L 7 AS 849/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 16 AS 423/14
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 849/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Durch Eingliederungsverwaltungsakt kann die Sache nach einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit auferlegt werden, wenn die ausgeübte selbstständige Tätigkeit über längere Zeit hinweg aufstockende Leistungen nach dem SGB II notwendig gemacht hat.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 7. August 2014 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die 1959 geborene Klägerin wendet sich gegen den Eingliederungsverwaltungsakt des Beklagten vom 13.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2014, mit dem ihr aufgegeben wurde, sich mindestens zweimal pro Woche um eine versicherungspflichtige Beschäftigung zu bemühen.

Die Klägerin bezieht vom Beklagten seit 01.12.2012 Leistungen nach dem SGB II in Bedarfsgemeinschaft mit ihrem 1959 geborenen Ehemann. Der Ehemann ist selbständig und betreibt eine Gärtnerei. Die Klägerin selbst hat eine geringfügige Tätigkeit im Umfang von vier Arbeitsstunden an zwei Tagen in der Woche in einem Drogeriemarkt. Daneben unterstützt sie ihren Ehemann unentgeltlich in dessen Gärtnerei und im Verkauf. Die aufstockenden, zunächst vorläufig bewilligten Leistungen des Beklagten an die Bedarfsgemeinschaft lagen im mit Bescheid vom 01.08.2014 endgültig festgesetzten Zeitraum vom 01.12.2013 bis 31.05.2014 zwischen 721,82 Euro (Februar 2014) und 865,05 Euro (Januar 2014).

Nachdem die KIägerin an dieser Konstellation festhalten wollte, erließ der Beklagte den streitgegenständlichen Eingliederungsverwaltungsakt vom 13.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2014. Mit der von der Klägerin und ihrem Ehemann beharrlich verteidigten Konstellation der wenig ertragreichen Selbständigkeit und dem Zuverdienst der Klägerin aus der geringfügigen Beschäftigung sei auf absehbare Zeit Hilfebedürftigkeit nicht zu beseitigen. Vielmehr habe die Klägerin sich ernsthaft um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bewerben.

Hiergegen erhob die Klägerin rechtzeitig Klage zum Sozialgericht Augsburg. Sie müsse unentgeltlich zur Entlastung ihres Ehemannes in der Gärtnerei und im Verkauf mitarbeiten, um die Gärtnerei am Leben zu erhalten. Daneben arbeite sie montags und donnerstags je vier Arbeitsstunden in einem Drogeriemarkt. Dies funktioniere nur, weil diese Arbeitstage nicht an Wochenmarkttagen lägen und die Arbeitsstätte sich in unmittelbarer Nähe der Gärtnerei bzw. des Wochenmarktstandes befinde. Dies sei aber bereits jetzt terminmäßig kompliziert genug, wenn Feiertage oder Marktverlegungen vorlägen. Außerdem müsse auch während der Marktverkaufszeiten in der Gärtnerei gelüftet bzw. die Gasheizung abgestellt werden. Schon deshalb sei sie als zweite Arbeitskraft im Betrieb notwendig. Dies sei dem Beklagten in vielen Gesprächen und in mehreren Schreiben mitgeteilt und im Detail erklärt worden. Aus diesem Grund würde sie - wie immer wieder dargelegt - ihren sicheren Minijob nicht aufgeben und ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis beginnen. Ihr Ehemann arbeite nunmehr seit 45 Jahren etwa 100 Stunden in der Woche an so gut wie 50 Wochen im Jahr. Jahrzehntelang hätten sie keinen richtigen Urlaub gemacht. Fehlzeiten wegen Krankheiten könnten sich selbständige kleinere Gärtnereien sowieso nicht leisten, weil sonst innerhalb weniger Wochen das Geschäftskonto dermaßen im Soll wäre, dass es nicht mehr ausgeglichen werden könne. Nur wenn der Geschäftsbetrieb so weiter laufe wie jahrzehntelang praktiziert, sei es möglich, die Jahre bis zu einer Minimalrente noch einigermaßen zu überbrücken. Die Klägerin werde keine Einladung vom Jobcenter mehr annehmen und sich um kein anderes Arbeitsverhältnis kümmern.

Mit Urteil vom 7. August 2014 wies das Sozialgericht Augsburg die Klage als unbegründet ab. Der Eingliederungsverwaltungsakt habe nur eine Gültigkeit bis zum 12.07.2014 gehabt, so dass der Bescheid zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg durch Zeitablauf erledigt gewesen sei. Damit sei die Anfechtungsklage unzulässig geworden. Als Feststellungsklage nach § 55 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei die Klage unbegründet. Der Beklagte sei aufgrund der beharrlichen Weigerung der Klägerin, ihre aktuelle berufliche Situation zu ändern, nicht gehalten gewesen, mit der Klägerin vorrangig über den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung in weitere Verhandlungen einzutreten. Es sei im Januar 2014 offenkundig gewesen, dass die Klägerin hierzu nicht bereit sei. Dies habe die Klägerin nicht zuletzt mit ihrem Schreiben vom 12.10.2013 zum Ausdruck gebracht. Damit habe der Beklagte einen Eingliederungsverwaltungsakt erlassen dürfen. Der Eingliederungsverwaltungsakt vom 13.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2014 sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Das Eingliederungsziel, die Klägerin in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu vermitteln, die sie und ggf. auch ihren Ehemann von Leistungen nach dem SGB II unabhängig machen, stünde es nicht entgegen, dass die Klägerin ihren Ehegatten neben ihrer geringfügigen Tätigkeit in nicht unerheblichem Umfang bei dessen selbständiger Tätigkeit unentgeltlich unterstütze. Vielmehr käme es darauf an, dass die Tätigkeit künftig auch die Hilfebedürftigkeit beenden könne. Hierfür lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor. Selbst unter Anrechnung der bei der Klägerin und ihrem Ehemann vorhandenen Einkommen verbleibe seit Jahren ein offener Hilfebedarf in erheblichem Umfang. Es sei nicht ersichtlich, dass sich dies in naher Zukunft ändern könne. Es sei nicht Aufgabe des SGB II, wirtschaftlich nicht tragfähige Selbständigkeit von Leistungsbeziehern zu fördern. Andere inhaltliche Bedenken gegen den Eingliederungsverwaltungsakt bestünden auch nicht. Die Laufzeit und die festgelegten Obliegenheiten ließen keine rechtswidrigen Belastungen erkennen. Die Pflicht zur zweimaligen Bewerbung pro Woche halte sich im Rahmen von angemessenen Eigenbemühungen.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Eine Begründung ist bislang nicht erfolgt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, festzustellen, dass der Eingliederungsverwaltungsakt vom 13.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2014 rechtswidrig war und das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 7. August 2014 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Eingliederungsverwaltungsakt sei zu Recht ergangen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Anders als das Sozialgericht meint, handelt es sich um eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG (BSG Urteil vom 14.02.2013, B 14 AS 195/11 R Rz 16) und nicht um eine Feststellungsklage nach § 55 SGG.

Die zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch unbegründet. Gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wird die Berufung insoweit aus den Gründen der Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg zurückgewiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass die Klägerin mit ihrem Begehren erfolglos blieb.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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