausdrückliche Hinweis, dass das Landeserziehungsgeld im Anschluss an das Elterngeld gezahlt werde, wobei die Worte "im Anschluss" fett gedruckt und damit schon rein optisch hervorgehoben sind. Aus den Erläuterungen sowie den danach abgedruckten Beispielen ergibt sich, dass sich das Landeserziehungsgeld unmittelbar an den Bezug von Elterngeld anschließen muss. So wird unter dem 1. Beispiel bei einem Elterngeldbezug bis zum 14. Lebensmonat der Beginn des Landeserziehungsgeldes mit dem 15. Lebensmonat festgelegt. Im 2. Beispiel wird bei einem letztmaligen Elterngeldbezug im 28. Lebensmonat der Anspruchsbeginn für das Landeserziehungsgeld auf den 29. Lebensmonat festgelegt. Eine Wahlmöglichkeit ist den Erläuterungen nicht zu entnehmen. Eine andere Betrachtung ergibt sich auch nicht aus den Hinweisen im Merkblatt auf die Notwendigkeit der Früherkennungsuntersuchungen U6 und U7. Die diesbezüglichen unter 5. abgedruckten Hinweise stellen jeweils auf einen Leistungsbeginn des Landeserziehungsgeldes zwischen dem 13. und 24. Lebensmonat (U6) bzw. 25. bis 29. Lebensmonat (U7) ab. Diese Hinweise stehen nicht isoliert, sondern sind im Zusammenhang mit den vorherigen Hinweisen, insbesondere den unter 3. abgedruckten Hinweisen zum Landeserziehungsgeld als Anschlussleistung zu betrachten. Auch aus ihnen ist nach Auffassung des Senats kein Wahlrecht hinsichtlich des Bezugszeitraumes abzuleiten. Aus den Erläuterungen im Merkblatt hätte sich für die Klägerin vielmehr aufdrängen müssen, nach ihrem bisherigen Erkenntnisstand zumindest bei dem Beklagte nachzufragen, ob ihr Wissensstand hinsichtlich der Auszahlung im 3. Lebensjahr des Kindes ohne weitere Voraussetzungen noch richtig ist oder nicht.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass der Beklagte in späteren Informationsschreiben zum Landeserziehungsgeld den Hinweis auf die Anschlussleistung verdeutlicht hat. Aus der Präzisierung der Informationsschreiben kann die Klägerin keine Rechte für sich herleiten. Maßgeblich ist allein, ob die ihr vorliegenden und zugänglichen Hinweisschreiben geeignet waren, die Klägerin unverschuldet von einer fristgerechten Antragstellung abzuhalten. Eine solche Falschinformation konnte - wie ausgeführt - den Hinweisschreiben nicht entnommen werden. Mit der späteren Verdeutlichung des Begriffs "Anschlussleistung" hat der Beklagte darauf reagiert, dass verschiedene Antragsteller den Begriff der "Anschlussleistung" nicht zutreffend erfasst hatten. Allein die daraufhin erfolgte Reaktion des Beklagten, die Informationsschreiben präziser zu fassen, führt aber nicht dazu, für die Vergangenheit ein Beratungsverschulden des Beklagten anzunehmen. Es entsprach vielmehr seiner Auskunfts- und Beratungspflicht, durch Änderung der Hinweisschreiben auf bekannt gewordene Unsicherheiten der Antragsteller zu reagieren.
Die Klägerin konnte nicht darauf vertrauen, dass sich die Rechtslage für den Bezug von Landeserziehungsgeld seit ihren drei älteren Kindern nicht geändert hat. Der Klägerin wäre es nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung zuzumuten gewesen, sich entsprechend fachkundig beraten zu lassen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X kommt damit schon mangels unverschuldeter Fristversäumung nicht in Betracht.
Auch aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kann die Klägerin keine Rechte herleiten. Der Senat hat bereits mit Urteil vom 19.10.2011, L12 EG 68/08, entschieden, dass das Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches im Bereich des Erziehungsgeldes nicht anwendbar ist. Denn neben dem Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB, Art. 34 GG), der den ordentlichen Gerichten zugewiesen ist, ist nur insoweit Raum für richterliche Rechtsfortbildung, als eine planwidrige Regelungslücke geschlossen werden soll. Eine Haftungslücke existiert jedoch nur in Vorsorgesystemen, d.h. im Bereich der Sozialversicherung, weil sie auf komplexen, teilweise jahrzehntelangen Vorsorge- bzw. Versicherungsverhältnissen basieren, die innerhalb dieser Verhältnisse beim Erwerb von Anwartschaften korrigiert werden müssen, um Schäden für die Versicherten im Leistungsfall abzuwenden. In Hilfs- und Fördersystemen wie dem BErzGG und dem BEEG bzw. dem BayLErzGG ist dagegen ein Schaden aufgrund einer fehlerhaften Beratung exakt berechenbar, so dass er im Wege des Geldersatzes (§§ 839, 249 Abs. 2 BGB) vollständig ausgeglichen werden kann (vgl. BSG Urteil vom 9.2.1994, 14/14b REg 9/93, juris, Orientierungssatz und RdNr. 20).
Ein Anspruch der Klägerin auf weitere 11 Monate Landeserziehungsgeld besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt. Das Urteil des SG Augsburg war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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