Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 10 R 996/15 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 R 506/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Formelle Fehler eines Bescheides bedingen keine offenkundige Rechtswidrigkeit, die zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels führt, wenn diese noch heilbar sind.
2. Die unterlassene Beteiligung nach § 12 SGB X ist bis zum Ende der Tatsacheninstanz heilbar.
3. Im Rahmen einer Betriebsprüfung kann sich die Prüfbehörde auch ausschließlich auf - ausgewertete - Akten des Hauptzollamtes stützen, wenn keine Anhaltspunkte für weitergehende Erkenntnisse bestehen.
2. Die unterlassene Beteiligung nach § 12 SGB X ist bis zum Ende der Tatsacheninstanz heilbar.
3. Im Rahmen einer Betriebsprüfung kann sich die Prüfbehörde auch ausschließlich auf - ausgewertete - Akten des Hauptzollamtes stützen, wenn keine Anhaltspunkte für weitergehende Erkenntnisse bestehen.
I. Der Beschluss des Sozialgerichts München vom 18. Juni 2015, mit dem die aufschiebende Wirkung der Klage vom 20.10.2014 gegen den Bescheid vom 5. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2014 angeordnet wurde, wird aufgehoben.
II. Der Antragsteller und Beschwerdegegner trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Dem Antragsteller und Beschwerdegegner wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt H. beigeordnet.
IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 34.082,27 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Streitig ist im Hauptsacheverfahren eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen samt Säumniszuschlägen durch die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (Bf.) in einer Gesamthöhe von 68.164,53 Euro für die Zeit vom 01.04.2006 bis 31.07.2010 vom Antragsteller und Beschwerdegegner (Bg.). Mit Bescheid vom 21.02.2006, bestandskräftig seit 29.04.2008, untersagte das Landratsamt B-Stadt dem Bg. die Fortführung seiner gewerblichen Tätigkeit als Einzelunternehmer im Baubereich wegen Unzuverlässigkeit. Das Gewerbe wurde am 28.08.2008 abgemeldet. Nach Abmeldung des Gewerbes ergaben Ermittlungen des Hauptzollamtes R-Stadt (HZA), dass der Bg. trotz Gewerbeuntersagung weiterhin Leistungen im Baubereich erbrachte und sich dabei Mitarbeitern bediente, die nicht bei der Sozialversicherung angemeldet waren. Nachdem das HZA ein Ermittlungsverfahren gegen den Bg. wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuung von Arbeitsentgelt eingeleitet hatte, wandte sich das HZA an die Bf. mit der Bitte um Amtshilfe insbesondere im Hinblick auf die Schadensberechnung. Mit Schreiben vom 17.03.2012 teilte die Bf. dem HZA mit, dass sich nach Auswertung der vom HZA vorgelegten Unterlagen eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 48.317,53 Euro ergebe; hinzu kämen Säumniszuschläge in Höhe von 19.847,00 Euro, so dass sich eine Gesamtforderung i.H.v. 68.164,53 Euro ergäbe. Diese Summe fand sich auch im abschließenden Ermittlungsbericht des HZA, der dem Bg. vom HZA mit Schreiben vom 19.04.2014 zur Kenntnis übersandt wurde. Dem Ermittlungsbericht ist weiter zu entnehmen, dass keine Zeugen vernommen wurden, aber vom HZA die Wohnung und ehemaligen Geschäftsräume des Bg. sowie die Geschäftsräume des Steuerbüros des Bg. untersucht wurden und Unterlagen und Gegenstände sichergestellt worden seien. Nach Abschluss der Ermittlungen des HZA leitete die Bf. ein Betriebsprüfungsverfahren ein und hörte den Bg. mit Schreiben vom 04.07.2012 an. Aufgrund der Auswertung der Ermittlungsunterlagen des HZA würden Sozialversicherungsbeiträge samt Säumniszuschlägen durch die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (Bf.) in einer Gesamthöhe von 68.164,53 Euro nachgefordert. Dabei wurde dem Bg. mitgeteilt, dass er gegen Aufzeichnungspflichten verstoßen habe und die Bf. deshalb eine weitere Sachaufklärung nicht herbeiführen könne. Gegebenenfalls könne eine andere Entscheidung erfolgen, wenn der Bg. weitere entscheidungserhebliche Unterlagen vorlege. Nachdem der Bg. hierauf nicht reagiert hatte, erließ die Bf. am 05.09.2005 einen Betriebsprüfungsbescheid nach § 28p Abs. 1 SGB IV i. V. m. § 2 Abs. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, gestützt auf die Ermittlungsergebnisse des HZA, mit einer Gesamtforderung von 68.164,53 Euro. Zeugen vernahm die Bf. nicht. Betroffene Mitarbeiter, die namentlich bekannt waren, wurden nicht am Verwaltungsverfahren beteiligt. Gegen den Bescheid legte der Bg. Widerspruch ein. In der Hauptverhandlung beim Amtsgericht B-Stadt am 21.02.2013 wurde der Bg. in 13 Fällen des Vorenthaltens und der Veruntreuung von Arbeitsentgelt schuldig gesprochen, wobei sich das Urteil lediglich auf die Zeit von 2009 bis August 2010 bezog und auf einem Geständnis des Bg. basierte, wonach in dieser Zeit Beiträge in Höhe von 7.797,53 Euro nicht abgeführt worden waren. Im Strafverfahren wurden keine als Beschäftigte in Frage kommenden Personen als Zeugen vernommen. Den Widerspruch des Bg. vom 08.10.2012 wies die Bf. mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2014 als unbegründet zurück. Die Gesamtforderung basiere auf den Ermittlungsergebnissen des HZA. Hiergegen erhob der Bg. Klage zum Sozialgericht München am 20.10.2014, die dort noch anhängig ist. Mit Schreiben vom 28.03.2015 beantragte der Bg. einstweiligen Rechtsschutz. Mit Beschluss vom 18.06.2015 ordnete das Sozialgericht München die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 05.09.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.09.2014 an. Zwar habe der Gesetzgeber grundsätzlich die sofortige Vollziehung von Betriebsprüfungsbescheiden angeordnet; nur wenn besondere Umstände vorlägen, könne ausnahmsweise das Interesse des vom Verwaltungsakt Belasteten in den Vordergrund treten. Eine summarische Prüfung habe jedoch ergeben, dass gegen den streitgegenständlichen Bescheid erhebliche rechtliche Bedenken bestünden, die für eine Umkehr der gesetzgeberischen Wertung für den Regelfall spräche und damit für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Der Bescheid leide unter formeller Rechtswidrigkeit. Zum einen läge ein Verstoß gegen § 12 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB X vor. Die als Beschäftigte des Bg. in Frage kommenden und zum Teil auch namentlich bekannten Personen seien von der Bf. nicht über die Einleitung des Verfahrens benachrichtigt worden, was aber notwendig gewesen sei, da die Mitarbeiter des Bf. im nachfolgenden Gerichtsverfahren nach § 75 Abs. 2 SGG notwendig beizuladen seien. Zudem läge ein Verstoß gegen § 12 Abs. 2 Satz 1 SGB X vor, da eine Unterrichtung der als Beschäftigte in Frage kommenden namentlich bekannten Personen über ihr Beteiligungsrecht nicht erfolgt und eine Ermessensentscheidung über die Beteiligung von Betroffenen durch die Bf. nicht getroffen worden sei. Auch bestünden inhaltlich Bedenken gegen den Bescheid, da dieser im Wesentlichen nur auf die strafverfahrensrechtlichen Ermittlungen des HZA gestützt seien. Die Bf. Habe eine eigene sozialverfahrensrechtliche Betriebsprüfung nicht beim Bg. selbst durchgeführt, insbesondere keine eigenen Ermittlungen vorgenommen. Dadurch sei dem Amtsermittlungsgrundsatz aus § 20 SGB X nicht Genüge getan worden. Hiergegen hat die Bf. Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des erlassenen Bescheides bestünden nicht. Nach § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X seien Personen auf Antrag zum Verwaltungsverfahren hinzuzuziehen, soweit der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung auf diese Person habe. Ein solcher Antrag liege von den betroffenen Arbeitnehmern nicht vor. Vom Bescheid sei nur der Bg. betroffen. Ein Verstoß gegen § 12 Abs. 2 Satz 1 SGB II liege ebenfalls nicht vor. Es sei kein Antrag gestellt worden und eine Ermessensentscheidung über die Beteiligung von Personen sei nicht notwendig gewesen. Auch ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 SGB X liege nicht vor. Der Bg. habe nur für zwei Arbeitnehmer Lohnaufzeichnungen geführt. Die anderen Entgelte seien anhand ermittelter Stunden und letztlich über einen Vergleich von Umsatz zu den gezahlten Entgelten ermittelt worden. Kennzeichen der illegalen Beschäftigung sei es gerade, dass sie im Verborgenen stattfinde und Arbeitgeber, die der illegalen Beschäftigung Vorschub leisten, nur unzureichend Lohn- und Personalunterlagen führten. Nachdem die Räumlichkeiten des Bf. durchsucht und dort Unterlagen gesichert wurden, konnten lediglich diese vorliegenden Daten und Unterlagen durch den Bf. ausgewertet werden. Es sei klar gewesen, dass eine weitere Erhebung nicht zielführend sei, weil das HZA mit seinen Möglichkeiten bereits alles Erdenkliche getan habe, um an beweiserhebliche Unterlagen und Daten zu kommen. Zudem habe der Bg. schon aufgrund des Anhörungsschreibens die Möglichkeit gehabt, am Verfahren mitzuwirken und weitere ggf. entscheidungserhebliche Unterlagen vorzulegen. Dies habe er jedoch nicht getan. Der Bg. hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Mit Schreiben vom 16.07.2015 hat er Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt H. gestellt. Er verweist in der Sache im Wesentlichen auf die Entscheidung des Sozialgerichts, die er für zutreffend hält.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Das Gericht hat im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit davon abgesehen, die betroffenen Kranken-/Pflegeversicherungsträger und die Bundesagentur für Arbeit bereits im Verfahren über die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beizuladen (vgl. Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Beschluss vom 21.10.2009 - L 5 KR 344/09 B ER). Die Beschwerde ist auch begründet. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, wie sie das Sozialgericht ausgesprochen hat, ist aufzuheben. Eine Aussetzung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nicht veranlasst. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Diese Regelung gilt während eines Widerspruchs- und Gerichtsverfahrens. Die Entscheidung erfordert eine Interessenabwägung der relevanten öffentlichen und privaten Belange bei Gewährung oder Nichtgewährung des vorläufigen Rechtsschutzes sowie eine Abschätzung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache. Nach dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Regel- und Ausnahmeverhältnis besteht regelmäßig ein überwiegendes Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Nachforderungsbescheides, wie er hier angefochten ist. Eine Abweichung von diesem Regel- Ausnahmeverhältnis kommt nur in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen (dazu unten unter 1.) oder die Vollziehung eine unbillige Härte zur Folge hätte (dazu unten unter 2.).
1. Die vom Sozialgericht getroffene Entscheidung entspricht im Ergebnis nicht diesem Maßstab. Eine derartige Rechtswidrigkeit des Bescheides, die ausnahmsweise unter Abkehr vom gesetzlichen Regelfall des Sofortvollzuges den Aufschub der Vollziehung des Bescheides im Wege der gerichtlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung notwendig machen würde, ist nicht erkennbar. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob überhaupt ein Verstoß gegen § 12 SGB X vorliegt. Einen Antrag nach § 12 SGB X auf Beteiligung am Verwaltungsverfahren hat niemand gestellt. Das Sozialgericht hätte - um einen Verstoß gegen § 12 SGB X annehmen zu können - feststellen müssen, welche namentlich bekannten Personen aufgrund des Regelungsgehaltes des Bescheides (vgl. insoweit zur notwendigen Personenbezogenheit eines Bescheides BSG, Urteil vom 10.10.2002, B 12 KR 12/01 R, Rz. 14 sowie BSG, Urteil vom 31.10.2010, B 12 R 15/11 R, Rz. 10 zur nicht bestehenden Notwendigkeit einer Beiladung von Arbeitnehmern bei Summenlohnbescheiden) über das Verwaltungsverfahren informiert und daran beteiligt werden müssen. Weiter wäre zu klären gewesen, welche Arbeitnehmer als "geborene" Beteiligte im Sinne von § 12 SGB X (vgl. dazu Vogelgesang in Hauck/Noftz SGB, 09/07, § 12 SGB X Rz. 10) hätten informiert und am Verwaltungsverfahren formal beteiligt werden müssen bzw. welche Arbeitnehmer als lediglich "gekorene" Beteiligte (vgl. dazu Vogelgesang a.a.O. Rz. 11) durch die Bf. hätten informiert werden und im Rahmen ihres Entschließungsermessens ("kann") am Verwaltungsverfahren beteiligt werden können. Bei nicht personenbezogenen Bescheiden ist eine Benachrichtigung namentlich bekannter Arbeitnehmer, die nicht gekorene Beteiligte sind, in Bezug auf § 12 SGB X jedenfalls nicht notwendig (BSG, Urteil vom 09.08.2006, B 12 KR 22/05 R). Selbst wenn ein Verstoß gegen § 12 SGB X vorliegen würde, läge darin kein Grund die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid anzuordnen, wie sich auch aus dem Beschluss des BayLSG vom 04.12.2013, L 5 R 652/13 B ER ergibt, auf den das Sozialgericht in seinen Entscheidungsgründen richtigerweise auch Bezug genommen hat. Das BayLSG hat in seiner Entscheidung allerdings dargelegt, dass ein Verstoß gegen § 12 SGB X keine derartige offensichtliche Rechtswidrigkeit eines Bescheides bewirkt, die die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigt. Vielmehr hat das Bayer. Landessozialgericht in dieser Entscheidung einen Verstoß gegen § 12 SGB X als von so untergeordneter Bedeutung angesehen, dass gerade eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung hier nicht in Frage kommt. Denn formale Fehler bei Erlass eines Bescheides, die bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz heilbar sind (vgl. § 41 Abs 2 SGB X), bedingen lediglich eine aktuelle, aber keine endgültige Rechtswidrigkeit und führen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes letztlich nicht dazu, dass der Bescheid - so lange er heilbar ist - nicht vollzogen werden darf (BayLSG a.a.O Rz 26 und Rz 34). Evtl hier vorhandene formelle Fehler nach § 12 SGB X würden zwar nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens durch den Widerspruchsbescheid fortbestehen. Bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz können formelle Fehler wegen § 41 Abs. 2 SGB X durch Nachholung auch während des Gerichtsverfahrens geheilt werden (anders noch vor der entsprechenden Änderung von § 41 Abs. 2 SGB X BSG Urteil vom 22.06.1983, 12 RK 73/82 Rz16: Heilung nur vor Klageerhebung möglich). Alternativ zur Heilung durch die Behörde über § 41 Abs. 2 SGB X könnte auch das Sozialgericht im Laufe des Verfahrens betroffene Arbeitnehmer befragen und diese unter Anwendung von § 75 SGG am Verfahren beteiligen. Nach dem Urteil des BSG vom 22.06.1983, 12 RK 73/82, kann ein Gericht klären, ob zwingend zu Beteiligende, die nicht im Verwaltungsverfahren nach § 12 SGB X beteiligt wurden, überhaupt am Verfahren beteiligt werden wollen (BSG a.a.O Rz. 19, vgl auch LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 28.05.2014, L 4 R 148/13 Rz 28 zur Befragung Betroffener zur Vermeidung der Wiederholung des Verwaltungsverfahrens während des Gerichtsverfahrens aufgrund eines Verstoßes gegen § 12 SGB X ) und falls dies der Fall gewesen sein sollte, danach feststellen, ob die Nichtbeteiligung eines zwingend zu Beteiligten oder damit gegebene Verfahrensmängel überhaupt kausal für die getroffene Entscheidung war. Nur bei vorliegender Kausalität ist dann auch von einer Rechtswidrigkeit des Bescheides insgesamt auszugehen (BSG, a. a. O., Rz. 20). Auch ein eventuell bestehender Verfahrensmangel nach § 20 SGB X führt wegen § 41 Abs 2 SGB X nicht zur offensichtlichen Rechtswidrigkeit des Bescheides (so ausdrücklich BayLSG Beschluss vom 04.12.2013, L 5 R 652/13 B ER, Rz. 28). Hier ist im Übrigen auch kein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz feststellbar, der sich ansonsten auch auf die inhaltliche Richtigkeit des Bescheides auswirken könnte (vgl. BayLSG Urteil vom 07.10.2014, L 5 R 571/14). Die Bf. hat sich nicht lediglich auf die Ermittlungen des HZA gestützt. Vielmehr hat die Bf. alle vorhandenen Unterlagen im Rahmen der Betriebsprüfung nochmals eigenständig ausgewertet und zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht. Mangels Mitwirkung des Bg. konnten keine weiteren Feststellungen im Hinblick auf weitere betroffene, namentlich bislang nicht bekannte Personen gemacht werden. Eine Zeugeneinvernahme der namentlich bekannten Personen (bzw nach deren evtl Beiladung nur noch eine Bitte um deren Aussage) war angesichts der hier vorhandenen schriftlichen Unterlagen nicht notwendig, da keine Anhaltspunkte für neue, über die Urkunden hinausgehende Erkenntnisse vorhanden waren und die Bf. nicht verpflichtet war, ohne konkrete Anhaltspunkte ins Blaue hinein zu ermitteln. Hinsichtlich der Höhe der Nachforderung hat sich die Bf. ebenfalls zutreffend auf die vorhandenen Unterlagen gestützt. Fehler bei der Berechnung der Höhe der Sozialversicherungsbeiträge und der Säumniszuschläge sind nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen.
2. Eine Aussetzung ist auch nicht wegen einer unbilligen Härte veranlasst. Die Aussetzung kann gemäß § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG auch dann erfolgen, wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Auch dabei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber mit der Formulierung des § 86a Abs. 2 und Abs. 3 SGG ein Regelausnahmeverhältnis dergestalt geschaffen hat, dass im Regelfall ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung haben soll. Daher ist § 86a SGG ebenfalls eng auszulegen (Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86a Rz. 12). Für eine unbillige Härte im Sinn von § 86a SGG wurde nichts vorgetragen und es sind auch keine Anhaltspunkte hierfür ersichtlich. Im Ergebnis ist der Beschwerde daher stattzugeben und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung aufzuheben.
3. Dem Antrag des Bg. auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren und Beiordnung von Rechtsanwalt H. war gemäß § 73a SGG i.V.m. §§ 114, 115 Zivilprozessordnung (ZPO) stattzugeben. Der Bg. ist als Einzelunternehmer beitragspflichtig und damit grundsätzlich prozesskostenhilfeberechtigt (vgl. etwa SG Hildesheim Beschluss vom 10.10.2014, S 14 R 382/12 ER Rz 33 und Rz 74 und allgemein zu Einzelunternehmern BFH Beschluss vom 30.11.1989, VIII S 14/98 Rz 21).Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Bg. lassen nach dessen Angaben die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zu. Erfolgsaussichten waren nach § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht zu prüfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt gemäß § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. § 47 Abs. 2 Gerichtskostengesetz. Ausschlaggebend für den Streitwert ist die Höhe der Beitragsnachforderung, inklusive der erhobenen Säumniszuschläge, die im Eilverfahren für die Bestimmung des Streitwerts nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 17.03.2015, L 7 R 186/15 B ER) zur Hälfte zugrunde gelegt wird.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
II. Der Antragsteller und Beschwerdegegner trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Dem Antragsteller und Beschwerdegegner wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt H. beigeordnet.
IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 34.082,27 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Streitig ist im Hauptsacheverfahren eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen samt Säumniszuschlägen durch die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (Bf.) in einer Gesamthöhe von 68.164,53 Euro für die Zeit vom 01.04.2006 bis 31.07.2010 vom Antragsteller und Beschwerdegegner (Bg.). Mit Bescheid vom 21.02.2006, bestandskräftig seit 29.04.2008, untersagte das Landratsamt B-Stadt dem Bg. die Fortführung seiner gewerblichen Tätigkeit als Einzelunternehmer im Baubereich wegen Unzuverlässigkeit. Das Gewerbe wurde am 28.08.2008 abgemeldet. Nach Abmeldung des Gewerbes ergaben Ermittlungen des Hauptzollamtes R-Stadt (HZA), dass der Bg. trotz Gewerbeuntersagung weiterhin Leistungen im Baubereich erbrachte und sich dabei Mitarbeitern bediente, die nicht bei der Sozialversicherung angemeldet waren. Nachdem das HZA ein Ermittlungsverfahren gegen den Bg. wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuung von Arbeitsentgelt eingeleitet hatte, wandte sich das HZA an die Bf. mit der Bitte um Amtshilfe insbesondere im Hinblick auf die Schadensberechnung. Mit Schreiben vom 17.03.2012 teilte die Bf. dem HZA mit, dass sich nach Auswertung der vom HZA vorgelegten Unterlagen eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 48.317,53 Euro ergebe; hinzu kämen Säumniszuschläge in Höhe von 19.847,00 Euro, so dass sich eine Gesamtforderung i.H.v. 68.164,53 Euro ergäbe. Diese Summe fand sich auch im abschließenden Ermittlungsbericht des HZA, der dem Bg. vom HZA mit Schreiben vom 19.04.2014 zur Kenntnis übersandt wurde. Dem Ermittlungsbericht ist weiter zu entnehmen, dass keine Zeugen vernommen wurden, aber vom HZA die Wohnung und ehemaligen Geschäftsräume des Bg. sowie die Geschäftsräume des Steuerbüros des Bg. untersucht wurden und Unterlagen und Gegenstände sichergestellt worden seien. Nach Abschluss der Ermittlungen des HZA leitete die Bf. ein Betriebsprüfungsverfahren ein und hörte den Bg. mit Schreiben vom 04.07.2012 an. Aufgrund der Auswertung der Ermittlungsunterlagen des HZA würden Sozialversicherungsbeiträge samt Säumniszuschlägen durch die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (Bf.) in einer Gesamthöhe von 68.164,53 Euro nachgefordert. Dabei wurde dem Bg. mitgeteilt, dass er gegen Aufzeichnungspflichten verstoßen habe und die Bf. deshalb eine weitere Sachaufklärung nicht herbeiführen könne. Gegebenenfalls könne eine andere Entscheidung erfolgen, wenn der Bg. weitere entscheidungserhebliche Unterlagen vorlege. Nachdem der Bg. hierauf nicht reagiert hatte, erließ die Bf. am 05.09.2005 einen Betriebsprüfungsbescheid nach § 28p Abs. 1 SGB IV i. V. m. § 2 Abs. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, gestützt auf die Ermittlungsergebnisse des HZA, mit einer Gesamtforderung von 68.164,53 Euro. Zeugen vernahm die Bf. nicht. Betroffene Mitarbeiter, die namentlich bekannt waren, wurden nicht am Verwaltungsverfahren beteiligt. Gegen den Bescheid legte der Bg. Widerspruch ein. In der Hauptverhandlung beim Amtsgericht B-Stadt am 21.02.2013 wurde der Bg. in 13 Fällen des Vorenthaltens und der Veruntreuung von Arbeitsentgelt schuldig gesprochen, wobei sich das Urteil lediglich auf die Zeit von 2009 bis August 2010 bezog und auf einem Geständnis des Bg. basierte, wonach in dieser Zeit Beiträge in Höhe von 7.797,53 Euro nicht abgeführt worden waren. Im Strafverfahren wurden keine als Beschäftigte in Frage kommenden Personen als Zeugen vernommen. Den Widerspruch des Bg. vom 08.10.2012 wies die Bf. mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2014 als unbegründet zurück. Die Gesamtforderung basiere auf den Ermittlungsergebnissen des HZA. Hiergegen erhob der Bg. Klage zum Sozialgericht München am 20.10.2014, die dort noch anhängig ist. Mit Schreiben vom 28.03.2015 beantragte der Bg. einstweiligen Rechtsschutz. Mit Beschluss vom 18.06.2015 ordnete das Sozialgericht München die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 05.09.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.09.2014 an. Zwar habe der Gesetzgeber grundsätzlich die sofortige Vollziehung von Betriebsprüfungsbescheiden angeordnet; nur wenn besondere Umstände vorlägen, könne ausnahmsweise das Interesse des vom Verwaltungsakt Belasteten in den Vordergrund treten. Eine summarische Prüfung habe jedoch ergeben, dass gegen den streitgegenständlichen Bescheid erhebliche rechtliche Bedenken bestünden, die für eine Umkehr der gesetzgeberischen Wertung für den Regelfall spräche und damit für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Der Bescheid leide unter formeller Rechtswidrigkeit. Zum einen läge ein Verstoß gegen § 12 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB X vor. Die als Beschäftigte des Bg. in Frage kommenden und zum Teil auch namentlich bekannten Personen seien von der Bf. nicht über die Einleitung des Verfahrens benachrichtigt worden, was aber notwendig gewesen sei, da die Mitarbeiter des Bf. im nachfolgenden Gerichtsverfahren nach § 75 Abs. 2 SGG notwendig beizuladen seien. Zudem läge ein Verstoß gegen § 12 Abs. 2 Satz 1 SGB X vor, da eine Unterrichtung der als Beschäftigte in Frage kommenden namentlich bekannten Personen über ihr Beteiligungsrecht nicht erfolgt und eine Ermessensentscheidung über die Beteiligung von Betroffenen durch die Bf. nicht getroffen worden sei. Auch bestünden inhaltlich Bedenken gegen den Bescheid, da dieser im Wesentlichen nur auf die strafverfahrensrechtlichen Ermittlungen des HZA gestützt seien. Die Bf. Habe eine eigene sozialverfahrensrechtliche Betriebsprüfung nicht beim Bg. selbst durchgeführt, insbesondere keine eigenen Ermittlungen vorgenommen. Dadurch sei dem Amtsermittlungsgrundsatz aus § 20 SGB X nicht Genüge getan worden. Hiergegen hat die Bf. Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des erlassenen Bescheides bestünden nicht. Nach § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X seien Personen auf Antrag zum Verwaltungsverfahren hinzuzuziehen, soweit der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung auf diese Person habe. Ein solcher Antrag liege von den betroffenen Arbeitnehmern nicht vor. Vom Bescheid sei nur der Bg. betroffen. Ein Verstoß gegen § 12 Abs. 2 Satz 1 SGB II liege ebenfalls nicht vor. Es sei kein Antrag gestellt worden und eine Ermessensentscheidung über die Beteiligung von Personen sei nicht notwendig gewesen. Auch ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 SGB X liege nicht vor. Der Bg. habe nur für zwei Arbeitnehmer Lohnaufzeichnungen geführt. Die anderen Entgelte seien anhand ermittelter Stunden und letztlich über einen Vergleich von Umsatz zu den gezahlten Entgelten ermittelt worden. Kennzeichen der illegalen Beschäftigung sei es gerade, dass sie im Verborgenen stattfinde und Arbeitgeber, die der illegalen Beschäftigung Vorschub leisten, nur unzureichend Lohn- und Personalunterlagen führten. Nachdem die Räumlichkeiten des Bf. durchsucht und dort Unterlagen gesichert wurden, konnten lediglich diese vorliegenden Daten und Unterlagen durch den Bf. ausgewertet werden. Es sei klar gewesen, dass eine weitere Erhebung nicht zielführend sei, weil das HZA mit seinen Möglichkeiten bereits alles Erdenkliche getan habe, um an beweiserhebliche Unterlagen und Daten zu kommen. Zudem habe der Bg. schon aufgrund des Anhörungsschreibens die Möglichkeit gehabt, am Verfahren mitzuwirken und weitere ggf. entscheidungserhebliche Unterlagen vorzulegen. Dies habe er jedoch nicht getan. Der Bg. hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Mit Schreiben vom 16.07.2015 hat er Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt H. gestellt. Er verweist in der Sache im Wesentlichen auf die Entscheidung des Sozialgerichts, die er für zutreffend hält.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Das Gericht hat im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit davon abgesehen, die betroffenen Kranken-/Pflegeversicherungsträger und die Bundesagentur für Arbeit bereits im Verfahren über die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beizuladen (vgl. Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Beschluss vom 21.10.2009 - L 5 KR 344/09 B ER). Die Beschwerde ist auch begründet. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, wie sie das Sozialgericht ausgesprochen hat, ist aufzuheben. Eine Aussetzung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nicht veranlasst. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Diese Regelung gilt während eines Widerspruchs- und Gerichtsverfahrens. Die Entscheidung erfordert eine Interessenabwägung der relevanten öffentlichen und privaten Belange bei Gewährung oder Nichtgewährung des vorläufigen Rechtsschutzes sowie eine Abschätzung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache. Nach dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Regel- und Ausnahmeverhältnis besteht regelmäßig ein überwiegendes Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Nachforderungsbescheides, wie er hier angefochten ist. Eine Abweichung von diesem Regel- Ausnahmeverhältnis kommt nur in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen (dazu unten unter 1.) oder die Vollziehung eine unbillige Härte zur Folge hätte (dazu unten unter 2.).
1. Die vom Sozialgericht getroffene Entscheidung entspricht im Ergebnis nicht diesem Maßstab. Eine derartige Rechtswidrigkeit des Bescheides, die ausnahmsweise unter Abkehr vom gesetzlichen Regelfall des Sofortvollzuges den Aufschub der Vollziehung des Bescheides im Wege der gerichtlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung notwendig machen würde, ist nicht erkennbar. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob überhaupt ein Verstoß gegen § 12 SGB X vorliegt. Einen Antrag nach § 12 SGB X auf Beteiligung am Verwaltungsverfahren hat niemand gestellt. Das Sozialgericht hätte - um einen Verstoß gegen § 12 SGB X annehmen zu können - feststellen müssen, welche namentlich bekannten Personen aufgrund des Regelungsgehaltes des Bescheides (vgl. insoweit zur notwendigen Personenbezogenheit eines Bescheides BSG, Urteil vom 10.10.2002, B 12 KR 12/01 R, Rz. 14 sowie BSG, Urteil vom 31.10.2010, B 12 R 15/11 R, Rz. 10 zur nicht bestehenden Notwendigkeit einer Beiladung von Arbeitnehmern bei Summenlohnbescheiden) über das Verwaltungsverfahren informiert und daran beteiligt werden müssen. Weiter wäre zu klären gewesen, welche Arbeitnehmer als "geborene" Beteiligte im Sinne von § 12 SGB X (vgl. dazu Vogelgesang in Hauck/Noftz SGB, 09/07, § 12 SGB X Rz. 10) hätten informiert und am Verwaltungsverfahren formal beteiligt werden müssen bzw. welche Arbeitnehmer als lediglich "gekorene" Beteiligte (vgl. dazu Vogelgesang a.a.O. Rz. 11) durch die Bf. hätten informiert werden und im Rahmen ihres Entschließungsermessens ("kann") am Verwaltungsverfahren beteiligt werden können. Bei nicht personenbezogenen Bescheiden ist eine Benachrichtigung namentlich bekannter Arbeitnehmer, die nicht gekorene Beteiligte sind, in Bezug auf § 12 SGB X jedenfalls nicht notwendig (BSG, Urteil vom 09.08.2006, B 12 KR 22/05 R). Selbst wenn ein Verstoß gegen § 12 SGB X vorliegen würde, läge darin kein Grund die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid anzuordnen, wie sich auch aus dem Beschluss des BayLSG vom 04.12.2013, L 5 R 652/13 B ER ergibt, auf den das Sozialgericht in seinen Entscheidungsgründen richtigerweise auch Bezug genommen hat. Das BayLSG hat in seiner Entscheidung allerdings dargelegt, dass ein Verstoß gegen § 12 SGB X keine derartige offensichtliche Rechtswidrigkeit eines Bescheides bewirkt, die die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigt. Vielmehr hat das Bayer. Landessozialgericht in dieser Entscheidung einen Verstoß gegen § 12 SGB X als von so untergeordneter Bedeutung angesehen, dass gerade eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung hier nicht in Frage kommt. Denn formale Fehler bei Erlass eines Bescheides, die bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz heilbar sind (vgl. § 41 Abs 2 SGB X), bedingen lediglich eine aktuelle, aber keine endgültige Rechtswidrigkeit und führen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes letztlich nicht dazu, dass der Bescheid - so lange er heilbar ist - nicht vollzogen werden darf (BayLSG a.a.O Rz 26 und Rz 34). Evtl hier vorhandene formelle Fehler nach § 12 SGB X würden zwar nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens durch den Widerspruchsbescheid fortbestehen. Bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz können formelle Fehler wegen § 41 Abs. 2 SGB X durch Nachholung auch während des Gerichtsverfahrens geheilt werden (anders noch vor der entsprechenden Änderung von § 41 Abs. 2 SGB X BSG Urteil vom 22.06.1983, 12 RK 73/82 Rz16: Heilung nur vor Klageerhebung möglich). Alternativ zur Heilung durch die Behörde über § 41 Abs. 2 SGB X könnte auch das Sozialgericht im Laufe des Verfahrens betroffene Arbeitnehmer befragen und diese unter Anwendung von § 75 SGG am Verfahren beteiligen. Nach dem Urteil des BSG vom 22.06.1983, 12 RK 73/82, kann ein Gericht klären, ob zwingend zu Beteiligende, die nicht im Verwaltungsverfahren nach § 12 SGB X beteiligt wurden, überhaupt am Verfahren beteiligt werden wollen (BSG a.a.O Rz. 19, vgl auch LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 28.05.2014, L 4 R 148/13 Rz 28 zur Befragung Betroffener zur Vermeidung der Wiederholung des Verwaltungsverfahrens während des Gerichtsverfahrens aufgrund eines Verstoßes gegen § 12 SGB X ) und falls dies der Fall gewesen sein sollte, danach feststellen, ob die Nichtbeteiligung eines zwingend zu Beteiligten oder damit gegebene Verfahrensmängel überhaupt kausal für die getroffene Entscheidung war. Nur bei vorliegender Kausalität ist dann auch von einer Rechtswidrigkeit des Bescheides insgesamt auszugehen (BSG, a. a. O., Rz. 20). Auch ein eventuell bestehender Verfahrensmangel nach § 20 SGB X führt wegen § 41 Abs 2 SGB X nicht zur offensichtlichen Rechtswidrigkeit des Bescheides (so ausdrücklich BayLSG Beschluss vom 04.12.2013, L 5 R 652/13 B ER, Rz. 28). Hier ist im Übrigen auch kein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz feststellbar, der sich ansonsten auch auf die inhaltliche Richtigkeit des Bescheides auswirken könnte (vgl. BayLSG Urteil vom 07.10.2014, L 5 R 571/14). Die Bf. hat sich nicht lediglich auf die Ermittlungen des HZA gestützt. Vielmehr hat die Bf. alle vorhandenen Unterlagen im Rahmen der Betriebsprüfung nochmals eigenständig ausgewertet und zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht. Mangels Mitwirkung des Bg. konnten keine weiteren Feststellungen im Hinblick auf weitere betroffene, namentlich bislang nicht bekannte Personen gemacht werden. Eine Zeugeneinvernahme der namentlich bekannten Personen (bzw nach deren evtl Beiladung nur noch eine Bitte um deren Aussage) war angesichts der hier vorhandenen schriftlichen Unterlagen nicht notwendig, da keine Anhaltspunkte für neue, über die Urkunden hinausgehende Erkenntnisse vorhanden waren und die Bf. nicht verpflichtet war, ohne konkrete Anhaltspunkte ins Blaue hinein zu ermitteln. Hinsichtlich der Höhe der Nachforderung hat sich die Bf. ebenfalls zutreffend auf die vorhandenen Unterlagen gestützt. Fehler bei der Berechnung der Höhe der Sozialversicherungsbeiträge und der Säumniszuschläge sind nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen.
2. Eine Aussetzung ist auch nicht wegen einer unbilligen Härte veranlasst. Die Aussetzung kann gemäß § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG auch dann erfolgen, wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Auch dabei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber mit der Formulierung des § 86a Abs. 2 und Abs. 3 SGG ein Regelausnahmeverhältnis dergestalt geschaffen hat, dass im Regelfall ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung haben soll. Daher ist § 86a SGG ebenfalls eng auszulegen (Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86a Rz. 12). Für eine unbillige Härte im Sinn von § 86a SGG wurde nichts vorgetragen und es sind auch keine Anhaltspunkte hierfür ersichtlich. Im Ergebnis ist der Beschwerde daher stattzugeben und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung aufzuheben.
3. Dem Antrag des Bg. auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren und Beiordnung von Rechtsanwalt H. war gemäß § 73a SGG i.V.m. §§ 114, 115 Zivilprozessordnung (ZPO) stattzugeben. Der Bg. ist als Einzelunternehmer beitragspflichtig und damit grundsätzlich prozesskostenhilfeberechtigt (vgl. etwa SG Hildesheim Beschluss vom 10.10.2014, S 14 R 382/12 ER Rz 33 und Rz 74 und allgemein zu Einzelunternehmern BFH Beschluss vom 30.11.1989, VIII S 14/98 Rz 21).Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Bg. lassen nach dessen Angaben die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zu. Erfolgsaussichten waren nach § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht zu prüfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt gemäß § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. § 47 Abs. 2 Gerichtskostengesetz. Ausschlaggebend für den Streitwert ist die Höhe der Beitragsnachforderung, inklusive der erhobenen Säumniszuschläge, die im Eilverfahren für die Bestimmung des Streitwerts nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 17.03.2015, L 7 R 186/15 B ER) zur Hälfte zugrunde gelegt wird.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved