Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 45 SO 146/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 220/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eingliederungshilfe, Überseztungskosten für Gehörlosen
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 24. November 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Kostenerstattung für eine Mitschreibehilfe im Rahmen der Eingliederungshilfe (Hochschulhilfe) für die Zeit Wintersemester 2006/07 bis 26.04.2008 im Umfang von 8.751,28 Euro.
Der Kläger, geboren 1986, leidet in Folge einer Röteln-Embryopathie an einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Während der Schulzeit übernahm der Beigeladene Kosten für einen Schulbegleiter. 2006 erwarb der Kläger am C.-Gymnasium A-Stadt seine allgemeine Hochschulreife mit der Gesamtnote 1,2. Im Wintersemester 2006/2007 begann er ein Studium der Geschichte an der L.-Universität in B-Stadt.
Mit Schreiben vom 30.07.2006 beantragte der Kläger Hochschulhilfe unter Darlegung seiner Gründe für die Wahl des Studiengangs, seines Berufsziels und seiner voraussichtlichen Position am Arbeitsmarkt. Er benötige Hilfe durch einen Zivildienstleistenden im Umfang von ca. 38,5 Wochenstunden. Diese könne durch die Vereinigung Integrationsförderung (VIF) organisiert werden. Im Antragsformular gab der Kläger an, dass er über ein Spar- bzw. Bankguthaben von rund 18.700 Euro verfüge und legte entsprechende Nachweise vor.
Mit Schreiben vom 03.08.2006 hörte der Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Ablehnung des Antrages an. Das Vermögen des Klägers übersteige den Freibetrag von 2.600,00 Euro. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erwiderte mit Schreiben vom 28.08.2009, auch während des Hochschulstudiums sei § 92 Abs. 2 Nr. 4, hilfsweise Nr. 6 SGB XII anzuwenden. Der Katalog sei nicht abschließend und der Kläger benötige die Hilfe, um einen Berufsabschluss zu erreichen. Zudem werde der Kläger doppelt benachteiligt. Einerseits werde er schlechter gestellt als nicht behinderte Studenten, die ihr Vermögen nicht einsetzen müssten. Andererseits werde er gegenüber anderen behinderten Studenten, die ihre Ausbildung in einer besonderen Einrichtung für behinderte Menschen durchführten, benachteiligt, weil diese unter den erweiterten Vermögensschutz fielen. Ein sachlicher Differenzierungsgrund sei nicht ersichtlich.
Mit Bescheid vom 07.09.2006 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Das Vermögen übersteige die Freigrenze gem. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII. Die Vorschrift des § 92 SGB XII beziehe sich lediglich auf Leistungen in stationären Einrichtungen. Für ambulante Hilfen sei eine solche Ausnahmeregelung nicht vorgesehen. Auch sei weder eine besondere Notlage erkennbar, noch liege eine besondere Härte vor, § 90 Abs. 2 Nr. 9, Abs. 3 SGB XII. Zudem sei eine Benachteiligung des Klägers gegenüber Personen, die in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung eine Ausbildung erhielten, nicht ersichtlich.
Der Kläger legte am 08.09.2006 Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.09.2006 ein und begründete diesen mit Schreiben vom 13.10.2006. Die Vorschrift des § 92 SGB XII sei anwendbar; zudem verstoße die Leistungsablehnung gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2008 wies die Regierung von Oberbayern den Widerspruch des Klägers zurück. Anzuwenden sei die Vorschrift des § 90 SGB XII. Ein Rückgriff auf andere Bestimmungen könne nicht erfolgen, weil die Hochschulhilfe als Hilfe eigener Art im Gesetz verankert sei.
Am 08.04.2008 hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben. Andere Studenten müssten ihr Vermögen nicht einsetzen, um einen behinderungsbedingten Bedarf auszugleichen. Der Kläger hat die laufenden Abrechnungen der Vereinigung Integrationsförderung (VIF) über die Mitschreibehilfe für die Zeit 10/06 bis 02/07, 04/07 bis 07/07, 10/07 bis 01/08 und 04/08 vorgelegt, woraus sich ein Gesamtrechnungsbetrag von 8.751,28 Euro ergibt. Der Kläger hat auch Kontoauszüge vorgelegt, denen sich die Begleichung dieser Rechnungen entnehmen lässt. In der mündlichen Verhandlung am 24.11.2009 hat der Bevollmächtigte des Klägers den Streitgegenstand ausdrücklich auf den Zeitraum bis 26.04.2008 begrenzt.
Mit Urteil vom 24. November 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Hochschulhilfe, weil er nicht hilfebedürftig gemäß § 90 SGB XII sei. Die Vorschrift des § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB XII sei nicht anwendbar. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG) liege nicht vor. Auf die Entscheidungsgründe wird im Übrigen verwiesen.
Am 17.12.2009 hat der Kläger gegen das Urteil Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, er müsse sein Vermögen nicht einsetzen. Die Vorschrift des § 92 Abs. 1 SGB XII sei nicht einschränkend, sondern weit auszulegen, um den in § 1 SGB XII niedergelegten Aufgaben der Sozialhilfe sowie den in § 1 SGB IX niedergelegten Grundsätzen der Rehabilitation und Teilhabe gerecht zu werden. In § 92 Abs. 2 SGB XII würden neben den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben insbesondere die Leistungen der Sozialhilfe vom Vermögenseinsatz ausgenommen, die der schulischen Ausbildung und der Berufsausbildung behinderter Menschen dienten. Hierzu gehöre auch eine Hochschulausbildung. Bei der Auslegung des § 92 Abs. 2 SGB XII sei der Vorrang der ambulanten vor den stationären Leistungen gemäß § 13 Abs. 1 SGB XII zu berücksichtigen. § 92 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII sei für den Kläger anzuwenden mit der Folge, dass auch der Besuch einer Hochschule Teil der Hilfe zur schulischen Ausbildung sei und damit erfasst werde (Lachwitz, Heidelberger Kommentar zum SGB IX Anhang II Rn. 63). Es sei dem Kläger nicht möglich, das gewählte Studium in einer besonderen Einrichtung für behinderte Menschen durchzuführen. Der eingeschlagene Ausbildungsweg sei durch Art. 12 GG geschützt. Auch § 92 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII sei anwendbar. Dort werde auf die Vorschriften des § 33 SGB IX verwiesen. Eine § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII vergleichbare Regelung sei nicht enthalten. Aber selbst wenn insoweit eine Bindung an die Rehabilitationsleistungen der Bundesagentur für Arbeit vorliegen würde, ändere dies nichts. Gemäß §§ 102 und 109 SGB III orientierten sich auch insoweit die Leistungen an § 33 SGB IX. Im Rahmen der Leistungen für behinderte Menschen seien Leistungen zum Besuch einer Hochschule nicht ausgeschlossen. Im Übrigen handele es sich bei § 33 Abs. 3 SGB IX um einen offenen Leistungskatalog ("insbesondere"). Die Auslegung des Sozialgerichts widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz und dem Diskriminierungsverbot. Der Kläger sei gegenüber nicht behinderten Studenten schlechter gestellt, weil er sein Vermögen für sein Studium einsetzen müsse. Dies sei ausschließlich in seiner Behinderung begründet, weil er ohne die Studienbegleitung nicht erfolgreich studieren könne. Darüber hinaus bestehe bei Zugrundelegung der Auslegung des SG eine Ungleichbehandlung gegenüber den behinderten Studenten, die ihre Ausbildung in einer besonderen Einrichtung absolvieren könnten. Der Gleichheitsgrundsatz sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt werde, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht beständen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Dies sei vorliegend der Fall. Der Kläger könne das von ihm gewählte Studium nicht in einer besonderen Einrichtung absolvieren. Er habe aber dennoch erheblichen Eingliederungshilfebedarf, der sich in der Studienbegleitung im Rahmen des Hochschulbesuchs verwirkliche. Die Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt.
Zur Begründung seiner Rechtsauffassung hat der Kläger auf die Kommentierung von Hohm (in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl., § 92 Rn. 13 und 17) verwiesen. Nur durch die dort postulierte weite Auslegung könnten die Benachteiligung des Klägers aufgrund seiner Behinderung beim Besuch der Universität und die damit verbundene Diskriminierung vermieden werden. Der Kläger erhalte die streitgegenständlichen Assistenzleistungen von der Vereinigung Integrationsförderung. Eine sachgerechte Auslegung des § 92 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII müsse daher dazu führen, dass diese behinderungsspezifische Hilfe den dort genannten Einrichtungen gleichgestellt werde. Die Kosten der Ausbildung in einer besonderen Einrichtung seien auch nicht um ein Vielfaches höher, wenn die Kosten der Unterbringung und Verpflegung nicht berücksichtigt würden. Eine andere Auslegung widerspreche den Zielen des SGB IX im Hinblick auf die gemeinsame Ausbildung behinderter und nicht behinderter Menschen sowie dem Vorrang der ambulanten Hilfe (Hohm, a.a.O., Rn. 21). Das bereits im Grundgesetz enthaltene Verbot der Diskriminierung behinderter Menschen werde nunmehr noch verstärkt durch das in Deutschland geltende Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Danach bestehe ein Recht auf Bildung ohne Diskriminierung auf allen Ebenen des Bildungssystems (Art. 24 UN-BRK).
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des SG vom 24. November 2009 und des Bescheides vom 07.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2008 zu verurteilen, dem Kläger im Rahmen der Hochschulhilfe die Kosten der Mitschreibhilfe ab dem ersten Semester (Wintersemester 2006/2007) bis 26.04.2008 auf der Grundlage der Abrechnungen der VIF e.V. zu erstatten,
hilfsweise,
den Beigeladenen zur Erbringung der o.g. Leistungen der Eingliederungshilfe zu verurteilen.
Der Beklagte und der Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hat zur Begründung seines Antrags ausgeführt, die Vorschrift des § 92 Abs. 2 SGB XII stelle eine wesentliche Durchbrechung des sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatzes dar. Die Vorschrift sei nicht weit auszulegen. Bei der Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuchs einer Hochschule handele es sich nicht um eine Leistung gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII, weil die hierzu erforderlichen Leistungen nicht in besonderen Einrichtungen für behinderte Menschen erbracht würden. Der Kläger studiere gemeinsam mit nicht behinderten Studenten an der L.-Universität in B-Stadt Geschichte. Nehme der behinderte Mensch an Ausbildungsmaßnahmen teil, die in gleicher Weise für nicht behinderte Menschen durchgeführt würden, handele es sich selbst dann nicht um eine besondere Einrichtung im Sinne des § 92 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII, wenn auf den behinderten Menschen besonders Rücksicht genommen werde. Eine Einschränkung des Grundrechtes aus Art. 12 GG sei nicht ersichtlich. Weiter handele es sich nicht um Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 SGB IX) im Sinne des § 92 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, wonach Leistungen der Eingliederungshilfe neben den Leistungen nach §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX insbesondere die Leistungen der Nrn. 1-5 seien. Unter Nr. 2 dieser Aufzählung finde sich wiederum aber die Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuchs einer Hochschule. Die Hochschulhilfe sei somit im Gesetz als eigenständige Hilfeart aufgeführt, so dass es keines Rückgriffs auf andere Bestimmungen bedürfe, die ein gleiches oder ähnliches Ziel verfolgten.
Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bzw. eine Benachteiligung des Klägers aufgrund seiner Behinderung sei nicht ersichtlich. Der Kläger werde im Vergleich zu stärker behinderten Menschen, die eine Ausbildung in einer besonderen Einrichtung absolvieren müssten, anders behandelt, weil für Eingliederungsleistungen, die der Kläger benötige, gerade nicht der Nachranggrundsatz hinsichtlich des eigenen Vermögens durchbrochen werde. Diese Differenzierung sei jedoch gerechtfertigt. Behinderte Menschen, die ihre Ausbildung in einer besonderen Einrichtung für behinderte Menschen absolvierten, litten unter weitaus größeren Einschränkungen bei der Absolvierung ihrer Ausbildung als der Kläger. Dies ergebe sich bereits aus der Tatsache, dass sie die von ihnen gewählte Ausbildung selbst mit der hierfür im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben möglichen Hilfestellung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt absolvieren könnten, sondern zur Absolvierung der Ausbildung der Hilfestellung in einer besonderen Einrichtung für behinderte Menschen bedürften. Die Kosten einer Ausbildung in einer solchen besonderen Einrichtung seien auch um ein Vielfaches höher als die Kosten einer vergleichbaren Ausbildung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Absolventen einer derartigen Ausbildung in einer solchen besonderen Einrichtung hätten überdies deutlich schlechtere Chancen, eine entsprechende Arbeitsstelle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden. Der Kläger hingegen werde auf Grund seiner sehr guten Ergebnisse in seinem Abitur deutlich mehr Möglichkeiten bei seiner Berufswahl und einer entsprechenden Ausbildung beziehungsweise einem entsprechenden Studium haben als andere behinderte Menschen. Er absolviere ein Studium der Geschichte, dessen Abschluss ihn aller Voraussicht nach zu einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt befähigen werde. Der Gesetzgeber habe im Rahmen des § 92 Abs. 2 SGB XII bewusst Privilegierungen geschaffen, die dem Nachrang der Sozialhilfe zuwiderliefen. Eine abschließende Einstandspflicht des Sozialhilfeträgers sei aber nicht ersichtlich. Daher sei es dem Kläger zuzumuten, zunächst sein eigenes Vermögen einzusetzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die beigezogenen Akten des Beklagten, der Widerspruchsbehörde und des ZBFS verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere nach §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 2 SGG).
Die Berufung ist nicht begründet, weil das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Klage ist zulässig; insbesondere ist sie als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) statthaft.
Die Klage ist jedoch weder im Haupt- noch im Hilfsantrag begründet, weil dem Kläger der geltend gemachte Anspruch weder gegen den Beklagten noch gegen den ab 01.01.2008 ggf. zuständigen Beigeladenen zusteht.
Gegenstand der Klage ist der Bescheid vom 07.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2008, mit welchem der Beklagte den Anspruch in vollem Umfang und zeitlich unbegrenzt abgelehnt hat.
Der Kläger begehrt nun vom Beklagten, hilfsweise von dem Beigeladenen, Hochschulhilfe in Form einer Mitschreibhilfe gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII i.V.m. §§ 13, 22 der Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) ab dem ersten Semester (Wintersemester 2006/2007) bis 26.04.2008. Die zeitliche Begrenzung ergibt sich aus dem Antrag des Klägers.
Der Kläger gehört auf Grund der an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit zum leistungsberechtigten Personenkreis des § 53 Abs. 1 SGB XII. Er ist körperlich dauerhaft wesentlich behindert (§ 1 Nr. 5 EinglHV). Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere Hilfen zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuchs einer Hochschule. Näher konkretisiert wird diese Hilfe in §§ 13, 22 EinglHV.
Der Bedarf des Klägers hinsichtlich der Mitschreibhilfe beläuft sich im streitgegenständlichen Zeitraum höchstens auf 8.751,28 Euro. Der Kläger hat durch die Vorlage von Rechnungen und Kontoauszügen im erstinstanzlichen Verfahren nachgewiesen, dass er Aufwendungen in dieser Höhe hatte. Ob diese Aufwendungen in vollem Umfang als Bedarf anzuerkennen sind, kann angesichts der folgenden Ausführungen offen bleiben.
Ein Leistungsanspruch des Klägers scheitert daran, dass die in § 19 Abs. 3 SGB XII normierten wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Aufbringung der Mittel aus seinem Vermögen ist ihm zuzumuten. Weder die Spezialvorschrift des § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII (dazu unter 1. und 2.) noch die allgemeinen Vorschriften des § 90 Abs. 2 und 3 SGB XII (dazu unter 3.) stehen der Verpflichtung des Klägers zum Einsatz seines Vermögens entgegen.
1. Die Nichtberücksichtigung des Vermögens ergibt sich nicht aus § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII. Danach sind die in § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII genannten Leistungen ohne Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu erbringen.
§ 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII lautet:
"Den in § 19 Abs. 3 genannten Personen ist die Aufbringung der Mittel nur für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten
1. bei heilpädagogischen Maßnahmen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind,
2. bei der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung einschließlich der Vorbereitung hierzu,
3. bei der Hilfe, die dem behinderten noch nicht eingeschulten Menschen die für ihn erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen soll,
4. bei der Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf oder zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit, wenn die hierzu erforderlichen Leistungen in besonderen Einrichtungen für behinderte Menschen erbracht werden,
5. bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 26 des Neunten Buches),
6. bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 des Neunten Buches),
7. bei Leistungen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen nach § 41 des Neunten Buches und in vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsstätten (§ 56),
8. bei Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen, soweit diese Hilfen in besonderen teilstationären Einrichtungen für behinderte Menschen erbracht werden."
Die streitgegenständlichen Leistungen können unter Berücksichtigung von Wortlaut und systematischem Zusammenhang der Tatbestände keiner der in § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII genannten Fallgruppen zugeordnet werden.
a) Die streitgegenständlichen Leistungen stellen keine Hilfen zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf im Sinne von § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB XII dar, weil der Besuch einer Hochschule keine schulische Ausbildung im Sinne dieser Vorschrift ist.
Diese Auslegung trägt dem unterschiedlichen Wortlaut von § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII einerseits und § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB XII andererseits Rechnung. § 54 Abs. 1 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII geht auf § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BSHG zurück. Dieser erhielt seine zuletzt geltende Fassung, die erstmals ausdrücklich den Besuch einer Hochschule nannte, durch Art. 15 Nr. 9 des Sozialgesetzbuchs - Neuntes Buch - (SGB IX) vom 19.06.2001 (BGBl. I 1046 ff.) mit Wirkung ab 01.07.2001. Durch Art. 15 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa desselben Gesetzes wurde auch § 43 Abs. 2 Satz 1 BSHG - die Vorgängervorschrift von § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII - neu gefasst. In Nr. 4 dieser Vorschrift wurde auf eine schulische Ausbildung für einen angemessenen Beruf abgestellt, ohne dass der Besuch einer Hochschule erwähnt worden wäre.
Die weniger weitgehende Fassung von § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BSHG lässt sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm erklären. § 43 Abs. 2 BSHG wurde erstmals durch das Zweite Gesetz zur Änderung des BSHG vom 14.08.1969 (BGBl I 1153 ff.) in das BSHG eingefügt. Damit wurde ursprünglich das Ziel verfolgt, die Eltern behinderter Kinder von den Kosten der Eingliederungsmaßnahmen freizustellen, wenn die Maßnahmen der Schulbildung dieser Kinder dienten und die Kosten hierfür nicht von der Schulverwaltung übernommen wurden (BT-Drs. V/4429, S. 2). Dementsprechend war auch bis 30.06.2001 in § 43 Abs. 2 Satz 1 BSHG eine Altersgrenze, zuletzt von 21 Jahren, vorgesehen. Daraus wird ersichtlich, dass Studierende an Hochschulen nicht zu dem privilegierten Personenkreis gehören sollten. Durch die zum 01.07.2001 in Kraft getretene Novelle hat der Gesetzgeber zwar die Altergrenze aufgehoben, aber den Besuch einer Hochschule nicht in den Tatbestand aufgenommen.
Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich dabei um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers handelte. Die Neufassungen von § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BSHG und von § 43 Abs. 2 Satz 1 BSHG waren bereits Gegen-stand des ursprünglichen Entwurfs der Bundesregierung (vgl. BR-Drs. 49/01, S. 188-190). Sie waren also Teil eines einheitlichen Konzepts, das insoweit während des Gesetzgebungsverfahrens unverändert blieb. Indem der Gesetzgeber in § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BSHG die Wörter "einschließlich des Besuchs einer Hochschule" ausdrücklich einfügte, brachte er zum Ausdruck, dass die "Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf" als solche ein Hochschulstudium nicht einschließt. Daraus folgt, dass § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BSHG, in dem auf die ausdrückliche Einbeziehung des Hochschulbesuchs verzichtet wurde, eine Privilegierung von Studierenden an Hochschulen nicht vorsah. Diese Reglung wurde bei der Einführung des SGB XII inhaltlich unverändert übernommen.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII (§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BSHG) enthalte eine Legaldefinition, nach der die schulische Ausbildung im Sinne der Eingliederungshilfe auch ein Hochschulstudium umfasse und auf die § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB XII (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BSHG) Bezug nehme. Denn die ab 01.07.2001 geltende Fassung des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BSHG nimmt - anders als noch die bis 30.06.2001 geltende Fassung, in der der Klammerzusatz "(§ 40 Abs. 1 Nr. 4)" enthalten war - gerade nicht auf § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BSHG Bezug. Der Gesetzgeber hat also anlässlich der zum 01.07.2001 in Kraft getretenen Novellierung die bis dahin bestehende Bezugnahme gestrichen. Auch insoweit wurde bei Einführung des SGB XII keine inhaltliche Änderung vorgenommen. Anhaltspunkte für ein gesetzgeberisches Versehen liegen unter diesen Umständen nicht vor.
Unabhängig davon liegen die Voraussetzungen von § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB XII auch deshalb nicht vor, weil die erforderlichen Leistungen nicht in einer besonderen Einrichtung für behinderte Menschen erbracht werden. Besondere Einrichtungen für behinderte Menschen sind nur solche, die in ihrer Personal- oder Sachausstattung zumindest teilweise auf die Ausbildung behinderter Menschen zugeschnitten sind (Lippert, in: Mergler/Zink, SGB XII, Stand September 2011, § 92 Rn. 22). Nimmt der behinderte Mensch an Ausbildungsmaßnahmen teil, die in gleicher Weise für nicht behinderte Auszubildende durchgeführt werden, handelt es sich auch dann nicht um eine besondere Einrichtung im Sinne der Nr. 4, wenn auf den behinderten Menschen besonders Rücksicht genommen wird (Lippert, a.a.O.). Allgemein genutzte Einrichtungen wie Schulen und Ausbildungsstätten reichen nicht aus (Lücking, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand August 2011, § 92 Rn. 14).
Die L.-Universität B-Stadt (L.) stellt keine besondere Einrichtung für behinderte Menschen dar. Sie ist vielmehr eine allgemein genutzte Hochschule, deren Angebot weit überwiegend von nicht behinderten Studierenden wahrgenommen wird. Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die L. etwa einen PC mit Sonderausstattung für Sehbehinderte und in mehreren großen Hörsälen ein Infrarot Stereo Hörsystem für hörbehinderte Studierende mit Hörgerät oder Cochleaimplantat anbietet (Quelle: Internetauftritt der L., Informationsblatt für Behinderte und chronisch Kranke). Denn diese Angebote führen nicht dazu, dass ein Teil der L. speziell auf die Ausbildung behinderter Menschen zugeschnitten wäre. So verhielte es sich etwa, wenn bestimmte Studiengänge bzw. -abschnitte oder bestimmte Räume ausschließlich behinderten Menschen vorbehalten wären. So liegt der Fall jedoch nicht. Die Angebote der L. für behinderte Menschen dienen vielmehr dazu, die gemeinsame Wahrnehmung von Studienangeboten durch behinderte und nicht behinderte Studierende zu ermöglichen. Wo jedoch behinderte und nichtbehinderte Menschen gemeinsam studieren (Inklusion), besteht gerade keine besondere Einrichtung für behinderte Menschen.
Selbst wenn - entgegen der dargelegten Auffassung des Senats - die L. teilweise als besondere Einrichtung für behinderte Menschen zu betrachten wäre, könnte der Kläger sich nicht auf § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB XII berufen. Denn sein Studium fand gerade nicht in dem "Teil" der L. statt, der auf die Ausbildung behinderter Menschen zugeschnitten ist. Er hat die Angebote der L. für Hörgeschädigte nicht in Anspruch genommen; anderenfalls hätte er nämlich die streitgegenständliche Mitschreibhilfe nicht benötigt. Der Kläger hat vielmehr an Lehrveranstaltungen teilgenommen, die in gleicher Weise für nicht behinderte Studierende durchgeführt werden.
b) Der Kläger begehrt weiter keine Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit im Sinne von § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB XII. Eine solche Tätigkeit muss sich von einem "angemessenen Beruf" im Sinne der ersten Alternative der Vorschrift unterscheiden. Damit sollen Fälle erfasst werden, in denen die Behinderung einer Person keine Tätigkeit ermöglicht, die als Beruf bezeichnet werden kann (vgl. § 13a EinglHV). Dies trifft auf die vom Kläger angestrebte akademische Tätigkeit nicht zu.
c) Auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 SGB XII) liegen nicht vor. Das SG hat zutreffend auf § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII hingewiesen, wonach die Leistungen denen der Bundesagentur für Arbeit entsprechen, also durch den dort geregelten Leistungsumfang gedeckelt sind. Da das SGB III keine Vorschriften enthält, die die Förderung eines Hochschulstudiums ermöglichen, kommt eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht in Betracht. Aus §§ 102 und 109 SGB III (in der ab 01.07.2001 geltenden Fassung des Sozialgesetzbuchs - Neuntes Buch - [SGB IX] vom 19.06.2001, BGBl. I 1046 ff.) ergibt sich nichts anderes. Diese Vorschriften waren Teil des Unterabschnitts "Besondere Leistungen". § 102 Abs. 1 Satz 1 SGB III lautete
"Die besonderen Leistungen sind anstelle der allgemeinen Leistungen insbesondere zur Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung einschließlich Berufsvorbereitung sowie blindentechnischer und vergleichbarer spezieller Grundausbildungen zu erbringen, wenn ...".
Das Gesetz knüpfte also auch hier an den Begriff der beruflichen Aus- und Weiterbildung an. Die berufliche Ausbildung war in § 60 SGB III definiert; diese Definition schloss ein Hochschulstudium nicht ein. Auch der Begriff der beruflichen Weiterbildung umfasste nach § 85 Abs. 4 Nr. 1 SGB III ein Hochschulstudium nicht.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass die besonderen Leistungen "insbesondere" zur Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu erbringen waren, dass also auch andere Zwecke in Betracht kamen. Allerdings liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Gesetzgeber mit dieser Fassung die systemwidrige Ausweitung des Anwendungsbereichs des SGB III auf die Förderung von Hochschulstudien bezweckt hat.
d) Eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation (§ 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB XII) kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil diese Leistungen nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII durch den Umfang möglicher Leistungen nach dem SGB V gedeckelt sind. Das SGB V sieht Leistungen zur Förderung eines Hochschulstudiums nicht vor.
e) Die zitierte Auffassung von Hohm (a.a.O., Rn. 13 und 17), wonach frühere Ergänzungen des in § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII enthaltenen Katalogs eine weite Auslegung der Katalogtatbestände erzwingen, stützt den Rechtsstandpunkt des Klägers nicht.
Der vorliegend entscheidende § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII, der die Nichtberücksichtigung von Vermögen vorschreibt, war nämlich im BSHG nicht enthalten; er trat erst zum 01.01.2005 als Teil des SGB XII in Kraft. Seit 2005 hat der Gesetzgeber den Katalog des § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII nicht erweitert, obwohl zahlreiche Änderungsgesetze zum SGB XII ergangen sind. Dies bedeutet, dass sich ein Wille des Gesetzgebers, die Zahl der vermögensunabhängig zu gewährenden Leistungen zu erhöhen, seit der Einführung von § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII zu keinem Zeitpunkt belegen lässt.
Unabhängig davon kann aus Gesetzesänderungen, mit denen ein Ausnahmetatbestand erweitert wird, nicht der Schluss gezogen werden, dass dieser Tatbestand künftig weit auszulegen ist. Vielmehr zeigt der Gesetzgeber gerade durch die Vornahme von ausdrücklichen Erweiterungen, dass er diese nicht der Rechtsprechung überlässt, sondern sich selbst vorbehält. Gegen eine weite Auslegung sprechen auch methodische Gesichtspunkte. Ausnahmetatbestände wie § 92 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII, mit denen der in § 19 Abs. 3 SGB XII normierte Grundsatz des Einkommens- und Vermögenseinsatzes eingeschränkt wird, sind ihrem Wesen nach eng auszulegen (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, Rn. 22 m.w.N.). Der Senat schließt sich daher der Auffassung an, dass § 92 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII restriktiv auszulegen ist (Lücking, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand 8/2011, § 92 Rn. 13; Lippert, in: Mergler/Zink, SGB XII, Stand 8/2007, § 92 Rn. 15).
Auch das BSG hat in seinem Urteil vom 19.05.2009 (B 8 SO 32/07 R, Rn. 26; im Streit waren Leistungen für Hörgerätebatterien) festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII nicht vorlagen, ohne eine mögliche erweiternde Auslegung oder gar eine Verfassungswidrigkeit zu erörtern.
2. § 92 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII verstoßen nicht dadurch gegen Art. 3 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz (GG), dass sie es im Hinblick auf die vom Kläger begehrte Mitschreibhilfe bei dem Grundsatz des Vermögenseinsatzes belassen.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG, Beschluss vom 18.07.2012, 1 BvL 16/11, Rn. 39 m.w.N.). Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG konkretisiert das Gebot der Gleichbehandlung dahingehend, dass eine Behinderung nicht als Anknüpfungspunkt für eine - benachteiligende - Ungleichbehandlung dienen darf (BVerfG, Beschluss vom 08.10.1997, 1 BvR 9/97, Rn. 67 m.w.N.). Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit kommt dem Gesetzgeber für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 09.11.2011, 1 BvR 1853/11, Rn. 10 m.w.N.).
Vorliegend befindet sich ein Aspekt der gewährenden Staatstätigkeit im Streit. Der Kläger behauptet eine verfassungsrechtliche Verpflichtung der öffentlichen Hand, für die Kosten einer Mitschreibhilfe aufzukommen, ohne zunächst den Einsatz vorhandenen Vermögens nach den allgemeinen Vorschriften in §§ 19 Abs. 3, 90 SGB XII zu verlangen. Der Verzicht auf das Erfordernis des Vermögenseinsatzes stellt einen Akt der Gewährung dar. Dementsprechend kommt dem Gesetzgeber bei der Abgrenzung der begünstigten Personengruppen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Ein solcher ist vor allem deshalb geboten, weil der gewährende Gesetzgeber in einem Spannungsfeld unterschiedlicher Forderungen nach Gleichbehandlung agiert, denen er schon aus Gründen der Logik nicht gleichermaßen entsprechen kann. Hätte der Gesetzgeber etwa für Fälle wie denjenigen des Klägers die Privilegierung des § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII vorgesehen, so wäre der Kläger mit den übrigen von dieser Vorschrift privilegierten Personen gleichgestellt. Gleichzeitig und unvermeidlich aber wäre eine neue Ungleichbehandlung entstanden, weil der Kläger nun aus dem Kreis der übrigen Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII - etwa von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder von Hilfe zur Pflege - herausgehoben wäre. Auch diese Personen befinden sich - meist unverschuldet - in existenziell problematischen Situationen, für die der Gesetzgeber steuerfinanzierte Fürsorgeleistungen vorgesehen hat. Bevor sie diese aber in Anspruch nehmen können, müssen sie nach Maßgabe von § 90 SGB XII ihr Vermögen einsetzen. Den Kläger gegenüber diesen Personen zu bevorzugen, ist jedenfalls nicht verfassungsrechtlich zwingend.
Der gewährende Gesetzgeber muss also stets eine Mehrzahl von Relationen zwischen Personengruppen berücksichtigen. Diese Relationen zu verändern und Personengruppen - auch neu - zu definieren, die Vergünstigungen erhalten, gehört zum Wesen der Sozialpolitik. Diese ist nicht bis in die Einzelheiten verfassungsrechtlich determiniert; vielmehr gibt die Verfassung einen Rahmen vor, in dem der einfache Gesetzgeber das Recht hat, eigenverantwortlich zu gestalten und dabei entsprechend der politischen Überzeugung der jeweiligen Mehrheiten in den gesetzgebenden Organen auch wechselnde Schwerpunkte zu setzen.
Der Gesetzgeber hat seinen Spielraum im konkreten Fall nicht überschritten, weil bestehende Ungleichbehandlungen durch Sachgründe gerechtfertigt sind.
a) Gegenüber dem Personenkreis der nicht behinderten Studierenden wird der Kläger durch die Verpflichtung zum Vermögenseinsatz nicht auf Grund seiner Behinderung benachteiligt. Der Kläger macht geltend, eine Ungleichbehandlung liege darin, dass er Mittel für die Mitschreibhilfe aufwenden müsse, die nicht behinderte Studierende ansparen oder anderweitig verwenden könnten, weil bei ihnen der entsprechende Bedarf nicht bestehe. Der Kläger sieht sich also nicht durch eine bestehende gesetzliche Regelung diskriminiert, sondern durch das Fehlen einer Regelung, die eine rein faktische Benachteiligung ausgleicht. Solche Bevorzugungen mit dem Ziel einer Angleichung der Verhältnisse von Nichtbehinderten und Behinderten sind im Anwendungsbereich von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG erlaubt, allerdings nicht ohne weiteres auch verfassungsrechtlich geboten (BVerfG, Beschluss vom 08.10.1997, 1 BvR 9/97, Rn. 68). Vorliegend ist die von dem Kläger begehrte Bevorzugung schon deshalb nicht verfassungsrechtlich geboten, weil sie nicht erforderlich ist, um ihm den Zugang zu dem gewünschten Studium zu ermöglichen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 69, wo auf einen Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt abgestellt wird). Der Kläger hatte im streitgegenständlichen Zeitraum die Möglichkeit, das Studium aufzunehmen und die Mitschreibhilfe selbst zu finanzieren. Sein Anliegen geht also dahin, tatsächlich zur Verfügung stehende finanzielle Mittel nicht zum Erreichen seines Bildungsziels einsetzen zu müssen. Ihm dies zu ermöglichen, ginge deutlich über die Angleichung der Verhältnisse von Nichtbehinderten und Behinderten hinaus und würde eine Besserstellung des Klägers gegenüber einer nicht unerheblichen Zahl nicht behinderter Studierender bedeuten. Denn auch diese sehen sich beim Erreichen ihrer Bildungsziele vielfach - unverschuldet - Hindernissen gegenüber, zu deren Überwindung die vorhandenen finanziellen Mittel eingesetzt werden müssen; teilweise erweist es sich für Studierende sogar als notwendig, zeitraubende und fachfremde Erwerbstätigkeiten aufzunehmen, um die erforderlichen finanziellen Mittel zu erlangen. Allein der Umstand, dass im Fall des Klägers eine Behinderung die Ursache für den Rückgriff auf Ersparnisse ist, zwingt aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht dazu, ihn gegenüber Studierenden zu bevorzugen, die wegen anderer widriger Lebensumstände auf ihre Ersparnisse zurückgreifen müssen.
b) Auch gegenüber dem Personenkreis der behinderten Menschen, die nach
§ 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII Anspruch auf bestimmte Leistungen haben, ohne dass ihr Vermögen zu berücksichtigen wäre, wird der Kläger nicht verfassungswidrig benachteiligt. Die Ungleichbehandlung ist insoweit durch die wesentliche Verschiedenheit der Sachverhalte gerechtfertigt. Menschen, die ein Hochschulstudium absolvieren, haben im Regelfall bessere Chancen auf ein überdurchschnittliches Einkommen als solche, die von einem Hochschulstudium absehen. Dies gilt unter behinderten Menschen ebenso wie unter nicht behinderten Menschen, auch wenn solche Erwartungen nicht in jedem Einzelfall erfüllt werden. Damit haben behinderte Studierende auch günstigere Aussichten als andere behinderte Menschen, Einbußen an ihrem Vermögen, die während der Studienzeit bzw. Ausbildungszeit eintreten, durch ihr späteres Einkommen auszugleichen. Auf diesen Umstand durfte der Gesetzgeber typisierend abstellen.
3. Die Bank- und Bausparguthaben des Klägers sind nach § 90 SGB XII i.V.m. der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII einzusetzen. § 90 SGB XII lautet:
§ 90 Einzusetzendes Vermögen
(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.
(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung
1. eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2. eines Kapitals einschließlich seiner Erträge, das der zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des § 10a oder des Abschnitts XI des Einkommensteuergesetzes dient und dessen Ansammlung staatlich gefördert wurde,
3 ...
4. eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5. von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6 ...
7 ...
8 ...
9. kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen.
(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.
Der Kläger verfügte, wie er selbst im Verwaltungsverfahren angegeben und belegt hat, zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums über Bank- und Bausparguthaben in Höhe von etwa 18.700,00 Euro. Diese Guthaben stellten verwertbares Vermögen im Sinne von § 90 Abs. 1 SGB XII dar. Sie standen dem Kläger rechtlich und tatsächlich zur Verfügung und konnten zur Deckung des streitgegenständlichen Bedarfs verwendet werden. Dies belegt der tatsächliche Verlauf der Ereignisse. Nachdem der Beklagte den Antrag des Klägers abgelehnt hatte, hat dieser einen Teil seines Vermögens zur Deckung des streitgegenständlichen Bedarfs verwendet.
Die Bank- und Bausparguthaben des Klägers zählten nicht zum Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 SGB XII. Insbesondere handelte es sich nicht um kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte im Sinne von § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII.
Die Höhe der geschonten kleineren Barbeträge richtet sich nach der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII. Für Leistungen der Eingliederungshilfe an Personen, die weder in einer Ehe oder Lebenspartnerschaft leben noch minderjährig sind, legt § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b der zitierten Verordnung fest, dass ein kleinerer Barbetrag im Sinne des Gesetzes sich grundsätzlich auf höchstens 2.600,00 Euro beläuft. Das Vermögen des Klägers überstieg diesen Betrag während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums. Auch nach der am 21.05.2008 vorgenommenen Bezahlung der streitgegenständlichen Rechnung der VIF e.V. für April 2008 verfügte der Kläger jedenfalls noch über Guthaben im Umfang von 3.037,50 Euro (Konto bei der Raiffeisenbank B-Stadt-Nord 1.428,13 Euro, Sparkonto bei der Sparda-Bank 116,08 Euro, HUK-Bausparkasse 1.493,29 Euro). Die Überzeugung des Senats beruht insoweit auf den Kontoauszügen, die der Kläger im Rahmen seines Folgeantrags im Mai 2008 vorgelegt hat, auf dem Kontoauszug vom 26.05.2008, den der Kläger im Verfahren vor dem SG vorgelegt hat, und auf der entsprechenden Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 09.08.2012.
Ein Anspruch auf Erhöhung des Freibetrages nach § 2 Abs. 1 der zitierten Verordnung steht dem Kläger nicht zu. Eine angemessene Erhöhung ist geboten, wenn im Einzelfall eine besondere Notlage besteht. Bei der Prüfung, ob eine solche besondere Notlage vorliegt und in welchem Umfang der Freibetrag gegebenenfalls zu erhöhen ist, sind gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 der zitierten Verordnung vor allem Art und Dauer des Bedarfs sowie besondere Belastungen zu berücksichtigen. Aus Art und Dauer des Bedarfs des Klägers ergeben sich keine Gesichtspunkte, die eine besondere Notlage begründen könnten. Auch eine besondere Belastung des Klägers liegt nicht vor. Sie ergibt sich insbesondere weder aus seiner Behinderung noch aus dem Umstand, dass er ein Hochschulstudium absolviert. Auch das Anliegen, finanzielle Rücklagen für etwaige Zeiten der Arbeitssuche zu bilden, begründet keine besondere Notlage.
Der Einsatzpflicht steht auch § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII nicht entgegen. Danach darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde. Eine Härte liegt vor, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles eine typische Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation wird, weil die soziale Stellung des Hilfesuchenden insbesondere wegen einer Behinderung, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nachhaltig beeinträchtigt ist (BSG, Urteil vom 11.12.2007, B 8/9b SO 20/06 R, juris Rn. 15). Anhaltspunkte für einen derartigen Fall sind nicht ersichtlich. In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob der Einsatz eines Vermögens, das aus Mitteln eines Stipendiums der Studienstiftung des deutschen Volkes angespart worden ist, eine Härte darstellt. Denn das Vermögen des Klägers überstieg auch ohne Berücksichtigung dieser Mittel noch am Ende des streitgegenständlichen Zeitraums den Freibetrag von 2.600,00 Euro. Der Kläger hat seinem Folgeantrag vom 27.04.2008 eine Aufstellung vom 21.04.2008 beigefügt, nach der - nach Abzug des Freibetrages - noch 766,67 Euro zur Finanzierung der Mitschreibhilfe zur Verfügung standen. Im Mai 2008 hat er entsprechende Kontoauszüge vorgelegt, denen die angegebenen Kontostände (1.757,30 Euro [Stand 21.04.2008], 116,08 Euro und 1.493,29 Euro) zu entnehmen sind. In dem Gesamtsaldo von 766,67 Euro (3.366,67 Euro - 2.600,00 Euro) waren die Mittel, die der Kläger von der Studienstiftung des deutschen Volkes erhalten hatte, nicht enthalten. Der Kläger hat diese Beträge gesondert auf einem Girokonto bei der Kreissparkasse B-Stadt verwaltet. Dieses Konto hat er bei der Aufstellung vom 21.04.2008 nicht berücksichtigt. Auch dies wird durch Kontoauszüge belegt, die der Kläger dem Beklagten im Mai 2008 vorgelegt hat. Die Rechnungen der VIF e.V., die den streitgegenständlichen Zeitraum betrafen, hat der Kläger nicht von diesem Konto beglichen. Dies wird durch die Kontoauszüge belegt, die der Kläger im Verfahren vor dem SG vorgelegt hat.
Auch aus § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII ergibt sich nichts anderes. Die angemessene Lebensführung des Klägers wird durch den Vermögenseinsatz ebenso wenig erschwert wie die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung. Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum bei seinen Eltern gewohnt; offensichtlich hat er von ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in auskömmlichem Umfang erhalten. Eine Alterssicherung hatte der im streitgegenständlichen Zeitraum 20- bis 22jährige Kläger nicht aufgebaut. Er hat vielmehr angestrebt, seine Alterssicherung durch eine spätere berufliche Tätigkeit aufzubauen.
Zusammenfassend hat damit kein Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe in Form von Hochschulhilfe im streitgegenständlichen Zeitraum bestanden.
Eine Auseinandersetzung mit der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen kann unterbleiben, weil diese Konvention in Deutschland erst am 26.03.2009 und damit nach dem Ende des streitgegenständlichen Zeitraums in Kraft getreten ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Kostenerstattung für eine Mitschreibehilfe im Rahmen der Eingliederungshilfe (Hochschulhilfe) für die Zeit Wintersemester 2006/07 bis 26.04.2008 im Umfang von 8.751,28 Euro.
Der Kläger, geboren 1986, leidet in Folge einer Röteln-Embryopathie an einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Während der Schulzeit übernahm der Beigeladene Kosten für einen Schulbegleiter. 2006 erwarb der Kläger am C.-Gymnasium A-Stadt seine allgemeine Hochschulreife mit der Gesamtnote 1,2. Im Wintersemester 2006/2007 begann er ein Studium der Geschichte an der L.-Universität in B-Stadt.
Mit Schreiben vom 30.07.2006 beantragte der Kläger Hochschulhilfe unter Darlegung seiner Gründe für die Wahl des Studiengangs, seines Berufsziels und seiner voraussichtlichen Position am Arbeitsmarkt. Er benötige Hilfe durch einen Zivildienstleistenden im Umfang von ca. 38,5 Wochenstunden. Diese könne durch die Vereinigung Integrationsförderung (VIF) organisiert werden. Im Antragsformular gab der Kläger an, dass er über ein Spar- bzw. Bankguthaben von rund 18.700 Euro verfüge und legte entsprechende Nachweise vor.
Mit Schreiben vom 03.08.2006 hörte der Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Ablehnung des Antrages an. Das Vermögen des Klägers übersteige den Freibetrag von 2.600,00 Euro. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erwiderte mit Schreiben vom 28.08.2009, auch während des Hochschulstudiums sei § 92 Abs. 2 Nr. 4, hilfsweise Nr. 6 SGB XII anzuwenden. Der Katalog sei nicht abschließend und der Kläger benötige die Hilfe, um einen Berufsabschluss zu erreichen. Zudem werde der Kläger doppelt benachteiligt. Einerseits werde er schlechter gestellt als nicht behinderte Studenten, die ihr Vermögen nicht einsetzen müssten. Andererseits werde er gegenüber anderen behinderten Studenten, die ihre Ausbildung in einer besonderen Einrichtung für behinderte Menschen durchführten, benachteiligt, weil diese unter den erweiterten Vermögensschutz fielen. Ein sachlicher Differenzierungsgrund sei nicht ersichtlich.
Mit Bescheid vom 07.09.2006 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Das Vermögen übersteige die Freigrenze gem. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII. Die Vorschrift des § 92 SGB XII beziehe sich lediglich auf Leistungen in stationären Einrichtungen. Für ambulante Hilfen sei eine solche Ausnahmeregelung nicht vorgesehen. Auch sei weder eine besondere Notlage erkennbar, noch liege eine besondere Härte vor, § 90 Abs. 2 Nr. 9, Abs. 3 SGB XII. Zudem sei eine Benachteiligung des Klägers gegenüber Personen, die in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung eine Ausbildung erhielten, nicht ersichtlich.
Der Kläger legte am 08.09.2006 Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.09.2006 ein und begründete diesen mit Schreiben vom 13.10.2006. Die Vorschrift des § 92 SGB XII sei anwendbar; zudem verstoße die Leistungsablehnung gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2008 wies die Regierung von Oberbayern den Widerspruch des Klägers zurück. Anzuwenden sei die Vorschrift des § 90 SGB XII. Ein Rückgriff auf andere Bestimmungen könne nicht erfolgen, weil die Hochschulhilfe als Hilfe eigener Art im Gesetz verankert sei.
Am 08.04.2008 hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben. Andere Studenten müssten ihr Vermögen nicht einsetzen, um einen behinderungsbedingten Bedarf auszugleichen. Der Kläger hat die laufenden Abrechnungen der Vereinigung Integrationsförderung (VIF) über die Mitschreibehilfe für die Zeit 10/06 bis 02/07, 04/07 bis 07/07, 10/07 bis 01/08 und 04/08 vorgelegt, woraus sich ein Gesamtrechnungsbetrag von 8.751,28 Euro ergibt. Der Kläger hat auch Kontoauszüge vorgelegt, denen sich die Begleichung dieser Rechnungen entnehmen lässt. In der mündlichen Verhandlung am 24.11.2009 hat der Bevollmächtigte des Klägers den Streitgegenstand ausdrücklich auf den Zeitraum bis 26.04.2008 begrenzt.
Mit Urteil vom 24. November 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Hochschulhilfe, weil er nicht hilfebedürftig gemäß § 90 SGB XII sei. Die Vorschrift des § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB XII sei nicht anwendbar. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG) liege nicht vor. Auf die Entscheidungsgründe wird im Übrigen verwiesen.
Am 17.12.2009 hat der Kläger gegen das Urteil Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, er müsse sein Vermögen nicht einsetzen. Die Vorschrift des § 92 Abs. 1 SGB XII sei nicht einschränkend, sondern weit auszulegen, um den in § 1 SGB XII niedergelegten Aufgaben der Sozialhilfe sowie den in § 1 SGB IX niedergelegten Grundsätzen der Rehabilitation und Teilhabe gerecht zu werden. In § 92 Abs. 2 SGB XII würden neben den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben insbesondere die Leistungen der Sozialhilfe vom Vermögenseinsatz ausgenommen, die der schulischen Ausbildung und der Berufsausbildung behinderter Menschen dienten. Hierzu gehöre auch eine Hochschulausbildung. Bei der Auslegung des § 92 Abs. 2 SGB XII sei der Vorrang der ambulanten vor den stationären Leistungen gemäß § 13 Abs. 1 SGB XII zu berücksichtigen. § 92 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII sei für den Kläger anzuwenden mit der Folge, dass auch der Besuch einer Hochschule Teil der Hilfe zur schulischen Ausbildung sei und damit erfasst werde (Lachwitz, Heidelberger Kommentar zum SGB IX Anhang II Rn. 63). Es sei dem Kläger nicht möglich, das gewählte Studium in einer besonderen Einrichtung für behinderte Menschen durchzuführen. Der eingeschlagene Ausbildungsweg sei durch Art. 12 GG geschützt. Auch § 92 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII sei anwendbar. Dort werde auf die Vorschriften des § 33 SGB IX verwiesen. Eine § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII vergleichbare Regelung sei nicht enthalten. Aber selbst wenn insoweit eine Bindung an die Rehabilitationsleistungen der Bundesagentur für Arbeit vorliegen würde, ändere dies nichts. Gemäß §§ 102 und 109 SGB III orientierten sich auch insoweit die Leistungen an § 33 SGB IX. Im Rahmen der Leistungen für behinderte Menschen seien Leistungen zum Besuch einer Hochschule nicht ausgeschlossen. Im Übrigen handele es sich bei § 33 Abs. 3 SGB IX um einen offenen Leistungskatalog ("insbesondere"). Die Auslegung des Sozialgerichts widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz und dem Diskriminierungsverbot. Der Kläger sei gegenüber nicht behinderten Studenten schlechter gestellt, weil er sein Vermögen für sein Studium einsetzen müsse. Dies sei ausschließlich in seiner Behinderung begründet, weil er ohne die Studienbegleitung nicht erfolgreich studieren könne. Darüber hinaus bestehe bei Zugrundelegung der Auslegung des SG eine Ungleichbehandlung gegenüber den behinderten Studenten, die ihre Ausbildung in einer besonderen Einrichtung absolvieren könnten. Der Gleichheitsgrundsatz sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt werde, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht beständen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Dies sei vorliegend der Fall. Der Kläger könne das von ihm gewählte Studium nicht in einer besonderen Einrichtung absolvieren. Er habe aber dennoch erheblichen Eingliederungshilfebedarf, der sich in der Studienbegleitung im Rahmen des Hochschulbesuchs verwirkliche. Die Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt.
Zur Begründung seiner Rechtsauffassung hat der Kläger auf die Kommentierung von Hohm (in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl., § 92 Rn. 13 und 17) verwiesen. Nur durch die dort postulierte weite Auslegung könnten die Benachteiligung des Klägers aufgrund seiner Behinderung beim Besuch der Universität und die damit verbundene Diskriminierung vermieden werden. Der Kläger erhalte die streitgegenständlichen Assistenzleistungen von der Vereinigung Integrationsförderung. Eine sachgerechte Auslegung des § 92 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII müsse daher dazu führen, dass diese behinderungsspezifische Hilfe den dort genannten Einrichtungen gleichgestellt werde. Die Kosten der Ausbildung in einer besonderen Einrichtung seien auch nicht um ein Vielfaches höher, wenn die Kosten der Unterbringung und Verpflegung nicht berücksichtigt würden. Eine andere Auslegung widerspreche den Zielen des SGB IX im Hinblick auf die gemeinsame Ausbildung behinderter und nicht behinderter Menschen sowie dem Vorrang der ambulanten Hilfe (Hohm, a.a.O., Rn. 21). Das bereits im Grundgesetz enthaltene Verbot der Diskriminierung behinderter Menschen werde nunmehr noch verstärkt durch das in Deutschland geltende Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Danach bestehe ein Recht auf Bildung ohne Diskriminierung auf allen Ebenen des Bildungssystems (Art. 24 UN-BRK).
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des SG vom 24. November 2009 und des Bescheides vom 07.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2008 zu verurteilen, dem Kläger im Rahmen der Hochschulhilfe die Kosten der Mitschreibhilfe ab dem ersten Semester (Wintersemester 2006/2007) bis 26.04.2008 auf der Grundlage der Abrechnungen der VIF e.V. zu erstatten,
hilfsweise,
den Beigeladenen zur Erbringung der o.g. Leistungen der Eingliederungshilfe zu verurteilen.
Der Beklagte und der Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hat zur Begründung seines Antrags ausgeführt, die Vorschrift des § 92 Abs. 2 SGB XII stelle eine wesentliche Durchbrechung des sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatzes dar. Die Vorschrift sei nicht weit auszulegen. Bei der Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuchs einer Hochschule handele es sich nicht um eine Leistung gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII, weil die hierzu erforderlichen Leistungen nicht in besonderen Einrichtungen für behinderte Menschen erbracht würden. Der Kläger studiere gemeinsam mit nicht behinderten Studenten an der L.-Universität in B-Stadt Geschichte. Nehme der behinderte Mensch an Ausbildungsmaßnahmen teil, die in gleicher Weise für nicht behinderte Menschen durchgeführt würden, handele es sich selbst dann nicht um eine besondere Einrichtung im Sinne des § 92 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII, wenn auf den behinderten Menschen besonders Rücksicht genommen werde. Eine Einschränkung des Grundrechtes aus Art. 12 GG sei nicht ersichtlich. Weiter handele es sich nicht um Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 SGB IX) im Sinne des § 92 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, wonach Leistungen der Eingliederungshilfe neben den Leistungen nach §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX insbesondere die Leistungen der Nrn. 1-5 seien. Unter Nr. 2 dieser Aufzählung finde sich wiederum aber die Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuchs einer Hochschule. Die Hochschulhilfe sei somit im Gesetz als eigenständige Hilfeart aufgeführt, so dass es keines Rückgriffs auf andere Bestimmungen bedürfe, die ein gleiches oder ähnliches Ziel verfolgten.
Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bzw. eine Benachteiligung des Klägers aufgrund seiner Behinderung sei nicht ersichtlich. Der Kläger werde im Vergleich zu stärker behinderten Menschen, die eine Ausbildung in einer besonderen Einrichtung absolvieren müssten, anders behandelt, weil für Eingliederungsleistungen, die der Kläger benötige, gerade nicht der Nachranggrundsatz hinsichtlich des eigenen Vermögens durchbrochen werde. Diese Differenzierung sei jedoch gerechtfertigt. Behinderte Menschen, die ihre Ausbildung in einer besonderen Einrichtung für behinderte Menschen absolvierten, litten unter weitaus größeren Einschränkungen bei der Absolvierung ihrer Ausbildung als der Kläger. Dies ergebe sich bereits aus der Tatsache, dass sie die von ihnen gewählte Ausbildung selbst mit der hierfür im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben möglichen Hilfestellung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt absolvieren könnten, sondern zur Absolvierung der Ausbildung der Hilfestellung in einer besonderen Einrichtung für behinderte Menschen bedürften. Die Kosten einer Ausbildung in einer solchen besonderen Einrichtung seien auch um ein Vielfaches höher als die Kosten einer vergleichbaren Ausbildung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Absolventen einer derartigen Ausbildung in einer solchen besonderen Einrichtung hätten überdies deutlich schlechtere Chancen, eine entsprechende Arbeitsstelle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden. Der Kläger hingegen werde auf Grund seiner sehr guten Ergebnisse in seinem Abitur deutlich mehr Möglichkeiten bei seiner Berufswahl und einer entsprechenden Ausbildung beziehungsweise einem entsprechenden Studium haben als andere behinderte Menschen. Er absolviere ein Studium der Geschichte, dessen Abschluss ihn aller Voraussicht nach zu einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt befähigen werde. Der Gesetzgeber habe im Rahmen des § 92 Abs. 2 SGB XII bewusst Privilegierungen geschaffen, die dem Nachrang der Sozialhilfe zuwiderliefen. Eine abschließende Einstandspflicht des Sozialhilfeträgers sei aber nicht ersichtlich. Daher sei es dem Kläger zuzumuten, zunächst sein eigenes Vermögen einzusetzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die beigezogenen Akten des Beklagten, der Widerspruchsbehörde und des ZBFS verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere nach §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 2 SGG).
Die Berufung ist nicht begründet, weil das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Klage ist zulässig; insbesondere ist sie als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) statthaft.
Die Klage ist jedoch weder im Haupt- noch im Hilfsantrag begründet, weil dem Kläger der geltend gemachte Anspruch weder gegen den Beklagten noch gegen den ab 01.01.2008 ggf. zuständigen Beigeladenen zusteht.
Gegenstand der Klage ist der Bescheid vom 07.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2008, mit welchem der Beklagte den Anspruch in vollem Umfang und zeitlich unbegrenzt abgelehnt hat.
Der Kläger begehrt nun vom Beklagten, hilfsweise von dem Beigeladenen, Hochschulhilfe in Form einer Mitschreibhilfe gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII i.V.m. §§ 13, 22 der Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) ab dem ersten Semester (Wintersemester 2006/2007) bis 26.04.2008. Die zeitliche Begrenzung ergibt sich aus dem Antrag des Klägers.
Der Kläger gehört auf Grund der an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit zum leistungsberechtigten Personenkreis des § 53 Abs. 1 SGB XII. Er ist körperlich dauerhaft wesentlich behindert (§ 1 Nr. 5 EinglHV). Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere Hilfen zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuchs einer Hochschule. Näher konkretisiert wird diese Hilfe in §§ 13, 22 EinglHV.
Der Bedarf des Klägers hinsichtlich der Mitschreibhilfe beläuft sich im streitgegenständlichen Zeitraum höchstens auf 8.751,28 Euro. Der Kläger hat durch die Vorlage von Rechnungen und Kontoauszügen im erstinstanzlichen Verfahren nachgewiesen, dass er Aufwendungen in dieser Höhe hatte. Ob diese Aufwendungen in vollem Umfang als Bedarf anzuerkennen sind, kann angesichts der folgenden Ausführungen offen bleiben.
Ein Leistungsanspruch des Klägers scheitert daran, dass die in § 19 Abs. 3 SGB XII normierten wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Aufbringung der Mittel aus seinem Vermögen ist ihm zuzumuten. Weder die Spezialvorschrift des § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII (dazu unter 1. und 2.) noch die allgemeinen Vorschriften des § 90 Abs. 2 und 3 SGB XII (dazu unter 3.) stehen der Verpflichtung des Klägers zum Einsatz seines Vermögens entgegen.
1. Die Nichtberücksichtigung des Vermögens ergibt sich nicht aus § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII. Danach sind die in § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII genannten Leistungen ohne Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu erbringen.
§ 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII lautet:
"Den in § 19 Abs. 3 genannten Personen ist die Aufbringung der Mittel nur für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten
1. bei heilpädagogischen Maßnahmen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind,
2. bei der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung einschließlich der Vorbereitung hierzu,
3. bei der Hilfe, die dem behinderten noch nicht eingeschulten Menschen die für ihn erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen soll,
4. bei der Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf oder zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit, wenn die hierzu erforderlichen Leistungen in besonderen Einrichtungen für behinderte Menschen erbracht werden,
5. bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 26 des Neunten Buches),
6. bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 des Neunten Buches),
7. bei Leistungen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen nach § 41 des Neunten Buches und in vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsstätten (§ 56),
8. bei Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen, soweit diese Hilfen in besonderen teilstationären Einrichtungen für behinderte Menschen erbracht werden."
Die streitgegenständlichen Leistungen können unter Berücksichtigung von Wortlaut und systematischem Zusammenhang der Tatbestände keiner der in § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII genannten Fallgruppen zugeordnet werden.
a) Die streitgegenständlichen Leistungen stellen keine Hilfen zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf im Sinne von § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB XII dar, weil der Besuch einer Hochschule keine schulische Ausbildung im Sinne dieser Vorschrift ist.
Diese Auslegung trägt dem unterschiedlichen Wortlaut von § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII einerseits und § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB XII andererseits Rechnung. § 54 Abs. 1 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII geht auf § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BSHG zurück. Dieser erhielt seine zuletzt geltende Fassung, die erstmals ausdrücklich den Besuch einer Hochschule nannte, durch Art. 15 Nr. 9 des Sozialgesetzbuchs - Neuntes Buch - (SGB IX) vom 19.06.2001 (BGBl. I 1046 ff.) mit Wirkung ab 01.07.2001. Durch Art. 15 Nr. 10 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa desselben Gesetzes wurde auch § 43 Abs. 2 Satz 1 BSHG - die Vorgängervorschrift von § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII - neu gefasst. In Nr. 4 dieser Vorschrift wurde auf eine schulische Ausbildung für einen angemessenen Beruf abgestellt, ohne dass der Besuch einer Hochschule erwähnt worden wäre.
Die weniger weitgehende Fassung von § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BSHG lässt sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm erklären. § 43 Abs. 2 BSHG wurde erstmals durch das Zweite Gesetz zur Änderung des BSHG vom 14.08.1969 (BGBl I 1153 ff.) in das BSHG eingefügt. Damit wurde ursprünglich das Ziel verfolgt, die Eltern behinderter Kinder von den Kosten der Eingliederungsmaßnahmen freizustellen, wenn die Maßnahmen der Schulbildung dieser Kinder dienten und die Kosten hierfür nicht von der Schulverwaltung übernommen wurden (BT-Drs. V/4429, S. 2). Dementsprechend war auch bis 30.06.2001 in § 43 Abs. 2 Satz 1 BSHG eine Altersgrenze, zuletzt von 21 Jahren, vorgesehen. Daraus wird ersichtlich, dass Studierende an Hochschulen nicht zu dem privilegierten Personenkreis gehören sollten. Durch die zum 01.07.2001 in Kraft getretene Novelle hat der Gesetzgeber zwar die Altergrenze aufgehoben, aber den Besuch einer Hochschule nicht in den Tatbestand aufgenommen.
Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich dabei um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers handelte. Die Neufassungen von § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BSHG und von § 43 Abs. 2 Satz 1 BSHG waren bereits Gegen-stand des ursprünglichen Entwurfs der Bundesregierung (vgl. BR-Drs. 49/01, S. 188-190). Sie waren also Teil eines einheitlichen Konzepts, das insoweit während des Gesetzgebungsverfahrens unverändert blieb. Indem der Gesetzgeber in § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BSHG die Wörter "einschließlich des Besuchs einer Hochschule" ausdrücklich einfügte, brachte er zum Ausdruck, dass die "Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf" als solche ein Hochschulstudium nicht einschließt. Daraus folgt, dass § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BSHG, in dem auf die ausdrückliche Einbeziehung des Hochschulbesuchs verzichtet wurde, eine Privilegierung von Studierenden an Hochschulen nicht vorsah. Diese Reglung wurde bei der Einführung des SGB XII inhaltlich unverändert übernommen.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII (§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BSHG) enthalte eine Legaldefinition, nach der die schulische Ausbildung im Sinne der Eingliederungshilfe auch ein Hochschulstudium umfasse und auf die § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB XII (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BSHG) Bezug nehme. Denn die ab 01.07.2001 geltende Fassung des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BSHG nimmt - anders als noch die bis 30.06.2001 geltende Fassung, in der der Klammerzusatz "(§ 40 Abs. 1 Nr. 4)" enthalten war - gerade nicht auf § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BSHG Bezug. Der Gesetzgeber hat also anlässlich der zum 01.07.2001 in Kraft getretenen Novellierung die bis dahin bestehende Bezugnahme gestrichen. Auch insoweit wurde bei Einführung des SGB XII keine inhaltliche Änderung vorgenommen. Anhaltspunkte für ein gesetzgeberisches Versehen liegen unter diesen Umständen nicht vor.
Unabhängig davon liegen die Voraussetzungen von § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB XII auch deshalb nicht vor, weil die erforderlichen Leistungen nicht in einer besonderen Einrichtung für behinderte Menschen erbracht werden. Besondere Einrichtungen für behinderte Menschen sind nur solche, die in ihrer Personal- oder Sachausstattung zumindest teilweise auf die Ausbildung behinderter Menschen zugeschnitten sind (Lippert, in: Mergler/Zink, SGB XII, Stand September 2011, § 92 Rn. 22). Nimmt der behinderte Mensch an Ausbildungsmaßnahmen teil, die in gleicher Weise für nicht behinderte Auszubildende durchgeführt werden, handelt es sich auch dann nicht um eine besondere Einrichtung im Sinne der Nr. 4, wenn auf den behinderten Menschen besonders Rücksicht genommen wird (Lippert, a.a.O.). Allgemein genutzte Einrichtungen wie Schulen und Ausbildungsstätten reichen nicht aus (Lücking, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand August 2011, § 92 Rn. 14).
Die L.-Universität B-Stadt (L.) stellt keine besondere Einrichtung für behinderte Menschen dar. Sie ist vielmehr eine allgemein genutzte Hochschule, deren Angebot weit überwiegend von nicht behinderten Studierenden wahrgenommen wird. Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die L. etwa einen PC mit Sonderausstattung für Sehbehinderte und in mehreren großen Hörsälen ein Infrarot Stereo Hörsystem für hörbehinderte Studierende mit Hörgerät oder Cochleaimplantat anbietet (Quelle: Internetauftritt der L., Informationsblatt für Behinderte und chronisch Kranke). Denn diese Angebote führen nicht dazu, dass ein Teil der L. speziell auf die Ausbildung behinderter Menschen zugeschnitten wäre. So verhielte es sich etwa, wenn bestimmte Studiengänge bzw. -abschnitte oder bestimmte Räume ausschließlich behinderten Menschen vorbehalten wären. So liegt der Fall jedoch nicht. Die Angebote der L. für behinderte Menschen dienen vielmehr dazu, die gemeinsame Wahrnehmung von Studienangeboten durch behinderte und nicht behinderte Studierende zu ermöglichen. Wo jedoch behinderte und nichtbehinderte Menschen gemeinsam studieren (Inklusion), besteht gerade keine besondere Einrichtung für behinderte Menschen.
Selbst wenn - entgegen der dargelegten Auffassung des Senats - die L. teilweise als besondere Einrichtung für behinderte Menschen zu betrachten wäre, könnte der Kläger sich nicht auf § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB XII berufen. Denn sein Studium fand gerade nicht in dem "Teil" der L. statt, der auf die Ausbildung behinderter Menschen zugeschnitten ist. Er hat die Angebote der L. für Hörgeschädigte nicht in Anspruch genommen; anderenfalls hätte er nämlich die streitgegenständliche Mitschreibhilfe nicht benötigt. Der Kläger hat vielmehr an Lehrveranstaltungen teilgenommen, die in gleicher Weise für nicht behinderte Studierende durchgeführt werden.
b) Der Kläger begehrt weiter keine Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit im Sinne von § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB XII. Eine solche Tätigkeit muss sich von einem "angemessenen Beruf" im Sinne der ersten Alternative der Vorschrift unterscheiden. Damit sollen Fälle erfasst werden, in denen die Behinderung einer Person keine Tätigkeit ermöglicht, die als Beruf bezeichnet werden kann (vgl. § 13a EinglHV). Dies trifft auf die vom Kläger angestrebte akademische Tätigkeit nicht zu.
c) Auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 SGB XII) liegen nicht vor. Das SG hat zutreffend auf § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII hingewiesen, wonach die Leistungen denen der Bundesagentur für Arbeit entsprechen, also durch den dort geregelten Leistungsumfang gedeckelt sind. Da das SGB III keine Vorschriften enthält, die die Förderung eines Hochschulstudiums ermöglichen, kommt eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht in Betracht. Aus §§ 102 und 109 SGB III (in der ab 01.07.2001 geltenden Fassung des Sozialgesetzbuchs - Neuntes Buch - [SGB IX] vom 19.06.2001, BGBl. I 1046 ff.) ergibt sich nichts anderes. Diese Vorschriften waren Teil des Unterabschnitts "Besondere Leistungen". § 102 Abs. 1 Satz 1 SGB III lautete
"Die besonderen Leistungen sind anstelle der allgemeinen Leistungen insbesondere zur Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung einschließlich Berufsvorbereitung sowie blindentechnischer und vergleichbarer spezieller Grundausbildungen zu erbringen, wenn ...".
Das Gesetz knüpfte also auch hier an den Begriff der beruflichen Aus- und Weiterbildung an. Die berufliche Ausbildung war in § 60 SGB III definiert; diese Definition schloss ein Hochschulstudium nicht ein. Auch der Begriff der beruflichen Weiterbildung umfasste nach § 85 Abs. 4 Nr. 1 SGB III ein Hochschulstudium nicht.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass die besonderen Leistungen "insbesondere" zur Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu erbringen waren, dass also auch andere Zwecke in Betracht kamen. Allerdings liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Gesetzgeber mit dieser Fassung die systemwidrige Ausweitung des Anwendungsbereichs des SGB III auf die Förderung von Hochschulstudien bezweckt hat.
d) Eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation (§ 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB XII) kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil diese Leistungen nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII durch den Umfang möglicher Leistungen nach dem SGB V gedeckelt sind. Das SGB V sieht Leistungen zur Förderung eines Hochschulstudiums nicht vor.
e) Die zitierte Auffassung von Hohm (a.a.O., Rn. 13 und 17), wonach frühere Ergänzungen des in § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII enthaltenen Katalogs eine weite Auslegung der Katalogtatbestände erzwingen, stützt den Rechtsstandpunkt des Klägers nicht.
Der vorliegend entscheidende § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII, der die Nichtberücksichtigung von Vermögen vorschreibt, war nämlich im BSHG nicht enthalten; er trat erst zum 01.01.2005 als Teil des SGB XII in Kraft. Seit 2005 hat der Gesetzgeber den Katalog des § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII nicht erweitert, obwohl zahlreiche Änderungsgesetze zum SGB XII ergangen sind. Dies bedeutet, dass sich ein Wille des Gesetzgebers, die Zahl der vermögensunabhängig zu gewährenden Leistungen zu erhöhen, seit der Einführung von § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII zu keinem Zeitpunkt belegen lässt.
Unabhängig davon kann aus Gesetzesänderungen, mit denen ein Ausnahmetatbestand erweitert wird, nicht der Schluss gezogen werden, dass dieser Tatbestand künftig weit auszulegen ist. Vielmehr zeigt der Gesetzgeber gerade durch die Vornahme von ausdrücklichen Erweiterungen, dass er diese nicht der Rechtsprechung überlässt, sondern sich selbst vorbehält. Gegen eine weite Auslegung sprechen auch methodische Gesichtspunkte. Ausnahmetatbestände wie § 92 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII, mit denen der in § 19 Abs. 3 SGB XII normierte Grundsatz des Einkommens- und Vermögenseinsatzes eingeschränkt wird, sind ihrem Wesen nach eng auszulegen (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, Rn. 22 m.w.N.). Der Senat schließt sich daher der Auffassung an, dass § 92 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII restriktiv auszulegen ist (Lücking, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand 8/2011, § 92 Rn. 13; Lippert, in: Mergler/Zink, SGB XII, Stand 8/2007, § 92 Rn. 15).
Auch das BSG hat in seinem Urteil vom 19.05.2009 (B 8 SO 32/07 R, Rn. 26; im Streit waren Leistungen für Hörgerätebatterien) festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII nicht vorlagen, ohne eine mögliche erweiternde Auslegung oder gar eine Verfassungswidrigkeit zu erörtern.
2. § 92 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII verstoßen nicht dadurch gegen Art. 3 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz (GG), dass sie es im Hinblick auf die vom Kläger begehrte Mitschreibhilfe bei dem Grundsatz des Vermögenseinsatzes belassen.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG, Beschluss vom 18.07.2012, 1 BvL 16/11, Rn. 39 m.w.N.). Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG konkretisiert das Gebot der Gleichbehandlung dahingehend, dass eine Behinderung nicht als Anknüpfungspunkt für eine - benachteiligende - Ungleichbehandlung dienen darf (BVerfG, Beschluss vom 08.10.1997, 1 BvR 9/97, Rn. 67 m.w.N.). Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit kommt dem Gesetzgeber für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 09.11.2011, 1 BvR 1853/11, Rn. 10 m.w.N.).
Vorliegend befindet sich ein Aspekt der gewährenden Staatstätigkeit im Streit. Der Kläger behauptet eine verfassungsrechtliche Verpflichtung der öffentlichen Hand, für die Kosten einer Mitschreibhilfe aufzukommen, ohne zunächst den Einsatz vorhandenen Vermögens nach den allgemeinen Vorschriften in §§ 19 Abs. 3, 90 SGB XII zu verlangen. Der Verzicht auf das Erfordernis des Vermögenseinsatzes stellt einen Akt der Gewährung dar. Dementsprechend kommt dem Gesetzgeber bei der Abgrenzung der begünstigten Personengruppen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Ein solcher ist vor allem deshalb geboten, weil der gewährende Gesetzgeber in einem Spannungsfeld unterschiedlicher Forderungen nach Gleichbehandlung agiert, denen er schon aus Gründen der Logik nicht gleichermaßen entsprechen kann. Hätte der Gesetzgeber etwa für Fälle wie denjenigen des Klägers die Privilegierung des § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII vorgesehen, so wäre der Kläger mit den übrigen von dieser Vorschrift privilegierten Personen gleichgestellt. Gleichzeitig und unvermeidlich aber wäre eine neue Ungleichbehandlung entstanden, weil der Kläger nun aus dem Kreis der übrigen Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII - etwa von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder von Hilfe zur Pflege - herausgehoben wäre. Auch diese Personen befinden sich - meist unverschuldet - in existenziell problematischen Situationen, für die der Gesetzgeber steuerfinanzierte Fürsorgeleistungen vorgesehen hat. Bevor sie diese aber in Anspruch nehmen können, müssen sie nach Maßgabe von § 90 SGB XII ihr Vermögen einsetzen. Den Kläger gegenüber diesen Personen zu bevorzugen, ist jedenfalls nicht verfassungsrechtlich zwingend.
Der gewährende Gesetzgeber muss also stets eine Mehrzahl von Relationen zwischen Personengruppen berücksichtigen. Diese Relationen zu verändern und Personengruppen - auch neu - zu definieren, die Vergünstigungen erhalten, gehört zum Wesen der Sozialpolitik. Diese ist nicht bis in die Einzelheiten verfassungsrechtlich determiniert; vielmehr gibt die Verfassung einen Rahmen vor, in dem der einfache Gesetzgeber das Recht hat, eigenverantwortlich zu gestalten und dabei entsprechend der politischen Überzeugung der jeweiligen Mehrheiten in den gesetzgebenden Organen auch wechselnde Schwerpunkte zu setzen.
Der Gesetzgeber hat seinen Spielraum im konkreten Fall nicht überschritten, weil bestehende Ungleichbehandlungen durch Sachgründe gerechtfertigt sind.
a) Gegenüber dem Personenkreis der nicht behinderten Studierenden wird der Kläger durch die Verpflichtung zum Vermögenseinsatz nicht auf Grund seiner Behinderung benachteiligt. Der Kläger macht geltend, eine Ungleichbehandlung liege darin, dass er Mittel für die Mitschreibhilfe aufwenden müsse, die nicht behinderte Studierende ansparen oder anderweitig verwenden könnten, weil bei ihnen der entsprechende Bedarf nicht bestehe. Der Kläger sieht sich also nicht durch eine bestehende gesetzliche Regelung diskriminiert, sondern durch das Fehlen einer Regelung, die eine rein faktische Benachteiligung ausgleicht. Solche Bevorzugungen mit dem Ziel einer Angleichung der Verhältnisse von Nichtbehinderten und Behinderten sind im Anwendungsbereich von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG erlaubt, allerdings nicht ohne weiteres auch verfassungsrechtlich geboten (BVerfG, Beschluss vom 08.10.1997, 1 BvR 9/97, Rn. 68). Vorliegend ist die von dem Kläger begehrte Bevorzugung schon deshalb nicht verfassungsrechtlich geboten, weil sie nicht erforderlich ist, um ihm den Zugang zu dem gewünschten Studium zu ermöglichen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 69, wo auf einen Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt abgestellt wird). Der Kläger hatte im streitgegenständlichen Zeitraum die Möglichkeit, das Studium aufzunehmen und die Mitschreibhilfe selbst zu finanzieren. Sein Anliegen geht also dahin, tatsächlich zur Verfügung stehende finanzielle Mittel nicht zum Erreichen seines Bildungsziels einsetzen zu müssen. Ihm dies zu ermöglichen, ginge deutlich über die Angleichung der Verhältnisse von Nichtbehinderten und Behinderten hinaus und würde eine Besserstellung des Klägers gegenüber einer nicht unerheblichen Zahl nicht behinderter Studierender bedeuten. Denn auch diese sehen sich beim Erreichen ihrer Bildungsziele vielfach - unverschuldet - Hindernissen gegenüber, zu deren Überwindung die vorhandenen finanziellen Mittel eingesetzt werden müssen; teilweise erweist es sich für Studierende sogar als notwendig, zeitraubende und fachfremde Erwerbstätigkeiten aufzunehmen, um die erforderlichen finanziellen Mittel zu erlangen. Allein der Umstand, dass im Fall des Klägers eine Behinderung die Ursache für den Rückgriff auf Ersparnisse ist, zwingt aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht dazu, ihn gegenüber Studierenden zu bevorzugen, die wegen anderer widriger Lebensumstände auf ihre Ersparnisse zurückgreifen müssen.
b) Auch gegenüber dem Personenkreis der behinderten Menschen, die nach
§ 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII Anspruch auf bestimmte Leistungen haben, ohne dass ihr Vermögen zu berücksichtigen wäre, wird der Kläger nicht verfassungswidrig benachteiligt. Die Ungleichbehandlung ist insoweit durch die wesentliche Verschiedenheit der Sachverhalte gerechtfertigt. Menschen, die ein Hochschulstudium absolvieren, haben im Regelfall bessere Chancen auf ein überdurchschnittliches Einkommen als solche, die von einem Hochschulstudium absehen. Dies gilt unter behinderten Menschen ebenso wie unter nicht behinderten Menschen, auch wenn solche Erwartungen nicht in jedem Einzelfall erfüllt werden. Damit haben behinderte Studierende auch günstigere Aussichten als andere behinderte Menschen, Einbußen an ihrem Vermögen, die während der Studienzeit bzw. Ausbildungszeit eintreten, durch ihr späteres Einkommen auszugleichen. Auf diesen Umstand durfte der Gesetzgeber typisierend abstellen.
3. Die Bank- und Bausparguthaben des Klägers sind nach § 90 SGB XII i.V.m. der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII einzusetzen. § 90 SGB XII lautet:
§ 90 Einzusetzendes Vermögen
(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.
(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung
1. eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2. eines Kapitals einschließlich seiner Erträge, das der zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des § 10a oder des Abschnitts XI des Einkommensteuergesetzes dient und dessen Ansammlung staatlich gefördert wurde,
3 ...
4. eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5. von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6 ...
7 ...
8 ...
9. kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen.
(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.
Der Kläger verfügte, wie er selbst im Verwaltungsverfahren angegeben und belegt hat, zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums über Bank- und Bausparguthaben in Höhe von etwa 18.700,00 Euro. Diese Guthaben stellten verwertbares Vermögen im Sinne von § 90 Abs. 1 SGB XII dar. Sie standen dem Kläger rechtlich und tatsächlich zur Verfügung und konnten zur Deckung des streitgegenständlichen Bedarfs verwendet werden. Dies belegt der tatsächliche Verlauf der Ereignisse. Nachdem der Beklagte den Antrag des Klägers abgelehnt hatte, hat dieser einen Teil seines Vermögens zur Deckung des streitgegenständlichen Bedarfs verwendet.
Die Bank- und Bausparguthaben des Klägers zählten nicht zum Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 SGB XII. Insbesondere handelte es sich nicht um kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte im Sinne von § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII.
Die Höhe der geschonten kleineren Barbeträge richtet sich nach der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII. Für Leistungen der Eingliederungshilfe an Personen, die weder in einer Ehe oder Lebenspartnerschaft leben noch minderjährig sind, legt § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b der zitierten Verordnung fest, dass ein kleinerer Barbetrag im Sinne des Gesetzes sich grundsätzlich auf höchstens 2.600,00 Euro beläuft. Das Vermögen des Klägers überstieg diesen Betrag während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums. Auch nach der am 21.05.2008 vorgenommenen Bezahlung der streitgegenständlichen Rechnung der VIF e.V. für April 2008 verfügte der Kläger jedenfalls noch über Guthaben im Umfang von 3.037,50 Euro (Konto bei der Raiffeisenbank B-Stadt-Nord 1.428,13 Euro, Sparkonto bei der Sparda-Bank 116,08 Euro, HUK-Bausparkasse 1.493,29 Euro). Die Überzeugung des Senats beruht insoweit auf den Kontoauszügen, die der Kläger im Rahmen seines Folgeantrags im Mai 2008 vorgelegt hat, auf dem Kontoauszug vom 26.05.2008, den der Kläger im Verfahren vor dem SG vorgelegt hat, und auf der entsprechenden Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 09.08.2012.
Ein Anspruch auf Erhöhung des Freibetrages nach § 2 Abs. 1 der zitierten Verordnung steht dem Kläger nicht zu. Eine angemessene Erhöhung ist geboten, wenn im Einzelfall eine besondere Notlage besteht. Bei der Prüfung, ob eine solche besondere Notlage vorliegt und in welchem Umfang der Freibetrag gegebenenfalls zu erhöhen ist, sind gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 der zitierten Verordnung vor allem Art und Dauer des Bedarfs sowie besondere Belastungen zu berücksichtigen. Aus Art und Dauer des Bedarfs des Klägers ergeben sich keine Gesichtspunkte, die eine besondere Notlage begründen könnten. Auch eine besondere Belastung des Klägers liegt nicht vor. Sie ergibt sich insbesondere weder aus seiner Behinderung noch aus dem Umstand, dass er ein Hochschulstudium absolviert. Auch das Anliegen, finanzielle Rücklagen für etwaige Zeiten der Arbeitssuche zu bilden, begründet keine besondere Notlage.
Der Einsatzpflicht steht auch § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII nicht entgegen. Danach darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde. Eine Härte liegt vor, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles eine typische Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation wird, weil die soziale Stellung des Hilfesuchenden insbesondere wegen einer Behinderung, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nachhaltig beeinträchtigt ist (BSG, Urteil vom 11.12.2007, B 8/9b SO 20/06 R, juris Rn. 15). Anhaltspunkte für einen derartigen Fall sind nicht ersichtlich. In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob der Einsatz eines Vermögens, das aus Mitteln eines Stipendiums der Studienstiftung des deutschen Volkes angespart worden ist, eine Härte darstellt. Denn das Vermögen des Klägers überstieg auch ohne Berücksichtigung dieser Mittel noch am Ende des streitgegenständlichen Zeitraums den Freibetrag von 2.600,00 Euro. Der Kläger hat seinem Folgeantrag vom 27.04.2008 eine Aufstellung vom 21.04.2008 beigefügt, nach der - nach Abzug des Freibetrages - noch 766,67 Euro zur Finanzierung der Mitschreibhilfe zur Verfügung standen. Im Mai 2008 hat er entsprechende Kontoauszüge vorgelegt, denen die angegebenen Kontostände (1.757,30 Euro [Stand 21.04.2008], 116,08 Euro und 1.493,29 Euro) zu entnehmen sind. In dem Gesamtsaldo von 766,67 Euro (3.366,67 Euro - 2.600,00 Euro) waren die Mittel, die der Kläger von der Studienstiftung des deutschen Volkes erhalten hatte, nicht enthalten. Der Kläger hat diese Beträge gesondert auf einem Girokonto bei der Kreissparkasse B-Stadt verwaltet. Dieses Konto hat er bei der Aufstellung vom 21.04.2008 nicht berücksichtigt. Auch dies wird durch Kontoauszüge belegt, die der Kläger dem Beklagten im Mai 2008 vorgelegt hat. Die Rechnungen der VIF e.V., die den streitgegenständlichen Zeitraum betrafen, hat der Kläger nicht von diesem Konto beglichen. Dies wird durch die Kontoauszüge belegt, die der Kläger im Verfahren vor dem SG vorgelegt hat.
Auch aus § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII ergibt sich nichts anderes. Die angemessene Lebensführung des Klägers wird durch den Vermögenseinsatz ebenso wenig erschwert wie die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung. Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum bei seinen Eltern gewohnt; offensichtlich hat er von ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in auskömmlichem Umfang erhalten. Eine Alterssicherung hatte der im streitgegenständlichen Zeitraum 20- bis 22jährige Kläger nicht aufgebaut. Er hat vielmehr angestrebt, seine Alterssicherung durch eine spätere berufliche Tätigkeit aufzubauen.
Zusammenfassend hat damit kein Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe in Form von Hochschulhilfe im streitgegenständlichen Zeitraum bestanden.
Eine Auseinandersetzung mit der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen kann unterbleiben, weil diese Konvention in Deutschland erst am 26.03.2009 und damit nach dem Ende des streitgegenständlichen Zeitraums in Kraft getreten ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
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