L 19 R 1086/13

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 R 1151/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 1086/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Da das Arbeitsbuch nur Beginn und Ende der jeweiligen Beschäftigungszeiträume bescheinigt, aber keine Angaben zu etwaigen Ausfalltatbeständen während des Beschäftigungszeitraumes enthält, werden die Angaben aus dem Arbeitsbuch nur als Mittel der Glaubhaftmachung, nicht aber als geeigneter Nachweis für eine lückenlose Beitragszahlung in den entsprechenden Zeiträumen anerkannt.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.09.2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte bei der Überprüfung des Altersrentenbescheides des Klägers zu Recht dessen Rechtmäßigkeit mit Ausnahme von einigen Punkten, in denen Abhilfe erfolgte feststellen durfte. Zuletzt sind nur noch die Zeiten vom 01.04.1969 bis 08.02.1972 und vom 16.02.1972 bis 16.09.1974 von der Frage betroffen, ob sie in vollem Umfang nachgewiesen oder nur glaubhaft gemacht sind.

Der 1939 geborene Kläger, der über einen Vertriebenenausweis A verfügt, beantragte am 24.08.2001 bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres. Dieser Antrag wurde zuständigkeitshalber durch die Beklagte bearbeitet. Die Beklagte bewilligte dem Kläger sodann mit Bescheid vom 09.11.2001 die beantragte Altersrente zum 01.01.2002. Sie stellte hierbei 24,7993 Entgeltpunkte für Beitragszeiten sowie zusätzliche 3,0672 Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt und 5,1681 Punkte für beitragsfreie Zeiten sowie zusätzliche 0,0667 Entgeltpunkte für beitragsgeminderte Zeiten und einen Zuschlag für Arbeitsentgelt aus geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung in Höhe von 0,0950 Punkten, insgesamt also 33,1963 Entgeltpunkte, fest. Bei der Ermittlung der Beitragszeiten wurden Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) im Zeitraum zwischen dem 05.09.1964 und dem 03.07.1989 festgestellt, wobei diese im Wesentlichen der Qualifikationsgruppe 2 mit einer Anrechnung zu 5/6 zugeordnet waren und mit einem Faktor 0,6 multipliziert worden waren. Die zu 5/6 angerechneten Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten hätten nicht voll berücksichtigt werden können, weil sie nicht nachgewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht seien. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

In der Folgezeit wurden Verfahren zur Erhöhung der Qualifikationsgruppe und zum Nachweis von Zeiten nach dem FRG durchgeführt (s. Klageverfahren Sozialgericht Nürnberg S 17 R 240/04, S 14 R 53/08 und S 14 R 124/08), ohne dass der Kläger in der Sache zunächst einen Erfolg erzielt gehabt hätte.

Im weiteren Verlauf wurde dem Kläger im Jahr 2007 für seine Tätigkeit als Sportpädagoge die höhere Qualifikationsgruppe 1 zuerkannt. Im Gefolge der Zuerkennung der höheren Qualifikationsgruppe verminderte sich jedoch in gleichem Maße der Zuschlag von Mindestentgeltpunkten bei geringem Arbeitsentgelt, sodass der Rentenzahlbetrag nicht anstieg, sondern unverändert blieb.

Am 07.07.2011 sprach der Kläger bei der Auskunfts- und Beratungsstelle der Beklagten in B-Stadt vor und bat erneut um Überprüfung seiner Rente, wozu er eine Vielzahl neuer Unterlagen einreichte. Davon betrafen folgende die o.g. zuletzt noch strittigen Zeiträume:
eine Archivbescheinigung der Verwaltung des Gebiets K. vom 05.03.2010 für die Zeit vom 01.04.1969 bis 08.02.1972 (Nr. 12-1/24),
eine Archivbescheinigung der Verwaltung des Gebiets K. vom 05.03.2010 für die Zeit vom 16.02.1972 bis 16.09.1974 (Nr. 12-1/25).
Mit Schreiben vom 23.09.2011 hörte die Beklagte den Kläger dazu an, dass die Zeiten vom 01.09.1965 bis 26.08.1966 zu 6/6 anzurechnen seien; bei den Zeiten vom 01.04.1969 bis 15.10.1979 verbleibe es bei der Anrechnung zu 5/6. Bei der durchgeführten Neuberechnung ergebe sich eine Minderung der Rente. In der Erstberechnung seien noch Mindestentgelte bei geringem Arbeitsentgelt nach § 262 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) enthalten gewesen. Bei der jetzigen Neuberechnung übersteige der Monatsdurchschnitt von 0,0633 Entgeltpunkten den Wert von 0,0625 Entgeltpunkten, weshalb keine zusätzlichen Entgeltpunkte mehr zu ermitteln seien. Es sei beabsichtigt, den Rentenbescheid vom 09.11.2011 korrekt 2001 in der Gestalt der Folgebescheide aufzuheben und zukünftig ab 01.12.2011 die Rente von monatlich 819,35 Euro auf 799,97 Euro zu vermindern.

Nachdem der Kläger noch weitere Unterlagen vorgelegt hatte, wurde die Rente für die Zeit ab 01.01.2012 mit Bescheid vom 30.11.2011 auf laufend monatlich 802,07 Euro festgestellt: Der Rentenbescheid vom 09.11.2001 in Gestalt der Folgebescheide werde für die Zeit ab 01.01.2007 gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) bezüglich der Rentenhöhe zurückgenommen. Die Neufeststellung erfolge unter Berücksichtigung der Vollanrechnung der in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten Versicherungszeiten vom 05.09.1964 bis 31.08.1965, vom 01.09.1965 bis 26.08.1966, vom 01.09.1966 bis 26.09.1968, vom 27.09.1968 bis 19.11.1968 und vom 17.09.1974 bis 31.07.1978. Durch die Zuerkennung weiterer Entgeltpunkte sei die Berechnung von Mindestentgeltpunkten bei geringem Arbeitsentgelt nach § 262 SGB VI entfallen, sodass die Rente sich von 819,35 Euro auf 802,07 Euro mindere. Für die Zeiten vom 01.04.1969 bis 08.02.1972, vom 16.02.1972 bis 16.09.1974, vom 21.08.1978 bis 15.10.1979 sowie vom 15.10.1979 bis 08.08.1989 habe eine Vollanrechnung der Zeiten nicht erfolgen können, da die vorgelegten Bescheinigungen nicht schlüssig gewesen seien und außerdem nicht angegeben sei, aufgrund welcher Unterlagen diese erstellt worden seien.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger durch seine Bevollmächtigten mit Schreiben vom 23.12.2011 per Telefax Widerspruch. Der Kläger legte nochmals weitere Unterlagen vor, von denen folgende zumindest teilweise die streitgegenständlichen Zeiten betrafen:
Archivbescheinigung des Ministeriums der Kultur und Information der Republik K. vom 21.09.2009 für die Jahre 1964 bis 1978 (Nr. 04-11/1228-I),
Bescheinigung der Abteilung des Rentenfonds der russischen Föderation für das U. Gebiet vom 22.02.2011 für die Zeit vom 09.09.1964 bis 08.08.1989 (Nr. 1575).
Nach interner Prüfung sah die Beklagte eine Abhilfe nur für die Zeiten vom 21.08.1978 bis 14.10.1979 und vom 15.10.1979 bis 03.07.1989 für möglich an. Am 27.06.2012 erging ein Teilabhilfebescheid, in dem die Rente des Klägers auf monatlich 860,21 Euro neu festgestellt wurde. Dem Widerspruch werde insoweit abgeholfen als die Zeit vom 21.08.1978 bis 03.07.1989 zu 6/6 angerechnet würden. Der Bescheid werde nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens.

Der Kläger strebte weiter eine Entscheidung über eine Vollanrechnung der Zeiten vom 01.04.1969 bis 08.02.1972 und vom 16.02.1972 bis 16.09.1974 an und berief sich auf eine nicht vorgelegte und nicht aktenkundige Archivbescheinigung vom 12.04.2011.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.08.2012 zurück, soweit ihm nicht durch den Teilabhilfebescheid abgeholfen worden war. Die Zeit vom 01.04.1969 bis 08.02.1972 könne nicht als nachgewiesen berücksichtigt werden, da in der vorgelegten Bescheinigung 50 Arbeitstage für einen Zeitraum von lediglich 39 Kalendertagen bestätigt worden seien, weshalb die Bescheinigung insgesamt nicht schlüssig sei. Auch die Zeit vom 16.02.1972 bis 16.09.1974 könne nicht als nachgewiesen berücksichtigt werden, da die Zahl der eingetragenen Tage (276 Tage) die Anzahl der maximal möglichen Kalendertage (259 Kalendertage) in diesem Zeitraum überschreite und zudem Abweichungen bei den Urlaubstagen festzustellen gewesen seien. Beide Zeiträume könnten daher weiterhin nur als glaubhaft gemacht angesehen werden.

Hiergegen hat der Kläger mit Telefaxschreiben am 20.09.2012 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben und vorgetragen, dass die von der Beklagten benannten Fehler offensichtlich unerheblich seien und die gesamte Beschäftigungsdauer in der Bescheinigung zutreffend wiedergegeben worden sei.

Im Verlauf des Verfahrens hat der Kläger eine neue korrigierte Archivbescheinigung der Verwaltung für Bildung des Gebiets K. vom 12.10.2012 für den Zeitraum vom 01.04.1969 bis 08.02.1972 vorgelegt (Nr. 12-1/3897) sowie für den gleichen Zeitraum eine gleichlautende Bescheinigung vom 27.11.2012 (Nr. 12-1/4581) und ferner eine weitere Archivbescheinigung der Verwaltung des Gebietes K. vom 27.11.2012 (Nr. 12-1/4582) für den Zeitraum vom 16.02.1972 bis 16.09.1974. Die Beklagte hat die Streitsache unter Berücksichtigung der neu vorgelegten Archivbescheinigungen nochmals überprüft, jedoch keine volle Nachweisführung gesehen. Es sei nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Änderung von 50 auf 33 Arbeitstage in der neu vorgelegten Bescheinigung erfolgt sei. Die unterschiedlichen Auskünfte würden die Vermutung nahe legen, dass die Archivunterlagen, auf denen sie beruhten, nicht eindeutig seien.

Im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes vom 28.06.2013 ist vom Sozialgericht darauf hingewiesen worden, dass die unsorgfältigen Angaben Bedenken hinsichtlich der bescheinigten Inhalte mit sich bringen würden und selbst unter Berücksichtigung, dass die übrigen Angaben korrekt wären hier nur Angaben pauschal fürs Jahr gemacht worden seien, sodass eine genaue Nachvollziehbarkeit für die einzelnen Monate nicht gegeben sei.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid vom 30.09.2013 entschieden, auch wenn der Kläger eine mündliche Verhandlung beantragt hat. Die vorgelegten Bescheinigungen würden nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen keinen Nachweis erbringen, da sie teilweise unschlüssig seien und nicht ersichtlich sei, welche der Bescheinigungen den Originalunterlagen entsprechen würden.

Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger mit Telefax-Schreiben vom 05.11.2013 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Er hat geltend gemacht, die Unterlagen über die Botschaft angefordert zu haben und diese seien für die übrigen Zeiten ja auch als Nachweis akzeptiert worden, so dass es keinen Grund für die Ablehnung eines Nachweises in den noch strittigen Zeiträumen gebe. Es sei auch nicht zu beanstanden gewesen, dass die Nichtabwesenheit bei Krankheit bescheinigt worden sei, obwohl es keine Listen für Krankheit gegeben habe; schließlich hätten solche ja nicht erstellt werden müssen, wenn gar keine Krankheitszeiten angefallen gewesen seien. Gleiches gelte hinsichtlich der fraglichen Urlaubszeiten.

Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.09.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 30.11.2011 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 27.06.2012 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2012 zu verurteilen, den Bescheid vom 09.11.2001 abzuändern und dem Kläger eine höhere Altersrente ab 01.01.2007 zu gewähren unter Anerkennung der Zeiträume vom 01.04.1969 bis 08.02.1972 und vom 16.02.1972 bis 16.09.1974 als nachgewiesene Betragszeiten.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.09.2013 zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Akten der Beklagten und der weiteren beigezogenen Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine höhere Altersrente unter Annahme des Nachweises weiterer Zeiten nach dem FRG hat.

Der Kläger hat nicht belegen können, dass die Beklagte beim Erlass des anschließend bestandskräftig gewordenen Bescheides über seine Altersrente fehlerhaft entschieden hätte. Nach § 44 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

Dabei kommt es bei der Überprüfung auf die rechtliche Situation bei Erlass des Verwaltungsaktes an, während hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten auch die späteren Beweise wie z.B. neue Unterlagen herangezogen werden, um zu prüfen, ob objektiv von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist.
Zwischen den Beteiligten ist unstrittig, dass die Beklagte die Vorschriften zur Berechnung der Altersrente gemäß §§ 63 ff SGB VI grundsätzlich zutreffend angewandt hat. Streitig ist allein, ob sich bei den beim Kläger nach dem FRG anzuerkennenden Zeiten eine andere höhere Entgeltpunktzahl ergibt. Hierbei geht es nach einer von der Beklagten vorgenommenen Teilabhilfe noch um die Zeiträume vom 01.04.1969 bis 08.02.1972 und vom 16.02.1972 bis 16.09.1974.

Der Kläger ist als Vertriebener anerkannt und gehört damit zum Personenkreis des § 1 Satz 1 lit. a FRG. Nach § 15 Abs. 1 FRG stehen für den Personenkreis des FRG Beitragszeiten, die bei einem nicht-deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Die Beklagte hat unter Auswertung des Arbeitsbuchs des Klägers aus der ehemaligen UdSSR eine beitragspflichtige Beschäftigung des Klägers auch in den Zeiträumen vom 01.04.1969 bis 08.02.1972 und vom 16.02.1972 bis 16.09.1974 angenommen gehabt und der Rentenberechnung im zu überprüfenden Bescheid vom 09.11.2001 zu Grunde gelegt gehabt. Da das Arbeitsbuch nur Beginn und Ende der jeweiligen Beschäftigungszeiträume bescheinigt, aber keine Angaben zu etwaigen Ausfalltatbeständen während des Beschäftigungszeitraumes enthält, werden die Angaben aus dem Arbeitsbuch nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sowie des erkennenden Senats (z.B. BSG, Urt. v. 21.08.2008, Az. B 13/4 R 25/07 R; LSG Bayern, Urt. v. 17.01.2007, Az. L 19 R 584/05) nur als Mittel der Glaubhaftmachung, nicht aber als geeigneter Nachweis für eine lückenlose Beitragszahlung in den entsprechenden Zeiträumen anerkannt. Dementsprechend ist nicht zu beanstanden gewesen, dass die Beklagte bei der Ermittlung von Entgeltpunkten nach § 22 FRG zum Ergebnis gekommen war, dass für die nur mit Einträgen im Arbeitsbuch belegten Zeiten von Beitragszeiten auszugehen war, die nicht nachgewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht sind und für die deshalb nach § 22 Abs. 3 FRG die ermittelten Entgeltpunkte um 1/6 gekürzt werden.

Im Zuge des Überprüfungsverfahren hat der Kläger in erheblichem Umfang neue Unterlagen beigebracht und vorgelegt, durch die die Beklagte für umfangreiche Zeitabschnitte die lückenlose Beitragszahlung als nachgewiesen angesehen hat und deshalb die diesen Zeiten zugeordneten Entgeltpunkte nunmehr bei 6/6, d.h. ohne Kürzung, belassen hat. Dies hatte als Nebenfolge, dass beim Kläger die Voraussetzungen für die Zuerkennung von zusätzlichen Mindestentgeltpunkten bei geringem Arbeitsverdienst (§ 262 SGB VI) nicht mehr erfüllt waren und ein solcher Zuschlag nun nicht mehr zu berücksichtigen war. Die dem Kläger nun zuerkannten Entgeltpunkte überschreiten außerdem bereits die in § 22 b FRG normierte Höchstgrenze von 25 Entgeltpunkten; gleichwohl können dem Kläger weitere Entgeltpunkte über diese Kappungsgrenze hinaus zuerkannt werden, da diese Vorschrift für ihn nicht gilt, nachdem er bereits deutlich vor 1996 nach Deutschland zugezogen ist (Stichtag nach Art. 6 § 4b Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz FANG war der 07.05.1996).

Der Kläger hat zur Überzeugung des Senats den Nachweis einer Beschäftigung mit durchgehender Beitragszahlung d.h. ohne bedeutsame Ausfallzeiten wie längere Krankheitszeiten oder unbezahlte Arbeitsunterbrechungen für die noch strittigen Zeiträume nicht geführt.

Originaldokumente oder beglaubigte Kopien von Unterlagen über die Abführung von Rentenbeiträgen des Klägers in der ehemaligen UdSSR liegen nicht vor. Stattdessen sind Bescheinigungen erstellt worden, die auf den in Archiven noch vorhandenen Originalunterlagen beruhen sollen. Solche Bescheinigungen können nur dann überhaupt als Nachweis dienen, wenn es keine Zweifel daran gibt, dass sie die Originalunterlagen fehlerfrei wiedergeben. Außerdem muss die Sicherheit bestehen, dass die nötigen Angaben auch tatsächlich in den Originalunterlagen vorhanden gewesen sind.

Die im erstinstanzlichen Verfahren in Bezug genommene Bescheinigung vom 12.04.2011 hat der Kläger nicht vorgelegt; sie ist auch in seinen Unterlagen nicht auffindbar gewesen.
Sie fällt als Nachweismittel aus.

Für die Bescheinigung Nr. 1575 vom 22.02.2011 ergibt sich die fehlende Nachweisqualität eindeutig schon daraus, dass diese Bescheinigung auf das Arbeitsbuch als Quelle gestützt ist. Folgerichtig sind auch nur Angaben zu Beschäftigungszeiträumen, nicht aber zu Ausfalltatbeständen für eine Beitragsentrichtung vorhanden. Die Bescheinigung kann jedoch nicht mehr Nachweisqualität haben als die Originalquelle, aus der wie oben bereits dargelegt die Zeiten nur als glaubhaft gemacht anzusehen sind.

Die Bescheinigungen Nr. 12-1/24 vom 05.03.2010, Nr. 12-1/3897 vom 12.10.2012 und Nr. 12-1/4581 vom 27.11.2012 sind durch dieselbe Stelle ausgestellt worden. Sie geben an auf Arbeitstabellen, Lohnzahllisten und Urlaubsgrafiken zu beruhen, die von Buchhaltung und Kaderabteilung bereitgestellt worden seien. Der auffällige Unterschied betrifft die Einträge für das Jahr 1972 konkret vom 03.01.1972 bis 08.02.1972: Die zeitlich zuerst erstellte Bescheinigung weist 50 gearbeitete Tage mit 300 gearbeiteten Stunden ohne Angaben zum Urlaub aus, während die später erstellten den Eintrag 33 gearbeitete Tage mit 198 gearbeiteten Stunden enthalten und ferner zum Urlaub angeben, dass der Kläger keinen gehabt hätte. Weiter ist wie in den Vorjahren am Ende der Zeile verzeichnet, dass kein unentschuldigtes Fehlen in der Arbeit und auch keine Krankheitsfehltage bestanden hätten. Gleichzeitig ist aber vermerkt, dass es Krankenlisten (andere Übersetzung: Krankenblätter) nicht gegeben habe.

Zu den Unterlagen hatte die Beklagte zu recht darauf hingewiesen, dass 50 Arbeitstage in der Zeit vom 03.01.1972 bis 08.2.1972 ausgeschlossen seien, da in diesen Zeitraum nur 37 Kalendertage fallen würden. Die erste Bescheinigung muss also bereits aus logischen Gründen unzutreffend sein. Dies bedeutet aber nicht zwingend, dass die späteren Bescheinigungen richtig sein müssen. Zunächst ist festzuhalten, dass nähere Angaben zur Ursache der später geänderten Angaben nicht gemacht worden sind. So bleibt unklar, ob die neueren Bescheinigungen mit der dort vorgenommenen Korrektur einer offensichtlich unmöglichen Angabe auf einen Fehler bei der Übertragung oder einen Fehler im Archiv reagieren wollten. Deutlich wird jedoch, dass den Angaben zu Arbeitstagen und Arbeitsstunden offensichtlich nicht zwei unabhängige Quellen zu Grunde gelegen haben, sondern eine schlichte Umrechnung der Arbeitstage in Arbeitsstunden erfolgt sein muss, weil sonst die Erstreckung des Fehlers über beide Einträge nicht zu erklären wäre. Anzumerken ist auch, dass bei einer 6 Tage Woche mit freiem Sonntag im Jahr 1972 in diese Zeit nur 32 Arbeitstage gefallen wären, was die Sicherheit, dass die neueren Angaben zutreffend sein könnten, weiter mindert.

Als zusätzlicher Unsicherheitsfaktor wirkt die Bescheinigung Nr. 04-11/1228-I vom 21.09.2009: Die dort für das Jahr 1972 verzeichneten 318 Arbeitstage entsprechen nicht der Summe der Arbeitstage aus den Bescheinigungen Nr. 12-1/4581 und Nr. 12-1/4582 jeweils vom 27.11.2012 (33 + 268 = 301 und nicht 318); dagegen würde die Summenbildung unter Verwendung des als unrichtig angesehenen Teilwertes von 50 Arbeitstagen für die Zeit vom 03.01.1972 bis 08.02.1972 zu genau diesem Wert führen (50 + 268 = 318). Dies ist ein Indiz dafür, dass bereits in den Archivunterlagen eine fehlerhafte Datenangabe vorhanden sein könnte. Allerdings ist dann erst recht unverständlich, wieso später 33 Arbeitstage für diesen Teilzeitraum bescheinigt worden sind.

Völlig unklar bleibt, wie in den Bescheinigungen ohne das Vorhandensein von Krankenlisten eine Aussage zu den Fehltagen wegen Krankheit gemacht werden können soll. Die von der Klägerseite ins Spiel gebrachte Lesart, dass ein Krankenblatt für den Kläger wegen seiner fehlenden Erkrankungen gar nicht angelegt oder zumindest nicht aufgehoben worden sein könnte, widerspricht allen Erfahrungen, weil in den bisher bekannten Fällen stets die Angaben nicht individuell für Beschäftigte, sondern für ganze Abteilungen o.ä. gelistet wurden und es auszuschließen ist, dass eine solche Gesamtliste sofern man Krankheitstage überhaupt erhoben hat nur wegen der speziellen gesundheitlichen Situation des Klägers nicht angelegt worden sein könnte. Außerdem würde selbst wenn man eine individuelle Aufzeichnung für möglich hielte ein nicht vorhandenes Krankenblatt keinen Beleg für das Fehlen von Erkrankungen darstellen. Dazu müsste es zumindest eine Praxis dafür gegeben haben, dass man diese Blätter erst beim Eintritt einer Erkrankung angelegt hätte, worauf es keinerlei Hinweise gibt. Einen Nachweis dafür, dass in diesem Zeitraum keine Krankheitszeiten vorgelegen hätten, sieht der Senat wegen der Unklarheiten und Unstimmigkeiten bisher nicht als geführt.

Die Bescheinigungen Nr. 12-1/25 vom 05.03.2010 und Nr. 12-1/4582 vom 27.11.2012 ähneln den für den Zeitraum zuvor erstellten und weisen untereinander einen Unterschied beim für das Jahr 1974 eingetragenen Urlaub auf: Einmal 36 Tage und einmal "nicht gehabt". Abgesehen davon, dass hier für die zunächst vorgelegte Bescheinigung keine logische Unrichtigkeit ersichtlich ist, sind die übrigen Bewertungsprobleme identisch, insbesondere die Ausführungen zu den fehlenden Unterlagen bzgl. Krankentagen. Auch hier ist der Nachweis somit nicht vollständig geführt und es bleiben bedeutsame Restzweifel hinsichtlich einer lückenlosen Beitragszahlung.

Zudem hat bereits das Sozialgericht Nürnberg darauf hingewiesen, dass ohne die sonst in Bescheinigungen übliche Zuordnung von Arbeitstagen und Ausfallzeiten zu Kalendermonaten der Nachweis einer lückenlosen Beitragszahlung zusätzlich erschwert ist.

Nachdem der Kläger den erforderlichen Nachweis einer lückenlosen Beitragszahlung in den strittigen Zeiträumen nicht geführt hat, verbleibt es dabei, dass diese Zeiten nur als glaubhaft gemacht anzusehen sind. Die Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung sind somit im Ergebnis nicht zu beanstanden und die Berufung war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved