Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Nordhausen (FST)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 12 SF 465/10
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Beschränkt sich die Tätigkeit des Prozeßbevollmächtigten auf das notwendige Maß, eine Untätigkeitsklage nach Maßgabe des § 88 SGG anhängig zu machen und nach Bescheidung durch Annahme eines Kostengrundanerkenntnisses zu beenden, können die rechtsanwaltlichen Rahmengebühren auf die Mindestgebühren zu begrenzen sein.
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß der Urkundsbeamtin des Sozialgerichts vom 30. November 2010 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Streitgegenstand der Hauptsache war eine Untätigkeitsklage nach § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf Bescheidung eines Überprüfungsantrages nach näherer Maßgabe des § 44 des Zehnten Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), welche durch entsprechenden Erlaß des ausstehenden Bescheides und anschließende prozeßbeendende Erklärungen der Beteiligten ihre Erledigung fand.
Mit Schriftsatz vom 2. September 2009 beantragte der Erinnerungsführer die Kostenfestsetzung laut nachfolgender Berechnung:
Gebührentatbestand Euro Verfahrensgebühr - § 14 RVG i.V.m. Nr. 3102 VV 250,00 Gebührenerhöhung für weitere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft - § 14 RVG i.V.m. Nr. 1008 VV 150,00 Terminsgebühr - § 14 RVG i.V.m. 3106 VV 200,00 Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld 1,34 Post- und Telekommunikation 20,00 Zwischensumme 621,34 Umsatzsteuer 118,05 Gesamtforderung 739,39
Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2010 teilte der Erinnerungsgegner mit, daß lediglich Kosten in Höhe von ca. 121 Euro erstattungsfähig seien; wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den vorgenannten Schriftsatz verwiesen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 30. November 2010, dem Erinnerungsführer am 6. Dezember 2010 zugegangen, setzte die Urkundsbeamtin folgende Kosten fest:
Gebührentatbestand Euro Verfahrensgebühr - § 14 RVG i.V.m. Nr. 3103 VV 40,00 Gebührenerhöhung für weitere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft - § 14 RVG i.V.m. Nr. 1008 VV 24,00 Terminsgebühr - § 14 RVG i.V.m. 3106 VV 20,00 Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld 1,31 Post- und Telekommunikation 12,8 Zwischensumme 98,11 Umsatzsteuer 18,64 Gesamtforderung 116,75
Mit der dagegen am 14. Dezember 2010 eingelegten "sofortigen Beschwerde" macht der Erinnerungsführer geltend, daß die Verfahrensgebühr in Höhe von 250 Euro festzusetzen sei. Denn die Bedeutung der Angelegenheit für die Mandantschaft sei weit überdurchschnittlich gewesen, weil bereits in deren Begehren, Grundsicherungsleistungen in gesetzlicher Höhe zu erhalten, die überdurchschnittliche wirtschaftliche Bedeutung zum Ausdruck kommt. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Mandantschaft seien unterdurchschnittlich. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei zumindest durchschnittlich gewesen, weil u.a. die Regelungen des angegriffenen Bescheides umfassend rechtlich geprüft werden mußten. Auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sei zumindest durchschnittlich gewesen, weil der Prozeßbevollmächtigte sich umfassend mit der Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung habe auseinander setzen müssen. Zudem sei zu berücksichtigen, daß für die Höhe der Terminsgebühr die Dauer des Termins unerheblich ist.
Der Erinnerungsgegner verweist sinngemäß auf die seiner Ansicht nach zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den in den Akten befindlichen Schriftwechsel insgesamt verwiesen.
II. Die "sofortige Beschwerde" ist als Erinnerung des Erinnerungsführers auszulegen.
Diese form- und fristgerecht (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Verbindung mit § 197 Abs. 2 SGG) erhobene Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet. Der Kostenfestsetzungsbeschluß der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Gerichts vom 30. November 2010, mit dem die erstattungsfähigen Kosten des Verfahrens auf insgesamt 116,75 Euro festgesetzt worden sind, beschwert den Erinnerungsführer nicht. Die Erstattung höherer Kosten kann er nicht mit Erfolg geltend machen. Insbesondere hat die Urkundsbeamtin bei der Festsetzung der Verfahrensgebühr zutreffend die Bestimmung der Nr. 3103 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG (Vergütungsverzeichnis, VV RVG) herangezogen.
1. Das Gericht verweist zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluß, § 142 Abs. 2 Satz 2 SGG, und ergänzt wie folgt:
Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen; bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist, wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Unbilligkeit liegt vor, wenn die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet wurden. Die Aufzählung der Bemessungskriterien in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG ist nach dem Wortlaut der Vorschrift ("vor allem") nicht abschließend, so daß weitere, unbenannte Kriterien mit einbezogen werden können. Sämtliche heranzuziehende Kriterien stehen selbstständig und gleichwertig nebeneinander. Für jede Rahmengebühr ist dabei eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich (vgl. statt aller: Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 3. April 2009, L 6 B 261/08 SF m.w.N.).
Es entspricht allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, daß bei der Bestimmung der angemessenen Gebühr innerhalb des jeweiligen Gebührenrahmens der Gebührenpositionen des Vergütungsverzeichnisses die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Verfahren vorzunehmen. Dabei kann im Übrigen etwa die Überdurchschnittlichkeit eines Bewertungskriteriums durch die Unterdurchschnittlichkeit anderer Bewertungskriterien kompensiert werden.
Von diesen Grundsätzen ausgehend, muß festgestellt werden, daß die vom Erinnerungsführer geltend gemachten Gebühren in Höhe vom ca. 739 Euro die Toleranzgrenze von 20 v.H. hinsichtlich der ihm tatsächlich zustehenden Gebühren übersteigen. Die zu erstattenden Gebühren errechnen sich wie folgt:
Zur Verfahrensgebühr: Zu Recht hat die Urkundsbeamtin bei der Bestimmung der Höhe der Verfahrensgebühr den Gebührentatbestand nach Nr. 3103 VV RVG zu Grunde gelegt, denn hier ist eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren oder in einem weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienenden Verwaltungsverfahren vorausgegangen. Zur nämlichen Rechtsfrage hat das Thüringer Landessozialgericht im Beschluss vom 25. Oktober 2010, Az. L 6 SF 652/10 B die widerstreitenden Meinungen in Rechtsprechung und Literatur reflektiert und darauf erkannt, daß bei einer Untätigkeitsklage "eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren oder in einem weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienenden Verwaltungsverfahren vorausgegangen (ist). Die Untätigkeitsklage setzt immer ein nicht durch Bescheid abgeschlossenes Verwaltungs- oder - wie hier - Widerspruchsverfahren voraus ... nach dem Wortlaut der Vorschrift (ist es) nicht erforderlich, daß es sich bei beiden Verfahren um "denselben Streitgegenstand" handelt; eine Tätigkeit in einem zeitlich früheren Widerspruchsverfahren ist ausreichend ... Nach den Gesetzesmaterialien ... berücksichtigt die niedrigere Gebühr, daß die Tätigkeit in den Verwaltungsverfahren den Aufwand des Anwalts im gerichtlichen Verfahren erleichtert. Dies ist hier der Fall, denn durch die Überwachung der Fristen im Widerspruchsverfahren kann der bearbeitende Rechtsanwalt ein Überschreiten der Sperrfrist einfacher feststellen ... Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, daß grundsätzlich die Zielrichtung im Widerspruchs- und Klageverfahren prozessual unterschiedlich sind. Im Widerspruchsverfahren wurde ein Anspruch auf eine Berücksichtigung der Rundungsregelung geltend gemacht, im Klageverfahren nach § 88 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ein Anspruch auf formelle Bescheidung ... In beiden Fällen ging es ... aber darum, überhaupt einen Bescheid zu erhalten, um ihn gegebenenfalls gerichtlich auf seine Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen.". Diesen Ausführungen hat das Gericht nichts hinzuzufügen.
Nr. 3103 VV RVG bestimmt einen Betragsrahmen vom 20,00 Euro bis 320,00 Euro. Im Ergebnis der gebotenen Gesamtbetrachtung kann der Erinnerungsführer keine über die Mindestgebühr, mithin 20 Euro, hinausgehende Verfahrensgebühr beanspruchen (vgl. zur Festsetzung der Mindestgebühr bei Untätigkeitsklagen auch: Sozialgericht Gotha, Beschluss vom 11. Oktober 2010, Az. S 33 SF 229/10 E, m.w.N.). Hierzu wie folgt:
Der Umfang der Tätigkeit des Erinnerungsführers war im Vergleich zu anderen sozialgerichtlichen Verfahren deutlich unterdurchschnittlich. Denn hierbei ist der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er davon objektiv auch auf die Sache verwenden mußte. Die Klageschrift vom 15. April 2010 aber enthält auf einer halben DIN-A-4 Seite den Klageantrag nebst Begründung. Bereits mit weiterem Schriftsatz vom 30. Juli 2010 erklärte der Erinnerungsführer sodann den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und suchte um gerichtliche Kostengrundentscheidung nach. Bei Gelegenheit der mündlichen Verhandlung vom 4. August 2010 -geladen waren hierbei nur die Streitverfahren der nämlichen Mandanten des Erinnerungsführers zu den Az. S 12 AS 2304/10, S 12 AS 2305/10, S 12 AS 2306/10, S 12 AS 2307/10, S 12 AS 2308/10, S 12 AS 2309/10, S 12 AS 2310/10, S 12 AS 2311/10, S 12 AS 2312/10, S 12 AS 2313/10, S 12 AS 2314/10, S 12 AS 2315/10 und S 12 AS 2316/10 (jeweils weitere Untätigkeitsklagen betreffend)- erklärte der Erinnerungsgegner, die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu übernehmen. Dies berücksichtigend, kann das Gericht weder erkennen, daß "die Regelungen des angegriffenen Bescheides ... umfassend rechtlich geprüft werden" mußten, noch "mußte (der Erinnerungsführer) ... mündlich vor dem Sozialgericht verhandeln". Das Gericht beschränkt sich insoweit auf die Hinweise, daß zum einen die bloße Bescheidung wesensbestimmendes Merkmal einer sozialgerichtlichen Untätigkeitsklage ist und daß -zum anderen- in der mündlichen Verhandlung vom 4. August 2010 lediglich 13 weitere Streitverfahren der Kläger geladen waren. Nur bei Gelegenheit dieser Verhandlungen hat der nachmalige Erinnerungsgegner in 24 weiteren gerichtlichen Streitverfahren der Kläger ein Kostengrundanerkenntnis abgegeben; die Tätigkeit des Erinnerungsführers hat sich sodann darauf beschränkt, diese Kostengrundanerkenntnisse anzunehmen. Die mündliche Verhandlung vom 4. August 2010 dauerte 75 Minuten; in dieser Zeit wurden mithin 37 sozialgerichtliche Streitverfahren der Kläger erledigt. Dies alles in den Blick nehmend, beschränkt sich die Tätigkeit des Erinnerungsführers im Streitfall auf das notwendigste Maß, einen sozialgerichtlichen Rechtsstreit anhängig zu machen und hernach zu beenden.
Das Gericht teilt hingegen nicht den Ansatz der Urkundsbeamtin im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluß, daß die Bedeutung der Angelegenheit (leicht) unterdurchschnittlich sei. Denn Anhaltspunkte hierfür lassen sich nicht aufzeigen. Abzustellen wäre insoweit auf eine unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 3. Januar 2011, Az. L 6 SF 727/10 B, m.w.N.). Aber im Ergebnis kann es dahinstehend, ob die Bedeutung der Angelegenheit für die im Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) stehenden Kläger -wie vom Erinnerungsführer vorgetragen- überdurchschnittlich war. Denn die überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit wird durch die deutlich unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger kompensiert (Bundessozialgericht, Urteil vom 1. Juli 2009, Az.: B 4 AS 21/09 R).
Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist vorliegend signifikant unterdurchschnittlich. Die vom Umfang zu unterscheidende Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zielt auf die Intensität der Arbeit. Ausgehend von einem objektiven Maßstab ist auf einen Rechtsanwalt abzustellen, der sich bei der Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, gegebenenfalls unter Heranziehung von Rechtsprechung und Kommentarliteratur, zu bearbeiten. Zur Klagebegründung führte der Erinnerungsführer -unter Voranstellung des Antrags auf Überprüfung des Änderungsbescheides vom 13. Dezember 2006- in der Klageschrift vom 15. April 2010 lediglich aus: "Seit Antragstellung sind mehr als 6 Monate vergangen, ohne daß eine abschließende rechtsmittelfähige Entscheidung über den Antrag zugegangen ist. Gemäß § 88 Abs. 1 SGG ist die Untätigkeitsklage nach Ablauf von 6 Monaten zulässig. Die Klage ist begründet. Weiteres Abwarten ist den Klägern nicht mehr zumutbar. Es sind keine Gründe für die verzögerte Antragsbearbeitung erkennbar. Daher ist nunmehr Klage geboten." In Ansehung dessen folgt das Gericht auch nicht dem Vortrag des Erinnerungsführers im Schriftsatz vom 13. April 2011, daß er sich umfassend mit der Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung habe auseinander setzen müssen, so daß die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zumindest durchschnittlich gewesen sei. Für das Gericht tritt die -vom Erinnerungsführer behauptete- Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit der Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung nicht offen zu Tage. Zu Recht hat der nachmalige Erinnerungsgegner bereits im Schriftsatz vom 14. Oktober 2010 darauf verwiesen, daß die Untätigkeitsklage nach § 88 als reine Bescheidungsklage ausgestaltet ist, so daß eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem materiellen Rechtsanspruch nicht erforderlich ist. Darüber hinaus nimmt das Gericht auch in den Blick, daß auch der Überprüfungsantrag vom 14. Oktober 2009 sich auf den Vortrag beschränkt, die angegriffene Entscheidung sei rechtswidrig und verletzte die Mandantschaft in ihren Rechten. Der Überprüfungsantrag gibt sodann lediglich den Gesetzeswortlaut der Bestimmung des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X wieder und schließt mit dem Verweis, nach Ablauf der Sperrfrist des § 88 SGG ohne weitere Ankündigung Untätigkeitsklage zu erheben. Warum der angegriffene Änderungsbescheid rechtswidrig sei, wird vom Erinnerungsführer im Überprüfungsantrag nicht -auch nicht ansatzweise- herausgearbeitet; es kann daher auch nicht erkannt werden, inwieweit sich der Erinnerungsführer mit der Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung auseinandergesetzt hat.
Ein Haftungsrisiko ist nicht ersichtlich und sonstige unbenannte Kriterien, die geeignet wären, zu einer Herauf- oder Herabbemessung zu führen, sind nicht gegeben.
Bei Abwägung aller Kriterien des § 14 RVG, insbesondere auch der Tatsache, daß allein unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Herabbemessung der Mittelgebühr rechtfertigen können (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 1. Juli 2009, Az. B 4 AS 21/09 R), kommt dem konkreten Verfahren nur eine unterdurchschnittliche Bedeutung zu, so daß über die Mindestgebühr von 20 Euro hinausgehend, keine Kostenerstattung beansprucht werden könnte. Damit hat der Prozeßbevollmächtigte die Toleranzgrenze von bis zu 20 vom Hundert (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 1. Juli 2009) beim Ansatz einer Verfahrensgebühr von ca. 250 EUR überschritten, so daß der Ansatz seiner Gebühr unbillig ist.
Weil aber der Erinnerungsgegner seinerseits keine Erinnerung erhoben hat, kommt im Hinblick auf das Verbot der reformatio in peius eine gerichtliche Festsetzung der Verfahrensgebühr auf 20,00 Euro -und insoweit abweichend von der Festsetzung der Urkundsbeamtin im Kostenfestsetzungsbeschluß vom 30. November 2010- nicht in Betracht.
Gebührenerhöhung für mehrere Auftraggeber: Hiervon ausgehend kann der Erinnerungsführer lediglich eine Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG in Höhe von 12 Euro (zwei weitere Auftraggeber; Erhöhung je Person 30 v.H.) beanspruchen. Aber auch insoweit kommt -weil aber der Erinnerungsgegner seinerseits keine Erinnerung erhoben hat- im Hinblick auf das Verbot der reformatio in peius eine gerichtliche Festsetzung der Gebührenerhöhung auf 12,00 Euro -und insoweit abweichend von der Festsetzung der Urkundsbeamtin im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluß vom 30. November 2010- nicht in Betracht.
Terminsgebühr: Für die getrennt zu prüfende Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG, deren Betragsrahmen von 20,00 Euro bis 380,00 Euro reicht, ist ebenfalls ein Ansatz in Höhe der Mindestgebühr und damit von 20,00 Euro angemessen. Hierzu wie folgt: Auch für die Bestimmung der Terminsgebühr kommt es nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG auf alle relevanten Umstände des Einzelfalls an. Zu beachten ist, daß der Nr. 3106 VV RVG eine gesetzliche Wertung eingeschrieben ist, nach der der Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts in den Fällen der Durchführung einer mündlichen Verhandlung und der Entscheidung ohne sie durch angenommenes Anerkenntnis -wie im Streitfall durch Protokollierung anlässlich einer (anderen) mündlichen Verhandlung geschehen- als gleich fingiert wird (sog. fiktive Terminsgebühr). Für diese gesetzlich intendierte Gleichbehandlung stehen grundsätzlich zwei unterschiedliche Betrachtungsweisen dem Gericht zu Gebote: die fiktive Betrachtung, bei der hypothetisch beurteilt wird, welche Schwierigkeiten und welchen Aufwand die mündliche Verhandlung mit sich gebracht hätte, wenn sie durchgeführt worden wäre und die Orientierung an der Verfahrensgebühr ohne Berücksichtigung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit. Das Gericht erachtet allein die letztgenannte Betrachtung für sachgerecht. Denn die voraussichtliche Dauer einer mündlichen Verhandlung wird sich in den meisten Fällen nicht sicher vorhersagen lassen und muß damit spekulativ bleiben. Spekulationen können nicht zur notwendigen Gleichbehandlung führen. Ob die Sache tatsächlich keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, ist zudem oft eine Wertungsfrage. Die Praxis zeigt durchaus immer wieder Fälle, in denen die erwartete Dauer einer mündlichen Verhandlung nicht eingehalten werden kann (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 3. Januar 2011, Az. L 6 SF 727/10 B, m.w.N.).
Die Urkundsbeamtin hat -entgegen ihrer Begründung im Kostenfestsetzungsbeschluß (dort: doppelte Mindestgebühr)- im Ergebnis auch lediglich eine Terminsgebühr in Höhe der Mindestgebühr von 20,00 Euro festgesetzt; dies beanstandet das Gericht nicht.
Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld: Das Gericht geht -in Übereinstimmung mit der Urkundsbeamtin- davon aus, dass die Entfernung Kanzlei - Gericht lediglich mit 53 km (einfache Entfernung) zu veranschlagen ist. Dem folgend sind weitere 1,31 Euro für Fahrtkosten und Tage- und Abwesenheitsgeld zu erstatten.
Auslagenpauschale: Das Gericht verkennt nicht, dass die Festsetzung der Auslagenpauschale im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluß -auch unter Zugrundelegung der Rechtsansicht der Urkundsbeamtin- rechnerisch fehlerhaft ist, weil die Auslagenpauschale hiernach rechnerisch auf 16,80 Euro (20 v.H. aus Verfahrensgebühr von 40,00 Euro, Terminsgebühr von 20,00 Euro und Gebührenerhöhung von 24,00 Euro) hätte festgesetzt werden müssen.
Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen aber kann der Erinnerungsführer lediglich eine Verfahrensgebühr von 20,00 Euro, eine Terminsgebühr von 20,00 Euro und Gebührenerhöhung von 12,00 Euro beanspruchen. Hieraus errechnet sich sodann eine Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 10,40 Euro.
Weil aber der Erinnerungsgegner seinerseits keine Erinnerung erhoben hat, kommt im Hinblick auf das Verbot der reformatio in peius eine gerichtliche Festsetzung der Auslagenpauschale auf 10,40 Euro -und insoweit wiederum abweichend von der Festsetzung der Urkundsbeamtin im Kostenfestsetzungsbeschluß vom 30. November 2010- nicht in Betracht.
All dem folgend kann die Erinnerung keinen Erfolg haben.
2. Ob es im (gebührenfreien) Erinnerungsverfahren nach § 197 Abs. 2 SGG wegen §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG (analog) in Verbindung mit Nr. 3501 VV RVG zwingend einer Kostenentscheidung bedarf (vgl. hierzu Landessozialgericht Thüringen, Beschluss vom 09.11.2007, L 6 B 139/07 SF und Sozialgericht Stuttgart, Beschluss vom 17. Mai 2011, Az. S 24 SF 8468/09 E, m.w.N.) kann vorliegend auf sich beruhen. Denn der Erinnerungsführer hätte nach §§ 183 Satz 1, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG analog als unterliegender Teil die außergerichtlichen Kosten im gerichtsgebührenfreien Erinnerungsverfahren jedenfalls selbst zu tragen.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 197 Abs. 2 SGG.
Gründe:
I. Streitgegenstand der Hauptsache war eine Untätigkeitsklage nach § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf Bescheidung eines Überprüfungsantrages nach näherer Maßgabe des § 44 des Zehnten Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), welche durch entsprechenden Erlaß des ausstehenden Bescheides und anschließende prozeßbeendende Erklärungen der Beteiligten ihre Erledigung fand.
Mit Schriftsatz vom 2. September 2009 beantragte der Erinnerungsführer die Kostenfestsetzung laut nachfolgender Berechnung:
Gebührentatbestand Euro Verfahrensgebühr - § 14 RVG i.V.m. Nr. 3102 VV 250,00 Gebührenerhöhung für weitere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft - § 14 RVG i.V.m. Nr. 1008 VV 150,00 Terminsgebühr - § 14 RVG i.V.m. 3106 VV 200,00 Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld 1,34 Post- und Telekommunikation 20,00 Zwischensumme 621,34 Umsatzsteuer 118,05 Gesamtforderung 739,39
Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2010 teilte der Erinnerungsgegner mit, daß lediglich Kosten in Höhe von ca. 121 Euro erstattungsfähig seien; wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den vorgenannten Schriftsatz verwiesen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 30. November 2010, dem Erinnerungsführer am 6. Dezember 2010 zugegangen, setzte die Urkundsbeamtin folgende Kosten fest:
Gebührentatbestand Euro Verfahrensgebühr - § 14 RVG i.V.m. Nr. 3103 VV 40,00 Gebührenerhöhung für weitere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft - § 14 RVG i.V.m. Nr. 1008 VV 24,00 Terminsgebühr - § 14 RVG i.V.m. 3106 VV 20,00 Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld 1,31 Post- und Telekommunikation 12,8 Zwischensumme 98,11 Umsatzsteuer 18,64 Gesamtforderung 116,75
Mit der dagegen am 14. Dezember 2010 eingelegten "sofortigen Beschwerde" macht der Erinnerungsführer geltend, daß die Verfahrensgebühr in Höhe von 250 Euro festzusetzen sei. Denn die Bedeutung der Angelegenheit für die Mandantschaft sei weit überdurchschnittlich gewesen, weil bereits in deren Begehren, Grundsicherungsleistungen in gesetzlicher Höhe zu erhalten, die überdurchschnittliche wirtschaftliche Bedeutung zum Ausdruck kommt. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Mandantschaft seien unterdurchschnittlich. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei zumindest durchschnittlich gewesen, weil u.a. die Regelungen des angegriffenen Bescheides umfassend rechtlich geprüft werden mußten. Auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sei zumindest durchschnittlich gewesen, weil der Prozeßbevollmächtigte sich umfassend mit der Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung habe auseinander setzen müssen. Zudem sei zu berücksichtigen, daß für die Höhe der Terminsgebühr die Dauer des Termins unerheblich ist.
Der Erinnerungsgegner verweist sinngemäß auf die seiner Ansicht nach zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den in den Akten befindlichen Schriftwechsel insgesamt verwiesen.
II. Die "sofortige Beschwerde" ist als Erinnerung des Erinnerungsführers auszulegen.
Diese form- und fristgerecht (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Verbindung mit § 197 Abs. 2 SGG) erhobene Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet. Der Kostenfestsetzungsbeschluß der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Gerichts vom 30. November 2010, mit dem die erstattungsfähigen Kosten des Verfahrens auf insgesamt 116,75 Euro festgesetzt worden sind, beschwert den Erinnerungsführer nicht. Die Erstattung höherer Kosten kann er nicht mit Erfolg geltend machen. Insbesondere hat die Urkundsbeamtin bei der Festsetzung der Verfahrensgebühr zutreffend die Bestimmung der Nr. 3103 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG (Vergütungsverzeichnis, VV RVG) herangezogen.
1. Das Gericht verweist zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluß, § 142 Abs. 2 Satz 2 SGG, und ergänzt wie folgt:
Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen; bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist, wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Unbilligkeit liegt vor, wenn die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet wurden. Die Aufzählung der Bemessungskriterien in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG ist nach dem Wortlaut der Vorschrift ("vor allem") nicht abschließend, so daß weitere, unbenannte Kriterien mit einbezogen werden können. Sämtliche heranzuziehende Kriterien stehen selbstständig und gleichwertig nebeneinander. Für jede Rahmengebühr ist dabei eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich (vgl. statt aller: Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 3. April 2009, L 6 B 261/08 SF m.w.N.).
Es entspricht allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, daß bei der Bestimmung der angemessenen Gebühr innerhalb des jeweiligen Gebührenrahmens der Gebührenpositionen des Vergütungsverzeichnisses die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Verfahren vorzunehmen. Dabei kann im Übrigen etwa die Überdurchschnittlichkeit eines Bewertungskriteriums durch die Unterdurchschnittlichkeit anderer Bewertungskriterien kompensiert werden.
Von diesen Grundsätzen ausgehend, muß festgestellt werden, daß die vom Erinnerungsführer geltend gemachten Gebühren in Höhe vom ca. 739 Euro die Toleranzgrenze von 20 v.H. hinsichtlich der ihm tatsächlich zustehenden Gebühren übersteigen. Die zu erstattenden Gebühren errechnen sich wie folgt:
Zur Verfahrensgebühr: Zu Recht hat die Urkundsbeamtin bei der Bestimmung der Höhe der Verfahrensgebühr den Gebührentatbestand nach Nr. 3103 VV RVG zu Grunde gelegt, denn hier ist eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren oder in einem weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienenden Verwaltungsverfahren vorausgegangen. Zur nämlichen Rechtsfrage hat das Thüringer Landessozialgericht im Beschluss vom 25. Oktober 2010, Az. L 6 SF 652/10 B die widerstreitenden Meinungen in Rechtsprechung und Literatur reflektiert und darauf erkannt, daß bei einer Untätigkeitsklage "eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren oder in einem weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienenden Verwaltungsverfahren vorausgegangen (ist). Die Untätigkeitsklage setzt immer ein nicht durch Bescheid abgeschlossenes Verwaltungs- oder - wie hier - Widerspruchsverfahren voraus ... nach dem Wortlaut der Vorschrift (ist es) nicht erforderlich, daß es sich bei beiden Verfahren um "denselben Streitgegenstand" handelt; eine Tätigkeit in einem zeitlich früheren Widerspruchsverfahren ist ausreichend ... Nach den Gesetzesmaterialien ... berücksichtigt die niedrigere Gebühr, daß die Tätigkeit in den Verwaltungsverfahren den Aufwand des Anwalts im gerichtlichen Verfahren erleichtert. Dies ist hier der Fall, denn durch die Überwachung der Fristen im Widerspruchsverfahren kann der bearbeitende Rechtsanwalt ein Überschreiten der Sperrfrist einfacher feststellen ... Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, daß grundsätzlich die Zielrichtung im Widerspruchs- und Klageverfahren prozessual unterschiedlich sind. Im Widerspruchsverfahren wurde ein Anspruch auf eine Berücksichtigung der Rundungsregelung geltend gemacht, im Klageverfahren nach § 88 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ein Anspruch auf formelle Bescheidung ... In beiden Fällen ging es ... aber darum, überhaupt einen Bescheid zu erhalten, um ihn gegebenenfalls gerichtlich auf seine Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen.". Diesen Ausführungen hat das Gericht nichts hinzuzufügen.
Nr. 3103 VV RVG bestimmt einen Betragsrahmen vom 20,00 Euro bis 320,00 Euro. Im Ergebnis der gebotenen Gesamtbetrachtung kann der Erinnerungsführer keine über die Mindestgebühr, mithin 20 Euro, hinausgehende Verfahrensgebühr beanspruchen (vgl. zur Festsetzung der Mindestgebühr bei Untätigkeitsklagen auch: Sozialgericht Gotha, Beschluss vom 11. Oktober 2010, Az. S 33 SF 229/10 E, m.w.N.). Hierzu wie folgt:
Der Umfang der Tätigkeit des Erinnerungsführers war im Vergleich zu anderen sozialgerichtlichen Verfahren deutlich unterdurchschnittlich. Denn hierbei ist der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er davon objektiv auch auf die Sache verwenden mußte. Die Klageschrift vom 15. April 2010 aber enthält auf einer halben DIN-A-4 Seite den Klageantrag nebst Begründung. Bereits mit weiterem Schriftsatz vom 30. Juli 2010 erklärte der Erinnerungsführer sodann den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und suchte um gerichtliche Kostengrundentscheidung nach. Bei Gelegenheit der mündlichen Verhandlung vom 4. August 2010 -geladen waren hierbei nur die Streitverfahren der nämlichen Mandanten des Erinnerungsführers zu den Az. S 12 AS 2304/10, S 12 AS 2305/10, S 12 AS 2306/10, S 12 AS 2307/10, S 12 AS 2308/10, S 12 AS 2309/10, S 12 AS 2310/10, S 12 AS 2311/10, S 12 AS 2312/10, S 12 AS 2313/10, S 12 AS 2314/10, S 12 AS 2315/10 und S 12 AS 2316/10 (jeweils weitere Untätigkeitsklagen betreffend)- erklärte der Erinnerungsgegner, die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu übernehmen. Dies berücksichtigend, kann das Gericht weder erkennen, daß "die Regelungen des angegriffenen Bescheides ... umfassend rechtlich geprüft werden" mußten, noch "mußte (der Erinnerungsführer) ... mündlich vor dem Sozialgericht verhandeln". Das Gericht beschränkt sich insoweit auf die Hinweise, daß zum einen die bloße Bescheidung wesensbestimmendes Merkmal einer sozialgerichtlichen Untätigkeitsklage ist und daß -zum anderen- in der mündlichen Verhandlung vom 4. August 2010 lediglich 13 weitere Streitverfahren der Kläger geladen waren. Nur bei Gelegenheit dieser Verhandlungen hat der nachmalige Erinnerungsgegner in 24 weiteren gerichtlichen Streitverfahren der Kläger ein Kostengrundanerkenntnis abgegeben; die Tätigkeit des Erinnerungsführers hat sich sodann darauf beschränkt, diese Kostengrundanerkenntnisse anzunehmen. Die mündliche Verhandlung vom 4. August 2010 dauerte 75 Minuten; in dieser Zeit wurden mithin 37 sozialgerichtliche Streitverfahren der Kläger erledigt. Dies alles in den Blick nehmend, beschränkt sich die Tätigkeit des Erinnerungsführers im Streitfall auf das notwendigste Maß, einen sozialgerichtlichen Rechtsstreit anhängig zu machen und hernach zu beenden.
Das Gericht teilt hingegen nicht den Ansatz der Urkundsbeamtin im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluß, daß die Bedeutung der Angelegenheit (leicht) unterdurchschnittlich sei. Denn Anhaltspunkte hierfür lassen sich nicht aufzeigen. Abzustellen wäre insoweit auf eine unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 3. Januar 2011, Az. L 6 SF 727/10 B, m.w.N.). Aber im Ergebnis kann es dahinstehend, ob die Bedeutung der Angelegenheit für die im Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) stehenden Kläger -wie vom Erinnerungsführer vorgetragen- überdurchschnittlich war. Denn die überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit wird durch die deutlich unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger kompensiert (Bundessozialgericht, Urteil vom 1. Juli 2009, Az.: B 4 AS 21/09 R).
Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist vorliegend signifikant unterdurchschnittlich. Die vom Umfang zu unterscheidende Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zielt auf die Intensität der Arbeit. Ausgehend von einem objektiven Maßstab ist auf einen Rechtsanwalt abzustellen, der sich bei der Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, gegebenenfalls unter Heranziehung von Rechtsprechung und Kommentarliteratur, zu bearbeiten. Zur Klagebegründung führte der Erinnerungsführer -unter Voranstellung des Antrags auf Überprüfung des Änderungsbescheides vom 13. Dezember 2006- in der Klageschrift vom 15. April 2010 lediglich aus: "Seit Antragstellung sind mehr als 6 Monate vergangen, ohne daß eine abschließende rechtsmittelfähige Entscheidung über den Antrag zugegangen ist. Gemäß § 88 Abs. 1 SGG ist die Untätigkeitsklage nach Ablauf von 6 Monaten zulässig. Die Klage ist begründet. Weiteres Abwarten ist den Klägern nicht mehr zumutbar. Es sind keine Gründe für die verzögerte Antragsbearbeitung erkennbar. Daher ist nunmehr Klage geboten." In Ansehung dessen folgt das Gericht auch nicht dem Vortrag des Erinnerungsführers im Schriftsatz vom 13. April 2011, daß er sich umfassend mit der Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung habe auseinander setzen müssen, so daß die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zumindest durchschnittlich gewesen sei. Für das Gericht tritt die -vom Erinnerungsführer behauptete- Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit der Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung nicht offen zu Tage. Zu Recht hat der nachmalige Erinnerungsgegner bereits im Schriftsatz vom 14. Oktober 2010 darauf verwiesen, daß die Untätigkeitsklage nach § 88 als reine Bescheidungsklage ausgestaltet ist, so daß eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem materiellen Rechtsanspruch nicht erforderlich ist. Darüber hinaus nimmt das Gericht auch in den Blick, daß auch der Überprüfungsantrag vom 14. Oktober 2009 sich auf den Vortrag beschränkt, die angegriffene Entscheidung sei rechtswidrig und verletzte die Mandantschaft in ihren Rechten. Der Überprüfungsantrag gibt sodann lediglich den Gesetzeswortlaut der Bestimmung des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X wieder und schließt mit dem Verweis, nach Ablauf der Sperrfrist des § 88 SGG ohne weitere Ankündigung Untätigkeitsklage zu erheben. Warum der angegriffene Änderungsbescheid rechtswidrig sei, wird vom Erinnerungsführer im Überprüfungsantrag nicht -auch nicht ansatzweise- herausgearbeitet; es kann daher auch nicht erkannt werden, inwieweit sich der Erinnerungsführer mit der Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung auseinandergesetzt hat.
Ein Haftungsrisiko ist nicht ersichtlich und sonstige unbenannte Kriterien, die geeignet wären, zu einer Herauf- oder Herabbemessung zu führen, sind nicht gegeben.
Bei Abwägung aller Kriterien des § 14 RVG, insbesondere auch der Tatsache, daß allein unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Herabbemessung der Mittelgebühr rechtfertigen können (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 1. Juli 2009, Az. B 4 AS 21/09 R), kommt dem konkreten Verfahren nur eine unterdurchschnittliche Bedeutung zu, so daß über die Mindestgebühr von 20 Euro hinausgehend, keine Kostenerstattung beansprucht werden könnte. Damit hat der Prozeßbevollmächtigte die Toleranzgrenze von bis zu 20 vom Hundert (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 1. Juli 2009) beim Ansatz einer Verfahrensgebühr von ca. 250 EUR überschritten, so daß der Ansatz seiner Gebühr unbillig ist.
Weil aber der Erinnerungsgegner seinerseits keine Erinnerung erhoben hat, kommt im Hinblick auf das Verbot der reformatio in peius eine gerichtliche Festsetzung der Verfahrensgebühr auf 20,00 Euro -und insoweit abweichend von der Festsetzung der Urkundsbeamtin im Kostenfestsetzungsbeschluß vom 30. November 2010- nicht in Betracht.
Gebührenerhöhung für mehrere Auftraggeber: Hiervon ausgehend kann der Erinnerungsführer lediglich eine Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG in Höhe von 12 Euro (zwei weitere Auftraggeber; Erhöhung je Person 30 v.H.) beanspruchen. Aber auch insoweit kommt -weil aber der Erinnerungsgegner seinerseits keine Erinnerung erhoben hat- im Hinblick auf das Verbot der reformatio in peius eine gerichtliche Festsetzung der Gebührenerhöhung auf 12,00 Euro -und insoweit abweichend von der Festsetzung der Urkundsbeamtin im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluß vom 30. November 2010- nicht in Betracht.
Terminsgebühr: Für die getrennt zu prüfende Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG, deren Betragsrahmen von 20,00 Euro bis 380,00 Euro reicht, ist ebenfalls ein Ansatz in Höhe der Mindestgebühr und damit von 20,00 Euro angemessen. Hierzu wie folgt: Auch für die Bestimmung der Terminsgebühr kommt es nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG auf alle relevanten Umstände des Einzelfalls an. Zu beachten ist, daß der Nr. 3106 VV RVG eine gesetzliche Wertung eingeschrieben ist, nach der der Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts in den Fällen der Durchführung einer mündlichen Verhandlung und der Entscheidung ohne sie durch angenommenes Anerkenntnis -wie im Streitfall durch Protokollierung anlässlich einer (anderen) mündlichen Verhandlung geschehen- als gleich fingiert wird (sog. fiktive Terminsgebühr). Für diese gesetzlich intendierte Gleichbehandlung stehen grundsätzlich zwei unterschiedliche Betrachtungsweisen dem Gericht zu Gebote: die fiktive Betrachtung, bei der hypothetisch beurteilt wird, welche Schwierigkeiten und welchen Aufwand die mündliche Verhandlung mit sich gebracht hätte, wenn sie durchgeführt worden wäre und die Orientierung an der Verfahrensgebühr ohne Berücksichtigung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit. Das Gericht erachtet allein die letztgenannte Betrachtung für sachgerecht. Denn die voraussichtliche Dauer einer mündlichen Verhandlung wird sich in den meisten Fällen nicht sicher vorhersagen lassen und muß damit spekulativ bleiben. Spekulationen können nicht zur notwendigen Gleichbehandlung führen. Ob die Sache tatsächlich keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, ist zudem oft eine Wertungsfrage. Die Praxis zeigt durchaus immer wieder Fälle, in denen die erwartete Dauer einer mündlichen Verhandlung nicht eingehalten werden kann (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 3. Januar 2011, Az. L 6 SF 727/10 B, m.w.N.).
Die Urkundsbeamtin hat -entgegen ihrer Begründung im Kostenfestsetzungsbeschluß (dort: doppelte Mindestgebühr)- im Ergebnis auch lediglich eine Terminsgebühr in Höhe der Mindestgebühr von 20,00 Euro festgesetzt; dies beanstandet das Gericht nicht.
Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld: Das Gericht geht -in Übereinstimmung mit der Urkundsbeamtin- davon aus, dass die Entfernung Kanzlei - Gericht lediglich mit 53 km (einfache Entfernung) zu veranschlagen ist. Dem folgend sind weitere 1,31 Euro für Fahrtkosten und Tage- und Abwesenheitsgeld zu erstatten.
Auslagenpauschale: Das Gericht verkennt nicht, dass die Festsetzung der Auslagenpauschale im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluß -auch unter Zugrundelegung der Rechtsansicht der Urkundsbeamtin- rechnerisch fehlerhaft ist, weil die Auslagenpauschale hiernach rechnerisch auf 16,80 Euro (20 v.H. aus Verfahrensgebühr von 40,00 Euro, Terminsgebühr von 20,00 Euro und Gebührenerhöhung von 24,00 Euro) hätte festgesetzt werden müssen.
Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen aber kann der Erinnerungsführer lediglich eine Verfahrensgebühr von 20,00 Euro, eine Terminsgebühr von 20,00 Euro und Gebührenerhöhung von 12,00 Euro beanspruchen. Hieraus errechnet sich sodann eine Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 10,40 Euro.
Weil aber der Erinnerungsgegner seinerseits keine Erinnerung erhoben hat, kommt im Hinblick auf das Verbot der reformatio in peius eine gerichtliche Festsetzung der Auslagenpauschale auf 10,40 Euro -und insoweit wiederum abweichend von der Festsetzung der Urkundsbeamtin im Kostenfestsetzungsbeschluß vom 30. November 2010- nicht in Betracht.
All dem folgend kann die Erinnerung keinen Erfolg haben.
2. Ob es im (gebührenfreien) Erinnerungsverfahren nach § 197 Abs. 2 SGG wegen §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG (analog) in Verbindung mit Nr. 3501 VV RVG zwingend einer Kostenentscheidung bedarf (vgl. hierzu Landessozialgericht Thüringen, Beschluss vom 09.11.2007, L 6 B 139/07 SF und Sozialgericht Stuttgart, Beschluss vom 17. Mai 2011, Az. S 24 SF 8468/09 E, m.w.N.) kann vorliegend auf sich beruhen. Denn der Erinnerungsführer hätte nach §§ 183 Satz 1, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG analog als unterliegender Teil die außergerichtlichen Kosten im gerichtsgebührenfreien Erinnerungsverfahren jedenfalls selbst zu tragen.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 197 Abs. 2 SGG.
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