Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
15
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 4165/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SF 190/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Leitsätze
1. Der Sachverständige trägt die objektive Beweislast dafür, dass die Rechnung für das von ihm erstellte Gutachten innerhalb der 3 Monats Frist des § 2 Abs. 1
Satz 1 JVEG bei Gericht eingegangen ist. Der Rechnungseingang muss im Vollbeweis nachgewiesen sein.
2. § 2 Abs. 2 JVEG sieht nur eine Wiedereinsetzung auf Antrag vor.
3. Der Wiedereinsetzungsantrag ist innerhalb von zwei Wochen ab Wegfall des Hindernisses, das einer fristgerechten Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs entgegen gestanden hat, zu stellen.
4. Die verspätete Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs stellt keinen Wiedereinsetzungsantrag dar.
5. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG gebietet es, von einer Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrunds im Rahmen der Darlegungslast eines Antragstellers schon dann auszugehen, wenn ein Antragsteller im Rahmen seines Wiedereinsetzungsantrags plausibel einen nach der Lebenserfahrung naheliegenden Sachverhalt darstellt, der eine Wiedereinsetzung begründet, und keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers bestehen.
6. Die verfassungsrechtlich gebotene weite Auslegung des Begriffs der Glaubhaftmachung im Rahmen der Darlegungslast verlangt ein Korrektiv, um Missbrauch zu vermeiden. Das Gericht hat daher in einem zweiten Schritt die Frage zu prüfen, ob es möglicherweise erst nach weiterer Sachprüfung einen Wiedereinsetzungsgrund tatsächlich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Eine schlichte Erklärung des Antragstellers wird dabei nur im seltenen Einzelfall genügen.
Satz 1 JVEG bei Gericht eingegangen ist. Der Rechnungseingang muss im Vollbeweis nachgewiesen sein.
2. § 2 Abs. 2 JVEG sieht nur eine Wiedereinsetzung auf Antrag vor.
3. Der Wiedereinsetzungsantrag ist innerhalb von zwei Wochen ab Wegfall des Hindernisses, das einer fristgerechten Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs entgegen gestanden hat, zu stellen.
4. Die verspätete Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs stellt keinen Wiedereinsetzungsantrag dar.
5. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG gebietet es, von einer Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrunds im Rahmen der Darlegungslast eines Antragstellers schon dann auszugehen, wenn ein Antragsteller im Rahmen seines Wiedereinsetzungsantrags plausibel einen nach der Lebenserfahrung naheliegenden Sachverhalt darstellt, der eine Wiedereinsetzung begründet, und keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers bestehen.
6. Die verfassungsrechtlich gebotene weite Auslegung des Begriffs der Glaubhaftmachung im Rahmen der Darlegungslast verlangt ein Korrektiv, um Missbrauch zu vermeiden. Das Gericht hat daher in einem zweiten Schritt die Frage zu prüfen, ob es möglicherweise erst nach weiterer Sachprüfung einen Wiedereinsetzungsgrund tatsächlich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Eine schlichte Erklärung des Antragstellers wird dabei nur im seltenen Einzelfall genügen.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Vergütung für das Gutachten vom 29.10.2012 (Rechnung vom 25.10.2012) wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob dem Antragsteller für die Vergütung für ein von ihm im Auftrag des Gerichts erstelltes Gutachten Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) zu gewähren ist.
In dem beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen geführten rentenrechtlichen Berufungsverfahren erstellte der Antragsteller im Auftrag des Gerichts ein orthopädisches Gutachten. Das Gutachten vom 29.10.2012 ging am 05.11.2012 beim LSG ein. Der Eingang weiterer Anlagen, nicht aber einer Rechnung des Antragstellers, ist in diesem Zusammenhang vermerkt.
Mit Schreiben vom 05.07.2013 mahnte der Antragsteller die Bezahlung einer Rechnung vom 25.10.2012 für das Gutachten an. Der Zahlungserinnerung lag die Rechnung vom 25.10.2012 bei.
Mit Schreiben vom 12.07.2013 teilte der Kostenbeamte des Bayer. LSG dem Antragsteller mit, dass die Rechnung für das Gutachten erstmalig mit der Zahlungserinnerung eingegangen sei und daher wegen der dreimonatigen Frist des § 2 Abs. 1 JVEG der Vergütungsanspruch erloschen sei.
Mit Schreiben vom 18.07.2013, bei Gericht eingegangen am 22.07.2013, hat sich der Antragsteller gegen die Ablehnung der Vergütung gewandt. Mit dem Gutachten sei - so der Antragsteller - auch die Rechnung versandt worden. Die Zusendung der Rechnung sei, wie bei ihm immer, fristgerecht erfolgt.
Auf gerichtliche Nachfrage hat der Antragsteller mit Schreiben vom 09.09.2013 erläutert, dass er im Jahr 2012 ca. 150 Gutachten erstellt habe. Ein Fall wie dieser habe sich bei seiner Gutachtertätigkeit nie ereignet. Seit 2001 sei er regelmäßig intensiv gutachterlich tätig. Einen "Beweis", dass die Rechnung dem Gutachten beigelegen habe, könne er selbstverständlich nicht liefern.
II.
Das Schreiben des Antragstellers vom 18.07.2013 stellt einen Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG dar, da er damit eine rechtzeitige Einreichung der Rechnung vorträgt und sich gegen die Ablehnung der Vergütung wegen Verfristung wendet. Über den Antrag auf Wiedereinsetzung hat nicht der Kostenbeamte, sondern gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG das Gericht zu entscheiden.
Wiedereinsetzung kann nicht gewährt werden, da sich der Senat bei den von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen nicht vom Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrunds überzeugen hat können.
Im vorliegenden Fall ist der Entschädigungsantrag zu spät gestellt worden. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung sind nicht erfüllt.
1. Vergütungsantrag zu spät gestellt
Der Vergütungsanspruch war bereits erloschen, als die Honorarforderung für das Gutachten vom 29.10.2012 geltend gemacht wurde.
Der Anspruch auf Vergütung erlischt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle geltend gemacht wird, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat. Die Frist beginnt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG im Falle der schriftlichen Begutachtung mit Eingang des Gutachtens bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen hat.
Vorliegend ist das Gutachten vom 29.10.2012 am 05.11.2012 bei Gericht eingegangen. Die dreimonatige Frist zur Geltendmachung des dafür entstandenen Vergütungsanspruchs ist am 05.02.2013 (Dienstag) abgelaufen.
Eines weiteren Hinweises des Gerichts auf den bevorstehenden Ablauf der Frist oder einer Aufforderung zur Bezifferung der Vergütungsforderung bedurfte es nicht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschlüsse vom 16.09.2008, Az.: L 15 SF 144/08, vom 21.12.2011, Az.: L 15 SF 208/10 B E, vom 14.08.2012, Az.: L 15 SF 135/12 B, vom 03.01.2013, Az.: L 15 SF 255/10, vom 15.02.2013, Az.: L 15 SF 211/12 B, vom 27.03.2013, Az.: L 15 SF 181/12 B, und vom 10.09.2013, Az.: L 15 SF 206/13 E).
Ein erstmaliger Eingang der Rechnung des Antragstellers bei Gericht ist erst mit dem Eingang der Zahlungserinnerung vom 05.07.2013 am 08.07.2013 belegt. Mit diesem Schreiben hat der Antragsteller eine Kopie seiner auf den 25.10.2012 datierten Rechnung übersandt. Dieser Eingang der Rechnung ist erst weit nach Ablauf der dreimonatigen Frist für die Geltendmachung des Vergütungsanspruchs erfolgt.
Ein früherer Rechnungseingang - und zwar noch innerhalb der dreimonatigen Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG - ist nicht in dem dafür erforderlichen Vollbeweis nachgewiesen.
Vollbeweis bedeutet, dass die für die Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein müssen. Erst wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung für das Vorliegen der Tatsachen sprechen, kann das Gericht diese Tatsachen als gegeben annehmen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 27.03.1958, Az.: 8 RV 387/55). Das Gericht muss vom Vorliegen der Tatsachen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ausgehen können (vgl. BSG, Urteil vom 02.02.1978, Az.: 8 RU 66/77). Bestehen noch Zweifel, die nicht ausgeräumt werden können, geht die Frage der Aufklärbarkeit nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten dessen, der einen Anspruch geltend macht.
Nicht im Vollbeweis nachgewiesen ist die Behauptung des Antragstellers, dass die Rechnung dem Gutachten vom 29.10.2012 beigelegt gewesen und damit ein rechtzeitiger Zugang erfolgt sei.
Tatsächlich ist in den Gerichtsakten vor Eingang der Zahlungserinnerung vom 05.07.2013 eine Rechnung nicht enthalten. Irgendwelche aktenkundige und jegliche vernünftigen Zweifel ausschließende Hinweise darauf, dass die Rechnung zusammen mit dem Gutachten übersandt worden wäre, beispielsweise ein Zuleitungsschreiben mit den übersandten Anlagen und einer Abzeichnung durch die Eingangsstelle des Gerichts, gibt es nicht. So sind zwar mit Eingang des Gutachtens weitere Anlagen
(6 Band Akten, 1 CD, 1 Bündel Kopien) verzeichnet worden, nicht aber eine Rechnung. Allein mit den Angaben des Antragstellers, auch wenn diese durchaus nicht abwegig erscheinen, lässt sich der Vollbeweis des Eingangs bei Gericht nicht führen (vgl. Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 18.02.2004, Az.: I R 78/03, der regelmäßig nicht einmal für die Glaubhaftmachung der rechtzeitigen Aufgabe zur Post eine eidesstattliche Versicherung des Bevollmächtigten des die Wiedereinsetzung Begehrenden ausreichen lässt). Denn weder die Angaben des Antragstellers noch die allgemeine Lebenserfahrung sind geeignet, jegliche vernünftigen Zweifel an einem nicht erfolgten Eingang der Rechnung zusammen mit dem Gutachten bei Gericht auszuräumen. So ist es nach der Lebenserfahrung nicht auszuschließen und auch gar nicht so abwegig, dass die Rechnung nicht beigelegt worden ist.
Nicht ankommen kann es auf die Frage, ob der fehlende Nachweis des Rechnungseingangs vielleicht nicht auf ein Vergessen bei der Versendung oder einen Verlust auf dem Postweg, sondern auf ein Übersehen und versehentliches Vernichten bei Gericht zurückzuführen ist. Denn wenn der Nachweis des Eingangs bei Gericht nicht im Vollbeweis geführt werden kann, kann sich die Frage nicht stellen, ob eine Vernichtung nach Eingang bei Gericht in Betracht kommt. Solange der Eingang nicht zweifelsfrei nachgewiesen ist, ist die Frage eines potentiellen Verlusts zu einem späteren Zeitpunkt rein spekulativ und ohne rechtliche Bedeutung (vgl. Beschlüsse des Senats vom 21.12.2012, Az.: L 15 SF 208/10 B E - mit einer kritischen Auseinandersetzung mit der früheren Rechtsprechung des Senats -, und vom 14.08.2013, Az.: L 15 SF 253/12).
Ein fristgerechter Eingang der Rechnung für das Gutachten vom 29.10.2012 ist damit nicht (im Vollbeweis) nachgewiesen. Dies geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Antragstellers.
2. Keine Wiedereinsetzung
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, da es nicht glaubhaft gemacht werden konnte, dass der Antragsteller ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war.
2.1. Voraussetzungen der Wiedereinsetzung im Allgemeinen
Einem Anspruchsteller nach dem JVEG ist bei Versäumung der Frist gemäß
§ 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG Wiedereinsetzung nur dann zu gewähren, wenn
- er innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG, d.h. innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses für die (rechtzeitige) Antragstellung, einen Wiedereinsetzungsantrag stellt,
- er innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG einen Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft macht (vgl. zur verfassungsrechtlichen Problematik und den sich daraus ergebenden vergleichsweise geringen Anforderungen an die Glaubhaftmachung in diesem Zusammenhang die ausführlichen Erwägungen im Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12),
- er innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG den Vergütungsanspruch beziffert und
- sich das Gericht bei weiteren, von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen vom glaubhaften, d.h. überwiegend wahrscheinlichen Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrunds überzeugt hat (vgl. Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12).
Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 JVEG nicht mehr beantragt werden.
Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen ist dem JVEG - im Gegensatz zu vielen anderen gesetzlichen Regelungen - fremd (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschlüsse des Senats vom 01.08.2012, Az.: L 15 SF 156/12, vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12, und vom 27.03.2013, Az.: L 15 SF 181/12 B). Das Antragserfordernis verbietet es zudem, allein in der verspäteten Vorlage einer Entschädigungsforderung einen Wiedereinsetzungsantrag zu sehen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 03.01.2013, Az.: L 15 SF 255/10, und vom 15.02.2013, Az.: L 15 SF 211/12 B).
2.2. Voraussetzungen der Wiedereinsetzung im vorliegenden Fall
2.2.1. Fristgerechte Antragstellung
Der Antragsteller hat fristgerecht einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt.
Ab Zugang des gerichtlichen Schreibens vom 12.07.2013 musste dem Antragsteller bewusst sein, dass die Rechung vom 25.10.2012 dem LSG vor seiner Erinnerung vom 05.07.2013 nicht vorgelegen hatte. Für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG eine Frist von zwei Wochen eröffnet.
Mit Schreiben vom 18.07.2013 hat der Antragsteller konkludent einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt, weil er vorgetragen hat, dass ihm eine Fristversäumung nicht vorgeworfen werden könne, weil er seine Rechnung bereits mit dem Gutachten übersandt habe, und eine Vergütung seines Gutachtens begehrt hat.
Der Wiedereinsetzungsantrag ist innerhalb der mit Zugang des gerichtlichen Schreibens vom 12.07.2013 in Lauf gesetzten Frist, nämlich am 22.07.2013, bei Gericht eingegangen.
2.2.2. Fristgerechte Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrunds
Der Antragsteller hat in seinem Schreiben vom 18.07.2013 einen Wiedereinsetzungsgrund, nämlich dass er die Rechnung zusammen mit dem Gutachten übersandt habe, er damit alles fristgerecht erledigt habe und ihm der fehlende Nachweis des Zugangs der Rechnung bei Gericht nicht vorgeworfen werden könne, fristgerecht glaubhaft gemacht.
2.2.2.1. Wiedereinsetzungsgrund
Vom Vortrag einer unverschuldeten Fristversäumung und damit einem Wiedereinsetzungsantrag ist auch dann auszugehen, wenn ein Antragsteller angibt, die Frist überhaupt nicht versäumt zu haben, da er alles fristgemäß erledigt habe (vgl. Beschluss des Senats vom 14.08.2013, Az.: L 15 SF 253/12). Eine Fristversäumung kann nicht nur dadurch eintreten, dass eine erforderliche Handlung nicht rechtzeitig vorgenommen wird, sondern auch dadurch, dass der Betroffene selbst zwar alles rechtzeitig unternimmt, dann aber durch Umstände außerhalb seines Einflussbereichs oder infolge der Einschaltung Dritter die Einhaltung der Frist vereitelt wird (vgl. Beschlüsse des Senats vom 21.12.2011, Az.: L 15 SF 208/10 B E, und vom 14.08.2013, Az.: L 15 SF 253/12). Ein geradezu typischer Fall, in dem eine Wiedereinsetzung in Betracht kommt, ist es, wenn ein Schreiben rechtzeitig zur Post gegeben wird, dann aber wegen Umständen im Verantwortungsbereich der Post die Einhaltung der Frist vereitelt wird (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschlüsse vom 28.03.1994, Az.: 2 BvR 814/93, und vom 29.12.1994, Az.: 2 BvR 106/93; BSG, Urteil vom 30.09.1996, Az.: 10 RAr 1/96) oder der Zugang beim Empfänger sich überhaupt nicht nachweisen lässt (vgl. BFH, Beschlüsse vom 19.06.1996, Az.: I R 13/96, und vom 23.12.2005, Az.: VI B 110/05; Bundesgerichtshof - BGH -, Beschluss vom 03.02.2011, Az.: I ZB 74/09; BSG, Beschluss vom 11.11.2003, Az.: B 2 U 293/03 B).
Nicht anders stellt sich der Fall hier dar: Der Antragstellerin behauptet, alles getan zu haben, um den rechtzeitigen Eingang der Rechnung zu bewirken, ein rechtzeitiger Eingang lässt sich aber nicht nachweisen.
2.2.2.2. Anforderungen an die Glaubhaftmachung im Rahmen der Darlegungslast - Allgemeines
Die Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG gilt nicht nur für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags und die Bezifferung des Anspruchs, sondern auch für die Glaubhaftmachung der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen, wobei die Anforderungen an die Glaubhaftmachung aus verfassungsrechtlichen Gründen aber nicht überspannt werden dürfen. Um die vom Gesetzgeber in § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG vorgesehene Möglichkeit der Wiedereinsetzung nicht ins Leere laufen zu lassen, ist im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung von einer Glaubhaftmachung daher schon dann auszugehen, wenn ein Antragsteller im Rahmen seines Wiedereinsetzungsantrags plausibel einen nach der Lebenserfahrung naheliegenden Sachverhalt darstellt, der eine Wiedereinsetzung begründet, und keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Angaben bestehen (vgl. Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12, in dem die [verfassungs-]rechtliche Problematik umfassend dargestellt ist).
2.2.2.3. Erfüllung der Anforderungen an die Glaubhaftmachung im Rahmen der Darlegungslast im hier zu entscheidenden Fall
Mit den Angaben im Schreiben vom 18.07.2013 wird der Antragsteller diesen Anforderungen innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG gerecht. So hat er vorgetragen, dass er die Rechnung zusammen mit dem Gutachten bereits im Oktober 2012 übersandt habe. Dieser Vortrag ist plausibel und schlüssig, gibt er doch einen der Lebenserfahrung nach nicht fernliegenden Sachverhalt wieder. Weitergehende Anforderungen können an den vom Antragsteller im Rahmen seiner Darlegungslast glaubhaft zu machenden Wiedereinsetzungsgrund nicht gestellt werden. Der Senat verkennt zwar nicht, dass die Behauptung, die Rechnung sei mit dem Gutachten versandt worden, durchaus auch eine "Schutzbehauptung" darstellen kann, die nicht zu widerlegen ist und bei der es nicht abwegig ist, dass damit lediglich ein in der Vergangenheit vergessenes Übersenden der Rechnung verschleiert werden soll. Diese nicht völlig an den Haaren herbeigezogenen Zweifel können aber einer Glaubhaftmachung des Wiedereinsetzungsgrunds im Rahmen der Darlegungslast nicht entgegen stehen, da anderenfalls die Anforderungen an dieser Stelle in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise überspannt würden. Irgendwelche Missbrauchsgefahren infolge dieser antragstellerfreundlichen Auslegung sieht der Senat nicht, da in einem späteren Schritt zu prüfen sein wird, ob sich der Senat nach den von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen vom glaubhaften, d.h. überwiegend wahrscheinlichen Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrunds überzeugen kann (vgl. unten Ziff. 2.2.4). Insofern besteht ein Korrektiv, das einen Missbrauch verhindert.
Ob die Angaben des Antragstellers tatsächlich geeignet sind, die Überzeugung des Gerichts vom Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrundes zu begründen, ist an dieser Stelle nicht zu prüfen.
2.2.3. Fristgerechte Bezifferung des Vergütungsanspruchs
Mit Schreiben vom 05.07.2013 hat der Antragsteller den Vergütungsanspruch fristgerecht beziffert.
Er hat bereits vor Beginn der mit Zugang des gerichtlichen Schreibens vom 12.07.2013 in Lauf gesetzten Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG und damit selbstverständlich vor Ablauf der genannten Frist seinen Vergütungsanspruch beziffert, da er seinem Schreiben vom 05.07.2013 eine Kopie der Rechung vom 25.10.2012 beigelegt hatte. Dieser Fall ist nicht anders zu beurteilen, als wenn der Antragsteller erst nach Erkennen der Fristversäumung die Rechnung vorgelegt hätte.
2.2.4. Wiedereinsetzungsgrund nicht glaubhaft gegeben
Für den Senat liegt nach den weiteren, von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen der geltend gemachte Wiedereinsetzungsgrund nicht glaubhaft vor.
2.2.4.1. Anforderungen an das glaubhafte Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrundes - Allgemeines
Bei der verfassungsrechtlich gebotenen weiten Auslegung des Begriffs der Glaubhaftmachung im Rahmen der Darlegungslast (vgl. oben Ziff. 2.2.2.) genügt dort schon allein der Vortrag eines schlüssigen und lebensnahen Sachverhalts durch den Antragsteller, ohne dass dafür weitere Beweise von ihm verlangt werden könnten. Würde dies aber allein für die Wiedereinsetzung ausreichen, wäre einer Manipulation Tür und Tor geöffnet. Denn ein Antragsteller könnte sich dadurch eine Wiedereinsetzung erschleichen, dass er wahrheitswidrig, aber schlüssig einen lebensnahen Sachverhalt beschreibt, der - wenn er denn tatsächlich gegeben wäre - eine Wiedereinsetzung begründen würde. Über den Vortrag eines schlüssigen und lebensnahen Sachverhalts durch den Antragsteller hinaus wird daher in einem zweiten Schritt vom Gericht die Frage zu prüfen sein, ob es - möglicherweise erst nach weiteren von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen - einen Wiedereinsetzungsgrund tatsächlich glaubhaft, d.h. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, für gegeben hält (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.07.1969, Az.: 2 BvR 753/68; Beschlüsse des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12, und vom 14.08.2013, Az.: L 15 SF 253/12). Dieser zweite Schritt unterfällt der Aufklärung durch das Gericht von Amts wegen und lässt keinen Rückschluss auf eine mangelhafte Glaubhaftmachung im Rahmen der Darlegungslast zu (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 20.10.1997, Az.: 3St RR 54/97; Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12).
Weder das JVEG noch das sozialrechtliche Prozessrecht enthalten - anders als z.B. das Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - dort § 23 Abs. 1 Satz 2 ("Eine Tatsache ist dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.") - oder das Fremdrentengesetz - dort § 4 Abs. 1 Satz 2 ("Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.") - eine Legaldefinition zum Begriff der Glaubhaftmachung. Im Sinne der Einheit der Rechtsordnung ist der Begriff der Glaubhaftmachung aber auch für das JVEG im vorgenannten Sinn auszulegen. Näher - hier im Zusammenhang mit § 15 Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) - hat das BSG den Begriff der Glaubhaftmachung beispielsweise im Urteil vom 17.04.2013, Az.: B 9 V 3/12 R, erläutert und dort Folgendes ausgeführt:
"Bei dem "Glaubhafterscheinen" iS des § 15 S 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl Keller in Meyer-?Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), dh der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-?3900 § 15 Nr 4 S 14 f mwN). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, dh es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl Keller in Meyer-?Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses (kein deutliches) Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Gericht ist allerdings im Einzelfall grundsätzlich darin frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung, § 128 Abs 1 S 1 SGG; vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-?3900 § 15 Nr 4 S 15)."
Um den in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) verankerten Justizgewährungsanspruch nicht ins Leere laufen zu lassen oder unzulässig einzuschränken, dürfen die Anforderungen an die Wiedereinsetzung im Rahmen der freien Beweiswürdigung des Gerichts bei der Prüfung, ob eine für die Wiedereinsetzung erforderliche Tatsache glaubhaft gemacht ist, nicht überspannt werden (ständige Rechtsprechung des BVerfG, z.B. Beschlüsse vom 02.07.1974, Az.: 2 BvR 32/74, vom 03.06.1975, Az.: 2 BvR 457/74, vom 15.04.1980, Az.: 2 BvR 461/79, vom 26.04.2004, Az.: 1 BvR 1819/00, vom 04.05.2004, Az.: 1 BvR 1892/03, vom 27.09.2012, Az.: 2 BvR 1766/12, und vom 18.10.2012, Az.: 2 BvR 2776/10).
Im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung im Sinn des § 128 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat sich das Gericht die Überzeugung davon zu bilden, ob der geltend gemachte Wiedereinsetzungsgrund überwiegend wahrscheinlich ist, also die gute Möglichkeit besteht, dass sich das Geschehen tatsächlich so zugetragen hat, wie dies der die Wiedereinsetzung Begehrende vorgetragen hat.
Da die gesetzliche Regelung des § 202 SGG i.V.m. § 294 Zivilprozessordnung die zulässigen Mittel einer Glaubhaftmachung nicht näher einschränkt, kann nach den Maßstäben des einfachen Rechts im - wohl eher seltenen - Einzelfall auch eine bloße "schlichte Erklärung" des Antragstellers als hinreichende Glaubhaftmachung angesehen werden. Aus dieser Geeignetheit im Einzelfall kann aber nicht der Rückschluss gezogen werden, dass die Glaubhaftmachung durch "schlichte Erklärung" regelmäßig und ganz allgemein bei naheliegenden Versäumnisgründen unter den verfassungsrechtlichen Schutz der Art. 19 Abs. 4 und 103 Abs. 1 GG zu stellen wäre (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 11.02.1976, Az.: 11.02.1976).
2.2.4.2. Erfüllung der Anforderungen an das glaubhafte Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrunds im hier zu entscheidenden Fall
Der Antragsteller hat nur eine "schlichte Erklärung" zum Wiedereinsetzungsgrund abgegeben, ohne weitere konkrete Nachweise dafür vorgelegen zu können. Dies hat er selbst im Schreiben vom 09.09.2013 zugestanden. Allein eine solche Erklärung genügt vorliegend nicht, um den geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrund nach der Überzeugung des Senats glaubhaft zu machen. Der Senat sieht es zwar als durchaus möglich an, dass der Antragsteller tatsächlich die Rechnung mit dem Gutachten zusammen bereits im Oktober 2012 übersandt hat und die Rechnung dann bei Gericht verloren gegangen ist. Es besteht aber durchaus auch die Möglichkeit, dass es der Antragsteller bei der Übersendung des Gutachtens vergessen hat, die Rechnung beizulegen. Davon, dass ersterer Möglichkeit gegenüber der letzteren ein - wenn auch nur gewisses - Übergewicht zukommen sollte, kann sich der Senat nicht überzeugen. Gerade weil bei Eingang des Gutachtens weitere Unterlagen als zusammen mit dem Gutachten eingelaufen vermerkt worden sind und auf die vollständige Erfassung des Eingangs bei Gericht grundsätzlich große Sorgfalt verwendet wird, hält es der Senat für zumindest gleich wahrscheinlich, dass es auf ein Versehen des Antragstellers zurückzuführen ist, dass die Rechnung nicht bei Gericht eingegangen ist.
An dieser Einschätzung ändert auch nichts der Vortrag des Antragstellers, dass er seit Jahren regelmäßig und in großem Umfang (im Jahr 2012 ca. 150) Gutachten erstelle und ein Fall wie dieser noch nie vorgekommen sei. Denn auch wenn in allen anderen Fällen die Rechnungen beigelegt gewesen sein sollten, zeigt dies nur, dass beim Kläger regelmäßig keine Versäumnisse geschehen, nicht aber dass in einem konkreten Einzelfall auch alles ordnungsgemäß gelaufen wäre. Im Übrigen lässt der Vortrag des Antragstellers, dass er seit Jahren zahlreiche Gutachten anfertige, die Vermutung zu, dass er sich nicht konkret daran erinnert, dass er im Fall des hier zugrunde liegenden Gutachtens die Rechnung beigelegt hat, sondern dass er nur aus der von ihm oft geübten Praxis, die Rechnung beizulegen, den Schluss zieht, dass die Rechnung auch hier beigelegen haben muss. Diese Vermutung sieht der Senat dadurch bekräftigt, dass der Vortrag des Antragstellers, die Rechnung sei mit dem Gutachten übersandt worden, erst fast neun Monate nach der Versendung erfolgt ist. Zu diesem Zeitpunkt dürfte der Antragsteller, legt man seine Angaben zum Umfang seiner Gutachtertätigkeit zugrunde, über 100 weitere Gutachten erstellt haben. Dass er sich nach so langer Zeit und so vielen Gutachten an die Versendung des hier streitgegenständlichen Gutachtens konkret erinnern kann, hält der Senat für fernliegend.
Die Angabe des Antragstellers, die Rechnung sei dem Gutachten beigefügt gewesen, kann damit für den Senat nicht glaubhaft gemacht werden.
Dem Antragsteller kann daher bezüglich der Abrechnung seines Gutachtens vom 29.10.2012 keine Wiedereinsetzung gewährt werden.
Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf Wiedereinsetzung als Einzelrichter zu entscheiden gehabt (§ 2 Abs. 2 Satz 6, § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG).
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 2 Abs. 2 Satz 6, § 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 2 Abs. 2 Satz 6, § 4 Abs. 8 JVEG).
Gründe:
I.
Streitig ist, ob dem Antragsteller für die Vergütung für ein von ihm im Auftrag des Gerichts erstelltes Gutachten Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) zu gewähren ist.
In dem beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen geführten rentenrechtlichen Berufungsverfahren erstellte der Antragsteller im Auftrag des Gerichts ein orthopädisches Gutachten. Das Gutachten vom 29.10.2012 ging am 05.11.2012 beim LSG ein. Der Eingang weiterer Anlagen, nicht aber einer Rechnung des Antragstellers, ist in diesem Zusammenhang vermerkt.
Mit Schreiben vom 05.07.2013 mahnte der Antragsteller die Bezahlung einer Rechnung vom 25.10.2012 für das Gutachten an. Der Zahlungserinnerung lag die Rechnung vom 25.10.2012 bei.
Mit Schreiben vom 12.07.2013 teilte der Kostenbeamte des Bayer. LSG dem Antragsteller mit, dass die Rechnung für das Gutachten erstmalig mit der Zahlungserinnerung eingegangen sei und daher wegen der dreimonatigen Frist des § 2 Abs. 1 JVEG der Vergütungsanspruch erloschen sei.
Mit Schreiben vom 18.07.2013, bei Gericht eingegangen am 22.07.2013, hat sich der Antragsteller gegen die Ablehnung der Vergütung gewandt. Mit dem Gutachten sei - so der Antragsteller - auch die Rechnung versandt worden. Die Zusendung der Rechnung sei, wie bei ihm immer, fristgerecht erfolgt.
Auf gerichtliche Nachfrage hat der Antragsteller mit Schreiben vom 09.09.2013 erläutert, dass er im Jahr 2012 ca. 150 Gutachten erstellt habe. Ein Fall wie dieser habe sich bei seiner Gutachtertätigkeit nie ereignet. Seit 2001 sei er regelmäßig intensiv gutachterlich tätig. Einen "Beweis", dass die Rechnung dem Gutachten beigelegen habe, könne er selbstverständlich nicht liefern.
II.
Das Schreiben des Antragstellers vom 18.07.2013 stellt einen Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG dar, da er damit eine rechtzeitige Einreichung der Rechnung vorträgt und sich gegen die Ablehnung der Vergütung wegen Verfristung wendet. Über den Antrag auf Wiedereinsetzung hat nicht der Kostenbeamte, sondern gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG das Gericht zu entscheiden.
Wiedereinsetzung kann nicht gewährt werden, da sich der Senat bei den von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen nicht vom Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrunds überzeugen hat können.
Im vorliegenden Fall ist der Entschädigungsantrag zu spät gestellt worden. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung sind nicht erfüllt.
1. Vergütungsantrag zu spät gestellt
Der Vergütungsanspruch war bereits erloschen, als die Honorarforderung für das Gutachten vom 29.10.2012 geltend gemacht wurde.
Der Anspruch auf Vergütung erlischt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle geltend gemacht wird, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat. Die Frist beginnt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG im Falle der schriftlichen Begutachtung mit Eingang des Gutachtens bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen hat.
Vorliegend ist das Gutachten vom 29.10.2012 am 05.11.2012 bei Gericht eingegangen. Die dreimonatige Frist zur Geltendmachung des dafür entstandenen Vergütungsanspruchs ist am 05.02.2013 (Dienstag) abgelaufen.
Eines weiteren Hinweises des Gerichts auf den bevorstehenden Ablauf der Frist oder einer Aufforderung zur Bezifferung der Vergütungsforderung bedurfte es nicht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschlüsse vom 16.09.2008, Az.: L 15 SF 144/08, vom 21.12.2011, Az.: L 15 SF 208/10 B E, vom 14.08.2012, Az.: L 15 SF 135/12 B, vom 03.01.2013, Az.: L 15 SF 255/10, vom 15.02.2013, Az.: L 15 SF 211/12 B, vom 27.03.2013, Az.: L 15 SF 181/12 B, und vom 10.09.2013, Az.: L 15 SF 206/13 E).
Ein erstmaliger Eingang der Rechnung des Antragstellers bei Gericht ist erst mit dem Eingang der Zahlungserinnerung vom 05.07.2013 am 08.07.2013 belegt. Mit diesem Schreiben hat der Antragsteller eine Kopie seiner auf den 25.10.2012 datierten Rechnung übersandt. Dieser Eingang der Rechnung ist erst weit nach Ablauf der dreimonatigen Frist für die Geltendmachung des Vergütungsanspruchs erfolgt.
Ein früherer Rechnungseingang - und zwar noch innerhalb der dreimonatigen Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG - ist nicht in dem dafür erforderlichen Vollbeweis nachgewiesen.
Vollbeweis bedeutet, dass die für die Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein müssen. Erst wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung für das Vorliegen der Tatsachen sprechen, kann das Gericht diese Tatsachen als gegeben annehmen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 27.03.1958, Az.: 8 RV 387/55). Das Gericht muss vom Vorliegen der Tatsachen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ausgehen können (vgl. BSG, Urteil vom 02.02.1978, Az.: 8 RU 66/77). Bestehen noch Zweifel, die nicht ausgeräumt werden können, geht die Frage der Aufklärbarkeit nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten dessen, der einen Anspruch geltend macht.
Nicht im Vollbeweis nachgewiesen ist die Behauptung des Antragstellers, dass die Rechnung dem Gutachten vom 29.10.2012 beigelegt gewesen und damit ein rechtzeitiger Zugang erfolgt sei.
Tatsächlich ist in den Gerichtsakten vor Eingang der Zahlungserinnerung vom 05.07.2013 eine Rechnung nicht enthalten. Irgendwelche aktenkundige und jegliche vernünftigen Zweifel ausschließende Hinweise darauf, dass die Rechnung zusammen mit dem Gutachten übersandt worden wäre, beispielsweise ein Zuleitungsschreiben mit den übersandten Anlagen und einer Abzeichnung durch die Eingangsstelle des Gerichts, gibt es nicht. So sind zwar mit Eingang des Gutachtens weitere Anlagen
(6 Band Akten, 1 CD, 1 Bündel Kopien) verzeichnet worden, nicht aber eine Rechnung. Allein mit den Angaben des Antragstellers, auch wenn diese durchaus nicht abwegig erscheinen, lässt sich der Vollbeweis des Eingangs bei Gericht nicht führen (vgl. Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 18.02.2004, Az.: I R 78/03, der regelmäßig nicht einmal für die Glaubhaftmachung der rechtzeitigen Aufgabe zur Post eine eidesstattliche Versicherung des Bevollmächtigten des die Wiedereinsetzung Begehrenden ausreichen lässt). Denn weder die Angaben des Antragstellers noch die allgemeine Lebenserfahrung sind geeignet, jegliche vernünftigen Zweifel an einem nicht erfolgten Eingang der Rechnung zusammen mit dem Gutachten bei Gericht auszuräumen. So ist es nach der Lebenserfahrung nicht auszuschließen und auch gar nicht so abwegig, dass die Rechnung nicht beigelegt worden ist.
Nicht ankommen kann es auf die Frage, ob der fehlende Nachweis des Rechnungseingangs vielleicht nicht auf ein Vergessen bei der Versendung oder einen Verlust auf dem Postweg, sondern auf ein Übersehen und versehentliches Vernichten bei Gericht zurückzuführen ist. Denn wenn der Nachweis des Eingangs bei Gericht nicht im Vollbeweis geführt werden kann, kann sich die Frage nicht stellen, ob eine Vernichtung nach Eingang bei Gericht in Betracht kommt. Solange der Eingang nicht zweifelsfrei nachgewiesen ist, ist die Frage eines potentiellen Verlusts zu einem späteren Zeitpunkt rein spekulativ und ohne rechtliche Bedeutung (vgl. Beschlüsse des Senats vom 21.12.2012, Az.: L 15 SF 208/10 B E - mit einer kritischen Auseinandersetzung mit der früheren Rechtsprechung des Senats -, und vom 14.08.2013, Az.: L 15 SF 253/12).
Ein fristgerechter Eingang der Rechnung für das Gutachten vom 29.10.2012 ist damit nicht (im Vollbeweis) nachgewiesen. Dies geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Antragstellers.
2. Keine Wiedereinsetzung
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, da es nicht glaubhaft gemacht werden konnte, dass der Antragsteller ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war.
2.1. Voraussetzungen der Wiedereinsetzung im Allgemeinen
Einem Anspruchsteller nach dem JVEG ist bei Versäumung der Frist gemäß
§ 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG Wiedereinsetzung nur dann zu gewähren, wenn
- er innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG, d.h. innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses für die (rechtzeitige) Antragstellung, einen Wiedereinsetzungsantrag stellt,
- er innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG einen Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft macht (vgl. zur verfassungsrechtlichen Problematik und den sich daraus ergebenden vergleichsweise geringen Anforderungen an die Glaubhaftmachung in diesem Zusammenhang die ausführlichen Erwägungen im Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12),
- er innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG den Vergütungsanspruch beziffert und
- sich das Gericht bei weiteren, von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen vom glaubhaften, d.h. überwiegend wahrscheinlichen Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrunds überzeugt hat (vgl. Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12).
Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 JVEG nicht mehr beantragt werden.
Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen ist dem JVEG - im Gegensatz zu vielen anderen gesetzlichen Regelungen - fremd (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschlüsse des Senats vom 01.08.2012, Az.: L 15 SF 156/12, vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12, und vom 27.03.2013, Az.: L 15 SF 181/12 B). Das Antragserfordernis verbietet es zudem, allein in der verspäteten Vorlage einer Entschädigungsforderung einen Wiedereinsetzungsantrag zu sehen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 03.01.2013, Az.: L 15 SF 255/10, und vom 15.02.2013, Az.: L 15 SF 211/12 B).
2.2. Voraussetzungen der Wiedereinsetzung im vorliegenden Fall
2.2.1. Fristgerechte Antragstellung
Der Antragsteller hat fristgerecht einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt.
Ab Zugang des gerichtlichen Schreibens vom 12.07.2013 musste dem Antragsteller bewusst sein, dass die Rechung vom 25.10.2012 dem LSG vor seiner Erinnerung vom 05.07.2013 nicht vorgelegen hatte. Für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG eine Frist von zwei Wochen eröffnet.
Mit Schreiben vom 18.07.2013 hat der Antragsteller konkludent einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt, weil er vorgetragen hat, dass ihm eine Fristversäumung nicht vorgeworfen werden könne, weil er seine Rechnung bereits mit dem Gutachten übersandt habe, und eine Vergütung seines Gutachtens begehrt hat.
Der Wiedereinsetzungsantrag ist innerhalb der mit Zugang des gerichtlichen Schreibens vom 12.07.2013 in Lauf gesetzten Frist, nämlich am 22.07.2013, bei Gericht eingegangen.
2.2.2. Fristgerechte Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrunds
Der Antragsteller hat in seinem Schreiben vom 18.07.2013 einen Wiedereinsetzungsgrund, nämlich dass er die Rechnung zusammen mit dem Gutachten übersandt habe, er damit alles fristgerecht erledigt habe und ihm der fehlende Nachweis des Zugangs der Rechnung bei Gericht nicht vorgeworfen werden könne, fristgerecht glaubhaft gemacht.
2.2.2.1. Wiedereinsetzungsgrund
Vom Vortrag einer unverschuldeten Fristversäumung und damit einem Wiedereinsetzungsantrag ist auch dann auszugehen, wenn ein Antragsteller angibt, die Frist überhaupt nicht versäumt zu haben, da er alles fristgemäß erledigt habe (vgl. Beschluss des Senats vom 14.08.2013, Az.: L 15 SF 253/12). Eine Fristversäumung kann nicht nur dadurch eintreten, dass eine erforderliche Handlung nicht rechtzeitig vorgenommen wird, sondern auch dadurch, dass der Betroffene selbst zwar alles rechtzeitig unternimmt, dann aber durch Umstände außerhalb seines Einflussbereichs oder infolge der Einschaltung Dritter die Einhaltung der Frist vereitelt wird (vgl. Beschlüsse des Senats vom 21.12.2011, Az.: L 15 SF 208/10 B E, und vom 14.08.2013, Az.: L 15 SF 253/12). Ein geradezu typischer Fall, in dem eine Wiedereinsetzung in Betracht kommt, ist es, wenn ein Schreiben rechtzeitig zur Post gegeben wird, dann aber wegen Umständen im Verantwortungsbereich der Post die Einhaltung der Frist vereitelt wird (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschlüsse vom 28.03.1994, Az.: 2 BvR 814/93, und vom 29.12.1994, Az.: 2 BvR 106/93; BSG, Urteil vom 30.09.1996, Az.: 10 RAr 1/96) oder der Zugang beim Empfänger sich überhaupt nicht nachweisen lässt (vgl. BFH, Beschlüsse vom 19.06.1996, Az.: I R 13/96, und vom 23.12.2005, Az.: VI B 110/05; Bundesgerichtshof - BGH -, Beschluss vom 03.02.2011, Az.: I ZB 74/09; BSG, Beschluss vom 11.11.2003, Az.: B 2 U 293/03 B).
Nicht anders stellt sich der Fall hier dar: Der Antragstellerin behauptet, alles getan zu haben, um den rechtzeitigen Eingang der Rechnung zu bewirken, ein rechtzeitiger Eingang lässt sich aber nicht nachweisen.
2.2.2.2. Anforderungen an die Glaubhaftmachung im Rahmen der Darlegungslast - Allgemeines
Die Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG gilt nicht nur für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags und die Bezifferung des Anspruchs, sondern auch für die Glaubhaftmachung der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen, wobei die Anforderungen an die Glaubhaftmachung aus verfassungsrechtlichen Gründen aber nicht überspannt werden dürfen. Um die vom Gesetzgeber in § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG vorgesehene Möglichkeit der Wiedereinsetzung nicht ins Leere laufen zu lassen, ist im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung von einer Glaubhaftmachung daher schon dann auszugehen, wenn ein Antragsteller im Rahmen seines Wiedereinsetzungsantrags plausibel einen nach der Lebenserfahrung naheliegenden Sachverhalt darstellt, der eine Wiedereinsetzung begründet, und keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Angaben bestehen (vgl. Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12, in dem die [verfassungs-]rechtliche Problematik umfassend dargestellt ist).
2.2.2.3. Erfüllung der Anforderungen an die Glaubhaftmachung im Rahmen der Darlegungslast im hier zu entscheidenden Fall
Mit den Angaben im Schreiben vom 18.07.2013 wird der Antragsteller diesen Anforderungen innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG gerecht. So hat er vorgetragen, dass er die Rechnung zusammen mit dem Gutachten bereits im Oktober 2012 übersandt habe. Dieser Vortrag ist plausibel und schlüssig, gibt er doch einen der Lebenserfahrung nach nicht fernliegenden Sachverhalt wieder. Weitergehende Anforderungen können an den vom Antragsteller im Rahmen seiner Darlegungslast glaubhaft zu machenden Wiedereinsetzungsgrund nicht gestellt werden. Der Senat verkennt zwar nicht, dass die Behauptung, die Rechnung sei mit dem Gutachten versandt worden, durchaus auch eine "Schutzbehauptung" darstellen kann, die nicht zu widerlegen ist und bei der es nicht abwegig ist, dass damit lediglich ein in der Vergangenheit vergessenes Übersenden der Rechnung verschleiert werden soll. Diese nicht völlig an den Haaren herbeigezogenen Zweifel können aber einer Glaubhaftmachung des Wiedereinsetzungsgrunds im Rahmen der Darlegungslast nicht entgegen stehen, da anderenfalls die Anforderungen an dieser Stelle in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise überspannt würden. Irgendwelche Missbrauchsgefahren infolge dieser antragstellerfreundlichen Auslegung sieht der Senat nicht, da in einem späteren Schritt zu prüfen sein wird, ob sich der Senat nach den von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen vom glaubhaften, d.h. überwiegend wahrscheinlichen Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrunds überzeugen kann (vgl. unten Ziff. 2.2.4). Insofern besteht ein Korrektiv, das einen Missbrauch verhindert.
Ob die Angaben des Antragstellers tatsächlich geeignet sind, die Überzeugung des Gerichts vom Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrundes zu begründen, ist an dieser Stelle nicht zu prüfen.
2.2.3. Fristgerechte Bezifferung des Vergütungsanspruchs
Mit Schreiben vom 05.07.2013 hat der Antragsteller den Vergütungsanspruch fristgerecht beziffert.
Er hat bereits vor Beginn der mit Zugang des gerichtlichen Schreibens vom 12.07.2013 in Lauf gesetzten Zwei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG und damit selbstverständlich vor Ablauf der genannten Frist seinen Vergütungsanspruch beziffert, da er seinem Schreiben vom 05.07.2013 eine Kopie der Rechung vom 25.10.2012 beigelegt hatte. Dieser Fall ist nicht anders zu beurteilen, als wenn der Antragsteller erst nach Erkennen der Fristversäumung die Rechnung vorgelegt hätte.
2.2.4. Wiedereinsetzungsgrund nicht glaubhaft gegeben
Für den Senat liegt nach den weiteren, von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen der geltend gemachte Wiedereinsetzungsgrund nicht glaubhaft vor.
2.2.4.1. Anforderungen an das glaubhafte Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrundes - Allgemeines
Bei der verfassungsrechtlich gebotenen weiten Auslegung des Begriffs der Glaubhaftmachung im Rahmen der Darlegungslast (vgl. oben Ziff. 2.2.2.) genügt dort schon allein der Vortrag eines schlüssigen und lebensnahen Sachverhalts durch den Antragsteller, ohne dass dafür weitere Beweise von ihm verlangt werden könnten. Würde dies aber allein für die Wiedereinsetzung ausreichen, wäre einer Manipulation Tür und Tor geöffnet. Denn ein Antragsteller könnte sich dadurch eine Wiedereinsetzung erschleichen, dass er wahrheitswidrig, aber schlüssig einen lebensnahen Sachverhalt beschreibt, der - wenn er denn tatsächlich gegeben wäre - eine Wiedereinsetzung begründen würde. Über den Vortrag eines schlüssigen und lebensnahen Sachverhalts durch den Antragsteller hinaus wird daher in einem zweiten Schritt vom Gericht die Frage zu prüfen sein, ob es - möglicherweise erst nach weiteren von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen - einen Wiedereinsetzungsgrund tatsächlich glaubhaft, d.h. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, für gegeben hält (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.07.1969, Az.: 2 BvR 753/68; Beschlüsse des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12, und vom 14.08.2013, Az.: L 15 SF 253/12). Dieser zweite Schritt unterfällt der Aufklärung durch das Gericht von Amts wegen und lässt keinen Rückschluss auf eine mangelhafte Glaubhaftmachung im Rahmen der Darlegungslast zu (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 20.10.1997, Az.: 3St RR 54/97; Beschluss des Senats vom 13.11.2012, Az.: L 15 SF 168/12).
Weder das JVEG noch das sozialrechtliche Prozessrecht enthalten - anders als z.B. das Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - dort § 23 Abs. 1 Satz 2 ("Eine Tatsache ist dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.") - oder das Fremdrentengesetz - dort § 4 Abs. 1 Satz 2 ("Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.") - eine Legaldefinition zum Begriff der Glaubhaftmachung. Im Sinne der Einheit der Rechtsordnung ist der Begriff der Glaubhaftmachung aber auch für das JVEG im vorgenannten Sinn auszulegen. Näher - hier im Zusammenhang mit § 15 Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) - hat das BSG den Begriff der Glaubhaftmachung beispielsweise im Urteil vom 17.04.2013, Az.: B 9 V 3/12 R, erläutert und dort Folgendes ausgeführt:
"Bei dem "Glaubhafterscheinen" iS des § 15 S 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl Keller in Meyer-?Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), dh der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-?3900 § 15 Nr 4 S 14 f mwN). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, dh es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl Keller in Meyer-?Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses (kein deutliches) Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Gericht ist allerdings im Einzelfall grundsätzlich darin frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung, § 128 Abs 1 S 1 SGG; vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-?3900 § 15 Nr 4 S 15)."
Um den in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) verankerten Justizgewährungsanspruch nicht ins Leere laufen zu lassen oder unzulässig einzuschränken, dürfen die Anforderungen an die Wiedereinsetzung im Rahmen der freien Beweiswürdigung des Gerichts bei der Prüfung, ob eine für die Wiedereinsetzung erforderliche Tatsache glaubhaft gemacht ist, nicht überspannt werden (ständige Rechtsprechung des BVerfG, z.B. Beschlüsse vom 02.07.1974, Az.: 2 BvR 32/74, vom 03.06.1975, Az.: 2 BvR 457/74, vom 15.04.1980, Az.: 2 BvR 461/79, vom 26.04.2004, Az.: 1 BvR 1819/00, vom 04.05.2004, Az.: 1 BvR 1892/03, vom 27.09.2012, Az.: 2 BvR 1766/12, und vom 18.10.2012, Az.: 2 BvR 2776/10).
Im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung im Sinn des § 128 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat sich das Gericht die Überzeugung davon zu bilden, ob der geltend gemachte Wiedereinsetzungsgrund überwiegend wahrscheinlich ist, also die gute Möglichkeit besteht, dass sich das Geschehen tatsächlich so zugetragen hat, wie dies der die Wiedereinsetzung Begehrende vorgetragen hat.
Da die gesetzliche Regelung des § 202 SGG i.V.m. § 294 Zivilprozessordnung die zulässigen Mittel einer Glaubhaftmachung nicht näher einschränkt, kann nach den Maßstäben des einfachen Rechts im - wohl eher seltenen - Einzelfall auch eine bloße "schlichte Erklärung" des Antragstellers als hinreichende Glaubhaftmachung angesehen werden. Aus dieser Geeignetheit im Einzelfall kann aber nicht der Rückschluss gezogen werden, dass die Glaubhaftmachung durch "schlichte Erklärung" regelmäßig und ganz allgemein bei naheliegenden Versäumnisgründen unter den verfassungsrechtlichen Schutz der Art. 19 Abs. 4 und 103 Abs. 1 GG zu stellen wäre (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 11.02.1976, Az.: 11.02.1976).
2.2.4.2. Erfüllung der Anforderungen an das glaubhafte Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrunds im hier zu entscheidenden Fall
Der Antragsteller hat nur eine "schlichte Erklärung" zum Wiedereinsetzungsgrund abgegeben, ohne weitere konkrete Nachweise dafür vorgelegen zu können. Dies hat er selbst im Schreiben vom 09.09.2013 zugestanden. Allein eine solche Erklärung genügt vorliegend nicht, um den geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrund nach der Überzeugung des Senats glaubhaft zu machen. Der Senat sieht es zwar als durchaus möglich an, dass der Antragsteller tatsächlich die Rechnung mit dem Gutachten zusammen bereits im Oktober 2012 übersandt hat und die Rechnung dann bei Gericht verloren gegangen ist. Es besteht aber durchaus auch die Möglichkeit, dass es der Antragsteller bei der Übersendung des Gutachtens vergessen hat, die Rechnung beizulegen. Davon, dass ersterer Möglichkeit gegenüber der letzteren ein - wenn auch nur gewisses - Übergewicht zukommen sollte, kann sich der Senat nicht überzeugen. Gerade weil bei Eingang des Gutachtens weitere Unterlagen als zusammen mit dem Gutachten eingelaufen vermerkt worden sind und auf die vollständige Erfassung des Eingangs bei Gericht grundsätzlich große Sorgfalt verwendet wird, hält es der Senat für zumindest gleich wahrscheinlich, dass es auf ein Versehen des Antragstellers zurückzuführen ist, dass die Rechnung nicht bei Gericht eingegangen ist.
An dieser Einschätzung ändert auch nichts der Vortrag des Antragstellers, dass er seit Jahren regelmäßig und in großem Umfang (im Jahr 2012 ca. 150) Gutachten erstelle und ein Fall wie dieser noch nie vorgekommen sei. Denn auch wenn in allen anderen Fällen die Rechnungen beigelegt gewesen sein sollten, zeigt dies nur, dass beim Kläger regelmäßig keine Versäumnisse geschehen, nicht aber dass in einem konkreten Einzelfall auch alles ordnungsgemäß gelaufen wäre. Im Übrigen lässt der Vortrag des Antragstellers, dass er seit Jahren zahlreiche Gutachten anfertige, die Vermutung zu, dass er sich nicht konkret daran erinnert, dass er im Fall des hier zugrunde liegenden Gutachtens die Rechnung beigelegt hat, sondern dass er nur aus der von ihm oft geübten Praxis, die Rechnung beizulegen, den Schluss zieht, dass die Rechnung auch hier beigelegen haben muss. Diese Vermutung sieht der Senat dadurch bekräftigt, dass der Vortrag des Antragstellers, die Rechnung sei mit dem Gutachten übersandt worden, erst fast neun Monate nach der Versendung erfolgt ist. Zu diesem Zeitpunkt dürfte der Antragsteller, legt man seine Angaben zum Umfang seiner Gutachtertätigkeit zugrunde, über 100 weitere Gutachten erstellt haben. Dass er sich nach so langer Zeit und so vielen Gutachten an die Versendung des hier streitgegenständlichen Gutachtens konkret erinnern kann, hält der Senat für fernliegend.
Die Angabe des Antragstellers, die Rechnung sei dem Gutachten beigefügt gewesen, kann damit für den Senat nicht glaubhaft gemacht werden.
Dem Antragsteller kann daher bezüglich der Abrechnung seines Gutachtens vom 29.10.2012 keine Wiedereinsetzung gewährt werden.
Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf Wiedereinsetzung als Einzelrichter zu entscheiden gehabt (§ 2 Abs. 2 Satz 6, § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG).
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 2 Abs. 2 Satz 6, § 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 2 Abs. 2 Satz 6, § 4 Abs. 8 JVEG).
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved