Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 LW 10/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 LW 21/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 LW 8/14 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Gegen die Regelung des § 92 Abs. 6 ASLG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 16. März 2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Hinterbliebenenrente sowie der Altersrente für Landwirte.
Der 1941 geborene Kläger erhielt ab 01.02.1996 zunächst Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Im Mai 2005 übergab er seinen landwirtschaftlichen Betrieb seiner Tochter. Nach Vollendung des 65. Lebensjahres gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 22.08.2006 ab 01.07.2006 Altersrente an Landwirte nach § 11 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).
Seine 1951 geborene Ehefrau, mit der der Kläger seit dem 02.03.1973 verheiratet war, bezog vom 01.04.1995 bis zu ihrem Tod am 02.04.2009 Erwerbsminderungsrente. Sie hat vom 01.01.1995 bis 31.03.1995 3 Monate an Beiträgen zur Beklagten gezahlt. Bei der Höhe der Erwerbsminderungsrente wurden diese 3 Beiträge sowie 262 Kalendermonate mit "zugesplitteten" Beiträgen für die Zeit vom März 1973 bis Dezember 1994 nach § 92 Abs. 1, 2 ALG und 161 Kalendermonate Zurechnungszeit angerechnet.
Nach dem Tod seiner Ehefrau 2009 beantragte der Kläger die Gewährung von Witwerrente. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 05.05.2009 zunächst mit der Begründung ab, dass die Verstorbene insgesamt nur drei Monate anrechenbare Beiträge als Landwirt entrichtet habe (01.01.1995 bis 31.03.1995). Zusplittungszeiten, die der Verstorbenen angerechnet worden seien, könnten nach § 92 Abs. 6 ALG bei einer Witwerrente nicht berücksichtigt werden, wenn die Zusplittung aus dessen eigenen Beiträgen erfolgen würde.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und wies auf die von seiner Ehefrau zurückgelegten Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung hin.
Die Beklagte teilte daraufhin dem Kläger mit Schreiben vom 28.05.2009 und auch telefonisch mit, dass aufgrund der Zeiten bei der gesetzlichen Rentenversicherung ein Anspruch auf Witwerrente zwar bestehen würde. In der Folge müsste jedoch der in der Altersrente des Klägers enthaltene Zuschlag um diesen Betrag gekürzt werden. Im Ergebnis würden beide Renten nebeneinander gezahlt, es würde sich jedoch kein finanzieller Vorteil für ihn ergeben. Er wurde um Mitteilung gebeten, ob weiterhin Witwerrente gewünscht werde.
Der Kläger bat dennoch um Abhilfe seines Widerspruchs.
Daraufhin gewährte die Beklagte dem Kläger in Abhilfe des Widerspruchs mit Bescheid vom 14.07.2009 eine Hinterbliebenenrente ab 01.05.2009 in Höhe von netto 1,69 EUR.
Zugleich wurde mit einem weiteren Bescheid vom 14.07.2009 der Bescheid vom 22.08.2006 über die Gewährung der Altersrente nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X teilweise aufgehoben. Ab 01.05.2009 werde die Altersrente neu berechnet; die Steigerungszahl des Zuschlags werde auf die Steigerungszahl 0,7398 gemindert. Die Rente betrage laufend netto 357,36 EUR (statt vorher 359,06 EUR). Infolge der Änderung der Leistungshöhe ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 8,34 EUR. Dieser zurückgeforderte Betrag werde mit der laufenden monatlichen Leistung aufgerechnet. Bei dem gegebenen Sachverhalt könne die Alterskasse keine Gründe feststellen, die einer rückwirkenden Aufhebung des Rentenbescheides entgegenstünden. Die Rückforderung bedeute insbesondere keine über das normale Maß hinausgehende Härte.
Gegen die beiden Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein.
Bei der Höhe der Hinterbliebenenrente sei unberücksichtigt geblieben, dass für die Ehefrau in der Zeit vom 01.03.1973 bis 31.12.1994 bereits 262 Monate Versicherungszeiten als Ehegattin eines landwirtschaftlichen Unternehmers anerkannt worden seien.
Bezüglich der Altersrente sei keine Anspruchsgrundlage ersichtlich, dass die Gewährung einer Hinterbliebenenrente gleichzeitig dazu führe, dass die Altersrente neu zu berechnen sei. Im Übrigen sei zugleich mit der falschen Berechnung der Hinterbliebenenrente von einer falschen Berechnung der Altersrente auszugehen.
Die Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2009 zurückgewiesen.
Für die Zusplittungszeiten seien von der verstorbenen Ehefrau keine Beiträge entrichtet worden; sie könnten nach § 92 Abs. 6 ALG bei einer Witwerrente für den Landwirt, dessen Beitragsjahre dem verstorbenen Ehegatten anzurechnen gewesen seien, nicht nach § 92 Abs. 1 ALG zugesplittet werden.
Treffe in der Alterssicherung der Landwirte eine Rente mit Zuschlag mit einer weiteren Rente ohne Zuschlag zusammen, sei der Zuschlag gemäß § 97 Abs. 6 Satz 2 ALG um den Betrag der weiteren Rente zu mindern.
Mit der Klage beim Sozialgericht Nürnberg (SG) hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers vorgetragen, dass § 92 Abs. 6 ALG wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht verfassungsgemäß sei. § 92 Abs. 6 ALG schließe die Anwendung der Absätze 1 und 3 aus, wenn eine Witwen- oder Witwerrente oder Überbrückungsgeld für den Landwirt, dessen Beitragsjahre dem verstorbenen Ehegatten nach den Absätzen 1 und 3 anzurechnen gewesen sind, festzustellen sei. Da jedoch § 92 Abs. 6 ALG lediglich die Anwendung der Absätze 1 und 3 ausschließe, nicht jedoch auch die des Absatzes 4, enthalte die Regelung des § 92 Abs. 6 ALG eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung gegenüber denjenigen, die die Voraussetzungen des § 92 Abs. 4 ALG erfüllen würden. Im Fall des
§ 92 Abs. 4 ALG würden Zeiten in die Berechnung eingerechnet, obwohl keine Beiträge hierzu erfolgt seien. Eine Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich.
Damit sei auch der Bescheid über die Altersrente rechtswidrig, da dieser die unzutreffenden Ergebnisse und Beträge der Hinterbliebenenrente zugrunde legen würde.
Die Klage ist mit Urteil vom 16.03.2011 abgewiesen worden. Die Beklagte habe die Vorschriften des ALG, insbesondere des § 92 Abs. 6 ALG korrekt angewandt. Der Argumentation der Klägerseite bezüglich einer Ungleichbehandlung könne das Gericht nicht folgen. Die Abs. 1 und 3 des § 92 ALG beträfen einen anderen Personenkreis als Abs. 4 dieser Vorschrift. Die Ehegatten eines Landwirts seien nicht mit mitarbeitenden Familienangehörigen vergleichbar. Abgesehen davon, dass der Ehegatte eines Landwirts nicht zwingend in der Landwirtschaft mitarbeite, führe auch der Tod eines mitarbeitenden Familienangehörigen im Sinne des § 92 Abs. 4 ALG in aller Regel nicht zu einer Hinterbliebenenrente für den Landwirt. Es könne daher nicht die Rede davon sein, dass hier "wesentlich Gleiches" willkürlich ungleich behandelt werde.
Die Neuberechnung der Altersrente sei aufgrund der ab 01.05.2009 gewährten Witwerrente notwendig geworden.
Gegen das am 10.06.2011 zugestellte Urteil ist am Montag, den 11.07.2011, Berufung eingelegt worden.
Der Kläger hat zur Begründung weiterhin vorgetragen, dass § 92 Abs. 6 ALG verfassungswidrig sei. Das SG gehe rechtsirrig davon aus, dass die Absätze 1 und 3 einen anderen Personenkreis als Absatz 4 beträfen und die Ehegatten eines Landwirts nicht mit mitarbeitenden Familienangehörigen vergleichbar seien.
Sowohl Familienangehörige eines Landwirts als auch Ehegatten eines Landwirts befänden sich im nahen, persönlichen und räumlichen Umfeld des Landwirts und stünden daher prinzipiell im direkten Kontakt mit der geführten Landwirtschaft. Es gebe auch keinen Erfahrungssatz, dass mitarbeitende Familienangehörige zwingend, Ehegatten jedoch nicht zwingend in der Landwirtschaft mitarbeiten würden. Im Übrigen knüpfe § 92 Abs. 6 ALG nicht an die Voraussetzung einer Mitarbeit an, § 92 Abs. 4 ALG hingegen schon. Auch das weitere Argument des SG greife nicht: die Formulierung, wonach "in aller Regel" der Tod eines mitarbeitenden Familienangehörigen nicht zu einer Hinterbliebenenrente führe, zeige, dass es auch Fälle gebe, in denen es nicht so sei.
Die Beklagte hat erklärt, dass es nur folgerichtig sei, wenn Beiträge des Landwirts vor dem 01.01.1995 (dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Agrarsozialreformgesetzes 1995 - ASRG), die dem Ehegatten fiktiv zugerechnet worden seien, für den Landwirt nicht nochmals bei der Hinterbliebenenrente Berücksichtigung finden würden. § 92 Abs. 4 ALG regele die fiktive Beitragsanrechnung von mitarbeitenden Familienangehörigen, einem ganz anderen Personenkreis (vgl. § 1 Abs. 8 ALG). Der Ehegatte sei nicht mitarbeitender Familienangehöriger im Sinne des Gesetzes.
Die Beklagte hat Änderungsbescheide vom 09.08.2011 und 29.08.2011 übersandt. Damit ist zum einen die Hinterbliebenenrente wegen einer zunächst fehlerhaften Berechnung noch einmal zugunsten des Klägers geändert worden, da bei der Hinterbliebenenrente zusätzlich eine Zurechnungszeit bis zum 31.12.2011 (60. Lebensjahr der Verstorbenen) berücksichtigen worden ist. Anstelle von zuletzt 1,90 EUR beträgt die Hinterbliebenenrente danach 68,44 EUR brutto (netto 61,50 EUR). Es hat sich eine Nachzahlung von 1777,04 EUR ergeben.
Die Altersrente ist in der Folge ebenfalls neu festgesetzt worden (Bescheid vom 29.08.2011). Der Zuschlag fällt danach komplett weg. An Stelle von zuletzt 400,19 EUR brutto beträgt die Altersrente nun 390,81 EUR brutto. Es wird erklärt, dass sich infolge der Änderung der Leistungshöhe eine Überzahlung in Höhe von 239,19 EUR ergebe. Dieser Betrag werde mit der laufenden monatlichen Leistung aufgerechnet.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die strittige Anrechnung der Zusplittungsbeträge für die Zeit vom März 1973 bis Dezember 1994 von diesen Änderungen nicht betroffen sei.
In der mündlichen Verhandlung vom 24.06.2014 hat die Prozessbevollmächtigte erklärt, dass sie die unterlassene Zusplittung der Ehegattenbeiträge bei der Hinterbliebenenrente weiterhin nicht für rechtens halte. An der Rechtmäßigkeit der Änderungsbescheide vom 09.08.2011 und 29.08.2011 bestünden im Übrigen keine Zweifel.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie des gerichtlichen Verfahrens Bezug genommen.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 16.03.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 14.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.10.2009 zu verurteilen, dem Kläger unter Weitergewährung der ungekürzten Altersrente eine Hinterbliebenenrente unter Einbeziehung der seiner Ehefrau in der Zeit vom 11. März 1973 bis 31. Dezember 1994 zugerechneten Versicherungszeit zu zahlen.
Die Vertreterin der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie des gerichtlichen Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Die Bescheide vom 09.08.2011 und vom 29.08.2011 sind nach §§ 153, 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden. Sie sind jedoch ausdrücklich streitlos gestellt worden.
1. Hinterbliebenenrente
Der Bescheid vom 14.07.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.10.2009 und des Bescheids vom 09.08.2011 über die Hinterbliebenenrente nach § 14 ALG ist rechtmäßig.
Die Voraussetzungen zum Erhalt der Witwerrente nach § 14 ALG sind unstrittig gegeben. Die Beklagte hat auf die fünfjährige Wartezeit 66 Beitragsmonate zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 17 Abs.1 Satz 2 ALG angerechnet. Der Kläger hatte
das 45. Lebensjahr am 25.06.1986 vollendet und im Mai 2005 den landwirtschaftlichen Betrieb abgegeben.
Die Beklagte hat auch die Berechnungsvorschriften zutreffend angewandt:
Nach § 23 Abs. 1 ALG ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn
1. die Steigerungszahl
2. der Rentenartfaktor (vgl. für Witwerrente § 23 Abs. 6 Nr. 4 ALG: bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist = 1,0, anschließend nach § 104a ALG = 0,6 ) und
3. der allgemeine Rentenwert
mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden.
Die Steigerungszahl (Absatz 2) ergibt sich, indem die Anzahl der Kalendermonate mit
1. Beitragszeiten zu der Beklagten
2. einer Zurechnungszeit (§ 19 ALG) und
3. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen Erwerbsminderung, die mit einer Zurechnungszeit zusammentreffen, und der vor dem Beginn dieser Rente liegenden Zurechnungszeit mit dem nach Absatz 3 maßgebenden Faktor vervielfältigt wird.
Der nach Absatz 3 maßgebende Faktor beträgt
1. 0,0833 für mit Beiträgen als Landwirt oder freiwilligen Beiträgen belegte Zeiten, Zurechnungszeiten für Berechtigte, die zuletzt als Landwirt versichert waren, und Zeiten des Bezugs einer Rente an Landwirte, wenn ein Anspruch auf Rente an Landwirte oder deren Hinterbliebene besteht, sowie für mit Beiträgen als mitarbeitender Familienangehöriger belegte Zeiten, wenn ein Anspruch auf Waisenrente besteht,
2. 0,0417 für alle anderen Zeiten.
Bei der Steigerungszahl sind nur die Zeiten des verstorbenen Versicherten heranzuziehen (§ 23 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 ALG). Dazu gehören hier zunächst die 3 von der Verstorbenen tatsächlich gezahlten Beiträge. Daraus errechnete die Beklagte zutreffend die Steigerungszahl von 3 x 0,0833 = 0,2499.
Die sog. Zusplittungszeiten nach § 92 Abs. 1 ALG, hier von März 1973 bis Dezember 1994 (262 Monate), sind von der Beklagten zu Recht nicht berücksichtigt worden. § 92 Abs. 6 ALG regelt insoweit ausdrücklich, dass § 92 Abs. 1 und 3 nicht anzuwenden sind, wenn eine Witwerrente für den Landwirt gezahlt wird, dessen Beitragsjahre dem verstorbenen Ehegatten nach den Absätzen 1 und 3 anzurechnen gewesen sind.
Der Senat hat insoweit auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG wäre gegeben, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe anders behandeln würde als eine andere, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht vorliegen, die die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 109, 96 ; stRspr).
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist nach den Ausführungen der Klägerseite nicht erkennbar.
Insoweit werden schon die Vergleichsgruppen nicht klar benannt.
Es kann hier jedenfalls nicht um die Ungleichbehandlung von Ehegatten eines Landwirts (§ 1 Abs. 3 ALG) und mitarbeitenden Familienangehörigen (§ 1 Abs. 8 ALG) gehen, da deren Rechte hier gar nicht betroffen sind. Vielmehr könnte allenfalls ein Witwer eines Landswirtsehegatten (§ 14 Abs. 1 ALG) mit dem Witwer eines mitarbeitenden Familienangehörigen (§ 14 Abs. 3 ALG) verglichen werden.
Gerügt wird, dass § 92 Abs. 6 ALG nur die Anwendung der Absätze 1 und 3 ausschließe, nicht jedoch die des Absatzes 4. Sinn und Zweck der Regelung des Absatzes 6 ist es zu verhindern, dass Beitragszeiten des Landwirts, die dem Ehegatten zugesplittet worden sind, wiederum zur Begründung bzw. Erhöhung der Witwerrente für den Landwirt führen.
Ausgeschlossen wird also eine Doppelberücksichtigung von Zeiten, für die der Witwer selbst Beiträge gezahlt hat und die in seiner Altersrente berücksichtigt werden.
Diese Regelung ist angesichts der Entstehungsgeschichte und Systematik des Gesetzes nachvollziehbar:
Für die Ehegattin eines Landwirts bestand bis zum 31.12.1994 keine Beitragspflicht; daher hat sie in dieser Zeit auch keine eigenen Beiträge geleistet. Mit der Einführung der eigenständigen Sicherung und Versicherungspflicht der Ehegatten zum 01.01.1995 durch das Agrarsozialreformgesetz (ASRG) wurde in § 92 ALG vorgesehen, dass für die Zeit vor dem 01.01.1995 Beiträge des Unternehmer-Landwirts der Ehegattin "zugesplittet" werden. Dadurch konnten gleich mit In-Kraft-Treten des ASRG Leistungsansprüche der Ehegatten entstehen.
Eine Verdoppelung der Renten auf der Grundlage nur eines Beitragszahlers wäre allerdings nicht finanzierbar gewesen. Daher wurde etwa der Wert der zugesplitteten Zeiten mit der Regelung des § 100 ALG beschränkt - durch eine Begrenzung der Steigerungszahl. Der Gesetzgeber verfolgte das Ziel, dass der Rentenertrag für die zugesplitteten Zeiten nicht höher sein sollte als der Betrag, der als Verheiratetenzuschlag zur Rente des Landwirts bei unterstellter Fortgeltung des alten Rechts zu zahlen gewesen wäre (vgl. BTDrucks 12/7599, S. 17). Wie aus der früheren Regelung des § 4 Abs. 1 GAL ersichtlich ist, erhielt ein verheirateter Berechtigter um die Hälfte mehr als ein unverheirateter Berechtigter.
Es wurde auch geregelt, dass der Zuschlag der eigenen Rente des Landwirts neu berechnet wird, wenn eine Rente des (lebenden) Ehegatten hinzutritt. Hat auch ein Ehegatte Anspruch auf Rente, gilt der Landwirt nach dem am 31. Dezember 1994 geltenden Recht als unverheiratet (§ 97 Abs. 2 ALG) mit der Folge, dass der (ggf. bisher bezahlte) Ehegattenzuschlag nach alten Recht beim Landwirt entfällt. Die beim Kläger entfallenden Rentenanteile fließen praktisch der Ehefrau des Landwirts zu. Eine Weiterzahlung des Ehegattenzuschlags neben der Rentenzahlung an die Ehefrau des Klägers aufgrund nur fingierter Beiträge würde eine nicht zu rechtfertigende Doppelleistung an die Eheleute darstellen.
In diese Systematik fügt sich stimmig ein, dass die Beiträge des Landwirts, die dem Ehegatten zu dessen Lebzeiten zugesplittet waren, nicht mehr zusätzlich für die Witwerrente des Landwirts herangezogen werden können. Auch nach altem Recht entsprach das Altersgeld an Witwer einem Altersgeld für unverheiratete Unternehmer (vgl. Noell, GAL 1983, S. 354). Der Verheiratetenzuschlag stellte eine fürsorgerisch begründete Leistung dar, die den höheren Bedarf eines lebenden Ehepaares berücksichtigte.
Die Vermeidung von Doppelleistungen stellt ein gewichtiges öffentliches Interesse dar. Es ist daher verfassungsrechtlich nicht bedenklich, wenn der Landwirt als Witwer von seinen eigenen Beiträgen nur einmal - nämlich im Rahmen der eigenen Rente - profitiert.
§ 92 Abs. 6 bezieht sich somit deshalb nur auf Abs. 1 und 3, weil eine Doppelleistung aufgrund zugesplitteter Zeiten nur im Verhältnis des Landwirts zu seinem Ehegatten eintreten kann. Im Verhältnis zum mitarbeitenden Familienangehörigen werden keine Beiträge zugesplittet, so dass insoweit eine doppelte Berücksichtigung gar nicht im Raum steht. Der Ehegatte des Landwirts kann auch nicht zugleich mitarbeitender Familienangehöriger im
Sinne des § 1 Abs. 8 ALG sein, da Ehegatten weder miteinander verwandt noch verschwägert sind.
Die Berücksichtigung fiktiver Zeiten für mitarbeitende Familienangehörige nach Abs. 4 knüpft nicht an die Beitragszahlung des Landwirts während bestehender Ehe, sondern an ganz andere Umstände an. Insoweit ist die rechtliche Situation bei Witwerrenten nach dem Tod des Ehegatten eines Landwirts bzw. nach dem Tod eines mitarbeitenden Familienangehörigen überhaupt nicht miteinander vergleichbar. Würde § 92 Abs. 6 nicht nur auf Absätze 1 und 3 sondern auch auf Absatz 4 verweisen, wäre dies schlicht unverständlich.
Die Zurechnungszeiten wegen des Bezugs der Erwerbsunfähigkeitsrente der verstorben- en Ehegattin des Klägers sind zunächst fehlerhaft nicht berücksichtigt worden; mit Bescheid vom 09.08.2011 sind diese aber zugunsten des Klägers rückwirkend nach § 44 Abs. 1 SGB X bei der Witwerrente einbezogen worden. Berücksichtigt worden sind eine Zurechnungszeit nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 sowie eine Zurechnungszeit nach § 23 Abs. 2 Nr. 2, § 19 Abs. 1, 2 ALG vom Tod bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres (01.05.2009 bis 31.12.2011).
Die Steigerungszahl aus Versicherungszeiten (0,2499, s.o.) und diejenige aus Zurechnungszeiten (8,7465) ergeben zusammen die Gesamtsteigerungszahl 8,9964. Daraus errechnete die Beklagte schließlich unter Berücksichtigung eines Rentenartfaktors von 1,0 für das sog. Sterbevierteljahr (Mai-Juli 2009) und darüber hinaus (ab August 2009) von 0,6 sowie des jeweiligen aktuellen Rentenwerts zutreffend den Bruttobetrag der Rente.
Die Höhe der bezogenen Hinterbliebenenrente ist damit zutreffend berechnet worden. Die diesbezüglichen Bescheide sind rechtmäßig.
2. Altersrente
Auch der Bescheid vom 14.07.2009, mit dem der Bescheid vom 22.08.2006 über die Gewährung der Altersrente ab 01.05.2009 teilweise abgeändert worden ist, ist rechtmäßig.
Zutreffende Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Bescheids vom 22.08.2006 mit Wirkung ab 01.05.2009 ist § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X. Danach soll der Dauerverwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.
Der Rentenbescheid vom 22.08.2006 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Der Kläger hat durch die Gewährung der Hinterbliebenenrente mit Bescheid vom 14.07.2009 Einkommen erzielt, das von Beginn dieser Leistung an zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.
Die Beklagte hat insoweit mit Bescheid vom 14.07.2009 die Altersrente des Klägers zutreffend gemindert.
Beginnt die Rente erstmals in der Zeit vom 01.07.1995 bis 30.06.2009 und sind bereits vor dem 01.07.1995 für mindestens 5 Jahre anrechenbare Beitragszeiten als Landwirt zurückgelegt worden, wird zu einer nach § 23 ALG berechneten gleichartigen Rente ein Zuschlag gezahlt (§ 97 Abs. 1 Satz 1 ALG). Der Beginn der Altersrente des Klägers (01.07.2006), die mit dem Altersgeld nach altem Recht vergleichbar ist (vgl. § 94 Abs. 3 S. 3 ALG), liegt in der genannten Zeitspanne. Der Kläger hat auch vor dem 01.07.1995 für mindestens 5 Jahre anrechenbare Beitragszeiten. Dementsprechend war in der Altersrente des Klägers mit Bescheid vom 22.08.2006 ein Zuschlag zur Altersrente festzusetzen. Der Zuschlag dient der Besitzstandswahrung für Rentenberechtigte, deren Rente innerhalb einer 15-jährigen Übergangsphase nach In-Kraft-Treten des ASRG beginnt.
Mit dem Bezug der Hinterbliebenenrente nach § 14 ALG ist für den Zeitraum ab 01.05.2009 Einkommen erzielt worden, das zur Minderung des Altersrentenanspruchs geführt haben würde. § 97 Abs. 6 Satz 2 ALG sieht inhaltlich vor, dass bei Zusammentreffen einer Rente mit Zuschlag mit einer Rente ohne Zuschlag eine Minderung des Zuschlags in der Weise vorgenommen wird, dass sich der Zuschlag um den Betrag der weiteren Rente mindert.
Für die Monate Mai bis Juli 2009 betrug der Rentenartfaktor für die Witwerrente noch 1,0 (s.o.), so dass sich insoweit ein höherer Rentenbetrag ergab. Ausgehend von der mit Bescheid vom 14.07.2009 gewährten Hinterbliebenenrente wurde daher für die Monate Mai bis Juli 2009 bei der Witwerrente zunächst eine Steigerungszahl von 0,2499 x 1,0 = 0,2499 zugrunde gelegt, so dass daraus der Steigerungssatz für den Zuschlag der Altersrente zunächst auf (0,8897 - 0,2499 = 0,6398) gemindert wurde. Ab 01.06.2009 war ein Rentenartfaktor von 0,6 für die Witwerrente heranzuziehen, so dass in der Folge die Steigerungszahl für die Altersrente ab diesem Zeitpunkt zutreffend auf (0,8897 - [0,2499 x 0,6 = 0,1499] = 0,7398) gemindert wurde. Die Berechnung wurde im Bescheid vom 14.07.2009 richtig vorgenommen und dargestellt; der Schreibfehler (wonach bereits ab 01.05.2009 statt richtig ab 01.08.2009 die Steigerungszahl 0,7398 anzuwenden sei) wurde im Widerspruchsbescheid nach § 38 SGB X ausdrücklich korrigiert.
Die Beklagte hatte bezüglich der rückwirkenden Aufhebung kein Ermessen, da kein atypischer Fall vorliegt. Ein atypischer Fall liegt vor, wenn der Einzelfall aufgrund seiner besonderen Umstände von dem Regelfall der Tatbestände nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X signifikant abweicht. Hierbei ist insbesondere zu prüfen, ob der Leistungsempfänger durch die Rückzahlungspflicht nach § 50 Abs. 1 SGB X in besondere Bedrängnis gerät. Ein atypischer Fall liegt u.U. bei einem gutgläubigen Verbrauch der Leistung vor, wenn zugleich zur Rückzahlung nur die laufenden Bezüge zur Verfügung stehen, oder wenn der Betroffene im Nachhinein grundsicherungsbedürftig würde.
Hier liegt der Fall so, dass die Minderung der Altersrente (bspw. im Juli 2009) von netto 359 EUR um ca. 2,78 EUR auf 356,22 EUR durch die laufende Hinterbliebenenrente in Höhe von 2,83 EUR kompensiert wurde. Der eingeforderten Überzahlung von 8,34 EUR, die mit der laufenden monatlichen Leistung zum Beginn des Kalendermonats August 2009 aufgerechnet wurde, stand eine Nachzahlung von 8,33 EUR am 31.07.2009 gegenüber.
Aufgrund dieser Umstände sind eine "besondere Bedrängnis" des Klägers durch die Rückforderung und damit ein atypischer Fall ausgeschlossen; Ermessenserwägungen waren somit nicht anzustellen.
Die Aufhebungsfrist des § 48 Abs. 4 SGB X wurde eingehalten.
Mit dem Bescheid vom 29.08.2011, der von dem Kläger grundsätzlich streitlos gestellt worden ist, hat die Beklagte lediglich eine weitere Anpassung an die später erhöhte Hinterbliebenenrente vorgenommen.
Durch die mit Bescheid vom 09.08.2011 neu ermittelte Gesamtsteigerungszahl von 8,9964 war die Hinterbliebenenrente ab 01.05.2009 nunmehr größer als der Zuschlag der Altersrente des Klägers (Steigerungszahl 0,8897). Damit entfiel der Zuschlag der Regelaltersrente. § 97 Abs. 6 ALG sieht nur eine Minderung des Zuschlags und keine darüber hinausgehende Minderung des Rentenbetrags vor.
Zusammenfassend ist ersichtlich, dass der Kläger und seine Ehefrau von den Regelungen des ALG durchaus profitiert haben. Mit nur 3 eigenen Beiträgen hat die verstorbene Ehefrau eine eigene Erwerbsunfähigkeitsrente erhalten; wegen der darin enthaltenen Zurechungszeiten erhält selbst der Kläger noch eine zusätzliche Witwerrente von knapp 70 EUR brutto monatlich. Wenn der Kläger über den Tod seiner Ehefrau hinaus auch noch eine doppelte Berücksichtigung seiner eigenen Beiträge erwartet, kann der Senat dieses Begehren nicht mehr nachvollziehen.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungs- verfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Hinterbliebenenrente sowie der Altersrente für Landwirte.
Der 1941 geborene Kläger erhielt ab 01.02.1996 zunächst Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Im Mai 2005 übergab er seinen landwirtschaftlichen Betrieb seiner Tochter. Nach Vollendung des 65. Lebensjahres gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 22.08.2006 ab 01.07.2006 Altersrente an Landwirte nach § 11 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).
Seine 1951 geborene Ehefrau, mit der der Kläger seit dem 02.03.1973 verheiratet war, bezog vom 01.04.1995 bis zu ihrem Tod am 02.04.2009 Erwerbsminderungsrente. Sie hat vom 01.01.1995 bis 31.03.1995 3 Monate an Beiträgen zur Beklagten gezahlt. Bei der Höhe der Erwerbsminderungsrente wurden diese 3 Beiträge sowie 262 Kalendermonate mit "zugesplitteten" Beiträgen für die Zeit vom März 1973 bis Dezember 1994 nach § 92 Abs. 1, 2 ALG und 161 Kalendermonate Zurechnungszeit angerechnet.
Nach dem Tod seiner Ehefrau 2009 beantragte der Kläger die Gewährung von Witwerrente. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 05.05.2009 zunächst mit der Begründung ab, dass die Verstorbene insgesamt nur drei Monate anrechenbare Beiträge als Landwirt entrichtet habe (01.01.1995 bis 31.03.1995). Zusplittungszeiten, die der Verstorbenen angerechnet worden seien, könnten nach § 92 Abs. 6 ALG bei einer Witwerrente nicht berücksichtigt werden, wenn die Zusplittung aus dessen eigenen Beiträgen erfolgen würde.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und wies auf die von seiner Ehefrau zurückgelegten Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung hin.
Die Beklagte teilte daraufhin dem Kläger mit Schreiben vom 28.05.2009 und auch telefonisch mit, dass aufgrund der Zeiten bei der gesetzlichen Rentenversicherung ein Anspruch auf Witwerrente zwar bestehen würde. In der Folge müsste jedoch der in der Altersrente des Klägers enthaltene Zuschlag um diesen Betrag gekürzt werden. Im Ergebnis würden beide Renten nebeneinander gezahlt, es würde sich jedoch kein finanzieller Vorteil für ihn ergeben. Er wurde um Mitteilung gebeten, ob weiterhin Witwerrente gewünscht werde.
Der Kläger bat dennoch um Abhilfe seines Widerspruchs.
Daraufhin gewährte die Beklagte dem Kläger in Abhilfe des Widerspruchs mit Bescheid vom 14.07.2009 eine Hinterbliebenenrente ab 01.05.2009 in Höhe von netto 1,69 EUR.
Zugleich wurde mit einem weiteren Bescheid vom 14.07.2009 der Bescheid vom 22.08.2006 über die Gewährung der Altersrente nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X teilweise aufgehoben. Ab 01.05.2009 werde die Altersrente neu berechnet; die Steigerungszahl des Zuschlags werde auf die Steigerungszahl 0,7398 gemindert. Die Rente betrage laufend netto 357,36 EUR (statt vorher 359,06 EUR). Infolge der Änderung der Leistungshöhe ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 8,34 EUR. Dieser zurückgeforderte Betrag werde mit der laufenden monatlichen Leistung aufgerechnet. Bei dem gegebenen Sachverhalt könne die Alterskasse keine Gründe feststellen, die einer rückwirkenden Aufhebung des Rentenbescheides entgegenstünden. Die Rückforderung bedeute insbesondere keine über das normale Maß hinausgehende Härte.
Gegen die beiden Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein.
Bei der Höhe der Hinterbliebenenrente sei unberücksichtigt geblieben, dass für die Ehefrau in der Zeit vom 01.03.1973 bis 31.12.1994 bereits 262 Monate Versicherungszeiten als Ehegattin eines landwirtschaftlichen Unternehmers anerkannt worden seien.
Bezüglich der Altersrente sei keine Anspruchsgrundlage ersichtlich, dass die Gewährung einer Hinterbliebenenrente gleichzeitig dazu führe, dass die Altersrente neu zu berechnen sei. Im Übrigen sei zugleich mit der falschen Berechnung der Hinterbliebenenrente von einer falschen Berechnung der Altersrente auszugehen.
Die Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2009 zurückgewiesen.
Für die Zusplittungszeiten seien von der verstorbenen Ehefrau keine Beiträge entrichtet worden; sie könnten nach § 92 Abs. 6 ALG bei einer Witwerrente für den Landwirt, dessen Beitragsjahre dem verstorbenen Ehegatten anzurechnen gewesen seien, nicht nach § 92 Abs. 1 ALG zugesplittet werden.
Treffe in der Alterssicherung der Landwirte eine Rente mit Zuschlag mit einer weiteren Rente ohne Zuschlag zusammen, sei der Zuschlag gemäß § 97 Abs. 6 Satz 2 ALG um den Betrag der weiteren Rente zu mindern.
Mit der Klage beim Sozialgericht Nürnberg (SG) hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers vorgetragen, dass § 92 Abs. 6 ALG wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht verfassungsgemäß sei. § 92 Abs. 6 ALG schließe die Anwendung der Absätze 1 und 3 aus, wenn eine Witwen- oder Witwerrente oder Überbrückungsgeld für den Landwirt, dessen Beitragsjahre dem verstorbenen Ehegatten nach den Absätzen 1 und 3 anzurechnen gewesen sind, festzustellen sei. Da jedoch § 92 Abs. 6 ALG lediglich die Anwendung der Absätze 1 und 3 ausschließe, nicht jedoch auch die des Absatzes 4, enthalte die Regelung des § 92 Abs. 6 ALG eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung gegenüber denjenigen, die die Voraussetzungen des § 92 Abs. 4 ALG erfüllen würden. Im Fall des
§ 92 Abs. 4 ALG würden Zeiten in die Berechnung eingerechnet, obwohl keine Beiträge hierzu erfolgt seien. Eine Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich.
Damit sei auch der Bescheid über die Altersrente rechtswidrig, da dieser die unzutreffenden Ergebnisse und Beträge der Hinterbliebenenrente zugrunde legen würde.
Die Klage ist mit Urteil vom 16.03.2011 abgewiesen worden. Die Beklagte habe die Vorschriften des ALG, insbesondere des § 92 Abs. 6 ALG korrekt angewandt. Der Argumentation der Klägerseite bezüglich einer Ungleichbehandlung könne das Gericht nicht folgen. Die Abs. 1 und 3 des § 92 ALG beträfen einen anderen Personenkreis als Abs. 4 dieser Vorschrift. Die Ehegatten eines Landwirts seien nicht mit mitarbeitenden Familienangehörigen vergleichbar. Abgesehen davon, dass der Ehegatte eines Landwirts nicht zwingend in der Landwirtschaft mitarbeite, führe auch der Tod eines mitarbeitenden Familienangehörigen im Sinne des § 92 Abs. 4 ALG in aller Regel nicht zu einer Hinterbliebenenrente für den Landwirt. Es könne daher nicht die Rede davon sein, dass hier "wesentlich Gleiches" willkürlich ungleich behandelt werde.
Die Neuberechnung der Altersrente sei aufgrund der ab 01.05.2009 gewährten Witwerrente notwendig geworden.
Gegen das am 10.06.2011 zugestellte Urteil ist am Montag, den 11.07.2011, Berufung eingelegt worden.
Der Kläger hat zur Begründung weiterhin vorgetragen, dass § 92 Abs. 6 ALG verfassungswidrig sei. Das SG gehe rechtsirrig davon aus, dass die Absätze 1 und 3 einen anderen Personenkreis als Absatz 4 beträfen und die Ehegatten eines Landwirts nicht mit mitarbeitenden Familienangehörigen vergleichbar seien.
Sowohl Familienangehörige eines Landwirts als auch Ehegatten eines Landwirts befänden sich im nahen, persönlichen und räumlichen Umfeld des Landwirts und stünden daher prinzipiell im direkten Kontakt mit der geführten Landwirtschaft. Es gebe auch keinen Erfahrungssatz, dass mitarbeitende Familienangehörige zwingend, Ehegatten jedoch nicht zwingend in der Landwirtschaft mitarbeiten würden. Im Übrigen knüpfe § 92 Abs. 6 ALG nicht an die Voraussetzung einer Mitarbeit an, § 92 Abs. 4 ALG hingegen schon. Auch das weitere Argument des SG greife nicht: die Formulierung, wonach "in aller Regel" der Tod eines mitarbeitenden Familienangehörigen nicht zu einer Hinterbliebenenrente führe, zeige, dass es auch Fälle gebe, in denen es nicht so sei.
Die Beklagte hat erklärt, dass es nur folgerichtig sei, wenn Beiträge des Landwirts vor dem 01.01.1995 (dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Agrarsozialreformgesetzes 1995 - ASRG), die dem Ehegatten fiktiv zugerechnet worden seien, für den Landwirt nicht nochmals bei der Hinterbliebenenrente Berücksichtigung finden würden. § 92 Abs. 4 ALG regele die fiktive Beitragsanrechnung von mitarbeitenden Familienangehörigen, einem ganz anderen Personenkreis (vgl. § 1 Abs. 8 ALG). Der Ehegatte sei nicht mitarbeitender Familienangehöriger im Sinne des Gesetzes.
Die Beklagte hat Änderungsbescheide vom 09.08.2011 und 29.08.2011 übersandt. Damit ist zum einen die Hinterbliebenenrente wegen einer zunächst fehlerhaften Berechnung noch einmal zugunsten des Klägers geändert worden, da bei der Hinterbliebenenrente zusätzlich eine Zurechnungszeit bis zum 31.12.2011 (60. Lebensjahr der Verstorbenen) berücksichtigen worden ist. Anstelle von zuletzt 1,90 EUR beträgt die Hinterbliebenenrente danach 68,44 EUR brutto (netto 61,50 EUR). Es hat sich eine Nachzahlung von 1777,04 EUR ergeben.
Die Altersrente ist in der Folge ebenfalls neu festgesetzt worden (Bescheid vom 29.08.2011). Der Zuschlag fällt danach komplett weg. An Stelle von zuletzt 400,19 EUR brutto beträgt die Altersrente nun 390,81 EUR brutto. Es wird erklärt, dass sich infolge der Änderung der Leistungshöhe eine Überzahlung in Höhe von 239,19 EUR ergebe. Dieser Betrag werde mit der laufenden monatlichen Leistung aufgerechnet.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die strittige Anrechnung der Zusplittungsbeträge für die Zeit vom März 1973 bis Dezember 1994 von diesen Änderungen nicht betroffen sei.
In der mündlichen Verhandlung vom 24.06.2014 hat die Prozessbevollmächtigte erklärt, dass sie die unterlassene Zusplittung der Ehegattenbeiträge bei der Hinterbliebenenrente weiterhin nicht für rechtens halte. An der Rechtmäßigkeit der Änderungsbescheide vom 09.08.2011 und 29.08.2011 bestünden im Übrigen keine Zweifel.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie des gerichtlichen Verfahrens Bezug genommen.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 16.03.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 14.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.10.2009 zu verurteilen, dem Kläger unter Weitergewährung der ungekürzten Altersrente eine Hinterbliebenenrente unter Einbeziehung der seiner Ehefrau in der Zeit vom 11. März 1973 bis 31. Dezember 1994 zugerechneten Versicherungszeit zu zahlen.
Die Vertreterin der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie des gerichtlichen Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Die Bescheide vom 09.08.2011 und vom 29.08.2011 sind nach §§ 153, 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden. Sie sind jedoch ausdrücklich streitlos gestellt worden.
1. Hinterbliebenenrente
Der Bescheid vom 14.07.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.10.2009 und des Bescheids vom 09.08.2011 über die Hinterbliebenenrente nach § 14 ALG ist rechtmäßig.
Die Voraussetzungen zum Erhalt der Witwerrente nach § 14 ALG sind unstrittig gegeben. Die Beklagte hat auf die fünfjährige Wartezeit 66 Beitragsmonate zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 17 Abs.1 Satz 2 ALG angerechnet. Der Kläger hatte
das 45. Lebensjahr am 25.06.1986 vollendet und im Mai 2005 den landwirtschaftlichen Betrieb abgegeben.
Die Beklagte hat auch die Berechnungsvorschriften zutreffend angewandt:
Nach § 23 Abs. 1 ALG ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn
1. die Steigerungszahl
2. der Rentenartfaktor (vgl. für Witwerrente § 23 Abs. 6 Nr. 4 ALG: bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist = 1,0, anschließend nach § 104a ALG = 0,6 ) und
3. der allgemeine Rentenwert
mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden.
Die Steigerungszahl (Absatz 2) ergibt sich, indem die Anzahl der Kalendermonate mit
1. Beitragszeiten zu der Beklagten
2. einer Zurechnungszeit (§ 19 ALG) und
3. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen Erwerbsminderung, die mit einer Zurechnungszeit zusammentreffen, und der vor dem Beginn dieser Rente liegenden Zurechnungszeit mit dem nach Absatz 3 maßgebenden Faktor vervielfältigt wird.
Der nach Absatz 3 maßgebende Faktor beträgt
1. 0,0833 für mit Beiträgen als Landwirt oder freiwilligen Beiträgen belegte Zeiten, Zurechnungszeiten für Berechtigte, die zuletzt als Landwirt versichert waren, und Zeiten des Bezugs einer Rente an Landwirte, wenn ein Anspruch auf Rente an Landwirte oder deren Hinterbliebene besteht, sowie für mit Beiträgen als mitarbeitender Familienangehöriger belegte Zeiten, wenn ein Anspruch auf Waisenrente besteht,
2. 0,0417 für alle anderen Zeiten.
Bei der Steigerungszahl sind nur die Zeiten des verstorbenen Versicherten heranzuziehen (§ 23 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 ALG). Dazu gehören hier zunächst die 3 von der Verstorbenen tatsächlich gezahlten Beiträge. Daraus errechnete die Beklagte zutreffend die Steigerungszahl von 3 x 0,0833 = 0,2499.
Die sog. Zusplittungszeiten nach § 92 Abs. 1 ALG, hier von März 1973 bis Dezember 1994 (262 Monate), sind von der Beklagten zu Recht nicht berücksichtigt worden. § 92 Abs. 6 ALG regelt insoweit ausdrücklich, dass § 92 Abs. 1 und 3 nicht anzuwenden sind, wenn eine Witwerrente für den Landwirt gezahlt wird, dessen Beitragsjahre dem verstorbenen Ehegatten nach den Absätzen 1 und 3 anzurechnen gewesen sind.
Der Senat hat insoweit auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG wäre gegeben, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe anders behandeln würde als eine andere, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht vorliegen, die die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 109, 96 ; stRspr).
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist nach den Ausführungen der Klägerseite nicht erkennbar.
Insoweit werden schon die Vergleichsgruppen nicht klar benannt.
Es kann hier jedenfalls nicht um die Ungleichbehandlung von Ehegatten eines Landwirts (§ 1 Abs. 3 ALG) und mitarbeitenden Familienangehörigen (§ 1 Abs. 8 ALG) gehen, da deren Rechte hier gar nicht betroffen sind. Vielmehr könnte allenfalls ein Witwer eines Landswirtsehegatten (§ 14 Abs. 1 ALG) mit dem Witwer eines mitarbeitenden Familienangehörigen (§ 14 Abs. 3 ALG) verglichen werden.
Gerügt wird, dass § 92 Abs. 6 ALG nur die Anwendung der Absätze 1 und 3 ausschließe, nicht jedoch die des Absatzes 4. Sinn und Zweck der Regelung des Absatzes 6 ist es zu verhindern, dass Beitragszeiten des Landwirts, die dem Ehegatten zugesplittet worden sind, wiederum zur Begründung bzw. Erhöhung der Witwerrente für den Landwirt führen.
Ausgeschlossen wird also eine Doppelberücksichtigung von Zeiten, für die der Witwer selbst Beiträge gezahlt hat und die in seiner Altersrente berücksichtigt werden.
Diese Regelung ist angesichts der Entstehungsgeschichte und Systematik des Gesetzes nachvollziehbar:
Für die Ehegattin eines Landwirts bestand bis zum 31.12.1994 keine Beitragspflicht; daher hat sie in dieser Zeit auch keine eigenen Beiträge geleistet. Mit der Einführung der eigenständigen Sicherung und Versicherungspflicht der Ehegatten zum 01.01.1995 durch das Agrarsozialreformgesetz (ASRG) wurde in § 92 ALG vorgesehen, dass für die Zeit vor dem 01.01.1995 Beiträge des Unternehmer-Landwirts der Ehegattin "zugesplittet" werden. Dadurch konnten gleich mit In-Kraft-Treten des ASRG Leistungsansprüche der Ehegatten entstehen.
Eine Verdoppelung der Renten auf der Grundlage nur eines Beitragszahlers wäre allerdings nicht finanzierbar gewesen. Daher wurde etwa der Wert der zugesplitteten Zeiten mit der Regelung des § 100 ALG beschränkt - durch eine Begrenzung der Steigerungszahl. Der Gesetzgeber verfolgte das Ziel, dass der Rentenertrag für die zugesplitteten Zeiten nicht höher sein sollte als der Betrag, der als Verheiratetenzuschlag zur Rente des Landwirts bei unterstellter Fortgeltung des alten Rechts zu zahlen gewesen wäre (vgl. BTDrucks 12/7599, S. 17). Wie aus der früheren Regelung des § 4 Abs. 1 GAL ersichtlich ist, erhielt ein verheirateter Berechtigter um die Hälfte mehr als ein unverheirateter Berechtigter.
Es wurde auch geregelt, dass der Zuschlag der eigenen Rente des Landwirts neu berechnet wird, wenn eine Rente des (lebenden) Ehegatten hinzutritt. Hat auch ein Ehegatte Anspruch auf Rente, gilt der Landwirt nach dem am 31. Dezember 1994 geltenden Recht als unverheiratet (§ 97 Abs. 2 ALG) mit der Folge, dass der (ggf. bisher bezahlte) Ehegattenzuschlag nach alten Recht beim Landwirt entfällt. Die beim Kläger entfallenden Rentenanteile fließen praktisch der Ehefrau des Landwirts zu. Eine Weiterzahlung des Ehegattenzuschlags neben der Rentenzahlung an die Ehefrau des Klägers aufgrund nur fingierter Beiträge würde eine nicht zu rechtfertigende Doppelleistung an die Eheleute darstellen.
In diese Systematik fügt sich stimmig ein, dass die Beiträge des Landwirts, die dem Ehegatten zu dessen Lebzeiten zugesplittet waren, nicht mehr zusätzlich für die Witwerrente des Landwirts herangezogen werden können. Auch nach altem Recht entsprach das Altersgeld an Witwer einem Altersgeld für unverheiratete Unternehmer (vgl. Noell, GAL 1983, S. 354). Der Verheiratetenzuschlag stellte eine fürsorgerisch begründete Leistung dar, die den höheren Bedarf eines lebenden Ehepaares berücksichtigte.
Die Vermeidung von Doppelleistungen stellt ein gewichtiges öffentliches Interesse dar. Es ist daher verfassungsrechtlich nicht bedenklich, wenn der Landwirt als Witwer von seinen eigenen Beiträgen nur einmal - nämlich im Rahmen der eigenen Rente - profitiert.
§ 92 Abs. 6 bezieht sich somit deshalb nur auf Abs. 1 und 3, weil eine Doppelleistung aufgrund zugesplitteter Zeiten nur im Verhältnis des Landwirts zu seinem Ehegatten eintreten kann. Im Verhältnis zum mitarbeitenden Familienangehörigen werden keine Beiträge zugesplittet, so dass insoweit eine doppelte Berücksichtigung gar nicht im Raum steht. Der Ehegatte des Landwirts kann auch nicht zugleich mitarbeitender Familienangehöriger im
Sinne des § 1 Abs. 8 ALG sein, da Ehegatten weder miteinander verwandt noch verschwägert sind.
Die Berücksichtigung fiktiver Zeiten für mitarbeitende Familienangehörige nach Abs. 4 knüpft nicht an die Beitragszahlung des Landwirts während bestehender Ehe, sondern an ganz andere Umstände an. Insoweit ist die rechtliche Situation bei Witwerrenten nach dem Tod des Ehegatten eines Landwirts bzw. nach dem Tod eines mitarbeitenden Familienangehörigen überhaupt nicht miteinander vergleichbar. Würde § 92 Abs. 6 nicht nur auf Absätze 1 und 3 sondern auch auf Absatz 4 verweisen, wäre dies schlicht unverständlich.
Die Zurechnungszeiten wegen des Bezugs der Erwerbsunfähigkeitsrente der verstorben- en Ehegattin des Klägers sind zunächst fehlerhaft nicht berücksichtigt worden; mit Bescheid vom 09.08.2011 sind diese aber zugunsten des Klägers rückwirkend nach § 44 Abs. 1 SGB X bei der Witwerrente einbezogen worden. Berücksichtigt worden sind eine Zurechnungszeit nach § 23 Abs. 2 Nr. 3 sowie eine Zurechnungszeit nach § 23 Abs. 2 Nr. 2, § 19 Abs. 1, 2 ALG vom Tod bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres (01.05.2009 bis 31.12.2011).
Die Steigerungszahl aus Versicherungszeiten (0,2499, s.o.) und diejenige aus Zurechnungszeiten (8,7465) ergeben zusammen die Gesamtsteigerungszahl 8,9964. Daraus errechnete die Beklagte schließlich unter Berücksichtigung eines Rentenartfaktors von 1,0 für das sog. Sterbevierteljahr (Mai-Juli 2009) und darüber hinaus (ab August 2009) von 0,6 sowie des jeweiligen aktuellen Rentenwerts zutreffend den Bruttobetrag der Rente.
Die Höhe der bezogenen Hinterbliebenenrente ist damit zutreffend berechnet worden. Die diesbezüglichen Bescheide sind rechtmäßig.
2. Altersrente
Auch der Bescheid vom 14.07.2009, mit dem der Bescheid vom 22.08.2006 über die Gewährung der Altersrente ab 01.05.2009 teilweise abgeändert worden ist, ist rechtmäßig.
Zutreffende Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Bescheids vom 22.08.2006 mit Wirkung ab 01.05.2009 ist § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X. Danach soll der Dauerverwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.
Der Rentenbescheid vom 22.08.2006 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Der Kläger hat durch die Gewährung der Hinterbliebenenrente mit Bescheid vom 14.07.2009 Einkommen erzielt, das von Beginn dieser Leistung an zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.
Die Beklagte hat insoweit mit Bescheid vom 14.07.2009 die Altersrente des Klägers zutreffend gemindert.
Beginnt die Rente erstmals in der Zeit vom 01.07.1995 bis 30.06.2009 und sind bereits vor dem 01.07.1995 für mindestens 5 Jahre anrechenbare Beitragszeiten als Landwirt zurückgelegt worden, wird zu einer nach § 23 ALG berechneten gleichartigen Rente ein Zuschlag gezahlt (§ 97 Abs. 1 Satz 1 ALG). Der Beginn der Altersrente des Klägers (01.07.2006), die mit dem Altersgeld nach altem Recht vergleichbar ist (vgl. § 94 Abs. 3 S. 3 ALG), liegt in der genannten Zeitspanne. Der Kläger hat auch vor dem 01.07.1995 für mindestens 5 Jahre anrechenbare Beitragszeiten. Dementsprechend war in der Altersrente des Klägers mit Bescheid vom 22.08.2006 ein Zuschlag zur Altersrente festzusetzen. Der Zuschlag dient der Besitzstandswahrung für Rentenberechtigte, deren Rente innerhalb einer 15-jährigen Übergangsphase nach In-Kraft-Treten des ASRG beginnt.
Mit dem Bezug der Hinterbliebenenrente nach § 14 ALG ist für den Zeitraum ab 01.05.2009 Einkommen erzielt worden, das zur Minderung des Altersrentenanspruchs geführt haben würde. § 97 Abs. 6 Satz 2 ALG sieht inhaltlich vor, dass bei Zusammentreffen einer Rente mit Zuschlag mit einer Rente ohne Zuschlag eine Minderung des Zuschlags in der Weise vorgenommen wird, dass sich der Zuschlag um den Betrag der weiteren Rente mindert.
Für die Monate Mai bis Juli 2009 betrug der Rentenartfaktor für die Witwerrente noch 1,0 (s.o.), so dass sich insoweit ein höherer Rentenbetrag ergab. Ausgehend von der mit Bescheid vom 14.07.2009 gewährten Hinterbliebenenrente wurde daher für die Monate Mai bis Juli 2009 bei der Witwerrente zunächst eine Steigerungszahl von 0,2499 x 1,0 = 0,2499 zugrunde gelegt, so dass daraus der Steigerungssatz für den Zuschlag der Altersrente zunächst auf (0,8897 - 0,2499 = 0,6398) gemindert wurde. Ab 01.06.2009 war ein Rentenartfaktor von 0,6 für die Witwerrente heranzuziehen, so dass in der Folge die Steigerungszahl für die Altersrente ab diesem Zeitpunkt zutreffend auf (0,8897 - [0,2499 x 0,6 = 0,1499] = 0,7398) gemindert wurde. Die Berechnung wurde im Bescheid vom 14.07.2009 richtig vorgenommen und dargestellt; der Schreibfehler (wonach bereits ab 01.05.2009 statt richtig ab 01.08.2009 die Steigerungszahl 0,7398 anzuwenden sei) wurde im Widerspruchsbescheid nach § 38 SGB X ausdrücklich korrigiert.
Die Beklagte hatte bezüglich der rückwirkenden Aufhebung kein Ermessen, da kein atypischer Fall vorliegt. Ein atypischer Fall liegt vor, wenn der Einzelfall aufgrund seiner besonderen Umstände von dem Regelfall der Tatbestände nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X signifikant abweicht. Hierbei ist insbesondere zu prüfen, ob der Leistungsempfänger durch die Rückzahlungspflicht nach § 50 Abs. 1 SGB X in besondere Bedrängnis gerät. Ein atypischer Fall liegt u.U. bei einem gutgläubigen Verbrauch der Leistung vor, wenn zugleich zur Rückzahlung nur die laufenden Bezüge zur Verfügung stehen, oder wenn der Betroffene im Nachhinein grundsicherungsbedürftig würde.
Hier liegt der Fall so, dass die Minderung der Altersrente (bspw. im Juli 2009) von netto 359 EUR um ca. 2,78 EUR auf 356,22 EUR durch die laufende Hinterbliebenenrente in Höhe von 2,83 EUR kompensiert wurde. Der eingeforderten Überzahlung von 8,34 EUR, die mit der laufenden monatlichen Leistung zum Beginn des Kalendermonats August 2009 aufgerechnet wurde, stand eine Nachzahlung von 8,33 EUR am 31.07.2009 gegenüber.
Aufgrund dieser Umstände sind eine "besondere Bedrängnis" des Klägers durch die Rückforderung und damit ein atypischer Fall ausgeschlossen; Ermessenserwägungen waren somit nicht anzustellen.
Die Aufhebungsfrist des § 48 Abs. 4 SGB X wurde eingehalten.
Mit dem Bescheid vom 29.08.2011, der von dem Kläger grundsätzlich streitlos gestellt worden ist, hat die Beklagte lediglich eine weitere Anpassung an die später erhöhte Hinterbliebenenrente vorgenommen.
Durch die mit Bescheid vom 09.08.2011 neu ermittelte Gesamtsteigerungszahl von 8,9964 war die Hinterbliebenenrente ab 01.05.2009 nunmehr größer als der Zuschlag der Altersrente des Klägers (Steigerungszahl 0,8897). Damit entfiel der Zuschlag der Regelaltersrente. § 97 Abs. 6 ALG sieht nur eine Minderung des Zuschlags und keine darüber hinausgehende Minderung des Rentenbetrags vor.
Zusammenfassend ist ersichtlich, dass der Kläger und seine Ehefrau von den Regelungen des ALG durchaus profitiert haben. Mit nur 3 eigenen Beiträgen hat die verstorbene Ehefrau eine eigene Erwerbsunfähigkeitsrente erhalten; wegen der darin enthaltenen Zurechungszeiten erhält selbst der Kläger noch eine zusätzliche Witwerrente von knapp 70 EUR brutto monatlich. Wenn der Kläger über den Tod seiner Ehefrau hinaus auch noch eine doppelte Berücksichtigung seiner eigenen Beiträge erwartet, kann der Senat dieses Begehren nicht mehr nachvollziehen.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungs- verfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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