L 10 AL 374/13

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AL 180/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 374/13
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Einstufung in die jeweilige Qualifikationsgruppe bei der fiktiven Bemessung des Arbeitslosengeldes bestimmt sich in erster Linie danach, auf welche Beschäftigung sich die Vermittlungsbemühungen unter Berücksichtigung des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes erstrecken. Maßgeblich ist dabei grundsätzlich der für diese Beschäftigungen erforderliche Berufsabschluss.
2. Eine Fortsetzung des Verfahrens nach Berufungsrücknahme kommt nach dem Grundsatz von Treu und Glauben dann in Betracht, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Rücknahme aufgrund eines unzutreffenden, gerichtlichen Hinweises auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels erfolgt ist.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 22.11.2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Streitig ist die Höhe des Arbeitslosengeldes (Alg) im Hinblick auf das aufgrund einer fiktiven Einstufung festgelegte Bemessungsentgelt.

Die 1954 geborene Klägerin absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Bürokauffrau. Ab 1973 war sie als Buchhalterin bei der Firma N. beschäftigt und nahm 1978 eine Arbeitsstelle bei Raiffeisenbank S. an. Dort leitete sie die Buchhaltung, bediente und beriet Kunden und vertrat den Zweigstellenleiter. Nach ihrem Wechsel 1993 in die Raiffeisenbank H. oblagen ihr u.a. die eigenständige Kassenführung, die Erledigung von Kundenaufträgen, Service- und Beratungstätigkeiten, der Verkauf von Bank-, Bauspar- und Versicherungsprodukten, standardisierte Beratungen im Investment- und Aktienbereich sowie die Kleinkreditvermittlung. Nach dem Bezug von Krankengeld, Alg und Arbeitslosenhilfe arbeitete sie vom 10.07.2006 bis 31.10.2008 bei der Firma B. als Produktionsmitarbeiterin und später als kaufmännische Angestellte. Im Anschluss daran bezog sie erneut Krankengeld, Überbrückungsgeld, Alg und zuletzt bis 23.08.2012 wiederum Krankengeld.

Auf ihre erneute Arbeitslosmeldung bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 11.07.2012 Alg für die Zeit vom 24.08.2012 bis 07.07.2013 in Höhe von 30,86 EUR täglich unter Zugrundelegung des Bemessungsentgeltes des vormaligen Alg-Bezuges. Dieses sei höher als ein fiktiv bemessenes Bemessungsentgelt nach der Qualifikationsgruppe 4. Nachdem die Beklagte feststellte, eine Vermittlung der Klägerin als Fachkraft sei wahrscheinlich und deshalb eine Eingruppierung in Qualifikationsgruppe 3 möglich, änderte sie mit Bescheid vom 19.07.2012 den Leistungsbetrag der Alg-Bewilligung auf 32,13 EUR täglich ab. Es sei ein Bemessungsentgelt nach der Qualifikationsgruppe 3 im Rahmen einer fiktiven Bemessung des Alg zugrunde zu legen, da seitens der Klägerin in den letzten 2 Jahren weniger als 150 Tage ein Anspruch auf Arbeitsentgelt bestanden habe. Es komme eine Vermittlung als Bürokauffrau in Betracht. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem sie vortrug, sie sei mehr als nur eine "Bürokauffrau", da sie über ein viel größeres Wissen verfüge, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.08.2012 zurück.

Dagegen hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Sie sei von der Beklagten auch zur Bewerbung auf eine Stelle als Bankkauffrau aufgefordert worden. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22.11.2012 abgewiesen. Mangels eines Anspruchs auf Arbeitsentgelt von mindestens 150 Tagen im erweiterten Bemessungszeitraum sei dem Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt aus der Zuordnung der Klägerin zur Qualifikationsgruppe 3 zugrunde zu legen. Maßgeblich sei der für die angestrebte Beschäftigung erforderliche förmliche Berufsabschluss. Mit einem förmlichen Bildungsabschluss als Bürokauffrau sei die Klägerin der Qualifikationsgruppe 3 zuzuordnen. Daran änderten Vermittlungsvorschläge auf Stellen für Bankkaufleute nichts, da auch das Berufsfeld der Bankkaufleute der Qualifikationsgruppe 3 zuzuordnen sei.

Die Klägerin hat dagegen Berufung (L 10 AL 333/12) beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Sie habe Bürokauffrau gelernt, sich jedoch in ihrer Berufszeit ständig weitergebildet. Sämtliche Lehrgänge, Seminare, Fortbildungen und Schulungen habe sie erfolgreich bestanden.

Im Erörterungstermin vom 23.10.2013 hat der Berichterstatter darauf hingewiesen, die Berufung dürfte bereits unzulässig sein, da ein streitgegenständlicher Differenzbetrag zwischen der Bemessung des Alg nach Qualifikationsgruppe 2 und 3 für den streitgegenständlichen Zeitraum unter 750 EUR liegen könnte. Unabhängig davon sei die Berufung wohl auch in der Sache aussichtslos, da unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 04.07.2012 (B 11 AL 21/11 R) die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden sein dürfte. Die Klägerin habe weder einen Fachschulabschluss noch einen Abschluss als Meister und keinen Abschluss einer vergleichbaren Einrichtung. Die vorgelegten Fortbildungsnachweise würden dem offensichtlich nicht entsprechen.

Die Klägerin hat daraufhin ihre Berufung am 11.11.2013 zurückgenommen. Nach Übersendung eines Schriftsatzes der Beklagten, wonach sich ein Differenzbetrag bei der Alg-Bemessung zwischen Qualifikationsgruppe 2 und Qualifikationsgruppe 3 von 1.971,90 EUR ergeben würde, hat die Klägerin am 13.11.2013 erklärt, sie wolle die Berufung nicht zurücknehmen. Bei der Rücknahme der Berufung sei sie davon ausgegangen, der Differenzbetrag liege unter 750 EUR. Auch eine Bekannte von ihr sei in die Qualifikationsgruppe 2 eingestuft worden, obwohl diese keine Weiterbildung habe vorweisen können. Ihre Kenntnisse, Weiterbildungen und Fähigkeiten seien höher als ihre Ausbildung.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Fortführung des Berufungsverfahrens das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 22.11.2012 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides vom 19.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.08.2012 die Beklagte zu verurteilen, ein Arbeitslosengeld für die Zeit vom 24.08.2012 bis 07.07.2013 unter Zugrundelegung eines fiktiven Bemessungsentgeltes der Qualifikationsgruppe 2 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die von der Klägerin erklärte Berufungsrücknahme könne als Prozesshandlung grundsätzlich nicht widerrufen oder wegen Irrtums angefochten werden. Im Übrigen werde auf die Ausführungen im Urteil des SG verwiesen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die form- und fristgerechte Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), in der Sache jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.08.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der Senat war aufgrund der Rücknahme der Berufung (§ 156 Abs 1 Satz 1 SGG) durch die Klägerin am 11.11.2013 nicht an einer Entscheidung in der Sache gehindert. Zwar beendet eine Berufungsrücknahme das Verfahren und bewirkt den Verlust des Rechtsmittels (§ 156 Abs 3 Satz 1 SGG) mit der Folge, dass eine Sachentscheidung des Gerichts nicht mehr ergehen darf. Von der Berufungsrücknahme der Klägerin konnte jedoch keine verfahrensbeendende Wirkung ausgehen, weil sie als unwirksam zu behandeln ist.
Aus Gründen der Rechtssicherheit muss die Loslösung von Prozesshandlungen und insbesondere von einer Berufungsrücknahme auf besondere Ausnahmefälle beschränkt bleiben. So können verfahrensbeendende Prozesshandlungen ausnahmsweise widerrufen werden, wenn Restitutionsgründe vorliegen oder der Betroffene in eng begrenzten Ausnahmefällen geltend machen kann, dass die Prozesshandlung für das Gericht und den Gegner im Zeitpunkt des Zugangs als Versehen offenbar gewesen ist und es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben - der auch im Prozessrecht gilt - unvereinbar wäre, ihn an der Prozesshandlung festzuhalten (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, vor § 60 Rn 12a ff mwN und § 156 Rn 2a). Ein Widerruf einer prozessbeendenden Handlung kann dabei nach Treu und Glauben in Betracht kommen, wenn sie durch eine falsche Belehrung des Gerichts veranlasst worden ist (vgl dazu Keller aaO vor § 60 Rn 12a; zum Fall der Klagerücknahme: Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 102 Rn 7c mwN).
Ein solcher Fall liegt hier vor. Im Erörterungstermin wurde die Klägerin vom Berichterstatter zu Unrecht darauf hingewiesen, die Berufung könnte wegen des Nichterreichens des notwendigen Wertes des Beschwerdegegenstandes von 750 EUR (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG) unzulässig sein. Entgegen diesen Darstellungen ist die Berufung aber zulässig. Wie die Beklagte im Schriftsatz vom 31.10.2013, auf deren Berechnung Bezug genommen wird, zutreffend dargestellt hat, beträgt der streitgegenständliche Wert der Differenz zwischen einer fiktiven Bemessung des Alg nach Qualifikationsgruppe 2 und Qualifikationsgruppe 3 bei 315 Tagen über 1.970 EUR; mithin deutlich mehr als ein Betrag von 750 EUR, der für eine Berufung nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG vorausgesetzt wird. Der Schriftsatz der Beklagten war der Klägerin im Zeitpunkt der von ihr erklärten Berufungsrücknahme noch nicht zugegangen. Umgehend nach dessen Zugang hat sie gegenüber dem Gericht erklärt, an der Berufung doch festhalten zu wollen. Im Hinblick auf den falschen Hinweis des Berichterstatters zur Zulässigkeit der Berufung würde es insofern gegen Treu und Glauben verstoßen, die Klägerin an ihrer Berufungsrücknahme festzuhalten. Im Hinblick auf die insofern im Protokoll zum Erörterungstermin festgehaltenen Ausführungen und die vor Berufungsrücknahme von der Beklagten vorgenommenen Berechnung des Gegenstandswertes konnte auch die Beklagte erkennen, dass die Rücknahme aufgrund der falschen Belehrung erfolgt war.
Dem steht nicht entgegen, dass der Berichterstatter im Erörterungstermin auch darauf hingewiesen hat, die Berufung sei unabhängig von ihrer Zulässigkeit jedenfalls nicht begründet. Zwar hat die Klägerin in ihrer Berufungsrücknahme nicht ausgeführt, sie nehme die Berufung im Hinblick auf eine etwaige Unzulässigkeit zurück, sie hat aber umgehend nach der Mitteilung der Beklagten, die Berufungssumme werde erreicht, den Widerruf der Rücknahme erklärt. Es ist damit nicht nachweisbar, dass die Klägerin die Berufungsrücknahme (auch) wegen des Hinweises auf eine etwaige Unbegründetheit zurückgenommen hat.
Die Berufung ist aber unbegründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf ein höheres Alg hat.
Das Alg beträgt - in Abhängigkeit zu berücksichtigender Kinder - 67% bzw. 60% des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt), § 149 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 (BGBl I 2854). Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen (§ 150 Abs 1 Satz 1 SGB III). Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 150 Abs 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 150 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB III). Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt auch innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 152 Abs 1 SGB III).
Mangels eines Anspruchs auf Arbeitsentgelt von mindestens 150 Tagen innerhalb des erweiterten Bemessungsrahmens war eine fiktive Bemessung vorzunehmen, deren Berechtigung die Klägerin dem Grunde nach auch nicht bezweifelt. Die von der Beklagten vorgenommene Bemessung nach der Qualifikationsgruppe 3 (§ 152 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB III) ist dabei nicht zu beanstanden.
Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat (§ 152 Abs 2 Satz 1 SGB III). Dabei ist nach § 152 Abs 2 Satz 2 SGB III zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die
1. eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2. einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3. eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße,
4. keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße.
In welche der Qualifikationsgruppen der Arbeitslose einzustufen ist, bestimmt sich nach dem Willen des Gesetzgebers vor allem nach der Beschäftigung, auf die die Beklagte die Vermittlungsbemühungen für die Klägerin unter Berücksichtigung des in Betracht kommenden Arbeitsangebotes erstrecken kann (vgl. BT- Drucks 15/1515 Seite 86). In erster Linie ist dabei entscheidend, ob der Arbeitslose über den für die angestrebte Beschäftigung erforderlichen Berufsabschluss verfügt (BSG, Urteil vom 04.07.2012 - B 11 AL 21/11 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 8; Urteil vom 03.12.2009 - B 11 AL 42/08 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 4; Urteil vom 18.05.2010 - B 7 AL 49/08 R - SozR 4-4300 § 122 Nr 18). Die Grundstruktur der Qualifikationsgruppen ordnet einem bestimmten Ausbildungsniveau des Betroffenen ein bestimmtes Entgelt zu. Auch wenn die in der Vergangenheit erworbene berufliche Qualifikation nicht immer allein maßgeblich dafür sein wird, auf welche künftigen Beschäftigungen die Agentur für Arbeit ihre Vermittlungsbemühungen zu erstrecken hat, wird dennoch in der Regel die Feststellung der in Betracht kommenden Beschäftigungen in hohem Maße von dem förmlichen Berufsabschluss bestimmt (vgl BSG, Urteil vom 04.07.2012 - aaO - mwN).
Demnach ist unter Berücksichtigung der Vermittlungstätigkeit der Beklagten unerheblich, ob diese sich in erster Linie auf die Bereiche Bankkauffrau oder Bürokauffrau erstrecken sollten, da beides Beschäftigungen darstellen, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf im Sinne der Qualifikationsgruppe 3 (§ 152 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB III) erfordern. Beide sind staatlich anerkannte Ausbildungsberufe (§ 1 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Bankkaufmann/zur Bankkauffrau - BankKfm/KfrAusbV - vom 30.12.1997 - BGBl 1998 I 51 - bzw § 1 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Bürokaufmann/zur Bürokauffrau vom 13.02.1991 - BGBl I 425 -). Die Klägerin verfügt auch nicht über einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung. Insbesondere sind die von ihr vorgelegten Nachweise über Fortbildungen nicht geeignet auch nur annähernd diese als einen Abschluss in einer zur Fach- oder Meisterschule vergleichbaren Einrichtung anzusehen. Der Europäische Computer-Führerschein, die Genos-Seminare, der Amipro-Umsteigerkurs, die Fortbildung zur Anwendung des Tarifwerkes, das R+V-Rentenversicherungsseminar, das Invest-Grundlagen-Seminar und das SB-Kartenverwaltungs-Praxisseminar stellten allesamt jeweils nur einige Tage umfassende Veranstaltungen dar. Ein einem Fachschulabschluss oder einer Meisterprüfung vergleichbarer Abschluss oder eine entsprechende Prüfung wurde nicht absolviert. So umfasst die Vorbereitung zB für den Abschluss Geprüfter Industriemeister - Fachrichtung Metall (IHK) 910 Unterrichtsstunden zzgl Prüfungsvorbereitung und Selbstlernzeit (www.ihkbiz.de) und für den Geprüften Bankfachwirt 22 Monate in vier Semestern (www.frankfurt-school.de).
Die von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten bei den Genossenschaftsbanken entsprachen im Hinblick auf kundenorientierte Kommunikation, Kontoführung, nationaler und internationaler Zahlungsverkehr, Anlage auf Konten, in Wertpapieren und anderen Finanzprodukten, standardisierte Privatkredite, Baufinanzierung und Firmenkredite dem Berufsausbildungsbild (§ 3 Nrn 2 bis 5 BankKfm/KfrAusbV) bzw den Prüfungsanforderungen der Abschlussprüfung zur Bankkauffrau (§ 8 Abs 3 BankKfm/KfrAusbV), gehen aber auch nicht darüber hinaus.
Schließlich ist der Verweis auf andere Personen, die der Qualifikationsgruppe 2 zugewiesen worden sind, nicht für eine andere Bewertung geeignet. Für die maßgebliche Vermittlungstätigkeit kommt es jeweils auf die Umstände des Einzelfalles an. Dass die von der Klägerin in Bezug genommenen Fälle tatsächlich identisch sein sollen, ist nicht ersichtlich. Im vorliegenden Fall ist für eine Abweichung von der Eingruppierung in die Qualifikationsgruppe 3 zudem kein Spielraum. Es handelt sich bei der Festlegung der für die Bemessung des Alg maßgeblichen Qualifikationsgruppe auch nicht um eine Ermessensentscheidung.
Die Beklagte hat damit zutreffend die fiktive Bemessung des Alg anhand der Einordnung der Klägerin in die Qualifikationsgruppe 3 vorgenommen. Die Berechnung des Alg ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insofern wird auf die Ausführungen des SG Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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