L 1 R 507/13

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RA 46/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 R 507/13
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Abschlagsregelungen bei vorzeitigem Bezug einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit enthalten eine zulässige gesetzliche Inhalts und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und verletzen auch nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. November 2008, 1 BvR 3/05, 7/05 u.a., in juris, sowie vom 5. Februar 2009, 1 BvR 1631/04, in juris).
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts
Nürnberg vom 27. März 2003 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Die Beteiligten streiten um die Höhe der Rente wegen Arbeitslosigkeit.

Der im September 1941 geborene Kläger, deutscher Staatsangehöriger, ist nach Zurücklegung von Versicherungszeiten in der ehemaligen Tschechoslowakei von September 1959 bis August 1968 im August 1968 nach Deutschland zugezogen. Er war zuletzt als Ingenieur bei der Firma S. AG beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte mit Schreiben vom 6. Dezember 1994 das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zum 31. August 1996. Im Anschluss daran war der Kläger arbeitslos mit Leistungsbezug bis 26. Mai 1999 und danach ohne Leistungsbezug bis 30. September 2001. Mit Bescheid vom 1. März 1989 wurde für den Kläger der Versicherungsverlauf gemäß § 104 Abs. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) festgestellt. Feststellungen über den Zugangsfaktor sind in diesem Bescheid nicht enthalten.

Auf seinen Antrag vom 2. Juli 2001 hin gewährte die Beklagte dem Kläger mit angefochtenem Bescheid vom 9. August 2001 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 1. Oktober 2001 mit einem anfänglichen monatlichen Zahlbetrag von 2.150,46 DM. In dem Versicherungsverlauf sind 369 Monate mit Beitragszeiten verzeichnet, davon 337 Monate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ohne Bezug von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Arbeitslosengeld II. Die Beklagte ermittelte 51,9526 zu berücksichtigende Entgeltpunkte. Den Zugangsfaktor von 1,000 verminderte sie für jeden Kalendermonat, für den die Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch genommen wurde, um 0,003. Die Verminderung betrug für 57 Kalendermonate 0,171, so dass sich ein Zugangsfaktor von 0,829 ergab. Daraufhin legte die Beklagte der weiteren Rentenberechnung 43,0687 persönliche Entgeltpunkte (51,9526 x 0,829) zu Grunde.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, die Anspruchsvoraussetzungen seien nach dem Rentenbescheid ab 23. September 2001 erfüllt. Darüber hinaus sei die Kürzung seiner Rente gesetzeswidrig. Als er seinen Vorruhestandvertrag am 6. Dezember 1994 unterschrieben habe, sei keine Rentenkürzung vorgesehen gewesen. Wäre dies der Fall gewesen, hätte er den Vertrag nicht unterschrieben. Die Gesetzesänderung sei später erfolgt, um die deutsche Einheit zu finanzieren. Es sei nicht einzusehen, dass er als Rentner für die Zweckentfremdung gesetzlich vorgeschriebener Rentenrücklagen bezahlen solle. Ihm werde die Rente gekürzt, während frühere SED-Mitglieder und die Stasi eine Rentenerhöhung erhielten.

Mit weiterem angefochtenen Bescheid vom 31. August 2001 wurde die Rente des Klägers aufgrund einer Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses neu berechnet.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2002 zurückgewiesen. Frühestmöglicher Rentenbeginn sei der 1. Oktober 2001. Bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente von Versicherten, die im September 1941 geboren seien, werde die Altersgrenze von 60 Jahren um 57 Monate angehoben. Die Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 4 SGB VI sei auf den Kläger nicht anwendbar.

Hiergegen hat der Kläger unter dem Az. S 4 RA 46/02 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und vorgetragen, die Stichtagsregelung sei gesetzeswidrig und dürfe auf ihn nicht angewendet werden. Er habe bereits am 6. Dezember 1994, also vor der Stichtagsregelung, eine betriebsbedingte Kündigung unterschrieben. Durch das WFG 1996 seien die Leistungen aus der Rentenversicherung stark beschnitten worden. Das Gesetz habe sich rückwirkend auf bereits unterschriebene Verträge wie seinen Vorruhestandvertrag ausgewirkt. Er habe jetzt wesentlich weniger Mittel für seine Familie zur Verfügung, als ihm beim Abschluss seines Vorruhestandsvertrags durch die Firma und die Regierung zugesichert worden seien. Zu der Rentenkürzung um 17,1% kämen noch weitere Einschnitte hinzu wie etwa bei den anrechenbaren Ausfallzeiten bzw. Ausbildungszeiten. Er fühle sich in seinem Grundrecht auf Vertrauensschutz geschädigt. Im RRG 1992 sei in einer detaillierten Übergangsvorschrift Planungssicherheit bis zum Jahre 2002 festgelegt worden. Die für die Planung und Disposition maßgeblichen Eckpunkte seien zu seinen Ungunsten aber nachträglich wieder verändert worden. Rückwirkend dürfe in bestehende Verträge nicht mehr eingegriffen werden. Ein Eingriff in bestehende Rechte sei nach Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nur zulässig, wenn dieser durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sei. Ein besonderes öffentliches Interesse sei nicht zu erkennen. Die Zahl von maximal 15.000 Personen, die Vertrauensschutz einforderten, weil sie vor dem Stichtag einen Auflösungsvertrag unterschrieben hätten, sei gering. Dem Gesetzgeber hätte auch noch ein Bündel anderer Sparmaßnahmen zur Verfügung gestanden. Der gewählte Stichtag sei für ihn nachteilig. Er habe keine Möglichkeit mehr, den Verschlechterungen durch das WFG 1996 und der Stichtagsregelung nachträglich auszuweichen. Seine langfristige Lebensplanung sei zerstört worden. Stasi-Beschäftigten, die nie in die Rentenkasse eingezahlt hätten, erhielten eine höhere Rente ohne Kürzungen. Er als durch die Kommunisten Verfolgter müsse jedoch eine Rentenkürzung hinnehmen. Der Kläger verwies zudem auf soziale Ungerechtigkeiten (hohe Einkünfte von Abgeordneten und hohe Rentenleistungen für Staatssekretäre, Ausgaben für Abgeordnetenreisen). Er sei gezwungen worden, der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zuzustimmen. Das Gesetz habe versäumt, die besondere Situation derjenigen zu berücksichtigen, die einen Auflösungsvertrag schon unterschrieben hätten.

In der mündlichen Verhandlung am 27. März 2003 hat der Kläger erklärt, er habe bei seinem Ausscheiden keine einmalige Abfindung erhalten, beziehe aber noch bis zum Jahr 2004 eine fortlaufende Ausgleichszahlung seines früheren Arbeitgebers. Er hat beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 9. August 2001 in der Gestalt des Bescheids vom 31. August 2001 und des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2002 zu verurteilen, die bewilligte Altersrente ohne Abschläge wegen Anhebung der Altersgrenzen zu berechnen, soweit diese Abschläge über die Regelungen des Rentenreformgesetzes von 1992 hinausgehen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27. März 2003 abgewiesen. Der Zugangsfaktor sei zu Recht wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Rentenleistung um 17,1 % vermindert worden. Die Voraussetzungen der Vertrauensschutzregelungen des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1-3 SGB VI seien nicht erfüllt. § 237 Abs. 3, 4 SGB VI sei auch nicht verfassungswidrig. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG liege nicht vor. Die Neuregelungen durch das RuStFöG zum 1. August 1996 und durch das WFG sei im öffentlichen Interesse geboten und verhältnismäßig gewesen. Dies gelte auch in Bezug auf den Umstand, dass eine bis dahin erlassene langfristige gesetzliche Regelung kurzfristig abgeändert, vorgezogen und beschleunigt worden sei. Die Regelung sei aufgrund der ungünstigen Ausgaben-/Einnahmenentwicklung der deutschen Rentenversicherung geboten gewesen. Mit dem Vorziehen der Altersgrenzenanhebung seien Einsparungen in Höhe von ca. 17 Milliarden DM bis 2003 erzielt worden. Die Maßnahme sei damit geeignet gewesen, die finanziellen Verluste der Rentenversicherung zu mildern. Die Erhaltung der Finanzierbarkeit und die Sicherstellung des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung seien ein hohes Gemeinschaftsgut. Zu seinem Schutz könnten bei dramatisch verschlechterter Haushaltslage das Vertrauen auch härter getroffener Versicherte enttäuscht werden. Der Kläger sei auch nicht im Übermaß von der Neuregelung betroffen. Im Vergleich zur Rechtslage vor 1992 betrage die Einbuße 17,1 % , im Vergleich zum RRG sei der Eingriff wesentlich geringer. Auch hätte der Kläger die Folgen durch eine Beitragsnachzahlung gemäß § 187 a SGB VI abmildern können.

Es liege auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in dem Umstand, dass der Kläger von den großzügigen Vertrauensschutzregelungen des § 237 Abs. 4 SGB VI nicht erfasst werde. Durch diese Bestimmung würden rentennahe Jahrgänge von dem Vorziehen und der Beschleunigung der Altersgrenzenanhebung ausgenommen werden. Zwar verfehle der Kläger den Stichtag 14. Februar 1996 nur knapp. Es sei jedoch ein typisches Element einer Stichtagsregelung, dass für manche Betroffene gewisse Härten entstünden. Der Kläger sei zum Stichtag 54 Jahre alt und damit noch 11 Jahre vom regulären Ruhestand entfernt gewesen. Es habe davon ausgegangen werden können, dass ihm noch eine Reintegration in eine versicherte Beschäftigung gelinge. Die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit diene nach ihrer Konzeption nur dem spezifischen Sicherungsbedürfnis älterer Arbeitsloser, die infolge eines schicksalhaften Verlaufs arbeitslos wurden. Es stelle eine systemwidrige Zweckentfremdung dar, sie als frei gewähltes Gestaltungsmittel bis zur Altersrente zu benutzen. Sie sei kein in besonderer Weise schützenswerter Gegenstand der Lebensplanung.

Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht unter dem Az.: L 1 RA 98/03 erhoben und erneut vorgetragen, er habe sich gezwungenermaßen für die vom damaligen Gesetzgeber empfohlene Vorruhestandsregelung entscheiden müssen. Mit der Verschlechterung seiner Rentenbezüge durch das WFG 1996 habe er nicht rechnen müssen. Er legte ein Gutachten von Professor Dr. F. und Dr. K. über die Verfassungswidrigkeit der vorgezogenen Anhebung der Altersgrenzen bei der Rente wegen Arbeitslosigkeit vor. Danach seien die vom Gesetzgeber ergriffenen Maßnahmen der vorzeitigen Anhebung der Altersgrenze weder geeignet, erforderlich noch zumutbar im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Es ergebe sich eine Verletzung des Art. 14 GG aus der Missachtung des Vertrauensschutzes. Der Gesetzgeber von 1996 habe sich explizit über den vom Gesetzgeber zuvor proklamierten Vertrauensschutz hinweggesetzt. Es handele sich um eine in der Geschichte des Rentenversicherungsrechts einmalige Zerstörung von Vertrauen. Auch sei der Gleichheitssatz des Art. 3 GG verletzt, denn die individuelle Betroffenheit durch die Anhebung der Altersgrenzen hänge für ältere Arbeitslose nicht von ihrem Verhalten, sondern vom Zufall der jeweiligen Lebensläufe ab.

Die Beklagte hat auf Anfrage des Gerichts erklärt, dass der Kläger nur 337 Monate mit berücksichtigungsfähigen Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt habe. Da er mit 26 Jahren im August 1968 aus der ehemaligen CSSR in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen sei, könne er selbst bei Berücksichtigung seiner tschechischen Zeiten die fehlende Differenz von 203 Monaten nicht ausgleichen.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2003 hat der Kläger daraufhin geltend gemacht, die Beklagte habe ihn auch nicht darüber informiert, dass am 1. September 2002 ein Sozialversicherungsabkommen zwischen der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland unterschrieben worden sei, wonach die Jahre in der Tschechischen Republik anzurechnen seien. Er beantrage daher auch die Anrechnung seiner Arbeitsjahre entsprechend dem Abkommen und Nachzahlung ab 1. September 2002. Er hat diverse Unterlagen über die von ihm in der tschechischen Republik zurückgelegten Versicherungszeiten vorgelegt.

Der Kläger ist daraufhin mit gerichtlichen Schreiben vom 2. März 2004 darauf hingewiesen worden, dass die Nichtanrechnung seiner in Tschechien erworbenen Anwartschaften nicht Gegenstand des Verfahrens sei. Dies sei weder Gegenstand der Anträge im Verfahren gewesen noch habe das SG darüber in seinem Urteil befunden. Auch nach dem Abkommensrecht würden die jeweiligen Anwartschaften als solche von den jeweiligen nationalen Systemen, in denen diese erworben worden sind, erfüllt werden. Dem Kläger werde daher empfohlen, seine Rentenansprüche in Tschechien geltend zu machen. Im Übrigen ist auf mehrere BSG-Entscheidungen hingewiesen worden, in denen die Berechnung der Altersrente für Arbeitslosigkeit mit vermindertem Zugangsfaktor für rechtmäßig erachtet worden sei. Da Verfassungsbeschwerden zu erwarten waren, ist angefragt worden, ob Einverständnis mit dem Ruhen des Verfahrens bestehe. Nachdem dies der Fall gewesen ist, ist das Verfahren mit Beschluss vom 23. März 2004 zum Ruhen gebracht worden.

Mit Schreiben vom 13. Mai 2013 hat die Beklagte das Verfahren wieder aufgerufen und auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. November 2008 sowie diverse Entscheidungen des BSG hingewiesen, wonach die Anhebung der Altersgrenze bei Altersrenten und die Abschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme verfassungsgemäß seien. Das Verfahren ist daraufhin unter dem Az. L 1 R 507/13 fortgesetzt worden.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 19. Juni 2013 erklärt, er habe am 6. Dezember 1994 und damit vor der Gesetzesänderung eine betriebsbedingte Kündigung unterschrieben. Dieser unterschriebene Vertrag könne nicht für ungültig erklärt werden. Es liege ein Verstoß gegen den Vertrauensschutz vor. Er verlange daher die Erhöhung seiner Rente um 17,1 % und die Nachzahlung des entgangenen Geldes.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 27. März 2003 und unter Abänderung des Bescheids vom 9. August 2001 in der Gestalt des Bescheids vom 31. August 2001 und des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2002 zu verurteilen, die bewilligte Altersrente ohne Abschläge wegen Anhebung der Altersgrenzen zu berechnen, soweit diese Abschläge über die Regelungen des Rentenreformgesetzes von 1992 hinausgehen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen.



Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 9. August 2001 in der Gestalt des Bescheids vom 31. August 2001 und des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2002 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht keine höhere Altersrente wegen Arbeitslosigkeit zu.

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (vgl. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Streitgegenstand ist ausschließlich, ob die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit des Klägers von der Beklagten zutreffend unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 0,829 berechnet wurde oder ob ein höherer Zugangsfaktor anzusetzen ist. Auch wenn der Kläger in einem Nebensatz allgemein andere Einschnitte wie etwa bei den "anrechenbaren Ausfallzeiten bzw. Ausbildungszeiten" beklagt, hat er sich weder gegenüber der Beklagten noch im Verfahren vor dem SG oder dem Bayerischen Landessozialgericht gegen die Festsetzung der Rentenhöhe aufgrund anderer Neuregelungen durch das WFG vom 25. September 1996 etwa im Hinblick auf die Anrechnung von schulischen Ausbildungszeiten gewandt. Dies ergibt sich insbesondere aus der Antragstellung des Klägers im Verfahren vor dem SG. Auch in seinem Schriftsatz an das Bayerische Landessozialgericht vom 19. Juni 2013 hat er klargestellt, er verlange die Erhöhung seiner Rente um 17,1 % und die Nachzahlung des entgangenen Geldes. Dies nimmt eindeutig Bezug auf den Rentenabschlag in dieser Höhe, der sich aus der Verminderung des Zugangsfaktors auf 0,829 ergibt. Sowohl sein früheres Begehren nach einem früheren Rentenbeginn als auch sein im Rahmen des Berufungsverfahrens erstmals erhobenes, damit unzulässiges und im Übrigen auch unbegründetes Begehren auf Neuberechnung seiner Rente unter Einbeziehung seiner in der ehemaligen Tschechoslowakei zurückgelegten Versicherungszeiten, hat er damit ersichtlich nicht weiterverfolgt.

Nach der zum Rentenbeginn am 1. Oktober 2001 anzuwendenden und damit gemäß § 300 Abs. 1, 2 SGB VI maßgeblichen Gesetzesfassung des § 237 Abs. 3 SGB VI iVm der Anlage 19 zum SGB VI (Fassung des RRG 1999) wird die Altersgrenze von 60 Jahren bei Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit für nach dem 31. Dezember 1936 geborene Versicherte angehoben. Die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente ist möglich (§ 237 Abs. 3 S. 2 SGB VI). Die Anhebung der Altersgrenze und die vorzeitige Inanspruchnahme bestimmen sich nach Anlage 19. Aus dieser geht hervor, dass für den im September 1941 geborenen Kläger die Altersgrenze von 60 Jahren um 57 Monate anzuheben ist. Da gemäß § 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 2a SGB VI der Zugangsfaktor für Renten wegen Alters von 1,0 (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) für jeden Kalendermonat der vorzeitigen Inanspruchnahme um 0,003 zu vermindern ist, ergibt sich der von der Beklagten festgesetzte Zugangsfaktor von 0,829.

Die Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 4 SGB VI, die zu einem geringeren Abschlag auf die Altersrente führen würde, kommt dem Kläger nicht zugute. Der Kläger ist nicht bis zum 14. Februar 1941 geboren (vgl. § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB VI), er ist aus der Firma S. und damit nicht aus einem Betrieb der Montanindustrie ausgeschieden (vgl. § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI). Schließlich hat er nicht 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt, wobei Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Arbeitslosengeld II außer Betracht bleiben. Auch bei einer Mitberücksichtigung von entsprechenden Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit in der ehemaligen Tschechoslowakei ergeben sich keine 540 Monate. In der Bundesrepublik Deutschland hat der Kläger nur 337 Monate mit berücksichtigungsfähigen Pflichtbeitragszeiten aufzuweisen. Der bei seinem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland 26 Jahre alte Kläger hat nach seinen eigenen Angaben im Rahmen der Kontenklärung in der ehemaligen Tschechoslowakei nur von September 1959 bis August 1968 Versicherungszeiten und damit auf keinen Fall 203 Monate mit berücksichtigungsfähigen Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt.

Nachdem der Kläger die durch die vorzeitige Inanspruchnahme seiner Rente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ausgelöste Rentenminderung nicht durch Zahlung von Beiträgen ausgeglichen hat (vgl. §§ 187 a Abs. 1, 76 a SGB VI), hat er nur Anspruch auf diese Rente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 0,829. Die Rentenberechnung der Beklagten entspricht also § 237 Abs. 3, 4 SGB VI iVm § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2a SGB VI.

Die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen steht für den Senat außer Zweifel. Der Senat weist zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen die Berufung aus den umfangreichen und zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils des SG zurück und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Ergänzend weist er auf folgendes hin:

Wie das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen vom 11. November 2008 (1 BvL 3/05, 7/05 u.a., in juris) und 5. Februar 2009 (1 BvR 1631/04, in juris) bereits ausführlich dargelegt hat, enthalten die Abschlagsregelungen bei vorzeitigem Rentenbezug eine zulässige gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und verletzen auch nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Neue, rechtserhebliche Gesichtspunkte, die das Bundesverfassungsgericht nicht berücksichtigt hat, hat der Kläger nicht aufgezeigt. Es besteht daher für den Senat keine Veranlassung, nach Art. 100 Abs. 1 GG eine erneute Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.

In dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Az. 1 BvL 7/05 zu Grunde liegenden Verfahren hatte der dortige, auch nach dem Stichtag des 14. Februar 1941 (nämlich im April 1942) geborene Kläger ebenfalls bereits vor dem Stichtag 14. Februar 1996 (nämlich im Mai 1994) eine Vereinbarung zum gleitenden Ruhestand abgeschlossen. Das Bundesverfassungsgericht hat dabei die Rentenabschläge für die nicht mehr rentennahen Jahrgänge für zumutbar erachtet, obwohl diese in der Regel - wie auch der Kläger nach seinen eigenen Angaben - bereits nicht mehr rückgängig zu machende arbeitsrechtliche Dispositionen getroffen haben. Zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte dürfen Stichtage eingeführt werden, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Der Gesetzgeber hat auch den ihm bei der Stichtagsregelung zukommenden Gestaltungsspielraum in sachgerechter Weise genutzt. Er hat die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt; die Gesamtregelung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt und erscheint nicht willkürlich. Das Bundesverfassungsgericht hat es insoweit als ausreichend angesehen, dass der Gesetzgeber nur solche Versicherte in ihrem Vertrauen auf den Fortbestand der früheren günstigeren Altersgrenzen nach dem RRG 1992 für schutzbedürftig erachtet hat, die am 14. Februar 1996 mindestens das 55. Lebensjahr vollendet hatten und deshalb zu den rentennahen Jahrgängen zählten. Dem schließt sich der Senat an, zumal der Kläger mithilfe der von ihm von seinem Arbeitgeber erlangten laufenden Ausgleichszahlungen die Rentenminderung aufgrund der erhöhten Abschläge durch zusätzliche Beitragszahlungen hätte ausgleichen oder zumindest abmildern können (§§ 187a, 76a SGB VI; vgl. auch BSG, Urteil vom 6. Mai 2010, Az. B 13 R 18/09 R, in juris).

Abschließend ist in der gebotenen Kürze darauf hinzuweisen, dass sich ein höherer Rentenanspruch des Klägers aufgrund eines höheren Zugangsfaktors auch nicht aus einer Bindungswirkung des Vormerkungsbescheides vom 1. März 1989 ergibt, da in diesem keine diesbezüglichen Regelungen enthalten sind, die eine Bindungswirkung entfalten könnten.

Die Berufung war damit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung (§§ 183,193 SGG) berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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