L 15 SF 355/13 E

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
15
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 SF 20/13 E
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SF 355/13 E
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. § 197 Abs. 2 SGG enthält eine gegenüber § 172 SGG abweichende Regelung. Gegen die Kostenentscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann das Gericht im Wege der Erinnerung angerufen werden, das dann endgültig entscheidet. Eine Beschwerde gegen diesen Beschluss ist daher unzulässig.
2. Die Beschwerde ist auch nicht wegen § 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG eröffnet, da diese Vorschriften des RVG nicht auf das in § 197 SGG geregelte Kostenfestsetzungsverfahren anwendbar sind. Das Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 197 SGG, in dem es um das Außenverhältnis des Klägers zum Prozessgegner geht, ist streng zu trennen vom Vergütungsfestsetzungsverfahren gemäß §§ 45 ff. RVG, das das Innenverhältnis zwischen dem Kläger als Mandanten seines Bevollmächtigten bzw. der an dessen Stelle tretenden Staatskasse und dem Rechtsanwalt betrifft.
3. Eine Untätigkeitsbeschwerde wegen einer behaupteten Verweigerung der Entscheidung über die Erinnerung sehen die Regelungen des SGG nicht vor. Der Zulassung einer Untätigkeitsbeschwerde im Sinn eines außerordentlichen Rechtsbehelfs durch Richterrecht steht Verfassungsrecht entgegen.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom
28. August 2013 wird als unzulässig verworfen.

II. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.



Gründe:


I.

Der Kläger, Erinnerungs- und Beschwerdeführer wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts in einem Erinnerungsverfahren zur Festsetzung der außergerichtlichen Kosten.

Mit Beschluss vom 12.02.2013 setzte die Urkundsbeamtin des Sozialgerichts Würzburg (SG) die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten für ein unfallversicherungsrechtliches Verfahren fest, das durch gerichtlichen Vergleich vom 11.10.2012 in der Berufungsinstanz beendet worden war (Aktenzeichen des SG: S 5 U 227/08; Aktenzeichen des Bayer. Landessozialgerichts - LSG -: L 17 U 145/10).

Die dagegen eingelegte Erinnerung hat das SG mit Beschluss vom 28.08.2013 zurückgewiesen. Auf die Endgültigkeit dieser Entscheidung hat das SG im Beschluss hingewiesen.

Dagegen haben die Bevollmächtigten des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 24.10.2013 Beschwerde erhoben. Die Beschwerde begründen sie damit, dass sich das SG auf eine Kommentarstelle gestützt habe, die die Meinung des SG nicht trage. Beschwerde werde - so die Bevollmächtigten - eingelegt "wegen der fehlenden Kostenentscheidung und der Verweigerung des Gerichts, eine solche zu treffen". Über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.02.2012 sei zu Unrecht nicht entschieden worden. Es gehe daher um die Ergänzung der Erinnerungsentscheidung. Angesichts der fehlenden Kostenentscheidung müsse isoliert eine Beschwerde möglich sein, weil sich das SG insoweit weigere zu entscheiden; einen anderen Weg als die Beschwerde sähen die Bevollmächtigten nicht.

II.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 28.08.2013 ist unzulässig und daher zu verwerfen.

Das SG hat in dem angegriffenen Beschluss endgültig entschieden.

Nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte das Rechtsmittel der Beschwerde zum Landessozialgericht eröffnet, soweit im SGG nichts anderes bestimmt ist. Eine solche abweichende Regelung enthält § 197 Abs. 2 SGG. Eine Beschwerde ist daher nicht statthaft.

Auf Antrag eines Beteiligten gemäß § 197 Abs. 1 Satz 1 SGG setzt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. Gegen diese Entscheidung kann gemäß § 197 Abs. 2 SGG das Gericht angerufen werden, das dann - so der ausdrückliche Wortlaut des § 197 Abs. 2 SGG - "endgültig entscheidet". Damit hat der Gesetzgeber festgeschrieben, dass eine Beschwerde zum LSG nicht statthaft ist (h.M., vgl. z.B. Sächsisches LSG, Beschluss vom 02.10.2012, Az.: L 8 AS 727/12 B KO - m.w.N.).

Die Beschwerde ist auch nicht wegen § 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) eröffnet (h.M., vgl. z.B. Beschluss des Sächsischen LSG vom 04.04.2013, Az.: L 8 AS 1454/12 B KO), da diese Vorschriften des RVG nicht auf das in § 197 SGG geregelte Kostenfestsetzungsverfahren anwendbar sind. Das Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 197 SGG, in dem es um das Außenverhältnis des Klägers zum Prozessgegner geht, ist streng zu trennen vom Vergütungsfestsetzungsverfahren gemäß §§ 45 ff. RVG, das das Innenverhältnis zwischen dem Kläger als Mandanten seines Bevollmächtigten bzw. der an dessen Stelle tretenden Staatskasse und dem Rechtsanwalt betrifft.

Wenn der Beschwerdeführer vortragen lässt, dass über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.02.2013 zumindest in einem Teilaspekt überhaupt noch nicht entschieden worden sei und ihm das SG eine Entscheidung verweigere, kann dies eine Beschwerde nicht eröffnen. Eine Untätigkeitsbeschwerde sehen die Regelungen des SGG nicht vor. Selbst wenn dies der Beschwerdeführer, wie aus seinem Vortrag geschlossen werden kann ("Ein anderer Weg als der der Beschwerde erscheint nicht ersichtlich" - Schreiben vom 24.10.2013) als Lücke im Rechtsschutzsystem betrachten würde, könnte diese vermeintliche Lücke nicht richterrechtlich durch eine Untätigkeitsbeschwerde geschlossen werden. Denn die Schaffung eines außerordentlichen Rechtsbehelfs außerhalb des geschriebenen Rechts würde den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit nicht genügen und verbietet sich daher. Denn die Rechtsbehelfe müssen in der geschriebenen Rechtsordnung geregelt und in ihren Voraussetzungen für den rechtsuchenden Bürger erkennbar sein (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30.04.2003, Az.: 1 PBvU 1/02).

Damit, ob das SG eine Kommentierung in der Literatur verkannt hat oder das SG untätig geblieben ist, wie dies der Beschwerdeführer meint, hat sich der Senat daher nicht näher zu befassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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