Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 SO 145/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 105/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 74/13 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zu den Voraussetzungen einer Überleitung nach § 93 Abs. 1 SGB XII
2. Eine Zuwendung zum Erwerb eines Pkw kann eine Schenkung darstellen; ein Schenkungsrückforderungsanspruch ist nicht offensichtlich ausgeschlossen (Negativevidenz).
3. Die rechtliche Einordnung einer Zuwendung als Schenkung oder geschuldete Gegenleistung ist eine typische Aufgabe des Zivilprozesses.
4. Zur Voraussetzung einer Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung.
5. Zu den Voraussetzungen der sogenannten unechten Sozialhilfe nach § 19 Abs. 5 SGB XII.
6. Eine kurze sprachliche Begründung der Ermessensausübung im Überleitungsbescheid muss angesichts des gesamten Regelungskomplexes nicht immer als bloße Leerformel betrachtet werden.
2. Eine Zuwendung zum Erwerb eines Pkw kann eine Schenkung darstellen; ein Schenkungsrückforderungsanspruch ist nicht offensichtlich ausgeschlossen (Negativevidenz).
3. Die rechtliche Einordnung einer Zuwendung als Schenkung oder geschuldete Gegenleistung ist eine typische Aufgabe des Zivilprozesses.
4. Zur Voraussetzung einer Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung.
5. Zu den Voraussetzungen der sogenannten unechten Sozialhilfe nach § 19 Abs. 5 SGB XII.
6. Eine kurze sprachliche Begründung der Ermessensausübung im Überleitungsbescheid muss angesichts des gesamten Regelungskomplexes nicht immer als bloße Leerformel betrachtet werden.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 25. April 2013 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 5.915 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Überleitung eines Anspruchs auf Schenkungsrückforderung gegen die Beigeladene.
Die Klägerin ist die Tochter der Beigeladenen (Hilfeempfängerin M.K.). Der Beklagte erbringt der Beigeladenen M.K ab September 2011 Sozialhilfeleistungen. Diese befindet sich seit 29.11.2010 in einer Pflegeeinrichtung (AWO Seniorenzentrum). Sie ist seit 01.06.2011 in der Pflegestufe II eingestuft (die Leistung der Pflegekasse über 1279 EUR erfolgt direkt an die Einrichtung). Neben den Leistungen der Pflegeversicherung bezieht M.K. Alters- und Witwenrente in Höhe von insgesamt 974,25 EUR. Bis einschließlich 31.08.2011 konnten die Heimkosten aus eigenem Einkommen und Vermögen beglichen werden.
Einen ersten Antrag auf "Gewährung von Hilfe in einem Heim" lehnte der Beklagte wegen des Vorhandenseins einer Lebensversicherung mit Bescheid vom 03.08.2011 ab. Bereits damals ist ein Transfer von Vermögen im März 2010 im Wert von circa 11.000 EUR mit der Art "Kfz" angegeben worden. Da die M.K. keinen Führerschein habe, würde ihre Tochter sie seit Jahrzehnten zu allen Terminen, Einkaufen, Arzt usw. fahren, wozu ein Fahrzeug erforderlich sei.
Auf erneuten Antrag vom 04.08.2011 erfolgte nach weiteren Ermittlungen am 03.02.2012 eine Anhörung der Klägerin, wonach zwar das Sparvermögen im August 2011 fast aufgebraucht sei und ab September teilweise (volle Leistung unter teilweiser Deckung durch Altersrente und Witwenrente) Leistungen gewährt werden, aber beabsichtigt sei, einen Schenkungsrückforderungsanspruch in Höhe von 11830,00 EUR überzuleiten.
Mit Bescheid vom 15.03.2012 bewilligte der Beklagte als erweiterte Hilfe: Grundsicherung, Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe zur Pflege, Barbetrag und Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung. Zur Deckung des Bedarfs wurde der Einsatz des Einkommens in Höhe der Altersrente und Witwenrente verlangt. Der Übergang eines Unterhaltsanspruchs gegenüber der Klägerin wurde festgestellt.
Mit Bescheid vom 22.03.2012 leitete der Beklagte einen Anspruch nach § 528 BGB gemäß § 93 SGB XII auf sich über. Die Überleitung sei veranlasst, weil auf diese Weise der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe nach § 2 SGB XII verwirklicht werden könne. Demgegenüber seien zu berücksichtigende und überwiegende Interessen der Leistungsberechtigten oder des Beschenkten nicht vorhanden. Der hiergegen erhobene Widerspruch der Klägerin wurde am 18.05.2012 dahingehend begründet, dass gemäß § 94 SGB XII Ansprüche nicht übergingen, sofern die unterhaltspflichtige Person dadurch selbst Leistungsberechtigte würde. Außerdem sei der Übergang des Anspruchs gemäß § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII ausgeschlossen, weil dies für die unterhaltspflichtige Person eine unbillige Härte bedeuten würde, weil die Klägerin in der Vergangenheit bereits überobligationsmäßig ihre Unterhaltspflichten erfüllt habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2012 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Am 04.10.2012 hat die Klägerin wegen der Überleitung Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, dass eine unbillige Härte gemäß § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII vorläge. Die Überweisung des Geldbetrages sei direkt an die Verkaufsfirma des PKW erfolgt. Die Mutter der Klägerin habe damit den Zweck erreichen wollen, eine erforderliche Fahrbereitschaft sicherzustellen. Die Causa des Rechtsgeschäfts im Sinne des Bereicherungsrechts sei ein mit der Leistung bezweckter Erfolg, der hier auch tatsächlich eingetreten sei. Bei beabsichtigter Schenkung hätte die Mutter das Geld der Tochter direkt zur freien Verfügung überwiesen. Im Übrigen wären im Zivilverfahren zu prüfende Rückforderungsanspruche nach §§ 812 ff. BGB geltend zu machen.
Mit Beschluss vom 15.04.2013 ist die Mutter der Klägerin, M.K, zum Verfahren beigeladen worden. Mit Urteil vom 25. April 2013 hat das SG die Klage gegen den Bescheid vom 22.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2012 abgewiesen. Rechtsgrundlage für die Überleitung sei § 93 Abs. 1 und 2 SGB XII. § 94 SGB XII, welcher den Übergang von Unterhaltsansprüchen regele, sei nicht einschlägig. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern im Zusammenhang mit der Übertragung des Kfz bzw. des Geldes dafür eine Unterhaltspflicht erfüllt worden sein solle. Der Bescheid vom 22.03.2012 sei rechtmäßig ergangen; er sei ausreichend bestimmt. Insbesondere seien sowohl der übergeleitete Anspruch als auch der diesem zu Grunde liegende Sachverhalt so beschrieben, dass zweifelsfrei feststehe, welcher Anspruch übergeleitet werden solle und wer Gläubiger beziehungsweise Schuldner dieses Anspruchs sei. Der Bescheid sei auch in materieller Hinsicht rechtmäßig. Mit der Unterbringung in einem Pflegeheim und der im September 2011 eingetretenen Sozialhilfebedürftigkeit der Leistungsempfängerin sei die Verarmung des Schenkers gemäß § 528 BGB eingetreten. Ein hieraus resultierender Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes erscheine jedenfalls möglich. Die Überleitung wäre nur dann rechtswidrig, wenn der betreffende Anspruch offensichtlich ausgeschlossen wäre (sog. Negativevidenz). Die Auffassung des Beklagten, dass es sich bei der Übertragung des Geldes für den PKW um eine vollzogene Schenkung nach § 518 BGB ff. handelt, sei keineswegs ausgeschlossen. Der Beklagte habe auch das ihm gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII eingeräumte Ermessen im Bescheid vom 22.03.2012 hinreichend ausgeübt; bei dem im Rahmen von § 93 SGB XII eingeräumten Ermessen handele es sich um ein so genanntes intendiertes Ermessen, bei dem durch das Gesetz selbst schon eine bestimmte Richtung vorgezeichnet sei. Um den Anforderungen des § 93 SGB XII zu genügen, reiche es, wenn die Behörde zum Ausdruck bringe, dass sie den Nachranggrundsatz durchsetzen wolle und damit privaten Interessen nicht den Vorrang einräume. Ein Ausnahmefall sei nicht gegeben. Zum einen habe die Klägerin nicht - wie im Jahr 2011 vorgetragen - alle Unkosten der Mutter übernommen. Der grundlegende Bedarf der Mutter vor deren Heimaufenthalt (ca. 360 EUR Miete und 299 EUR Regelbedarf) sei durch das Einkommen der Beigeladenen (974,25 EUR Rente) bereits gedeckt gewesen. Fahrten zu Terminen und Hilfe im Haushalt könnten nicht als eine weit über das Maß der gebotenen Verpflichtung hinausgehende Pflege angesehen werden.
Hiergegen hat die Klägerin am 05.05.2013 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung hat sie am 21.08.2013 wiederholt, dass die Klägerin nach wie vor von § 94 SGB XII ausgehe. Insoweit läge eine unbillige Härte bzw. eine Bedürftigkeit der Klägerin selbst vor. Schließlich sei keineswegs eine reine Schenkung beabsichtigt gewesen. Die Klägerin hätte ihr altes Fahrzeug verschrotten müssen und nicht die Mittel zur Neuanschaffung besessen. Nur zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Fahrbereitschaft zu Gunsten ihrer Mutter sei ein neuer Pkw erworben worden.
Die Klägerin stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 25. April 2013 sowie den Bescheid vom 22. März 2012 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 7. September 2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten und der Widerspruchsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist rechtzeitig innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim LSG eingelegt worden.
Gegenstand des Verfahrens ist die Beseitigung (Aufhebung) einer Magistralzession, also eines Verwaltungsaktes, der seinem Gegenstand nach einen berufungsfähigen Streitwert darstellt. Für den auf Aufhebung gerichteten Antrag ist es unerheblich, dass die Klägerin in ihrer Begründung im gesamten Prozessverlauf einen Anspruchsübergang nach § 94 SGB XII thematisiert. Der Grund der verwaltungsrechtlichen Gestaltung ist lediglich Teil der Begründung und nicht Inhalt der eigentlichen Regelung. Im Übrigen erfolgt aber der Anspruchsübergang nach § 94 SGB XII Kraft Gesetz und erfordert keine Überleitung. Insoweit ist die Aufzählung dieses Anspruchsübergangs im Leistungsbescheid vom 15.03.2012 lediglich deklaratorischer Art. Eine Klage gegen den Bescheid vom 15.03.2012 ist (als Klageänderung) unzulässig (verfristet), da bislang das Anfechtungsbegehren ausschließlich gegen den Bescheid vom 22.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2012 gerichtet war.
Die Klage ist zu Recht als unbegründet abgewiesen worden. Der Bescheid vom 22.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der privatrechtsgestaltende Eingriff in die Rechtssphäre der Klägerin findet seine Rechtfertigung in § 93 SGB XII, dessen Voraussetzungen vorliegen.
Nach § 93 Abs. 1 SGB XII kann der Träger der Sozialhilfe durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass ein Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht, sofern eine leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen hat, der kein Leistungsträger im Sinne des § 12 des Ersten Buches ist. Der Übergang des Anspruchs darf nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 und des § 92 Abs. 1 Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre.
1.
Das SG hat es zu Recht unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin für denkbar gehalten, dass die Zuwendung zum Erwerb eines PKW eine Schenkung darstellt und deshalb ein Schenkungsrückforderungsanspruch nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Die Tatsachen als solche sind nicht umstritten, dass das Geld von der Leistungsempfängerin M. K. stammt und der Pkw von der Klägerin als Halterin betrieben wird. Ein Defizit in der Sachverhaltsermittlung vor Ermessensausübung mit der Rechtsfolge einer Überleitung ist nicht ersichtlich. Umstritten ist die rechtliche Einordnung der Zuwendung als Schuldübernahme, Schenkung oder ähnliches. Dies ist eine typische Aufgabe des Zivilprozesses, für den die Überleitung die Voraussetzung schafft.
Es kommt nicht darauf an, dass sicher feststeht, dass der übergeleitete Anspruch tatsächlich besteht. Diese Frage ist durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Beschluss vom 20.12.2012 - B 8 SO 75/12 B; zum Recht der Arbeitsförderung BSG SozR 4100 § 40 Nr. 26 S 80) und die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur sog Negativevidenz (stRspr seit BVerwGE 34, 219 ff zur Sozialhilfe; zum Recht der Ausbildungsförderung BVerwGE 49, 311 ff; 56, 300 ff; 87, 217 ff; zur Hilfe zur Pflege in der Sozialhilfe BVerwGE 91, 375 ff) geklärt. Danach genügt es für die Wirksamkeit der Überleitung eines Anspruchs nach § 93 SGB XII bereits, dass ein überleitungsfähiger Anspruch überhaupt in Betracht kommt, er also nicht von vornherein objektiv ausgeschlossen ist. In der Sozialhilfe dient die Überleitung eines Anspruchs - neben den Vorschriften über den Einsatz eigenen Einkommens und Vermögens - dazu, den Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) zu realisieren. Wie beim Einsatz des Einkommens müssen die Vorschriften über die Überleitung von Ansprüchen folglich bedarfsorientiert gesehen werden. Entscheidend ist also nicht, ob ein Anspruch tatsächlich besteht, sondern dass die Überleitung für einen Zeitraum erfolgt, für den Leistungen der Sozialhilfe tatsächlich gewährt worden sind (BVerwGE 34, 219, 221). Nur wenn offensichtlich ist, dass dieses Ziel nicht verwirklicht werden kann, ist der Erlass einer Überleitungsverfügung sinnlos und trotz Vorliegens aller im Gesetz normierten Voraussetzungen als rechtswidrig aufzuheben (BVerwGE 49, 311, 316). Eine solch erkennbar sinnlose Überleitungsverfügung liegt gerade nicht vor (vergleiche zu alledem zuletzt BSG Beschluss vom 25.04.2013, B 8 SO 104/12 B).
2.
Die Leistungserbringung an M.K. war rechtmäßig. Seinem Wortlaut nach macht § 93
Abs. 1 Satz 1 SGB XII die Überleitung nur von der Hilfegewährung abhängig, die Rechtmäßigkeit ist als Erfordernis nicht benannt. Für die Interpretation, wonach nur rechtmäßige Leistungen eine Überleitung rechtfertigen können, werden Systematik sowie Sinn und Zweck angeführt. Danach enthält § 45 SGB X eine abschließende Regelung für den Fall rechtswidrig erbrachter Leistungen gegenüber dem Leistungsberechtigten. Die damit formulierten Beschränkungen könnten durch eine Anspruchsüberleitung unterlaufen werden. Dem wird entgegengehalten, dass die Tatbestandswirkung eines bewilligenden Sozialhilfebescheides auch für die Überleitung Beachtung finden müsse, solange dieser nicht nach § 45 SGB X zurückgenommen sei. Es erscheine vielmehr unbillig, wenn der Dritte aus einem Fehler des Sozialhilfeträgers einen Vorteil erlange. Die vermittelnde Lösung fragt danach, ob die Sozialhilfe im Wesentlichen von den gleichen Voraussetzungen abhängt wie der übergeleitete Anspruch, so z.B. bei Unterhaltsansprüchen, dann soll es auf die Rechtmäßigkeit nicht ankommen.
Die besseren Argumente sprechen nach Ansicht des Senats dafür, die Rechtmäßigkeit der Überleitung nicht von der Rechtmäßigkeit der Leistungsgewährung abhängig zu machen. Hier kann allenfalls darüber gestritten werden, ob erweiterte Hilfe im Hinblick auf die Schenkungsrückgewähr möglich war, oder die Hilfe hätte abgelehnt werden müssen. Ein solcher Streit steht nach Ansicht des Senats einer Überleitung nicht entgegen, zumal hier gerade darüber Streit besteht und die sofortige Verfügbarkeit des Rückgewähranspruchs nicht gegeben war.
"Vorläufige Leistungen" nach § 19 Abs. 5 SGB XII dürfen ansonsten nur in begründeten Fällen erbracht werden (Coseriu, jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII, Rn 47). Es handelt sich insoweit bei der sogenannten "unechten Sozialhilfe" nach § 19 Abs. 5 SGB XII um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der unter Berücksichtigung gewisser Typisierungen eine Einzelfallprüfung erforderlich macht. Ein begründeter Fall liegt z.B. vor, wenn - wie hier - die Prüfung der Einkommens- oder Vermögensverhältnisse längere Zeit in Anspruch nimmt, die Notlage ein Zuwarten aber nicht zulässt. Die Zweifel an der Hilfebedürftigkeit hinsichtlich des Anspruchs auf Schenkungsrückgewähr sind zunächst nicht auszuräumen. Sie sind angesichts der Weigerung der Klägerin zivilrechtlich zu klären. Es handelt sich damit um keine bereiten Mittel.
Damit kann es dahingestellt bleiben, ob erweiterte Hilfe zulässig ist, wenn ein Hilfesuchender nicht die vollen Kosten seiner Unterbringung in einem Altenwohnheim übernehmen kann, für einen Teil dieser Kosten auf Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen ist und das Wohnheim seine Aufnahme ohne Anwendung des Bruttoprinzips verweigert. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass das AWO Seniorenzentrum eine Aufnahme verweigert hätte, wenn es sein Geld nicht "aus einer Hand" (nämlich der sicheren des Sozialhilfeträgers) erhalten hätte.
Hier ist im Bescheid vom 15.03.2012 in einer ausdifferenzierten Regelung der Aufwendungsersatz mit der Hilfegewährung gekoppelt. Es besteht hier keine Gefahr, dass leichtfertig zu Unrecht nicht zustehende Leistungen bewilligt worden sind. Vielmehr ist in einem Regelungsbündel die Subsidiarität der Sozialhilfe wiederhergestellt worden. Es ging letztlich wohl darum, monatliche Abrechnungen mit der Klägerin selbst zu vereinfachen. Die Kosten der Einrichtung schwanken monatlich, die Renten werden angepasst. Durch die gewählte Konstruktion wird bewirkt, dass dem Grunde nach Sozialhilfe nur zustehenden Umfang erbracht wird. Es ist gewährleistet, dass durch die gleichzeitige Erstattung durch den Träger der Rentenversicherung, sowie die teilweise faktisch erfolgte Sachleistung (direkte Abrechnung der Einrichtung mit der Pflegekasse hinsichtlich des von der Pflegeversicherung zu erbringenden Anteils) vom Träger der Sozialhilfe nur in der Höhe an die Einrichtung geleistet wird, in welcher der Anspruch tatsächlich besteht.
3.
Die im Rahmen der Anspruchsüberleitung erforderliche Ermessensausübung ist in noch ausreichendem Maße erfolgt. Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass der Erlass einer Überleitungsanzeige im Ermessen der Behörde liegt (vgl. insbesondere: BVerwGE 34, 219, 225; 92, 281, 287; darüber hinaus Urteil des BSG vom 2.2.2010 - B 8 SO 17/08 R), dass also die Behörde nicht von der Notwendigkeit enthoben ist, ihr Entschließungs- und Auswahlermessen (Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 93 RdNr 33, Stand August 2009) auszuüben. Besonders im Zusammenhang mit der Anhörung war es für die Klägerin ersichtlich, dass Interessen abgewägt worden sind. So teilte sie dann in einem Schreiben vom 10.02.2011 auch schon früher mit, dass M.K. ihr 11.830 EUR zum Kauf eines Kfz überlassen habe. Da sie selbst nicht über das Geld verfügt habe und das Auto für die Fahrt zur Arbeit, Besuche der Mutter usw. benötigt habe, habe sie das Geld angenommen. Es sei nie geplant gewesen, dass die Mutter ins Heim gehe. Seit Jahren habe die Klägerin der Beigeladenen unentgeltlich den Haushalt gemacht, gekocht und gewaschen und alle Unkosten übernommen. Sie sei nicht in der Lage, das Geld zurückzuzahlen. Am 08.03.2012 brachte die Klägerin vor, es liege kein formgültiger Schenkungsvertrag vor. Die Mutter habe vielmehr eine Schuld der Klägerin aus dem Kauf des Kfz gemäß § 267 BGB erfüllt. Grund für diese Tilgung sei nicht etwa die Vollziehung eine Schenkungsversprechens gewesen, sondern die Erbringung einer Gegenleistung für schon erbrachte und weiter zu erbringende Leistungen der Tochter aus einem rein schuldrechtlichen, weil nicht durch eine Reallast oder beschränkt persönliche Dienstbarkeit abgesicherten sog. "Altenteil- oder Leibgeding-Vertrag", der die Klägerin als Tochter verpflichtet habe, die im Haushalt der inzwischen gebrechlichen Mutter anfallenden Pflege-, Versorgungs- und Transportleistungen zu erbringen, die ohne einen PKW nicht hätten erbracht werden können. Diese Umstände sind vom Beklagten nicht ignoriert worden.
So ist eben am 03.02.2012 eine Anhörung erfolgt und es wurde im Bescheid festgestellt, dass es unstrittig sei, dass ein Betrag an die Klägerin überwiesen worden sei. Schließlich ist im Widerspruchsbescheid ausgeführt, dass der Beklagte bei Erlass der Überleitungsanzeige von seinem Ermessen Gebrauch gemacht und seine Gründe hierzu ausreichend dargelegt habe. Es sei nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte dabei im Hinblick auf das Nachrangprinzip und eine möglichst sparsame und wirtschaftliche Verwendung öffentlicher Mittel den Interessen der öffentlichen Hand den Vorrang vor den Interessen der Klägerin einräume. Die etwas mangelhafte sprachliche Begründung der Ermessensausübung im Bescheid und im Widerspruchsbescheid stellt angesichts des gesamten Regelungskomplexes mehr dar als die Verwendung bloßer Leerformeln.
4.
Der Übergang des Anspruchs darf zwar gem. § 93 Abs. 1 S. 3 SGB XII nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 SGB XII und des § 92 Abs. 1 SGB XII Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre. Hieran bestehen aber keine Zweifel.
5.
Die Obergrenze der Überleitung (§ 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) ist angesichts der Höhe der Aufwendungen des Beklagten für die geleistete Sozialhilfe über gut 700 EUR im Monat eingehalten.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG iVm § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung; die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 40, 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz. Die Kostenentscheidung der Erstinstanz hat nicht berücksichtigt, dass ein Verfahren nach § 1197a SGG vorlag. Die Entscheidung über die Kosten der geht von Amts wegen und lässt eine Verböserung zu.
7.
Eine Abweichung von der bisherigen Rechtspraxis (Urteil des erkennenden Senats vom 25.11.2010, Aktenzeichen: L 8 SO 136/10) sowie einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts besteht nicht Damit liegen auch keine Gründe zur Zulassung der Revision vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG).
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 5.915 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Überleitung eines Anspruchs auf Schenkungsrückforderung gegen die Beigeladene.
Die Klägerin ist die Tochter der Beigeladenen (Hilfeempfängerin M.K.). Der Beklagte erbringt der Beigeladenen M.K ab September 2011 Sozialhilfeleistungen. Diese befindet sich seit 29.11.2010 in einer Pflegeeinrichtung (AWO Seniorenzentrum). Sie ist seit 01.06.2011 in der Pflegestufe II eingestuft (die Leistung der Pflegekasse über 1279 EUR erfolgt direkt an die Einrichtung). Neben den Leistungen der Pflegeversicherung bezieht M.K. Alters- und Witwenrente in Höhe von insgesamt 974,25 EUR. Bis einschließlich 31.08.2011 konnten die Heimkosten aus eigenem Einkommen und Vermögen beglichen werden.
Einen ersten Antrag auf "Gewährung von Hilfe in einem Heim" lehnte der Beklagte wegen des Vorhandenseins einer Lebensversicherung mit Bescheid vom 03.08.2011 ab. Bereits damals ist ein Transfer von Vermögen im März 2010 im Wert von circa 11.000 EUR mit der Art "Kfz" angegeben worden. Da die M.K. keinen Führerschein habe, würde ihre Tochter sie seit Jahrzehnten zu allen Terminen, Einkaufen, Arzt usw. fahren, wozu ein Fahrzeug erforderlich sei.
Auf erneuten Antrag vom 04.08.2011 erfolgte nach weiteren Ermittlungen am 03.02.2012 eine Anhörung der Klägerin, wonach zwar das Sparvermögen im August 2011 fast aufgebraucht sei und ab September teilweise (volle Leistung unter teilweiser Deckung durch Altersrente und Witwenrente) Leistungen gewährt werden, aber beabsichtigt sei, einen Schenkungsrückforderungsanspruch in Höhe von 11830,00 EUR überzuleiten.
Mit Bescheid vom 15.03.2012 bewilligte der Beklagte als erweiterte Hilfe: Grundsicherung, Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe zur Pflege, Barbetrag und Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung. Zur Deckung des Bedarfs wurde der Einsatz des Einkommens in Höhe der Altersrente und Witwenrente verlangt. Der Übergang eines Unterhaltsanspruchs gegenüber der Klägerin wurde festgestellt.
Mit Bescheid vom 22.03.2012 leitete der Beklagte einen Anspruch nach § 528 BGB gemäß § 93 SGB XII auf sich über. Die Überleitung sei veranlasst, weil auf diese Weise der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe nach § 2 SGB XII verwirklicht werden könne. Demgegenüber seien zu berücksichtigende und überwiegende Interessen der Leistungsberechtigten oder des Beschenkten nicht vorhanden. Der hiergegen erhobene Widerspruch der Klägerin wurde am 18.05.2012 dahingehend begründet, dass gemäß § 94 SGB XII Ansprüche nicht übergingen, sofern die unterhaltspflichtige Person dadurch selbst Leistungsberechtigte würde. Außerdem sei der Übergang des Anspruchs gemäß § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII ausgeschlossen, weil dies für die unterhaltspflichtige Person eine unbillige Härte bedeuten würde, weil die Klägerin in der Vergangenheit bereits überobligationsmäßig ihre Unterhaltspflichten erfüllt habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2012 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Am 04.10.2012 hat die Klägerin wegen der Überleitung Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, dass eine unbillige Härte gemäß § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII vorläge. Die Überweisung des Geldbetrages sei direkt an die Verkaufsfirma des PKW erfolgt. Die Mutter der Klägerin habe damit den Zweck erreichen wollen, eine erforderliche Fahrbereitschaft sicherzustellen. Die Causa des Rechtsgeschäfts im Sinne des Bereicherungsrechts sei ein mit der Leistung bezweckter Erfolg, der hier auch tatsächlich eingetreten sei. Bei beabsichtigter Schenkung hätte die Mutter das Geld der Tochter direkt zur freien Verfügung überwiesen. Im Übrigen wären im Zivilverfahren zu prüfende Rückforderungsanspruche nach §§ 812 ff. BGB geltend zu machen.
Mit Beschluss vom 15.04.2013 ist die Mutter der Klägerin, M.K, zum Verfahren beigeladen worden. Mit Urteil vom 25. April 2013 hat das SG die Klage gegen den Bescheid vom 22.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2012 abgewiesen. Rechtsgrundlage für die Überleitung sei § 93 Abs. 1 und 2 SGB XII. § 94 SGB XII, welcher den Übergang von Unterhaltsansprüchen regele, sei nicht einschlägig. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern im Zusammenhang mit der Übertragung des Kfz bzw. des Geldes dafür eine Unterhaltspflicht erfüllt worden sein solle. Der Bescheid vom 22.03.2012 sei rechtmäßig ergangen; er sei ausreichend bestimmt. Insbesondere seien sowohl der übergeleitete Anspruch als auch der diesem zu Grunde liegende Sachverhalt so beschrieben, dass zweifelsfrei feststehe, welcher Anspruch übergeleitet werden solle und wer Gläubiger beziehungsweise Schuldner dieses Anspruchs sei. Der Bescheid sei auch in materieller Hinsicht rechtmäßig. Mit der Unterbringung in einem Pflegeheim und der im September 2011 eingetretenen Sozialhilfebedürftigkeit der Leistungsempfängerin sei die Verarmung des Schenkers gemäß § 528 BGB eingetreten. Ein hieraus resultierender Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes erscheine jedenfalls möglich. Die Überleitung wäre nur dann rechtswidrig, wenn der betreffende Anspruch offensichtlich ausgeschlossen wäre (sog. Negativevidenz). Die Auffassung des Beklagten, dass es sich bei der Übertragung des Geldes für den PKW um eine vollzogene Schenkung nach § 518 BGB ff. handelt, sei keineswegs ausgeschlossen. Der Beklagte habe auch das ihm gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII eingeräumte Ermessen im Bescheid vom 22.03.2012 hinreichend ausgeübt; bei dem im Rahmen von § 93 SGB XII eingeräumten Ermessen handele es sich um ein so genanntes intendiertes Ermessen, bei dem durch das Gesetz selbst schon eine bestimmte Richtung vorgezeichnet sei. Um den Anforderungen des § 93 SGB XII zu genügen, reiche es, wenn die Behörde zum Ausdruck bringe, dass sie den Nachranggrundsatz durchsetzen wolle und damit privaten Interessen nicht den Vorrang einräume. Ein Ausnahmefall sei nicht gegeben. Zum einen habe die Klägerin nicht - wie im Jahr 2011 vorgetragen - alle Unkosten der Mutter übernommen. Der grundlegende Bedarf der Mutter vor deren Heimaufenthalt (ca. 360 EUR Miete und 299 EUR Regelbedarf) sei durch das Einkommen der Beigeladenen (974,25 EUR Rente) bereits gedeckt gewesen. Fahrten zu Terminen und Hilfe im Haushalt könnten nicht als eine weit über das Maß der gebotenen Verpflichtung hinausgehende Pflege angesehen werden.
Hiergegen hat die Klägerin am 05.05.2013 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung hat sie am 21.08.2013 wiederholt, dass die Klägerin nach wie vor von § 94 SGB XII ausgehe. Insoweit läge eine unbillige Härte bzw. eine Bedürftigkeit der Klägerin selbst vor. Schließlich sei keineswegs eine reine Schenkung beabsichtigt gewesen. Die Klägerin hätte ihr altes Fahrzeug verschrotten müssen und nicht die Mittel zur Neuanschaffung besessen. Nur zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Fahrbereitschaft zu Gunsten ihrer Mutter sei ein neuer Pkw erworben worden.
Die Klägerin stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 25. April 2013 sowie den Bescheid vom 22. März 2012 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 7. September 2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten und der Widerspruchsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist rechtzeitig innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim LSG eingelegt worden.
Gegenstand des Verfahrens ist die Beseitigung (Aufhebung) einer Magistralzession, also eines Verwaltungsaktes, der seinem Gegenstand nach einen berufungsfähigen Streitwert darstellt. Für den auf Aufhebung gerichteten Antrag ist es unerheblich, dass die Klägerin in ihrer Begründung im gesamten Prozessverlauf einen Anspruchsübergang nach § 94 SGB XII thematisiert. Der Grund der verwaltungsrechtlichen Gestaltung ist lediglich Teil der Begründung und nicht Inhalt der eigentlichen Regelung. Im Übrigen erfolgt aber der Anspruchsübergang nach § 94 SGB XII Kraft Gesetz und erfordert keine Überleitung. Insoweit ist die Aufzählung dieses Anspruchsübergangs im Leistungsbescheid vom 15.03.2012 lediglich deklaratorischer Art. Eine Klage gegen den Bescheid vom 15.03.2012 ist (als Klageänderung) unzulässig (verfristet), da bislang das Anfechtungsbegehren ausschließlich gegen den Bescheid vom 22.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2012 gerichtet war.
Die Klage ist zu Recht als unbegründet abgewiesen worden. Der Bescheid vom 22.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der privatrechtsgestaltende Eingriff in die Rechtssphäre der Klägerin findet seine Rechtfertigung in § 93 SGB XII, dessen Voraussetzungen vorliegen.
Nach § 93 Abs. 1 SGB XII kann der Träger der Sozialhilfe durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass ein Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht, sofern eine leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen hat, der kein Leistungsträger im Sinne des § 12 des Ersten Buches ist. Der Übergang des Anspruchs darf nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 und des § 92 Abs. 1 Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre.
1.
Das SG hat es zu Recht unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin für denkbar gehalten, dass die Zuwendung zum Erwerb eines PKW eine Schenkung darstellt und deshalb ein Schenkungsrückforderungsanspruch nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Die Tatsachen als solche sind nicht umstritten, dass das Geld von der Leistungsempfängerin M. K. stammt und der Pkw von der Klägerin als Halterin betrieben wird. Ein Defizit in der Sachverhaltsermittlung vor Ermessensausübung mit der Rechtsfolge einer Überleitung ist nicht ersichtlich. Umstritten ist die rechtliche Einordnung der Zuwendung als Schuldübernahme, Schenkung oder ähnliches. Dies ist eine typische Aufgabe des Zivilprozesses, für den die Überleitung die Voraussetzung schafft.
Es kommt nicht darauf an, dass sicher feststeht, dass der übergeleitete Anspruch tatsächlich besteht. Diese Frage ist durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Beschluss vom 20.12.2012 - B 8 SO 75/12 B; zum Recht der Arbeitsförderung BSG SozR 4100 § 40 Nr. 26 S 80) und die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur sog Negativevidenz (stRspr seit BVerwGE 34, 219 ff zur Sozialhilfe; zum Recht der Ausbildungsförderung BVerwGE 49, 311 ff; 56, 300 ff; 87, 217 ff; zur Hilfe zur Pflege in der Sozialhilfe BVerwGE 91, 375 ff) geklärt. Danach genügt es für die Wirksamkeit der Überleitung eines Anspruchs nach § 93 SGB XII bereits, dass ein überleitungsfähiger Anspruch überhaupt in Betracht kommt, er also nicht von vornherein objektiv ausgeschlossen ist. In der Sozialhilfe dient die Überleitung eines Anspruchs - neben den Vorschriften über den Einsatz eigenen Einkommens und Vermögens - dazu, den Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) zu realisieren. Wie beim Einsatz des Einkommens müssen die Vorschriften über die Überleitung von Ansprüchen folglich bedarfsorientiert gesehen werden. Entscheidend ist also nicht, ob ein Anspruch tatsächlich besteht, sondern dass die Überleitung für einen Zeitraum erfolgt, für den Leistungen der Sozialhilfe tatsächlich gewährt worden sind (BVerwGE 34, 219, 221). Nur wenn offensichtlich ist, dass dieses Ziel nicht verwirklicht werden kann, ist der Erlass einer Überleitungsverfügung sinnlos und trotz Vorliegens aller im Gesetz normierten Voraussetzungen als rechtswidrig aufzuheben (BVerwGE 49, 311, 316). Eine solch erkennbar sinnlose Überleitungsverfügung liegt gerade nicht vor (vergleiche zu alledem zuletzt BSG Beschluss vom 25.04.2013, B 8 SO 104/12 B).
2.
Die Leistungserbringung an M.K. war rechtmäßig. Seinem Wortlaut nach macht § 93
Abs. 1 Satz 1 SGB XII die Überleitung nur von der Hilfegewährung abhängig, die Rechtmäßigkeit ist als Erfordernis nicht benannt. Für die Interpretation, wonach nur rechtmäßige Leistungen eine Überleitung rechtfertigen können, werden Systematik sowie Sinn und Zweck angeführt. Danach enthält § 45 SGB X eine abschließende Regelung für den Fall rechtswidrig erbrachter Leistungen gegenüber dem Leistungsberechtigten. Die damit formulierten Beschränkungen könnten durch eine Anspruchsüberleitung unterlaufen werden. Dem wird entgegengehalten, dass die Tatbestandswirkung eines bewilligenden Sozialhilfebescheides auch für die Überleitung Beachtung finden müsse, solange dieser nicht nach § 45 SGB X zurückgenommen sei. Es erscheine vielmehr unbillig, wenn der Dritte aus einem Fehler des Sozialhilfeträgers einen Vorteil erlange. Die vermittelnde Lösung fragt danach, ob die Sozialhilfe im Wesentlichen von den gleichen Voraussetzungen abhängt wie der übergeleitete Anspruch, so z.B. bei Unterhaltsansprüchen, dann soll es auf die Rechtmäßigkeit nicht ankommen.
Die besseren Argumente sprechen nach Ansicht des Senats dafür, die Rechtmäßigkeit der Überleitung nicht von der Rechtmäßigkeit der Leistungsgewährung abhängig zu machen. Hier kann allenfalls darüber gestritten werden, ob erweiterte Hilfe im Hinblick auf die Schenkungsrückgewähr möglich war, oder die Hilfe hätte abgelehnt werden müssen. Ein solcher Streit steht nach Ansicht des Senats einer Überleitung nicht entgegen, zumal hier gerade darüber Streit besteht und die sofortige Verfügbarkeit des Rückgewähranspruchs nicht gegeben war.
"Vorläufige Leistungen" nach § 19 Abs. 5 SGB XII dürfen ansonsten nur in begründeten Fällen erbracht werden (Coseriu, jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII, Rn 47). Es handelt sich insoweit bei der sogenannten "unechten Sozialhilfe" nach § 19 Abs. 5 SGB XII um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der unter Berücksichtigung gewisser Typisierungen eine Einzelfallprüfung erforderlich macht. Ein begründeter Fall liegt z.B. vor, wenn - wie hier - die Prüfung der Einkommens- oder Vermögensverhältnisse längere Zeit in Anspruch nimmt, die Notlage ein Zuwarten aber nicht zulässt. Die Zweifel an der Hilfebedürftigkeit hinsichtlich des Anspruchs auf Schenkungsrückgewähr sind zunächst nicht auszuräumen. Sie sind angesichts der Weigerung der Klägerin zivilrechtlich zu klären. Es handelt sich damit um keine bereiten Mittel.
Damit kann es dahingestellt bleiben, ob erweiterte Hilfe zulässig ist, wenn ein Hilfesuchender nicht die vollen Kosten seiner Unterbringung in einem Altenwohnheim übernehmen kann, für einen Teil dieser Kosten auf Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen ist und das Wohnheim seine Aufnahme ohne Anwendung des Bruttoprinzips verweigert. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass das AWO Seniorenzentrum eine Aufnahme verweigert hätte, wenn es sein Geld nicht "aus einer Hand" (nämlich der sicheren des Sozialhilfeträgers) erhalten hätte.
Hier ist im Bescheid vom 15.03.2012 in einer ausdifferenzierten Regelung der Aufwendungsersatz mit der Hilfegewährung gekoppelt. Es besteht hier keine Gefahr, dass leichtfertig zu Unrecht nicht zustehende Leistungen bewilligt worden sind. Vielmehr ist in einem Regelungsbündel die Subsidiarität der Sozialhilfe wiederhergestellt worden. Es ging letztlich wohl darum, monatliche Abrechnungen mit der Klägerin selbst zu vereinfachen. Die Kosten der Einrichtung schwanken monatlich, die Renten werden angepasst. Durch die gewählte Konstruktion wird bewirkt, dass dem Grunde nach Sozialhilfe nur zustehenden Umfang erbracht wird. Es ist gewährleistet, dass durch die gleichzeitige Erstattung durch den Träger der Rentenversicherung, sowie die teilweise faktisch erfolgte Sachleistung (direkte Abrechnung der Einrichtung mit der Pflegekasse hinsichtlich des von der Pflegeversicherung zu erbringenden Anteils) vom Träger der Sozialhilfe nur in der Höhe an die Einrichtung geleistet wird, in welcher der Anspruch tatsächlich besteht.
3.
Die im Rahmen der Anspruchsüberleitung erforderliche Ermessensausübung ist in noch ausreichendem Maße erfolgt. Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass der Erlass einer Überleitungsanzeige im Ermessen der Behörde liegt (vgl. insbesondere: BVerwGE 34, 219, 225; 92, 281, 287; darüber hinaus Urteil des BSG vom 2.2.2010 - B 8 SO 17/08 R), dass also die Behörde nicht von der Notwendigkeit enthoben ist, ihr Entschließungs- und Auswahlermessen (Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 93 RdNr 33, Stand August 2009) auszuüben. Besonders im Zusammenhang mit der Anhörung war es für die Klägerin ersichtlich, dass Interessen abgewägt worden sind. So teilte sie dann in einem Schreiben vom 10.02.2011 auch schon früher mit, dass M.K. ihr 11.830 EUR zum Kauf eines Kfz überlassen habe. Da sie selbst nicht über das Geld verfügt habe und das Auto für die Fahrt zur Arbeit, Besuche der Mutter usw. benötigt habe, habe sie das Geld angenommen. Es sei nie geplant gewesen, dass die Mutter ins Heim gehe. Seit Jahren habe die Klägerin der Beigeladenen unentgeltlich den Haushalt gemacht, gekocht und gewaschen und alle Unkosten übernommen. Sie sei nicht in der Lage, das Geld zurückzuzahlen. Am 08.03.2012 brachte die Klägerin vor, es liege kein formgültiger Schenkungsvertrag vor. Die Mutter habe vielmehr eine Schuld der Klägerin aus dem Kauf des Kfz gemäß § 267 BGB erfüllt. Grund für diese Tilgung sei nicht etwa die Vollziehung eine Schenkungsversprechens gewesen, sondern die Erbringung einer Gegenleistung für schon erbrachte und weiter zu erbringende Leistungen der Tochter aus einem rein schuldrechtlichen, weil nicht durch eine Reallast oder beschränkt persönliche Dienstbarkeit abgesicherten sog. "Altenteil- oder Leibgeding-Vertrag", der die Klägerin als Tochter verpflichtet habe, die im Haushalt der inzwischen gebrechlichen Mutter anfallenden Pflege-, Versorgungs- und Transportleistungen zu erbringen, die ohne einen PKW nicht hätten erbracht werden können. Diese Umstände sind vom Beklagten nicht ignoriert worden.
So ist eben am 03.02.2012 eine Anhörung erfolgt und es wurde im Bescheid festgestellt, dass es unstrittig sei, dass ein Betrag an die Klägerin überwiesen worden sei. Schließlich ist im Widerspruchsbescheid ausgeführt, dass der Beklagte bei Erlass der Überleitungsanzeige von seinem Ermessen Gebrauch gemacht und seine Gründe hierzu ausreichend dargelegt habe. Es sei nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte dabei im Hinblick auf das Nachrangprinzip und eine möglichst sparsame und wirtschaftliche Verwendung öffentlicher Mittel den Interessen der öffentlichen Hand den Vorrang vor den Interessen der Klägerin einräume. Die etwas mangelhafte sprachliche Begründung der Ermessensausübung im Bescheid und im Widerspruchsbescheid stellt angesichts des gesamten Regelungskomplexes mehr dar als die Verwendung bloßer Leerformeln.
4.
Der Übergang des Anspruchs darf zwar gem. § 93 Abs. 1 S. 3 SGB XII nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 SGB XII und des § 92 Abs. 1 SGB XII Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre. Hieran bestehen aber keine Zweifel.
5.
Die Obergrenze der Überleitung (§ 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) ist angesichts der Höhe der Aufwendungen des Beklagten für die geleistete Sozialhilfe über gut 700 EUR im Monat eingehalten.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG iVm § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung; die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 40, 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz. Die Kostenentscheidung der Erstinstanz hat nicht berücksichtigt, dass ein Verfahren nach § 1197a SGG vorlag. Die Entscheidung über die Kosten der geht von Amts wegen und lässt eine Verböserung zu.
7.
Eine Abweichung von der bisherigen Rechtspraxis (Urteil des erkennenden Senats vom 25.11.2010, Aktenzeichen: L 8 SO 136/10) sowie einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts besteht nicht Damit liegen auch keine Gründe zur Zulassung der Revision vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG).
Rechtskraft
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