L 8 SO 235/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 SO 144/13
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 235/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. § 14 SGB IX ist lex specialis zu § 43 SGB I. Ein Zuständigkeitsstreit besteht bei Weiterleitung des Antrags nicht mehr.
2. § 98 Abs. 5 SGB XII erfordert Formen des betreuten Wohnens sowie kein Überwiegen von Leistungen der Pflege oder anderer Eingliederungshilfe.
3. Der Landesgesetzgeber kann die sachliche Zuständigkeit nach dem Gesamtfallgrundsatz regeln und hier auf die Lebensformen der Betreuung in einer Wohngemeinschaft abstellen (hier: Art. 82 AGSG Bayern).
4. Je nach Regelungszweck kann der Begriff des betreuten Wohnens unterschiedlich ausgelegt werden.
5. Bei gleichzeitiger Erbringung mehrerer Leistungen der Sozialhilfe in der Form des betreuten Wohnens genügt zur Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit bereits ein geringfügiger Anteil an Eingliederungshilfe, damit der überörtliche Träger zuständig ist (Art. 82 Abs. 2 AGSG .Bayern); Anschluss an das Urteil des Bayer. Landessozialgericht vom 21.2.2013, Az.: L 18 SO 85/10.
6. Der Schutz des Einrichtungsortes in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten gem. § 97 Abs. 5 SGB XII besteht nur, wenn nicht überwiegend Pflegeleistungen erbracht werden (Anschluss an Urteil des BSG vom 25.08.2011, (B 8 SO 7/10 R).
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12. August 2014 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten, beide überörtliche Träger der Sozialhilfe, streiten um die Erstattung von Kosten, die der Kläger im Zeitraum vom 3.10.2013 bis 30.6.2014 für Leistungen an die Hilfeempfängerin (Leistungsberechtigte S. S.) aufgewandt hat.

Die Leistungsberechtigte legte im Bezirk des Klägers im Jahr 2013 das Abitur ab und verzog am 20.9.2013 in das Gebiet des Beklagten. Dort studierte sie seit dem Wintersemester 2013/2014 an der Universität, die im Gebiet der Beigeladenen liegt.

Während der Schulzeit hatte der Kläger die Kosten eines Schulhelfers als Eingliederungshilfe übernommen. Denn die Leistungsberechtigte leidet von Geburt an an einer spinalen Muskelatrophie und kann nicht stehen oder gehen und nur bedingt frei sitzen. Für die Fortbewegung ist ein elektrischer Rollstuhl notwendig; die Armkraft ist stark eingeschränkt. Sie ist auch nachts auf ständige Hilfe angewiesen, muss insbesondere mehrmals umgelagert werden. Sie ist seitens der gesetzlichen Pflegeversicherung in die Pflegestufe III eingeordnet. Den Umzug sowie die Aufnahme des Studiums hatte die Leistungsberechtigte dem Kläger unter Übersendung des am 10.5.2013 unterzeichneten Hilfeplanungs-, Entwicklungs- und Abschlussberichtsbogens (HEB-Bogen) vom 29.4.2013 mitgeteilt und am 16.5.2013 (Eingang) Leistungen beantragt.

Der Kläger übersandte dem Beklagten den Antrag am 21.5.2013, weil in dessen Bereich die Hochschule liege. Dieser sandte am 29.5.2013 den Antrag an den Kläger zurück, weil es sich um ambulant betreutes Wohnen handle. Nach § 98 Abs. 5 SGB XII sei danach der bisherige Sozialhilfeträger zuständig.

Nach Rücksprache mit dem Beklagten und der Beigeladenen bewilligte der Kläger mit Bescheid vom 13.9.2013 Eingliederungshilfe und ambulante Hilfe zur Pflege in Form von Hochschulhilfe und persönlicher Assistenz laut Kostenvoranschlag des Zentrums für selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V. - Assistenzorganisation - ZSL - A-Stadt in Höhe von bis zu 16.202,93 EUR pro Monat und machte gleichzeitig gegenüber dem Beklagten und gegenüber der Krankenkasse einen Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X geltend. Mit Bescheid vom 29.11.2013 übernahm der Kläger auch die Kosten für ein Assistentenzimmer in Höhe von 100,00 EUR monatlich.

Zuvor erfolgten Schriftwechsel und Telefonate mit dem Beklagten. Gleichzeitig sandte der Kläger Schreiben in Kopie an die Beigeladene, damit diese über die beantragten ambulanten Hilfen zur Pflege ggf. in Absprache mit dem Beklagten entscheiden könne. Am 13.9.2013 erstellte der Sozialpädagogisch-Medizinische Dienst nach Durchführung eines Hilfeplangespräches eine fachliche Stellungnahme

Am 9.12.2013 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 29.11.2013 Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) wegen der bisher angefallenen Kosten erhoben.

Mit Beschluss vom 4.7.2014 hat das SG die Stadt A-Stadt zum Verfahren beigeladen.

Durch Urteil vom 12. August 2014 hat das SG den Beklagten verurteilt, dem Kläger die im Zeitraum vom 3.10.2013 bis 30.6.2014 für die Leistungsberechtigte entstandenen Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 122.288,02 EUR zu erstatten. Dabei hat es auch eine zulässige Klageerweiterung angenommen. Zur Begründung führt das SG an, dass der Kläger gemäß § 102 SGB X Erstattung vom Beklagten verlangen könne. Denn dieser habe gemäß § 43 Abs. 1 SGB I vorläufig mit Bescheid vom 13.9.2013 Leistungen gewährt. Nach der objektiven Rechtslage sei aber der Beklagte zuständig gewesen. Die örtliche Zuständigkeit ergebe sich aus § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Es liege kein ambulant betreutes Wohnen im Sinne von § 98 Abs. 5 SGB XII vor. Nach der Rechtsprechung (BSG Urteil vom 25.8.2011, B 8 SO 7/10) dürfe es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein. Hier entfielen aber von den täglich insgesamt 22,5 Stunden Assistenz lediglich 6 Stunden 22 min auf die Assistenz zum selbstbestimmten Leben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, während der Vorlesungszeit sogar nur 1 Stunde 39 min. Die sachliche Zuständigkeit richte sich nach Art. 82 Abs. 2 AGSG. Nach dieser Vorschrift gelte § 97 Abs. 4 SGB XII entsprechend, wenn Eingliederungshilfe durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft erbracht werde. Art. 82 Abs. 2 AGSG regele somit eine Allzuständigkeit. Anders als bei der Auslegung von § 98 Abs. 5 SGB XII komme es bei Art. 82 Abs. 2 AGSG nicht auf den Schwerpunkt der Maßnahme an. Entscheidend sei, dass überhaupt - wenn auch nur zu einem kleinen Teil - Leistungen der Eingliederungshilfe erbracht würden (vgl. BayLSG Urteil vom 21.2.2013, L 18 SO 85/10). Grund für die abweichende Auslegung sei insbesondere der mit der Neufassung von Art. 82 AGSG verfolgte Zweck, Zuständigkeitsstreitigkeiten zu vermeiden und Leistungen aus einer Hand zur Verfügung zu stellen. Betreutes Wohnen in diesem Sinne liege vor. Die Assistenz beinhalte neben der Hochschulhilfe die Hilfe "zu Hause", u.a. zum Empfang von Besuch in der Wohnung, für Bürotätigkeiten wie Schreibtisch ordnen oder Briefe öffnen sowie für das Bedienen technischer Geräte. Jedenfalls ein Teil der erbrachten Leistung bestehe somit in der Erbringung von Eingliederungsleistungen "durch" Betreuung in betreutem Einzelwohnen. Anders als vom Beklagten behauptet, liege Eingliederungshilfe nicht nur bei der Erbringung pädagogischer Hilfe vor. Eingliederungshilfe sei auch bei rein körperlich behinderten Leistungsempfängern möglich. So gehörten z.B. gerade Hilfen zur Vermittlung gesellschaftlicher Kontakte zum Bereich der Eingliederungshilfe, §§ 55, 58 SGB IX.

Gegen das am 3.9.2014 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 25.9.2014 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt.

Diese wurde zunächst damit begründet (Schriftsatz vom 25.9.2014), dass es sich der Art nach bei der Betreuung im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII nicht um überwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln dürfe. Da aber bei der Leistungsempfängerin immerhin über 6 Stunden täglich auf Assistenz zum selbstbestimmten Leben entfielen, müsse ein hinreichend genügender Bedarf an Eingliederungshilfe im Sinne von § 98 Abs. 5 SGB XII angenommen werden. Damit bleibe der Träger zuständig, der unmittelbar vor Eintritt in diese Wohnform zuständig gewesen sei. Dem hat der Kläger widersprochen (Schriftsatz vom 1.10.2014). Hauptzielrichtung bei der Maßnahme der Leistungsempfängerin sei nicht die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Bei einer sozial integrierten Abiturientin mit sehr guten Noten müssten die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Wohnen nicht vermittelt werden. Im Vordergrund stehe vielmehr die aufgrund der schweren körperlichen Behinderung erforderliche pflegerische Hilfe. Der Senat hat den Kläger um Stellungnahme zu Aktivitäten des Gesetzgebers gebeten. Dieser hat mitgeteilt (Schriftsatz vom 16.1.2015), dass die unterschiedliche Interpretation des Begriffs "betreutes Wohnen" in § 98 Abs. 5 SGB XII und Art. 82 Abs. 2 AGSG zwar zu Besprechungen beim Verband der bayerischen Bezirke geführt habe. Im Gesetzgebungsverfahren selbst habe sich aber nichts Neues zugetragen.

Der Senat hat dann anschließend eine Stellungnahme des ZSL eingeholt. Danach wird die Pflege nach einem Dreieck organisiert: Kunde, Assistenzkraft und Assistenzbegleitung, die für die Koordination der Assistenzorganisation zuständige Person. Zur Organisation selbst wird unter Punkt 4 des vorgelegten Konzepts beschrieben, dass seit Einführung der Pflegeversicherung ein Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI abgeschlossen worden sei und dass das ZSL ein nach SGB XI zugelassener, anerkannter Pflegedienst sei. Darüber hinaus sei die Assistenzorganisation Leistungserbringer für Menschen mit Behinderungen, die über die Pflegeversicherung hinaus auf Leistungen nach dem SGB XII angewiesen seien. Seit 2010 sei der überörtliche Sozialhilfeträger für diese Leistung im Rahmen der Eingliederungshilfe oder Hilfe zur Pflege zuständig, der seine Leistungen auf eine Grundlage einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII erbringe.

Dazu nahm der Kläger erneut Stellung (Schriftsatz 29.7.2015). Die Leistungsempfängerin sei intellektuell überhaupt nicht beeinträchtigt und bedürfe keiner Betreuung allgemeiner Art. Bei § 98 Abs. 5 SGB XII sei ein hauptsächliches Ziel bzw. ein Schwerpunkt erforderlich. Danach sei eine ambulant betreute Wohnmöglichkeit zu bejahen, wenn der Hilfebedürftige die Wohnung selbst anmiete und darin durch qualifiziertes Fachpersonal regelmäßig ambulante Betreuungsmöglichkeiten im Rahmen eines Gesamtkonzepts angeboten würden, welche auf die Vermittlung von Fähigkeiten und Kenntnissen zu selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet seien. Später (Schriftsatz 12.10.2015) hat der Kläger auch noch auf ein Urteil des LSG Berlin-Brandenburg verwiesen (Urteil vom 11.12.2014, Az.: L 23 SO 106/13). Danach orientiere sich der Begriff des betreuten Wohnens im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII an dem Begriff des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.

Der Berufungskläger (Beklagter) beantragt, die Klage unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 12. August 2014 abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12. August 2014 zurückzuweisen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft und wurde form- und fristgerecht erhoben.

Die Wertvorschriften sind erfüllt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG). Die Klage ist auch beziffert. Ein Grundurteil wäre bei einer Leistungsklage unzulässig.

Es handelt sich um eine echte Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 5 SGG. Diese erfordert keine besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen. Das Rechtsschutzbedürfnis war jedenfalls gegeben, da die Leistungszuständigkeit umstritten war.

Insbesondere bedurfte es keiner Beiladung der Hilfebedürftigen nach § 75 Abs. 2 1. Alt SGG (sog echte notwendige Beiladung), weil es sich bei dem vom Kläger als Rehabilitationsträger (§ 6 SGB IX iVm Art. 81 Gesetz zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG)) mittels einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) geltend gemachten Erstattungsanspruch des § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX nicht um einen von der Rechtsposition des Leistungsempfängers abgeleiteten, sondern um einen eigenständigen Anspruch handelt, der nur die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen Kläger und Beklagtem betrifft (vgl. BSG vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R - Rn. 10 m.w.N., zuletzt BSG, Urteil vom 23.7.2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3 Rn. 9).

Gegenstand der Klage ist die Erstattung für zunächst einen Zeitraum vom 3.10.2013 bis Ende November 2013 (Klageeingang). Später erfolgte dann eine Klageerweiterung, die vom SG als sachdienlich erachtet worden ist, und damit auch der Berufung zugrunde liegt. Somit geht es um die Erstattung von Aufwendungen in Höhe von insgesamt 122.288,02 EUR für den Zeitraum vom 3.10.2013 bis zum 30.6.2014.

Das Urteil des Sozialgerichts erging zu Recht.

Ein Erstattungsanspruch des Klägers (Bezirk Schwaben) besteht gemäß § 105 SGB X (unter 1). Denn der Kläger und Berufungsbeklagte hat als unzuständiger Leistungsträger geleistet, obwohl der Berufungskläger sachlich (unter 2) und örtlich (unter 3) und in der verlangten Höhe (unter 4) zur Leistung verpflichtet war. 1. Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs des Klägers gegen den Beklagten ist hier § 14 Abs. 4 S. 3 2. HS SGB IX i.V.m. § 105 Abs. 1 S. 1 SGB X. Der Beklagte hätte gem. § 14 Abs. 2 S. 3 SGB IX (als zweitangegangener Leistungsträger) leisten müssen. Die Vorschrift dient der schnellen Klärung des zuständigen Rehabilitationsträgers, damit der behinderte Mensch trotz des gegliederten Systems der sozialen Sicherung in kurzer Zeit die entsprechenden Leistungen zur Teilhabe bekommt. Der Rehabilitationsträger, an den der Leistungsantrag abgegeben wurde, ist an diese Abgabe gebunden (Kossens/von der Heide/Maaß/Grauthoff SGB IX § 14 Rn. 17, BeckOK SozR/Jabben SGB IX § 14 Rn. 3-7, beck-online).

Die Vorausetzungen lagen nach § 105 SGB X vor.

a) Am 21.5.2013 übersandte der Kläger den Antrag an den Beklagten. Am 29.5.2013 sandte der Beklagte den Antrag an den Kläger zurück (Eingang dort am 3.6.2013) mit der Begründung, dass es sich um ambulant betreutes Wohnen handle und gemäß § 98 Abs. 5 SGB XII der bisherige Sozialhilfeträger, also der Kläger, zuständig bleibe.

Die Systematik des SGB IX erlaubt es einem Träger nicht, einen Antrag zurückzugeben. Es ist vielmehr gerade Sinn und Zweck des Verfahrensrechts in der Rehabilitation, eindeutige Zuständigkeit zu schaffen und einen Zuständigkeitsstreit zulasten des Leistungsempfängers auszuschalten (vgl. diverse Entscheidungen des erkennenden Senats, Beschlüsse vom 21.1.2015 - L 8 SO 316/14 B ER und vom 25.8.2014 - L 8 SO 190/14 ER -, Rn. 8, juris). Zur Feststellung des Rehabilitationsbedarfs hatte der Beklagte gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX diesen unabhängig von der ihm nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX zugewiesenen, dem materiellen Recht folgenden Zuständigkeit unverzüglich festzustellen und nicht lediglich den nach dem für ihn geltenden materiellen Recht maßgeblichen Rehabilitationsbedarf, sondern in Folge der Zuständigkeitszuweisung nach § 14 Abs. 2 SGB IX auch einen Rehabilitationsbedarf nach sonstigen Rechtsgrundlagen festzustellen. Denn die Zuständigkeitszuweisung des § 14 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zum behinderten Menschen auf alle Rechtsgrundlagen, die in der konkreten Bedarfssituation für Reha-Träger vorgesehen sind (zuletzt BSG 6.3.2013 - B 11 AL 2/12 R, juris Rn. 11 m.w.N., bzw. BSG vom 23.8.2013, Az.: B 8 SO 17/12 R). Im Verhältnis zum behinderten Menschen wird dadurch eine eigene gesetzliche Verpflichtung des zweitangegangenen Trägers begründet, die - vergleichbar der Regelung des § 107 SGB X - einen endgültigen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Leistungen in diesem Rechtsverhältnis bildet (BSG a.a.O.).

b) Der Beklagte war Rehabilitationsträger im Sinne von § 6 SGB IX. Der Begriff der Rehabilitation ist nicht auf die Eingliederungshilfe reduziert. Zudem geht der Streit hier gerade auch darum, ob wegen des Anteils an Eingliederungshilfe an der Gesamtleistung die Zuständigkeit des zweitangegangenen Träges besteht. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 6. SGB IX in der Fassung vom 12.4.2012 können die Träger der Sozialhilfe für Leistungen nach § 5 Nr. 1, 2 und 4 u.a. Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) sein. Zur Teilhabe werden nach § 5 Nr. 4 SGB IX ua. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erbracht (§ 5 SGB IX). Grundsätzlich kommen auch bei pflegebedürftigen Personen Teilhabeleistungen in Betracht, wenn das Teilhebeziel noch annähernd erreichbar ist. Ein hoher Grad der Pflegebedürftigkeit und Rehabilitation schließen sich nicht aus (Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 4 SGB IX, Rn. 34).

Der Antrag vom 16.5.2013 war zudem bei dem Beklagten als einem Träger der Rehabilitation eingegangen. Der erstangegangene Träger muss lediglich abstrakt Rehabilitationsträger sein. Ein umstrittener Bedarf an Rehabilitation wird nicht in eine erste Prüfung der Zuständigkeit hineingezogen. So ist es unerheblich, wenn der Beklagte mit einem Antrag befasst worden ist, der sich uU auch auf Rechtsgrundlagen stützt, für die der Beklagte materiell-rechtlich nicht zuständig ist. Zudem gilt auch für den Beklagten als bayer. Sozialhilfeträger Art. 82 Abs. 2 AGSG.

c) Obwohl er hier als zuerst angegangener Leistungsträger bei unzulässiger Rückleitung geleistet hat, steht dem Kläger dennoch ein Erstattungsanspruch zu. § 14 Abs. 4 Satz 3 SGB IX sieht zwar in dem Falle vor, dass für unzuständige Rehabilitationsträger, die eine Leistung nach Abs. 2 Satz 1 und 2 erbracht haben, § 105 SGB X nicht anzuwenden ist. Obwohl hier der zuerst angegangene Leistungsträger geleistet hat, steht ihm dennoch ein Erstattungsanspruch zu. Nach § 14 Abs. 4 Satz 3 2. HS SGB IX bleibt ein Erstattungs-anspruch doch noch erhalten, wenn die Rehabilitationsträger Abweichendes vereinbaren. Seit dem 1.5.2004 (Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen) können die Rehabilitationsträger zur Abfederung von Härten abweichende Vereinbarungen treffen (Hauck/Noftz/Götze SGB IX § 14 Rn. 24). Zu einer entsprechenden Vereinbarung der Rehabilitationsträger ist es bislang aufgrund von unterschiedlichen Rechtsauffassungen nicht gekommen, so dass Einzelprobleme in Ausnahmefällen durch die Rechtsprechung geklärt werden müssen.

d) Der Senat nimmt hier einen solchen Ausnahmefall an. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts besteht weiterhin ein Erstattungsanspruch, wenn der Leistungsträger faktisch zur Vorleistung gezwungen wird (BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 14/13 R -, Rn. 14, juris). Hier wurde zwar keine Vereinbarung im og Sinne getroffen. Es erfolgte aber eine umfassende Korrespondenz zwischen den Prozessbeteiligten, aus der der Wunsch nach einer grundsätzlichen Klärung hervorgegangen ist. Denn auch der Beklagte hatte Leistungsfälle zu bearbeiten, wegen derer er in ein anderes Bundesland leisten musste. Insbesondere hat der Bezirk Mittelfranken, Frau Ziegler, schon am 26.6.2013 entsprechend einem Telefongespräch um Vorleistung für die beantragte Eingliederungshilfe gebeten. Die örtliche Zuständigkeit war nach wie vor höchst umstritten. Die Mutter der Leistungsempfängerin (eine Rechtsanwältin) hat mit rechtlichen Schritten gedroht (E-mail vom 19.7.2013). Der Kläger sah sich daher zu Recht im Interesse der Leistungsberechtigten faktisch gezwungen, die bei ihr beantragten Maßnahmen zu erbringen (BSG, Urteil vom 20.10.2009 - B 5 R 44/08 R -, BSGE 104, 294-303, SozR 4-3250 § 14 Nr. 9, SozR 4-3250 § 28 Nr. 4, Rn. 17).

e) Nicht als Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs war demnach § 104 SGB X einschlägig. Danach hätte ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht haben müssen (§ 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X). § 14 Abs. 4 SGB IX regelt aber die Aufgabe des zweitangegangenen Rehabilitationsträgers, der aufgrund der Weiterleitung zuständig wurde, als "aufgedrängte Zuständigkeit" und damit allumfassende singuläre Zuständigkeit.

Es bestand - entgegen der Ansicht des SG - keine vorläufige Zuständigkeit nach § 43 SGB I i.V.m. § 102 SGB X (h.M. vgl. BSGE 98, 267, 270 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 4 und Luik in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 14 SGB IX, Rn. 132). Die Regelung des § 14 Abs. 2 SGB IX berücksichtigt die Situation des zweitangegangenen Trägers und begründet einen Ausgleich darauf, dass der zweitangegangene Rehabilitationsträger - bei Vorliegen eines entsprechenden Bedarfs - die erforderlichen Rehabilitationsmaßnahmen selbst dann - auch nach anderen Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuchs - erbringen muss, wenn er der Auffassung ist, hierfür nicht zuständig zu sein (BSG SozR 4-3250 § 14 Nr. 10 Rn. 11). Als Konsequenz hieraus scheidet ein Erstattungsanspruch für den erstangegangenen Träger nach § 102 SGB X regelmäßig mangels Notwendigkeit aus, weil dieser den Leistungsantrag nach § 14 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IX weiterleiten kann (Grube in jurisPK-SGB X, 1. Aufl. 2013, § 102 Rn. 6).

f) Die Ausschlussfrist (§ 111 SGB X) hindert den Anspruch nicht. Danach ist der Erstattungsanspruch ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Die Kenntnis bestand frühestens ab der Bescheiderteilung an die Leistungsempfängerin am 13.9.2013. Bereits am 9.12.2013 wurde Klage erhoben für Leistungen ab dem 3.10.2013. Mit Klageerweiterung vom 31.7.2014 für Zeiten/Leistungen bis zum 30.6.2014 in Höhe von insgesamt 122.288,02 EUR ist die Ausschlussfrist ebenfalls gewahrt. Noch weniger ist eine Verjährung eingetreten (§ 113 Abs. 1 S. 1 SGB X). Der Fristenlauf ist schon durch die Geltendmachung beim SG gehemmt (§ 113 Abs. 1 S. 1 SGB X i.V.m. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

2. Sachlich zuständig ist der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe. Die Länder bestimmen die überörtlichen Träger der Sozialhilfe (§ 3 SGB XII). In Bayern sind dies die Bezirke (§ 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII, Art. 81 AGSG). In Konkurrenz zum Bundesrecht regelt das Landesrecht die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe für Leistungen der Pflege nach den §§ 61 bis 66 (§ 97 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII in der Fassung vom 27.12.2003). Das bayerische Landesrecht weicht (entsprechend der Ermächtigung nach § 98 SGB XII) vom Bundesrecht insoweit ab, als die Leistungen der Hilfe zur Pflege nicht in die Zuständigkeit der Bezirke fallen, wenn diese ambulant erfolgen. Davon besteht aber wieder eine Rückausnahme, wenn neben der Pflege auch Eingliederungshilfe erfolgt. Dann gilt nach Art. 82 Abs. 2 AGSG eine besondere Zuständigkeit aufgrund des Gesamtfallgrundsatzes. § 97 Abs. 4 SGB XII gilt dann entsprechend, wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinn des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht wird (Art. 82 AGSG in der Fassung vom 20.12.2007).

So bestimmt Art. 82 Abs. 1 S. 1 AGSG (neu gef. m.W.v. 1.1.2008 durch G v. 20.12.2007 GVBl S. 979): "Die überörtlichen Träger der Sozialhilfe sind sachlich zuständig 1. für alle Leistungen der Sozialhilfe nach dem Sechsten Kapitel SGB XII, 2. alle übrigen Leistungen der Sozialhilfe, die in stationären oder teilstationären Einrichtungen gewährt werden, 3. die Leistungen der Blindenhilfe nach § 72 SGB XII". Art. 82 Abs. 2 AGSG besagt dagegen: "§ 97 Abs. 4 SGB XII gilt entsprechend, wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinn des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen erbracht wird."

Nach der Ansicht des Senats ist ein Tatbestand gegeben, der die Rechtsfolge des Art. 82 Abs. 2 AGSG rechtfertigt. Im Sinne der sachlichen Zuständigkeit findet bei der Leistungsempfängerin eine Betreuung in einer Wohngemeinschaft statt. Der Wille des Landesgesetzgebers zeigt sich hier insbesondere in der Entstehungsgeschichte, die den Schluss auf eine weit gezogene Auslegung im Sinne des Gesamtfallgrundsatzes erlaubt. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens (Änderungsantrag vom 8.12.2007, Drucksache 15/9458 des Bayer. Landtags) sind zuvor vorgesehene einschränkende Tatbestandsmerkmale gestrichen worden. Zuvor hieß es noch im Entwurf: "wenn Eingliederungshilfe an Behinderte oder von einer Behinderung bedrohte Menschen im Sinn des § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII durch Betreuung in einer therapeutischen Wohngemeinschaft oder in vergleichbar intensiv betreutem Einzelwohnen erbracht wird." Dann wurden unter Nummer 4 b) der Gesetzesbegründung (Drucksache 15/8865, Gliederungspunkt 1.3, S. 10 vom 4.12.2007 des bayerischen Landtags betreffend Art. 82 Abs. 2 AGSG) die Zusätze "therapeutisches bzw. vergleichbar intensives" bei "in einer betreuten Wohngemeinschaft oder in vergleichbar intensiv betreutem Einzelwohnen erbracht" gestrichen. Dies bedeutete damals, dass die Bezirke, die zusätzlich zu ihrer Zuständigkeit für die teilstationäre und stationäre auch die Zuständigkeit für die gesamte ambulante Eingliederungshilfe erhalten haben, für die übrigen Leistungen (z.B. Pflege) auch zuständig werden sollten, wenn in der Form einer betreuten Wohngemeinschaft auch Eingliederungshilfe geleistet wurde. Der Rechtsprechung des 18. Senats des Bayer. LSG (Urteil vom 21.2.2013, Az.: L 18 SO 85/10) ist daher beizupflichten. Der 18. Senat sieht den Gesetzeszweck infrage gestellt, wenn es darauf ankäme, in welchem Umfang Leistungen der Eingliederungshilfe, der Hilfe zur Pflege, der sozialen Pflegeversicherung und gegebenenfalls der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, um zu bestimmen, welcher Sozialhilfeträger für die Erbringung von Leistungen nach dem SGB XII zuständig ist, zumal der anteilige Bedarf in Folge von Änderungen im Gesundheitszustand des Hilfebedürftigen zeitlich variieren könne. Diesem Gedanken schließt sich der erkennende Senat an. Hier kommt es im Übrigen auch nicht auf die Auslegung durch den Verband der Bezirke an, dass der überörtliche Träger nur leisten solle, wenn der Anteil der Eingliederungshilfe in der gesamten Hilfe mehr als unerheblich ist und ein Ausmaß von 2 Stunden erreicht (Ergebnisprotokoll einer Sitzung des Fachausschusses für Soziales des Verbandes der bayerischen Bezirke in Füssen im April 2010). Dabei ist ausgeführt, dass es insbesondere notwendig sei, dass die Eingliederungshilfeleistungen regelmäßig und kontinuierlich erbracht würden, einen Betreuungsschlüssel von mindestens 1 zu 12 bzw. mindestens zwei Fachleistungsstunden direkte Klientenleistung pro Woche umfassten und diese Betreuungsleistungen dem Zweck dienten, die eigenbestimmte Lebensführung durch Unterstützung in der täglichen Lebenswirklichkeit zu verbessern und damit die Fähigkeit im häuslichen nicht stationären Leben zu sichern (Seite 4 des Protokolls).

Von der Klägerin werden verschiedene Arten von Hilfen geleistet. Mit Bescheid vom 13.9.2013 sind Eingliederungshilfe und ambulante Hilfe zur Pflege in Form von Hochschulhilfe und persönliche Assistenz bis zu einer monatlichen Größenordnung von 16.203 EUR bewilligt. Am 13.9.2013 stellte der Sozialpädagogisch-Medizinische Dienst nach Durchführung eines Hilfeplangespräches einen Gesamtbedarf an Assistenz von 22:30 Stunden täglich fest. Die Assistenz zum selbstbestimmten Leben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft wurden dabei während der Vorlesungszeit mit 1:39 Stunden täglich und außerhalb des Semesterbetriebs und an Wochenenden mit 6:22 Stunden täglich festgestellt. An diesen durch eine fachkundige Stelle ermittelten und auch auf den Angaben des Betroffenen beruhenden Umständen hat der Senat keine Zweifel. Damit wird ein unmittelbarer Anteil an der Gesamtleistung für Hilfen zum selbstständigen Wohnen und in der Form des betreuten Wohnens erbracht. Ohne Zweifel ist damit eine entsprechende Anwendung von § 97 Abs. 4 SGB XII anzunehmen. Nach § 97 Abs. 4 SGB XII (Fassung vom 27.12.2003) umfasst die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74 SGB XII.

Zusammenfassend besteht also eine sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe (§ 3 Abs. 3 SGB XII, Art. 81 Abs. 1 AGSG).

3. Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten besteht ebenfalls. Der Studienort der Leistungsempfängerin liegt im Gebiet des Bezirks Mittelfranken (§ 3 Abs. 3 SGB XII, Art. 81 Abs. 1 AGSG, Art. 1 BayKommStaGebG). Damit ist dieser gem. § 98 Abs. 1 SGB XII örtlich zuständig. Die Leistungsberechtigte hält sich dort tatsächlich auf. Sie ist in E. angemeldet, studiert und wohnt dort.

Eine Zuständigkeit der Klägerin gemäß § 98 Abs. 5 SGB XII besteht demgegenüber nicht.

a) Zunächst besteht keine Zuständigkeit nach § 98 Abs. 2 SGB XII, die eine solche nach § 98 Abs. 5 SGB XII ausschlösse. Denn bei der von der Leistungsempfängerin gewählten Wohnform liegt gerade keine stationäre Maßnahme vor. Wesentlich für den Einrichtungsbegriff ist ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist (ständige Rechtsprechung des BVerwGE zuletzt mit Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; sowie des BSG, BSGE 106, 264 ff Rn. 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr. 2 und Urteil vom 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3, Rn. 18) und der der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfen oder der Erziehung dient (vgl. § 13 Abs. 2 SGB XII; näher dazu BSG SozR 4-5910 § 97 Nr. 1 Rn. 15).

Im vorliegenden Fall übernimmt kein Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Leistungsberechtigten. Nach der Aufgabenbeschreibung des Dienstleisters ZSL erfolgt in einer Absprache von Pflegedienstleitung, Klient und Assistenzkraft eine im Wesentlichen durch die Leistungsempfängerin selbst bestimmte Betreuung. Die Leistungsberechtigte meistert auch nach den Bekundungen des Fachdienstes sehr selbstbewusst und selbstbestimmt ihr Leben. Es ist gerade deren erklärtes Ziel, nicht stationär untergebracht zu werden. Dies schließt aber andererseits nicht aus, dass Hilfestellungen im Konzept des "betreuten Wohnens" ambulant erbracht werden.

Das vorgelegte Konzept des Zentrums für selbstbestimmtes Leben beinhaltet für sich genommen keine großen Zweifel an einer Maßnahme der Eingliederungshilfe, die - die Pflege ausgeklammert - als betreutes Wohnen bezeichnet werden kann. Es ist nur so ausgestaltet, dass nach dem Therapiekonzept bzw. dem Hilfeplan aktive, direkte Hilfen entsprechend dem erreichten Grad an Selbstständigkeit des Leistungsberechtigten in den Hintergrund rücken und andere, stärker auf Abruf angelegten Hilfen in den Vordergrund treten. Das Zentrum für selbstbestimmtes Leben schafft letztlich das Ambiente für ein Wohnen außerhalb des Haushalts der Eltern.

In welcher Form eine Leistung tatsächlich erbracht wird, ist dabei allein abhängig von der Art der Hilfe und den konkreten Umständen der Leistungserbringung in jedem Einzelfall (so auch: Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 13 Rn. 17, Stand November 2014; Hohm in Schellhorn/ Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 98 SGB XII Rn. 33). Die Abgrenzung teilstationärer zu stationären Leistungen in Einrichtungen kann deshalb nur anhand zeitlicher Kriterien erfolgen. Wohnt ein Leistungsberechtigter hingegen ohne organisatorische Anbindung und ohne die beschriebene umfassende Betreuung, werden also nur zeitlich begrenzte Hilfen erbracht, liegt eine Leistungserbringung in ambulanter Form (zur Qualifikation als "Betreutes Wohnen" siehe unter b) vor. Ob und wie sich eine Einrichtung bezeichnet, ist für die rechtliche Qualifikation der Leistung ebenso wenig von Belang wie die Bezeichnung der Leistungen in den zwischen Leistungserbringer und den Sozialhilfeträgern abgeschlossenen Vereinbarungen (BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 - B 8 SO 7/14 R -, SozR 4-3500 § 98 Nr. 3, Rn. 19, 20).

b) Dennoch besteht hier kein betreutes Wohnen im Sinne von § 98 Abs. 5 SGB XII. Dem Wortlaut nach wird die Erbringung von Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel "in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten" vorausgesetzt (§ 98 SGB XII in der Fassung vom 20.12.2012). Nach der sprachlich eher verwirrenden Formulierung "Für Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel ... erhalten ..." erstreckt sich die angeordnete Zuständigkeit auf alle Sozialleistungen i.S.d. § 8 SGB XII, die an den Berechtigten erbracht werden und damit auch auf solche, die über die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel hinausgehen (Söhngen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 98 SGB XII, Rn. 55). Mit diesem durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 gegenüber der Fassung vom 21.3.2005 eingefügten Zusatz sollte klargestellt werden, dass sich der Leistungsumfang (Rechtsfolgenseite) auf alle Leistungen erstreckt. Für die aus sprachlicher Sicht denkbare Tatbestandserweiterung ergeben sich keine Anhaltspunkte aus den Gesetzesmaterialien. Damit würde faktisch auch eine Gleichstellung des betreuten Wohnens mit der stationären Unterbringung stattfinden und es käme nicht mehr auf die besondere Zielsetzung eines betreuten Wohnens im Sinne von § 55 SGB IX an. Denn irgendwelche Leistungen der besonderen Kapitel des SGB XII werden mehr oder weniger in jeder Wohngemeinschaft erbracht, ohne dass es dann noch auf die besondere Zielrichtung der Ermöglichung des Führens eines selbstbestimmten Lebens ankäme. So ist in der Begründung des Gesetzentwurfes angeführt, dass die Änderungen der Klarstellung des Gewollten dienten. Die Einfügung der Wörter "nach diesem Buch" verdeutlicht, dass mit der Anknüpfung der örtlichen Zuständigkeit an die vorhergehende örtliche Zuständigkeit alle Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch betroffen seien. Die Einfügung "nach dem Sechsten bis Achten Kapitel" stelle den Regelungsbereich klar (BR Drucksache 617/06 vom 31.8.2006, S 21).

Nach der Gesetzesbegründung (Deutscher Bundestag, Drucksache 15/1514, Seite 67 zum § 93, später § 98 SGB XII) stellt der "neue" Absatz 5 die Zuständigkeit desjenigen Trägers der Sozialhilfe sicher, der vor Eintritt der Person in Formen betreuter ambulanter Wohnmöglichkeiten zuletzt zuständig war. Der Begriff "betreute Wohnmöglichkeiten" orientiere sich an dem des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.

Der Zielsetzung und dem Wortlaut nach unterscheidet sich diese Vorschrift damit von Art 82 Abs. 2 Bay. AGSG. Dort wird "Betreuung in einer Wohngemeinschaft oder in betreutem Einzelwohnen" gefordert und es ist beabsichtigt, im Interesse des Leistungsempfängers entsprechend dem Gesamtfallgrundsatz die Leistung aus einer Hand zu erbringen. § 98 SGB XII hat keine Auswirkungen auf die Frage der sachlichen Zuständigkeit (BT-Drs. 16/2711, S. 11). Ist für die betreute Wohnmöglichkeit (etwa eines behinderten Menschen) der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig, geht eine für die vorherige Hilfeleistung bestehende Zuständigkeit des örtlichen Trägers daher auf ihn über (Adolph in: Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 45. UPD 11/2015, § 98 Örtliche Zuständigkeit, Rn. 74).

Demgegenüber zielt die Tatbestandsseite von § 98 Abs. 5 SGB XII auf den Schutz des Einrichtungsortes ab und verlangt eine Maßnahme des betreuten Wohnens im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Der Charakter der Maßnahme muss im betreuten Wohnen bestehen. So führt auch das BSG mit Urteil vom 25.08.2011 (B 8 SO 7/10 R Rn. 15) an: "Der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten wird im Gesetz nicht näher definiert, hat sich allerdings über den Verweis in § 54 Abs. 1 SGB XII an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu orientieren (BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93). Die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen hat deshalb in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen. Sinn der Betreuungsleistungen beim betreuten Wohnen ist aber nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung aber nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen muss die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein"

Die Betreuung des Hilfeempfängers soll nach den Ausführungen des LSG Baden-Württemberg spezifisch auf die eigenständige Steuerung und Sicherung des Tagesablaufs mit regelmäßiger sozialpädagogischer Hilfe und der Beratung in bestimmten Lebenssituationen im Bereich Wohnen gerichtet sein. Das zu fordernde Konzept muss insbesondere auf die Erhaltung oder Verbesserung der Fähigkeit, sich selbständig in der Wohnung zurecht zu finden, diese eigenverantwortlich sauber zu halten sowie den sozialen Umgang mit Mitbewohnern und anderen Mietern zu erlernen oder zu trainieren, abzielen, um dem Hilfebedürftigen zu ermöglichen, sich innerhalb und außerhalb der Wohnung möglichst selbständig zu bewegen (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 4.5.2011 - L 2 SO 5815/09 -, Rn. 37, juris). Ähnlich hat schon das LSG Berlin-Branden- burg (Urteil vom 8.10.2009, Az.: L 15 SO 267/08) entschieden in einem Fall einer Klägerin, die zu eigenständigen Bewegungsabläufen nicht in der Lage war und für alle Belange des täglichen Lebens auf die Hilfe anderer angewiesen war. Aus der gesetzessystematischen Stellung des § 55 SGB IX folge, so das LSG Berlin-Brandenburg, dass eine betreute Wohnmöglichkeit lediglich eine solche sei, in der Betroffene Angebote zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erhalte. Das sei bei der dortigen Klägerin nicht der Fall. Sie erhalte in ihrer Unterkunft lediglich Hilfen, die ihre gesundheitsbedingte Unfähigkeit ausglichen, die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens selbst ausführen zu können, also Hilfen zur Pflege.

Im speziellen Einzelfall der Leistungsempfängerin stehen hier die Zwecke der Pflege und die Hochschulhilfe eindeutig im Vordergrund. Auch Anteile der sonstigen Assistenz unterfallen der Pflege, da sie z.T. der hauswirtschaftlichen Versorgung oder der Mobilität dienen (§ 14 Abs. 4 Nrn. 3 und 4 SGB XI). Berücksichtigungsfähig sind hier Verrichtungen außerhalb der Wohnung, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind. Erfasst sind damit solche auswärtigen Termine, die Krankenhausaufenthalte und die stationäre Pflege in einem Pflegeheim vermeiden und die das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen. Dies betrifft die von der Leistungsempfängerin beschriebenen Hilfestellungen, ständige Begleitung bei allen Aktivitäten außerhalb der Wohnung (Hilfe beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, Jacke und Schuhe aus- und anziehen, Hilfe beim Essen und Trinken unterwegs). Da der Kopf beim Fahren oft nach vorn falle, müsse er von Assistenten wieder aufgerichtet werden. Darüber hinaus hat sie auch häusliche Krankenpflege für eine Beatmungsassistenz im Umfang von 25 Stunden wöchentlich beantragt, die aber von der Krankenversicherung nicht bewilligt worden ist. Allein der zeitlichen Verteilung nach ist - wie oben bereits dargestellt - die Assistenz zum selbstbestimmten Leben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft mit 1:39 Stunden täglich und außerhalb des Semesterbetriebs und an Wochenenden mit 6:22 Stunden weit geringer als der tägliche Bedarf an Pflege in Höhe von 16:08 Stunden; wobei noch der Hilfebedarf Assistenzhochschulhilfe mit täglich 4:43 Stunden hinzukommt. Die Rechnung des ZLS vom 13.11.2013 für den Zeitraum vom 1. bis 31.10.2013 beläuft sich auf 11.377,51 EUR. Berechnet wurden 141 Stunden Grundpflege und 366 Stunden Assistenz. Sinn der Betreuungsleistungen beim betreuten Wohnen ist aber nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich (Luthe in jurisPK-SGB IX § 55 Rn. 44; Lachwitz in Lachwitz/Schellhorn/Welti, Handkommentar zum SGB IX, 3. Aufl. 2010, § 55 Rn. 65a). Dies spiegelt sich auch unter Kostenaspekten wieder, wenn die Stundensätze für Assistenzleistungen und Grundpflege von 29,29 EUR bzw. mit Nachtzuschlag von 32,16 EUR auf die entsprechenden Zeitkontingente umgelegt werden. Dies ergibt beispielsweise während der Zeit des Vorlesungsbetriebs eine Kostenverteilung von ca. 1400 EUR für Assistenz zum selbstbestimmten Leben gegenüber Gesamtkosten von ca. 15.000 EUR im Monat.

Hier steht die Pflege weit im Vordergrund, so dass diese Betreuungsform eher ihren Rechtsgrund in der Pflegeversicherung findet. Dort wurden mit § 38a SGB XI (Gesetz vom 23.10.2015, BGBl. I S. 2246) zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in "ambulant betreuten Wohngruppen" eingeführt. Es handelt sich dabei um ein gemeinschaftliches Wohnen von regelmäßig mindestens drei Pflegebedürftigen mit dem Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung (§ 38a Abs. 1 Nr. 1 SGB XI). Diese Leistung wird in der Neufassung der Vorschrift zum 1.1.2016 noch deutlicher beschrieben. So muss eine Person, die von den Mitgliedern der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten verrichten oder hauswirtschaftliche Unterstützung leisten (Nr. 3) und es darf keine Versorgungsform vorliegen (Nr. 4), in der der Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 SGB XI für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; der Anbieter einer ambulant betreuten Wohngruppe hat die Pflegebedürftigen vor deren Einzug in die Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass dieser Leistungsumfang von ihm oder einem Dritten in der Wohngruppe nicht erbracht wird, sondern die Versorgung auch durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres sozialen Umfeldes sichergestellt werden kann. Dabei zeigt sich auch, dass schon ein Teil der Betreuungskosten für klassisches betreutes Wohnen die gleiche Zielrichtung hat wie der Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI.

Dies entspricht weit gehend dem Konzept, das das Zentrum für selbstbestimmtes Leben dem Senat in seiner Auskunft vom 16.7.2015, insbesondere mit der Person der Pflegedienstleitung aufgezeichnet hat. Danach ist die Zielrichtung personenzentriert und mit der Bezeichnung "Persönliche Assistenz" versehen. Es werden Dienstleistungen in der Weise angeboten und erbracht, dass die individuellen Anforderungen und Wünsche der Kunden bestmöglich erfüllt werden und sie Ihre Lebenskonzepte verwirklichen können. Das Angebot richtet sich in erster Linie an erwachsene körperbehinderte Menschen. Charakteristisch ist das Dreieck der Interaktion zwischen Kunden, Assistenzkraft und Assistenzbegleitung (die für die Koordination in der Assistenzorganisation zuständige Person). Eine Bindung an eine Wohnung bzw. ein in einer Wohnung gemeinsam miteinander Leben ist hier keinerlei Voraussetzung. Versorgungsverträge sind nach dem SGB XI und nach dem SGB XII abgeschlossen.

Die Leistungen der Pflegeversicherung sind darüber hinaus vorrangig gegenüber den von einer Bedürftigkeitsprüfung abhängigen Sozialleistungen. Nach § 13 Abs. 3 S. 3 SGB XI bleiben Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XII, dem BVG und dem SGB VIII unberührt und sind im Vergleich zu Pflegeversicherung nicht nachrangig, sondern bleiben von der Einführung der Regelung des § 38a SGB XI unberührt (BT-Drs. 17/9369, 41, BeckOK SozR/Diepenbruck SGB XI § 38a Rn. 17-18, beck-online).

Schließlich dienen § 98 Abs. 2 und 5 SGB XII dem sogenannten Schutz des Einrichtungsortes ("für die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich der Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat"). Bei § 98 Abs. 5 SGB XII muss dieser wegen der Gleichstellung in seiner Rechtsfolge mit § 98 Abs. 2 SGB XII durch besondere Angebote des betreuten Wohnens gerechtfertigt sein. Die Neuregelung ab 1.1.2005 dient dem Schutz der Leistungsorte, die Formen des betreuten Wohnens anbieten und finanziell durch den dadurch bedingten Zuzug hilfebedürftiger Menschen überproportional belastet werden (BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 7/10 R -, BSGE 109, 56-61, SozR 4-3500 § 98 Nr. 1, SozR 4-3250 § 55 Nr. 3, SozR 4-3500 § 54 Nr. 7, Rn. 18). Auch dies spricht für die Notwendigkeit überwiegender Betreuungsleistungen, weil ansonsten abweichende Regelungen für Pflegeleistungen getroffen würden, die erkennbar nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen waren.

Zusammenfassend ist auszuführen, dass es dem Senat bewusst ist, dass er innerhalb des Begriffshofs des "betreuten Wohnens" je nach Ziel und Zweck ähnliche Begriffe in den beiden Vorschriften § 98 Abs. 5 SGB XII und § 97 SGB XII (iVm Art. 82 Abs. 2 AGSG) anders auslegt und zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt.

c) Es liegt auch kein Übergangsfall vor, der die Fortwirkung der Zuständigkeit des Klägers rechtfertigt. Die Vorschrift des § 98 Abs. 5 S 2 SGB XII ist so zu verstehen, dass in Fällen eines vor dem 1.1.2005 eingetretenen und fortbestehenden Leistungsfalls des betreuten Wohnens die vor dem 1.1.2005 geltenden Regelungen des BSHG über die örtliche Zuständigkeit weitergelten (vgl. BSG Urteile vom 25.8.2011 - B 8 SO 7/10 R = BSGE 109, 56 = SozR 4-3500 § 98 Nr. 1 und vom 25.4.2013 - B 8 SO 16/11 R -, Rn.17 juris). Eine Leistungsgewährung an sich erfolgte zwar schon vor 2005; nicht aber in einer vergleichbaren Art des betreuten Wohnens, die im übrigen auch für die aktuelle Wohnsituation im Sinne von § 98 Abs. 5 SGB XII nicht gegeben ist. Die Leistungsempfängerin wohnte bei ihren Eltern und erhielt ambulante Eingliederungshilfe durch Kostenübernahme für die individuelle Schulbegleitung zum Besuch des Gymnasiums.

4. Der Erstattungsanspruch ist auch in der geltend gemachten Höhe begründet. Zu seinem Umfang wird auch auf die Ausführungen zur Gesetzesfassung vom 20.12.2012 verwiesen (Gliederungspunkt 3b). Es sind alle Leistungen zu erstatten. Der Anspruch entspricht den im Klageverfahren vorgelegten Rechnungen über den Zeitraum vom 1.10.2013 bis zum 30.6.2014 des Zentrums für selbstbestimmtes Leben Behinderter e.V. für Leistungen gemäß §§ 53 ff. und 61 ff. SGB XII unter Abzug der Leistungen der Pflegekasse und darüber hinaus für Kosten eines Assistenzzimmers als Nebenleistung und eine zusätzliche Assistenz für einen Lehrgang außerhalb der Wohnung. Davon erfolgte der Abzug der Unterhaltsleistungen für 9 Monate. Nach Art. 82 Abs. 2 AGSG ist der Beklagte insgesamt sachlich zuständig und hat demzufolge zumindest die Kosten der Eingliederungshilfe und der Leistung zur Pflege zu übernehmen. Leistungen der Grundsicherung sind im Erstattungsbetrag nicht enthalten.

Das Urteil des SG erging zu Recht. Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. Der Beklagte hat die gesamten Kosten zu tragen. Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 3 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen. Es handelt sich bei der zentralen Streitfrage um die einfache Auslegung einer Vorschrift des Bundesrechts, zu der auch schon eine Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorliegt (25.8.2011 B 8 SO 7/10 R). Der Senat weicht hiervon nicht ab.
Rechtskraft
Aus
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