L 11 AS 399/13 RG

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 14 AS 1252/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 399/13 RG
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Unzulässige Anhörungsrüge.
I. Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Bayer. Landessozialgerichtes vom 10.06.2013 im Verfahren L 11 AS 183/13 wird verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:


I.

Die Antragstellerin (ASt) wendet sich gegen einen Beschluss des Senates vom 10.06.2013. Mit diesem Beschluss hat der Senat die Beschwerde gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth (SG) vom 25.02.2013 zurückgewiesen.

Die ASt bezieht zusammen mit ihrem Ehemann Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 12.12.2012 hat sie beim SG einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Antragsgegner (Ag) gestellt (Az: S 14 AS 1197/12 ER) und die Übernahme der von der Energieversorgung A-Stadt GmbH (ESM) geltend gemachten Heizkosten beantragt. Im Rahmen des Erörterungstermins am 18.12.2012 schlossen die Beteiligten einen Vergleich und erklärten darin u.a. den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. Der Vergleich wurde den Beteiligten vorgelesen und von ihnen genehmigt.

Am 27.12.2012 hat die ASt mitgeteilt, sie wolle den Vergleich "zurückziehen". Der Richter habe sie dazu gedrängt, die Zustimmung ihres Bevollmächtigten zu bestätigen. Sie habe erfolglos vorgebracht, sie müsse die Angelegenheit noch mit dem Bevollmächtigten besprechen. Ein Vergleich könne mit ihr nicht geschlossen werden, da sie unter dem Existenzminimum lebe. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 25.02.2013 festgestellt, der Rechtsstreit Az: S 14 AS 1197/12 ER sei durch den Vergleich vom 18.12.2012 erledigt.

Die dagegen von der ASt beim Bayer. Landessozialgericht eingelegte Berufung hat der Senat mit Beschluss vom 10.06.2013 zurückgewiesen. Der Vergleich sei wirksam und habe das Verfahren beendet. Die ASt und ihr Bevollmächtigter hätten dem Vergleich zugestimmt.

Dagegen hat sich die ASt am 18.06.2013 gewandt. Es liege ein Verfahrensmangel vor, da es sich um einen willkürlichen Richterspruch handele, der unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar sei. Zu dem Vergleich sei sie gezwungen worden. Der Vergleich sei zwischen ihrem Bevollmächtigten und dem Richter abgesprochen gewesen. Ihr Existenzminimum sei durch den Vergleich nicht mehr gewährleistet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Der Antrag der ASt ist als Anhörungsrüge auszulegen, denn ein anderer Rechtsbehelf gegen den Beschluss des Senates vom 10.06.2013 kommt nicht in Betracht (§ 178a Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG).

Die Anhörungsrüge ist bereits unzulässig. Sie ist zwar gemäß § 178a Abs 2 Satz 1 SGG innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses (15.06.2013) am 18.06.2013 erhoben worden, sie ist aber nicht statthaft, denn die ASt hat weder dargelegt, dass der Senat ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat noch ergeben sich aus dem Vortrag der ASt Anhaltspunkte dafür, dass entscheidungserhebliche Aspekte, die im Rahmen des Verfahrens L 11 AS 183/13 vorgetragen worden sind, unberücksichtigt geblieben wären.

Nach § 178a Abs 2 Satz 5, Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG ist für eine zulässige Anhörungsrüge sowohl die Verletzung des rechtlichen Gehörs als auch die Entscheidungserheblichkeit der Gehörsverletzung darzulegen (vgl zum Darlegungserfordernis als Zulässigkeitsvoraussetzung: Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 178a Rn 6a). Hierbei sind - auch bei nicht rechtskundig vertretenen - gewisse Mindestanforderungen zu erfüllen, die sich jedoch darin erschöpfen können, schlüssig die Umstände aufzuzeigen, aus denen sich die Verletzung des rechtlichen Gehörs ergibt, und es ist zu erläutern, aus welchen Gründen sich daraus eine günstigere Entscheidung ergeben kann (vgl Leitherer aaO § 178a Rn 6b mwN). Hierbei besagt der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, dass der Beteiligte zum jeweiligen Verfahren herangezogen werden und Gelegenheit haben muss, sich vor Erlass der Entscheidung zum Prozessstoff zu äußern und gehört werden muss (vgl Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 62 Rn. 2).

Die ASt hat jedoch keine Umstände behauptet, aus denen der Schluss zu ziehen wäre, der Senat habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem er Tatsachen berücksichtigt habe, zu denen sie keine Gelegenheit erhalten hatte, Stellung zu nehmen. Im Übrigen ist anzumerken, dass, soweit vorgebracht wird, die ASt sei zu dem Vergleich gezwungen worden, der Senat in seinem Beschluss darauf hingewiesen hat, dass auch der wirksam bevollmächtigte Rechtsanwalt dem Vergleich zugestimmt hat, was bereits ausgereicht hätte. Sofern er dabei seine Vollmacht im Innenverhältnis überschritten haben sollte, müsste sich die ASt insofern an ihren ehemaligen Bevollmächtigten wenden. Eine Absprache zwischen dem Vorsitzenden der 14. Kammer des SG und dem damaligen Bevollmächtigten der ASt ergibt sich aus den Akten des SG nicht. Im Übrigen wäre eine Kontaktaufnahme zwischen den Beiden vor dem Erörterungstermin am 18.12.2012 grundsätzlich kein Wirksamkeitshindernis in Bezug auf den Vergleich. Angesichts des laut Niederschrift zwei Stunden dauernden Erörterungstermins kann auch nicht davon ausgegangen werden, die ASt sei dort "überrumpelt" worden oder das Ergebnis hätte von vornherein festgestanden. Sofern der Vorsitzende der 14. Kammer des SG darauf hingewiesen haben mag, die ASt können im Falle der Ablehnung des Vergleichs gar nichts bekommen, wäre dies ein Hinweis auf die Einschätzung der Sach- und Rechtslage gewesen. Diese Einschätzung erscheint auch nicht unzutreffend, da es sich um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelte und eine einstweilige Anordnung für in der Vergangenheit liegende Zeiträume nur in Ausnahmefällen, für die hier aber keine Anhaltspunkte bestanden haben, nicht in Betracht kommt (vgl dazu die ständige Rechtsprechung des Senats, zB Beschluss des Senates vom 12.04.2010 - L 11 AS 18/10 B ER - juris). Dass der ASt nach ihrer eigenen Auffassung keine für die Existenzsicherung ausreichenden Mittel verblieben sind, führt ebenfalls nicht zur Unwirksamkeit des Vergleichs. Ein Verzicht auf Sozialleistungen ist grundsätzlich möglich (§ 46 Erstes Buch Sozialgesetzbuch -SGB I-).

Die Anhörungsrüge ist daher zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, §§ 178a Abs 4 Satz 3, 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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