L 17 U 89/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 11 U 53/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 89/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen der Feststellung einer Hautkrankheit als Berufskrankheit Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordung - § 44 SGB X
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 14.01.2014 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Anerkennung einer durch Tonerstaub bedingten Hauterkrankung als Berufskrankheit Nr. 5101 (BK 5101) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).

Die Klägerin absolvierte von 1982 bis 1985 eine Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin. Anschließend arbeitete sie ab 01.11.1985 bei der Firma S. zunächst in der Produktion. Hier setzte sie Platinen zusammen; Lötarbeiten verrichtete sie nicht. Nach einer Kinderpause von 1990 bis 1993 verrichtete sie ein Jahr lang nochmals die geschilderte Tätigkeit. Von 1994 bis 1995 schulte sie zur EDV-Sachbearbeiterin um. Danach war sie wiederum bei der Firma S. beschäftigt und verrichtete zunächst Computerarbeiten in einem Büro ohne Umgang mit Tonerstäuben. Von 1996 bis 2000 arbeitete sie im Versandbüro. Danach zog sie in ein Großraumbüro um.

Am 07.10.2007 erstattete die Betriebsärztin Dr. P. ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit wegen Verschlimmerung der Hauterkrankung durch allergische Reaktion auf Tonerstaub. Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen über die Klägerin bei und führte eine Arbeitsplatzanalyse durch. In der "Stellungnahme Arbeitsplatz Exposition-Atemwegserkrankung BK 4301/4302/5101" vom 25.04.2008 verneinte der Technische Aufsichtsdienst (TAD) das Vorliegen einer gesundheitsschädigenden Einwirkung im Sinne der genannten Ziffern. Nach dem Bericht über die Gefahrstoffmessungen zur Beurteilung einer Berufskrankheit vom 05.08.2008 konnten nach den am 15.07.2008 im Großraumbüro und im Druckerraum durchgeführten Messungen keine gesuchten Stoffe (Nickelsulfat, Kobalt, Kobaltchlorid, Ozon) in der Luft nachgewiesen werden. In der Gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 21.04.2009 verneinte Dr. S. das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen einer BK Nr. 5101.

Mit Bescheid vom 26.05.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 5101 sowie die Gewährung von Leistungen zum Abwenden des Eintritts einer BK ab. Bereits im September 1986 sei hautärztlicherseits ein allergisches Kontaktekzem angezeigt worden. Da die angezeigten Allergien durch geeignete Schutzmaßnahmen hätten gemieden werden können, sei kein Feststellungsverfahren erfolgt. Auch sei damals schon bekannt gewesen, dass die Nickelallergie außerberuflich erworben worden sei. In arbeitstechnischer Hinsicht seien aufgrund der jetzt durchgeführten Messergebnisse keine gesundheitsschädigenden Einwirkungen im Sinne einer Berufskrankheit Nr. 5101 festgestellt worden. Gegen die Annahme eines allergischen Kontaktekzems spreche, dass sich die Hautveränderungen in Gestalt und Lokalisation typisch für eine Schuppenflechte darstellten. Auf den Widerspruch der Klägerin vom 04.09.2009 hin wies die Beklagte auf den bindend gewordenen Bescheid über die Ablehnung einer BK 5101 hin. Die Klägerin stellte daraufhin einen Überprüfungsantrag.

Mit Bescheid vom 17.12.2009 (Widerspruchsbescheid vom 19.02.2010) lehnte die Beklagte den Antrag auf Neufeststellung ab. Die Voraussetzungen für eine erneute Sachverhaltsprüfung lägen nicht vor. Bereits im Januar 2008 habe die Klägerin telefonisch geschildert, dass der Druckerraum nie geputzt worden sei, weshalb sie manchmal selbst geputzt hätte. Dies sei in der Akte mittels Aktenvermerk niedergeschrieben worden. Insofern läge kein neuer Sachverhalt vor. Eine Psoriasis vulgaris sowie rezidivierende unspezifische Polyarthralgien seien anlässlich des Aufenthaltes in der Fachklinik Bad B. vom 24.06.1997 bis 31.07.1997 dokumentiert. Auch diese Unterlagen hätten dem staatlichen Gewerbearzt vorgelegen. Nach den Unterlagen der Krankenkasse seien Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Hauterkrankung seit dem letzten stationären Heilverfahren im Jahr 2008, dessen Unterlagen dem staatlichen Gewerbearzt vorlagen, nicht dokumentiert. Eine Psoriasis-Arthralgie oder Psoriasis-Arthritis sei auf körpereigene Reaktionen zurückzuführen. Die im Jahr 2008 festgestellten Cadmiumwerte seien für eine rauchende Person keinesfalls als erhöht zu bewerten und auch die Nickelwerte bewegten sich unterhalb einer toxischen Wirkschwelle.

Dagegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG). Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens des Prof. Dr. B. (B), der in seinem Gutachten vom 23.07.2013, zu dem Ergebnis kommt, bei der Klägerin liege keine BK 5101 vor.

Mit Gerichtsbescheid vom 14.01.2014 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Klage sei nicht begründet, weil die Beklagte das Recht richtig angewandt habe. Es läge keine BK Nr. 5101 vor. Das Gericht folge bei der Beurteilung des medizinischen Sachverhaltes dem Gutachten des B und dem Vorbringen der Beklagten. Weder ein Kontaktekzem noch die Psoriasis seien durch die berufliche Tätigkeit der Klägerin bei der Firma S. rechtlich wesentlich verursacht oder richtungsgebend verschlimmert worden. Es sei aufgrund der Ermittlungen der Beklagten davon auszugehen, dass die Klägerin gegenüber Tonerstaub exponiert gewesen sei. Der genaue Umfang der Exposition könne dahinstehen, weil die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Es fehlten die Ursächlichkeit oder rechtlich wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Tätigkeit der Klägerin für die Entstehung oder Verschlimmerung ihrer Hauterkrankung. Diese sei vielmehr rechtlich wesentlich anlagebedingt entstanden. Beim Abwägen der Verursachungsfaktoren sprächen weit mehr Umstände gegen eine berufliche Verursachung als dafür. Diese Feststellung gälte sowohl für die Kontaktallergie als auch für die Psoriasis. Die für eine Verursachung oder zumindest Verschlimmerung der Hauterkrankung infolge der beruflichen Tätigkeit sprechenden Umstände würden durch eine Vielzahl von Faktoren entkräftet. Die Klägerin leide nachweislich bereits seit ihrem 15. Lebensjahr an Psoriasis. Seit 1994 bestehe eine nahezu durchgehend behandlungsbedürftige Erkrankung mit Nagel- und Gelenkbeteiligung, die zumindest seit 1991 regelmäßig ambulant und ab Juni/Juli 1997 stationär behandelt werden müsste. Bereits 1984 habe sich nach den eigenen Angaben der Klägerin die Psoriasis "extrem verschlimmert", seit 1998 seien alle Körperteile befallen. Damit hätten die Psoriasis und deren Verschlimmerung vor der Aufnahme der Tätigkeit bei der Firma S. bestanden. Eine Nickel-, Kobaltallergie ("Schmuckallergie") habe nachweislich ebenfalls bereits vor Aufnahme der Tätigkeit bei der Firma S. bestanden. Von einer beruflich bedingten richtungsgebenden Verschlimmerung der vorbestehenden Allergie durch die Tätigkeit als Montiererin sei nicht auszugehen. Seit dem Hautarztbericht der Frau Dr. H. vom 17.12.1986 hätten sich bis zur ärztlichen Anzeige bei Verdacht auf eine BK vom 07.12.2007 keine Anhaltspunkte für eine Verschlimmerung der Nickel-Kobaltallergie durch die Tätigkeit der Klägerin als Montiererin ergeben. Daher sei davon auszugehen, dass keine beruflich bedingte Verschlimmerung durch den Umgang mit Metall aufgetreten sei. Gegen die Annahme eines allergischen Kontaktekzems auf dem Boden vorbestehender Sensibilisierung gegen Nickel spreche insbesondere auch, dass die Hautefflorenzen nach der Lokalisation typisch für eine Psoriasis und nicht für ein Kontaktekzem waren. Eventuelle ekzematöse Hauterscheinungen würden lediglich 2007 in Form dyshidrotischer Bläschen beschrieben. Das gleichzeitige Auftreten an Handflächen und Fußsohlen und von Rhagaden ebenfalls gleichzeitig an Händen und Fußsohlen nach mindestens 8-monatiger Expositionskarenz, also ein Befall auch der nicht exponierten Körperteile nach Meiden der Allergene, spreche ebenfalls gegen eine berufliche Verursachung oder Verschlimmerung der Hauterkrankung. Die Art der Hauterscheinungen, die Lokalisation auch an nicht exponierten Körperstellen und das Fortbestehen bei fehlender Exposition sprächen gegen eine allergische Genese infolge der beruflichen Tätigkeit und für eine Entwicklung auf dem Boden der außerberuflich entstandenen Nickelallergie und der Psoriasis. Es spreche auch nicht mehr dafür als dagegen, dass die Nickelallergie oder die Psoriasis durch Tonereinwirkung richtungsgebend verschlimmert worden sei. Das Verteilungsmuster der Hauterscheinungen schwerpunktmäßig auch an nicht gegen Staub exponierten Hautarealen, nämlich an den Beinen, am Körperstamm sowie im Scheiden- und Analbereich, sei ein Argument gegen diese Annahme. Ein weiterer Umstand dagegen ergebe sich aus dem wechselnden Verlauf der bestehenden Hauterscheinung nach der Reparatur der Lüftung und unter Expositionskarenz während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit. Auch nach völliger Expositionskarenz seien weiterhin stationäre Heilbehandlungen wegen der Psoriasis erforderlich gewesen. Eine Psoriasis sei genetisch bedingt und zeige einen schubweisen Verlauf. Bei der Klägerin sei niemals ein Hautbefall im Bereich der Hände dokumentiert worden. Lediglich die Fingernägel seien bei fast allen Untersuchungen als befallen beschrieben worden. Es spreche gegen einen Ursachenzusammenhang, dass die Handinnenflächen und die Fingerinnenseiten, die aufgrund des Umganges mit dem bedruckten Papier einem Kontakt und einer mechanischen Beanspruchung ausgesetzt seien, niemals als verändert nachgewiesen seien. Die Stellen, die unmittelbaren Kontakt zu mittels Laserdruckern hergestellten Kopien hatten, seien bei der Klägerin somit nicht befallen gewesen, während Stellen ohne jeden Kontakt zu Fotokopien typische psoriatrische Veränderungen aufgewiesen hätten. Bei der Klägerin seien weder nach einem spezifischen Reiz (Druckerpapier, Säubern des Druckerraumes mit dem Staubsauger) noch nach unspezifischer Reizung (Einlegen von Kopierpapier) krankheitsspezifische oder überhaupt Hautveränderungen aufgetreten. Eine Verursachung oder Verschlimmerung der Psoriasis komme nur in Betracht, wenn die Hauterscheinungen in der Lokalisation der beruflichen Exposition hervorgerufen oder unterhalten würden (sogenanntes Köbner-Phänomen). Schließlich seien auch der positive Pricktest mit Tonerstaub und die Crescendo-Reaktion auf Toner 1099007 kein Beleg für einen ursächlichen Zusammenhang. Es sei unklar, wie der Pricktest vom 14.01.2008 durchgeführt worden sei. Ebenfalls sei unklar, ob es sich um eine IgE-vermittelte Sensibilisierung handele, weil entsprechende Reaktionsmechanismen bislang nicht beschrieben worden seien. Ein Beleg für die vorstehende Zusammenhangsbeurteilung ergebe sich schließlich aus den Berichten über die wiederholt von der Klägerin durchlaufenen stationären Rehabilitationsmaßnahmen. Auffallend dabei sei, dass keiner der dort die Klägerin behandelnden Ärzte einen Zusammenhang zwischen deren Erkrankung bzw. einer Verschlimmerung der Krankheit durch Tonerstaub erörtert hätte. Vielmehr seien stets eine immunsuppressive Therapie durchgeführt und systemische Kortikoide verabreicht worden. Unter den edukativen Behandlungszielen sei zu keinem Zeitpunkt eine Meidung von Tonerstaub aufgeführt worden. Tonerstaub als Triggerfaktor sei von der Klägerin dort nie angeführt worden. Im Reha-Bericht der Psorisol-Klinik H. vom 19.09.2009 sei ausdrücklich vermerkt: "Ein Triggerfaktor konnte nicht gefunden werden.". Bei einem Zusammenhang zwischen Tonerstaubbelastung und einer Auslösung oder Verschlimmerung der Psoriasis bzw. der Psoriasisarthritis sei es unwahrscheinlich, dass in auf die Behandlung von Hauterkrankungen spezialisierten Kliniken kein Zusammenhang mit der Tätigkeit der Klägerin hergestellt worden wäre. Vielmehr sei viel eher davon auszugehen, dass gerade nach Allergenen am Arbeitsplatz gefragt werde, um den Krankheitsverlauf beeinflussen zu können. Des Weiteren fehle der medizinische Zwang zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit.

Dagegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt.

Am 17.09.2014 hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Die Klägerin hat hier erklärt, bei ihr bestehe eine massive Nickel-Kobalt-Allergie. Diese sei während der jahrelangen Tätigkeit, bei der Kontakt mit Tonerstäuben bestanden habe, erheblich verschlimmert worden.

Ein Antrag auf Ablehnung des Vorsitzenden Richters am Landessozialgericht Dr. X. wegen Besorgnis der Befangenheit ist mit Beschluss vom 21.09.2014 zurückgewiesen worden.

Auf Antrag der Klägerin hat das LSG ein Gutachten des Prof. Dr. D. (H) vom 18.11.2016 eingeholt. Zusammenfassend führt H aus, bei der Erkrankung der Klägerin handele es sich um eine Psoriasis vulgaris in typischer Lokalisation. Die von der Kleidung unbedeckten Körperstellen, Hände, Arme, Gesicht, seien frei. Das gleichzeitige Auftreten der Psoriasis im Bereich der nicht exponierten Körperteile spreche gegen eine berufliche Auslösung. Eine durch berufliche Einwirkung verursachte Entstehung oder Verschlimmerung durch die Einwirkung von Tonerstäuben lasse sich nicht nachweisen.

Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 14.1.2014 aufzuheben und die durch Tonerstaub bedingte Hauterkrankung der Klägerin als Berufskrankheit Nummer 5101 nach der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen und Verletztenrente und Übergangsleistungen für fünf Jahre ab Aufgabe der gefährdenden Tätigkeiten zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der beigezogenen Beklagtenakten, der ebenfalls beigezogenen Schwerbehindertenakten der Klägerin und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat nach Ausübung seines Ermessens aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung (zum Begriff Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 126 Rn 4; Aussprung in Roos/Wahrendorf, SGG, § 126 Rn 26) entschieden, nachdem für die ordnungsgemäß geladene Klägerin im Termin vom 15.03.2017 niemand erschienen ist. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass die am Sitzungstag um 08.57 Uhr beim LSG per Telefax eingegangene Mitteilung nicht frei von Widersprüchen ist. Denn die Klägerbevollmächtigten haben mit diesem Schreiben "im Einvernehmen mit der Klägerin (ihr) Einverständnis mit einer Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 124 Abs. 2 SGG erklärt". Die Entscheidung nach Lage der Akten ist jedoch in § 126 SGG geregelt, während der in Bezug genommene § 124 Abs. 2 SGG die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung betrifft.

Die fristgerecht erhobene und auch ansonsten zulässige Berufung (§§ 141, 142, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist unbegründet.

Denn das SG hat die Klage gegen die verfahrensgegenständlichen Bescheide der Beklagten vom 17.12.2009 und vom 19.02.2010 (Widerspruchsbescheid) zu Recht abgewiesen. Die Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Anerkennung einer BK 5101. Der von der Beklagten auf der Grundlage des § 44 SGB X überprüfte Bescheid vom 26.05.2009, mit dem die Beklagte die Anerkennung einer BK 5101 abgelehnt hat, ist rechtmäßig. Was die von der Klägerin ebenfalls begehrte Verletztenrente sowie die Übergangsleistungen gemäß § 3 BKV betrifft, enthalten die verfahrensgegenständlichen Bescheide vom 17.12.2009 und 19.02.2010 keine Regelung.

1. Soweit es um die Bewilligung von Verletztenrente und Übergangsleistungen geht, war die Berufung bereits unbegründet, weil die Klage insofern bereits unzulässig war. Denn insofern ist entgegen der Auffassung des SG keine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung gegeben. Der Bescheid vom 26.05.2009 enthält zwar mehrere Verwaltungsakte, nämlich die Ablehnung der Anerkennung einer BK 5101 und die Ablehnung von Leistungen, insbesondere von Leistungen gemäß § 3 BKV. Die Beklagte hat dann aber in den auf der Grundlage des § 44 SGB X ergangenen Bescheiden vom 17.12.2009 und vom 19.02.2010 (Widerspruchsbescheid) nur über die Ablehnung einer BK 5101 entschieden. Über den Antrag auf Überprüfung der Entscheidung in Bezug auf Leistungen, insbesondere auf Leistungen nach § 3 BKV ist keine Verwaltungsentscheidung ergangen. Die insofern im Bescheid vom 26.05.2009 getroffene Entscheidung ist daher nach wie vor bestandskräftig; sie bindet auch die Gerichte. Eine gerichtliche Überprüfung kann insofern erst nach einer Entscheidung der Verwaltung im Sinne des § 44 SGB X ergehen.

2. Soweit es um die Ablehnung der Anerkennung einer BK 5101 geht, ist die Berufung unbegründet, weil die Klage unbegründet war. Zu Recht hat die Beklagte insofern die Aufhebung des Bescheides vom 26.05.2009 auf der Grundlage des § 44 SGB X abgelehnt.

Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.

Die Beklagte hat vorliegend weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist. Denn die Klägerin hatte und hat keinen Anspruch auf Feststellung einer BK 5101.

BKen sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Die hier in Streit stehende BK 5101 der Anlage zur BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl I 2623) wird wie folgt definiert: "Schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können".

Der Senat ist nicht zu der Überzeugung gelangt, dass die bei der Klägerin bestehende Hauterkrankung ursächlich auf deren berufliche Tätigkeit zurückzuführen ist.

Die beschriebenen Tatbestandsmerkmale einer BK "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" (und auch etwaige "Berufskrankheitsfolgen") müssen im Vollbeweis vorliegen. Hierfür ist keine absolute, jeden möglichen Zweifel und jede Möglichkeit des Gegenteils ausschließende Gewissheit zu fordern, vielmehr genügt für die entsprechende richterliche Überzeugung ein der Gewissheit nahekommender Grad von Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 27.03.1958, 8 RV 387/55 juris Rn. 16; Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B m.w.N.; Urteile vom 29.03.1963, 2 RU 75/61, vom 22.09.1977, 10 RV 15/77, vom 01.08.1978, 7 RAr 37/77 und vom 15.12.1999, B 9 VS 2/98 R). Die volle Überzeugung wird als gegeben angesehen, wenn eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, d.h. eine Wahrscheinlichkeit besteht, die nach der Lebenserfahrung praktisch der Gewissheit gleichkommt, weil sie bei jedem vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Menschen keine Zweifel mehr bestehen lässt (BSG, Urteil vom 27.04.1972, 2 RU 147/71 juris Rn. 30; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 128 Rn. 3b m.w.N.). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge zwischen den Tatbestandsmerkmalen einer BK und eventuellen Berufskrankheitsfolgen genügt hingegen die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteile vom 27.06.2006, B 2 U 20/04 R, SozR 4-2700 § 9 Nr. 7 und vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Um eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges zu bejahen, muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Nach der geltenden ärztlichen wissenschaftlichen Lehrmeinung muss absolut mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang sprechen, so dass der Möglichkeit einer unfallbedingten Verursachung nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber den anderen in Frage kommenden Möglichkeiten ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. u.a. BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B juris Rn. 4 m.w.N.). Die diesbezüglichen Anforderungen sind also grundsätzlich höher als diejenigen an die Glaubhaftmachung, bei der im Sinne eines Beweismaßes nach ganz herrschender Auffassung der Grad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit verstanden wird, d.h. die gute Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können; dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet (BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, juris Rn. 5; Urteil vom 14.12.2006, B 4 R 29/06 R, juris Rn. 116).

Der Senat stellt aufgrund der vorliegenden, insbesondere anlässlich der Untersuchungen durch die Gutachter B und H erhobenen und insoweit übereinstimmenden Befunde und Diagnosen sowie aufgrund der sonstigen aktenkundigen ärztlichen Berichte im Vollbeweis fest, dass die Klägerin unter einer Psoriasis vulgaris leidet. Insofern führt insbesondere H in nachvollziehbarer Weise aus, bei der Erkrankung der Klägerin handele es sich um eine Psoriasis vulgaris in typischer Lokalisation. An den Ellenbogen und prätibialen Unterschenkeln zeigten sich squamös-erythematöse Werte. Dokumentiert seien psoriatische Effloreszenzen im Bereich Ellenbogen, Kniescheiben, Unterschenkeln und im Dammbereich.

Allerdings gelangt der Senat nach Maßgabe der beschriebenen Beweisgrundsätze nicht zu der Überzeugung, dass diese Hauterkrankung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit der Klägerin zurückgeführt werden kann.

Vorliegend kommt allein, wie von der Klägerin geltend gemacht, nur eine durch Tonerstaub bedingte Hauterkrankung als BK 5101 in Betracht. Die Hauterkrankung der Klägerin ist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch Tonerstaub verursacht. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der auch insoweit übereinstimmenden Feststellungen und nachvollziehbaren Einschätzungen der ärztlichen Sachverständigen B und H.

B kommt in seinem Gutachten vom 23.07.2013 mit überzeugender Begründung zu dem Ergebnis, bei der Klägerin liege keine BK 5101 vor. Es könne weder von einer richtunggebenden Verschlimmerung noch von einer Verursachung der Psoriasis durch die Tätigkeit ausgegangen werden. Bei der Klägerin seien im Rahmen der Berufstätigkeit keine Veränderungen im Sinne der Psoriasis im Bereich der Hände aufgetreten. Bei der Klägerin liege seit vielen Jahren eine Psoriasis vor. Eine solche Erkrankung sei genetisch bedingt und zeige einen schubweisen Verlauf. Von Relevanz sei, dass bei der Klägerin ein Hautbefall im Bereich der Hände niemals dokumentiert worden sei. Lediglich die Nägel der Finger seien bei fast allen Untersuchungen als befallen beschrieben worden. Tonerstäube seien nicht geeignet, eine Psoriasis verschlimmern zu können. Die übliche Schwachstelle "Handinnenflächen" (starke mechanische Benutzung unter anderem durch Umgang mit viel Papier) lasse sich aufgrund der Aktenlage niemals als verändert nachweisen. Im Rahmen der BK 5101 könne eine anlagebedingte Erkrankung wie die Psoriasis zur Anerkennung vorgeschlagen werden, wenn die Hauterscheinungen in der Lokalisation der beruflichen Exposition, z. B. durch mechanische Belastungen (Köbner-Phänomen) provoziert oder unterhalten würden. Bei der Klägerin seien im Rahmen der Berufstätigkeit keine Veränderungen im Sinne der Psoriasis im Bereich der Hände aufgetreten. Auch den Befund des bei der Klägerin durchgeführten Prick-Testes hält B für nicht geeignet, eine kutane Sensibilisierung zu beschreiben; insofern ließ B ausdrücklich offen, ob es sich bei der gezeigten Reaktion tatsächlich um eine Sensibilisierung gegenüber Druckeremissionen (IgE-vermittelt) gehandelt habe, weil entsprechende Reaktionsmechanismen bislang nicht beschrieben worden seien. Einen durch den Prick-Test geführten Nachweis einer Sensibilisierung gegenüber den häufigsten Umweltallergenen verneint B. Bei seiner Einschätzung ist B ausweislich seines Gutachtens davon ausgegangen, dass die Klägerin seit ca. 2003/2004 bei der Firma S. zu einem Großteil ihrer Arbeitszeit Tätigkeiten mit inhalativer und kutaner Exposition gegenüber Druckeremissionen verrichtet hat.

H kommt in seinem Gutachten vom 18.11.2015 ebenfalls zu dem Ergebnis, eine durch berufliche Einwirkung verursachte Entstehung oder Verschlimmerung durch die Einwirkung von Tonerstäuben lasse sich nicht nachweisen. Er begründet dies - im Wesentlichen wie B - in überzeugender Weise damit, dass das gleichzeitige Auftreten der Psoriasis im Bereich der nicht exponierten Körperteile gegen eine berufliche Auslösung spreche - psoriatische Veränderungen der Hände seien nicht erfolgt - und dass die erste stationäre Behandlung der Klägerin bereits Mitte 1997 erfolgt sei, also zu einem Zeitpunkt vor der beruflichen Tonerstaubexposition. Die Klägerin sei seit 1991 regelmäßig ambulant, ab Juni / Juli 1997 aufgrund der Psoriasis stationär behandelt worden. Zu der nachgewiesenen Nickelsensibilisierung stellt H fest, dass eine Nickelexposition ubiquitär stattfinde, vorrangig in der Nahrungsmittelkette und dass eine Abgrenzung von der beruflichen Exposition entsprechend den vorliegenden Befunden nicht möglich sei. Vor diesem Hintergrund ergibt sich der zu fordernde Überzeugungsgrad auch nicht dadurch, dass H von einer Zunahme der Häufigkeit stationärer Heilbehandlungen nach Exposition mit Druckerstaub berichtet und eine Allergie gegenüber Kobaltchlorid, Nickelsulfat, Palladiumchlorid, Quecksilber, Tonermaterialien sowie eine chronisch irritative Reaktion auf Tonermaterialien beschreibt.

Wie insbesondere die Darstellungen in den entsprechenden Anamnesen zeigen, gingen beide Gutachter bei ihrer Einschätzung davon aus, dass die Klägerin in ihrer beruflichen Tätigkeit einer erheblichen Exposition gegenüber Tonerstaub ausgesetzt war, insbesondere in der Versandabteilung, in der die Klägerin ab 1996 tätig war. Dass eine solche Exposition bestand, zeigt auch die durchgeführte Arbeitsplatzanalyse. Diese hatte insbesondere ergeben, dass die Klägerin von 1996 bis 2007 täglich ca. 1.000 bis 3.000 von Laserdruckern bedruckte Seiten aus den Druckern entnahm und den jeweiligen Versandaufträgen zuordnete. Im Druckerraum lag bis Ende 2007 eine erhöhte und deutlich sichtbare Staubablagerung vor. Eine regelmäßige Reinigung des Druckerraumes wurde nicht durchgeführt. Zeitweise reinigte die Klägerin den Druckerraum mit einem Staubsauger. Die Lüftungsanlage im Druckerraum war bis Ende 2007 beeinträchtigt. Da es jedoch an der Ursächlichkeit der beruflichen Tätigkeit für die Hauterkrankung der Klägerin fehlt, kommt es auf das Vorliegen der so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen, d.h. auf eine ausreichende Exposition, nicht in entscheidungserheblicher Weise an.

Nach alledem steht fest, dass die bei der Klägerin bestehende Hauterkrankung nicht ursächlich auf deren berufliche Tätigkeit zurückzuführen ist.

Angesichts des eindeutigen Ergebnisses der Beweisaufnahme wäre bei richtiger Einschätzung der Sach- und Rechtslage insbesondere durch die Bevollmächtigten der Klägerin zu erwarten gewesen, dass diese die Berufung nicht weiter fortführen, zumal nach dem Eingang des Gutachtens des H keinerlei sachliche Gesichtspunkte für eine Fortführung der Berufung genannt wurden. Von einer - rechtlich möglichen (§ 192 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 SGG) - Auferlegung von Gerichtskosten hat der Senat aus Billigkeitserwägungen Abstand genommen.

Der Senat weist ferner darauf hin, dass die Bevollmächtigten der Klägerin, wie auch im Erörterungstermin vom 17.09.2014 und zuvor schon in zahlreichen Verfahren vor dem Senat mit anderen Beteiligten, erst unmittelbar vor dem Termin, vorliegend am Tag der mündlichen Verhandlung, mitgeteilt haben, dass sie den Senatstermin nicht wahrnehmen. Der Senat weist daher darauf hin, dass die Pflicht, einen Gerichtstermin wahrzunehmen, um dort gegebenenfalls sachgerechte Anträge zu stellen, zu den Grundpflichten des Anwalts gehört.

Die Kostenentscheidung trägt dem Umstand Rechnung, dass Klage und Berufung erfolglos geblieben sind.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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